TROTZ ALLEDEM!
"Lehre von der Denkweise" oder Marxismus-Leninismus?
Teil II Welche Bedeutung hat die Oktoberrevolution in Rußland?
Die Haltung zur Oktoberrevolution ist eine wichtige Frage des Marxismus-Leninismus. In der Frage nach der Bedeutung der Oktoberrevolution zeigt sich der völlige ideologische Bankrott der MLPD, zeigt sich, wie wenig sie mit dem Marxismus-Leninismus zu tun hat, auf den sie sich in Worten beruft. Ihre Haltung zur Oktoberrevolution bedeutet einen offenen Angriff auf den Marxismus-Leninismus, bedeutet, überhaupt die Revolution in Frage zu stellen.
Die Erfahrungen der Oktoberrevolution sind heute nach wie vor brennend aktuell und es gibt sehr viel von der Oktoberrevolution zu lernen. Wir werden uns hier auf einige zentrale Erfahrungen der Oktoberrevolution, die von der MLPD angegriffen werden, beschränken. Auf weitere wichtige Fragen wie, daß die Oktoberrevolution gezeigt hat, daß die Bolschewistische Partei das richtige Organisierungskonzept ist oder daß die Theorie Lenins von den unterschiedlichen Etappen der Revolution (der demokratischen und der sozialistischen Revolution) sich in der Praxis bestätigt hat, werden wir im Zusammenhang mit der Polemik gegenüber der MLPD hier jetzt nicht eingehen.
Die Große Sozialistische Oktoberrevolution:
Der erste Staat der Diktatur des Proletariats weltweit!
Die Oktoberrevolution hat keine kleinere Bedeutung, als daß sie eines der bedeutendsten und einschneidensten Ereignisse in der bisherigen Menschheitsgeschichte war! Die Oktoberrevolution markierte den Beginn des ersten sozialistischen Staates weltweit! Die Pariser Kommune war ein erster Versuch auf dem Weg zur Schaffung eines proletarischen Staates, der aber objektiv zum Scheitern verurteilt war. Die Oktoberrevolution ging den Weg der Pariser Kommune weiter und schlug eine neue Seite in der Menschheitsgeschichte auf, weil sie ein wichtiger Schritt war, um eine neue Welt zu erringen. Im Zeitalter des Imperialismus, in dem sich die Alternativen nur so stellen, Untergang in der Barbarei oder vorwärts zum Sozialismus, ist die Oktoberrevolution ein für die Menschheit wegweisendes Datum, weil durch sie der Weg des Sozialismus das erste Mal beschritten wurde. Die Oktoberrevolution hat also in der Praxis gezeigt, daß ein Leben ohne Ausbeutung möglich ist, daß der Sozialismus eine Alternative zur Ausbeutung, zur Barbarei des kapitalistischen Systems ist. Die Oktoberrevolution ist ein Fanal, das den Ausbeutern die Kraft des Proletariats und der breiten werktätigen Massen entgegensetzte und den ArbeiterInnen und Werktätigen weltweit gehört. Sie ist ein Fanal, das für eine völlig neue Welt steht und das die Fähigkeiten, das Bewußtsein, die Lebensweise, die Traditionen der breiten Massen radikal veränderte und auf eine neue, höhere Grundlage stellte. Die Oktoberrevolution ist das rote Banner, unter dem wir uns vereinigen müssen, um der Barbarei des Imperialismus endgültig ein Ende zu bereiten und um eine Welt aufzubauen, die unseren Bedürfnissen entspricht!
Das war und ist die Einschätzung der Bedeutung der Oktoberrevolution durch die Marxisten-Leninisten in der Vergangenheit und heute. Dies werden wir auch mit den richtigen Einschätzungen Mao Tse-tungs belegen, insbesondere deswegen, weil die MLPD selbst sich auf Mao als "einen Klassiker des Marxismus-Leninismus" beruft. Wir wollen damit zeigen, daß die MLPD mit ihrer Haltung, die wir im nachfolgenden dokumentieren, auch diametral im Gegensatz zu Mao Tse-tung in dieser Frage steht.
"Die Sozialistische Oktoberrevolution leitete eine neue Ära nicht nur in der Geschichte Rußlands, sondern auch in der Weltgeschichte ein." (Mao Tse-tung, 1937, Ausgewählte Werke Bd. 1, S. 369)
" der erste imperialistische Weltkrieg und die erste siegreiche sozialistische Revolution, die Oktoberrevolution, (haben) den ganzen Lauf der Weltgeschichte geändert und eine neue Epoche der Weltgeschichte eingeleitet.
Diese Epoche ist durch folgende Tatsachen gekennzeichnet: Die Weltfront des Kapitalismus ist an einem Abschnitt (und dieser Abschnitt macht ein Sechstel der Erdoberfläche aus) zusammengebrochen, ..." (Mao Tse-tung, 1940, Ausgewählte Werke Bd. 2, S. 400)
"Die Erfahrungen des von Lenin und Stalin geleiteten Bürgerkriegs in der Sowjetunion haben Weltbedeutung. Alle kommunistischen Parteien, unter ihnen auch die Kommunistische Partei Chinas, betrachten diese Erfahrungen und ihre theoretische Verallgemeinerung durch Lenin und Stalin als ihren Wegweiser." (Mao Tse-tung, 1936, Ausgewählte Werke Bd. 1, S. 228)
Die MLPD leugnet die welthistorische Bedeutung der Oktoberrevolution in vielerlei Hinsicht!
Im völligen Gegensatz zu der Tatsache, daß die Oktoberrevolution der Welt ein ganz neues Gesicht gab und nach wie vor auch heute brennende Aktualität hat, tischt die MLPD in ihrem Werk "Der Kampf um die Denkweise " eine neue Analyse der Oktoberrevolution und dementsprechende Schlußfolgerungen für heute auf. Auch wenn wir die Geduld der LeserInnen etwas strapazieren müssen, wollen wir zunächst die theoretischen Ergüsse der MLPD in dieser Frage im Zusammenhang und etwas länger zitieren. Wir werden dann die einzelnen Ausführungen nach und nach aufdröseln und kritisieren.
"Die gesellschaftliche Entwicklung des staatsmonopolistischen Kapitalismus treibt auf einen Kulminationspunkt zu, indem sich die verschiedenen internationalen ökonomischen und politischen Krisenprozesse mit den Kämpfen der Massen zu einer immer engeren Wechselwirkung verdichten. Das bringt neue, historisch nie dagewesene Erscheinungen hervor. Es mehren sich die Faktoren des Heranreifens einer neuen Umbruchphase vom Kapitalismus zum Sozialismus. Darauf wies Willi Dickhut in Gesprächen im Oktober und November 1991 hin:
Heute kann die Oktoberrevolution nicht mehr als Musterrevolution dienen. Die Entwicklung in Rußland ging so weit die Lösung in der Revolution zu finden. Damals war es leichter als heute, die Revolution durchzuführen. Heute kann man nicht damit rechnen, daß sich ein Land zu einem so schwachen Kettenglied entwickelt, daß da die Revolution stattfindet. Die Imperialisten würden vereint die Revolution niederschlagen Die Internationalisierung der Produktion drängt die Imperialisten dazu, den begrenzten nationalen Charakter ihres bewaffneten Machtapparats zu verändern
Man konnte beim Aufkommen der multinationalen Konzerne noch nicht vorhersehen, welche Folgen das hat, vor allem, daß die höhere Stufe der Konkurrenz die Monopole zur Kooperation zwingt. Aufgrund dessen führen die internationalen Monopole weltweit gleichartige Angriffe gegen die Volksmassen ...
Die Organisierung der Massen müssen wir durch neue Formen entwickeln. In dem Gewoge der Kämpfe tut sich was Neues, das wir genauestens untersuchen müssen ... Die Art, die Ursachen, die Formen und das Ergebnis ... untersuchen. Wir müssen die Gesamtheit der Kämpfe betrachten, um den Prozeß des Umbruchs zu beurteilen. " (S. 219/220, Hervorhebungen von TA)
Und: "Für einen Übergang des staatsmonopolistischen Kapitalismus zum Sozialismus gibt es bisher kein historisches Beispiel. Deshalb dürfen die Marxisten-Leninisten nicht der Gefahr erliegen, den neorevisionistischen Konzeptionen mit dogmatischen Antworten zu begegnen, die sich schematisch am historischen Vorbild der russischen Oktoberrevolution orientieren. Diese erste sozialistische Revolution fand in einem Land statt, in dem die Masse der Werktätigen sich aus kleinen Bauern zusammensetzte und in dem die materiellen Grundlagen des Sozialismus, kapitalistische Großproduktion und eine kulturell hochstehende Arbeiterklasse, erst in den Anfängen stand. Die Oktoberrevolution bewirkte den Aufbau in einem Land, hatte jedoch trotz ihrer weltweiten Bedeutung keinen internationalen Charakter. (!!! A.d.V.) Willi Dickhut forderte, daß sich die Marxisten-Leninisten auf völlig neuartige Entwicklungen einstellen müssen:
Die Produktivität entwickelt sich derart, daß sich die Produktion außerordentlich verbilligt. Der damit einhergehende Widerspruch zwischen den ins Astronomische steigenden Investitionskosten und dem beschleunigten Wertverfall der Produkte in immer kürzeren Zeitabständen verwandelt den Konkurrenzkampf in eine Vernichtungsschlacht. Überproduktionskrisen werden häufiger auftreten. Es werden Situationen eintreten, wo die Monopole und ihr Staat diese Produktivkräfte nicht mehr auf kapitalistischer Grundlage beherrschen können, weil die Massen ökonomisch und infolge ihres Widerstandes vor allem politisch nicht weiter ausgeplündert werden können. Dann entsteht die Alternative des Zusammenbruchs und allgemeinen Verfalls oder aber die Aufrechterhaltung der Produktion auf veränderter Grundlage, das heißt mit Hilfe der Massen. " (S. 285, Hervorhebungen von TA)
Auf diesen Wust wollen wir nun nacheinander eingehen.
a) Leninismus versus Trotzkismus (oder die Frage, ist der Sieg der proletarischen Revolution und der Aufbau des Sozialismus in einem Land möglich?)
Dickhut und mit ihm die heutige MLPD behaupten in dieser "Analyse" nicht nur, daß die Oktoberrevolution keine "Musterrevolution" ist, sondern auch, daß heute die Revolution in einem Land nicht mehr möglich ist. Dickhut vertritt, daß sich heute kein Land mehr zu so einem schwachen Kettenglied entwickeln kann, daß da die Revolution stattfindet. Denn die Imperialisten würden vereint die Revolution niederschlagen. Genau die gleichen Argumente wurden schon viel früher auch gegen die Oktoberrevolution selbst vorgebracht und ihr Scheitern vorausgesagt!
Was sich hier als neue gescheite Analyse auszugeben versucht, ist ein alter Hut. Es ist nur das Aufwärmen der ewig alten Diskussion der Trotzkisten, die Lenin und Stalin sowohl in der Theorie als auch in der Praxis der russischen Revolution entkräftet haben. Die Oktoberrevolution hat in der Praxis, im revolutionären Krieg gegen die imperialistische Intervention von 14 Staaten bewiesen, daß sich auch in einem Land die Diktatur des Proletariats halten kann. Diese Entwicklung wurde theoretisch von Lenin in der Analyse des Imperialismus begründet.
Der Ausgangspunkt Lenins ist, daß die Ungleichmäßigkeit und Sprunghaftigkeit der Entwicklung des Kapitalismus im Imperialismus einen Höhepunkt erreicht und daß die Widersprüche im Imperialismus auf die Spitze getrieben sind. Daraus folgt, daß die absolut wünschenswerte Perspektive, daß die Revolution in sehr vielen Ländern gleichzeitig gelingt, praktisch unmöglich wird. Anders ausgedrückt heißt das, daß die Kette der imperialistischen Herrschaft am schwächsten Kettenglied reißen wird. Schon zur Zeit von "Was tun?", 1902, war Lenins konkrete Einschätzung, daß Rußland ein solches schwaches Kettenglied im imperialistischen Weltsystem sei und die Möglichkeit für die proletarische Revolution sich dort am ehesten entwickeln würde. Die Kette ist dann tatsächlich auch in Rußland gerissen und die Richtigkeit der leninschen Analyse wurde praktisch bewiesen.
Die Theorie des schwächsten Kettengliedes, das im konkreten Fall jedes Land werden kann, stand im Gegensatz zum Trotzkismus. Der besagte nämlich, in falscher Berufung auf Marx und Engels, daß die Revolution nur erfolgreich sein kann, wenn in mehreren fortgeschrittenen europäischen, also entwickelten kapitalistischen Ländern, die Revolution gleichzeitig erfolgt. Dies war unter den Bedingungen des Imperialismus, der den Konkurrenzkapitalismus ablöste, der den Analysen von Marx und Engels zugrunde lag, nicht mehr möglich. Diese Theorie lief im Grunde darauf hinaus, daß insbesondere das Proletariat und die Werktätigen der abhängigen Länder zu warten hätten, bis das Proletariat der fortgeschrittenen Länder die Revolution erringt. Diese Theorie schätzte also die revolutionäre Kraft der Arbeiterklasse und der werktätigen Massen der rückständigen Länder gering. Ihre Befreiung wurde als Werk und Geschenk der Revolution in den imperialistischen Metropolen gesehen. Sie war in dieser Hinsicht auch gegen die Revolution in Rußland gerichtet, weil dieses Land ein rückständiges, kapitalistisches Land war, wie auch Lenin analysierte.
Der Leninismus und als unmittelbares Beispiel die Oktoberrevolution machten also Schluß mit der trotzkistischen Ansicht, die ein Ausfluß der alten zweiten Internationale war, daß das kulturell hochstehende, gebildetere Proletariat der entwickelten kapitalistischen Länder über dem Proletariat der rückständigen Länder stehe, per se besser befähigt sei, höherwertig sei und dieses anführen müsse.
Wenn die MLPD sich also hinstellt und sagt, daß die Oktoberrevolution schließlich ja nur in einem ach so rückständigen Land stattgefunden hat, wie in Rußland, "in dem die Masse der Werktätigen sich aus kleinen Bauern zusammensetzte und in dem die materiellen Grundlagen des Sozialismus, kapitalistische Großproduktion und eine kulturell hochstehende (!) Arbeiterklasse, erst in den Anfängen stand", was ist das anderes als die Revolution, die Kämpfe in einem ökonomisch rückständigen kapitalistischen Land nicht ernst zu nehmen, als die Frage der Bündnispartner einfach unbeachtet lassen? Was ist das anderes, als die werktätigen Massen, die nicht zum Proletariat gehören, überhaupt nicht als gigantische Kraft der Revolution zu begreifen, sie einfach wegzuschieben? Was heißt das für heute, wo in der Mehrzahl der abhängigen Länder die Bauern einen großen Anteil der ausgebeuteten Massen darstellen? Was ist das anders als abstoßender Metropolenchauvinismus und das auch noch unter Berufung auf den Marxismus-Leninismus?
Die Diskussion, ob die Revolution in einem Land erfolgen kann, weil da die Kette reißt oder ob in mehreren entwickelten Ländern die Revolution gleichzeitig durchgeführt werden muß, umfaßt aber noch mehr. Es geht ja dabei dann auch darum, inwieweit nach der Revolution in einem Land die Diktatur des Proletariats verteidigt und der Sozialismus aufgebaut werden kann. Diese Fragen wurden von den Gegnern der Lenin-Stalin-Theorie von der Möglichkeit des Sozialismus in einem Land negativ beantwortet. Das bedeutet, eine fatalistische Sicht der Dinge anzunehmen, bedeutet, die errungene Revolution in einem Land aufzugeben, preiszugeben und der kapitalistischen Entwicklung nichts entgegenzusetzen. Denn nach dieser Theorie kann man die Revolution und den Sozialismus in einem Land nicht siegreich durchführen und verteidigen.
Lenin und Stalin betonten, daß der Sozialismus in einem Land aufgebaut werden kann und muß. Daß es möglich ist, die Diktatur des Proletariats gegen innere und äußere Feinde zu verteidigen, bei gleichzeitiger unbedingter Unterstützung der Revolution in allen Ländern durch den sozialistischen Staat und umgekehrt durch Unterstützung des sozialistischen Staates durch die revolutionären proletarischen Bewegungen in allen Ländern. (Eine andere Frage ist, die hier aber mit der MLPD nicht zur Diskussion steht, daß Lenin und Stalin nachwiesen, daß der endgültige Sieg des Sozialismus, also der vollendete Kommunismus nicht in einem Land erreicht werden kann und daß solange auch die Gefahr der Restauration des Kapitalismus bleibt. ) In dieser prinzipiellen Diskussion zwischen Leninismus und Trotzkismus nimmt die MLPD in ihrer Theorieentwicklung wesentliche Argumente des Trotzkismus auf, und führt als weitere Begründung dafür veränderte Bedingungen, die Schlagworte der Globalisierung und Internationalisierung an. Im nächsten Abschnitt wollen wir uns nun die angeblich neuen Fakten vornehmen.
b) Was die MLPD uns noch auftischt: Ultraimperialismus- und Globalisierungstheorie
Die MLPD führt wie schon oben erwähnt dazu aus:
"Die Internationalisierung der Produktion drängt die Imperialisten dazu, den begrenzten nationalen Charakter, den begrenzten nationalen Rahmen ihres bewaffneten Machtapparats zu verändern Man konnte beim Aufkommen der multinationalen (! A.d.V.) Konzerne noch nicht vorhersehen, welche Folgen das hat, vor allem daß die höhere (da ist er, der Ultraimperialismus, A.d.V.) Stufe der Konkurrenz die Monopole zur Kooperation zwingt. Aufgrund dessen führen die internationalen Monopole weltweit gleichartige Angriffe gegen die Volksmassen (In dem Sinne, daß sie gemeinsam den Angriff führen, A.d.V.) "(S. 219)
Die MLPD redet immer wieder von der "Internationalisierung der Produktion", die "etwas ganz Neues" darstellen würde und begründet damit auch ihre neu konstruierte Epoche des "Staatsmonopolistischen Kapitalismus" als drittes Stadium des Kapitalismus.
Es war aber gerade Lenin, der analysierte, daß die Internationalisierung der Produktion ein wichtiges Kennzeichen des Imperialismus ist und daher alle Fragen nicht mehr nur vom jeweiligen nationalen, geographisch eingegrenzten Standpunkt aus beurteilt werden können, sondern nur im internationalen Zusammenhang. Lenin wies nach, daß der Imperialismus, der seit Anfang unseres Jahrhunderts existiert, ein weltweites Herrschaftssystem geworden ist, daß es keinen Flecken Erde mehr gibt, über den der Imperialismus nicht seine Fittiche ausgestreckt hat. Die Welt ist unter den imperialistischen Großmächten und den Kapitalistenverbänden aufgeteilt. Im Imperialismus geht es um Machtverschiebung, um die Neuaufteilung zwischen den verschiedenen imperialistischen Ländern und den Monopolen. Selbstverständlich hat diese Internationalisierung, die Lenin als Wesenszug des Imperialismus charakterisierte eine Entwicklung genommen und viele verschiedene Erscheinungsformen angenommen.
Wichtig aber dabei ist, daß die MLPD aus diesen angeblich ganz neuen "Globalisierungs-Phänomenen" Schlußfolgerungen zieht, die die Wesensmerkmale des Imperialismus aufheben. Ihre Theorien daraus sind nichts anderes als eine Neuauflage der Ultraimperialismus-Theorie von Kautsky. Schon in unserer letzten Broschüre haben wir darauf hingewiesen, daß die MLPD diese Theorie vertritt. Das Neue an dieser Stelle ist, daß sie mit dieser Theorie ganz offen begründet, warum die Revolution in einem Land nicht mehr möglich sei. Die Ultra-Imperialismus-Theorie behauptet, daß sich die Kapitalistenverbände, die Monopole nicht mehr auf Schärfste bekämpfen, sondern fast vollständig miteinander kooperieren würden. Dies wird gerade mit der Internationalisierung der Produktion begründet, in dem Sinne, daß sich doch alles vernetzt, verbindet, zusammenwächst und daß dann am Ende ein einziges Weltkapital, nur noch ein Monopol, nur noch eine Weltfirma übrigbleibt, die die ganze Welt alleine ausplündert. Dies ist dann eben der Ultraimperialismus, ein Imperialismus jenseits des alten Imperialismus. Ein theoretischer Fehler, der dem zugrunde liegt, ist, daß die Monopole und Kapitalistenverbände nicht freischwebend sind, sondern daß sie das jeweilige Land, aus dem sie entstammen, unbedingt brauchen. Und zwar in dem Sinne, daß sie an den nationalen staatlichen Rahmen zur Durchsetzung ihrer Interessen zwingend gebunden sind. Die Großmächte und ihre nationalen Monopole stehen in der Jagd nach Profit in erbitterster Feindschaft zueinander. Der Leninismus wies gerade nach, daß sich die grenzenlose Barbarei des Imperialismus auch aus der höchsten Zuspitzung der verschiedenen Widersprüche im Imperialismus erklärt. Das Entscheidende an der Ultra-Imperialismus-Theorie ist, daß sie einen wichtigen Widerspruch des Imperialismus, den zwischen den verschiedenen imperialistischen Ländern und ihrer Monopole, leugnet. Sie wird praktisch immer dazu benutzt, um so die Barbarei der imperialistischen Herrschaft zu verschleiern und den eigenen Imperialismus aus der Schußlinie zu nehmen.
Die Schlußfolgerung der MLPD aus ihrer "Imperialismusanalyse" sind:
"Für einen Übergang des staatsmonopolistischen Kapitalismus zum Sozialismus gibt es bisher kein historisches Beispiel. Deshalb dürfen die Marxisten-Leninisten nicht der Gefahr erliegen, den neorevisionistischen Konzeptionen mit dogmatischen Antworten zu begegnen, die sich schematisch am historischen Vorbild der russischen Oktoberrevolution orientieren. Willi Dickhut forderte, daß sich die Marxisten-Leninisten auf völlig neuartige Entwicklungen einstellen müssen:
Die Produktivität entwickelt sich derart, daß sich die Produktion außerordentlich verbilligt. Der damit einhergehende Widerspruch zwischen den ins Astronomische steigenden Investitionskosten und dem beschleunigten Wertverfall der Produkte in immer kürzeren Zeitabständen verwandelt den Konkurrenzkampf in eine Vernichtungsschlacht. Überproduktionskrisen werden häufiger auftreten. Es werden Situationen eintreten, wo die Monopole und ihr Staat diese Produktivkräfte nicht mehr auf kapitalistischer Grundlage beherrschen können, weil die Massen ökonomisch und infolge ihres Widerstandes vor allem politisch nicht weiter ausgeplündert werden können. Dann entsteht die Alternative des Zusammenbruchs und allgemeinen Verfalls oder aber die Aufrechterhaltung der Produktion auf veränderter Grundlage, das heißt mit Hilfe der Massen. " (S. 285, Hervorhebungen von TA)
Nach der MLPD ist die heutige Lage also, daß der Imperialismus als System sowieso so schwach, so zerrüttet, so marode geworden ist, daß es zu Situationen kommen wird, wo der Imperialismus als System so schwach geworden ist, daß er gar nicht mehr weiter herrschen kann, gar nicht mehr fähig ist, so weiterzuwirtschaften. Also der Imperialismus kann nicht mehr weiter; alles droht zusammenzubrechen, aber dann kann die Produktion doch noch aufrechterhalten werden (ein Glück!), in dem sie kurzerhand verändert wird. Und der zusammenbrechende Imperialismus gibt seine Herrschaft ab, verwandelt sich in den Sozialismus, bzw. ausgehend von dem bisher Bestehenden gleitet er in den Sozialismus. Das kann er dann natürlich nur mit Hilfe der Massen, denen der Imperialismus seine Macht einfach abgibt, abgeben muß, weil er ja sonst zusammenbricht. Also vor Schreck vor der Alternative zusammenzubrechen, gibt der Imperialismus seine Macht an die Massen ab, damit die Produktion -natürlich auf veränderter Grundlage- aufrecht erhalten werden kann. Das ist die Stunde der Märchenerzähler!
Auch Mao Tse-tung und die KP Chinas kritisierten diesen Weg zum Sozialismus sehr scharf in der Auseinandersetzung mit dem Chruschtschowrevisionismus und seiner Formel vom zusammenbrechenden Imperialismus.
Ganz im Sinne eines Kautskys ist die Schlußfolgerung der MLPD: Durch die Internationalisierung der Produktion Entstehung des Ultraimperialismus, Zusammenbruch des Imperialismus auf der ganzen Linie OHNE die Notwendigkeit der proletarischen Revolution. Mit dieser theoretischen Begründung braucht es einen dann auch nicht zu wundern, daß die MLPD strategisch die Revolution aus ihrer Arbeit gestrichen hat und daher in ihrer tagtäglichen Agitation und Propaganda über die Revolution in der BRD kein Wort verliert.
c) Die proletarische Revolution im "rückständigen Bauernland Rußland", kein Vorbild für das internationale Proletariat?
Einfallsreich wie die MLPD und Dickhut sind, greifen sie noch auf ein weiteres altbekanntes Argument gegen die grundlegende Bedeutung der Oktoberrevolution zurück. Hören wir sie noch einmal im Originalton:
"Für einen Übergang des staatsmonopolistischen Kapitalismus zum Sozialismus gibt es bisher kein historisches Beispiel. Die Oktoberrevolution bewirkte den Aufbau des Sozialismus in einem Land, hatte jedoch trotz ihrer weltweiten Bedeutung keinen internationalen Charakter." (Hervorhebungen von TA) (S. 285)
Bei diesem Fazit zur Einschätzung der Oktoberrevolution geht die MLPD besonders trickreich vor. Ausgehend von ihrer revisionistisch angehauchten Stadienkonstruktion eines monopolistischen Kapitalismus, der in ein neues Stadium, nämlich das des Staatsmonopolismus übergegangen ist, erledigen sie auch gleich noch den internationalen Charakter der Oktoberrevolution. Hier wird das Argument herangezogen, daß der Typ der russischen Revolution in eine vorhergehende Etappe des Kapitalismus gehört, und daß die materiellen Bedingungen für den Sozialismus nicht entwickelt waren. ("Bauernsozialismus!") Die Argumente gleichen wie ein Ei dem anderen, von Kautsky bis zu den Trotzkisten: Der Oktoberrevolution wird mit einer Wortfitzelei nur eine "weltweite Bedeutung" zugesprochen. Aber und jetzt kommt es, sie hatte "keinen internationalen Charakter"(siehe oben). Für einen klar denkenden Menschen ist diese Einschätzung der MLPD zunächst mal völlig unverständlich. Wieso soll die Oktoberrevolution eine weltweite Bedeutung, aber keinen internationalen Charakter haben. Was soll man sich darunter vorstellen? Zumal auch im Anschluß an dieses Zitat nicht genau erläutert wird, was darunter verstanden wird. Wir möchten den Leser und die Leserin bitten, sich in die Argumentation der MLPD genau hineinzudenken, dann wird er/sie erkennen, daß gerade in diesem scheinbar unsinnigen Satz ein fundamentaler Angriff der MLPD auf die Oktoberrevolution enthalten ist. Natürlich muß auch die MLPD zugestehen, daß die Oktoberrevolution "weltweite Bedeutung" hatte, d.h. daß sie 1917 für die Proletarier aller Länder und für die internationale Situation eine Bedeutung hatte. Was sie aber bestreitet ist der Kern der Oktoberrevolution, nämlich ihr "internationaler Charakter". Was ist denn unter internationalem Charakter zu verstehen? Unter internationalem Charakter verstehen die Marxisten-Leninisten, daß die Oktoberrevolution eine Vorbildfunktion für das internationale Proletariat hat, d.h. daß sie Grundprinzipien des Weges vom Kapitalismus zum Sozialismus proklamierte und in die Praxis umgesetzt hat. Nicht von ungefähr ist es daher, daß die Schrift Stalins über genau diesen Aspekt der Oktoberrevolution so betitelt ist: "Der internationale Charakter der Oktoberrevolution". Wir wollen kurz Hauptprinzipien, die Stalin in der Schrift anführt, hervorheben und damit die falschen Grundthesen der MLPD zurückweisen. Wir werden das aber nicht mit eigenen Worten machen, sondern die entsprechenden Zitate aus Stalins Schrift direkt anführen.
* Die Oktoberrevolution leitet die Epoche der proletarischen Revolutionen ein:
"Die Oktoberrevolution ist vor allem dadurch bedeutsam, daß sie die Front des Weltimperialismus durchbrochen, die imperialistische Bourgeoisie in einem der größten kapitalistischen Länder gestürzt und das sozialistische Proletariat an die Macht gebracht hat.
Die Klasse der Lohnsklaven, die Klasse der Gehetzten, die Klasse der Unterdrückten und Ausgebeuteten ist zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit zur Stellung einer herrschenden Klasse emporgestiegen und ihr Beispiel wirkt ansteckend auf die Proletarier aller Länder.
Das bedeutet, daß die Oktoberrevolution eine neue Epoche eröffnet hat, die Epoche der proletarischen Revolutionen in den Ländern des Imperialismus." (S. 208)
* Die Enteignung der Grundbesitzer und Kapitalisten:
"Sie hat den Gutsbesitzern und Kapitalisten die Produktionsinstrumente und -mittel weggenommen und in gesellschaftliches Eigentum verwandelt und so dem bürgerlichen Eigentum das sozialistische Eigentum entgegengestellt. Sie hat damit die Lüge der Kapitalisten entlarvt, daß das bürgerliche Eigentum unantastbar, heilig, ewig sei". ( S. 208)
* Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates / bürgerliche und proletarische Demokratie:
"Sie hat der Bourgeoisie die Macht entrissen, hat der Bourgeoisie die politischen Rechte genommen, den bürgerlichen Staatsapparat zerstört und die Macht den Sowjets übergeben und so dem bürgerlichen Parlamentarismus, der kapitalistischen Demokratie, die sozialistische Macht der Sowjets, die proletarische Demokratie, entgegengestellt". (S. 208-209)
* Das Proletariat an der Macht:
" Die unzweifelhaften Erfolge des Sozialismus in der UdSSR an der Front des Aufbaus haben anschaulich gezeigt, daß das Proletariat imstande ist, das Land erfolgreich ohne die Bourgeoisie und gegen die Bourgeoisie zu regieren, daß es imstande ist, die Industrie erfolgreich ohne die Bourgeoisie und gegen die Bourgeoisie aufzubauen, daß es imstande ist, die ganze Volkswirtschaft erfolgreich ohne die Bourgeoisie und gegen die Bourgeoisie zu leiten, daß es imstande ist, den Sozialismus trotz der kapitalistischen Umkreisung erfolgreich aufzubauen.
Die alte Theorie, daß die Ausgebeuteten nicht ohne die Ausbeuter auskommen können, ebenso wie der Kopf und die übrigen Körperteile nicht ohne den Magen auskommen können, ist nicht nur Eigentum des aus der Geschichte des Altertums bekannten römischen Senators Menenius Agrippa. Diese Theorie bildet jetzt den Eckstein der politischen Philosophie der Sozialdemokratie im allgemeinen und der sozialdemokratischen Politik der Koalition mit der imperialistischen Bourgeoisie im besonderen. Diese Theorie, die den Charakter eines Vorurteils angenommen hat, bildet heute eins der ernstesten Hindernisse auf dem Wege zur Revolutionierung des Proletariats der kapitalistischen Länder. Eines der wichtigsten Ergebnisse der Oktoberrevolution ist die Tatsache, daß sie dieser verlogenen Theorie einen tödlichen Schlag versetzt hat." (S. 209-210)
* Die Oktoberrevolution leitet die Epoche der nationalen und kolonialen Revolution im Bunde mit dem Proletariat und unter Führung des Proletariats ein:
"Die Oktoberrevolution hat den Imperialismus nicht allein in den Zentren seiner Herrschaft, nicht allein in den Mutterländern erschüttert. Sie hat auch einen Schlag gegen das Hinterland des Imperialismus, gegen seine Peripherie geführt und die Herrschaft des Imperialismus in den kolonialen und abhängigen Ländern untergraben.
Die Oktoberrevolution, die die Gutsbesitzer und Kapitalisten gestürzt hat, sprengte die Ketten der nationalen und kolonialen Unterdrückung und befreite von ihr ausnahmslos alle unterdrückten Völker eines riesigen Staates. Das Proletariat kann sich nicht befreien, ohne die unterdrückten Völker zu befreien. Einen charakteristischen Zug der Oktoberrevolution bildet die Tatsache, daß sie diese nationalen und kolonialen Revolutionen in der UdSSR nicht unter der Fahne der nationalen Feindschaft und der Zusammenstöße zwischen den Nationen durchgeführt hat, sondern unter der Fahne des gegenseitigen Vertrauens und der brüderlichen Annäherung zwischen den Arbeitern und Bauern der Völker der UdSSR, nicht im Namen des Nationalismus, sondern im Namen des Internationalismus.
Gerade weil die nationalen und kolonialen Revolutionen in unserem Lande unter der Führung des Proletariats und unter dem Banner des Internationalismus vor sich gegangen sind, gerade darum sind die Pariavölker, die Sklavenvölker zum ersten Male in der Geschichte der Menschheit zur Stellung von Völkern emporgestiegen, die wirklich frei und wirklich gleich sind, und ihr Beispiel wirkt ansteckend auf die unterdrückten Völker der ganzen Welt.
Das bedeutet, daß die Oktoberrevolution eine neue Epoche eröffnet hat, die Epoche der kolonialen Revolutionen, die in den unterdrückten Ländern der Welt im Bunde mit dem Proletariat und unter Führung des Proletariats durchgeführt werden."
(S. 210-211)
* Grundlegende Wendung in der Geschichte der Menschheit:
"Sie setzt sich nicht das Ziel eine Ausbeutungsform durch eine andere Ausbeutungsform, eine Ausbeutergruppe durch eine andere Ausbeutergruppe zu ersetzen, sondern jede Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zu beseitigen, alle und jede Ausbeutergruppen zu vernichten, die Diktatur des Proletariats aufzurichten eine neue, klassenlose, sozialistische Gesellschaft zu organisieren .
Eben deshalb bedeutet der Sieg der Oktoberrevolution eine grundlegende Wendung in der Geschichte der Menschheit, eine grundlegende Wendung im historischen Schicksalslauf des Weltkapitalismus, eine grundlegende Wendung in den Kampfmethoden und den Organisationsformen, in der Lebensweise und den Traditionen, in der Kultur und der Ideologie der ausgebeuteten Massen der ganzen Welt.
Das ist der Grund, weshalb die Oktoberrevolution eine Revolution von internationaler, von Weltbedeutung ist.
(S. 207-208, alle Zitate aus: Stalin, "Der internationale Charakter der Oktoberrevolution", Bd. 10, alle Hervorhebungen von Stalin)
Wem das als Gegenargumentation noch nicht ausreicht, der sei daran erinnert, daß als praktisches Ergebnis des internationalen Charakters der Oktoberrevolution revolutionäre Kämpfe des Proletariats der kapitalistischen Länder, wie auch der nationalen Befreiungsbewegungen der kolonialen und halbkolonialen Länder nach 1917 gewaltig anschwollen und auf der Tagesordnung standen. Wir erinnern nur an China, Indien, Türkei, Brasilien, etc. Wir erinnern an die revolutionären Kämpfe in Deutschland in den zwanziger Jahren, an die ungarische Räterepublik etc. All diese revolutionären Kämpfe der zwei Ströme der proletarischen Weltrevolution hatten sich die Prinzipien der Oktoberrevolution auf ihre Fahne geschrieben.
Bei der Ablehnung des internationalen Charakters der Oktoberrevolution für die Proletarier aller Länder steht bei der MLPD noch ein weiteres Grundprinzip zur Disposition. Es geht um den Weg der gewaltsamen Revolution, den sie auf den Müllhaufen der Geschichte werfen wollen.
d) Revolution oder Reform?
Die MLPD sinkt so weit herab, die Revolution selbst in Frage zu stellen, ja eigentlich ganz zu den Akten zu legen. Der Streit um die Frage "Reform oder Revolution" war immer einer, an dem sich die Geister grundsätzlich schieden und auch heute noch scheiden. Der Weg der Reformisten war, zunächst zwei Wege zum Sozialismus zu propagieren, um dann den Weg "Revolution" fallen zu lassen und ganz offen im Sumpf des Reformismus und Opportunismus zu versinken. Bernstein, Kautsky, Chruschtschow und wie sie alle hießen, alle machten sich zunächst neben dem Weg der Revolution ein kleines Hintertürchen auf. Das hieß dann
"Der Kapitalismus könne friedlich in den Sozialismus hineinwachsen." (Bernstein), "Eroberung der Staatsgewalt durch Gewinnung der Mehrheit im Parlament." (Kautsky), "In einer Reihe kapitalistischer Länder hat die Arbeiterklasse die reale Möglichkeit den Übergang der grundlegenden Produktionsmittel in die Hände des Volkes zu gewährleisten." (Chruschtschow), "Die Arbeiterklasse vieler Länder (kann) noch vor dem Sturz des Kapitalismus die Bourgeoisie zwingen, solche Maßnahmen zu ergreifen, die den Rahmen gewöhnlicher Reformen überschreiten." (Programm der KPdSU, 22. Parteitag). (Alle Zitate aus "Die Polemik über die Generallinie der internationalen Kommunistischen Bewegung", S. 405-407)
Damit wurde die Notwendigkeit der proletarischen Revolution, die Notwendigkeit, sie gewaltsam durchzuführen, zu den Akten gelegt.
Die Debatte "Reform oder Revolution" ist untrennbar damit verbunden, ob man den friedlichen Weg, einen Weg der schrittweisen Reformen des Kapitalismus (und damit keine grundlegenden Veränderungen dieses Systems erreichen zu wollen oder können) oder den gewaltsamen Weg, den Weg der Zerschlagung des imperialistischen Ausbeutersystems zum Sozialismus propagiert, welches Verhältnis man zur Gewalt einnimmt. So nannte es Chruschtschow den "friedlichen und den nicht-friedlichen Übergang zum Sozialismus", wenn er von den zwei Wegen sprach.
Im Gegensatz dazu ist die Revolution aber gar nichts anderes als ein gewaltsamer Aufstand, um die zentrale Staatsmacht mit den Gewehren zu erobern, sie zu zerschlagen und einen neuen proletarischen Staat aufzubauen. Die Revolution ist immer gewaltsam d.h. gestützt auf die Macht der Gewalt und Gewehre.
Wir propagieren die Revolution nicht als Selbstzweck, sondern weil es keinen anderen Weg zum Sozialismus gibt: Die Kapitalisten werden die Macht nicht freiwillig abtreten. Dies ist ein Gesetz, das in diesem Jahrhundert mehr als einmal bestätigt wurde. Und auch wenn der Imperialismus so weiterwirtschaftet wie bisher und uns so -durch Umweltzerstörung, durch Kriege z.B.- in den Untergang zerrt, er wird trotzdem nicht von alleine zusammenbrechen. Er wird nicht freiwillig von der Weltbühne abtreten, auch dann nicht, wenn wir immer weiter und weiter im Schmutz des Imperialismus versinken. Das zeigt sich heute mehr denn je, denn der Imperialismus denkt nicht daran, abzutreten, trotz der schreienden Widersprüche weltweit, trotz der täglichen Barbarei, trotz der großen Unsicherheit, der Labilität, der Ungleichmäßigkeit, die der Imperialismus produziert. Wir werden nicht anders handeln können, als dem Imperialismus gewaltsam ein Ende zu bereiten. Denn es gilt nach wie vor: Sozialismus durch die bewaffnete Revolution oder Untergang in der Barbarei!
Die MLPD aber macht sich genau dieses besagte Hintertürchen auf, wenn sie schreibt:
"Die historische Umbruchphase kann entstehen durch eine Revolution oder Veränderung der Produktivkräfte."(S. 219) (Hervorhebung von TA)
Hier ist es also, das berühmte "oder". Es gibt zwei Wege, um zum Sozialismus zu kommen, Revolution oder reformistische Veränderung des Imperialismus, so daß er zum Sozialismus wird. In diesem Sinne fährt die MLPD fort:
"Man muß das Gewoge von Kämpfen, die die Existenz des Imperialismus immer schwieriger machen, untersuchen Diese neue Produktionsweise kann auf Dauer nicht mehr durch die Imperialisten selbst aufrechterhalten werden (S. 219) wo die Monopole und ihr Staat diese Produktivkräfte nicht mehr auf kapitalistischer Grundlage beherrschen können Dann entsteht die Alternative des Zusammenbruchs und allgemeinen Verfalls oder aber die Aufrechterhaltung der Produktion auf veränderter Grundlage, das heißt mit Hilfe der Massen". (S. 286) (Hervorhebung von TA)
Hier steht nichts mehr von der Revolution. Hier hat die MLPD die Revolution kurzerhand fallengelassen und ist ganz auf die Alternative Hinübergleiten des Imperialismus in den Sozialismus übergegangen. Die Produktion wird verändert; die Massen helfen dabei auch mit. Aber wie das alles bewerkstelligt werden soll, darüber braucht die MLPD wohl kein Wort zu verlieren. Man hat bei ihr den Eindruck hat, als sei für sie die Veränderung eine ganz leichte Sache; der Imperialismus stirbt ab und wir gleiten einfach so in den Sozialismus, wahrscheinlich ganz friedlich und ganz ohne Blutvergießen.
Das ist also eine weitere undogmatische Auswertung der Erfahrung der Oktoberrevolution durch die MLPD. Das Grundprinzip des Marxismus-Leninismus, der Notwendigkeit der gewaltsamen Machtergreifung, der Zerschlagung des alten Staatsapparates, der Revolution bleibt im Gewoge der Kämpfe auf der Strecke. Wer aber so an diese Frage herangeht, die Machtfrage nicht klar und deutlich stellt, den gewaltsamen Aufstand zu den Akten legt, der verschließt die Augen vor der Realität und streut den Massen nur Sand in die Augen:
"Der bürgerliche Staat kann durch den proletarischen Staat (die Diktatur des Proletariats) nicht auf dem Wege des ,Absterbens abgelöst werden, sondern, als allgemeine Regel, nur durch eine gewaltsame Revolution, sagte er (Stalin) an anderer Stelle und erklärte weiter: Die Notwendigkeit, die Massen systematisch in diesen, gerade in diesen Auffassungen über die gewaltsame Revolution zu erziehen, liegt der gesamten Lehre von Marx und Engels zugrunde. Zu glauben, daß man eine solche Revolution friedlich, im Rahmen der bürgerlichen Demokratie, die der Herrschaft der Bourgeoisie angepaßt ist, durchführen kann, bedeutet, entweder den Verstand verloren und die normalen menschlichen Begriffe eingebüßt zu haben oder sich grob und offen von der proletarischen Revolution loszusagen. (Stalin, A. d.V.)
Gestützt auf die marxistisch-leninistische Lehre von der gewaltsamen Revolution und auf die neuen Erfahrungen der proletarischen Revolution und der vom Proletariat geleiteten volksdemokratischen Revolution stellte Genosse Mao Tse-tung die berühmte These auf: Aus dem Gewehr kommt die Staatsmacht." ("Die Polemik über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung", Oberbaum-Verlag Berlin 1970, S. 411, Her. im Text)
"Lenin sagte: Der Imperialismus zeichnet sich kraft seiner grundlegenden ökonomischen Eigenschaften durch sehr geringe Friedfertigkeit und Freiheitsliebe und sehr große, überall wahrzunehmende Entwicklung des Militarismus aus. Das bei der Beurteilung der Frage: friedliche oder gewaltsame Umwälzung ,nicht bemerken heißt zu einem gewöhnlichen Lakaien der Bourgeoisie herabsinken." (ebenda, S. 420)
Daß bei der Ausgangsfragestellung der MLPD Hinübergleiten in den Sozialismus durch Hilfe der Massen" gegen die Notwendigkeit der Revolution, dann natürlich auch nirgendwo die Notwendigkeit der gewaltsamen Revolution (weder theoretisch noch in der Agitation und Propaganda) vorkommt ist natürlich kein Zufall. Das ist nur der weitere Schritt im Reformismus!
Zusammenfassend läßt sich sagen:
Schon in unserem ersten Teil der Kritik an dem theoretischen Erguß "Der Kampf um die Denkweise " haben wir aufgezeigt, daß die MLPD ihre wundersamen, angeblich ganz neuen Theorien damit begründet, daß die Bedingungen sich völlig verändert haben. Wir haben dort ihre faule Theorie widerlegt, daß der Imperialismus in eine neue Phase übergegangen ist, nämlich angeblich in das Stadium des staatsmonopolistischen Kapitalismus. Denn Lenin analysierte richtig, daß der Kapitalismus in sein letztes Stadium eingetreten ist, in ein Stadium, das durch die Herrschaft des Finanzkapitals gekennzeichnet ist. Letztes Stadium heißt, daß diesem Stadium des Kapitalismus kein anderes Stadium des Kapitalismus mehr folgen kann, sondern nur noch der Untergang in der Barbarei oder der Sozialismus. Diese neuen Bedingungen sind also eine Erfindung der MLPD.
Die anderen total falschen Argumentationen der MLPD, die in den Zitaten angeführt werden, greifen nicht nur die Theorie des Marxismus-Leninismus frontal an, sondern sind auch gar keine neuen Theorien. Die MLPD kaut im wesentlichen alte Theorien à la Kautsky oder Trotzki wieder, die schon von Lenin gründlich widerlegt wurden. Und gerade weil die völlige Entkräftung solcher Theorien durch Lenin so erfolgreich war, gerade weil die Bolschewiki andere, richtige Auffassungen in Revolutionsfragen hatten, gerade deshalb konnte die Oktoberrevolution überhaupt gelingen, gerade deswegen fand die Oktoberrevolution unter Führung der Bolschewistischen Partei Lenins und Stalins statt, gerade deswegen ist die Oktoberrevolution gerade das erfolgreichste Beispiel für die Richtigkeit des Bolschewismus was wir als Marxisten-Leninisten verteidigen müssen.
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Stalin zu verteidigen heißt ... den Kommunismus zu verteidigen!
Auch in ihrem Epoche machenden Werk "Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung" verkündet die MLPD ihre Einschätzung von Stalin.
Die Haltung zu Stalin ist eine äußerst wichtige Sache. Dies erklärt sich daraus, daß die Angriffe auf Stalin fast immer -wie auch bei der MLPD- dazu benutzt werden, um das ganze System, die Politik der Bolschewiki der KPdSU in der Sowjetunion vor 1956 anzugreifen. Diese Kritiken legen mehr oder minder offen nahe, daß die Sowjetunion gar nicht sozialistisch war; daß die Fehler so kraß gewesen sind, daß automatisch die Frage entsteht, ob nicht die ganze marxistisch-leninistische Theorie und Praxis in sich fehlerhaft und letztlich unbrauchbar, also falsch ist. Die Angriffe auf die Person Stalin sind in der Regel -auch wieder mehr oder minder offen- ein Angriff auf den Kommunismus. Bei der Frage nach der Person Stalins geht es sowohl darum, ihn selbst als großen Vorkämpfer des Kommunismus und Klassiker des Marxismus-Leninismus, als auch den Marxismus-Leninismus, zu verteidigen.
Auch die MLPD stimmt in den Chor der Revisionisten und Trotzkisten ein, indem sie einen Teil der gängigsten Anwürfe gegen Stalin stereotyp wiederholt. Wir greifen uns die heftigsten Vorwürfe aus der "Denkweise" heraus.
Vorweg möchten wir noch klarstellen: Wenn wir im Folgenden die Angriffe der MLPD zurückweisen, die sie gegen die sozialistische Sowjetunion und die KPdSU vorbringt, so heißt das nicht, daß wir bereits im Besitz einer umfassenden vollständigen und tiefgehenden Analyse des Entartungsprozesses der sozialistischen Sowjetunion in einen verbürokratisierten staatskapitalistischen Staat verfügen. Wir sind natürlich auch keineswegs der Meinung, daß die Marxisten-Leninisten, die KPdSU, bis zur revisionistischen Entartung 1956 keine Fehler gemacht haben. Im Gegenteil, diese detailliert zu untersuchen ist auch wesentlich für ein tiefgehendes Verständnis der Entartung.
Wir haben aber eine klare prinzipielle Herangehensweise an die Hauptursachen der Entartung und der notwendigen Schlußfolgerungen. Die Differenzen mit der MLPD beruhen nicht auf unterschiedlichen widersprechenden Einschätzungen der einen oder anderen konkreten Fehlentwicklung, sondern auf fundamental verschiedenen Einschätzungen der Grundlagen, Funktionen, Aufgaben der Marxisten-Leninisten in einem sozialistischen Staat, konkret der KPdSU im proletarischen Staat UdSSR, in ihrer Theorie und Praxis.
Der Machtantritt des modernen Revisionismus in der Sowjetunion 1956 fand durch die Chruschtschowclique auf dem XX.Parteitag statt. Mit einem Generalangriff auf das politische Programm der KPdSU unter der Flagge der "neuen Bedingungen" wurde ein neues, durch und durch revisionistisches Programm verabschiedet. Sofort nach dem Tode Stalins 1953 wurden die Vorbereitungen seitens der Revisionisten getroffen, die auf diesen Kurswechsel hinsteuerten. Die Linie des Verrates von 1956 wurde in Partei und Staat durchgesetzt und der Widerstand der Marxisten-Leninisten systematisch gebrochen. Gekoppelt war das alles mit einer gigantischen Verleumdungskampagne gegen Stalin, der angeblich eine persönliche Diktatur und Terrorherrschaft in der Partei ausgeübt hätte. Die Sowjetunion entartete in einen staatskapitalistischen, imperialistischen Staat. Was nun die Frage der Verantwortung der Kommunisten an dieser Entwicklung angeht, hierbei konzentrieren Opportunisten wie die MLPD nun ihre ganze Aufmerksamkeit auf eine Verteufelung von Stalin, auf ein Auflisten seiner angeblichen Fehler, die unweigerlich zur Entartung geführt haben. Wie wir im weiteren nachweisen, schrecken sie in keinster Weise davor zurück, selbst die abenteuerlichsten bürgerlichen Theorien von der "Terrorherrschaft" Stalins nachzuplappern. Das alles hat aber mit einer ernsthaften Analyse nichts zu tun. In dieser Frage ist für uns als Ausgangspunkt klar: selbstverständlich gab es für die Entartung subjektive wie auch objektive Bedingungen. Unter objektiven Bedingungen verstehen wir z.B. die Situation nach dem 2.Weltkrieg, wo die Sowjetunion zwar als Siegerin aus dem Entscheidungskampf mit dem deutschen Faschismus hervorging, aber doch auch sehr geschwächt worden war. Millionen von KommunistInnen der Sowjetunion, sind an vorderster Front im Kampf gegen den Faschismus gefallen. Zigtausende erprobte, hingebungsvolle kommunistische Kader gaben ihr Leben und ihr Tod riß empfindliche Lücken in die Reihen der KPdSU. Der Weltimperialismus richtete in dieser Situation sein ideologisches Feuerwerk in kaum vorstellbarem Ausmaß auf die Werktätigen der Sowjetunion. Denn durch den Sieg der Volksdemokratien in China und Osteuropa war der Imperialismus bedroht wie nie zuvor. Dementsprechend richtete er alle Kräfte darauf aus, das sozialistischen Lager, mit der Sowjetunion als Herzstück von außen und von innen heraus auszuhöhlen und zu Fall zu bringen. Das ist ihm letztlich ja auch gelungen. Es ist ihm aber nicht gelungen, durch eine Intervention oder einen Krieg von außen die SU zu Fall zu bringen, sondern in Verbindung mit der neuen Bourgeoisie, mit der Revisionistenclique, die in der Sowjetunion die sozialistische Staatsmacht usurpierte. Daß es dazu kam, lag aber natürlich nicht nur an den objektiven Bedingungen, sondern selbstverständlich gibt es auch hier eine Mitverantwortung der KommunistInnen. Diese festzustellen, abzuwägen und einzuordnen ist selbstverständlich Aufgabe einer kritischen Analyse der Entartung heute. Allerdings kann auch hier eine richtige Analyse nur in Abgrenzung zu so pseudowissenschaftlichen Anschuldigungen wie denen der MLPD gemacht werden.
Unserer Meinung nach kann man nach dem Studium der Schriften Stalins und insbesondere den letzten Parteitagen der KPdSU, sowie der uns vorliegenden Dokumente über die Theorie und Praxis der KPdSU, ganz klar feststellen, daß von Stalin und auf den Parteitagen sehr wohl die Gefahren von Bürokratismus, von Vetternwirtschaft, von der Notwendigkeit des ideologischen Klassenkampfes gesehen wurden. Stalin betonte immer wieder, daß der Sozialismus nicht ein für alle mal gesichert ist. Das was die KPdSU, die KommunistInnen und auch Stalin unterschätzten, war die Möglichkeit der Machtübernahme durch eine neu entstehende Bourgeoisie in den Reihen der Kommunistischen Partei. Welches Ausmaß deren Verbindungen und Verkettungen in der Partei und im Staatsapparat angenommen hatte, wurde nicht in ausreichendem Maße gesehen und konnte daher zwar bekämpft, aber doch nicht ausreichend bekämpft werden. Eine weitere Ursache liegt sicherlich darin, daß der Glaube an die Unfehlbarkeit der Partei, dem Stalin und führende KommunistInnen immer wieder rigoros entgegengetreten waren, doch von den Revisionisten unterstützt, sich stark in den Hirnen und Herzen der Massen festgesetzt hatte. Das wußten sich die Chruschtschowrevisionisten bestens zu Nutze zu machen. Die Massen, das darf einfach nicht außer Acht gelassen werden, waren immer noch nicht auf der Höhe des Bewußtseins der Kommunistischen Partei, obwohl diese unendliche Anstrengungen unternahm und Möglichkeiten bot, diesen Abstand immer geringer zu machen. Daß die Revisionisten diese Situation geschickt zu nutzen wußten, daß Marxisten-Leninisten die Seite wechselten, war nicht das Ergebnis eines unzureichenden Kampfes Stalin, sondern trotz dieses Kampfes. Das bedeutet nichts anderes, als daß der Umfang der revisionistischen Gefahr und die Wappnung der Massen und kommunistischen Parteimitglieder letztlich unterschätzt wurden. Welche konkreten Gegenmaßnahmen noch hätten getroffen werden müssen, welche Massenmobilisierungskampagnen hätten angeleitet werden müssen, all das muß in detaillierter Untersuchung genauer analysiert werden. Unsere Ausgangspunkte der Analyse dabei sind die genannten.
Nun konkret zu der Pseudoanalyse der MLPD:
Das Argument Stalin habe "geheimdienstlich und ohne wirkliche Kontrolle" regiert:
Die demagogischste Art der Angriffe ist die, wo Stalin als eine Person gezeichnet wird, die willkürliche, ja brutale Unterdrückung von unschuldigen Menschen nicht nur zugelassen, sondern sogar befürwortet bzw. veranlaßt hat. Demagogisch deshalb, weil diese Anschuldigung meistens völlig ohne Beweise oder Quellenangaben, also in Form von Verleumdungen, vorgebracht werden. Dies ist auch ganz logisch, denn dafür gibt es keine ernstzunehmenden Quellen. Eine der wichtigsten Quellen solcher Anschuldigungen ist z.B. der Geheimbericht des Revisionisten Chruschtschows (Gehalten auf dem 20. Parteitag der KPdSU 1956 und dessen genauer Wortlaut nicht verläßlich bekannt wurde). Demagogisch deshalb, weil Anschuldigungen gerade dieser Art -werden sie geglaubt- GenossInnen, RevolutionärInnen, die wirklich eine neue, bessere Welt wollen und dafür kämpfen, dazu bringen sollen Stalin zu verabscheuen.
Leider begibt sich die MLPD bei ihrer Polemik gegen Stalin gerade auf dieses Niveau. So schreibt die MLPD auf Seite 99 der "Denkweise":
"Der von Stalin...eingesetzte Staatssicherheitsdienst arbeitete im Auftrag des ZK von oben nach unten, er arbeitete geheimdienstlich und somit ohne wirkliche Kontrolle, er überzeugte nicht, sondern hatte zu "säubern". Mit der Verbürokratisierung des Staatssicherheitsdienstes nahm auch die Willkürlichkeit der Methoden und Urteile des Staatssicherheitsdienstes zu. Dieser Apparat, schreibt Willi Dickhut, war selber verbürokratisiert...
Administrative Maßnahmen und schematische Anwendung - statt ideologisch-politische Erziehungsarbeit, Gleichmacherei, alle über einen Kamm scheren - statt Differenzierung zwischen aufrichtigen Menschen und Heuchlern, zwischen ehrlichen Revolutionären und verbrecherischen Konterrevolutionären, keine Unterscheidung zwischen Widersprüchen im Volk und Widersprüchen zwischen uns und dem Feind, Geständnisse durch Einschüchterung am laufenden Band - statt offene, ehrliche Selbstkritik durch Überzeugung.(Willi Dickhut, Die dialektische Einheit )
All das förderte geradezu, daß die kleinbürgerlich denkenden Bürokraten ihren Kopf einzogen und sich angepaßt verhielten. Die Diktatur des Proletariats wurde ausgehöhlt und der Sozialismus langsam, aber sicher untergraben."(S. 99-100)
Wie schon oben erwähnt, ist es auch hier so, daß diese schwerwiegenden Vorwürfe nichtmal mit einer einzigen ernstzunehmenden Quelle und mit Tatsachen belegt und bewiesen werden. Aber neben dieser völlig falschen Methode, nämlich mit Behauptungen zu arbeiten und nicht mit Beweisen, muß man sich doch folgende Fragen vor Augen führen: Was soll ein fortschrittlicher Mensch zu einem Sozialismus sagen, in dem der Regierungschef, "Geständnisse durch Einschüchterung am laufendem Band" nicht nur zuläßt, sondern sogar selbst den dafür notwendigen Apparat einsetzt? Was soll ein Kommunist heute zum Kommunist-Sein Stalins sagen, wenn er angeblich selbst Bürokraten züchtete, also selber der oberste aller Bürokraten ist? Zu welchem Urteil muß ein ehrlicher Revolutionär kommen, wenn in einem sozialistischen Land "offene, ehrliche Selbstkritik", "ideologisch-politische Erziehungsarbeit", also das Mittel der Überzeugung, mit Füßen getreten werden, wenn aber "administrative Maßnahmen", "Willkürlichkeit", also blindes Bestrafen und brutales "alle über einen Kamm scheren" an der Tagesordnung waren, wenn die Bürokraten, Karrieristen oben saßen und ehrliche, kritische Menschen einfach "weggesäubert" werden? Was soll man dazu sagen? Daß das wohl kaum Sozialismus gewesen sein kann, wohl kaum ein politisches System, für das man/frau kämpfen würde. Das Entscheidende aber ist, daß Stalin angelastet wird, bewußt als Methode des Aufbaus des Sozialismus bürokratische Strukturen, den Staatssicherheitsdienst, die Unterdrückung von jeglicher Kritik, ja die Diktatur gegen das Proletariat und die werktätigen Massen geschaffen habe. Stalin hat laut MLPD, einen Apparat eingesetzt, der den Sozialismus untergraben hat. Und dann stellt sich die MLPD an anderer Stelle hin und beteuert, die Sowjetunion unter Stalin wäre sozialistisch gewesen und sie stellt Stalin als großen Marxisten-Leninisten hin. Ein fortschrittlicher, revolutionärer oder kommunistischer Mensch, -nimmt er die Vorwürfe gegen Stalin ernst- muß doch zu dem Schluß kommen, Stalin für einen Verbrecher und die Sowjetunion für eine Gesellschaft, die die ArbeiterInnen und Werktätigen unterdrückte zu halten. Damit gießt die MLPD Wasser auf die Mühlen der bürgerlichen Antikommunisten. Nun zu den konkret vorgebrachten "Argumenten".
Stalin war ein Feind des Bürokratismus!
Noch etwas anderes wird an dem obigen Zitat sichtbar: Folgt man der MLPD, so befürwortete Stalin angeblich einen Staatssicherheitsdienst, der "selber verbürokratisiert" war. Stalin ließ tatenlos- zu, daß "kleinbürgerlich denkende Bürokraten" eine riesige Machtfülle innehatten, so daß sie z. B. am laufenden Band ehrliche Revolutionäre terrorisieren konnten, so daß dadurch sogar "der Sozialismus langsam, aber sicher untergraben" wurde. Und genau diese Gefahr, daß ein Anwachsen des Bürokratismus auch zum Untergang des Sozialismus führen kann, habe laut MLPD Stalin auch sowieso nie gesehen.
Wir wollen der ganzen Flut von unbewiesenen Anschuldigungen der MLPD entgegentreten, indem wir uns auf ihre zentralsten konzentrieren. Daß Stalin angeblich die Gefahr, die von Bürokraten ausging, nicht als Gefahr für die Existenz des Sozialismus sah und nicht gegen sie ankämpfte, ist ein zentrales Argument der MLPD gegenüber Stalin, das sie an ganz vielen Stellen immer wieder einbringen. Weiter unten werden wir aufzeigen, daß dieses Argument eine entscheidende Begründung dafür ist, daß nach der MLPD sogar "der Sozialismus zugrunde gehen (mußte)." ( S. 105) (Hervorhebung von TA)
Zunächst wollen wir an Hand von einigen Beispielen Stalins Einstellung und Kampf gegen den Bürokratismus darlegen:
"Daß die Elemente des Bürokratismus bekämpft werden müssen und daß wir so lange vor dieser Aufgabe stehen werden, als wir eine Staatsmacht haben, als ein Staat existiert - das ist ebenfalls eine Tatsache."(Stalin, Werke Bd. 10, S. 277)
"Es handelt sich darum, daß innerhalb unserer Partei-, Staats-, Gewerkschafts-, Genossenschafts- und aller Art anderer Organisationen bürokratische Elemente vorhanden sind. Es handelt sich um die bürokratischen Elemente, die von unseren Schwächen und Fehlern leben, die die Kritik der Massen, die Kontrolle der Massen wie das Feuer fürchten und die uns hindern, die Selbstkritik zu entfalten, uns hindern, uns von unseren Schwächen, von unseren Fehlern zu befreien. Der Bürokratismus in unseren Organisationen ist nicht einfach als Amtsschimmel und Kanzleiwirtschaft zu betrachten. Der Bürokratismus ist eine Äußerung des bürgerlichen Einflusses auf unsere Organisationen (...)
Mit umso größerer Beharrlichkeit muß der Kampf gegen den Bürokratismus unserer Organisationen geführt werden, wenn wir die Selbstkritik wirklich entfalten und uns von den Gebrechen unseres Aufbaus befreien wollen.
Mit umso größerer Beharrlichkeit müssen wir die Millionenmassen der Arbeiter und Bauern zur Kritik von unten, zur Kontrolle von unten mobilisieren, die das wichtigste Gegengift gegen den Bürokratismus sind."(Stalin, Werke Bd. 11 S. 116-117, Hervorhebung von Stalin)
* Über das Problem des Kampfes gegen den Bürokratismus:
"Der Bürokratismus ist vor allem dadurch gefährlich, daß er die kolossalen Reserven, die im Schoß unserer Gesellschaftsordnung enthalten sind, ungenutzt läßt, ihre Verwertung verhindert, die schöpferische Initiative der Massen lahmzulegen sucht, sie in einem Papierwust erstickt und darauf aus ist, jedes neue Beginnen der Partei in eine flache und unnütze Kleinigkeitskrämerei zu verwandeln. Zweitens ist der Bürokratismus dadurch gefährlich, daß er keine Kontrolle der Durchführung duldet und versucht, die grundlegenden Weisungen der leitenden Organisationen zu einem leeren Wisch zu machen, der mit dem pulsierenden Leben nichts gemein hat. Gefährlich sind nicht nur und nicht so sehr die alten Bürokraten, die in unseren Institutionen steckengeblieben sind, sondern auch -und besonders- die neuen Bürokraten, sowjetische Bürokraten, unter denen die kommunistischen Bürokraten bei weitem nicht die letzte Rolle spielen. Ich denke dabei an diejenigen Kommunisten, die versuchen, durch Kanzleibefehle und Dekrete, an die sie wie an einen Fetisch glauben, die schöpferische Initiative und Selbsttätigkeit der Millionenmassen der Arbeiterklasse und der Bauernschaft zu ersetzen."(Stalin, Werke Bd. 12 S. 287, Hervorhebung von Stalin)
* Über die Vorgehensweise dieser Bürokraten sagte Stalin:
"Meistens sucht man sich sogenannte Bekannte, Freunde, Landsleute, persönlich ergebene Leute, Meister in der Lobpreisung ihrer Vorgesetzten aus... Es ist klar, daß auf diese Weise statt einer führenden Gruppe verantwortlicher Funktionäre eine Sippschaft einander nahestehender Leute, eine Innung herauskommt, deren Mitglieder darauf bedacht sind, in Frieden zu leben, einander nicht weh zu tun, nicht aus der Schule zu plaudern, einander lobzupreisen und der Zentrale von Zeit zu Zeit völlig nichtssagende und Übelkeit erregende Berichte über Erfolge einzusenden.
Es ist nicht schwer, zu begreifen, daß es bei einer solchen Sippenwirtschaft weder für Kritik an den Mängeln der Arbeit noch für Selbstkritik der Leiter der Arbeit Platz geben kann.
Es ist klar, daß eine solche Sippenwirtschaft einen günstigen Boden abgibt für die Züchtung von Speichelleckern, von Leuten, die jeglichen Gefühls eigener Würde bar sind und deshalb mit dem Bolschewismus nichts gemein haben."(Stalin, Werke, Bd. 14 S. 147-148)
* Stalin zur Kontrolle von oben und von unten:
"Manche Genossen meinen, die Kontrolle der Funktionäre könne nur von oben erfolgen, wenn die Führer die von ihnen Geführten aufgrund der Ergebnisse ihrer Arbeit überprüfen. Das ist falsch. Kontrolle von oben ist natürlich nötig als eine der wirksamen Maßnahmen zur Überprüfung der Menschen und zur Überprüfung der Durchführung der Aufträge. Aber mit der Kontrolle von oben ist bei weitem nicht die ganze Kontrolle erschöpft. Es gibt noch eine andere Art der Kontrolle, die Kontrolle von unten, wenn die Massen, wenn die Geführten die Führer überprüfen, ihre Fehler aufdecken und ihnen die Wege zu ihrer Behebung zeigen. Eine solche Kontrolle ist eins der wirksamsten Mittel zur Überprüfung der Menschen." (Stalin, Werke Bd. 14, S. 149)
* Stalin zur Entartungsgefahr der Partei:
"Es besteht zum Beispiel die Gefahr, daß diese Erfolge manchen unserer Genossen zu Kopfe steigen. Solche Fälle hat es bekanntlich bei uns gegeben. Es gibt nichts Gefährlicheres als solche Stimmungen, denn sie entwaffnen die Partei und demobilisieren ihre Reihen. Wenn solche Stimmungen in unserer Partei überhandnehmen, so können wir der Gefahr gegenüberstehen, daß alle unsere Erfolge zunichte gemacht werden."(Stalin, Werke, Bd. 13, S. 333)
Das sind einige Dokumente des Kampfes der KPdSU und Stalins gegen bürokratische Entwicklungen und Fehler. Der Kampf gegen den Bürokratismus war viel mehr, als gegen "Amtsschimmel und Kanzleiwirtschaft" anzugehen. Stalin hat den Bürokratismus ganz klar als Gefahr für den Sozialismus erkannt und die Ursachen, die Auswüchse, den ganzen Charakter des Bürokratismus sehr tiefgründig und treffend analysiert und den Kampf dagegen aufgenommen.
Wir wollen in diesem Zusammenhang folgendes herausstreichen: Wenn Stalin sagt, daß "der Bürokratismus nicht einfach als Amtsschimmel und Kanzleiwirtschaft zu betrachten" ist, sondern "eine Äußerung des bürgerlichen Einflusses auf unsere Organisationen" darstellt, wenn es sagt, daß der "Kampf gegen den Bürokratismus notwendig ist solange es den Staatsapparat gibt", dann heißt das kurz gesagt, daß der Kampf gegen den Bürokratismus eine fundamentale Aufgabe beim Aufbau des Sozialismus ist. Wenn das Proletariat nach der Revolution die Macht ergreift, so tut es das vor allem auch dadurch, daß es die Staatsmacht innehält. Die Existenz des Staates ist neben anderen Ursachen (wie z. B. die massenhafte Existenz der kleinbürgerlichen Elemente am Anfang des Sozialismus) auch eine Quelle des Bürokratismus, die während des gesamten Sozialismus -sowohl am Anfang als auch in seinem ganzen Verlauf- nicht versiegen kann. Daraus leitet sich ab, daß der Aufbau des Sozialismus nur erfolgreich sein kann, wenn der Kampf gegen den Bürokratismus geführt wird. Diese beiden Aufgaben sind untrennbar miteinander verwoben.
Sozialismus in der Sowjetunion bedeutete, daß das grundlegende Prinzip der Kritik und Selbstkritik angewandt wurde. In diesem Zusammenhang ist insbesondere der Aspekt Kritik von unten, Kritik der Massen an den Führern hervorzuheben. Sozialismus hieß, die Selbsttätigkeit, die Initiative der Massen, der Millionenmassen -wie Stalin betont- zu fördern, zu mobilisieren. Der Kampf gegen die Gefahr der Verbürokratisierung der führenden Kräfte des proletarischen Staates auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Kritik von unten sowie die Initiative der werktätigen Massen sind zwei Seiten einer Medaille! Diese Medaille ist aber nichts anderes als der Faustpfand dafür, das Fundament dafür, den Sozialismus überhaupt aufbauen zu können. Der Vorwurf der MLPD an Stalin, daß er den Bürokratismus nicht gesehen bzw. daß er den Bürokratismus aktiv mitgefördert und durchgeführt hat, zeigt, daß sie damit den Weg zu einer Analyse der wirklichen Ursachen der Entartung verbaut.
Gibt es Klassenkampf im Sozialismus?
Es gibt noch eine weitere Kritik der MLPD an Stalin in ihrem "Der Kampf um die Denkweise ", die die Theorie des Marxismus-Leninismus betrifft.
"Stalin erkannte nicht, daß der ideologische Kampf gegen die Tendenz zur kleinbürgerlichen Entartung der Bürokratie eine fundamentale Aufgabe des Klassenkampfes im Sozialismus ist." (S. 102)
"Mao Tse-tung lernte aus den Erfahrungen der Sowjetunion. Gegen die Verleumdungen der Revisionisten verteidigte er Stalin, indem er zugleich aus seinen Fehlern lernte. Während sich in der alten kommunistischen Bewegung vor 1956 eine Tendenz zur Vernachlässigung des ideologischen Kampfes um die Denkweise breitgemacht hatte, verhalf Mao Tse-tung der proletarischen Weltanschauung wieder zu ihrem festen Platz in der Theorie und Praxis des revolutionären Proletariats. Er knüpfte an Lenins Auffassung von der Fortsetzung des proletarischen Klassenkampfes im Sozialismus an ... Die Fortsetzung des Klassenkampfes im Sozialismus ist das entscheidende Hauptkettenglied." (S. 105)
Die MLPD wirft Stalin vor, er hätte die Aufgabe der Fortführung des Klassenkampfes im Sozialismus nicht begriffen, er hätte die Notwendigkeit des Klassenkampfes im Sozialismus nicht beachtet.
Gegen diese Vorwürfe lassen wir als erstes Stalin selbst sprechen, der im Schlußwort auf dem Plenum des Zentralkomitees der KPdSU 1937 betonte:
"Es ist notwendig, die faule Theorie zu zerschlagen und beiseite zu werfen, daß der Klassenkampf bei uns mit jedem Schritt unseres Vormarsches mehr und mehr erlöschen müsse, daß der Klassenfeind in dem Maße, wie wir Erfolge erzielen, immer zahmer werde.
Das ist nicht nur eine faule Theorie, sondern auch eine gefährliche Theorie, denn sie schläfert unsere Leute ein, lockt sie in die Falle, während sie dem Klassenfeind die Möglichkeit gibt, für den Kampf gegen die Sowjetmacht Kräfte zu sammeln.
Im Gegenteil, je weiter wir vorwärtsschreiten, je mehr Erfolge wir erzielen werden, um so größer wird die Wut der Überreste der zerschlagenen Ausbeuterklassen werden, um so eher werden sie zu schärferen Kampfformen übergehen, um so mehr Niederträchtigkeiten werden sie gegen den Sowjetstaat begehen, um so mehr werden sie zu den verzweifeltsten Kampfmitteln greifen, als den letzten Mitteln zum Untergang Verurteilter.
Man muß im Auge behalten, daß die Reste der zerschlagenen Klassen in der UdSSR nicht allein dastehen. Sie genießen die direkte Unterstützung unserer Feinde jenseits der Grenzen der UdSSR. Es wäre ein Irrtum anzunehmen, daß die Sphäre des Klassenkampfes sich auf das Gebiet der UdSSR beschränke. Spielt sich der Klassenkampf mit einem Ende innerhalb der UdSSR ab, so reicht das andere Ende in das Gebiet der uns umgebenden bürgerlichen Staaten. Das kann den Resten der zerschlagenen Klassen nicht unbekannt sein. Und eben weil sie es wissen, werden sie auch künftighin ihre verzweifelten Vorstöße fortsetzen. Das lehrt uns die Geschichte. Das lehrt uns der Leninismus. Man muß das alles im Auge haben und auf der Hut sein."
(Stalin, Werke, Bd. 14, S. 136137)
Weitere Zitate Stalins, in denen er von der Notwendigkeit des Kampfes gegen den Bürokratismus spricht, haben wir ja schon im vorherigen Punkt abgedruckt, deswegen beschränken wir uns auf dieses, wo Stalin eindeutig darlegt, daß der Klassenkampf sich im Sozialismus auf eine Art sogar noch mehr zuspitzt.
Was bei dem Zitat der MLPD zum Ausdruck kommt, ist, daß sie ein ganz falsches, verengtes Verständnis vom Klassenkampf im Sozialismus besitzt. Sie reduzieren in ihrem Buch den Klassenkampf im Sozialismus ausschließlich auf den ideologischen Kampf um die Denkweise(Darunter verstehen sie natürlich -wie wir später noch sehen werden auch nur den Kampf um die Denkweise im Dickhut-Engelschen Sinne.) und lassen die anderen Aufgaben des Klassenkampfes im Sozialismus einfach wegfallen.
Was aber heißt Klassenkampf im Sozialismus eigentlich? Der Klassenkampf im Sozialismus ist nicht irgendeine Aufgabe bei der Errichtung der Diktatur des Proletariats, sondern ist von der ersten Stunde des Sozialismus an entscheidend. Denn Klassenkampf heißt doch als erstes einmal, daß die Kommunisten im Gegensatz zu den Anarchisten z..B. propagieren, daß die Kräfte der alten Gesellschaft nach der Revolution unterdrückt werden müssen. Das bedeutet, wie Lenin und Stalin darlegten, daß das Proletariat die alte Staatsmacht zerschlagen, die Macht ergreifen muß und nach der Revolution nicht die Waffen niederlegen kann sondern sich gegen die Konterrevolution verteidigen muß. Das heißt, daß wir schon die ersten Tage des Sozialismus nicht überstehen können, wenn wir nicht den Klassenkampf nach der Revolution anerkennen.
Aber Klassenkampf im Sozialismus geht darüber weit hinaus. Er schließt nicht nur den Kampf gegen die Überreste der alten liquidierten Ausbeuterklassen ein, dessen ehemalige Vertreter die bürgerliche Ideologie zu einem großen Teil bewahren und weitertragen. Er beinhaltet auch den Kampf gegen die gerade am Anfang des Sozialismus immer wieder entstehende bürgerliche Ideologie. Denn direkt nach der Revolution kann nicht die ganze Wirtschaft, sondern nur ein Teil der Wirtschaft in Gesellschaftseigentum umgewandelt werden. In anderen Teilen der Wirtschaft wird also noch Privateigentum an Produktionsmitteln zugelassen, was eine ständige Quelle bürgerlicher Ideologie im Sozialismus ist.
Auch die kapitalistische Umkreisung ist eine ständige und mächtige Quelle der bürgerlichen Ideologie. Denn es ist praktisch unmöglich, daß in allen Ländern gleichzeitig die Revolution gelingt und so die Umkreisung wegfallen würde.
"Auch -und besonders- die neuen Bürokraten, sowjetische Bürokraten, unter denen die kommunistischen Bürokraten bei weitem nicht die letzte Rolle spielen", tragen schädliche bürgerliche Ideologie in die ArbeiterInnenklasse. Das heißt es heißt zu erkennen, daß im Staatsapparat, ja in der Kommunistischen Partei selbst eine neue Bourgeoisie entstehen kann.
Und nicht zuletzt muß ein Kampf geführt werden um die Köpfe der Massen, um das Bewußtsein von Millionen. Denn der Sozialismus ist eine Übergangsform, die noch die Muttermale der alten Gesellschaft trägt. Die Werktätigen, die ArbeiterInnen und auch die KommunistInnen selbst haben nach der Revolution Einflüsse der bürgerlichen Ideologie wie z. B. fehlende Initiative oder Männerchauvinismus nicht einfach abgelegt wie einen alten Hut. Stalin hebt dies in seinem Werk "Über die Grundlagen des Leninismus" anhand eines Zitates Lenins hervor:
"Unter der Diktatur des Proletariats wird man Millionen Bauern und Kleinproduzenten, Hundertausende Angestellte, Beamte, bürgerliche Intellektuelle umerziehen und sie alle dem proletarischen Staat und der proletarischen Führung unterstellen, in ihnen die bürgerlichen Gewohnheiten und Traditionen besiegen müssen, ebenso wie es notwendig sein wird, in langwierigen Kämpfen auf dem Boden der Diktatur des Proletariats, auch die Proletarier selbst umzuerziehen, die sich von ihren eigenen kleinbürgerlichen Vorurteilen nicht auf einmal, nicht durch ein Wunder, nicht auf Geheiß der Mutter Gottes, nicht auf Geheiß einer Losung, einer Resolution, eines Dekrets befreien, sondern nur in langwierigen und schweren Massenkämpfen gegen den Masseneinfluß des Kleinbürgertums." (Lenin, zitiert nach Stalin, Bd.6, S. 99-100)
Wie kann die MLPD auf der einen Seite sagen, daß die Sowjetunion sozialistisch war, aber auf der anderen Seite, daß der Klassenkampf in der Zeit Stalins nicht fortgesetzt wurde? Die Sowjetunion konnte während mehreren Jahrzehnten sozialistisch sein, nur weil ein Klassenkampf geführt und richtig geführt wurde. Dies ist eine Tatsache. Stalin hat in vielen Schriften und in vielen Taten bewiesen, daß er selbstverständlich den Klassenkampf geführt hat. Die maßgebliche Rolle Stalins bei der ideologischen Zertrümmerung von anti-bolschewistischen Strömungen wie z.B. der des Trotzkismus, wird einfach überhaupt nicht in die Diskussion einbezogen.
Gibt es im Sozialismus antagonistische Klassen?
Daneben, daß Stalin angeblich den Klassenkampf nicht richtig geführt hat, behauptet die MLPD, daß Mao Tse-tung es war, der aus den Fehlern Stalins lernte, und an Lenins Auffassung von der Fortsetzung des proletarischen Klassenkampfes im Sozialismus anknüpfte. Diese Position kann man eigentlich nur verstehen, wenn man die richtige Haltung Stalins in der Frage von Klassen und Klassenkampf im Sozialismus und die fehlerhafte Haltung Mao Tse-tungs in dieser Frage sowie die Diskussionen, die sich aus diesen unterschiedlichen Haltungen ergeben, kennt. Daher eine kurze Darstellung davon.
Die Haltung Lenins und Stalins in der Frage der Ausbeuterklassen im Sozialismus ist, daß diese im Sozialismus in ökonomischer Hinsicht liquidiert werden können und müssen. Da der Klassenbegriff aber in allererster Linie ein ökonomischer ist, heißt das, daß es dann bei Vollendung des Aufbaus des Sozialismus keine Ausbeuterklassen mehr gibt. Das war nach Einschätzung der KPdSU und Stalins 1936 in der UdSSR der Fall (Siehe Anmerkung I). Aber in den Köpfen der übergroßen Mehrheit der Menschen, die diese Ausbeuterklassen gebildet haben, lebt die alte bürgerliche Ideologie noch fort und sie sind in ihrer Mehrheit erbitterte Feinde des neuen Sowjetstaates. Daher betonten Lenin und Stalin, daß in dieser Hinsicht ein Klassenkampf geführt werden muß und -wie wir oben ausführten (auch unter den werktätigen Massen lebt die alte bürgerliche Ideologie noch fort), ist dies längst nicht die einzige Aufgabe im Klassenkampf beim Aufbau des Sozialismus.
Mao Tse-tung hingegen behauptete fälschlicherweise, daß es im Sozialismus -sogar noch sehr lange- Ausbeuterklassen gäbe. Er betonte wie Lenin und Stalin, daß es im Sozialismus Klassenkampf gibt. Aber, er behauptete, daß dies so sei, weil es im Sozialismus noch Ausbeuterklassen gäbe. Er band also in unzulässiger Weise die Existenz des Klassenkampfes an die Existenz von Ausbeuterklassen. Daher warf er Stalin vor, daß dieser den Klassenkampf vernachlässigt hätte, weil ja Stalin richtig sagte, daß es in der Sowjetunion nach 1936 keine Ausbeuterklassen mehr gibt. Also das heißt zusammengefaßt, daß Mao Tse-tung in der Frage im wesentlichen zwei Fehler machte: Erstens die Existenz von Ausbeuterklassen im Sozialismus zu propagieren und zweitens den Klassenkampf an die Existenz von Ausbeuterklassen zu binden.
Lenin und Stalin betonten dahingegen richtig, daß beim Aufbau des Sozialismus die Ausbeuterklassen liquidiert werden, daß aber auch bei Erfüllung dieser Aufgabe, d.h. nach Liquidierung der Ausbeuterklassen, der Klassenkampf auf jeden Fall weiter geführt werden muß.
Viele der Vertreter der sogenannten Mao-Tse-tung-Ideen systematisieren die falschen Ansichten Mao Tse-tungs und werfen Stalin vor, er hätte gar keinen Klassenkampf im Sozialismus geführt, mit der Begründung, daß er die Existenz von Klassen im Sozialismus leugne. Sie unterscheiden gar nicht zwischen Ausbeuterklassen und unterdrückten Klassen und reden einfach nur ganz allgemein von Klassen im Sozialismus. Dazu ist zu sagen, daß Lenin und Stalin richtig feststellten, daß es im Sozialismus nach Liquidierung der Ausbeuterklassen noch Klassen gibt, nämlich die ehemals unterdrückten Klassen. Sie stellten heraus, daß diese Klassen sich im Verlauf des Sozialismus sehr stark verändern und im Laufe des Sozialismus zu befreundeten Klassen werden und sich die Unterschiede zwischen ihnen immer mehr verwischen. Die erste große Veränderung ist allein die, daß die unterdrückte Klasse des Proletariats gar nicht mehr ausgebeutet wird, sondern sie selbst die Macht innehat. Zwei weitere Beispiele für die großen Veränderungen sind: Das Proletariat und die Bauern, die im Kapitalismus in ihrer Mehrzahl geistig geknechtet und niedergedrückt sind, die ein regelrechtes Sklavenbewußtsein haben, erlangen im Sozialismus ein völlig neues Bewußtsein, ein ganz anderes kulturelles und technisches Niveau. Auch die Intelligenz wird völlig verändert. Sie wandelt sich von der vorrevolutionären bürgerlichen Intelligenz, die als Schicht den herrschenden Klassen dient, zur werktätigen Intelligenz, die im Sozialismus dem Volk dient, da sie nicht mehr die alte Intelligenz ist, sondern zum übergroßen Teil aus der ArbeiterInnen- und Bauernschaft und anderen Schichten der Werktätigen entstammt. Lenin und Stalin betonten, daß es zwischen den ArbeiterInnen, den Bauern und der werktätigen Intelligenz Widersprüche gibt, weil sie eben noch verschiedene Klassen und Schichten darstellen. Sie betonten auch, daß es bei einer richtigen Politik keine antagonistischen (also nur durch Gewalt lösbare) Widersprüche im Sozialismus geben muß, weil es keine Ausbeuterklassen mehr gibt.
Wenn man den marxistisch-leninistischen Standpunkt sich zum Ausgangspunkt nimmt, ist es klar, daß in der Frage Klassen und Klassenkampf im Sozialismus Mao Tse-tung eine fehlerhafte Haltung eingenommen hat. Die MLPD dokumentiert mit ihrer Kritik an Stalin deutlich ihre unmarxistische Position in der Frage Klassen und Klassenkampf.
Welche Stellung nimmt die MLPD nun in diesen Fragen ein?
"Es ist klar, daß mit der Beseitigung des Kapitalismus und des Systems der Ausbeutung auch der Interessengegensatz zwischen körperlicher und geistiger Arbeit verschwinden mußte. Und er ist in unserer heutigen sozialistischen Ordnung tatsächlich verschwunden. Jetzt sind die körperlich Arbeitenden und das leitende Personal nicht Feinde, sondern Genossen, Freunde, Mitglieder des einheitlichen Produktionskollektivs, die am Gedeihen und an der Verbesserung der Produktion zutiefst interessiert sind. Von der früheren Feindschaft zwischen ihnen ist auch nicht eine Spur übriggeblieben. (Stalin, Werke, Bd. 15, S. 317/318) Bei einer so unkritischen Beurteilung konnten sich die kleinbürgerlichen Bürokraten in Sicherheit wiegen. Der Sozialismus hebt wohl die Ausbeutung der körperlich Arbeitenden durch Vertreter der geistig Arbeitenden auf und damit die ökonomische Grundlage des Antagonismus zwischen ihnen. Aber damit verschwinden keineswegs automatisch die bürgerliche Ideologie und die kleinbürgerliche Denkweise, durch die nicht nur die frühere Feindschaft in veränderter Form fortlebt, sondern auch neue Konflikte entstehen." (S. 103) (Hervorhebung von T.A.)
Die MLPD schiebt Stalin einfach unter, daß er aus der Tatsache der Beseitigung des Kapitalismus und des Systems der Ausbeutung abgeleitet hätte, daß "damit ... automatisch die bürgerliche Ideologie" verschwunden wäre. Aber, wie wir oben ausgeführt und belegt haben, ist dies eine Verleumdung, denn Stalin hat das gerade nicht behauptet. Er hat die unterschiedlichen Quellen der bürgerlichen Ideologie ganz klar benannt und hat das Vorhandensein der bürgerlichen Ideologie und damit die Notwendigkeit des Klassenkampfes gerade nicht an die Existenz von Ausbeuterklassen geknüpft.
Es ist richtig, daß die ehemaligen Vertreter der herrschenden Klasse (und darunter fällt auch die bürgerliche Intelligenz) ihre Ideologie auch nach der Revolution bewahren. Es ist aber ganz falsch, wenn die MLPD die Intelligenz als Schicht als einfach feststehend hinstellt. Sie greifen Stalin an, weil dieser über die werktätige Intelligenz in der damaligen Sowjetunion eine positive Einschätzung trifft.
Die MLPD haut jedoch völlig daneben, wenn sie für diesen Zeitraum von den "geistig Arbeitenden" als der alten bürgerlichen Intelligenz redet .
Man muß sich aber einmal vor Augen führen, wann Stalin diese Aussage trifft: Das Zitat ist aus dem Jahre 1952, d.h. nach über drei Jahrzehnten Sozialismus.
Im Zusammenhang ist es ganz klar, worum es Stalin geht:
"Eine analoge Lage haben wir in bezug auf das Problem der Aufhebung des Gegensatzes zwischen geistiger und körperlicher Arbeit. Dieses Problem ist ebenfalls ein bekanntes Problem, das bereits vor langem von Marx und Engels behandelt wurde. Die ökonomische Grundlage des Gegensatzes zwischen geistiger und körperlicher Arbeit ist die Ausbeutung der körperlich Arbeitenden durch Vertreter geistiger Arbeit. Allen bekannt ist die Kluft, die während des Kapitalismus in den Betrieben zwischen den körperlich Arbeitenden und dem leitenden Personal bestand. Bekanntlich hat sich auf Grund dieser Kluft das feindliche Verhalten der Arbeiter zum Direktor, zum Meister, zum Ingenieur und zu den anderen Vertretern des technischen Personals, also zu ihren Feinden, entwickelt.
Es ist klar, daß mit der Beseitigung des Kapitalismus und des Systems der Ausbeutung auch der Interessensgegensatz zwischen körperlicher und geistiger Arbeit verschwinden mußte. Und er ist in unserer heutigen sozialistischen Ordnung tatsächlich verschwunden. Jetzt sind die körperlich Arbeitenden und das leitende Personal nicht Feinde, sondern Genossen, Freunde, Mitglieder des einheitlichen Produktionskollektivs, die am Gedeihen und an der Verbesserung der Produktion zutiefst interessiert sind. Von der früheren Feindschaft zwischen ihnen ist auch nicht eine Spur übriggeblieben." (Stalin, Werke, Bd. 15, S. 317/318)
Er beschreibt, wie sich die Schicht der Intelligenz in über drei Jahrzehnten Sozialismus gewandelt hat. Man muß sich dabei die Tatsache vor Augen führen, daß Stalin nicht erst 1952, sondern bereits 1936 in dem Entwurf der Verfassung der UdSSR anführte:
"80 bis 90 Prozent der Sowjetintelligenz entstammen der Arbeiterklasse, der Bauernschaft und den anderen Schichten der Werktätigen." (Stalin, Werke, Bd. 14, S. 63)
Wenn die MLPD argumentiert, daß die "frühere Feindschaft" zwischen geistig und körperlich Arbeitenden fortlebt, "neue Konflikte" entstehen, so ist das eine ganz und gar idealistische Heransgehensweise. Wenn die Intelligenz nach über zwanzig Jahren aus ganz anderen Menschen besteht, wie kann man sie da mit der alten bürgerlichen Intelligenz gleichsetzen?
Die MLPD muß sich aber vor allem auch fragen lassen, warum man überhaupt für einen Sozialismus kämpfen soll, wenn alles beim alten bleibt? Wieso soll man für einen Sozialismus kämpfen, in dem nach über zwanzig Jahren noch unverändert das leitende Personal die ArbeiterInnen, die Bauern ausbeutet, in dem also weiterhin die geistige Arbeit im wesentlichen der bürgerlichen Intelligenz vorbehalten ist, während wohl offensichtlich in den gut zwanzig Jahren (fast) nichts für die Hebung des geistigen, kulturellen, technischen Niveaus der Werktätigen getan wurde? Ein Sozialismus aber, der das nicht zuwege bringt, verdient nicht den Namen Sozialismus. Gerade im Sozialismus werden doch die physischen Bedürfnisse der Massen wie die nach Essen, Wohnung, Kleidung etc. und die geistigen Bedürfnisse der Massen befriedigt?
Also anstatt zu analysieren und konkret zu untersuchen, wie die neue Bourgeoisie aus der Arbeiterklasse, aus der neuen Intelligenz und vor allem in der kommunistischen Partei entstehen konnte, bietet die MLPD nur platteste Angriffe und Verdrehungen.
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Der Untergang des Sozialismus in der ehemaligen Sowjetunion
Die Ansichten der MLPD über den Untergang des Sozialismus in der Sowjetunion lassen sich in den folgenden Zitaten zusammenfassen:
"Die Restauration des Kapitalismus nahm aber nicht in der sozialistischen Ökonomie ihren Ausgang, sondern im Überbau der sozialistischen Gesellschaft...." (S. 96)
Und: "Die MLPD anerkennt die großen Leistungen des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion. Gegen den erbitterten Widerstand der inneren und äußeren Feinde hat Stalin, nach dem frühen Tod des genialen Lenin 1924, die Sowjetunion entschlossen auf den sozialistischen Weg geführt. Ihre Verdienste bei der Zerschlagung des Hitlerfaschismus sind unvergänglich. Die Tragik der sowjetischen Kommunisten und Stalins liegt woanders.
Stalin erkannte nicht die ausschlaggebende Rolle der Denkweise für die Entwicklungsrichtung der sozialistischen Gesellschaft. Dadurch fehlte der KPdSU und den revolutionären Massen eine entscheidende theoretische Waffe im Kampf gegen die entarteten Vertreter der Bürokratie und ihrer kleinbürgerlichen Linie. So konnten sich diese nach Sta-lins Tod auf den modernen Revisionismus vereinheitlichen und auf dem XX. Parteitag der KPdSU unter Führung Chruschtschows die Macht ergreifen. Willi Dickhut hat in dem Buch Sozialismus am Ende? die Kritik der MLPD an Stalin folgendermaßen zusammengefaßt:
Der notwendige ideologisch-politische Kampf gegen die Träger der kleinbürgerlichen Denkweise wurde vernachlässigt. Das war der erste Hauptfehler der KPdSU unter Führung Stalins ... Der Verzicht auf die Mobilisierung der breiten Volksmassen gegen die entarteten Vertreter der Bürokratie war der zweite Hauptfehler Stalins. (Sozialismus am Ende?, Essen 1992, S. 22)
Der Sozialismus mußte zugrunde gehen, weil das Problem der Denkweise nicht beachtet und gelöst wurde." (S. 104, Hervorhebungen durch die MLPD)
Der erste Hauptfehler Stalins
Die Behauptung, daß Stalin den "ideologisch - politischen Kampf gegen die Träger der kleinbürgerlichen Denkweise" vernachlässigte und damit der Partei und den Massen eine wesentliche Waffe im Kampf gegen die Restaurierung des Kapitalismus fehlte, ist eine plumpe Unterstellung. Wie bereits in den vorhergehenden Kapiteln aufgezeigt, sah Stalin sehr wohl die Gefahr der kapitalistischen Entartung, die Gefahren der Bürokratisierung und betrachtete es als eine Frage des Überlebens der Diktatur des Proletariats auf allen Ebenen dagegen anzukämpfen.
In seinen Schriften, seinen Reden auf den Parteitagen oder auch in den Schlußfolgerungen der Geschichte der KPdSU(B), wo die "grundlegenden Ergebnisse des von der bolschewistischen Partei zurückgelegten historischen Weges" gezogen werden. (Kurzer Lehrgang, S.439) legt Stalin die Grundaufgaben im Kampf gegen die "Träger der kleinbürgerlichen Denkweise". (Wir gehen hier nicht noch einmal darauf ein, daß die MLPD natürlich mit dieser Formulierung ihr Verständnis vom ideologischen Klassenkampf gegen bügerliche und kleinbügerliche, opportunistische und revisonistische Positionen meint, und nicht das der Klassiker des Marxismus-Leninismus. So engt sie eben den Kampf gegen den Oppportunismus auch völlig einseitig auf den ideologisch-politischen Kampf ein und unterläßt es an irgendeiner Stelle darauf zu verweisen, daß das auch ein organisatorischer Kampf sein kann und muß. Ja, zu bestimmten Zeiten kann dieser sogar in den Vordergrund treten. So betont z.b. Lenin "In Rußland hat es oftmals schwierige Situationen gegeben, wo das Sowjetregime ganz sicher gestürzt worden wäre, wenn die Menschewiki, Reformisten, kleinbürgerlichen Demokraten innerhalb unserer Partei verblieben wären". (Kurzer Lehrgang, Geschichte der KPdSU, S. 448).)
Die ganze Schwäche und Hohlheit der Kritik der MLPD tritt zu tage, wenn man konkret anhand der vorliegenden Dokumente der KPdSU den innerparteilichen Kampfes von Stalin und der KPdSU, darlegt.
Was sagt ihr zu dieser oder jener massenmobilisierenden ideologisch-politischen Kampagne, die gegen "die Träger der kleinbürgerlichen Denkweise" geführt wurden, wie z.B. der Stachanowbewegung?
Es ist klar, daß die MLPD einer konkreten an den Tatsachen und Fakten orientierten Debatte ausweicht, weil sie da natürlich in Beweisnöte geraten würde. Sie müßte ihre allgemeinen unbewiesenen Vorwürfe zurückziehen.
Der zweite Hauptfehler Stalins...
"Der Verzicht auf die Mobilisierung der breiten Volksmassen gegen die entarteten Vertreter der Bürokratie" war angeblich der "zweite Hauptfehler" Stalins. Dies ist die nächste Verleumdung Stalins. Stalin hat zu Lebzeiten immer die Notwendigkeit des Kampfes der breiten Massen gegen Bürokratie, und andere opportunistische und revisionistische Abweichungen eingefordert, die Massen dazu ermutigt und mobilisiert. Auf S. 16 dieser Zeitschrift haben wir schon ein Zitat angeführt, indem Stalin die Kontrolle der Funktionäre, der Führer durch die Massen fordert. Er sagt, daß eine solche Kontrolle eins der wirksamsten Mittel zur Überprüfung der Menschen ist. Wir werden hier mehrere Zitate anführen, die zeigen, daß Stalin einer der konsequentesten Verteidiger des Klassenkampfes von unten war. In der Schrift "Gegen die Vulgarisierung der Losung der Selbstkritik" von 1928 führt er aus:
"Lenin hatte recht als er sagte:
es ist notwendig, daß wir begreifen, daß der Kampf gegen den Bürokratismus ein absolut notwendiger Kampf ist, und daß er ebenso kompliziert ist wie der Kampf gegen das kleinbürgerliche Element. Der Bürokratismus ist in unserer Staatsordnung so sehr zum wunden Punkt geworden, daß in unserem Parteiprogramm von ihm die Rede ist, und zwar deshalb, weil er mit diesem kleinbürgerlichen Element und seiner Zersplitterung im Zusammenhang steht.
Mit um so größerer Beharrlichkeit müssen wir die Millionenmassen der Arbeiter und Bauern zur Kritik von unten, zur Kontrolle von unten mobilisieren, die das wichtigste Gegengift gegen den Bürokratismus sind.
Lenin hatte recht, als er sagte:
Wenn wir den Kampf gegen den Bürokratismus führen wollen, so müssen wir die breiten Massen heranziehen, denn kann man den Bürokratismus etwa auf andere Weise beseitigen als durch Heranziehung der Arbeiter und Bauern?
Um jedoch die Millionenmassen heranzuziehen, gilt es in allen Massenorganisationen der Arbeiterklasse und vor allem in der Partei selbst die proletarische Demokratie zu entfalten. Ohne diese Bedingung ist die Selbstkritik eine Null, ein Nichts, eine Phrase." (Hervorhebung von Stalin.) (Stalin, Werke, Bd. 11, S. 117)
Im Jahr 1927 geht er im Rechenschaftsbericht an den XV. Parteitag konkret an Hand von Beispielen auf Schwächen im Staatsapparat ein. Er betont gegen den Bürokratismus die Notwendigkeit der Kontrolle von unten. Dabei verfällt er aber nicht wie die MLPD in Nachtrabpolitik, sondern zeigt auf, daß dazu auch die Volksmassen befähigt werden müssen:
"Das sicherste Mittel gegen den Bürokratismus ist die Hebung des Kulturniveaus der Arbeiter und Bauern. Man kann den Bürokratismus im Staatsapparat schelten und heruntermachen, so viel man will, man kann den Bürokratismus in unserer Praxis brandmarken und an den Schandpfahl nageln, aber wenn es den breiten Arbeitermassen an einem bestimmten Kulturniveau fehlt, das die Möglichkeit, den Wunsch, die Fähigkeit schafft, den Staatsapparat von unten her, durch die Arbeitermassen selbst zu kontrollieren, dann wird der Bürokratismus trotz allem bestehen bleiben. Deshalb ist die kulturelle Entwicklung der Arbeiterklasse und der werktätigen Massen der Bauernschaft, nicht nur im Sinne weiterer Entwicklung der Schulbildung, wenn auch die Schulbildung die Grundlage einer jeden Kultiviertheit ist, sondern vor allem im Sinne der Erlangung von Fertigkeiten und der Fähigkeit, sich in die Verwaltung des Landes einzuarbeiten, den Haupthebel zur Verbesserung des staatlichen und jeden anderen Apparats. Darin besteht der Sinn und die Bedeutung der Leninschen Losung von der Kulturrevolution." (Hervorhebung von T.A.) (Stalin, Werke, Bd. 10, S. 280)
In der Schrift "Über die Mängel der Parteiarbeit" (1937) führt Stalin aus, wie die Kontrolle von unten erfolgt:
"Die Parteimassen überprüfen die führenden Funktionäre in Aktivtagungen, in Konferenzen, auf Parteitagen durch Entgegennahme ihrer Rechenschaftsberichte, durch Kritik an den Mängeln, schließlich durch Wahl beziehungsweise Nichtwahl dieser oder jener führenden Genossen in die leitenden Organe. Strikte Durchführung des demokratischen Zentralismus in der Partei, wie dies vom Statut unserer Partei gefordert wird, unbedingte Wählbarkeit der Parteiorgane, das Recht, Kandidaten aufzustellen und abzulehnen, geheime Wahl, Freiheit der Kritik und Selbstkritik -- all diese und ähnliche Maßnahmen müssen unter anderem auch deshalb durchgeführt werden, um die Überprüfung und Kontrolle der Führer der Partei durch die Parteimassen zu erleichtern.
Die parteilosen Massen überprüfen die führenden Wirtschafts-, Gewerkschafts- und übrigen Funktionäre in Aktivversammlungen der Parteilosen, in Massenberatungen jeder Art, wo sie die Rechenschaftsberichte der führenden Funktionäre entgegennehmen, Mängel kritisieren und Wege zu ihrer Behebung aufzeigen.
Schließlich überprüft das Volk die Führer des Landes bei den Wahlen zu den Machtorganen der Sowjetunion durch die allgemeine, gleiche, direkte und geheime Abstimmung." (Stalin, Werke, Bd. 14, S. 149-150).
In der gleichen Schrift betont er desweiteren, die Notwendigkeit der
"gewissenhaften Aufdeckung der Fehler der Partei, die Untersuchung der Ursachen, die diese Fehler hervorgerufen haben, und die Festlegung der Wege zur Behebung dieser Fehler."(ebenda , S. 150)
Er hebt hervor, daß Führer sich davor hüten müssen überheblich zu werden, daß ihre Erfahrungen alleine nicht ausreichen, um richtig führen zu können, sondern dafür ihre Erfahrung durch die
"Erfahrungen der Mitgliedermassen der Partei, durch die Erfahrungen der Arbeiterklasse durch die Erfahrungen des Volkes ergänzt werden müssen." (ebenda S. 153)
Er schlußfolgert:
"Das bedeutet, daß wir unsere Verbindungen mit den Massen keine Minute lang lockern, geschweige denn abbrechen dürfen.
Das bedeutet schließlich, daß wir auf die Stimme der Massen, auf die Stimme der einfachen Parteimitglieder, auf die Stimme der sogenannten kleinen Leute, auf die Stimme des Volkes lauschen müssen. (S. 153-154) Die Verbindung mit den Massen, die Festigung dieser Verbindung, die Bereitwilligkeit, auf die Stimme der Massen zu lauschen -- darin liegt die Stärke und die Unbesiegbarkeit der bolschewistischen Führung."(ebenda S. 156)
Diese Zitate sprechen eine klare Sprache, die Verbindung mit den Massen, die Bereitschaft sie nicht nur zu lehren, sondern vielmehr auch von ihnen zu lernen, die Kontrolle aller leitenden Funktionäre nicht nur von oben, sondern auch von unten, von den breiten Massen, offenes gewissenhaftes Aufdecken der eigenen Fehler, als Grundlage für ihre Überwindung, das war die Politik für die Stalin stets eingetreten, und für die er gekämpft hat. Seine Linie war eine richtige marxistisch-leninistische Massenlinie. Er vertraute den Massen, verfiel aber nie in Nachtrabpolitik.
Wir denken, daß auch den Führern der MLPD diese und andere Artikel Stalins, in denen er seine marxistisch-leninistische Haltung in dieser Frage darlegt, sehr wohl bekannt sind. Darum ist es nicht Unwissen, sondern eine bewußte Verleumdung Stalins, wenn er beschuldigt wird, auf die Mobilisierung der breiten Volksmassen gegen die entarteten Vertreter der Bürokratie verzichtet zu haben. Wir rufen alle von der Politik der MLPD beeinflußten ehrlichen Menschen dazu auf, nicht diese Verleumdungen als bare Münze zu nehmen, sondern selbstständig Stalins Schriften zu studieren und sich ein eigenes Bild davon zu machen.
Die MLPD in der Pose des großen Mannes
Wenn die MLPD sich also hinstellt und sagt, daß sie "die großen Leistungen des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion" anerkennt, aber dann im nächsten Atemzug ihre unqualifizierten Kritiken gegenüber der Sowjetunion vorbringt, so macht sie die erste Aussage faktisch wieder zunichte. Wenn die MLPD behauptet, daß fundamentale Aufgaben des Sozialismus in der ehemaligen Sowjetunion "vernachlässigt", ja sogar überhaupt nicht "beachtet" und gar nicht "gelöst" wurden, so stellt sie die Existenz des Sozialismus selbst in der ehemaligen Sowjetunion in Frage. Denn Sozialismus ist kein Abzeichen, das man sich an die Jacke heftet, sondern Inhalt. Das heißt z. B., daß Sozialismus gleichzusetzten ist mit dem Vorhandensein breitester Demokratie für die werktätigen Massen. Dies ist aber unvereinbar damit, daß es in der ehemaligen Sowjetunion einen Apparat gegeben haben soll, der am "säubern"war oder daß damals "Geständnisse durch Einschüchterung am laufenden Band" an der Tagesordnung waren (S. 100). Genauso kann sich die MLPD auch nicht hinstellen und sagen, der Klassenkampf in der ehemaligen Sowjetunion wurde nicht geführt und gleichzeitig sagen, das war Sozialismus. Wie soll das gehen? Sie kann sich nicht hinstellen und sagen, der Sozialismus wurde aufgebaut, aber leider ohne die Initiative der Massen.
Wenn die MLPD regelrecht gönnerhaft sagt, daß die Verdienste der Sowjetunion "bei der Zerschlagung des Hitlerfaschismus unvergänglich" sind und danach von der "Tragik" der sowjetischen Kommunisten und Stalins redet (wobei auch dieses den großartigen Kampf der Werktätigen in der Sowjetunion um den Aufbau des Sozialismus reduziert auf Das war Schicksal, das konnte ja nicht gutgehen...), so leugnet die MLPD die umfassende Bedeutung der ehemaligen Sowjetunion, sie leugnet das Wesentliche der damaligen Sowjetunion: Daß es möglich ist, den Sozialismus aufzubauen. Sie leugnet die ungeheuren Erfolge, die in dieser kurzen Zeitspanne von 30-35 Jahren erreicht wurden. Sie leugnet, daß die damalige Sowjetunion als erster Staat der werktätigen Massen weltweit wegweisend war und ist, sie leugnet, was möglich sein kann, wenn wir den Weg des Sozialismus einschlagen und uns nicht mit der Barbarei des Imperialismus zufrieden geben.
Sie leugnet das, in dem sie die Erfolge herunterspielt und sogar so weit geht, zu sagen, daß der "Sozialismus zugrunde gehen mußte." Können das die Lehren aus der ehemaligen Sowjetunion sein? Daß wir den sowjetischen Werktätigen, den ArbeiterInnen und Lenin und Stalin zurufen, hört mal, wir wissen das jetzt, ihr habt das und das von Anfang an falsch gemacht, das konnte nicht gut gehen, ihr habt zwar gekämpft, aber das war erfolglos, weil, wir haben das jetzt festgestellt, es zum Scheitern verurteilt war, es mußte ja schiefgehen.
Ja, die sozialistische Sowjetunion ist untergegangen, es wurden Fehler gemacht, es wurden sicher auch schwerwiegende Fehler gemacht. Aber die Machtübernahme in der Sowjetunion 1956 war das Werk und in der Verantwortung der Chruschtschow-Revisionisten und nur möglich durch das Entstehen einer neuen revisionistischen Bourgeoisie. Die Marxisten-Leninisten tragen natürlich eine Mitverantwortung dafür, daß die Chruschtschow-Revisionisten erstarken und die Macht an sich reißen konnten. Denn es war ja so, daß die damalige Sowjetunion tatsächlich der Staat der ArbeiterInnen und Bauern war, daß also die Werktätigen, die ArbeiterInnen, die KommunistInnen selbst die Macht innehatten, daß sie die Staatsmacht besaßen. Diese Ausgangspunkte müssen durch eine umfassende konkrete Untersuchung der damaligen Gegebenheiten, Entwicklungen vertieft werden, die eine umfassende Analyse der Klassenverhältnisse der damaligen Sowjetunion und den Kampf gegen die Entartung, der damals in der Tat geführt wurde, beinhaltet. Besondere Bedeutung haben in dem Zusammenhang auch die letzten sowjetischen Parteitage vor 1956. Denn gerade aus den Parteitagsdokumenten geht hervor, daß die Gefahr des Bürokratismus gesehen und dagegen gekämpft wurde. Diese zeigen auch, daß z. B. Stalin neben anderen Parteiführern dem Revisionismus den Kampf angesagt haben und nicht nur diesem. So geht Stalin in der Broschüre "Ökonomische Probleme des Sozialismus" auf verschiedene Abweichungen und Entstellungen des Marxismus-Leninismus ein. Es kann also insoweit der Rahmen gesteckt werden, daß Stalin und andere Parteiführer die Gefahr des Revisionismus sahen, daß sie ihn als etwas dem Kommunismus zutiefst Feindliches ablehnten, daß sie aber trotzdem seine Macht unterschätzten, daß sie unterschätzten daß die neue Bourgeoisie aus der Partei den Sozialismus zerstören kann. Sonst hätte der Sozialismus nicht aufgebaut werden können. Dies geht aus vielen Dokumenten und Taten hervor. Daß sie aber trotzdem seine Macht in alle Bereiche einzudringen und vorzudringen unterschätzten, daß sie unterschätzten, daß der Revisonismus und die neue Bourgeoisie aus der Kommunistischen Partei heraus entstehen und die Macht übernehmen werden, das muß am konkreten Verlauf der Entwicklung in der Sowjetunion tiefgehender untersucht werden.
Die Entartung wird aber nicht durch die Untersuchung der MLPD geklärt, weil sie, wie so viele, letztlich den Sozialismus/Kommunismus selbst in Frage stellt und ihn angreift.
Diese Aufgabe, den konkreten Weg der Entartung der sozialistischen Länder zu klären, ist nicht irgendeine Aufgabe, sondern mit die wichtigste Aufgabe, die sich die marxistisch-leninistischen Bewegung weltweit stellen muß und die unbedingt gelöst werden muß. Zum einen deshalb, weil die Entartung die Hauptursache des Niedergangs der kommunistischen Bewegung darstellt, sie ist die Ursache dafür, daß die allergrößten Teile der werktätigen Massen sich insbesondere heute vom Kommunismus abgewandt haben und ihm zutiefst mißtrauisch gegenüberstehen. Zum anderen deswegen, weil wir überhaupt nur dann in der Lage sind, solche Fehler zu vermeiden, wenn wir deren Ursachen aufdecken.
Die Bedeutung der sozialistischen Sowjetunion
Die Entartung der Sowjetunion kann aber nicht so verstanden werden, wie die MLPD und so viele andere es tun: "Der Sozialismus mußte zugrunde gehen." Dies heißt den Kommunismus zu Grabe zu tragen, heißt, die einzige Alternative zur imperialistischen Barbarei aufzugeben. Die ehemalige sozialistische Sowjetunion kann nur richtig eingeordnet werden, wenn ihre ungeheuren Erfolge und ihre Niederlage begriffen werden als Kampf, als Kampf für eine neue Welt. Im Kampf kann man aber auch eine Niederlage erleiden und das hat sich leider bewahrheitet. Die damaligen KommunistInnen haben nicht gesagt, daß sie ihren Kampf fehlerlos gestalten, sie haben nicht gesagt, daß sie die Weisheit gepachtet hätten. Stalin hat gerade den Abweichungen, die nach dem 2. Weltkrieg innerhalb der kommunistischen Weltbewegung einen gewissen Aufwind bekamen, entgegengehalten, daß der Klassenkampf nicht aufhören wird, solange die sozialistische Übergangsgesellschaft besteht, daß der Rückfall in den Kapitalismus möglich ist, daß unsere Wachsamkeit nicht nachlassen darf, solange es noch das kapitalistische Lager gibt.
"Der endgültige Sieg des Sozialismus ist die volle Garantie gegen die Interventionsversuche und folglich auch gegen die Restaurierung; denn ein einigermaßen ernst zu nehmender Versuch der Restaurierung kann nur mit einer Unterstützung von außen, nur mit Unterstützung des internationalen Kapitals stattfinden. Infolgedessen ist die Unterstützung unserer Revolution seitens der Arbeiter aller Länder, und noch mehr der Sieg dieser Arbeiter zumindest in einigen Ländern die unerläßliche Vorbedingung für die volle Sicherung des ersten siegreichen Landes gegen die Interventionsversuche und die Restaurierung, die unerläßliche Vorbedingung für den endgültigen Sieg des Sozialismus." (Stalin, Werke, Bd. 14, S. 171-172)
Es war gerade Chruschtschow, der seine verräterischen Ansichten verbreitete, daß es unmöglich sei, daß die Sowjetunion auf den kapitalistischen Weg zurückgezerrt würde. Sozialismus schließt aber die Möglichkeit der Restauration des Kapitalismus mit ein und dies hat sich leider als wahr erwiesen.
Die Erfolge aber, die in der kurzen Zeit des Sozialismus in der Sowjetunion errungen wurden, gerade in einem solch rückständigen Land, wie die Sowjetunion es war, sind eine geschichtliche Tatsache. Auch wenn die Kapitalisten noch so laut schreien, die Sowjetunion hat mit der alten Legende der Herrschenden aufgeräumt, die sie uns jetzt schon seit Jahrtausenden einhämmert: Daß die Unterdrückten ohne ihre Unterdrücker nicht leben könnten. Dies ist mit die wichtigste Erfahrung des ersten Sowjetstaates weltweit. Nicht nur, daß wir ohne unsere Unterdrücker auskommen, nicht nur, daß die unterdrückten, angeblich so dummen Volksmassen das Land nicht ins finsterste Chaos und in Barbarei stürzen, wie die Herren Professoren, bürgerlichen Wissenschaftler und Apologeten des Imperialismus tagtäglich wiederholen. Nein, die ungeheuren Erfolge der Sowjetunion, nicht nur wirtschaftlich, nicht nur politisch sondern auch im Bereich der Bildung, der Gleichberechtigung der Nationen, der Gleichberechtigung der Frauen, die Umwälzung der zwischenmenschlichen Beziehungen, die Praktizierung des proletarischen Internationalismus, dies sind Tatsachen, die beweisen, daß wir ohne Ausbeuter leben können.
"Wir haben dieses Werk begonnen. Wann, in welcher Frist, die Proletarier welcher Nation dieses Werk zu Ende führen werden, das ist unwesentlich. Wesentlich ist, daß das Eis gebrochen, daß die Bahn frei gemacht, daß der Weg gewiesen ist." (Lenin, "Zum vierten Jahrestag der Oktoberrevolution", Bd. 33, S. 37)
Das heißt natürlich nicht, daß wir nun fatalistisch die Hände in den Schoß legen sollen, nach dem Motto Irgendwann schaffen wir es schon. Das heißt zu begreifen, daß die sozialistische Sowjetunion ein Anfang war, daß durch die Existenz der Sowjetunion das Eis gebrochen wurde. Man muß sich vor Augen halten, daß diese Spanne von 30-35 Jahren in der Entwicklung der Menschheit gleichzusetzen ist, mit einem Wimpernschlag im Leben eines Menschen. Die sozialistische Sowjetunion ist auf eine Art eine große Bresche, die in die jahrtausendelange Geschichte der Menschen von Ausbeutung, Unterdrückung und Knechtung der Menschen durch den Menschen, geschlagen wurde. Dies ist zunächst einmal die Lehre der sozialistischen Sowjetunion.
Damit sollen keinesfalls die Fehler, die mit zur Entartung führten, klein geredet werden. Damit soll gesagt werden, daß man die damalige Sowjetunion nur in ihren Erfolgen und ihrer Niederlage richtig begreift, sie nur versteht, wenn wir sie als Teil unseres Kampfes auffassen und nicht in der Pose des großen Mannes wie die MLPD -denn heute weiß man alles natürlich besser- über sie den Stab zu brechen. Es ist eine falsche Schlußfolgerung, daß der Sozialismus/Kommunismus selbst der Fehler ist
***.
Parteikontrollkommissionen: Organe zur "Kontrolle der Denkweise"?
Die Kontrollkommissionen im Apparat der Kommunistischen Parteien bzw. deren Fehlen nehmen nach der MLPD in ihrer Schrift "Der Kampf um die Denkweise " eine zentrale Rolle beim Niedergang des Sozialismus in den ehemals sozialistischen Staaten wie der Sowjetunion oder China ein. Aber, der Begriff "zentrale Rolle" ist eigentlich auch noch zu schwach. Die MLPD hält nämlich die Kontrollkommissionen in den ehemals sozialistischen Ländern für die entscheidenden Organe, um die kapitalistische Entartung zu verhindern. So schreibt die MLPD über China:
"Auch Mao Tse-tung hat die Frage der Kontrolle der Denkweise nicht in ihrer ganzen Konsequenz aufgeworfen. Die Kommunistische Partei Chinas hatte zu keiner Zeit selbständige Kontrollorgane. Damit war auch deren ZK (Zentralkomitee, A.d.V.) ohne Kontrolle, und das in einer Situation schärfster ideologischer Kämpfe um den sozialistischen Aufbau. Eine ZKK (Zentrale Kontrollkommission, A.d.V.) in China hätte den folgenschweren Fehler Maos im April 1976 kritisieren müssen. Unter seinem Vorsitz beschloß das ZK der KP Chinas einstimmig, den von ihm entlarvten Liquidator Deng Xiaoping nicht aus der Partei auszuschließen. Das war eine falsche Behandlung der antagonistischen Widersprüche. Das sollte sich vor allem nach dem Tod Mao Tsetungs als fatal erweisen...". (S. 110) (Hervorhebungen von TA)
Also, Kontrollkommissionen innerhalb der Partei sind dazu da, die "Denkweise" zu kontrollieren. Das heißt, daß die Kontrollkommissionen die bürgerlichen Einflüsse innerhalb der Partei zurückdrängen sollen, bzw. andersherum über das proletarische Bewußtsein innerhalb der Partei, über die richtige ideologische Linie wachen sollen. Daher muß also folgerichtig eine im Sinne der MLPD funktionierende Kontrollkommission in Situationen "schärftster ideologischer Kämpfe" in der Partei auf jeden Fall eingreifen (und nicht nur da), um die Partei wieder auf die richtige Linie zu bringen. Daß das in China nicht geschah, war "fatal", der Sozialismus mußte deshalb entarten.
Nicht anders beschreibt die MLPD die Situation in der ehemaligen Sowjetunion unter Führung Stalins:
"Damit warf Lenin die Frage der Kontrolle der Denkweise auf. Im Jahre 1920 machte Lenin den Vorschlag, eine selbständige Zentrale Kontrollkommission (ZKK) einzurichten... In den Machenschaften und Auswüchsen der kleinbürgerlichen Bürokratie sah Stalin eine ernstzunehmende Sabotage des sozialistischen Aufbaus, aber keine allgemeine Gefahr für die Existenz des Sozialismus. Die ZKK hielt er für eine konkrete, vorübergehende Einrichtung... Den Massen fehlte der Schutz und die Autorität der ZKK gegen die sich ausbreitende kleinbürgerliche Bürokratie in Partei und Staat." (S. 98/99)
Also auch hier wieder das gleiche: Die Kontrollkommissionen der Partei als Gralshüterin der richtigen "Denkweise", des richtigen Bewußtseins der Parteimitglieder, "Schutzschild" gegen die Gefahr des Bürokratismus, ohne das die Partei praktisch wehrlos gegenüber den "kleinbürgerlichen" (richtig müßte es heißen "bürgerlichen") Einflüssen ist. Die Partei ist dadurch zur Entartung verdammt.
Bei dieser Argumentation ist es nur folgerichtig, wenn die MLPD auch heute den Kontrollkommissionen innerhalb der Partei eine übertriebene Bedeutung im Kampf gegen eine Entartung zumißt:
"Ansetzend an den Gedanken Lenins über die selbs-tändigen Kontrollorgane, hat die MLPD ein ganzes System der Selbstkontrolle der Partei geschaffen. Mit diesem System kontrolliert sich die Partei selbst, wie und ob sie mit dem kleinbürgerlichen Einfluß fertig wird... Die ZKK muß ständig auf das Zentralkomitee und die Organisation einwirken, um in jeder Frage die nötige Wachsamkeit und Sensibilität im Kampf um die Denkweise zu erreichen. Die unabhängige Kontrolle des ZK gehört zu ihren Hauptaufgaben. Dabei stützt sich die ZKK auf die untere Ebene der Kontrollkommissionen, die in den Bezirken (BKK) oder Landesverbänden (LKK) eingerichtet werden." (S. 248)
Also die MLPD hat aus den Erfahrungen und Fehlern der kommunistischen Bewegung gelernt und macht nun endlich Nägel mit Köpfen. Weder daß die Kontrollkommissionen ganz fehlen, noch daß ihr Einfluß zu schwach ist, nein, die MLPD hat vorgesorgt: Sie hat die Arbeit der Kontrollkommissionen sogar entscheidend verbessert, indem sie sie zu einem "ganzen System der Selbstkontrolle" ausgebaut hat.
Zwar umfaßt den Worten nach das "System der Selbstkontrolle" der MLPD drei Seiten: Die Arbeit der Kontrollkommissionen (= "Kontrolle von oben"), die "Kontrolle von unten durch die Mitglieder" "mit Hilfe von Kritik und Selbstkritik" und die "Selbstkontrolle", bei der die MLPD "die innere Bereitschaft und Fähigkeit der Kader zur ständigen Selbstveränderung" anführt. (S. 249/250) Aber DIE zentrale Bedeutung nehmen in diesem "System" die Kontrollkommissionen ein. Das wurde z. B. oben deutlich, als von den Ansichten der MLPD über die Entartung der ehemals sozialistischen Länder die Rede war. Ein weiterer Beleg ist das folgende Zitat:
"Das Wesentliche der Wechselwirkung zwischen den Kontrollorganen (die ZKK, A.d.V.) und den anderen Seiten der Kontrolle (="Kontrolle von unten" und "Selbstkontrolle", A.d.V.) besteht vor allem darin, die revolutionäre Wachsamkeit bei der ZKK zu bündeln. Das ist nach allen Erfahrungen der Arbeiterbewegung eine Schlüsselfrage, weil die Kontrolle von oben das ZK einschließen muß. Es gilt dem Vordringen der kleinbürgerlichen Denkweise vorzubeugen durch Hilfe bei der Ausrichtung des Denkens und Handelns auf die neuen Entwicklungen im Klassenkampf, indem Schwächen rechtzeitig erkannt werden, Stärken gefördert und Fehler ausgemerzt werden." (S. 250)
Also in den Kontrollkommissionen sollen die Fäden für "die Kontrolle der "Denkweise" zusammenlaufen und auch hier wieder walten die Kontrollkommissionen als Hort, als Zentrum der revolutionären Wachsamkeit.
Wie muß man nun diese Ansichten einschätzen? Zunächst legt die MLPD überhaupt nicht dar, was die prinzipiellen Anforderungen an eine ZKK für Kommunistische Parteien sind. Sie zitiert Lenin, der die ZKK für eine Kommunistische Partei an der Staatsmacht begründet und sagt dann, ja das gilt auch für uns. Natürlich gibt es konkret unterschiedliche Aufgabenstellungen an eine ZKK unter den Bedingungen des Aufbaus des Sozialismus, und an eine ZKK in einer Kommunistischen Partei, die im Kampf um die Revolution steht. Das läßt die MLPD jedoch kalt und fällt unter den Tisch. Wir wollen nicht weiter daraufeingehen, sondern nur hinweisen, daß natürlich der Stand des Parteiaufbaus einer KP für die Notwendigkeit einer ZKK, sowie für ihre konkrete Ausformung und Aufgabenstellung eine Rolle spielen.
Darüberhinaus zeigen die Ausführungen der MLPD über die konkreten Aufgaben der ZKK in ihrer eigenen Organisation heute ihr falsches Verständnis, wie eine kommunistische Partei überhaupt eine richtige Linie und Politik entwickeln kann, wie eine Partei mit Abweichungen, Fehlern, verschiedenen bürgerlichen Einflüssen, ideologischen Meinungsverschiedenheiten fertig werden kann. Bei der MLPD ist der Weg der Verhinderung der Entartung die Existenz einer allumfassenden Gedankenpolizei. Nicht durch offene und öffentliche ideologische und politische Auseinandersetzung zwischen Marxismus-Leninismus und Opportunismus und Revisonismus, nicht durch Befähigung der Kader, Parteimitglieder und sympathisierenden Arbeiter und Arbeiterinnen in diesen Debatten selbst aktiv einzugreifen, Position zu beziehen werden die Partei und die sie umgebenden Massen gestärkt, sondern durch die Kontrolle der "Gedankenpolizei".
Wir behaupten keineswegs, daß wir eine ZKK in einer Partei heute nutzlos finden. Wir sagen nur, daß die völlig übertriebenen Erwartungen der MLPD in dieses organisatorische Mittel falsch und unleninistisch sind.
Nachfolgend wollen wir aufzeigen, daß die MLPD die Rolle und Aufgaben, die die Kontrollkommissionen in der ehemaligen Sowjetunion innehatten, bodenlos verfälscht. Mit diesen Verfälschungen wollen wir anfangen, bevor wir die grundsätzliche Frage erörtern, wie eine Partei überhaupt eine lebendige Organisation bleiben kann, die die wirklichen Interessen, Nöte etc. der Werktätigen vertritt und eben nicht in falsche, bürgerliche, revisionistische Ansichten abgeleitet und erstarrt und so letztlich untergeht.
Die Kontrollkommissionen in der Sowjetunion: Wozu waren sie da?
Es ist einfach eine unverschämte Lüge der MLPD, Lenin zu unterschieben, er hätte Kontrollkommissionen gefordert, um die "Denkweise" zu "kontrollieren".
Die Notwendigkeit einer Kontrollkommission neben dem ZK wurde auf der IX. Allrussischen Konferenz der KPR (Die KPdSU hieß damals noch Kommunistische Partei Rußlands) 1920 festgestellt und eine provisorische Kontrollkommission bis zum nächsten X.Parteitag bestimmt. Lenin begründete die Einrichtung 1920 auf dem 10. Parteitag 1921 folgendermaßen:
"Als wir die Kontrollkommission schufen, da sagten wir: Das ZK ist mit administrativer Arbeit überhäuft, laßt uns Leute wählen, die das Vertrauen der Arbeiter genießen, die mit administrativer Arbeit nicht so überhäuft sind und an Stelle des ZK die Beschwerden prüfen werden." (Lenin Werke, Bd. 32, S. 207)
Auf dem X. Parteitag 1921 wurde dann die Kontrollkommission beschlossen und ihre Mitglieder gewählt. Es wurde auch eine Extraresolution "Über die Kontrollkommissionen" in der ihre Aufgabenstellung und Ziele festgelegt wurden verabschiedet. Bekanntlich war der X. Parteitag einer der die Partei nahe an den Rand einer Spaltung gebracht hatte. So führt Stalin 1934 auch rückblickend an, daß ein weiterer Hauptgrund für die Schaffung der Kontrollkommission zum damaligen Zeitpunkt war:
"Was die Zentrale Kontrollkommission betrifft, so wurde sie bekanntlich vor allem und hauptsächlich zu dem Zweck geschaffen, eine Spaltung der Partei zu verhüten. Sie wissen, daß die Gefahr einer Spaltung eine Zeitlang bei uns wirklich bestand. Sie wissen, daß es der ZKK und ihren Organisationen gelungen ist, die Gefahr der Spaltung abzuwenden." (Stalin, Werke, Bd. 13. S. 332)
So heißt es im Punkt 1 der Resolution:
"Zur Festigung der Einheit und Autorität der Partei werden Kontrollkommissionen geschaffen, zu deren Aufgabenbereich der Kampf gegen den sich in der Partei einschleichenden Bürokratismus, gegen Karrierismus, gegen den Mißbrauch den Parteimitglieder mit ihrer Stellung in Partei- und Sowjetinstitutionen treiben, gegen Verletzungen der kameradschaftlichen Beziehungen innerhalb der Partei....gehört." (Resolution "Über die Kontrollkommissionen" , X.Parteitag der KPR aus: "Die Kommunistische Partei der Sowjetunion in Resolutionen und Beschlüssen.. Bd. III, S. 190) )
Um die Aufgabe der Kontrolle der Durchführung von Beschlüssen, dem Nachgehen von Beschwerden der ArbeiterInnen und Parteimitglieder also besser gerecht zu werden, um gegen Bürokratismus undsKarrierismus vorzugehen wurde eine zentrale Kontrollkommission eingesetzt.
Je nach der aktuellen Situation und Lage der Partei traten der eine oder andere Aufgabenbereich der Kontrollkommission in den Vordergrund. So führt Stalin 1934 aus:
"Jetzt besteht die Gefahr einer Spaltung bei uns nicht mehr. Dafür brauchen wir jetzt sehr dringend eine Organisation, die imstände wäre, ihre Hauptaufmerksamkeit darauf zu konzentrieren, die Durchführung der Beschlüsse der Partei und ihres Zentralkomitees zu prüfen. Eine solche Organisation kann nur eine Kommission für Parteikontrolle beim ZK der KPdSU(B) sein, die auf Grund von Aufträgen der Partei und ihres ZK arbeitet und an den einzelnen Orten Vertreter hat, die von den Ortsorganisationen unabhängig sind. Es ist klar, daß eine solche verantwortliche Organisation große Autorität haben muß. Damit sie aber genügend Autorität besitze und imstande sei, jeden beliebigen verantwortlichen Funktionär, der sich etwas zuschulden kommen läßt, auch Mitglieder des ZK, zur Verantwortung zu ziehen, ist es notwendig, daß die Mitglieder dieser Kommission nur vom obersten Organ der Partei, vom Parteitag, gewählt und abgesetzt werden können. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß eine solche Organisation wirklich fähig sein wird, die Kontrolle der Durchführung der Beschlüsse der zentralen Parteiorgane zu gewährleisten und die Parteidisziplin zu festigen."(Hervorhebung von TA), (Stalin, Werke, Bd. 13, S. 332)
Dementsprechend wird auf dem 18. Parteitag 1939 ein neues Statut der KPdSU verabschiedet in dem folgende Aufgabenbereiche angeführt werden:
"Die Kommission für Parteikontrolle:
a) kontrolliert, wie die Beschlüsse der Partei und des ZK der KPdSU (B) durch die Parteiorganisationen und die Sowjet- und Wirtschaftsorgane durchgeführt werden;
b) überprüft die Arbeit der örtlichen Parteiorganisationen;
c) zieht diejenigen, die sich der Verletzung des Parteiprogramms, des Status der KPdSU (B), der Parteidisziplin schuldig machen, zur Verantwortung." ("Statut der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki)" angenommen auf dem 18. Parteitag der KPdSU (1934) aus: "Resolutionen des 18. Parteitags der KPdSU (B)", Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau 1939, S. 73, )
Es war also eine der wichtigen Aufgabe von dieser Kommission, zu kontrollieren ob die Beschlüsse des Parteitages und des ZKs durchgeführt werden. Vielleicht erscheint diese Aufgabe manch einem/einer als gar nicht so wichtig, aber: Eine kommunistische Partei ist ja kein Debattierklub oder kein Verein, in dem schöne Beschlüsse und Resolutionen gefaßt werden, die gar keine Wirkung in der Praxis haben. Richtig Erkanntes in die Praxis umzusetzen, von der Mehrheit Beschlossenes und Anerkanntes auch tatsächlich zu tun, das ist etwas sehr Schweres. Auch für heute. Man beschließt etwas, aber es wird dann doch nicht oder nur ungenügend oder halbherzig ausgeführt, weil die Verantwortlichen nicht mit genügender Energie oder mit mangelnder Voraussicht, Sorgfalt, Konsequenz an die Sache herangehen, weil es Mißverständnisse gibt, weil der Beschluß falsch ausgelegt wird, weil es in der Praxis zu wenig Erfahrungen gibt, weil die Genossin/der Genosse dafür ungeeignet ist oder auch weil ein Beschluß -in der Hektik des politischen Alltags- in Vergessenheit gerät. Es gibt tausend Gründe, warum ein Beschluß nicht oder nicht richtig, rechtzeitig, genau etc. ausgeführt wird. Jede -noch so kleine- politische Gruppe, die eine Praxis hat, weiß das. Auch wenn die Leitung eines ganzen Landes wie die damalige Sowjetunion, die noch dazu ein solch riesiges Land war, natürlich noch einmal etwas ganz anderes ist, im Prinzip gilt das gleiche.
"Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser" (Lenin), dies ist eine zentrale Sache. Man muß die richtige politische Linie finden, aber man muß immer wieder kontrollieren, ob die Beschlüsse auch ausgeführt wurden, muß Wege finden, Mängel in der Ausführung zu verbessern.
Entgegen den unverschämten und unbewiesenen Behauptungen der MLPD: "Die ZKK hielt er (Stalin A.d.V.) für eine konkrete, vorübergehende Einrichtung." (S. 98) und "Der von Stalin anstatt der ZKK eingesetzte Staatssicherheitsdienst" (S.99), wurde die ZKK keineswegs von Stalin abgeschafft.
Im Gegenteil, auf dem 19. Parteitag wurde die Notwendigkeit der ZKK bekräftigt und lediglich betont, daß eine ihrer Aufgaben aktuell in den Vordergrund zu rücken sei:
"In dem vom 18. Parteitag angenommenen Statut wurden der Kommission für Parteikontrolle folgende Aufgaben auferlegt: zu kontrollieren, wie die Beschlüsse der Partei und des ZK der KPdSU(B) durch die Parteiorganisationen und die Sowjet- und Wirtschaftsorgane durchgeführt werden, die Arbeit der örtlichen Parteiorganisationen zu prüfen, diejenigen, die sich der Verletzung des Parteiprogrammes, des Parteistatuts, der Parteidisziplin schuldig machen, zur Verantwortung zu ziehen.
Die Kontrolle darüber, wie die Parteitagsbeschlüsse erfüllt werden, und die Überprüfung der örtlichen Parteiorgansiationen sind im Zentralkomitee konzentriert, da Kontrolle und Prüfung wichtigster organischer Bestandteil der Parteileitung sind. Es muß dafür gesorgt werden, daß die Organe der Parteikontrolle im Kampf gegen Verletzungen der Parteidisziplin und gegen Fälle unbefriedigender Pflicht-erfüllung durch Kommunisten eine größere Rolle spielen." ("Bericht an den 19. Parteitag über die Abänderungen am Statut der KPdSU (B)," 1952, Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau 1952)
Aber die MLPD bleibt auch nicht nur bei einfach überprüfbaren Falschaussagen stehen, es hätte unter Stalin keine ZKK mehr gegeben, sie geht noch weiter. Sie behauptet in übelster antikommunistischer Manier, im Fahrwasser sämtlicher Opportunisten und Bourgeois:
"Der von Stalin anstatt der ZKK eingesetzte Staatssicherheitsdienst arbeitete im Auftrag des ZK von oben nach unten, er arbeitete geheimdienstlich und somit ohne wirkliche Kontrolle.." (S. 99)
Im Grunde erübrigt sich bei solchen offensichtlichen Lügengeschichten jede Gegenargumentation. Wir fordern hier nur alle aufrichtigen mit dem Kommunismus sympathisierenden Leute, die von der MLPD beeinflußt sind, auf, sich für diese Behauptung Beweise vorlegen zu lassen.
Zurück zur inhaltlichen Debatte: Die zentrale Kontrollkommission war keine unbedeutende Kommission, im Gegenteil, sie war ein zentrales Organ innerhalb der Kommunistischen Partei, war mit sehr wichtigen Aufgaben betraut, und wurde daher mit erfahrenen Leuten besetzt. Sie hatte aber nicht die allumfassende Bedeutung und sie spielte nicht die Rolle der Gedankenpolizei, die die MLPD ihr zuschreiben möchte. Die MLPD bauscht maßlos die Aufgaben der ZKKs auf. Anstatt die Arbeit der ZKK nüchtern und sachlich zu beurteilen und zu würdigen, mystifiziert die MLPD regelrecht dieses Organ und macht es zum Zünglein an der Waage.
Die Aufgaben der Parteikontrollkommissionen stehen natürlich in einem bestimmten Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Revisionismus. Wenn ein Beschluß nicht ausgeführt oder wenn die Parteidisziplin verletzt wurde, z.B. durch Täuschung der Partei oder durch Verleumdung anderer Personen oder durch eine bürokratische Herangehensweise, so lag das in etlichen Fällen daran, weil Leute, die tatsächlich zu Bürokraten geworden waren, Karrieristen, unehrliche Leute, die nach oben buckeln und nach unten treten, an den verantwortlichen Stellen saßen. Wie wir schon weiter oben ausgeführt haben, gab es die Gefahr des Bürokratismus und revisionistischer Entartung und gab es nicht wenige Leute an verantwortlichen Stellen, die man nicht mehr als KommunistInnen bezeichnen kann, sondern die in bürgerlicher Manier ihre Verantwortlichkeit ausnutzten und mißbrauchten. Natürlich sollte die Parteikontrollkommission die Verantwortlichkeit prüfen, Fehlern, die auftraten, auf den Grund gehen sowie Leuten, die sich z. B. als Bürokraten herausstellten, Parteistrafen auferlegen oder sogar aus der Partei ausschließen. Aber darum geht es bei der MLPD gar nicht. Denn sie stellt es so hin, als seien letztlich die Leute, aus denen sich die Kontrollkommissionen zusammensetzten, die einzigen in der Partei, die immer und zu jeder Zeit Fehler aufspüren können, als seien diese Leute ein für allemal vor Fehlern, Verirrungen, Bürokratismus gefeit, als seien diese Leute eine Art unbestechlicher Kompaß der Partei, als wäre es möglich gewesen, daß diese Handvoll Menschen in diesen Kommissionen im Vergleich mit den Millionenmassen in der Sowjetunion eine kommunistische Weisheit hätten pachten können. Aber so kann es auch überhaupt nicht gehen und so etwas kann es nicht geben.
Das Verhältnis der Kontrollkommissionen zum Zentralkomitee
Der Ausgangspunkt der MLPD, nämlich die Frage des Kampfes gegen die revisionistische Entartung der Partei auf die Frage von einzelnen Kommissionen zu reduzieren, führt zu weiteren völlig verqueren Ansichten.
Die ZKK soll nach der MLPD vor allen Dingen und in erster Linie das ZK kontrollieren. Sie engt damit die Aufgaben der ZKK vollständig ein.
"Die unabhängige Kontrolle des ZK gehört zu ihren Hauptaufgaben (der ZKK, A.d.V.)." (S. 248)
Das angebliche Fehlen der ZKK führte zu dem:
" was Lenin mit der Einrichtung der ZKK eigentlich ausschließen wollte: Das ZK wurde nicht mehr kontrolliert..." (S. 99)
"Die Kommunistische Partei Chinas hatte zu keiner Zeit selbständige Kontrollorgane. Damit war auch deren ZK ohne Kontrolle.." (S. 110)
Die MLPD läßt sich in ihrem Buch seitenweise darüber aus, wie die Kontrollkommissionen denn nun das ZK kontrollieren können. Es kommt so heraus, als sei das ZK ständig von der Entartung bedroht, als drohe jederzeit, daß das ZK "kleinbürgerliche" Weisungen von sich geben könnte, als müsse daher die Kontrollkommission dauernd auf das ZK aufpassen, als müßten die Kontrollkommissionen als die guten Schatten neben dem ZK stehen, um es vor Dummheiten zu bewahren. Ja, es kommt so heraus, als sei das ZK eigentlich eine ganz gefährliche Sache, von dem allein die permanente Gefahr der Entartung ausgeht. Die ZKs der Kommunistischen Parteien der Sowjetunion und von China werden in prinzipieller Hinsicht in schlechtes Licht gesetzt. Nicht aber die ZKK, denn die ist nach der MLPD der gute Engel. Sie ist ein Bollwerk der Marxisten-Leninisten gegen die Entartung.
Wir wir oben gesehen haben hatte die ZKK in der KPdSU auch die Aufgabe in bestimmten, klar und organisatorisch fest umrissenen Bereichen die Aufgabe das ZK und auch die einzelnen ZK Mitglieder zu kontrollieren. Bei der MLPD wird daraus aber, ein neues "Super ZK". Anstatt präzise zu umreißen, was denn ihrer Meinung nach die Aufgabe einer ZKK bei der Kontrolle des ZKs sein soll, wie das organisatorisch festgelegt werden sollte, allgemeines Geschwafel und völlig falsche Festlegungen. Heraus kommt auf jeden Fall eine völlig falsch Grundhaltung zu den Aufgaben des ZKs einer Kommunistischen Partei.
Man muß sich vor Augen halten, daß das Zentralkomitee zwischen den Parteitagen das höchste, gewählte Organ der Partei ist. Das Zentralkomitee steht also für die Partei, verkörpert diese in besonderem Maße. In dieses Komitee wählt die Partei die besten, erfahrensten GenossInnen hinein, die die Partei besitzt. Bei der MLPD kommt es heraus, als wirtschafte das Zentralkomitee völlig losgelöst, mit mäßigen Leuten besetzt, vor sich hin. Der gesamte Aufbau einer kommunistischen Partei, das Verhältnis zwischen ParteiführerInnen und Massen, der demokratische Zentralismus selbst, erhalten bei der MLPD einen ganz schlechten Beigeschmack. Die MLPD scheint vergessen zu haben, daß die damaligen KommunistInnen auch nachgedacht und dabei ein entsprechendes Parteikonzept entwickelt haben. Sie scheint vergessen zu haben, daß das ZK ein gewähltes Organ ist, das natürlich kontrolliert wird und zwar von den Parteitagen. Hat die MLPD vergessen, daß das ZK rechenschaftspflichtig gegenüber dem Parteitag ist, daß das ZK auch zwischen den Parteitagen abgewählt werden kann oder daß einzelne ZK-Mitglieder aus dem ZK entfernt werden können? Das ZK muß kontrolliert werden wie jeder andere Teil der Partei auch, und das höchste Parteigremium ist nicht das ZK oder die ZKK, sondern der Parteitag aller Delegierten der gesamten Parteimitgliedschaft.
Die MLPD reduziert die Frage der revisionistischen Entartung auf das Verhältnis zwischen Kontrollkommissionen und dem Zentralkomitee. Weil das aber so nicht geht, kommt die MLPD zu ganz widersprüchlichen Ausführungen darüber. Während z. B. einerseits die MLPD es in dieser Frage für ganz entscheidend hält, daß "weder darf die ZKK in die Leitungstätigkeit des ZK eingreifen, noch kann das ZK in die Tätigkeit der ZKK hineinwirken", zitiert sie andererseits Willi Dickhut ein paar Sätze weiter: "Die ZKK darf sich allerdings nicht einmischen .. es sei denn, es geht um prinzipielle Fragen." Und führt dann aus, welchen Weg die ZKK bei der Einmischung einzuhalten hat, wenn es zwischen ZKK und ZK zu Meinungsverschiedenheiten in "prinzipiellen Fragen" kommt. (S. 249) Nur, wer entscheidet, was prinzipiell ist? Wieso kann das ZKK das entscheiden und das ZK nicht, wieso wird die ZKK höher als das höchste Gremium der Partei gestellt? Ein anderes Beispiel ist, daß die MLPD immer wieder betont, daß das ZKK ganz "unabhängig", gänzlich "selbständig" sein muß. Wovon soll denn die ZKK unabhängig sein? Von der Partei? Vom ZK? Die Partei ist aber ein Ganzes, es gibt keine ganz und gar unabhängige Teile in ihr.
Die Theorie der MLPD ist die, daß das ZKK und das ZK sich gegenseitig bannen, durch ihren Widerstreit die Waage halten und so der Entartung zuvorkommen können.
Die Frage der kapitalistischen Entartung in der Sowjetunion in dieser Weise auf das Verhältnis zwischen der ZKK und dem ZK zuzuspitzen, bedeutet aber nichts anderes, als die Partei auf ihre höchsten Gremien zu reduzieren. Es bedeutet, die Initiative der Massen gering zu schätzen, die Partei nicht als lebendigen Organismus aller Parteimitglieder zu begreifen. Das Parteileben wird zu einer Sache, die zwischen den obersten Gremien der Partei ausgemacht wird.
Das heißt natürlich nicht, daß wir vertreten, daß das ZK unfehlbar ist. Das heißt nicht, daß man dem Zentralkomitee blind gehorchen soll. Es ist nicht nur dem Parteitag gegenüber rechenschaftspflichtig, sondern jedem Parteimitglied. Jedes Parteimitglied muß sich überlegen, ob es die Beschlüsse für richtig hält und Kritik vorbringen. Das Zentralkomitee muß wie jeder andere Teil der Partei einer Kontrolle unterliegen. Die Mitglieder des Zentralkomitees können genauso wie andere Personen auch, vom Kommunismus abweichen, gänzlich vom Kommunismus abfallen oder sogar zu Reaktionären, zu Verrätern werden. Dafür gibt es genügend Beispiele. Dies ist auch ganz klar, denn es gibt prinzipiell immer die Möglichkeit, daß eine Person ihre Ansichten ändert, auch wenn sie zehn, zwanzig Jahre in der Bewegung war.
Und es ist so, daß sich aus der Tatsache, daß das Zentralkomitee das höchste Organ zwischen den Parteitagen ist, Besonderheiten ableiten: Entartet es, hat dies ein besonders großes Gewicht -in negativer Hinsicht. Die Partei schwebt dann in besonders großer Gefahr. Schon wenn die Führung einer Organisation wegfällt, weil sie z.B. von der Konterrevolution ermordet wird, ist dies ein besonders harter Schlag für die Organisation. Wenn die entarteten Führer die Organisation auf den falschen Weg zu führen drohen, so ist die Gefahr, in der die Organisation schwebt, mindestens genauso groß.
Dies alles -nämlich daß die Führung entarten kann, und daß das eine besondere Gefahr für die kommunistische Partei darstellt-, hat sich z.B. in der Sowjetunion und in China als bittere Wahrheit erwiesen. Dort ist genau das eingetreten. Man kann aber der Entartung nicht dadurch entgehen, in dem man nun als einer Art "Zauberstab" dem ZK eine bessere Hälfte in Form eines zweiten zentralen Komitees zur Seite stellt. Die ZKK kann sehr wohl im Rahmen der von Lenin und Stalin gesetzten Aufgabenbereiche wichtige Schritte im Kampf gegen Bürokratismus und Revisonismus, in der falschen Durchführung von Parteibeschlüssen, bei der Nichtbeachtung des Parteiprogrammes, bei Bürokratisierungen etc. leisten. Aber der Kampf gegen die Gefahr der Entartung ist sehr viel umfassender als dieses eine organisatorische Mittel.
Wie kann die bürokratische Entartung der Partei verhindert werden?
Das Verständnis der MLPD, wie die Partei sich vor bürgerlichen Ansichten schützen und gegen die bürgerliche Entartung ankämpfen kann, ist ein ganz falsches, weil es völlig eingeengt ist. Die bürokratische Entartung verhindern, das muß die Aufgabe von Kommissionen, Komitees, den Parteimitgliedern, der ganzen Partei, und den werktätigen Massen selbst sein. Diese Aufgabe steht -insbesondere in einem sozialistischen Land, wo die Masse unter Führung der kommunistischen Partei die Revolution schon gemacht hat- nicht nur vor den Parteimitgliedern, sondern auch vor den parteilosen Massen. Die beiden entscheidenden Methoden im Kampf gegen die Fehler und Abweichungen innerhalb der Partei sind:
Die rigorose Anwendung des Prinzips von Kritik und Selbstkritik und des Prinzips des offenen ideologischen politischen Kampfes. Werden diese beiden Prinzipien wirklich in die Tat umgesetzt: werden Fehler offen und ehrlich benannt, werden die Ursachen aufgedeckt und angegangen, sowie falsche politische Anschauungen in offener politischer Auseinandersetzung zurückgewiesen, dann sind das die Garanten gegen eine Entartung der Partei, gegen die Verstärkung kleinbürgerlicher, reformistischer Abweichungen etc.
Nur wenn Kritik und Selbstkritik, d.h. insbesondere gerade auch die Kritik von unten, wirklich angewandt wird, kann man sich von seinen Fehlern befreien und sich fortentwickeln, vorwärtsschreiten. Nur die Bürokraten und Karrieristen fürchten die Öffentlichkeit und Offenheit
Die Massen in den Kampf ziehen
Diese Prinzipien werden aber nur dann zu Garanten gegen die kapitalistische Entwicklung eines sozialistischen Landes, wenn sie nicht nur von den Kadern der Partei, von den Parteiführern verstanden und angewandt werden, sondern ebenso von den einfachen Parteimitgliedern und den parteilosen Millionenmassen. Die Einbeziehung der Massen in den ideologischen Kampf, ihre bewußte Beteiligung an der praktischen Tätigkeit des sozialistischen Staates, dies ist es, was die Diktatur des Proletariats sichert. Die Initiative und Energie der Massen zu entfachen und zu fördern, darum geht es. Die Massen können aber nur teilnehmen, wenn der ideologische und politische Kampf sich öffentlich vollzieht. Sie können nur eingreifen, indem sie Kritik von unten üben. Nur anhand ihrer eigenen Erfahrungen in der Auseinandersetzung und an den eigenen Fehlern entwickeln sich die Massen weiter und bilden gleichzeitig den Unterpfand für die Festigung des Sozialismus.
Die Massen erziehen, den Massen vertrauen und sich auf die Massen stützen!
Ein anderes zentrales Moment ist die ständige Hebung des politischen, kulturellen, allgemeinen Wissensniveaus sowohl der Parteimitglieder als auch der Massen.
"Die Weisungen des Zentralkomitees über die Festigung und Ausweitung der Parteiorganisation, über die Stärkung der Verbindung von Partei und Volksmassen, über die Entfaltung von Kritik und Selbstkritik und über die Durchführung einer Ausrichtungsbewegung in der gesamten Partei müssen genau befolgt werden Im Sommer, Herbst und Winter 1950 muß die ganze Partei eine großangelegte Ausrichtungsbewegung durchführen. Dabei sollten Methoden angewandt werden wie Lektüre ausgewählter Dokumente, Zusammenfassung der Arbeit, Analyse der Lage sowie Kritik und Selbstkritik, um das ideologische und politische Niveau der Kader und der einfachen Parteimitglieder zu heben, Fehler in der Arbeit zu korrigieren, Hochmut und Selbstzufriedenheit aus Dünkel über frühere Verdienste zu überwinden, Bürokratismus und Kommandoallüren auszumerzen und die Beziehungen zwischen Partei und Volk zu verbessern." (Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band V, S. 29)
Diese Methoden sind solche, die der kapitalistischen Entartung entgegenwirken, die den Aufbau des Sozialismus voranbringen. Das politische Wissen, die Kenntnis der Zusammenhänge, Vorgänge, Entwicklungen im eigenen Land und in anderen Ländern, Studium des Marxismus-Leninismus, die Erziehung der Massen anhand ihrer eigenen Erfahrungen und Praxis ..., das lebendige Wissen der Massen ist ein nicht zu ersetzendes Schutzschild gegen die kapitalistische Entartung.
Was die MLPD aber macht, ist, die Aufgaben, die vor allen Parteimitgliedern und den Massen stehen, einem einzigen Gremium zuzuschieben, das allein ein unanfechtbarer Kompaß sein soll. Geschichte wird aber nicht von einzelnen oder einer Handvoll Leuten gemacht und wird auch nicht allein in Gremien, Kommissionen, Ausschüssen entschieden. Die Geschichte wird bestimmt durch die Entwicklung der jeweiligen Klassen und Schichten. Um die Entartung in der Sowjetunion z. B. zu verstehen, gilt es, die Entwicklungsgesetze des Sozialismus und die Entwicklung der Partei selbst zu studieren und nicht einzelne Kommissionen. Dem Konzept der alles entscheidenden Kontrollkommissionen, nach dem alles schön ordentlich und ordnungsgemäß, im abgesteckten Rahmen ablaufen soll, wollen wir folgende Auffassung entgegensetzen:
"Vertraut den Massen, stützt euch auf sie und achtet ihre Initiative. Befreit euch vor der Furcht. Habt keine Angst vor Unordnung. Vorsitzender Mao hat uns oft gesagt, daß Revolution nicht derart verfeinert, sanft, gemäßigt, gütig, höflich, zurückhaltend und großmütig sein kann." ("Beschluß des ZK der KPCH über die große proletarische Kulturrevolution", Peking 1966)
Kontrollkommissionen können nicht die Aufgaben für eine ganze Partei übernehmen
Als Lehre ihrer Analysen der Entwicklung der KP Chinas und der KPdSU stellt die MLPD eine geradezu abenteuerliche Konstruktion über die Aufgaben einer ZKK für jede kommunistische Partei auf.
Sie überfrachtet die Kontrollkommissionen mit viel zu viel verschiedenen Aufgaben. Dabei stellt sie die Kontrollkommissionen aber im Grunde vor Aufgaben, die vor der gesamten Partei stehen und auch vor den parteilosen SymphatisantInnen.
So führt Lenin für die Periode des Sozialismus als eine Aufgabe des ZKs, der ZKK und der gesamten Partei aus:
"Die Hauptaufgabe unseres ZK und unserer ZKK sowie unserer Partei in ihrer Gesamtheit besteht darin, die Umstände aufmerksam zu verfolgen, aus denen sich eine Spaltung ergeben könnte, und ihnen vorzubeugen,...." (Lenin, zitiert in Stalin, Werke, Bd. 12, S. 298)
Aber nach der MLPD ist diese Aufgabe auf die ZKK beschränkt, so kann die Zentrale Kontrollkommission der MLPD z.B. Beschlüsse fassen wie "Kritik-Selbstkritik-Bewegungen". Allerdings wird diese Befugnis auch gleich wieder eingeschränkt, denn
"diese (die Kritik-Selbstkritik-Bewegungen, A.d.V.) müssen jedoch von den jeweiligen Leitungen angeleitet und kontrolliert werden, da die ZKK nicht befugt ist, Leitungsaufgaben zu übernehmen." (S.253) Dabei kann die ZKK sogar "Beschlüsse, die gegen die Grundlagen verstoßen, aufheben, wenn sie von den Leitungen nicht selbst korrigiert werden." (ebenda)
Zu dem Sammelsurium der Aufgaben der Kontrollkommissionen zählen auch:
"Die Überprüfung von Kandidaten vor ihrer Wahl in Gremien auf Landes-, Bezirksebene oder zentraler Ebene gehört genauso zu den Pflichten der Kontrollkommissionen wie die unbedingte Wahrung der innerparteilichen Demokratie und der Disziplin. Die Kontrollkommissionen haben auch das Recht, Organisationsstrafen auszusprechen. Das berührt im wesentlichen die Entfernung von Organisationsfeinden, den Kampf gegen das Liquidatorentum oder die Verteidigung der Partei gegen offene Angriffe." (ebenda)
Die Befugnisse der ZKK ähneln einem Bauchwarenladen, so daß der Aufgabenbereich letztlich verschwommen ist. Dies ist auch klar, wenn das ZKK Aufgaben übernimmt, mit denen sonst nur eine Partei als ganzes fertig werden kann wie z. B. die Einhaltung der revolutionären Linie. So geht es nicht anders, als daß die Kontrollkommissionen alles mögliche dürfen und dann auch wieder nicht. Dies öffnet aber einem Mißbrauch dieser Befugnisse Tür und Tor. Mit der Arbeit einer wirklich kommunistischen Partei hat das ganze allerdings herzlich wenig zu tun.
***
Die Große Proletarische Kulturrevolution: Die höchste Form des Klassenkampfes in der sozialistischen Gesellschaft?
In dem Werk "Der Kampf um die Denkweise" wird auch auf die Bedeutung der Kulturrevolution in China eingegangen. Als Hauptmerkmale werden folgende genannt:
"Die Große Proletarische Kulturrevolution bedeutet:
1. die höchste Form des Klassenkampfs in der sozialistischen Gesellschaft,
2. die Weckung und sprunghafte Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Volksmassen mit Hilfe von Kritik und Selbstkritik und durch Studium der Maotsetungideen bei gleichzeitiger konkreter Anwendung in der Praxis,
3. die konkrete Form der Anwendung der Diktatur des Proletariats gegen die Bürokratisierung des Partei-, Staats- und Wirtschaftsapparates (gegen die Machthaber, die den kapitalistischen Weg gehen)
4. die Errichtung eines ideologisch, politischen Dammes gegen die Gefahr der Restaurierung des Kapitalismus."(S. 107-108)
Auf diese Thesen wollen wir kurz eingehen:
Wir schätzen die Kulturrevolution in der Form, wie sie in China stattgefunden hat, nicht als die "höchste Form des Klassenkampfes in der sozialistischen Gesellschaft" ein. Denn, die Notwendigkeit der Kulturrevolution in der Form, wie sie in China durchgeführt wurde, ergab sich auch aus Fehlern der Politik Mao Tse-tungs und der Kommunistischen Partei Chinas in der Frage der Errichtung der Diktatur des Proletariats. So heißt es z.B. in der Verfassung der sozialistischen Volksrepublik China von 1954:
"die Ordnung der Neuen Demokratie, gewährleistet unserem Land die Möglichkeit, auf friedlichem Wege Ausbeutung und Unterdrückung zu beseitigen und eine blühende und glückliche sozialistische Gesellschaft zu errichten."
In den Schriften Mao Tse-tungs aus der Zeit von 1950-1960 wird fast gar nicht von der Notwendigkeit der Diktatur des Proletariats gesprochen. Im Gegenteil, er redet z.B. in seiner Schrift "Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volk" (1957) davon, daß der Widerspruch zwischen nationaler Bourgeoisie und der Arbeiterklasse ein Widerspruch innerhalb des Volkes sei, der bei richtiger Behandlung nicht antagonistisch sei.
"In unserem Land gehört der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der nationalen Bourgeoisie zu den Widersprüchen im Volk da der Charakter der nationalen Bourgeoisie in unserem Land zwiespältig ist. In der Periode der bürgerlich-demokratischen Revolution war die nationale Bourgeoisie einerseits revolutionär und andererseits zu Kompromissen geneigt. In der Periode der sozialistischen Revolution beutet sie einerseits die Arbeiterklasse des Profits wegen aus, aber gleichzeitig unterstützt sie die Verfassung und ist bereit die sozialistische Umgestaltung zu akzeptieren. Die nationale Bourgeoisie unterscheidet sich von den Imperialisten, der Grundherrenklasse und der bürokratischen Bourgeoisie. Der Widerspruch zwischen der nationalen Bourgeoisie und der Arbeiterklasse, ein Widerspruch zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten, ist an und für sich antagonistisch. Aber unter den konkreten Bedingungen unseres Landes kann dieser antagonistische Klassenwiderspruch, wenn er richtig behandelt wird, in einen nichtantagonistischen umgewandelt und auf friedlichem Wege gelöst werden." (Mao Tse- tung, Ausgewählte Werke, Bd. V. S. 436)
Als das Mittel zur Lösung der Widersprüche stellt Mao Tse-tung in dieser Schrift "Kritik und Erziehung" der Bourgeoisie hin.
Das zeigt, daß Mao Tse-tung zu dieser Zeit nicht vom Sozialismus, in dem die Diktatur des Proletariats über die Bourgeoisie ausgeübt wird, ausgeht. Er vertritt dieselbe These wie die, die auf dem VIII. Parteitag der KP China vertreten wurde, nämlich:
"daß die chinesische Bourgeoisie buchstäblich mit großer Begeisterung der sozialistischen Umgestaltung" entgegenkommt.
Die in der gleichen Schrift "Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volk" aufgestellte Forderung "Laßt hundert Blumen blühen, laßt hundert Schulen miteinander wetteifern", führte unter der Bedingung, daß über die Bourgeoisie keine Diktatur ausgeübt wurde, zu einer unkontrollierten Ausbreitung und Wucherung von "Giftpflanzen". D.h. der Revisionismus konnte sich in der Gesellschaft und in der Partei so gut wie ungehindert ausbreiten.
Unter dieser Bedingung, d.h. als Ergebnis der falschen, liberalen Politik gegenüber der Bourgeoisie konnten in den 60er Jahren die nationale Bourgeoisie und die sich herausbildende neu e bürokratische Bourgeoisie wichtige Machtpositionen in Staat und Partei erobern. Unter dieser Bedingung wurde die Kulturrevolution in der besonderen Form, wie sie in China stattfand, d.h. einer Revolution der KommunistInnen zusammen mit den Massen gegen die Partei- und Staatsführung notwendig.
Zu diesem Zeitpunkt, in diesem Kampf auf Leben und Tod nahm Mao Tse-tung in der Frage des Verhältnisses von Bourgeoisie und Proletariat, d.h. der Notwendigkeit der Diktatur des Proletariats über die Bourgeoisie eine richtige Haltung ein. Er propagierte nicht mehr die Lösung der Widersprüche zwischen Proletariat und nationaler Bourgeoisie auf friedlichem Weg, sondern die Diktatur über die Bourgeoisie. Er stellte klar, daß es keine nicht antagonistische Seite im Widerspruch zu der Bourgeoisie gibt.
" Ihr Kampf (der der Bourgeoisie A.d.V.) gegen uns, ist ein Kampf auf Leben und Tod, dabei kann von einer Gleichheit überhaupt nicht die Rede sein. Daher ist unser Kampf gegen sie ebenfalls unvermeidlich ein Kampf auf Leben und Tod, und unsere Beziehung zu ihnen kann absolut nicht die einer Gleichheit sein, sondern nur die der Unterdrückung einer Klasse durch eine andere d.h. eine Beziehung, bei welcher das Proletariat die Alleinherrschaft oder die Diktatur über die Bourgeoisie ausübt, nicht aber irgendeine andere Beziehung, wie z.B. die einer angeblichen Gleichberechtigung, einer friedlichen Koexistenz zwischen ausgebeuteten und ausbeutenden Klassen, oder ein Verhältnis von Humanität und Hochherzigkeit usw. usf." ("Wichtige Dokumente der Großen Proletarischen Kulturrevolution", S. 131-133)
Während der Kulturrevolution hat Mao Tse-tung also richtig die Notwendigkeit der Diktatur des Proletariats vertreten, aber dabei hat er diese an die Existenz der Bourgeoisie als Klasse während der gesamten Phase des Sozialismus bis hin zum Kommunismus gebunden, was wiederum falsch ist. Und diese These wurde auch noch als Weiterentwicklung des Leninismus durch die Mao Tse-tung-Ideen hingestellt. In der Praxis wurde somit zwar die falsche Haltung zur Bourgeoisie überwunden, aber Mao Tse-tung hat keinerlei Selbstkritik über die vorher vertretenen falschen Ansichten gemacht. Im Gegenteil, diese wurden auch noch während der Kulturrevolution weiterhin propagiert.
Nach unserer Meinung war die Kulturrevolution ein Aufstand gegen den sich umfassend entwickelnden Revisionismus in Partei und Staat. Sie stellte eine große revolutionäre Bewegung der Arbeiterklasse und Werktätigen dar. Aber, da sie, wie wir oben ausgeführt haben, nicht unter einer richtigen Führung und nicht mit einer richtigen Linie durchgeführt wurde, erreichte sie nicht ihr Ziel, sondern der Revisionismus konnte sich unter anderen Vorzeichen weiterentwickeln.
Mao Tse-tung hat während der Kulturrevolution wertvolle Ansichten über die Rolle der "neuen Bourgeoisie" bei der Restauration des Kapitalismus entwickelt, hat aber seine falschen früheren Positionen nicht selbstkritisch überwunden.
In keinem Fall kann man aber die Große Proletarische Kulturrevolution in der besonderen Form, wie sie in China ablief, so wie es die MLPD macht, als "höchste Form des Klassenkampfes" bezeichnen, da das außer Acht läßt, daß sie das Ergebnis einer zuvor gemachten "Fehlentwicklung" war. Wenn die KommunistInnen nicht diese Fehler gemacht hätten, hätte sie auch nicht diese Form von "Bombardiert das Hauptquartier" in Partei und Staat anzunehmen brauchen. Auch die weiteren Einschätzungen wie "sprunghafte Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Volksmassen mit Hilfe von Kritik und Selbstkritik" teilen wir so nicht. Denn gerade eine Selbstkritik zu ihren Fehlern, die erst die Kulturrevolution notwendig machten, hatten die Kommunistische Partei Chinas und Mao Tse-tung nicht geübt. Insofern wurde das "sozialistische Bewußtsein" der Volksmassen nicht ausreichend entwickelt. Daneben führte das "Studium der Mao Tsetungideen" mit ihren fehlerhaften Thesen wie Fortexistenz der Bourgeoisie als Klasse auch unter sozialistischen Produktionsverhältnissen, nicht zur sprunghaften Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins. Die Kulturrevolution war zwar ein Versuch, ein erster Schritt der "Anwendung der Diktatur des Proletariats", sie war der Versuch der "Errichtung eines ideologisch-politischen Dammes gegen die Gefahr der Restaurierung des Kapitalismus" hätte aber nicht diese Form annehmen müssen, wenn man vorher nicht die Bourgeoisie sich so hätte ausbreiten lassen. Daneben machte die Kulturrevolution selbst Fehler und führte darum letztlich nicht zum Ziel. Daher konnten die KommunistInnen in China auch nicht die dann doch erfolgte Machtübernahme von Den Hsiao Ping und des modernen Revisionismus verhindern
Trotz der obengenannten Kritiken hat die Große Proletarische Kulturrevolution wichtige Erkenntnisse für die Marxisten-Leninisten im Kampf gegen die revisionistische Entartung hervorgebracht. Sie hat in der Praxis bewiesen, daß im Kampf gegen die revisionistische Entartung von Staat und Partei die Marxisten-Leninisten sich auf die Massen stützen und ihre Initiative entwickeln müssen.
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Wozu brauchen wir die kommunistische Partei?
In der Partei, in der Organisierungsform, die sich eine Partei gibt, kristallisiert sich der Charakter einer Organisation. Wie wir schon in dem Artikel "Legal, Illegal, Scheißegal?" in "Trotz Alledem" Nr. 2 ausführten, ist das auch ganz logisch, ist doch die Partei das Mittel, mit dem wir unsere Ziele erreichen wollen. Und die Mittel sind den Zielen angepaßt. Auch bei der MLPD spiegeln sich ihre Inhalte, Auffassungen, ihr ganzer Charakter in ihrem Parteikonzept und in ihrer Organisierungsform wieder.
So ist es kein zufälliger Fehler der MLPD, daß sie bei ihrer Organisierungsform in völligen Legalismus verfällt. Die Ursachen sind in den Inhalten ihrer Politik zu suchen. Nur aus diesen heraus läßt sich ihre Organisierungsform verstehen. Die Inhalte der MLPD aber sind völliges Versinken in Reformismus und Ökonomismus, in Spontaneismus und Legalismus. Die Inhalte sind weiter eine idealistische Herangehensweise. Politisch betreibt die MLPD eine Verharmlosung des deutschen Imperialismus; anstatt den ArbeiterInnen voranzugehen, hängt sie sich an ihre spontanen Kämpfe und jubelt sie zum selbständigen Klassenkampf hoch. Im Grunde verkörpert die MLPD all das, wogegen Lenin, Stalin und die Bolschewiki, Luxemburg und Liebknecht gekämpft haben. Eins wird die MLPD sicher nicht erreichen und das ist die Revolution. Daß sich für sie dann auch die Frage des Organisierungskonzept anders stellt, ist nur logisch.
Für die BolschewistInnen ist die Partei das Herzstück ihres Kampfes. Sie ist das Instrument, mit dem wir überhaupt erst die Revolution machen können, ohne deren Führung wir nicht eine neue Welt aufbauen können. Denn so wie es jetzt ist, sind die herrschenden Klassen in der Übermacht. Sie haben die wichtigsten Kampfmittel auf ihrer Seite wie das Militär oder die Medien, mittels letzterer schütten sie tagtäglich ihre lügnerische Propaganda in die Köpfe und Herzen der Werktätigen und ArbeiterInnen. Die wichtigsten Mittel, die Kommunisten dem entgegensetzen können und müssen, sind die Bewußtheit und Organisiertheit. Auf diesen Gebieten müssen wir uns ausbilden, uns erziehen.
Das tun wir, in dem wir uns in einer Partei zusammenschließen. Eine Partei, in der sich die fortgeschrittensten Kräfte des Proletariats organisieren. Die bolschewistische Partei muß die marxistisch-leninistische Theorie meistern und auf die konkreten Bedingungen anwenden; sie muß die Form ihrer Organisierung nach dem Leninschen Konzept des Parteiaufbaus neuen Typus wählen, permanent überprüfen und den Bedürfnissen des Klassenkampfes anpassen. Die Partei ist also unser wichtigstes Kampfmittel. Mit ihr steht und fällt alles. Es ist klar, daß wir daher größte Sorgfalt bei der Entwicklung und dem Aufbau der Partei an den Tag legen müssen.
Die Frage nach dem Wie organisieren wir heute revolutionären Widerstand? und der leninschen Theorie von der "Partei neuen Typus" besitzen größte Aktualität. Was das völlige Versumpfen der MLPD im Legalismus angeht, bleibt sie in der Frage sogar hinter den halbherzigen, halblegalen Organisierungsformen des autonomen, antifaschistischen, antiimperialistischen Widerstands zurück. Auch in der Frage der Organisierung zeigt sich, daß die MLPD nichts mit dem Marxismus-Leninismus gemeinsam hat.
Dabei schreckt die MLPD auch hier nicht vor großen Entstellungen des Marxismus-Leninismus in ihrem hier für uns zur Diskussion stehenden Grundlagenwerk "Der Kampf um die Denkweise " zurück. Sie schwätzt an verschiedenen Stellen von einer "Partei neuen Typus". So z. B. im Vorwort der "Denkweise":
"Was ist der allgemeine Kern der unübersehbaren Probleme beim Neuaufbau marxistisch-leninistischer Parteien neuen Typs?" oder auf S. 113 "Seit Willi Dickhut 1969 sich am Aufbau einer marxistisch-leninistischen Partei neuen Typs beteiligte ...".
Was sie inhaltlich unter Aufbau einer marxistisch-leninistischen Partei neuen Typs verstehen, wird in der "Denkweise" breit ausgewalzt. Es ist nicht etwa die leninsche Partei neuen Typus, sondern eine Partei, die auf der Grundlage ihrer sogenannten "Lehre von der Denkweise" aufgebaut ist.
Ein wichtiges Element des Leninismus ist aber die Theorie von der "Partei neuen Typus", die damit nichts gemein hat.
Das ist eine Partei, in der nicht die parlamentarischen Kampfformen die Grundform der Arbeit darstellen, sondern eine wirklich revolutionäre Kampfpartei, die als höchste Form der Klassenvereinigung des Proletariats alle anderen Klassenorganisationen führen kann. Das ist eine Partei, die sich auf illegaler Grundlage organisiert, deren Organisierungsprinzip der demokratische Zentralismus ist. Das ist eine Partei, die auf der Grundlage ideologischer Einheit eine bewußte proletarische Disziplin in den eigenen Reihen durchführt. Das ist eine Partei, die sich die revolutionäre Theorie des Marxismus-Leninismus voll angeeignet hat, die in der Lage ist "den Gang der Ereignisse vorauszusehen, und zu erkennen nicht nur, wie und wohin sich die Ereignisse gegenwärtig entwickeln, sondern auch wie und wohin sie sich künftig entwickeln müssen." (Geschichte der KPdSU Kurzer Lehrgang S. 441) Das ist eine Partei, die fähig ist, ausgehend von den Erfahrungen der Revolutionen aller Länder, die konkreten Bedingungen der revolutionären Bewegung im eigenen Lande zu analysieren und auf die verschiedenen Bedingungen des Klassenkampfes anzuwenden. Das ist eine Partei, die ihre Losungen, Beschlüsse und Direktiven nicht dogmatisch aufstellt, sondern deren Richtigkeit im revolutionären Kampf der Massen systematisch überprüft, Fehler und Mängel in breiter Diskussion durch Kritik und Selbstkritik aufdeckt und überwindet. Das ist eine Partei, die das Proletariat und die werktätigen Massen im Geiste der Revolution erzieht, einen Kampf führt, um sie auf das Niveau der Partei emporzuheben, bei gleichzeitiger maximaler Verbundenheit zu den Massen und der Fähigkeit, nicht nur die Massen zu lehren, sondern auch von ihnen zu lernen. Das ist eine Partei, die gegen den Opportunismus in den eigenen Reihen einen unversöhnlichen Kampf führt, die revisionistischen und opportunistischen Parteien in den Reihen der Arbeiterklasse entlarvt, für ihre Zerschlagung kämpft. Das ist eine Partei, die in sich die fortgeschrittensten ArbeiterInnen vereint, die die Avantgarde ist
Das ist kurz gesagt eine bolschewistische Partei.
Das unter der Führung Lenins eine solche bolschewistische Partei aufgebaut wurde, hatte maßgeblichen Anteil daran, daß die Oktoberrevolution 1917 siegen konnte. Die MLPD nimmt einfach diesen in der marxistisch-leninistischen Literatur feststehenden Begriff und schiebt ihm, ohne ein Wort darüber zu verlieren, ihre primitive "Lehre von der Denkweise" unter!
Was ist nun die MLPD für eine Partei? Wir wollen im folgenden kurz ein paar Punkte aus ihrem Werk "Der Kampf um die Denkweise " herausgreifen, die wir bezüglich der Frage der Partei und ihrem Konzept gerade bei der MLPD für ganz falsch halten.
Die Kommunistische Partei: Soll sie das Proletariat anführen oder nur unterstützen?
Die Frage nach dem Verhältnis zwischen der ArbeiterInnenklasse und der Kommunistischen Partei leitet sich davon ab, wie sich das Klassenbewußtsein der ArbeiterInnen, also kommunistisches Bewußtsein herausbildet.
Dies ist eine zentrale Frage, weil die KommunistInnen ja sagen, daß das Werk der Befreiung nur durch die Werktätigen selbst und darin durch die ArbeiterInnenklasse als führende Kraft und als wirklich konsequent revolutionäre Klasse vollbracht werden kann. Im Gegensatz zu anderen Strömungen, die die Befreiung als Werk einer Avantgarde ansehen, sagen wir, daß die Revolution nur durch die Bewußtheit, die Initiative und den Kampf der breiten Massen gemacht werden kann. Die Frage ist, wie Teile des Proletariats dieses Bewußtsein erlangen können: Das Bewußtsein, daß es keinen anderen Ausweg gibt, als dieses System zu zerschlagen, um auf seinen Trümmern eine andere Welt aufzubauen.
Also, die richtige These, daß das Proletariat und die Werktätigen ihre Befreiung in ihren eigenen Händen halten und niemand sonst, sagt noch nichts darüber aus, wie die ArbeiterInnenklasse, bzw. Teile von ihr die Einsicht darüber, also über die Notwendigkeit und den Weg ihrer Befreiung durch die Revolution, erreichen können. In dieser Frage ist es ganz falsch zu behaupten, die ArbeiterInnenklasse könne selbst, aus eigener Kraft dieses Bewußtsein erreichen. Schon Lenin wies nachdrücklich daraufhin, daß die Erfahrungen nichts anderes lehren, als daß die ArbeiterInnenklasse spontan nicht über gewerkschaftliches Bewußtsein hinaus gelangen kann. Dies hat ganz unterschiedliche Gründe wie z. B., daß das Proletariat in seinem Kampf hauptsächlich nur mit dem Widerspruch Kapital-Arbeit konfrontiert wird, aber Klassenbewußtsein nur entstehen kann, wenn die Klassenbewegungen innerhalb des ganzen kapitalistischen Systems durchschaut werden. Ein anderer Grund ist die bürgerliche Ideologie, die im kapitalistischen System vorherrschend ist.
Die Partei hat die Aufgabe, kommunistisches Bewußtsein in die ArbeiterInnenklasse hinein zu tragen, hat die Aufgabe, das Proletariat anzuführen, ihm den Weg zu weisen, voranzugehen. Nur eine bolschewistische Partei ist in der Lage, der bürgerlichen Ideologie die Stirn zu bieten und beständig und konsequent Klassenbewußtsein in der ArbeiterInnenklasse zu säen. Dies ist ein ganz zentraler Punkt! Ohne diese Einsicht können wir nicht siegen, dies zeigen die oft bitteren Erfahrungen in der Vergangenheit. Ein Beispiel ist die Novemberrevolution 1918 in Deutschland. Der Versuch, sie in eine sozialistische Revolution weiterzuführen, war gescheitert, obwohl die ArbeiterInnenklasse bereit war zum revolutionären Kampf, aber "es fehlte die bolschewistische Partei, die die Kämpfe hätte anführen können". (Thälmann)
Die MLPD aber nimmt eine andere Haltung in dieser Frage ein. Wenn es um das Verhältnis Partei/ArbeiterInnenklasse geht, verwendet die MLPD folgende Formulierungen:
"Mit Unterstützung der marxistisch-leninistischen Partei und aufgrund ihrer (der Arbeiterklasse, A.d.V.) eigenen Kampferfahrungen wird sie bewußt die proletarische Denkweise festigen, höherentwickeln und erkennen, daß es ihre geschichtliche Mission ist, die fortschreitenden Produktivkräfte von ihren kapitalistischen Fesseln zu befreien." (S. 42)
"Die konkrete Entwicklung des Klassenbewußtseins der Arbeiterklasse und der einzelnen Arbeiter hängt von verschiedenen Faktoren ab wie der Veränderung der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung, der eigenen Kampferfahrungen der Arbeiter, .., .. sowie der Beeinflussung und Unterstützung der Arbeiterklasse durch eine revolutionäre Partei." (S. 122)
"Deshalb ist es darüber hinaus notwendig, den Massen zu helfen, selbständig, vom proletarischen Klassenstandpunkt aus, alle Windungen und Wendungen der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung zu durchschauen." (S. 206)
"Dazu gehört eine revolutionäre Partei, die in jeder Situation klaren Kurs hält und den Arbeitern hilft, ihren Weg zu gehen." ("Rote Fahne" Nr. 48/97, S. 3, Hervorhebung von TA)
Die MLPD propagiert also nicht die Führung der ArbeiterInnen durch die Kommunistische Partei eines Landes. Sie vertritt, daß die Kommunistische Partei die ArbeiterInnenklasse "unterstützen" müsse, daneben stehen soll und der ArbeiterInnenklasse "helfen"soll. Dies sind natürlich erst einmal schöne Worte in dem Sinne, daß man nur so die ArbeiterInnenklasse ernst nehmen, sie als gleichberechtigt ansehen könne. Wenn man aber genauer hinguckt, leugnen diese Ansichten zentrale Lehren des Marxismus-Leninismus. Die Partei wird dadurch zu einer Hilfsorganisation, regelrecht zu einer Arbeiterwohlfahrt gemacht, die der ArbeiterInnenklasse mit Rat und Tat zur Seite stehen soll. Damit wird die Partei als neben der ArbeiterInnenklasse stehend, außerhalb von ihr stehend angesehen.
Die MLPD kommt damit der entscheidenden Aufgabe und Pflicht einer Kommunistischen Partei nicht nach, in den Kämpfen wirklich voranzugehen und diese anzuführen. Damit wird das Proletariat ohne Führung gelassen. So wird die ArbeiterInnenklasse ideologisch den Bürgerlichen überlassen, was nichts anderes heißt, als die Bewußtheit als eine wichtige Waffe der ArbeiterInnenklasse abzulehnen.
Die Führung der ArbeiterInnenklasse durch die Kommunistische Partei zu propagieren, heißt überhaupt nicht, sich außerhalb der ArbeiterInnenklasse zu stellen. Im Gegenteil! Die KommunistInnen sind ein Teil der Klasse, nur ein besonderer Teil, eben der bewußteste Teil. Ein Teil der ArbeiterInnenklasse und gleichzeitig der führende Teil, dies gehört untrennbar zusammen!
Fällt die marxistisch-leninistische Partei vom Himmel?
In dieselbe Richtung gehen die Ansichten der MLPD über die einzelnen Phasen des Aufbaus der Partei. So schreiben sie auf S. 117 in der "Denkweise":
"Während die kleinbürgerliche ml-Bewegung vollständig zusammenbrach und großenteils in den GRÜNEN aufging, konnte im Juni 1982 die MARXISTISCH-LENINISTISCHE PARTEI DEUTSCHLANDS gegründet werden.
Nun wurde der Kampf um die Partei der Massen zum Hauptinhalt des Parteiaufbaus. Das notwendige tiefere Verständnis der Massenlinie mußte im Kampf gegen die kleinbürgerliche Denkweise, ihr Schwanken zwischen opportunistischer Anpassung und ungeduldigem Vorpreschen, erworben werden."
Die MLPD bringt hier also klar zum Ausdruck, daß sie die Partei schon von ihrer Geburtsstunde an als "Massenpartei" aufbaut. Auch bei der Beschreibung der Entwicklung des KABD, ihrer Vorläuferorganisation, sucht man die Theorie vom Parteiaufbau in zwei Phasen von Lenin und Stalin vergeblich. Die MLPD leugnet faktisch diese Theorie und die Erfahrungen der ArbeiterInnenbewegung in dieser Hinsicht.
In der ersten Phase muß das Hauptaugenmerk darauf liegen, den Kern der Partei, das Gerüst von ihr zu schaffen. Dazu gehört Kader und Berufsrevolutionäre heranzuziehen. Diese müssen solche Fähigkeiten besitzen wie umfassende Kenntnisse der Theorie und Praxis des Kampfes, Standhaftigkeit, Beständigkeit. Eine andere Aufgabe ist die Schaffung eines illegalen Apparats um in die Klassenkämpfe eingreifen und das Überleben der Organisation auch garantieren zu können. Weiterhin arbeitet die Partei in der Zeit auch ihr Gesicht -in ideologischer und theoretischer Hinsicht- heraus.
In dieser Phase ist die Partei im allgemeinen sehr klein und im Aufbau begriffen. Die Propaganda ist die Grundform der Arbeit.
In der zweiten Phase fängt die Partei an, sich zu verbreitern. Die Partei stellt sich nun als Hauptaufgabe, die Massen in den Kampf zu ziehen. Die Grundform der Parteiarbeit verschiebt sich daher auf die praktischen Aktionen der Massen als Vorspiel zu den entscheidenden Gefechten. Nur mit dem Kern, der in der ersten Phase gebildet wurde, ist die Partei überhaupt in der Lage, langfristig zu bestehen.
Wichtig ist, daß diese Theorie nicht als völlig statisch und starr begriffen wird. D. h. daß man keine chinesische Mauer zwischen den beiden Phasen ziehen darf, sondern daß in beiden Phasen jeweils die Propaganda und Agitation oder die praktischen Aktionen der Massen Grundformen der Arbeit, aber nicht die einzige Form sind; daß die erste Phase schneller oder langsamer von statten gehen kann, daß in beiden Phasen Theorie und Praxis ihren Platz haben. Aber Lenin betonte z. B. daß, auch wenn es große Massenkämpfe zur Zeit der Formierung einer Partei gibt, die Erfüllung der Anforderungen der ersten Phase um so wichtiger sind, um langfristig die Kämpfe überhaupt anführen und zur Revolution fortführen zu können
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Eine grundsätzliche Methode: Das Prinzip der Kritik und Selbstkritik
Schon im ersten Teil unserer Kritik an der "Lehre von der Denkweise" ("Trotz Alledem" Nr. 5, Mai 1997), die sich mit MLPD-Positionen kritisch auseinandersetzte, sind wir in sehr kurzer Form auf die Frage Selbstkritik, Kritik, Fehler einer Partei oder auch eines Kommunisten/einer Kommunistin eingegangen. Dort ging es im wesentlichen um die Behauptung der MLPD, daß eine Partei durch die vollständige Aneignung der von der MLPD entworfenen "Lehre von der Denkweise" keine Fehler mehr machen würde. Dem wurde von uns entgegengehalten, daß Parteien und Personen natürlich Fehler machen können und tun und es darum geht, erkannte Fehler offen zuzugeben, ihre Ursachen zu analysieren und sie auch tatsächlich zu beseitigen. Wir greifen die Frage der Kritik und Selbstkritik jetzt noch einmal anhand einer anderen Position der MLPD auf, die sie in ihrem Buch "Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung" vertritt. Die rigorose Anwendung der Methode der Kritik und Selbstkritik von Beginn des Parteiaufbaus an sehen wir nämlich für grundlegend an. Hier soll eine ganz falsche Haltung der MLPD entlarvt werden, die auch unter anderen Organisationen, die sich auf den Kommunismus berufen, weit verbreitet ist.
Dürfen sich Organisationen gegenseitig öffentlich kritisieren?
Die MLPD ist z.B. Mitglied bei einem der verschiedenen internationalen Zusammenschlüsse von Organisationen, die sich als Marxisten-LeninistInnen verstehen. Diese Vereinigung, die sich "Internationale Konferenz marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen" nennt, tagte erstmals 1988. 1994 fand die vierte Konferenz statt, bei der siebzehn Parteien und Organisationen vertreten und fünf weitere Parteien und Organisationen an den Vorbereitungen beteiligt waren. Über die Grundlagen und Ziele dieses internationalen Zusammenschlusses heißt es in einer Resolution der vierten Konferenz:
"Es ist notwendig, in regelmäßigen Abständen eine Internationale Konferenz marxistisch-leninistischer Organisationen und Parteien durchzuführen. Hauptzweck dieser Konferenzen, die in unterschiedlichen Ländern durchgeführt werden, ist der ideologisch-politische Austausch und zu helfen, die Einheit zu entwickeln in wesentlichen ideologisch-politischen Fragen. Grundlage der Internationalen Konferenz ist die Verteidigung des Marxismus-Leninismus und der Maotsetungideen und die Beteiligung am Kampf gegen den modernen Revisionismus." (S. 273)
Eines der vier Prinzipien, auf dessen Grundlage die Zusammenarbeit der Organisationen stattfinden soll, lautet:
"Die schrittweise Erlangung der Einheit, keine öffentliche Diskussion zwischen den Parteien und Organisationen und keine öffentliche Kritik oder Angriff einer Partei oder Organisation gegenüber einer anderen." (beide Zitate aus der Resolution über "Die Situation der internationalen revolutionären Bewegung und die Perspektive der Internationalen Konferenz", 4. Konferenz 1994, zitiert in "Der Kampf um die Denkweise " S. 274)
Die MLPD kritisiert dieses Prinzip in ihrem Buch mit keinem Wort. Im Gegenteil, direkt im Anschluß dieses Zitats der Resolution kann man lesen:
"Damit bestimmte die 4. Internationale Konferenz durch eine Methode, in der die ideologisch-politische Auseinandersetzung einhergeht mit praktischen Schritten zur Koordinierung und Revolutionierung des internationalen Klassenkampfs und des schrittweisen Zusammenschlusses auf gleichberechtigter Grundlage, die proletarische Denkweise objektiv als Grundlage für die Neuformierung." (S. 274)
Die MLPD verteidigt die Prinzipien der Konferenz und jubelt allen daran beteiligten Parteien auch gleich noch so nebenbei ihre Theorie "der proletarischen Denkweise" als "Grundlage für die Neuformierung" unter. Die ideologische Hegemonie der MLPD scheint also gesichert zu sein, zumindest sie selbst behauptet es so.
Das alles zeigt den ganzen Opportunismus der MLPD in der Frage. Die MLPD versteht also unter einer "ideologisch-politischen Auseinandersetzung": "Keine öffentliche Diskussion", "keine öffentliche Kritik" zwischen den Organisationen! Dies ist also die Methode der MLPD; dies offenbart also nach der MLPD die "proletarische Denkweise": Die Massen für dumm zu verkaufen, denn die kriegen von der Diskussion ja gar nichts mit ... Insbesondere die Formulierungen "keine öffentliche Diskussion", "keine öffentliche Kritik" in dieser Resolution haben mit dem Marxismus-Leninismus nichts gemein und sind vom Standpunkt des Kommunismus einfach unhaltbar. Solche Vorgaben erinnern an Methoden revisionistisch entarteter Parteien, die ihre Verhandlungen hinter verschlossenen Türen führten.
Dieses vierte Prinzip ist ein Beispiel für den ganz falschen, opportunistischen Umgang mit Kritik, Diskussionen und Auseinandersetzungen. Typisch ist, daß solche opportunistische Organisationen wie die MLPD darauf ein Loblied singen und mit diesem Prinzip ihre Praxis rechtfertigen. Die Praxis der MLPD war und ist es nämlich, unangenehme Kritik an sich selbst nicht zuzulassen und abzuwürgen. Dieses vierte Prinzip wurde1996 auf der 5. Konferenz abgeändert zu:
"Die schrittweise Erlangung der Einheit, prinzipielle Diskussion und Zusammenarbeit zwischen den Parteien und Organisationen, keine öffentlichen Angriffe einer Partei oder Organisation auf eine andere." (Resolution Nr. 4, 5. Konferenz, zitiert nach "Rote Fahne", Nr. 51/52 1996)
Die Änderung stellt natürlich eine Verbesserung gegenüber der ursprünglichen Fassung dar. Aber sie ist nicht ausreichend. Es ist so, daß viele Organisationen, die einen opportunistischen Umgang mit Kritik und Selbstkritik haben, Kritik an sich selbst einfach als "Angriff" titulieren. Diese Formulierung in der Resolution ermöglicht es solchen Organisationen, Kritik in diesem Sinne auszulegen. So verfährt auch die MLPD. Eine ganz wesentliche Methode der MLPD in der Praxis ist es, Kritik an sich als Angriff abzutun. Angriff heißt dann z. B. bei der MLPD, das sei ja nur eine niederträchtige Schmutzkampagne gegen sie oder der Kritiker sei ein gemeiner Störer, der nur spalten, oder gar die MLPD liquidieren wolle. Dies sind beliebte Argumente der MLPD. (Dies geht übrigens so weit, daß die Kritik an der MLPD, daß sie Kritik fast immer als Angriff abtut, von der MLPD beantwortet wird mit "Diese Behauptung ist ein Angriff!", was auch sonst.) Die weitere Praxis der MLPD ist es dann, daß man sich gegenüber einem solchen Gegner (denn in den Augen der MLPD ist man dann wirklich ein Gegner, ein Feind) schließlich nicht zurückzuhalten braucht. Man kann nun -ohne die Kritik mit Argumenten zu widerlegen oder vielleicht auch einfach mal anzuerkennen- getrost gleich den Kampf eröffnen und den Kritiker mit allen möglichen Vorwürfen und Anschuldigungen überschütten.
Das funktioniert so, daß die MLPD mit diesem Kniff Kritik an sich selbst abwürgt, in dem sie den Kritiker selbst in schlechtes Licht setzt, ihn mit einem ordentlichen Kübel Schmutzwasser überschüttet (wird schon was hängenbleiben) und faktisch Kritik überhaupt als etwas ganz Schädliches hinstellt.
Für eine öffentliche und offene ideologische Auseinandersetzung!
Die geänderte Fassung ist auch deswegen nicht ausreichend, weil sie den Blick dafür verstellt, was an dieser Stelle eigentlich gesagt werden müßte. Es ist natürlich richtig, daß politische Meinungsverschiedenheiten nicht mittels gegenseitigen Schuldzuweisungen, Verleumdungen, Unterstellungen und Schmutzkampagnen, eben mit Angriffen auszutragen sind. Aber es muß doch positiv gesagt werden, wie mit tatsächlichen ideologisch-politischen Differenzen und mit der daraus natürlicherweise erwachsenden Kritik an der anderen Organisation umzugehen ist. Denn wenn als Ziel "die schrittweise Erlangung der Einheit" angegeben wird, bestehen doch offensichtlich Meinungsverschiedenheiten. Wie soll dann die Einheit anders erlangt werden, als durch einen offenen und öffentlich ausgetragenen ideologisch-politischen Meinungskampf ? An dieser Stelle muß doch gerade betont werden, daß der politische Meinungsstreit organisiert werden muß und daß dieser Meinungskampf natürlich eine offene Debatte, eine öffentliche Kritik nicht nur mit einschließt, sondern vielmehr gefördert werden muß und als äußerst scharfe und ganz und gar positive Waffe des Marxismus-Leninismus anerkannt wird. So wird auch keine faule Einheit nur auf dem Papier, sondern eine von den Parteien und ihren Mitgliedern und mit ihnen sympathisierenden Massen getragene feste marxistisch-leninistische Einheit international geschaffen.
Wenn wir, Bolschewiki, die die ganze Welt kritisieren, die um mit den Worten Marx zu sprechen, "den Himmel stürmen", wenn wir also bei einer solch wichtigen, riesengroßen Aufgabe wie der Erlangung der Einheit der marxistisch-leninistischen Kräfte weltweit nicht mehr zu sagen haben, als daß wir uns nicht "angreifen" sollen, dann ist das wirklich ein Armutszeugnis.
Insbesondere wenn wir noch berücksichtigen welche vielfältige Tradition und Diskussionskultur die kommunistische Weltbewegung in der Zeit von Marx bis Stalin entwickelte. Es gibt x Bespiele von Marx, Engels, Lenin und Stalin wo sie Fehler, Abweichungen, opportunistische Theorie und Politik in der revolutionären Bewegung, bei einzelnen kommunistischen Parteien, bzw. bei einzelnen KommunistInnen offen und öffentlich kritisierten. Eines der berühmtesten Beispiele ist die Kritik Lenins an Rosa Luxemburgs Broschüre "Die Krise der Sozialdemokratie". Es gab noch keine III. Internationale, sondern erste Versuche zur Schaffung einer neuen internationalen Organisation. In einer Zeit wo die kommunistische Bewegung in den meisten Ländern außer Rußland noch sehr schwach war, begrüßt Lenin enthusiastisch diese Abrechnung mit der verräterischen Sozialdemokratie durch Rosa. Aber gleichzeitig legt er die Auffassungen der russischen Bolschewiki dar. Er kritisiert die Abweichungen Rosas, die Schwächen und Mängel der Broschüre. Der Artikel "Über die Junius-Broschüre" (Lenin, Werke, Bd. 22, S. 310) von Lenin wird sofort 1916 in einer russischen revolutionären Zeitung veröffentlicht. Hätten hier nicht die deutschen KommunistInnen aufheulen müssen...." wir sind so wenige, gerade erst suchen wir Wege uns zusammenzuschließen, da kommen diese Bolschewiki und verleumden uns öffentlich, das nutzt doch nur dem Feind etc." so wie es die MLPD macht? Nein, natürlich nicht. KommunistInnen wie Rosa begrüßten die öffentliche Debatte auch wenn sie mit den Kritiken nicht übereinstimmten und führten die Polemik weiter.
Es ist doch ein Kernpunkt, wenn es um Kritik und Selbstkritik geht, wenn wirklich Kritik geübt wird, wenn ein Mangel aufgedeckt wird, dann kann man nicht auf den Kritiker einschlagen, ihn als Feind hinstellen, der den Frieden stört. Man muß die Kritik prüfen und wenn sie sich als richtig erweist, den Fehler beheben. Wenn es darum geht, was die richtige Theorie und Praxis des Marxismus-Leninismus ist und es darüber Meinungsverschiedenheiten gibt, so muß es darüber eine Debatte geben. Nur durch Kritik und Selbstkritik kann man sich doch von falschen Ansichten befreien und nur durch Diskussionen und Offenlegung der Mängel kann sich die richtige Meinung durchsetzen, gleichzeitig können revisionistische und opportunistische Positionen und Linien nur so wirkungsvoll bekämpft werden, kann im internationalen Maßstab auf der Grundlage der marxistisch-leninistischen Prinzipien eine wirkliche Einheit erreicht werden.
Argumente also wie, daß Kritik den Frieden stört, daß Kritik spaltet, daß man sich als Kritiker als Feind der Organisation entlarvt, daß man mit Kritik nur die jeweilige Organisation zerstören will, alle diese Argumente gehen genau in die falsche Richtung. Hier sei noch ein weiteres Argument von Lenin angeführt, das er auf dem III.Kongreß der Kommunistischen Internationale anführte, und die Notwendigkeit der vor den Arbeitern geführten offenen Debatte über Fehler betont:
"Wir dürfen unsere Fehler nicht verheimlichen, weil der Feind das ausnutzen könnte. Wer das fürchtet, ist kein Revolutionär. Im Gegenteil, wenn wir den Arbeitern offen sagen: Ja, wir haben Fehler gemacht, so bedeutet das, daß wir sie das nächste Mal nicht wiederholen, daß wir den Zeitpunkt richtiger wählen werden." (Lenin, Werke, Bd. 32, S. 500)
Warum wir heute die Kritik und Selbstkritik besonders hervorheben müssen
Die revolutionären Traditionen der internationalen kommunistischen Bewegung wurden durch den modernen Revisionismus -so 1956 durch seinen Hauptvertreter Chruschtschow und seiner Clique- vollständig verraten. Durch diesen Verrat, der sich weltweit sehr rasch durchsetzte, wurden die revolutionären Prinzipien des Marxismus-Leninismus völlig entstellt. Sie gingen in vielen Organisationen, die sich auf den Kommunismus beriefen, regelrecht verloren, wie z.B. das Prinzip der Kritik und Selbstkritik.
Im Sozialismus spielt die Kritik von unten, die Initiative der Massen eine große Rolle bei der Entfaltung der Demokratie für die Mehrheit des Volkes. 1956 aber hatte die revisionistische Linie innerhalb der KPdSU in der Sowjetunion die Oberhand gewonnen. Die Minderheit der Bürokraten und Revisionisten aber, die sich zu dem Zeitpunkt zur neuen Klasse entwickelte, fürchtete natürlich ganz besonders die Kritik von unten, die sie als neue Ausbeuter, als Staatskapitalisten und als Verräter des Sozialismus entlarven würde. Die Errichtung der sozialfaschistischen Diktatur war auch deswegen notwendig, um die Kritik, den Protest, den Widerstand von unten zu unterbinden.
Aber daneben mußte auch in ideologischer Hinsicht das Prinzip der Kritik und Selbstkritik entstellt, durchlöchert, in Vergessenheit gebracht werden. Und dies gelang. Geheime Verhandlungen zwischen den Parteiführern setzten sich durch, alles wurde oben unter sich ausgemacht. Kritik wurde als schädlich hingestellt. Die Parteiführer einigten sich in Ruhe und in Frieden, in geordneten und wohlabgezirkelten Bahnen, und setzten durch, daß sie nicht durch Kritik gestört wurden. Differenzen wurden vertuscht, angeblich war immer alles zum besten bestellt.
Das verstand sich sehr gut damit, daß man dann plötzlich andere Parteiführer, die gerade noch der beste Freund waren, wütendst angriff. Kritik und Selbstkritik wurden also ersetzt durch heftigste Angriffe auf den politischen Gegner, die mit allen Eigenschaften der bürgerlichen Hetze, der bürgerlichen Diplomatie und Politik gesegnet waren. Der Gegner wurde mit allen möglichen Vorwürfen und persönlichen Beschuldigungen überschüttet. Sensationsmacherei mit Enthüllungen über den politischen Gegner, primitivste, offensichtliche Lügen wurden normale Methoden des Kampfes gegen politische Gegner. Dies fand seine Ergänzung in Schmeicheleien, leeren Worten und heuchlerischen Lobreden für Parteien und Parteiführer, mit denen man gerade gut stand.
Diese Tradition und Praxis des modernen Revisionismus ist nicht spurlos vorübergegangen. So ist die Meinung - nicht nur unter Organisationen, die sich auf den Kommunismus berufen - weitverbreitet, daß Kritik schädlich ist und diese wird in den überwiegendsten Fällen als feindlicher Akt gegen sich selbst oder die eigene Organisation begriffen. Die Ansicht, daß Kritik eine der wichtigsten Kraftquellen ist, die wir wie die Luft zum Atmen brauchen, hat kaum noch Anhänger. Hier ist wichtig auch noch festzuhalten, daß für diese Situation die Marxisten-Leninisten selbst mitverantwortlich waren, denn gerade in der Polemik gegen den modernen Revisionismus haben die marxistisch-leninistischen Kräfte, allen voran die KP Chinas und die Partei der Arbeit Albaniens in dieser Frage selbst schwere Fehler gemacht. Die Beratungen von 1957/60, an denen die marxistisch-leninistischen, wie auch die revisionistischen Parteien teilnahmen und gemeinsame Dokumente verabschiedeten, sind hier ein Beispiel. Der ideologische Kampf, die politischen Differenzen wurden nicht offen und öffentlich festgehalten, sondern nach Verhandlungen hinter verschlossenen Türen wurden eklektische Dokumente, wo marxistisch-leninistische neben revisionistischen Ansichten stehen, verabschiedet. Diese falsche Haltung zur öffentlichen und offenen Kritik und Debatte hat sich leider in der marxistisch-leninistischen Weltbewegung bis heute weiter erhalten und ist sicherlich eine Ursache für die desolate Situation der Einheit der marxistisch-leninistischen Weltbewegung.
Der moderne Revisionismus ist die Hauptursache für den Tiefpunkt, den der Kommunismus zur Zeit durchschreitet. Heute sind die wirklich marxistisch-leninistischen Kräfte weltweit gering. Eine einheitliche internationale kommunistische Bewegung existiert nicht mehr. Es herrscht große ideologische Schwäche und Zerfahrenheit und es gibt eine Vielzahl von falschen Auffassungen, bzw. wurden diese wiederbelebt. Oft stehen Richtiges und Falsches dicht nebeneinander und verzahnen sich, vermengen und vermischen sich. Gerade in diesem Zustand hat das Prinzip der Kritik und Selbstkritik, der offenen und öffentlichen Debatte eine enorme Bedeutung. Dieser Zustand kann nur behoben werden, wenn ein offener Meinungskampf entfaltet wird, bei dem die Meinungen miteinander ringen, sich verändern durch offene Diskussionen und Kritik und der Revisionismus ideologisch und politisch geschlagen wird.
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Kommunistische Partei, Massenorganisationen und Gewerkschaften - das reformistische Konzept der MLPD!
In ihrem Buch "Der Kampf um die Denkweise" geht die MLPD im III. Abschnitt "Parteiaufbau und Klassenkampf", auch auf zentrale Fragen des heutigen Klassenkampfes in der BRD ein. Es ist unmöglich dabei auf alle falschen und opportunistischen Positionen von ihr einzugehen. Wir greifen uns deshalb ihre prinzipielle Haltung zum Verhältnis von Kommunistischer Partei und Massenorganisationen sowie die Aufgabenstellung für den gewerkschaftlichen Kampf heraus.
Massenorganisationen der Werktätigen werden zu "überparteilichen Selbstorganisationen"
In dem Abschnitt "3. Die Bedeutung der überparteilichen Selbstorganisation der Massen, der positiven Gewerkschaftsarbeit." entwickelt die MLPD ihr Verständnis des Verhältnisses zwischen Kommunistischer Partei und Massenorganisationen wie Gewerkschaften etc. Interessant ist, daß sie ihren Ausführungen ein Leninzitat voranstellt, dessen Hauptaussage sie im nachfolgenden geradezu auf den Kopf stellt. So heißt es bei Lenin:
"Deshalb müssen wir anerkennen, daß nur diese klassenbewußte Minderheit (die KP A.d.V.) die breiten Arbeitermassen leiten und mit sich führen kann." ( Hervorhebung von TA S. 230)
Lenin unterstreicht also, daß es die Aufgabe der Kommunistischen Partei ist, in den Massenorganisationen zu arbeiten, um diese zu leiten und die Massen mit sich zu führen. D.h. wirkliche Massenorganisationen der Werktätigen sind wichtige Bindeglieder zwischen der Partei und den Massen. Unter der Führung der kommunistischen Partei sind sie unverzichtbare Organisationen der Revolution.
Die MLPD entwickelt allerdings ein ganz anderes Konzept. Zunächst grenzt sie sich gegen das falsche Verständnis der revisionistischen Parteien in den ehemals sozialistischen Ländern ab, die per Dekret die "führende Rolle der Partei" in den Massenorganisationen verwirklicht sahen. Solche Massenorganisationen waren dann de facto nicht mehr als Akklamationsorgane der Partei. Das ist natürlich kompletter revisionistischer Bürokratismus. Aber welche Schlußfolgerung zieht die MLPD hieraus? Sie stellt diesem revisionistischen Zerrbild nicht die marxistisch-leninistische Theorie und Praxis des Verhältnisses der Kommunistischen Partei zu den Massenorganisationen gegenüber, sondern propagiert ein "neues" altes menschewistisches Modell. Zunächst hebt S. Engel einen neuen Begriff aus der Taufe. Aus Massenorganisationen werden "Selbstorganisationen der Massen". Warum wird auf das Wort "Selbstorganisation" abgehoben? Die MLPD begründet das:
"Viele Menschen finden heute den Weg in die Selbstorganisation aus der Erkenntnis heraus, selbst aktiv werden zu müssen." (S. 233) Daher muß"Die Selbstorganisation das gesamte Denken und Fühlen und Handeln der Menschen einschließen." Und "5. Die Selbstätigkeit der Massen entwickelt sich nur, wenn sie auch die volle Verantwortung für die Entscheidung und Durchführung der beschlossenen Aufgaben in Händen haben". (S. 236) Nur das ist der Weg, damit sie eine "starke politische Kraft im Kampf der Arbeiterklasse und der Volksmassen um ihre Selbstbefreiung" werden. Dabei bleibt die MLPD nicht stehen. Diese "Selbstorganisationen" müssen darüberhinaus "wirklich überparteilich" (S.233) sein. Darunter verstehen sie: "Sie (die Selbstorganisationen A.d.V.) müssen wirklich überparteilich, dürfen also nicht im Schlepptau dieser oder jener bürgerlichen oder kleinbürgerlichen Partei sein...Weil sie wirklich die breiten Massen einbeziehen sollen, können sie ebensowenig marxistisch-leninistisch sein." (S. 207) Demzufolge ist die Aufgabe der Marxisten-Leninisten gegenüber diesen "Selbstorganisationen": "Die Marxisten-Leninisten werden sich um ein enges Vertrauensverhältnis zu diesen Organisationen bemühen bei Respektierung und Verteidigung ihrer wirklichen Überparteilichkeit." (S. 207). Als Beispiel für eine solche "überparteiliche Massenorganisation" führt die MLPD die von ihr initiierte Frauenorganisation "Courage" und die Gewerkschaften als die "bedeutendste Selbstorganisation der Massen" (S. 237) an.
Zunächst einmal muß man sich darüber verständigen, was unter Massenorganisationen zu verstehen ist. Die Klassiker des Marxismus-Leninismus beschrieben sie so:
"Das Proletariat hat noch eine ganze Reihe anderer Organisationen, ohne die es keinen erfolgreichen Kampf gegen das Kapital führen kann: Gewerkschaften, Genossenschaften, Betriebsorganisationen, Parlamentsfraktionen, parteilose Frauenvereinigungen, die Presse-, Kultur- und Aufklärungsorganisationen, Jugendverbände... In ihrer übergroßen Mehrheit sind es parteilose Organisationen...." (Stalin, "Über die Grundlagen des Leninismus", Werke, Bd. 6, S. 156)
Im Vergleich zu der Situation der ArbeiterInnenbewegung in den 20er Jahren gibt es natürlich heute weniger solche parteilose Massenorganisationen, aber sicherlich zählen Gewerkschaften, Jugendverbände wie Naturfreunde etc. dazu. Es macht einen Unterschied, daß Stalin bei der Charakterisierung hier von "parteilosen" Organisationen, d.h. von Organisationen, die nicht direkte Parteiorganisationen, bzw. nicht "Abzweigungen" der Kommunistischen Partei (und auch nicht anderer Parteien) sind und die MLPD von "überparteilichen" Organisationen spricht. Das Wort allein suggeriert schon das bürgerliche Verständnis, daß es Massenbewegungen und -organisationen geben könnte, die sozusagen "über den Parteien" ständen, d.h. die einen ideologischen Standpunkt fernab jeder Partei einnehmen könnten. In einer Klassengesellschaft, die auf Ausbeutung beruht, von Überparteilichkeit zu reden, ist entweder Betrug oder aber die Verdeckung, daß man auf der Seite der Herrschenden steht. Parteilich, im Sinne daß man Partei nimmt für diese oder jene politische Position, Klasse etc., ist jeder Mensch, jede Organisation, jede Handlung. Man kann natürlich parteilos sein, in dem Sinne nicht Mitglied einer Partei zu sein, parteilich ist man aber trotzdem. "Überparteilichkeit" ist ein bürgerlicher Begriff, der genau das in der Klassengesellschaft verdecken will.
Im Klartext bedeutet das ganze Konzept der MLPD, sie will mitmischen in der Bürgerinitiativenbewegung, wenn sie solche Organisationen wie die Courage selbst gründet und sich mal wieder an den Schwanz einer Bewegung hängen. Allerdings ist sie auch da wieder einmal ein bißchen spät dran. Die Zeit der Bürgerinitiativen hat sich fast schon wieder selbst überlebt. Es war gerade das Schlagwort der Bürgerinitiativen von der "Selbstorganisation für die eigenen Interessen" zu reden und damit ganz bewußt möglichst jede parteipolitische Bindung auszugrenzen und möglichst auch jede Mitarbeit von politischen Parteien auszuschließen. Wenn die MLPD auf diesen Begriff der Selbstorganisation abhebt gegen die klassische Definition von Massenorganisationen der Werktätigen, dann tut sie das sehr wohl bewußt. Gerade das Benutzen der Begriffe "Selbstorganisation" und "überparteilich" soll signalisieren, ja wir sind auch ganz dagegen, daß Kommunisten offen und offensiv in Massenorganisationen arbeiten, daß sie dafür kämpfen die Massen für ihre Politik zu gewinnen, die Massenorganisationen zu Waffen für die Revolution zu entwickeln, wir finden das auch "Vereinnahmen", wir sind dafür, daß man nur im selbstgesteckten Rahmen der jeweiligen Massenorganisation arbeiten darf. Die MLPD wirft sich ein scheinbar demokratisches Mäntelchen um, wenn sie den Arbeitern und Arbeiterinnen erzählt, "wir mischen uns nicht ein", Massenorganisationen wie die Gewerkschaften sind "selbständige" "Selbst"organisationen, in denen die Massen sich "selbständiges Orientierungsvermögen" (S. 206) aneignen, die Massen müssen "alles selber" machen, wir halten uns voller Respekt vor den Massen zurück, wir "bevormunden" die Masse nicht.
In der Praxis führt das dann auch dazu, wie jeder im praktischen Kampf auch erleben kann, daß sich MLPD-Mitglieder als "Massenorganisationsmitglieder" verhalten und z. B. bei Courage-Veranstaltungen es verboten wird im Namen einer kommunistischen Organisation zu sprechen, weil (wen wundert nun noch die Begründung?) Courage ja eine überparteiliche Selbstorganisation ist.
Das hindert sie aber nicht gleichzeitig eine SPD Bürgermeisterin in ihrer Funktion als Bürgermeisterin zu hofieren und ihr umfassendes Rederecht einzuräumen.
Die MLPD versucht sozusagen der Politikverdrossenheit vieler Menschen entgegenzukommen und vorzugeben, ja ihr macht das doch alles ganz alleine, das ist wirklich eure Organisation. Dabei hat die Praxis aller Bürgerinitiativen selbst gezeigt, daß natürlich parteipolitische Interessen immer eine Rolle gespielt haben, ob sie das nun wollten oder nicht. Daß die MLPD damit gerade auch selbst ein bürgerliches Parteiverständnis vertritt, fällt ihr natürlich nicht auf. Denn das Verhältnis der Kommunistischen Partei, der KommunistInnen, die in den Massenorganisationen der Werktätigen arbeiten ist ein prinzipiell anders als der bürgerlichen Politiker. Die Interessen der werktätigen Massen und der Kommunistischen Partei fallen zusammen. Die KommunistInnen vertreten am mutigsten und offensivsten auch die Tagesinteressen der Massen. Sie arbeiten nicht abgehoben und für reaktionäre, eng begrenzte bürgerliche Parteiziele in solchen Organisationen, sondern um die tatsächlichen Interessen der Massen bewußt zu machen und gemeinsam durchzusetzen. Insofern ist auch die ganze Konstruktion der "Überparteilichkeit" und des lediglichen "Vertrauensverhältnisses zwischen Kommunistischer Partei und Massenorganisation" ein kleinbürgerliches Phantasiegebilde der MLPD. Es geht aus von einem "Nebeneinander" der marxistisch-leninistischen Partei und den Massenorganisationen. Die kommunistischePartei und ihre Kader arbeiten in den Massenorganisationen um diese zu Transmissionsriemen des proletarischen Klassenkampfes für die Revolution zu machen. Die Revolution kann nur durch die revolutionäre Aktion des Proletariats und der werktätigen Massen erstritten werden. Damit sie siegreich und zielgerichtet ist braucht sie die kommunistischePartei, die diesen Kampf allseitig leitet und führt.
Diese Führung und Leitung in den Massenorganisationen kann natürlich nicht durch Dekrete und per Akklamation hergestellt werden. Sie kann nur erkämpft werden durch die Überzeugungsarbeit der Kommunisten und durch die beispielhafte konsequente Arbeit in den Massenorganisationen. Je mehr die Massen in den Massenorganisationen in der Praxis sehen, daß die Kommunisten die wirklichen Vertreter ihrer ureigensten Interessen sind, desto mehr nähern sie sich der kommunistischen Partei an, desto mehr werden die Massenorganisationen zu Kampforganisationen der proletarischen Revolution. Und das ist gut so! Die Kommunisten müssen in die Massenorganisationen jeweils entsprechend dem Stand der Klassenkämpfe, dem Rahmen der Massenorganisation entsprechend die konsequentesten revolutionären und kommunistischen Positionen hineintragen und in der konkreten praktischen Arbeit und im Kampf gegen den Klassenfeind und alle Opportunisten die Massen dem Standpunkt der marxistisch-leninistischen Partei näherbringen. Denn das Ziel sind nicht "überparteiliche Selbstorganisationen", sondern parteiliche Massenorganisationen, die die breiten Massen zu revolutionären Standpunkten erziehen. Insofern ist das Ziel kommunistischer Arbeit in den Massenorganisationen, eine ideologische Parteilichkeit, eine politische Führung in den Massenorganisationen zu erringen.
"Das bedeutet natürlich nicht, daß die parteilosen Organisationen, die Gewerkschaften, Genossenschaften usw., der Leitung der Partei formal unterstellt sein müssen. Es handelt sich darum, daß die Parteimitglieder, als zweifellos einflußreiche Menschen alle Mittel der Überzeugung anwenden, damit die parteilosen Organisationen in ihrer Tätigkeit der Partei des Proletariats möglichst nahegebracht werden und freiwillig ihre politische Führung anerkennen." (Stalin, "Über die Grundlagen des Leninismus", Werke, Bd. 6, S.157-158, Hervorhebungen von TA)
Das heißt natürlich nicht, daß die Massenorganisationen dabei ihre politische und organisatorische Selbständigkeit verlieren. Nein, sie haben ihr eigenes Programm und ihren konkreten politischen Wirkungsbereich. Wenn sie sich ideologisch unter die Führung der Kommunistischen Partei stellen, dann heißt das nur, daß es die Partei vermocht hat, die breiten Massen für ihre Ziele in einem Bereich zu gewinnen und zu führen.
Überparteilich und parteipolitisch nicht neutral?! Die Logik der MLPD!
Nachdem die MLPD die notwendige "Überparteilichkeit" der "Selbstorganisationen" angepriesen hat, bietet sie noch folgendes an:
"Das bedeutet jedoch nicht, daß diese (Selbst- A.d.V.)Organisationen parteipolitisch neutral wären. Sie müssen für alle Vorschläge, Hinweise und für alle Mitarbeit auch aus anderen politischen Organisationen oder Parteien offen sein, die der konsequenten Verwirklichung ihrer programmatischen Ziele dienen." (S.207)
Das ist was die MLPD unter "nicht parteipolitisch neutral" sein versteht.
Zunächst wird sich jedem Leser und jeder Leserin spontan ein Widerspruch auftun beim einmaligen Durchlesen der MLPD Positionen: Also die Massenorganisationen sollen überparteilich sein, d.h. keinen Parteistandpunkt vertreten und gleichzeitig parteipolitisch nicht neutral sein? Das widerspricht sich doch?
Wie in so vielen Fragen, muß man die MLPD Ausführungen nochmal ganz genau durchlesen und dann fällt einem auf, mit welchem Trick sie zu diesen sich widersprechenden Aussagen kommen und wie sie de facto natürlich doch für die "parteipolitische Neutralität" eintreten. Die MLPD führt konkret das angebliche "nicht parteipolitisch neutral" sein so aus:
"Sie (Selbstorganisationen) müssen für alle Vorschläge, Hinweise und für alle Mitarbeit auch aus anderen politischen Organisationen oder Parteien offen sein, die der konsequenten Verwirklichung ihrer programmatischen Ziele dienen.". Also alle politischen Parteien müssen in den Selbstorganisationen gehört werden, wenn sie positive Vorschläge machen, "die der konsequenten Verwirklichung ihrer (der Selbstorganisation, A.d.V.) programmatischen Ziele dienen",
damit sei garantiert, daß es keine parteipolitische Neutralität gibt. Das ist wirklich eine sagenhafte Weiterentwicklung des Leninismus! Unter der Hand vertritt die MLPD damit nichts anderes als "die opportunistische Theorie von der Unabhängigkeit und Neutralität der parteilosen Organisationen". (Stalin, "Grundlagen des Leninismus, Werke Bd. 6, S. 158) Denn, was soll denn heißen, daß diese Selbstorganisationen offen sein müssen für Vorschläge etc. "die der konsequenten Verwirklichung ihrer programmtischen Ziele dienen"? Das heißt doch im Klartext die politische Arbeit, die politische Agitation in den Massenorganisationen darf nur in dem "selbst" gesteckten beschränkten Rahmen der Programmatik der Massenorganisation sich bewegen. Diese Beschränkung von parteilicher Agitation und Propaganda kann doch nur dazu führen, z.B. der Kommunistischen Partei zu untersagen für sagen wir in einer Gewerkschaft so weitgehende Ziele wie die Diktatur des Proletariats zu werben! Denn diese Agitation geht natürlich über den selbst gesteckten Rahmen der Gewerkschaft hinaus! Und das ist richtig, daß die kommunistischePartei in diese Organisationen auch weitergesteckte Ziele und Aufgaben hineinträgt und darüber aufklärt. Das heißt doch nicht gleichzeitig, daß damit die programmatischen Ziele der Massenorganisation aufgehoben werden. Nein, aber anknüpfend an diesen muß die kommunistischePartei Aufklärungsarbeit leisten. Diese wird aber im Verständnis der MLPD in einer solchen Massenorganisation untersagt, die parteipolitische Arbeit nur auf den Rahmen der Massenorganisation selbst ganz eng eingegrenzt.
Daneben verwundert es natürlich auch nicht, daß nur von Vorschlägen, Hinweisen und Mitarbeit gesprochen wird und die Kritik außen vor bleibt! Das ist in diesem Konzept nur logisch.
Das alles heißt nichts anderes als die "Überparteilichkeit" und ja, sehr wohl die parteipolitische Neutralität zu fordern und nichts anders. Der entscheidende Punkt ist, daß die MLPD die Massenorganisationen nicht als wirkliche Transmissionsriemen, als Hebel im Kampf um die proletarische Revolution sieht in Verbindung und unter Führung der Kommunistischen Partei. Sie will "Selbstorganisationen für die Selbstbefreiung der Arbeiterklasse" (S. 237) und die kommunistische Partei als eine bloße weitere Hilfsorganisation in diesem Kampf , und nicht als die führende Kraft.
Insofern ist es nur allzu verständlich, daß für die MLPD Kriterium für die gesellschaftliche Kraft von Massenorganisationen nicht ihr konsequentes Eintreten für die Rechte der Werktätigen, nicht das massenhafte Erfassen der Arbeiterschichten unterschiedlichster Weltanschauung für richtige politische Ziele in Teilbereichen des proletarischen Kampfes ist, sondern die
"überparteiliche Ausstrahlung": "Je mehr Kräfte unterschiedlicher Weltanschauung, parteipolitischer oder parteiloser Orientierung, unterschiedlicher Nationalität, Klassenlage, Berufstätigkeit usw. die Selbstorganisation zusammenfaßt, desto größer ist ihre überparteiliche politische Ausstrahlung und gesellschaftliche Kraft". (S. 236, Hervorhebungen von TA)
Über diese Fragen, das Verhältnis Massenorganisation und kommunistische Partei, die "Neutralität und Unabhängigkeit" der Massenorganisationen, gab es in der internationalen kommunistischen Weltbewegung bereits lange Debatten und Auseinandersetzungen.
Lenin führte hierzu in seinem Artikel über die "Neutralität der Gewerkschaften" aus:
"Unsere ganze Partei hat nunmehr anerkannt, daß die Arbeit in den Gewerkschaften nicht im Geiste der Neutralität der Gewerkschaften, sondern im Geiste ihrer größtmöglichen Annäherung an die Sozialdemokratische Partei zu leisten ist. Ebenso wurde anerkannt, daß die Parteilichkeit der Gewerkschaften ausschließlich durch die Arbeit der Sozialdemokraten innerhalb der Gewerkschaften erreicht werden muß, daß die Sozialdemokraten festgefügte Zellen in den Gewerkschaften bilden sollen..." (LW Bd.13, S.467)
Lenin legt klipp und klar da, daß das Gegenstück zur "Neutralität" die Parteilichkeit für die kommunistische Partei sein muß. Er folgert aus der Notwendigkeit des Massencharakters der Gewerkschaften nicht, daß so viele Kräfte wie möglich vertreten sein sollen, sondern daß der Einfluß der Kommunisten in ihnen umso größer werden muß:
"Die Organisationen der Arbeiter für den ökonomischen Kampf müssen Gewerkschaftsorganisationen sein. Jeder sozialdemokratische Arbeiter (kommunistische Arbeiter, A.d.V) hat diese Organisationen nach Möglichkeit zu unterstützen und aktiv in ihnen zu arbeiten. Das ist richtig. Es liegt aber durchaus nicht in unserem Interesse, zu fordern, daß nur Sozialdemokraten (heute KommunistInnen, A.d.V) Mitglieder der Gewerk-Verbände sein dürfen: das würde den Bereich unseres Einflusses auf die Massen einengen. Mag am Gewerkverband jeder Arbeiter teilnehmen, der die Notwendigkeit des Zusammenschlusses zum Kampfe gegen die Unternehmer und gegen die Regierung erkennt. Das eigentliche Ziel der Gewerkverbände wäre gar nicht zu erreichen, wenn sie nicht alle zusammenfaßten, denen diese, sei es auch nur diese eine, elementare Stufe der Erkenntnis zugänglich ist, wenn diese Gewerkverbände nicht sehr breite Organisationen wären. Und je breiter diese Organisationen sind, um so größer wird unser Einfluß auf sie sein, ein Einfluß, der nicht nur durch die spontane Einwirkung des ökonomischen Kampfes ausgeübt wird, sondern auch durch die direkte, bewußte Einwirkung der sozialistischen Mitglieder (kommunistischen, A.d.V.) des Verbandes." (Lenin Werke, Bd. 5, S. 470, Hervorhebung von TA)
Fazit ist: Die MLPD gibt die fundamentalen Aufgaben der Kommunistischen Partei gegenüber den Massenorganisationen der Werktätigen im Namen des Kampfes gegen den Bürokratismus und Revisionismus auf. Sie degradiert die kommunistische Partei zum Arbeiterwohlfahrtverband und zu einer der vielen Hilfstruppen des Proletariats; anstatt die richtigen Lehren aus der Entartung zu ziehen. (Anmerkung II)
Gewerkschaften als Klassenkampforganisationen der Arbeiterklasse - eine Illusion?
Als zentralen Ausgangspunkt in ihrer "positiven Gewerkschaftsarbeit" "unter den heutigen Bedingungen" legt die MLPD fest:
"1. Die Gewerkschaften zu Kampforganisationen für die Verteidigung und Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen machen. Die Gewerkschaften dürfen keine Organisationen der Klassenzusammenarbeit sein, sondern sind allein den Interessen der Arbeiterklasse verpflichtet. Zugleich ist es eine Illusion anzunehmen, die Gewerkschaften könnten wirkliche Klassenkampforganisationen werden. Ebenso illusionär ist die Annahme, daß die rechte Gewerkschaftsbürokratie aus dem gewerkschaftlichen Apparat gedrängt werden könnte. Von den Gewerkschaften mehr zu verlangen, als es in der kapitalistischen Gesellschaft möglich ist, würde der Spaltung der Gewerkschaften Vorschub leisten." (S.240).
Hier vertritt die MLPD eine ihrer Grundpositionen, nämlich, daß Gewerkschaften nur für die "Verteidigung und Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen eintreten" können, keine "Klassenkampforganisationen" sein können, weil "das von ihnen mehr verlangen würde, als in der kapitalistischen Gesellschaft möglich ist". Das ist eine grundlegende Revision der marxistischen Theorie wie auch der ganzen Praxis der internationalen Arbeiterbewegung. Auch die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, die Geschichte ihrer Gewerkschaften haben genau das Gegenteil von dem bewiesen, was die MLPD hier behauptet. Marx hat bei der Herausbildung der Gewerkschaften klar und präzise ihre Aufgaben in der kapitalistischen Gesellschaft festgelegt:
"Gewerkschaften tun gute Dienste als Sammelpunkte des Widerstands gegen die Gewalttaten des Kapitals. Sie verfehlen ihren Zweck zum Teil, sobald sie von ihrer Macht einen unsachgemäßen Gebrauch machen. Sie verfehlen ihren Zweck gänzlich, sobald sie sich darauf beschränken, einen Kleinkrieg gegen die Wirkungen des bestehenden Systems zu führen, statt gleichzeitig zu versuchen, es zu ändern, statt ihre organisierten Kräfte zu gebrauchen als einen Hebel zur schließlichen Befreiung der Arbeiterklasse, d. h. zur endgültigen Abschaffung des Lohnsystems." (Karl Marx, MEW 16, S. 152, Hervorhebung von TA)
und in der Genfer Resolution der I. Internationale 1866 heißt es:
"Wenn die Gewerkschaften unumgänglich sind für den täglichen Guerillakrieg (Kleinkrieg) zwischen Kapital und Arbeit, so sind sie noch weit wichtiger als organisierte Fördermittel der Aufhebung des Systems der Lohnarbeit selbst." (zitiert in "Die RGO" Bd.1, S. 440)
Klar legt Marx fest, daß die Gewerkschaften "als Hebel zur Befreiung der Arbeiterklasse" zu gebrauchen sind, daß sie damit Kampforganisationen der Arbeiterklasse, das heißt nichts anderes als Klassenkampforganisationen sind. Die spitzfindige Unterscheidung der MLPD, die Gewerkschaften seien Kampforganisationen aber keine wirklichen Klassenkampforganisationen, dient nur dazu ihr reformistisches Konzept von Gewerkschaften zu überdecken. Also halten wir fest, es ist im Kapitalismus sehr wohl möglich, daß Gewerkschaften Klassenkampforganisationen sind, d.h. Organisationen, die im ökonomischen Kampf die Arbeiter organisieren und gegen das System der Lohnarbeit in den Kampf führen. Selbstverständlich bedeutet das auch, daß sie damit den ökonomischen mit dem politischen Kampf verbinden müssen. Solche Gewerkschaften sind unter den Bedingungen des Imperialismus möglich, aber nur bei einem wirklich entwickelten Klassenkampf und einer starken kommunistischen Bewegung. Die Frage, wie solche Gewerkschaften zu erkämpfen sind, welche Mittel und Wege dafür notwendig sind, ist nur zu beantworten im Zusammenhang mit der Einschätzung der konkreten Klassenkampfbedingungen, der Lage der Gewerkschaftsbewegung im entsprechenden Land. Indem die MLPD aber gerade diese Aufgaben für eine Gewerkschaft als illusionär ablehnt, beläßt sie den gewerkschaftlichen Kampf von vorneherein im Rahmen der bestehenden reaktionären bzw. reformistischen Gewerkschaften.
Den DGB zu unserer Kampforganisation machen?
Wie sieht die konkrete Anwendung der Gewerkschaftspolitik in der MLPD für heute aus? In dem oben angeführten Zitat stellt sie auch mal richtig fest: "Ebenso illusionär ist die Annahme, daß die rechte Gewerkschaftsbürokratie aus dem gewerkschaftlichen Apparat gedrängt werden könnte." Dann fordert sie aber gleichzeitig für eben diese DGB-Gewerkschaften die Gewerkschaften zu Kampforganisationen zu machen. Was sie ganz konkret darunter versteht, wird deutlich wenn man sich ihre tagtägliche Agitation dazu anschaut. So titelt die MLPD einen Artikel zur Gewerkschaftsfrage in ihrer Zeitung "Rote Fahne" (im folgenden als RF abgekürzt, 43/96, S. 6) mit "Schritte auf dem Weg zu Gewerkschaften als Kampforganisationen". Oder sie schreiben, daß die Massen "beginnen....die Gewerkschaften zu Kampforganisationen zu machen" (ebenda, S. 13). In einem anderen Artikel heißt es: "Deshalb treten wir (die MLPD, A.d.V.) in den Gewerkschaften dafür ein, daß sie Kampforganisationen sind und bleiben.." (S. 206). Oder sie schreiben in einem Artikel mit dem Titel "NGGler machen Gewerkschaft zur Kampforganisation" zu den Streiks in der Süßwarenindustrie: "Die kämpfenden Gewerkschafter bei NGG entwickeln mit ihrer entschlossenen Haltung die Gewerkschaften zu Kampforganisationen." (RF 49/96, S. 5).
Ja, noch besser. Wie man an den Zitaten sieht, ist die MLPD sogar der Meinung, daß die DGB-Gewerkschaften heute schon "Kampforganisationen" sind. Man muß sich nur noch dafür einsetzen, daß sie das auch "bleiben". Das ist wirklich lächerlich, denn haben diese DGB-Gewerkschaften uns in der Vergangenheit nicht zig Mal verraten, unsere Interessen mit Füßen getreten? Und das sollen unsere "Kampforganisationen" sein?? Die MLPD muß sich fragen lassen, wieso heute die NGG-, DGB-Gewerkschaft usw. unsere "Kampforganisationen" sein können, wenn sie selbst doch schreiben, daß die "rechte Gewerkschaftsbürokratie" nicht aus den heutigen Gewerkschaften der BRD gedrängt werden kann. Wie kann eine Gewerkschaft, eine Organisation überhaupt für unsere Interessen eintreten, wenn ihre Führer bestochen und gekauft sind. Gar nicht! Wenn die MLPD die DGB-Gewerkschaften heute schon für Kampforganisationen hält, dann sagt das allerdings viel darüber aus, wie der Kampf der MLPD für unsere Interessen denn so aussieht und wie weit der Kampf der MLPD uns bringen wird.
Die MLPD verschweigt und verwischt den Charakter des DGB!
Die MLPD entlarvt nicht den wirklichen Charakter des DGB-Apparats, der auf der Seite der Herrschenden steht, der eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Kapital pflegt und unsere sozialen Rechte verkauft. Sie entlarvt nicht, daß es ihnen in erster Linie um den Erhalt der warmen Sessel der Gewerkschaftsbonzen in den Aufsichtsräten und Gewerkschafts- und anderen Konzernen geht. Die MLPD biedert sich dem DGB an und führt nur Scheingefechte gegen ihn. Die MLPD führt scheinbar einen großen Kampf gegen den DGB, aber in Wirklichkeit verfestigt sie doch nur die Illusionen in die reaktionären Gewerkschaften. Dies soll an den folgenden scharfen MLPD-Kritiken an der IG Metall und ihren Führern gezeigt werden:
"In einem Grundsatzpapier des IG-Metall-Vorstandes zur Neuorientierung der Bildungspolitik der IG Metall werden in diesem Zusammenhang folgende Thesen entwickelt (1995, A.d.V.): 1. Bewußter Verzicht auf den Kampf für eine gesellschaftliche Alternative zum Kapitalismus.." (S. 238) Nach der Aufzählung der Thesen kommentiert die MLPD diese:"Das sind die Grundlinien der kleinbürgerlichen Denkweise, wie sie heute (!!, A.d.V.) durch die reformistischen Gewerkschaftsführer unter die Massen der Gewerkschaftsmitglieder getragen werden: Klassenzusammenarbeit in Form des Co-Managements;.....;Liquidierung der Gewerkschaften als Kampforganisationen der Arbeiter und Angestellten zur Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen; Unterordnung unter das Streben der Monopolkapitalisten, sich in der internationalen Konkurrenz um die größten Umsatz- und Profitanteile auf dem Weltmarkt durchzusetzen" (S. 239)
Scheinbar scharfe Kritik. Aber wieso dann "Liquidierung der Gewerkschaften als Kampforganisationen"? Sind denn DGB, DAG bisher unsere Kampforganisationen gewesen? Und was soll das heißen: Die IG Metall bis jetzt im "Kampf für eine gesellschaftliche Alternative zum Kapitalismus"? Wo lebt die MLPD eigentlich? Glaubt sie im Ernst, daß dies die bisherigen Ideen innerhalb der IG Metall oder anderer DGB-Gewerkschaften war? Folgt man ihren Worten, glaubt sie das schon. Die MLPD muß sich weiter fragen lassen: Heute erst der "bewußte Verzicht auf den Kampf" durch die Gewerkschaftsbosse, heute erst der Wunsch der Bonzen nach "Klassenzusammenarbeit"? Heute erst "Unterordnung" der Bosse unters Kapital? Daß die MLPD die Illusion verbreitet, daß heute erst die Gewerkschaftsbosse so richtig böse geworden sind, ist das eine. Das andere ist, daß die MLPD genau die Illusionen schürt, die einige der fortschrittlicheren Gewerkschaftsmitglieder haben wie die kritischen Gewerkschaftler. Diese z. B. fordern regelmäßig auf Demonstrationen, daß die Gewerkschaftsführung weg muß. Das zeigt, daß die kritischen Gewerkschaftler einen Schritt gemacht haben, sie sehen, daß die Gewerkschaftsbonzen skrupellos gegen die Werktätigen vorgehen, daß diese ihre riesige Machtfülle innerhalb der Gewerkschaft rücksichtslos und selbstherrlich einsetzen. Aber sie denken, das Problem ließe sich dadurch lösen, daß die Führer auf irgendeine Art und Weise aus den DGB-Gewerkschaften entfernt werden könnten, weil sie das Problem sind. Sie sehen nicht, daß die DGB-Gewerkschaften als ganzes das Problem sind, weil sie durch tausenderlei Fäden mit Staat und Kapital verbunden sind, weil es eben reaktionäre Gewerkschaften sind. Der DGB läßt sich -in unserem Sinne- nicht reformieren, in dem man Forderungen aufstellt wie Schulte weg! IG Metall Führung weg!und damit die Hoffnung schürt, dann werden es ganz andere Gewerkschaften, falls eine dieser Forderungen erfüllt wird. Aber diese Illusion haben viele der GewerkschaftlerInnen, die gegen vieles innerhalb der Gewerkschaft kritisch eingestellt sind und die sitzen tief. Und unter Berufung auf den Marxismus-Leninismus schlägt die MLPD genau in diese Kerbe! Und trabt damit den fortschrittlicheren ArbeiterInnen und Werktätigen hinterher......Anstatt sie auf die Ebene zu ziehen, daß bei diesen Gewerkschaften nichts anderes hilft, als sich in grundsätzliche Opposition zu ihnen zu stellen, sie zu entlarven als nicht auf unserer Seite stehend, bindet die MLPD solche Leute ideologisch an den DGB, in dem auch sie vertritt, dieser verrottete Kahn ließe sich noch reformieren.
In den Gewerkschaften kämpfen - für welche Ziele?
Die MLPD begründet ihre reformistische Politik in den Gewerkschaften "nur für die Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen zu kämpfen", nicht mehr von den Gewerkschaften zu verlangen, weil sonst "würde (das) der Spaltung der Gewerkschaften Vorschub leisten". (S. 240) In den Punkten 1-11, die sie als Eckpunkte ihrer "positiven Gewerkschaftsarbeit" anführt, findet sich dementsprechend auch nicht ein Funken kommunistischer Taktik der Gewerkschaftsarbeit. Wenn sie im letzten Punkt 11 schreibt: "Marxisten-Leninisten tragen entschieden den Geist des Klassenkampfes in die Gewerkschaften hinein...letztlich geht es darum die Arbeiterklasse für den politischen Kampf zum Sturz der Diktatur der Monopole und den Aufbau des echten Sozialismus zu gewinnen." (S. 243) ist das nichts anders als Verbrämung ihrer opportunistischen Politik. Wie tragen denn Marxisten-Leninisten den Klassenkampf in die Gewerkschaften, wie gewinnen sie Arbeiterinnen für den Kampf um den Sozialismus? (Wir gehen hier nicht darauf ein, daß die MLPD natürlich nie von Revolution, nicht von der Notwendigkeit der Diktatur des Proletariats spricht, statt von Diktatur der Bourgeoisklasse und des Monopol- und Finanzkapitals, nur von der Diktatur der Monopole etc.) Auf diese Frage antwortet wie oben angeführt die MLPD nicht revolutionär, nicht marxistisch-leninistisch, sondern reformistisch. Im Rahmen der programmtischen Ziele der Massenorganisation, der Gewerkschaften muß gearbeitet werden, daher dürfen auch KommunistInnen nach Ansicht der MLPD keine Fraktionsarbeit machen, sich an den legalen festgeschriebenen Rahmen des DGB halten! Also, vorwärts mit dem DGB zum Sozialismus - anders kann man diesen Reformismus kaum auf den Punkt bringen!
Aus der Einschätzung des reaktionären DGB-Apparates, seiner arbeiteraristokratischen Bonzen folgt für KommunistInnen selbstverständlich nicht, daß sie daraus austreten, oder diese spalten, sondern im Gegenteil. Wenn sich in diesen Gewerkschaften die Arbeitermassen organisieren, dann müssen natürlich die KommunistInnen in diesen Gewerkschaften arbeiten. Aber mit welchem Ziel? Mit dem Ziel die Arbeitermassen in der praktischen, alltäglichen Arbeit vom Charakter der DGB-Gewerkschaften zu überzeugen, und Alternativen zu entwickeln.
Zunächst einmal klingt das schon sehr widersprüchlich: Auf der einen Seite reden wir vom DGB-Apparat, von den reaktionären Gewerkschaften, von den DGB-Bonzen und auf der anderen Seite fordern wir von uns KommunistInnen, von RevolutionärInnen von fortgeschrittenen Arbeiter-Innen genau in diese Gewerkschaft zu gehen und dort zu arbeiten. Wie geht das zusammen? Auch diese Frage haben bereits Lenin und die Kommunistische Bewegung in der Vergangenheit gestellt und beantwortet. Eben weil die Massen der ArbeiterInnen als ersten Schritt zur Organisierung in die Gewerkschaften eintritt, weil -auch wenn es reaktionäre Gewerkschaften sind- sich die ArbeiterInnen darin organisieren als erste elementare Organisierung um für ihre eigenen Interessen einzustehen, gerade deswegen ist der Platz der KommunistInnen in diesen Gewerkschaften, müssen sie dort im geduldigen politischen Überzeugungskampf, in der praktischen Aktion die ArbeiterInnen mit dem wahren Wesen dieser Gewerkschaften konfrontieren und in den revolutionären Kampf für die Interessen der ArbeiterInnenklasse hineinziehen.
Langfristiges Ziel ist die Eroberung der Gewerkschaften im Sinne der Gewinnung der Mehrheit der Gewerkschaftmitglieder für den revolutionären Klassenkampf. An dem Punkt wo die arbeiteraristokratischen Gewerkschaftsführer weitgehend isoliert sind, werden sie die Einheitsgewerkschaften spalten. Dadurch wird der Weg frei für revolutionäre Gewerkschaften. Die Spaltung der Gewerkschaften ist nicht Aufgabe der Kommunisten, sondern die Gewerkschaftsbonzen greifen zu diesem Mittel, wenn sie keinen anderen Ausweg sehen.
Der Weg dahin ist die Arbeit der KommunistInnen in den Gewerkschaften, die auf jeden Fall auf eine revolutionäre-kommunistische-Fraktionsarbeit ausgerichtet sein muß, die einen organisatorischen und politischen Rahmen sicherstellt, in dem die Kommunisten in den Gewerkschaften ihre Politik verfolgen und durchzusetzen versuchen. Das wiederspricht natürlich dem wiederum von der MLPD so herausgestrichenen Anspruch an die "Überparteilichkeit der Gewerkschaften" (S. 243). Die Aufgabe der Schaffung revolutionärer-kommunistischer Fraktionen in den Gewerkschaften kann natürlich nur angepackt werden, wenn die kommunistische Partei über eine gewisse Kraft in der ArbeiterInnenklasse und in der Gewerkschaftsbewegung verfügt. Aber sie muß sich von Anfang an bei ihrer Gewerkschaftsarbeit das als eine Aufgabe stellen. Die kommunistische Arbeit in der Gewerkschaft muß natürlich eingebettet sein in die tagtägliche Betriebsarbeit, die die Grundlage der kommunistischen Tätigkeit in der ArbeiterInnenklasse bildet. Heute muß es Hauptziel sein gegen die Abwürgung jeglichen Widerstands, gegen das Austricksen jeglicher Streik und Kampfbereitschaft der ArbeiterInnen durch die DGB-Bürokraten eigenständige Kämpfe, die bewußt den Rahmen der staatstreuen Gewerkschaften überschreiten, zu entwickeln. Daher auch unsere praktische Forderung für die heutige Situation, daß selbständige Streik- und Kampfkomitees für die Durchsetzung der Interessen der ArbeiterInnen herausgebildet werden müssen.
Ziel in der Gewerkschaftsarbeit ist die oben von Lenin bereits dargelegte und geforderte Parteilichkeit der Gewerkschaften zu erkämpfen. Nur wenn die kommunistische Partei es schafft, ideologisch und politisch die Gewerkschaften zu führen, wenn sie die ArbeiterInnenmassen in den Gewerkschaften in den Kampf um die proletarische Revolution mitführen kann, wenn sie in den Aktionen der Massen ihre Führung unter Beweis stellen kann, nur dann wird die Arbeiterklasse richtig gerüstet in den Kampf um die Macht ziehen können und ihre Befreiung erstreiten können. Führung durch die Partei heißt, daß die Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder aus freien Stücken mit der Partei sympathisiert, deren Losungen folgt, weil sie sie als fortschrittlichste Kraft, als Vertreterin ihrer Interessen betrachtet. Dies schließt mit ein, daß viele der KommunistInnen innerhalb der Gewerkschaften als ArbeiterführerInnen, als StreikführerInnen anerkannt werden und durch eine freie Wahl aus der Mitte der ArbeiterInnen heraus dafür gewählt werden. Selbstverständlich kann diese Führung nicht erreicht werden durch Direktiven, durch Zwangsmaßnahmen oder durch betrügerische Mittel, z. B. durch Ummodlung des Gewerkschaftsstatus, so daß die KommunistInnen dann die Gewerkschaften vereinnahmen können.
Bei der MLPD zu diesem Thema nur wieder die alte Leier. Es gilt die stets "enge Bindung der revolutionären Partei der Arbeiterklasse mit den Gewerkschaften anzustreben, ohne allerdings die Überparteilichkeit der Gewerkschaften zu verletzen." (S.243) Auch hier kann man nur wieder sagen: "Es lebe die enge Verbindung der MLPD mit dem DGB!"
Eine andere Schlußfolgerung ist aus allem was sie sagt nicht möglich. Es gibt keine oppositionelle, revolutionäre Fraktionsarbeit in den reaktionären Gewerkschaften, es gibt nicht die Möglichkeit die Mehrheit der Arbeitermassen in diesen Gewerkschaften auf die Seite der Revolution zu ziehen, die Gewerkschaftsarbeit der MLPD zielt darauf ab, die besten DGB-Gewerkschafter zu sein. Das ist auch was die fortgeschrittenen ArbeiterInnen in der täglichen Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit der MLPD-KollegInnen miterleben. Im reformistischen, legalistischen Rahmen des DGB um ein paar Verbesserungen zu streiten, ohne aber die Grundfragen anzugehen.
Wir sind mit unserer kritischen Auseinandersetzung um das Werk der MLPD und ihres Vorsitzenden, Stefan Engel "Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung" nun am Ende. Sicherlich, es wäre noch viel zu sagen und zu schreiben, aber wir wollten uns nur die uns am zentralsten erscheindenden Fragen herausgreifen.
Diese Kritik an Grundpositionen, an der Generallinie der MLPD, die sie in dieser Schrift zusammengefaßt vorgelegt hat, ist für uns ein Beitrag im Kampf gegen den Opportunismus dieser Organisation und der Nachweis, daß sie den sich selbst gestellten Anspruch eine marxistisch-leninistische Partei zu sein, in keinster Weise verwirklicht. Gleichzeitig haben wir positiv in etlichen politischen Fragen unsere politische Linie dargelegt und zur Diskussion in der revolutionären Bewegung gestellt. Bereits auf unseren ersten Teil der Kritik in der Nummer 5 von Trotz Alledem haben wir viele Anmerkungen, Kritiken und Nachfragen erhalten. Wir werden die Diskussionen und Kritiken am vorliegenden zweiten Teil abwarten und dann eventuell in einer weiteren Nummer von Trotz Alledem die wichtigsten Beiträge abdrucken und beantworten.
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