TROTZ ALLEDEM!

 

Antwort an die IML Österreich

Liebe Genossinnen und Genossen

Wir danken Euch für eure Vorschläge, Fragen und Kritiken zu den "Thesen für die Diskussion über die Partei" (TA 9) und freuen uns, daß ihr mit fast allen Thesen im wesentlichen mit uns übereinstimmt. Wir finden es sehr gut, daß ihr eure Probleme und Kritiken in einzelnen Fragen uns habt zukommen lassen. Dies ist für uns sehr wichtig, sind sie doch das Mittel, das uns hilft Fehler zu erkennen und zu überwinden, Unklarheiten zu präzisieren und zu überwinden und uns in unserem Kampf vorwärtsbringen.

* Ihr schreibt, daß euch insgesamt an den Thesen die Einschätzung stört: "Die Anwendung dieser Prinzipien auf die konkrete Wirklichkeit steht noch aus", und fragt, ob wir damit meinen "dass die BI erst am Anfang steht bei der Anwendung der Prinzipien.".

Diese Kritik ist richtig. Es ist so wir ihr vermutet, wir wollten damit ausdrücken, daß wir erst am Anfang stehen. Dabei sind wir in dem Wunsch nur nicht zu übertreiben, und uns schon als weiter darzustellen als wir wirklich sind, in die andere Richtung übers Tor hinausgeschossen, und haben eine Formulierung gewählt, die objektiv (falsch) besagt, daß es noch keinerlei konkrete Erfahrungen im Parteiaufbau gibt.

* Ihr kritisiert, daß die Thesen zu kurz greifen, da sie sich auf Klassikerzitate beschränken, und die letzten 40 Jahre Parteiaufbauversuche in der BRD nicht berücksichtigen. KPD, MLPD oder GDS würden als keine marxistisch-leninistischen Parteien eingeschätzt, dies aber nicht begründet.

Wir meinen dazu, daß wir uns nicht "außerhalb der ‘Parteiaufbauversuche’ der letzten 40 Jahre stellen" wollten. Historisch müssen wir sicherlich noch darlegen und genau begründen, warum all diese "Parteiaufbauversuche" mißglückt sind. Wir sind in den Thesen -ohne die letzten 40 Jahre genau einzuschätzen- von dem ausgegangen was heute ist. Nämlich es gibt heute in der BRD keine Partei die wirklich marxistisch-leninistisch ist. Und das ist natürlich auch ein Ergebnis der Fehler der letzten 40 Jahre (Wir sind hier und da in Artikeln auf einzelne dieser Organisationen eingegangen, so z.B. haben wir in dem Artikel zur 68 Studentenbewegung die Parteiaufbauansätze gestreift. Siehe Ta Nr 8, S. 13) Folgendes ist für uns ganz klar: Wenn wir irgendeine Partei/Gruppe als marxistisch-leninistisch eingeschätzt hätten, bzw. eine Entwicklungsrichtung zu marxistisch-leninistischen Parteien als Möglichkeit sehen würden, dann hätten wir uns nicht als eine eigene Gruppe konstituiert, sondern dieser Partei/Gruppe angeschlossen.

Wir denken nicht so wie ihr auf Seite 2 eurer Schrift sagt, daß "prinzipienferne Differenzen und prinzipienlose Streitereien" der Grund für die Zersplitterung und Zerrüttung der marxistisch-leninistischen Bewegung waren. So ist die Einschätzung Mao Tse-tung’s und den Mao Tse-tung Ideen eine prinzipielle Frage. Es geht dabei nicht um ein "vordergründiges Bekenntnis" zu Mao Tse-tung, sondern es geht genau auch in dieser Frage um die eigene politische Linie, zur allgemeinen Entwicklungslinie der proletarischen Revolution . Also, z.B. für was für eine Gesellschaft kämpfen wir, Was ist der Sozialismus? Ist das eine Gesellschaft, die zusammen in Eintracht mit der Bourgeoisie (oder Teilen der Bourgeoisie) aufgebaut werden kann oder nicht. Oder die Haltung zu Enver Hoxa. Das ist nicht eine Frage des vordergründigen Bekenntnisses, sondern zutiefst inhaltlich und grundlegend wichtig für die eigene Linie. Z.B. die Frage wie gehe ich mit eigenen Fehlern um, wie halte ich es mit Kritik und Selbstkritik. Ist es legitim und kommunistisch jahrzehntelang in öffentlichen Stellungsnahmen die KP China Mao Tse-tung hochleben zu lassen und hinterher zu behaupten, man hätte ins Tagebuch das Gegenteil geschrieben? Wenn Kommunisten das richtig finden, wie sieht dann ihre eigene Politik heute aus? Wie können sie in Kritik und Selbstkritik eine kommunistische Haltung haben? Oder sind die sowohl von der KP China als auch von der PdAA verteidigten Normen bilateraler Gespräche und die Ablehnung von öffentlicher Kritik, die angeblich dem Feind diene marxistisch-leninistische Normen für die Zusammenarbeit Kommunistischer Parteien?? Heute ist diese unkommunistische Haltung zu Kritik und Selbstkritik in vielen sich auf den Kommunismus beziehenden Gruppen/Parteien vorherrschend. Das Aufdecken der Fehler, die sich in dieser Frage in der Kommunistischen Weltbewegung nach Stalin durchsetzten, eine tiefgehende Kritik daran sind die Vorraussetzung zur Überwindung dieser opportunistischen Tradition. Auch wenn das alles Fragen der Einschätzung Mao Tse-tungs, der KP China oder der PdAA sind, geht es dabei auf keinen Fall um ein oberflächliches Bekenntnis für oder gegen sie, sondern um Fragen der eigenen kommunistischen Linie.

In den Thesen haben wir nicht nachgewiesen, warum wir Gruppen wie KPD, GDS MLPD als nicht marxistisch-leninistisch einschätzen. Wir denken auch nicht, daß dies in den Thesen hätte erfolgen müssen. Richtig ist aber, daß wir zumindestens einen Verweis auf Artikel hätten machen sollen, in denen wir anhand ihrer Haltung zu konkreten politischen Ereignissen ihren Opportunismus kritisieren. (Siehe diese Nummer Seite 20 und 23)

* Eure Frage an wen sich die Thesen eigentlich richten ist gerechtfertigt. Tatsächlich ist es

ein Mangel der Thesen, als auch des ausführenden Referats "Zu Fragen der kommunistischen Partei und des Parteiaufbaus" in der TA Nr. 9, daß nicht genug klar wird, in welchem Rahmen und für wen die Thesen, als auch der dazugehörende Artikel geschrieben wurden. Die Thesen und der Artikel waren ein Referat, was in der Diskussion mit GenossInnen, die sich neu dem Kommunismus zugewandt hatten, und passende Organisierungsformen suchten, ausgearbeitet wurde. Es ging darum auf ihre Frage welche Partei, welche Organisation braucht die Arbeiterklasse, damit sie sich befreien kann eine Antwort zu geben, und Grundzüge der Kommunistischen Partei darzulegen. Also sich erst einmal auf die wichtigsten Prinzipien des Parteiaufbaus zu verständigen. Daß das nicht genügend herausgestellt wurde, ist eine Schwäche des Papiers, die uns erst durch Fragen und Kritiken von euch und anderen GenossInnen klar geworden ist.

Zu euren Anmerkungen zu den einzelnen Thesen:

Ihr bemängelt, daß an der These 2 unklar ist, "wie das Bewußtsein in die Arbeiterklasse hineingetragen werden soll, wenn es noch keine Partei gibt", und die These für eine falsche Auslegung, daß erst eine fertige Partei Bewußtsein in die Arbeiterklasse hineintragen kann, offen sei.

Diese These haben wir in dem dazugehörigen Artikel auf S. 19 und 20 anhand Lenins "Was tun?" noch ausführlicher dargelegt. Wir denken daß Lenin in "Was tun?" sehr überzeugend nachweist, daß die Notwendigkeit einer Kommunistischen Partei sich auch darin begründet, um in die Arbeiterklasse sozialistisches Bewußtsein hineinzutragen, und ihm in ihrem Kampf den Weg und das Ziel zu weisen. Was aber ist, wenn es keine Kommunistische Partei gibt? Als erstes müssen die KommunistInnen dann schlußfolgern: Alles mögliche zu tun, um sich an den Aufbau einer kommunistischen Partei zu beteiligen, sich nicht mit Zirkeln, kleinen Gruppen zufriedengeben, nicht vor den Bedingungen kapitulieren, sondern sich weitergehende Ziele zu stecken. Denn es ist tatsächlich so, daß dieser Aufgabe nur eine wirklich kommunistische Partei umfassend gerecht werden kann. Aber man kann diese Anforderung nicht umkehren und sagen, also, wenn es noch keine Partei gibt, dann können die KommunistInnen gar nichts machen. Nein, natürlich können und müssen einzelne KommunistInnen oder Gruppen entsprechend ihrer Kräfte und Möglichkeiten diese Aufgabe anpacken. Aber in dem Bewußtsein, daß das Ideal das wir anstreben die Schaffung, der Aufbau einer Kommunistischen Partei ist, ohne die diese Aufgabe nur sehr unzureichend erfüllt werden kann.

Weiter fragt ihr, ob "der Kommunistmus bei den KommunistInnen (vor der Parteigründung) spontan" entsteht. Spontan entsteht er natürlich nicht! Der Marxismus-Leninismus ist als Wissenschaft herausgearbeitet worden, er existiert also. Einzelne Menschen sind und werden mit dieser Wissenschaft über Bücher etc. in Berührung kommen und ihn sich im Eigenstudium aneignen.

* Eine weitere Kritik bringt ihr an der These 6 vor. Ihr schreibt, daß dort das "Hauptkettenglied und die Hauptaufgabe fälschlich gleichgesetzt" wird. Nach nochmaligem Durchlesen dieser These haben wir diesen Fehler gesehen. Tatsächlich ist es so, daß in der ganzen ersten Phase des Parteiaufbaus die Gewinnung der Vorhut die Hauptaufgabe ist. Dabei gibt es jedoch zu verschiedenen Zeiten ein unterschiedliches Hauptkettenglied, was es gilt vorrangig anzupacken um die Hauptaufgabe zu lösen. Also, zu bestimmten Zeiten ist die Erarbeitung der "Theorie" oder die Herausbildung "Kader" oder die Schaffung der "Organisation" das Hauptkettenglied. Wir haben in unserem Text das fälschlicherweise gleichgesetzt.

* An der These 6 kritisiert ihr weiterhin, "Die Periodisierung der Arbeiterbewegung (historisch konkret, z.B. bei Stalin SW 5 S. 87) ist nicht das gleiche wie die zwei Phasen im Parteiaufbau."

Wir denken, daß ihr euch täuscht. Es ist richtig, daß Stalin in dem Artikel "Die Partei vor und nach der Machtergreifung" konkret die Entwicklungsperioden der Partei in Rußland schildert. Was er schildert sind jedoch nichts anderes als die zwei Entwicklungsperioden (oder Phasen des Parteiaufbaus, das ist nur eine Frage des Begriffs,) vor der Machtergreifung. Die Phasen und ihre für die jeweilige Phase in der Vordergrund rückenden Aufgabenstellungen sind die, die Lenin in " Der linke Radikalismus, eine Kinderkrankheit des Kommunismus" als in ihren Grundzügen für alle Kommunistischen Parteien im Westen gültig verallgemeinert. Stalin bezieht sich in der Schrift "Vierte Beratung des ZK der KPR(B)" auf diese Schrift Lenins, und erklärt, daß Lenin nachgewiesen hat, daß "die kommunistischen Parteien im Westen ungefähr die gleichen Entwicklungsstufen durchmachen müssen und bereits durchmachen" und fügt hinzu "Wir können unserseits hinzufügen, daß das gleiche für die Entwicklung unserer kommunistischen Organisationen und kommunistischen Parteien in den Randgebieten gilt." (Stalin, Bd.. 5. S. 275) Wir haben diesen Punkt auch ausführlich in unserer Antwort auf A.A. auf S. anhand umfassender Klassikerzitate dargelegt, und wollen hier darauf verweisen.

Desweiteren kritisiert ihr, daß der Satz "Die Strategie der Partei (ist in der ersten Phase) begrenzt" nichts aussagt. Wir meinen, daß es natürlich insgesamt für jede einzelne These möglich und richtig ist einen extra Artikel zu schreiben, der konkret ausführt und erläutert was die einzelne These für heute bedeutet. Thesen sind, da sie sich auf knapp zusammengefaßte Hauptargumente beschränken immer in einer Hinsicht unzureichend und bedürfen einer ausführlichen Erläuterung. Aber das heißt nicht, wie ihr meint, daß sie "Verwirrung" stiften, oder "nix heißen". Diese These besagt, daß die Möglichkeiten, die eine Partei die sich in der ersten Phase des Parteiaufbaus befindet, die also die Vorhut des Proletariats noch nicht insgesamt gewonnen hat, noch schwach und klein ist (wobei uns klar ist, daß das relative Begriffe sind, und in der ersten Phase es darin auch eine Entwicklung gibt) und so z.B. die Möglichkeiten die Widersprüche im Lager des Feindes auszunutzen sehr begrenzt sind. So kann z.B. die "Strategie" Aktionen unter der Führung von Reformisten für die Interessen des Proletariats auszunutzen, unter der Bedingung, daß das Kräfteverhältnis von Kommunisten zu Reformisten 1 zu 1000 ist, aufgrund dieses Kräfteverhältnisses nur unter Ausnahmebedingungen (daß die Massen selbst sehr unzufrieden mit den Reformisten sind) aufgehen. Eine starke Massenpartei in der zweiten Phase hingegen, die hat ganz andere Möglichkeiten Risse und Widersprüche innerhalb der herrschenden Klassen, im Lager der Konterrevolution für die eigenen Interessen auszunutzen.

Wir hoffen auf eine weitere solidarische Kritiken, Vorschläge und Anregungen von euch.

Mit revolutionären Grüßen

Trotz alledem

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