TROTZ ALLEDEM!

 

"In den kleinen Ziegeleien und in denen, wo keine Maschinen vorhanden sind, gegenwärtig noch der Mehrzahl, findet eine unglaubliche Ausbeutung der Arbeitskraft statt. Die Arbeiter, welche der größten Anstrengung unterworfen sind, sind die Handformer, deren Arbeit, den Tonklumpen hochzuheben und in die Form zu drücken, eine große Muskelkraft in Armen und Brust erfordert. Bei der Abschließung des Lohnvertrages verpflichten sich diese Arbeiter, täglich eine bestimmte Anzahl von Ziegeln, welche zwischen 5000 und 6000 schwankt und manchmal sogar bis auf 7000 steigt, zu produzieren. Diese Ziffer repräsentiert eine furchtbar erschöpfende Arbeit. Jeder Ziegelformer hat eine Arbeitsbank zu seiner Verfügung nebst einer kleinen Kiste für den Sand, der auf das Rohmaterial gestreut wird; zwei Formen und ein Messingdraht bilden seine gesamten Arbeitswerkzeuge. Ihm helfen zwei Muli, wie im Berufsjargon die beiden Knaben zwischen 10 und 15 Jahren genannt werden, denen es obliegt, die gefüllte Form aufzuheben, den Ziegel hinauszunehmen, ihn auf den Trockenplatz zu schaffen, die Form zur Bank zurückzubringen, sie mit Sand zu bestreuen und dem Former zu reichen. … Wenn die gewohnheitsmäßige Unterernährung, die tägliche Übermüdung, die fortwährende Anspannung aller Nerven in dieser pfeilschnellen Mechanik für einen Augenblick die Aufmerksamkeit dieser Kinder schwächen, ihre Präzision, ihrer Pünktlichkeit Abbruch tun und irgendeine Störung verursachen, durch die sie die Produktivität des Formers behindern; wenn das Unglück es will, daß beim Handhaben der Ziegel einer von ihnen zerbricht, so regnen mit einer Sinflut von Schimpfworten und Flüchen auf den elenden Körper Fußtritte, Faustschläge und Ohrfeigen herab. Dann wird die Arbeit, um die Zeit wieder einzuholen, mit verdoppelter Wut in Angriff genommen. Kein menschlicher Laut läßt sich mehr vernehmen, nur hier und da ein ersticktes Schlurzen und das Keuchen des Formers, wenn er den Tonklumpen in die Höhe hebt."

("Ausländische Arbeitskräfte in Deutschland", S. 26)