TROTZ ALLEDEM!

Fragen der Kommunistischen Weltbewegung

Im Kampf gegen den Verrat des Chruschtschowrevisionismus:

DIE POLEMIK ÜBER DIE GENERALLINIE DER INTERNATIONALEN KOMMUNISTISCHEN BEWEGUNG

Teil I

Die Wurzeln der Polemik: Der XX. Parteitag der KPdSU und die Erklärungen von 1957 und 1960

Einführung

Für uns ist die Schaffung einer bolschewistischen Partei in der BRD von Anfang an engstens verknüpft mit dem Kampf um die Herausbildung einer internationalen kommunistischen Bewegung auf einer gemeinsamen programmatischen Grundlage. Heute, im Jahr 2000, wo die kommunistische Bewegung weltweit eine ihrer schwächsten Zeiten durchlebt, heißt das unserer Meinung nach vor allem eine Debatte mit den revolutionären, sich auf den Marxismus-Leninismus berufenden Parteien und Organisationen freimütig und offen über die Aufgaben und Ziele der kommunistischen Weltbewegung zu führen. Gleichzeitig kann und sollte auf den bereits errungenen Grundlagen eine gemeinsame revolutionäre Praxis entfaltet werden. Angesichts der heutigen Zersplitterung und Schwäche der Bewegung darf sich keine übertriebene Hoffnung gemacht werden, daß ein solcher Einigungsprozeß schnell und von heute auf morgen zu erreichen ist. Nein, das ist sicherlich eine wirklich tiefgehende und längerfristige Aufgabe, die erst im Verlauf von Jahren gelöst werden kann. Nur, das heißt andererseits auch nicht zu sagen, na ja wenn wir, Trotz Alledem z.B. in unserem eigenen Land noch so schwach sind, wenn wir so wenig Einflußmöglichkeiten international haben und es bereits schon ziemlich feststehende und organisierte internationale Gruppierungen gibt, dann können wir erstmal diese Aufgabe zurückstellen und uns "den eigenen Problemen" widmen. Diese Vorgehensweise wäre sehr kurzsichtig und würde zu einer völlig falschen Ausrichtung führen. Denn heute gibt es natürlich revolutionäre Parteien, die viel kampferprobter und erfahrener sind als wir selbst und von denen wir viel lernen können. Desweiteren ist entscheidend , daß die kommunistische Organisation bzw. Partei von Beginn an sich als Teil der internationalen Bewegung der ArbeiterInnenklasse im politischen Kampf erweist, von ihren Erfahrungen zu lernen bereit ist und im Bewußtsein arbeitet, an der Schaffung einer internationalen kommunistischen Weltbewegung mitzuwirken. Diese richtige Zielsetzung muß programmatisch und praktisch in der Arbeit der Organisation verankert werden. Wie der Weg zu diesem Ziel ist, welches die aktuellen Aufgaben dabei sind, das muß jeweils aktuell festgelegt werden. Die prinzipiellen Erwägungen für die Gründung der ersten, zweiten und dritten Internationale sind unserer Auffassung nach heute nach wie vor gültig. So heißt es im "Manifest der Kommunistischen Internationale an das Proletariat der ganzen Welt" (Gründungsdokument der III. Internationale): "Unsere Aufgabe besteht darin die revolutionäre Erfahrung der Arbeiterklasse zusammenzufassen, die Bewegung von den zersetzenden Beimischungen des Opportunismus und Sozialpatriotismus zu reinigen, die Kräfte aller wirklich revolutionären Parteien des Weltproletariats zu sammeln und dadurch den Sieg der Kommunistischen Revolution in der ganzen Welt zu erleichtern und zu beschleunigen." ("Protokoll des I. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale", Reprint Karl Liebknecht Verlag, S.4) Angesichts der heutigen ideologischen und politischen Zersplitterung, der Vorherrschaft von Revisionismus und Reformismus in der internationalen Arbeiterbewegung können diese Anforderungen an eine Kommunistische Internationale nicht von heute auf morgen erfüllt werden, aber die Aufgabe daran zu arbeiten, eine solche Perspektive nicht aus den Augen zu verlieren und nicht national begrenzt vor sich hin ?zu wursteln, stellt sich um so dringender.

Wir sind uns dabei bewußt, daß wir als eine kleine und junge Organisation zu diesen großen Aufgaben heute nur einen sehr bescheidenen Beitrag leisten können.

Ein Schritt die Debatte mit anderen revolutionären und sich auf den Marxismus-Leninismus berufenden Organisationen und Parteien zu beginnen, aber auch um die ideologischen und politischen Grundlagen der eigenen Organisation weiter auszuarbeiten, ist die Einschätzung der Geschichte der internationalen kommunistischen Bewegung und die daraus zu ziehenden notwendigen Schlußfolgerungen für die heutige Situation.

In diesem Rahmen wenden wir uns der Einschätzung der Polemik der KP Chinas über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung zu.

Hat die Polemik über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung 2000 noch irgendeine Aktualität?

Am 14. Juni 1963 verfaßte und veröffentlichte das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas eine Antwort auf einen Brief des ZK der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Dieser Brief trug den programmatischen Titel: "Ein Vorschlag zur Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung". Unter dem Titel "Die Polemik über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung" veröffentlichte die KP Chinas diesen Vorschlag mit neun Kommentaren zum "Offenen Brief des ZK der KPdSU" versehen als Dokumente ihres Kampfes in den verschiedensten Fremdsprachen. Der "Vorschlag zur Generallinie", der 25 Punkte umfaßte, wurde zum programmatischen Dokument der sich neu herausbildenden marxistisch-leninistischen Weltbewegung in den sechziger Jahren. Er war die Antwort auf die Abkehr der Kommunistischen Partei der Sowjetunion unter der Führung der Chruschtschowrevisionisten vom Marxismus-Leninismus und der Spaltung der kommunistischen Weltbewegung durch sie. Die Revision des Marxismus-Leninismus, die Wendung zur Zusammenarbeit mit dem Weltimperialismus, den Verrat am Sozialismus, an der internationalen Arbeiterbewegung und den Befreiungskämpfen der unterdrückten Völker verkündeten die Chruschtschowrevisionisten bereits auf ihrem XX. Parteitag 1956.

Die Kommunistische Partei Chinas unter der Führung Mao Tse Tungs und die Partei der Arbeit Albaniens unter Enver Hoxha waren es, die nach und nach den Kampf gegen die Chruschtschowrevisionisten aufnahmen und ab den sechziger Jahren an der Spitze vieler revolutionärer und marxistisch-leninistischer Gruppen, Organisationen und Parteien an die Schaffung einer neuen kommunistischen Weltbewegung gingen. (Auf die Rolle und Politik der Partei der Arbeit Albaniens - PdAA - werden wir in diesem Artikel nicht konkreter eingehen. Wenn wir in weiteren Nummern der Trotz Alledem unsere Einschätzung zu Mao Tsetung dargelegt haben, werden wir danach unsere Position zur PdAA veröffentlichen.)

1966 entwickelte sich in China im Kampf gegen den Revisionismus und die neue Bourgeoisie in Partei, Staat und Gesellschaft die Große Proletarische Kulturrevolution. Sie gab der jungen kommunistischen Weltbewegung einen starken revolutionären Schub. In den siebziger Jahren kam es zunehmend zu Widersprüchen zwischen der PdAA und der KP Chinas und innerhalb der Weltbewegung bildeten sich vor allem zwei Flügel heraus, die sich jeweils an einer der beiden Parteien und ihrer politischen Linie orientierten. Nach und nach setzten sich die revisionistischen Kräfte sowohl in der KP Chinas als auch in der Partei der Arbeit Albaniens durch und beide Parteien entarteten. Die Weltbewegung zerfiel zusehends, die Arbeiterbewegung und die nationalen Befreiungsbewegungen wurden stark geschwächt.

Wenn wir nun heute, im Jahr 2000, auf die Geschichte des Kampfes gegen den Chruschtschowrevisionismus zurückblicken und die Generallinie der kommunistischen Weltbewegung bewerten, die im Kampf gegen ihn von der KP Chinas entwickelt wurde, dann ist als Ausgangspunkt unbedingt folgendes notwendig hervorzuheben:

Um heute die richtigen politischen, ideologischen und theoretischen Grundlagen für einen erneuten Zusammenschluß der marxistisch-leninistischen Kräfte, Parteien und Organisationen zu erarbeiten, ist es unabdingbar notwendig den Kampf der KP Chinas, der PdAA und der neu entstandenen marxistisch-leninistischen Weltbewegung gegen den Chruschtschowrevisionismus einzuschätzen. Nur so ist die gesamte spätere Entwicklung richtig einzuordnen und nur so ist es möglich auch einen richtigen Ausweg aus der heutigen Situation zu finden. Die Fehler, die Mängel und die positiven Elemente dieses Kampfes, die Fundamente auf die wir uns stützen können, müssen offengelegt und Schlußfolgerungen gezogen werden.

Insofern hat "Die Polemik über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung" auch nach über dreißig Jahren überhaupt nicht an Aktualität verloren. Es ist zudem gerade auch für die jungen, mit der Geschichte der Weltbewegung nicht so sehr vertrauten kommunistischen Kräfte notwendig diese historischen Erfahrungen zu studieren und einzuschätzen.

In der gesamten Debatte ist eine Unmenge von Material von der KP China, von der PdAA als auch von vielen anderen marxistisch-leninistischen Kräften und Parteien erstellt worden. Wir greifen uns bewußt den "Vorschlag zu Generallinie" der KP Chinas von 1963 heraus, weil er uns als das zentrale Dokument erscheint.Wo nötig ziehen wir natürlich noch weitere Schriften hinzu.

Wir wollen hier noch einschränkend festhalten, daß wir im Rahmen eines Zeitungsartikels natürlich nicht allumfassend sämtliche Fragen, Probleme und Auseinandersetzungen, die mit der "Großen Polemik" zusammenhängen theoretisch analysieren und auswerten können. ("Große Polemik" wurde die Auseinandersetzung zwischen den zwei Flügeln der Weltbewegung bezeichnet, dem der Chruschtschowrevisionisten und dem der Marxisten-Leninisten unter der Führung der KP Chinas und der PdAA) Dieser Artikel soll die Schlußfolgerungen einer längeren Debatte vorstellen und die Diskussion unserer Leserinnen und Leser darüber anregen. Wie wir bereits im Geleit der Nr. 1 von Trotz Alledem angekündigt haben, wollen wir nach und nach unsere Linie zu Grundfragen der kommunistischen Weltbewegung, der Weltrevolution und der Revolution in der BRD entwickeln.

Doch bevor wir in dem zweiten Teil dieser Schrift in der nächsten Nummer der Trotz Alledem direkt auf den Vorschlag der KP Chinas "Über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung" eingehen, wollen wir auf die Wurzeln und Ursprünge der Widersprüche eingehen.

Der XX. Parteitag der KP der Sowjetunion - der Triumph des Chruschtschowrevisionismus

Der XX. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion 1956 war ein weitreichender Einschnitt in der Geschichte der kommunistischen Weltbewegung. Chruschtschow, der als Generalsekretär (ab 1953) im Namen des ZK den Bericht an den Parteitag hielt, verkündete vor aller Welt das Programm des modernen Revisionismus. Dieser Parteitag war ein Frontalangriff auf den Marxismus-Leninismus in den Grundfragen der proletarischen Weltrevolution. Wir greifen hier die einzelnen entscheidenden Thesen heraus:

1. Die "neue Epoche" der Chruschtschowrevisionisten

Ausgehend von den historischen Veränderungen nach dem 2. Weltkrieg, der Existenz des sozialistischen Lagers, dem Aufschwung der nationalen Befreiungsbewegungen, der daraus folgenden Zerrüttung des Kolonialsystems des Imperialismus und dem Erstarken der Arbeiterbewegungen in den imperialistischen Ländern erklären die Chruschtschowrevisionisten, daß eine "neue Epoche" angebrochen sei:

"Unsere Epoche ist hauptsächlich dadurch gekennzeichnet, daß der Sozialismus über den Rahmen eines Landes hinausgegangen und zu einem Weltsystem geworden ist." (Chruschtschow, "Rechenschaftsbericht des ZK der KPdSU an den XX. Parteitag", im weiteren zitiert als "Rechenschaftsbericht", Dietz-Verlag 1956, S. 4)

Diese Verkündung einer "neuen Epoche" spielt eine zentrale Rolle für das System der modernen Revisionisten. Alle ihre Anschauungen werden letztendlich mit der "neuen Epoche, in der der Sozialismus ... zu einem Weltsystem geworden ist" und sich "wesentliche Bedingungen" verändert haben, (,,Rechenschaftsbericht", S. 164) begründet. Die leninsche Analyse, daß wir in der Epoche "des Imperialismus und der proletarischen Revolution" leben und die daraus folgenden politischen Aufgaben werden über Bord geworfen.

2. Die imperialistischen Großmächte werden zu "Partnern" und Friedensverkündern

Das Ausnutzen zwischenimperialistischer Widersprüche wie es Lenin und Stalin in den zwischenstaatlichen Beziehungen von kapitalistischen und sozialistischen Staaten durchführten, verwandelten die Chruschtschowrevisionisten in eine vollständige und umfassende Zusammenarbeit mit dem Imperialismus. Die imperialistischen Großmächte werden auf eine Stufe mit der "Großmacht Sowjetunion" gesetzt. "Die Sowjetunion hat vieles für die Annäherung der Standpunkte der Großmächte getan... da sich die Möglichkeit eröffnet hat, die Standpunkte der Mächte in einer Reihe internationaler Probleme einander näherzubringen, wird die SU noch beharrlicher danach trachten, zwischen allen Ländern und vor allem zwischen den Großmächten ein gegenseitiges Vertrauen und eine Zusammenarbeit herzustellen." ("Rechenschaftsbericht", S.31) Darum wird den imperialistischen Mächten auch die Absicht unterstellt, daß sie "das Entstehen eines neuen Krieges in Europa" ("Entschließung des XX. Parteitages der KPdSU", im folgenden "Entschließung", S. 168) nicht zulassen wollen. Der imperialistische Wolf wird zum Friedensbringer. Die gesamte leninistische Theorie über den Imperialismus, der den Krieg in sich trägt wie die Wolke den Regen, wird auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen.

3. Die friedliche Koexistenz wird zur Grundlage der Außenpolitik der Sowjetunion

"Das Leninsche Prinzip der friedlichen Koexistenz von Staaten mit verschiedener sozialer Ordnung war und bleibt die Generallinie der Außenpolitik unseres Landes". ("Rechenschaftsbericht", S. 38)

Die leninsche Generallinie der Außenpolitik eines sozialistischen Landes, der proletarische Internationalismus, der nichts anderes als die größtmögliche Unterstützung für das internationale Proletariat und die unterdrückten Völker bedeutet, wurde einfach über Bord geworfen. Die ‘friedliche Koexistenz’, eine Taktik und ein Aspekt der leninschen Außenpolitik zwischen Ländern mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung war nun zum allumfassenden Prinzip erhoben. Begründet haben die Chruschtschowrevisionisten das vor allem mit einer hysterischen Demagogie über den Atomkrieg:

"Es gibt tatsächlich nur zwei Wege: entweder friedliche Koexistenz oder den furchtbarsten Vernichtungskrieg der Geschichte. Einen dritten Weg gibt es nicht." ("Rechenschaftsbericht", S. 41). Das bedeutete, den kommunistischen Klassenkampf aufzugeben, die Weltrevolution zu streichen und auf eine Verständigung mit dem Imperialismus zu setzen.

4. Die Vermeidbarkeit der Kriege im Imperialismus wird verkündet

a) Die leninistische These, daß imperialistische Kriege unvermeidbar sind, solange es den Imperialismus gibt, wird über Bord geworfen. Dies wird so begründet: "heute hat sich die Lage jedoch von Grund aus geändert" und "Die Marxisten müssen ...dabei die welthistorischen Veränderungen berücksichtigen". ("Rechenschaftsbericht", S.42) Es wird die Epoche des Friedens im Imperialismus verkündet. Chruschtschow macht keinen Unterschied zwischen gerechten Kriegen und ungerechten imperialistischen Kriegen. Ebenso unterscheidet er nicht zwischen Krieg und Weltkrieg. So redet er allgemein von der "Verhinderung von Kriegen", dann spricht er vom Weltkrieg und am Ende vermischt er beides. Demagogisch werfen die Chruschtschowrevisionisten die Frage der Verhinderung eines bestimmten, konkreten Krieges (oder Weltkrieges), was unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, mit der Haltung zur Unvermeidbarkeit von Kriegen im Imperialismus insgesamt, in einen Topf.

b) In der auf dem XX. Parteitag verabschiedeten Entschließung heißt es, daß die "wichtigste Aufgabe der sozialistischen Länder und der anderen friedliebenden Länder sowie der breiten Volksmassen aller Länder .. die Erhaltung und Festigung eines dauerhaften Friedens und die Verhütung einer neuen Aggression" ist. ("Entschließung", S. 170).

Die Hauptaufgabe kommunistischer Arbeit ist aber nicht die Sicherung des Friedens sondern die Durchführung der Revolution! Es wird die Illusion erzeugt, daß im Imperialismus ein dauerhafter Frieden möglich sei. Die Aufgabe, dauerhaften Frieden zu schaffen wird als eine von der Zerschlagung des Imperialismus unabhängige Frage hingestellt! Daher wird der "Kampf" für Frieden verbunden mit der Aufforderung den revolutionären Kampf einzustellen bzw. solche Konflikte durch die Großmächte USA und Sowjetunion "lösen" zu lassen.

Die Forderung der Revisionisten nach "Liquidierung der Kriegsherde im Osten und die Verhinderung des Entstehens neuer Kriegsherde und Konflikte in Europa und Asien" ("Rechenschaftsbericht", S. 29) bedeutete, sich offensiv gegen die nationalen und sozialen Befreiungskämpfe zu richten! In diesem Sinne ist es nur logisch, wenn die Chruschtschowrevisionisten gegenüber den verschiedenen antiimperialistischen Befreiungskriegen in (halb)kolonialen Ländern sich offen auf die Seite der imperialistischen Staaten schlugen und für die Erdrosselung dieser gerechten Kriege eintraten. Beispiele sind der algerische Befreiungskrieg (1954 - 1962) und der in Kongo unter Führung des Revolutionärs Lumumba.

5. Die proletarische Revolution wird durch den parlamentarischen Kampf ersetzt

Der Weg der proletarischen Revolution in den kapitalistischen und imperialistischen Ländern wird von den Chruschtschowrevisionisten "neu" entworfen: "In einer Reihe kapitalistischer Länder hat die von ihrem fortgeschrittensten Teil geführte Arbeiterklasse unter den gegenwärtigen Bedingungen die reale Möglichkeit, unter ihrer Führung die überwältigende Mehrheit des Volkes zu vereinigen.....den reaktionären, volksfeindlichen Kräften eine Niederlage zuzufügen, eine stabile Mehrheit im Parlament zu erobern und es aus einem Organ der bürgerlichen Demokratie zu einem Instrument des wirklichen Volkswillens zu machen." ("Entschließung" , S. 172) Statt proletarischer Revolution und Errichtung der Diktatur des Proletariats, der reformistische Weg zur parlamentarischen Mehrheit im bürgerlichen Parlament!

6. Die gewaltsame Revolution wird zum friedlichen Übergang

Beim Übergang zum Sozialismus "auf friedlichem Weg" - bzw. zur Leugnung der Aufgaben der proletarischen Revolution hat sich Chruschtschow auch nicht viel Neues einfallen lassen. Ganz im Geiste eines Bernsteins erklärt er: "Und daß wir angeblich Gewalt und Bürgerkrieg als den einzigen Weg zur Umgestaltung der Gesellschaft anerkennen - das entspricht nicht den Tatsachen". ("Rechenschaftsbericht", S. 45) Nein, für Revisionisten trifft das sicherlich nicht zu. Für Marxisten-Leninisten hingegen ist es ein grundlegendes Prinzip, das nur durch revolutionäre Gewalt (gleich in welcher Form, Bürgerkrieg, gerechter Befreiungskrieg, etc.) die proletarische Revolution und die demokratische, antiimperialistische Revolution siegreich sein können. Der Staatsapparat der Herrschenden, mit seinem Herzstück der Armee, muß gewaltsam zerschlagen werden.

7. Die demokratische Volksrevolution wird für erledigt erklärt

Damals halbkoloniale Staaten wie Indien, Burma, Sudan, Syrien etc. werden als "unabhängige Staaten" eingeschätzt und die Aufgaben der demokratischen Revolution somit für erfüllt erklärt. Sie werden auf eine Stufe mit der Volksrepublik China gestellt. Der Klassencharakter dieser Staaten wird verschleiert. Die Aufgabe für erstere Staaten, demokratische Revolutionen mit antiimperialistischen und agrarrevolutionären Aufgaben durchzuführen, die geführt von den kommunistischen Parteien den Weg zum Sozialismus eröffnen, wird mit keinem Wort erwähnt. Statt dessen wird der "nichtkapitalistische Entwicklungsweg" propagiert. "Die Länder, die den Weg der selbständigen Entwicklung eingeschlagen haben, eröffnen sich historische Perspektiven einer besseren Zukunft."("Rechenschaftsbericht", S. 25) Im Klartext, der Weg des Neokolonialismus wird gelobt.

8. Die KPdSU wird zur Partei des ganzen Volkes und die Diktatur des Proletariats verschwindet

Die KPdSU wird von Chruschtschow auf dem XX. Parteitag bereits schon in Ansätzen (auf dem XXII. Parteitag dann ganz offen) von der Partei des Proletariats zur "Partei des ganzen Volkes" umgemodelt. Als Hauptaufgabe in ideologischer Hinsicht stellt er fest: "Die Rolle der Partei als der führenden und richtungsgebenden Kraft des Sowjetvolkes....zu stärken." ("Rechenschaftsbericht", S.156) Im Zusammenhang damit, daß er nicht die nach wie vor besondere Rolle des Proletariats erwähnt, daß es nach Chruschtschow keinerlei Widersprüche zwischen den befreundeten Klassen und Schichten (Bauern, Arbeiter, Intellektuelle etc.) mehr gibt, sondern vor allem nur noch vom "Volk" geredet wird, daß eine Entartungsgefahr sowieso ausgeschlossen wird, ist klar, worauf dieser Punkt hinausläuft. So ist es auch ganz "selbstverständlich", daß von der Diktatur des Proletariats und ihren Aufgaben auf dem XX. Parteitag ganz einfach nicht mehr gesprochen wird. Die Steigerung der Arbeitsproduktivität wurde als das A und O bei der Entwicklung hingestellt. Die maßgebliche Bedeutung des politischen und ideologischen Bewußtseins der Menschen für den Aufbau des Sozialismus und die Diktatur des Proletariats und der Kampf gegen Bürokratismus und Entartungsgefahren spielen keine Rolle. Alles wird darauf ausgerichtet die "materielle Produktionsbasis des Kommunismus zu schaffen" ("Entschließung", S.188).

9. Jugoslawien wird zum sozialistischen Bruderstaat

1948 wurde die KP Jugoslawien durch einen Beschluß der Kominform ausgeschlossen. Es ist kein Wunder, daß es eine der ersten "Amtshandlungen" Chruschtschows war, Jugoslawien wieder zum "sozialistischen Bruderstaat" zu befördern. Der Weg des "jugoslawischen Sozialismus" sich mit den Imperialisten zu verbinden und insbesondere sich von ihnen ökonomisch abhängig zu machen, wird nun von Chruschtschow so dargestellt:

"In der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien, wo die Macht den Werktätigen gehört und die Gesellschaft auf dem gesellschaftlichen Eigentum an den Produktionsmitteln beruht, bilden sich im Prozeß des sozialistischen Aufbaus besondere konkrete Formen der Leitung der Wirtschaft des Aufbaus des Staatsapparates heraus." ("Rechenschaftsbericht", S.44) Der Tito-Revisionismus wurde somit von der "höchsten Autorität" in der kommunistischen Weltbewegung, der KPdSU, in Ehren wieder aufgenommen.

10. Der Kampf gegen Stalin unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den "Personenkult"

Einer der entscheidensten Angriffe auf den Marxismus-Leninismus erfolgte im Angriff auf Stalin auf dem XX. Parteitag. Der Kampf "gegen den Personenkult" wurde eröffnet und der Geheimbericht Chruschtschows "über Stalin"vorgetragen. Um ihre gesamte revisionistische Linie der Versöhnung mit dem Imperialismus und der Aufgabe der proletarischen Weltrevolution durchzusetzen, mußten die Chruschtschowrevisionisten zu dieser demagogischen Waffe greifen, weil Stalin ja für die gesamte bisherige Theorie und Praxis der Politik der KPdSU stand. Sie schlugen gegen ihn los, meinten aber den bisherigen Aufbau des Sozialismus. Sie legten die ganze Autorität der KPdSU auf die Waagschale und verleumdeten Stalin, um die werktätigen Massen, das Proletariat in der Sowjetunion und in allen Ländern auf ihre Seite zu ziehen. Sie kippten Kübel der übelsten Verleumdungen über Stalin aus, sie diffamierten und hetzten. Vor allem aber bestätigten sie alle Greuelmärchen, die die Imperialisten schon immer über Stalin in Umlauf brachten. Wobei sie allerdings in der Sowjetunion nur nach und nach die Katze aus dem Sack ließen. Im Rechenschaftsbericht und der Entschließung des XX. Parteitages wird Stalin überhaupt nicht namentlich erwähnt. Der Geheimbericht wurde nur auf dem Parteitag vor den 6000 Deligierten von Millionen Mitgliedern verlesen und nicht in der Partei-, bzw. Sowjetpresse dokumentiert. Später wurde er von den US-Imperialisten veröffentlicht.

Die Reaktion der KP Chinas auf den XX. Parteitag

Wie alle anderen kommunistischen und Arbeiterparteien auch begrüßte die KP Chinas zunächst den XX.Parteitag. So heißt es in einem Artikel im April 1956 (der XX.Parteitag fand im Februar statt): "Der XX.Parteitag der KPdSU hat die neuen Erfahrungen in den internationalen Beziehungen und beim Aufbau der UdSSR zusammengefaßt und eine ganze Reihe wichtiger Beschlüsse angenommen, u.a. über die konsequente Durchführung der Leninschen Politik der friedlichen Koexistenz von Staaten mit verschiedener Gesellschaftsordnung, über die Entwicklung des demokratischen Systems der Sowjetunion, über die Einhaltung des Prinzips der kollektiven Leitung in der Partei… Der Parteitag hat mit aller Offenheit die Tatsache bloßgelegt, daß der Personenkult verbreitet war." ("Über die historischen Erfahrungen der Diktatur des Proletariats", S.1) Dieser Artikel vom 5. April 1956 und ein weiterer "Mehr über die historischen Erfahrungen der Diktatur des Proletariats" vom 29. Dezember 1956 wurden verfaßt von der Redaktion der "Renmin Ribao" -Volkszeitung- auf Grundlage von Diskussionen erweiterter Sitzungen des Politbüros des ZKs der KP Chinas . Beide Artikel wurden nochmals 1963 in einer Broschüre mit dem Sammeltitel "Die historischen Erfahrungen der Diktatur des Proletariats" veröffentlicht, in viele Fremdsprachen übersetzt, von der VR China verbreitet und in der "Polemik über die Generallinie" (im Weiteren "Polemik", S.75) positiv erwähnt.

Auch der im November 1956 stattfindende VIII. Parteitag der KP Chinas bezieht sich positiv auf den XX. Parteitag der KPdSU. Auf der anderen Seite wird in der Polemik 1963 aber in dem Kommentar "Ursprung und Entwicklung der Differenzen zwischen der Führung der KPdSU und uns" dargelegt, daß "führende Genossen des ZK der KP Chinas nach dem XX. Parteitag der KPdSU wiederholt während interner Besprechungen die Fehler der Führer der KPdSU ernsthaft kritisiert haben". Es werden konkret als Kritikpunkte die "Einschätzung Stalins", die Frage des "friedlichen Übergangs", die Fehler "zur internationalen Lage und zur Frage der Strategie der internationalen Bewegung" angeführt. Gleichzeitig wird in diesem Kommentar von der KP Chinas darauf hingewiesen, daß in dem oben erwähnten Artikel Über die historischen Erfahrungen der Diktatur des Proletariats: "taktvoll, aber sehr deutlich Kritik an den falschen Thesen des XX. Parteitages der KPdSU" ("Polemik", S.75) geübt wurde.

Wie sah diese taktvolle und deutliche Kritik aus? Die KP Chinas stellte ihre Positionen positiv dar, so z.B., daß hinsichtlich der Einschätzung der Weltlage vom "Gegensatz zwischen dem imperialistischen Aggressionsblock und den Kräften der Völker in der Welt" ("Die historischen Erfahrungen der Diktatur des Proletariats", S. 25) ausgegangen werden muß, daß "die Gegensätze und flagranten Sabotageakte des imperialistischen Lagers gegen das sozialistische Lager zum ausgeprägtesten Charakterzug der Weltpolitik geworden" (ebenda, S.25) sind. Damit ist sie natürlich einigen versöhnlerischen Positionen des XX. Parteitages "indirekt" entgegengetreten. Aber gleichzeitig schreibt die KP China in dem selben gerade erwähnten Artikel "Wir chinesischen Kommunisten glauben zutiefst daran, daß nach der scharfen Kritik, (gemeint ist vor allem die an Stalin A.d.V.) die auf dem XX. Parteitag der KPdSU geübt wurde, alle aktiven Faktoren, die in der Vergangenheit durch eine gewisse fehlerhafte Politik ernstlich gehemmt waren, unbedingt und überall in Bewegung geraten werden." (ebenda, S.22) Insbesondere Stalin wird in der Broschüre "Über die historischen Erfahrungen der Diktatur des Proletariats" massiv angegriffen und den Verleumdungen der Chruschtschowrevisionisten in dieser Frage wird kaum etwas Glaubhaftes entgegengesetzt. (Wir werden darauf noch einmal bei der Einschätzung der "Polemik über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung" zurückkommen.)

Aus den Dokumenten ist also ersichtlich, daß die KP Chinas zwar den XX. Parteitag öffentlich begrüßte und mit wesentlichen Thesen übereinstimmte, aber gleichzeitig auch an etlichen seiner Positionen Kritiken hatte, die sie intern der Führung der KPdSU mitteilte aber nicht öffentlich und namentlich bezogen auf den XX. Parteitag kritisierte.

Die Erklärungen von 1957 und 1960 -der Chruschtschowrevisionismus international auf dem Vormarsch!

Nichts war natürlicher, als daß die KPdSU nach dem XX. Parteitag mit seinem "epochemachenden" revisionistischen Programm sofort darin ging, dieses zum Programm der internationalen kommunistischen Bewegung zu machen. 1957 berief die KPdSU eine Beratung von Vertretern der kommunistischen und Arbeiterparteien der sozialistischen Länder vom 14.-16. November nach Moskau ein. Es nahmen Vertreter der Partei der Arbeit Albaniens, der KP Bulgariens, der KP Chinas, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, der Koreanischen Arbeiterpartei, der Mongolischen Revolutionären Volkspartei, der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei, der Rumänischen Arbeiterpartei, der KPdSU, der KP der Tschechoslowakei, der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei und der Partei der Arbeit Vietnams teil. Über den Charakter des Treffens heißt es in der dabei verabschiedeten Deklaration: "Der Meinungsaustausch hat gezeigt, daß die auf der Beratung vertretenen kommunistischen und Arbeiterparteien über alle erörterten Fragen einer Auffassung sind und die gegenwärtige internationale Lage übereinstimmend beurteilen." ("Deklarationen der Moskauer Beratungen 1957 und 1960", - im weiteren "Deklarationen", Verlag rote front , S.7)

1960 fand eine zweite Beratung statt, diesmal mit Vertretern der kommunistischen und Arbeiterparteien in Moskau, an der sich Delegationen aus 81 Ländern beteiligten. Die Erklärung der Beratung wird eingeleitet mit der Bekräftigung: "Die Teilnehmer der Beratung führten einen Meinungsaustausch über ihre Erfahrungen sowie über ihre Ansichten und Standpunkte durch. Sie erörterten aktuelle Probleme der gegenwärtigen internationalen Entwicklung und der kommunistischen Bewegung im Interesse des gemeinsamen Kampfes für die gemeinsamen Ziele - Frieden, Demokratie, nationale Unabhängigkeit und Sozialismus - und nahmen einstimmig eine Erklärung der kommunistischen und Arbeiterparteien und auch einen Appell an die Völker der ganzen Welt an. Die Erörterung aller Fragen verlief in einer Atmosphäre brüderlicher Freundschaft auf der Grundlage der unerschütterlichen Prinzipien des Marxismus-Leninismus und des proletarischen Internationalismus....Die Beratung hat gezeigt, daß die Teilnehmer in den behandelten Fragen einer Meinung sind. Die kommunistischen und Arbeiterparteien bestätigen einmütig ihre Treue zur Erklärung und zum Friedensmanifest von 1957." ("Deklarationen", S. 32-33)

Bevor wir uns nun den Dokumenten zuwenden, wollen wir vorneweg noch die Einschätzung der KP Chinas aus dem Jahre 1963 über die beiden Beratungen anführen. Im Kommentar "Ursprung und Entwicklung der Differenzen zwischen der Führung der KPdSU und uns" heißt es: "Die auf dieser Beratung festgelegte gemeinsame Linie der internationalen kommunistischen Bewegung verkörpert die revolutionären Prinzipien des Marxismus-Leninismus und steht im Gegensatz zu den falschen, vom Marxismus-Leninismus abweichenden Ansichten des XX. Parteitages." ("Polemik", S. 80) Und die Erklärung von 1960 wird wie folgt eingeschätzt: "Tatsache ist, daß viele falschen Ansichten im Erklärungsentwurf der KPdSU abgelehnt wurden....Tatsache ist, daß viele richtige Ansichten, die von der Delegation der KP Chinas und den Delegationen anderer Bruderparteien zu wichtigen prinzipiellen Fragen vorgebracht wurden, in der Erklärung Aufnahme fanden." ("Polemik", S.99)

In dem oben genannten Kommentar schildert die KP Chinas 1963 ausführlich und belegt durch Dokumente wie sich der Kampf zwischen ihr und der KPdSU im Laufe der Jahre von 1956 bis 1960 verschärfte. Sie führt konkret aus, zu welchen infamen Mitteln die Chruschtschowrevisionisten insbesondere auf der Beratung 1960 griffen, um die Kritik der KP Chinas (und auch der PdAAlbaniens) zu unterdrücken und sie zu isolieren.

Die beiden Erklärungen von 1957 und 1960 sind Dokumente dieses ideologischen Kampfes. Allerdings nicht in dem Sinne, daß es marxistisch-leninistische Kampfdokumente gegen den modernen Revisionismus sind. Wir werden in der Gesamteinschätzung dieser Erklärungen darauf genauer eingehen. Vorneweg wollen wir nur festhalten, daß beide Erklärungen von jedem etwas zu bieten haben, daß also sowohl die Positionen der Chruschtschowrevisionisten wie auch die Positionen der KP Chinas und anderer revolutionärer Kräfte darin "vereint" sind. Allerdings gehen diese "revolutionären Positionen" unserer Meinung nach unter im revisionistischen Schwall, der von der Begrüßung und Beklatschung des XX. Parteitages bis hin zu einem pazifistischen Friedensappell gemeinsam mit der KP Jugoslawiens reicht.

Zur Einschätzung der Erklärungen von 1957 und 1960 gehen wir entlang der grundlegendsten Prinzipien, die der XX.Parteitag verraten hatte, vor, um feststellen zu können, inwieweit der Kampf gegen die Thesen des Chruschtschowrevisionismus auf diesen Treffen erfolgreich war.

1. Die Einschätzung der Epoche:

In beiden Erklärungen fehlt die eindeutige leninistische Grundthese, daß wir in der "Epoche des Imperialismus und der proletarischen Revolution leben". Entgegen der revisionistischen Festlegung des XX. Parteitages, der die "neue Epoche des sozialistischen Lagers" eingeläutet hatte, - und der die Erklärung von 1957 nichts wesentlich anderes entgegensetzte: "In unserer Epoche wird die internationale Entwicklung vom Verlauf und von den Ergebnissen des Wettbewerbs der beiden entgegengesetzten Gesellschaftssysteme bestimmt". ("Deklarationen", S. 8) - heißt es in dem Dokument von 1960: "Hauptinhalt unserer Epoche ist der Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus, der durch die Große Sozialistische Oktoberrevolution in Rußland eingeleitete Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus, ist die Epoche des Kampfes der beiden entgegengesetzten Gesellschaftssysteme, die Epoche der sozialistischen Revolutionen und der nationalen Befreiungsrevolutionen...." (ebenda, S. 34). Hier wird dem XX. Parteitag dadurch entgegengetreten, daß alle Kräfte der proletarischen Weltrevolution benannt werden, aber trotzdem eine Verwässerung der leninschen Epochenbestimmung betrieben wird. Jeder kann sich sozusagen was ihm passt rauspflücken.

Und ein paar Sätze weiter haben dann die Chruschtschowrevisionisten ihr Epochenbild (nur etwas anders formuliert) wieder unterbringen können: "Es ist das Hauptmerkmal unserer Zeit, daß das sozialistische Weltsystem zum ausschlaggebenden Faktor der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft wird."(ebenda) Also, für jeden etwas. Auf jeden Fall wird in der letzten Feststellung die proletarische Weltrevolution als Entwicklungsfaktor einzig und allein auf die sozialistischen Staaten reduziert, eine der Grundthesen des XX. Parteitages.

2. Das imperialistische Lager und die Großmächte

Der Imperialismus wird in der Deklaration von 1957 so charakterisiert: "Der Imperialismus hat seine Herrschaft über den größten Teil der Menschheit verloren. Die Gesellschaft in den imperialistischen Staaten ist durch tiefwurzelnde Klassengegensätze sowie durch akute Gegensätze zwischen diesen Staaten zerrissen" ("Deklarationen", S.8) und 1960 heißt es: "Je mehr die imperialistische Herrschaftssphäre schrumpft, desto stärker treten die Gegensätze zwischen den imperialistischen Mächten zutage." (ebenda, S. 36). Hier werden richtige Prinzipien vertreten, die aber in ihrer konkreten Ausfüllung in den Deklarationen sofort eine revisionistische Schlagseite bekamen. So wird in der Erklärung von 1957 für die imperialistischen Staaten ein neuer Widerspruch entdeckt: " Die Widersprüche verschärfen sich nicht nur zwischen der Bourgeoisie und der Arbeiterklasse, sondern auch zwischen der Monopolbourgeoisie und allen Schichten des Volkes..." (ebenda, S. 9). D.h. in einem Satz wird aus dem Feind Bourgeoisie ein Teil der Bourgeoisie herausgenommen und zum Freund des Volkes gemacht. Denn nichts anderes bedeutet es, wenn ein Widerspruch zwischen "der Monopolbourgeoisie und dem ganzen Volk" festgelegt wird. Diese "Weiterentwicklung" wird auf die weltweiten Widersprüche so übertragen: "ebenso zwischen der Monopolbourgeoisie der USA auf der einen Seite und den Völkern, ja selbst der Bourgeoisie der übrigen kapitalistischen Länder auf der anderen" (ebenda). Und weiter heißt es 1960: Der US-Imperialismus ist "das Hauptbollwerk der Weltreaktion, der Weltgendarm, der Feind der Völker der ganzen Welt ." (ebenda, S. 37) Diese Positionen sind eindeutige Ausgangspunkte für die spätere Drei-Welten-Theorie durch die KP Chinas. Es wird unzulässig der US-Imperialismus zum praktisch einzigen Hauptfeind der Völker weltweit erklärt, faktisch die These von der Supermacht USA entwickelt und ihr die Völker und die Bourgeoisie der anderen Länder gegenübergestellt. Das ist Klassenversöhnung und eine völlige Verkennung der Leninschen Imperialismustheorie, die besagt, daß sich die Großmächte um die Welthegemonie schlagen und dabei in den jeweiligen Bündnissen sich die anderen imperialistischen und kapitalistischen Länder einreihen, und widerspricht der leninistischen Festlegung, der Hauptfeind steht im eigenen Land. Selbstverständlich hatte der US-Imperialismus eine herausragende Stellung weltweit und hat sie zu einem gewissen Grad noch heute. Daraus aber einen internationalen Hauptfeind zu machen ist vollkommen falsch. Damit werden die anderen imperialistischen Großmächte und ihr Ringen nach Welthegemonie völlig unterschätzt. Die Rolle des US-Imperialismus bewegt sich völlig im Rahmen der Gesetzmäßigkeit des Imperialismus, dem Streben der Großmächte nach Weltherrschaft. Auch wenn es wiederum an anderer Stelle heißt: "Die USA sind nach wie vor die wichtigste wirtschaftliche, finanzielle und militärische Macht des modernen Imperialismus, obwohl ihr Anteil an der Wirtschaft der kapitalistischen Welt im Sinken begriffen ist. Die englischen und französischen Imperialisten kämpfen beharrlich um ihre Positionen. Die Monopole Westdeutschlands und Japans, die ihre Macht wiederhergestellt haben und eng mit den amerikanischen Monopolen verbunden sind, verstärken ihre Expansion...." (ebenda, 1960, S. 37) werden damit die zuvor angeführten falschen Positionen nicht richtiger.

Eine weitere revisionistische Grundthese wird in den Dokumenten verankert: die zwei angeblich unterschiedlichen Fraktionen der Bourgeoisie in den imperialistischen Ländern. Um die Zusammenarbeit mit den imperialistischen Staaten ideologisch zu rechtfertigen mußten die Chruschtschowrevisionisten verschiedene Fraktionen ( sie nannten es "Kreise" etc.) der Bourgeoisie erfinden. So wird (wie im XX. Parteitag) 1960 "von den amerikanischen herrschenden Kreisen" (ebenda, S. 48) oder 1957 von "einigen aggressiven imperialistischen Kreisen der Vereinigten Staaten" gesprochen.

3. Die friedliche Koexistenz

Als "Generallinie der Außenpolitik der sozialistischen Staaten" wird in der Deklaration von 1960 genannt: "Die unerschütterliche Grundlage der Außenpolitik der sozialistischen Länder ist das Leninsche Prinzip der friedlichen Koexistenz und des wirtschaftlichen Wettbewerbs der sozialistischen Länder mit den kapitalistischen Ländern."(ebenda, 1960, S.50)

Diese Position wird 1963 von der KP Chinas als Beispiel für den Kampf gegen den modernen Revisionismus angeführt: "Die falsche Ansicht der Führung der KPdSU, die friedliche Koexistenz und der wirtschaftliche Wettbewerb seien die Generallinie aller sozialistischen Staaten wurden abgelehnt." ("Polemik", S. 98) Also beim besten Willen gibt es keinen großen Unterschied zwischen der "Generallinie" und der "unerschütterlichen Grundlage"! Weder die Generallinie noch die "unerschütterliche Grundlage" der Außenpolitik der sozialistischen Länder ist die "friedliche Koexistenz". Es ist einzig und allein der proletarische Internationalismus, der die Grundlage und Generallinie der Außenpolitik der sozialistischen Länder ist. Die Politik der friedlichen Koexistenz mit Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung ist lediglich ein Aspekt der Außenpolitik der sozialistischen Länder.

4. Die Frage von Krieg und Frieden

"Das brennendste Problem unserer Zeit ist das Problem von Krieg und Frieden!" ("Deklarationen", S.46) mit dieser übertriebenen Einschätzung, die auch der XX. Parteitag getroffen hatte, stimmt auch die Erklärung von 1960 überein. Ebenso wie auf dem XX. Parteitag wird allgemein in beiden Erklärungen festgestellt, daß der Imperialismus nach wie vor "Boden für Aggressionskriege hat", 1957 (ebenda, S.10), und 1960: "Solange der Imperialismus besteht, wird auch der Boden für Aggressionskriege erhalten bleiben." (ebenda, S. 46) und es wird aufgeführt welche konkreten Kriege seit dem Ende des 2.Weltkrieges von imperialistischen Staaten geführt wurden. Desweiteren werden in dem die aktuelle Gefahr eines neuen Weltkrieges und seine mögliche Verhinderung mit der Frage von Kriegen allgemein verbunden wird, zentrale revisionistische Thesen des Chruschtschowrevisionismus aufgetischt, die Handlungsanleitung für die kommunistische Weltbewegung sein sollen. Im Friedensmanifest, einem Anhang zur Erklärung von 1957, heißt es: "Der Krieg ist nicht unvermeidlich, der Krieg kann verhindert werden, der Frieden verteidigt und gefestigt werden." (ebenda, S.23) und 1960: "Der aggressive Charakter des Imperialismus hat sich nicht geändert. Dennoch haben sich reale Kräfte gebildet, die seine Aggressionspläne vereiteln können. Es besteht keine schicksalhafte Unvermeidbarkeit des Krieges." (ebenda, S. 48)

Im Friedensappell von 1960 wird auch wieder gesagt, daß es keine höhere Pflicht gäbe, als die "Teilnahme am Kampf gegen den Kernwaffenkrieg und für den Frieden." Für PazifistInnen mag das ja vielleicht zutreffen, aber für KommunistInnen steht der Kampf für die proletarische Weltrevolution, der Klassenkampf, der Kampf für die Revolution und den Sozialismus an erster Stelle, denn nur sie sind die Garanten dafür, daß die Ursachen der Kriege ein für alle mal ausgeschaltet werden. Dauerhaften Frieden kann es nur im Kommunismus geben.

5. Zur Revolution in den imperialistischen und kapitalistischen Ländern

In der Erklärung von 1957 wird, wie schon einmal zitiert, eingeschätzt: "In den imperialistischen Staaten hat sich der Widerspruch zwischen dem Charakter der Produktivkräfte und den Produktionsverhältnissen verschärft. ... Die Widersprüche verschärfen sich nicht nur zwischen der Bourgeoisie und der Arbeiterklasse, sondern auch zwischen der Monopolbourgeoisie und allen Schichten des Volkes, " ("Deklarationen", S. 9). In der Erklärung 1960 wird der "Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital - in der jetzigen Etappe" zum "Widerspruch zwischen allen Volksschichten und dem Häuflein der Monopolherren" gemacht. Folgerichtig ist dann die Festlegung der Bündnispartner des Proletariats: "Am Sturz der Herrschaft der Monopole sind die Arbeiterklasse, ..... sowie die städtische Klein- und Mittelbourgeoisie zutiefst interessiert". Die "Mittelbourgeoisie" wird zum Bündnispartner des Proletariats! Hier wird die Notwendigkeit einer antimonopolistischen Zwischenetappe vor der proletarischen Revolution zwischengeschaltet, wo mit Teilen der Bourgeoisie gegen die Monopolbourgeoisie gekämpft werden soll.

Neben diesen revisionistischen Theorieverrenkungen stehen in der Erklärung 1960 als Ziel des Kampfes, gegen die modernen Revisionisten gerichtete Positionen wie: "Die marxistisch-leninistischen Parteien stehen an der Spitze des Kampfes der Arbeiterklasse, der werktätigen Massen für die sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats in dieser oder jener Form." ("Deklarationen", S.64)

6. Die "zwei Wege" des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus

In der Erklärung 1957 wird gesagt: "Die Formen des Übergangs verschiedener Länder vom Kapitalismus zum Sozialismus können unterschiedlich sein. ... Unter den heutigen Verhältnissen hat die Arbeiterklasse ... die Möglichkeit, ... die Staatsmacht ohne Bürgerkrieg zu erobern ... " (ebenda, S.18). Hier wird auch wie im XX. Parteitagsrechenschaftsbericht davon geredet, daß auf angeblich friedlichem Weg der Sozialismus erreicht werden kann. Dazu muß das Parlament erobert und zu einem Werkzeug für die ArbeiterInnenklasse gemacht werden, um so ... "die notwendigen Voraussetzungen für die friedliche Verwirklichung der sozialistischen Revolution zu schaffen." (ebenda, S.19) Dann wird der zweite Weg angeführt: "Für den Fall, daß die Ausbeuterklassen dem Volk gegenüber Gewalt brauchen sollten, muß man eine andere Möglichkeit im Auge haben: die des nichtfriedlichen Übergangs zum Sozialismus." (ebenda)

Die 1960 Erklärung vertritt faktisch dieselbe Position: "Die kommunistischen Parteien …bekräftigen die Feststellungen der Erklärung von 1957 über die Formen des Überganges". (ebenda, S.64) Das heißt, es wurde der Theorie Chruschtschows vom Weg des friedlichen Überganges entgegengetreten, indem beide Möglichkeiten propagiert wurden. Aber gemessen an der Forderung des Marxismus-Leninismus war das nicht ausreichend, denn es gibt keine "zwei möglichen Wege". Es ist ein marxistisch-leninistisches Grundprinzip, daß das Proletariat nur durch die gewaltsame Revolution, die Zerschlagung des Staatsapparates die sozialistische Revolution durchführen kann und die kommunistische Partei es gerade in diesem Sinne darauf vorbereiten und erziehen muß.

7. Die antiimperialistische, demokratische Revolution in den abhängigen, unterdrückten Ländern

In der 57er Erklärung wird auf die Aufgaben im Revolutionskampf der Völker in den halbkolonialen, abhängigen Ländern nicht eingegangen. Die "Befreiungsbewegung der Völker der Kolonien und Halbkolonien" wird nur als "Friedenskraft" erwähnt. Es wird darüberhinaus davon gesprochen, daß eine Reihe von Ländern "unabhängig" seien, wobei auch von "friedliebenden Staaten Asiens und Afrikas, die eine antiimperialistische Position einnehmen" geredet wird. In der 60er Erklärung wird in einem ganzen Abschnitt zu diesen Ländern Stellung bezogen. Es wird der Fall des Kolonialismus begrüßt, die Erkämpfung der nationalen Unabhängigkeit vieler Staaten hervorgehoben und den Kommunisten die Aufgabe gestellt: "Die kommunistischen Parteien kämpfen aktiv für die konsequente Vollendung der antiimperialistischen, antifeudalen, demokratischen Revolution...". (ebenda, S.57) Aber es wird nicht entlarvt, daß in vielen staatlich unabhängigen Ländern an die Stelle des Kolonialismus der Neokolonialismus getreten war. Diesem Verständnis liegt auch der Fehler zugrunde, daß Länder mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung wie die Volksrepublik China und z.B. Indien auf eine Stufe gestellt werden. Wobei Indien tatsächlich unter Kontrolle des Imperialismus stand. Im Zusammenhang mit der Frage von Krieg und Frieden wird (bezogen auf die Befreiungskriege) die Aufgabe gestellt, daß "die von den Imperialisten entfesselten lokalen Kriege wirksam bekämpft" werden müssen und "die Brandherde solcher Kriege erfolgreich" ausgetreten werden können. Damit wird direkt gegen die Befreiungsbewegungen Position bezogen. So ist es nicht verwunderlich, daß die Möglichkeit der zwei Wege, des friedlichen oder des gewaltsamen auch für die antiimperialistische und antifeudale Revolution verkündet wird: "Die Völker der Kolonien erkämpfen ihre Unabhängigkeit ... durch bewaffneten Kampf oder auf nichtmilitärischem Weg". ("Deklarationen", S.54)

8. Die Diktatur des Proletariats in den sozialistischen Ländern

Hier wird in der Erklärung von 1957 den revisionistischen Thesen des XX. Parteitages einiges entgegengestellt. Als "allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten" werden propagiert: "Die Führung der werktätigen Massen durch die Arbeiterklasse, deren Kern die marxistisch-leninistische Partei ist", "Durchführung der Diktatur des Proletariats in dieser oder jener Form". Es wird betont: "Deshalb erfordert die Lösung der Frage ‘Wer wen?’ - Kapitalismus oder Sozialismus - eine ziemlich lange Zeitspanne." ("Deklarationen", S.16). 1960 wird der letztgenannten These "Wer wen ist noch nicht entschieden" entgegengesetzt: "Jetzt sind die sozialen und ökonomischen Möglichkeiten einer Restauration des Kapitalismus nicht nur in der Sowjetunion, sondern auch in den anderen sozialistischen Ländern beseitigt." (ebenda, S. 41) Also die Frage "Wer wen?" ist entschieden, es kann keine Entartung mehr geben! Und diese Feststellung wurde getroffen angesichts der tatsächlichen Entwicklung in der KPdSU und der Sowjetunion, wo sich der Revisionismus krebsgeschwürmäßig überall hin ausgebreitet hatte!

9. Haltung zum entarteten Jugoslawien-Staat

In der Erklärung 1957 wird sich zu diesem Thema nicht geäußert. Es ist nur festzuhalten, daß der Bund der Kommunisten Jugoslawiens das "Friedensmanifest" unterschrieben hat. 1960 heißt es: "Die kommunistischen Parteien haben die jugoslawische Spielart des internationalen Opportunismus, die einen konzentrierten Ausdruck der ‘Theorien’ der modernen Revisionisten darstellt einmütig verurteilt. Die Führer des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens, die den Marxismus-Leninismus verrieten, indem sie ihn für veraltet erklärten, haben der Erklärung von 1957 ihr antileninistisches Programm entgegengestellt." und es wird vor der "Gefahr" gewarnt,daß das "jugoslawische Volk seiner revolutionären Erungenschaften verlustig geht."("Deklarationen", S. 67). In den Dokumenten wird also ein Schritt weit hinter die Positionen der KPdSU und Stalin, sowie der Kominform von 1948 und 1949 zurückgegangen. Diese führten einen heftigen Kampf gegen den Revisionismus jugoslawischer Spielart und brandmarkten den Übergang des jugoslawischen Staates ins Lager des Imperialismus. Die Chruschtschowrevisionisten hatten als einen ihrer ersten Schritte noch vor dem XX. Parteitag eine politische Annäherung an den BdKJ unternommen. Die KP Chinas sprach direkt nach dem XX. Parteitag selbst in dem Artikel "Über die historischen Erfahrungen der Diktatur des Proletariats" von "Fehlern Stalins", wie "insbesondere fällte er die Fehlentscheidung in der Jugoslawienfrage."

10. Die Verteidigung des Marxismus-Leninismus in der Person Stalins

In der Deklaration von 1957 wird hierzu überhaupt keine Stellung genommen. Das heißt, daß die Angriffe gegen Stalin nicht verurteilt wurden, was aber ausdrücklich hätte getan werden müssen! In der 60er Erklärung wird als Aufgabe die "Überwindung der schädlichen Folgen des Personenkults" gestellt. ("Deklarationen", S. 67) Die Person Stalins, seine Rolle in der kommunistischen Weltbewegung wird nicht angesprochen. Das heißt, in einer Situation, in der die Einschätzung Stalins zu einer der zentralsten umstrittenen Grundfragen der kommunistischen Weltbewegung wurde, schweigen sich die beiden Dokumente dazu einfach aus. Sie loben aber gleichzeitig den XX. Parteitag der KPdSU, der durch seinen Geheimbericht die Treibjagd auf den Marxismus-Leninismus in der Person Stalins eröffnete. Das bedeutet nichts anderes, als daß dem Revisionismus in dieser Frage nichts entgegengesetzt, ja im Gegenteil das Tor weit geöffnet wurde.

11. Einschätzung des revisionistischen XX. Parteitages der KPdSU

In beiden Erklärungen wird der XX. Parteitag begrüßt:

"Die historischen Beschlüsse des XX. Parteitages der KPdSU haben nicht nur für die KPdSU und den kommunistischen Aufbau in der UdSSR große Bedeutung, sondern leiteten auch in der internationalen kommunistischen Bewegung eine neue Epoche ein und trugen zu deren weiteren Entwicklung auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus bei." ("Deklarationen", S. 21, und S. 70)

Er wird nicht nur begrüßt, sondern ihm wird auch das "Einleiten" einer neuen Epoche nicht nur für die Sowjetunion, sondern auch für die gesamte kommunistische Weltbewegung bescheinigt. Zu diesem Punkt wird die KP Chinas später in der "Polemik" erklären, daß sie zu dieser Frage Abänderungsvorschläge vorbrachte, aber aus "Rücksicht auf die schwierige Lage in der sich die Führung der KPdSU befand, bestanden wir nicht auf unseren Änderungen". ("Polemik", S. 84)

Gesamteinschätzung der Erklärungen von 1957 und 1960

Um diese Dokumente zu beurteilen, reicht es sicherlich nicht aus, lediglich von ihrem Wortlaut auszugehen. Es muß ganz klar auch gesehen werden, unter welchen geschichtlichen Umständen des ideologischen Kampfes sie entstanden sind.

Es muß berücksichtigt werden, daß es in den Jahren nach 1956 ebenfalls einen scharfen ideologischen Kampf gab, auch in der KP China, der sich auf dem 8. Parteitag der KP Chinas und den nachfolgenden Dokumenten festmachte. Es muß in die Bewertung miteinbezogen werden, welche große Rolle die KPdSU historisch spielte, welche Bedeutung das erste Land des Sozialismus hatte und auf der anderen Seite, welchem ideologischen und politischen Dauerfeuer das sozialistische Lager, die internationale Arbeiterbewegung, die nationalen Befreiungsbewegungen durch den Imperialismus ausgesetzt waren. Heute, wo wir die gesamte Entwicklung kennen, sieht sicherlich vieles klarer und eindeutiger aus, als es damals im Verlauf des Kampfes zu erkennen war.

Aber, geht man auch von all diesen Faktoren aus und bewertet dann die beiden Erklärungen, bleibt unserer Meinung nach einem trotz allem nichts anderes übrig als zu sagen, daß es sich faktisch um revisionistische Dokumente handelt, die keinesfalls als "Kampfdokumente des Marxismus-Leninismus" gegen den Chruschtschowrevisionismus herhalten können. Warum? Es reicht bei der Bewertung dieser beiden Dokumente nicht aus nur festzustellen, da steht Marxistisch-Leninistisches und Revisionistisches beides nebeneinander, jeder könne sich aussuchen was er gerne möchte.

Denn der getroffene Kompromiß in diesen beiden Dokumenten ist unserer Meinung nach viel weitergehend:

Gerade was die Handlungsanleitungen für die internationale kommunistische Weltbewegung angehen, so stehen da die revisionistischen Schlußfolgerungen an vorderster Stelle. Sicher, das Prinzip, daß es im Imperialismus Kriege gibt, wird z.B. erwähnt und insofern auch eine Abgrenzung zum Revisionismus vollzogen. Da wo es aber um die politische Linie der KommunistInnen im Kampf gegen den Weltimperialismus geht, da wird vorgegaukelt, daß Kriege vermeidbar seien, daß durch die Anstrengung aller Kräfte Kriege überhaupt unter den Bedingungen des Imperialismus unmöglich gemacht werden können. Dasselbe kann man bei der Aufgabenstellung für die KommunistInnen in den imperialistischen wie in den kolonialen, halbkolonialen, abhängigen Ländern sehen. Es werden richtige Prinzipien genannt, aber bei der Anwendung auf die politischen Kampfaufgaben obsiegen die revisionistischen Entstellungen, so die Propagierung der antimonopolistischen Zwischenetappe, so die völlige Überbetonung des demokratischen Kampfes gegenüber dem sozialistischen usw.

Bei einigen zentralen Fragen wie dem Schweigen zu dem Angriff auf Stalin und der Propagierung des XX. Parteitages als epochemachendes Ereignis, fällt der marxistisch-leninistische Kampf vollends unter den Tisch und wird im Zugeständnis an den Revisionismus, in dieser Trennungsfrage zurückgewichen, ja die Positionen des XX. Parteitages faktisch mitgetragen.

Wir sind der Auffassung, daß es von der KP Chinas und der Partei der Arbeit Albaniens falsch war diese Dokumente zu unterschreiben. Auch wenn sie zunächst isoliert gewesen wären. Für den nachfolgenden Kampf wäre die Ausgangsposition wesentlich besser gewesen, wenn sie lautstark auf diesen Konferenzen ihr Veto verkündet hätten. Wir sind sehr wohl der Auffassung, daß es zu bestimmten Zeiten, unter bestimmten Bedingungen möglich ist auch gewisse Zugeständnisse an die Revisionisten zu machen. Aber die Leitschnur muß doch immer dabei bleiben, werden die Grundprinzipien marxistisch-leninistischer Theorie und Praxis gewahrt, oder werden sie ausverkauft. In diesen Dokumenten werden sie unserer Meinung nach durch Verwässerung, durch Verballhornung und Vermischung mit den schärfsten revisionistischen Grundthesen nicht mehr gewahrt. Wichtig ist dabei auch zu bedenken, daß die Chruschtschowrevisionisten zum damaligen Zeitpunkt gerade erst bei der Durchsetzung ihres Revisionismus auf internationaler Ebene waren. Insofern hatten die Erklärungen 57 und 60 für sie eine sehr große Bedeutung.

Möglich wäre vielleicht für die KP China und die PAA eher gewesen, nur eine politische Erklärung herauszugeben, oder sich nur auf einige wenige Punkte zu beschränken. Aber diese Dokumente stellen ja durchaus programmatische Ansprüche und erfüllen sie eben überwiegend im Sinne der Revisionisten.

Insofern war der Kampf in der weiteren Auseinandersetzung nach der Erklärung von 1960 zwischen der KPdSU und der KP Chinas teilweise ein Streit um des Kaisers Bart. Indem sich beide Seiten immer wieder Zitate aus den beiden Erklärungen um die Ohren werfen konnten und darauf beharrten, das sei doch die jeweils richtige Position, die ihre Meinung unterstütze. Denn in den Erklärungen waren tatsächlich "beide" Positionen enthalten. Das zeigt schon wie "dehnbar" und "vielseitig nutzbar" diese Erklärungen waren. Unserer Meinung nach waren die Kompromisse der KP Chinas und auch der PdAA falsch und für den ideologischen Kampf schädlich. Eine Erklärung ihrerseits, die offen alle Widersprüche benannt und begründet hätte, warum sie diese Dokumente nicht mitunterzeichnen konnten, hätte unserer Meinung nach den Kampf - auf jeden Fall langfristig - viel weitergebracht.

Wir werden sehen wie diese Vorgehensweise der KP Chinas und der PdAA für die weitere Entwicklung auch negative Folgen zeitigte.

In der nächsten Trotz Alledem werden wir auf den "Vorschlag zur Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung" der KP Chinas eingehen, der zum Grundsatzdokument der sich formierenden neuen marxistisch-leninistischen Weltbewegung in den 60er Jahren wurde.