TROTZ ALLEDEM!

Warum wird erst nach 55 Jahren über Entschädigungen
für Zwangsarbeit entschieden?

Zynisch heißt es in der Präambel des "Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft": "In Anerkennung, daß das Gesetz für diejenigen, die als Opfer des nationalsozialistischen Regimes ihr Leben verloren haben oder inzwischen verstorben sind, zu spät kommt". Das Gesetz kommt für die, die gestorben sind zu spät... das bedauert der deutsche Bundestag, wobei er es ja gerade ist, der dafür gesorgt hat, daß das Gesetz erst so spät kam!!!

Es ist und bleibt eine geschichtliche Tatsache und Wahrheit: "Die BRD hat seit Bestehen der Bundesrepublik niemals eine Zahlung für Zwangsarbeit geleistet, in keiner Weise." (Brozik, "Jewish Claims Conference against Germany", 2000) Selbst bürgerliche Historiker geben verschämt zu, daß ehemalige Zwangsarbeiter "bis auf wenige Ausnahmen, keine Wiedergutmachung erhielten". (Harenberg 2000, S. 524) Eine der ungeheuerlichen Rechtfertigungen des (1949-1990) westdeutschen Staates für diese Situation lautete: "Zwangsarbeit ist kein NS-spezifisches Unrecht", darum wird nicht gezahlt. (TSP, 14. 7. 2000)

Überlebende ZwangsarbeiterInnen, unter anderem vertreten durch den JCC, versuchten seit den fünfziger Jahren Entschädigungen zu erreichen. Deutsche Gerichte wiesen die Klagen ab mit Begründungen wie: "Kriegsbedingte Schäden können nur durch einen Friedensvertrag" geregelt werden oder die "Ansprüche sind verjährt". (Spiegel 32/99)

Das war der Standpunkt der BRD, die juristisch der Nachfolgestaat des Nazi-Regimes war und ist, zur Sklavenarbeit und Menschenschinderei.

Die Ausbeuterindustriekonzerne wie Siemens, Bosch, Bayer, continental, Degussa, Deutsche Bahn, Hochtief, Ruhrgas Thyssen, Volkswagen und so weiter, die ihren Reichtum und ihre Profite ungehindert vom Nazifaschismus in die BRD überführten, machten nach dem 2.Weltkrieg weiterhin die Milliardenumsätzeund die Überlebenden der Zwangsarbeit erhielten keine Entschädigung, keine Rente etc. und viele starben arm, krank, elendig und leidend an den Folgen der Sklaverei. Das Wirtschaftswunderland Westdeutschland boomte, unter anderem auch deswegen, weil trotz Krieg die deutsche Industrie durch Sklavenarbeit bis zum Kriegsende funktionierte und die geschaffenen Werte Grundlage für das Wiedererstarken des westdeutschen Imperialismus waren. So wie Naziverbrecher in das westdeutsche politische System und in die Finanz- und Industriekonzerne "integriert" wurden, so wurden die Opfer, die geschundenen ZwangsarbeiterInnen ausgegrenzt und diffamiert. In den vierziger/fünfziger Jahren wurden überlebende ZwangsarbeiterInnen in der BRD von der deutschen Ausländerpolizeiverordnung zu "heimatlosen Ausländern" (dabei waren sie von den deutschen Faschisten zwangsdeportiert worden!) gestempelt und es wurde versucht sie möglichst schnell abzuschieben.

Im Jahr 1989 kam die Einverleibung der ehemaligen DDR durch den westdeutschen Imperialismus, die "Einheit Deutschlands" und ihre Besiegelung durch die 2 + 4 Verträge. Damit wurde juristisch das Londoner Schuldenabkommen ausgesetzt und individuelle Schadensansprüche wurden möglich. Das heißt, die überlebenden ZwangsarbeiterInnen, die "ohne jedes Recht" von den Nazi-Faschisten verschleppt und versklavt wurden, mußten nun bei seinem Nachfolgestaat um "ihr Recht" streiten. Dazu waren Geld, Unterlagen, Dokumente, Übersetzer etc. etc. notwendig, über die viele nicht verfügten. Es sollte möglichst "unmöglich" gemacht werden, die deutsche Industrie und den deutschen Staat zu Entschädigungen zu bringen. Einige Überlebende aus verschiedenen Ländern schlossen sich zusammen und versuchten durch Sammelklagen ihr "Recht" zu erstreiten. Aber die deutschen Gerichte schmetterten bis auf wenige Ausnahmen die Klagen ab. Die Argumentationen der Gerichte waren an Inhumanität und Zynismus kaum zu übertreffen. Wenn eine Zwangsarbeiterin zum Beispiel nach 3 Jahren Zwangsarbeit weitere 2 Jahre im KZ vegetieren mußte und für die KZ-Zeit bereits "entschädigt" wurde, stand ihr - so die Gerichte - keine weitere Entschädigung für die Zwangsarbeit zu. "Doppel-Leistungen" sollten ausgeschlossen werden, wie es im Juristendeutsch heißt. Parallel ging die JCC in den USA zu Sammelklagen gegen deutsche Firmen über und schuf eine Öffentlichkeit was die zahlungsunwillige deutsche Industrie betraf. 1997 billigte das Bonner Landgericht in einem Verfahren erstmals einer Klägerin Entschädigung zu.

Nun wurde die deutsche Industrie hellhörig und begann zu reagieren. "Humanitäre Gesten" (so die Industrieeigenwerbung) wurden öffentlichkeitswirksam inszeniert. Es wurden Fonds gebildet, so von Krupp mit 10 Millionen DM, Siemens mit 20 Millionen DM und VW "bewilligte" ganze 20 Millionen DM für 11.000 Zwangsarbeiter, die von 1938 bis 1945 für sie schuften mußten. Aber die ZwangsarbeiterInnen kämpften für eine umfassende Regelung und wollten sich nicht mehr mit lächerlichen Zugeständnissen abspeisen lassen.

Als für die deutsche Großmacht absehbar war, daß sie einer Regelung zustimmen mußte, um ihr Gesicht zu wahren und den "absatzschädigenden Sammelklagen" ein Ende zu setzen, kam es zu Verhandlungen.