TROTZ ALLEDEM!

Zielsetzung: Schlußstrich zugunsten des deutschen Imperialismus

Nach den Wahlen 1998 ging die neue rot-grüne Regierung mit Volldampf daran die deutsche Großmachtposition weltweit weiter auszubauen Ein Hindernis war die für den Staat und die Industrie lästige Frage der Forderungen der ZwangsarbeiterInnen. Da aber, so zynisch, wie es klingt, ist es auch, absehbar war, daß diese Frage mittlerweile "nur noch einen Personenkreis von etwa 1 Million Menschen" betrifft, denn die Mehrheit der Überlebenden war gestorben, konnte man "großzügig" an Verhandlungen gehen. Nur, wer gedacht hätte, jetzt wird eine Entschädigung, die die Sklaverei der Zwangsarbeit als solche anerkennt, ausgehandelt, der kennt den deutschen Imperialismus nicht oder schlecht. Einer der reichsten Staaten der Welt begann nun zu feilschen und zu handeln. Das Image sollte gewahrt und verbessert werden, aber dabei wollte man doch so billig wie möglich davon kommen. Und so wurde zwei Jahre lang von BRD Seite "beraten".

In der Beschlußempfehlung des Innenausschusses des Bundestages zum Stiftungsgesetz wird offen die eigentliche Absicht ausgesprochen:

"Zielsetzung: Im Zweiten Weltkrieg wurde von Deutschen in vielfältiger Weise großes Unrecht insbesondere den jüdischen Bürgern und den Sinti und Roma Deutschlands und seiner Nachbarstaaten zugefügt. Zahllose Bürger vor allem der osteuropäischen besetzten Gebiete wurden zu Zwangsarbeit herangezogen. Die BRD und deutsche Unternehmen wollen daher mit der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft die bisherigen Wiedergutmachungsregelungen noch einmal (!A.d.V.) ergänzen und ein in finanzieller Hinsicht (!A.d.V.) abschließendes Zeichen ihrer moralischen Verantwortung für die damaligen Geschehnisse setzen".

a) Es wird der Anschein erweckt, als hätte es schon "Wiedergutmachung" für Zwangsarbeit gegeben. Das ist einfach Lüge.

b) Es wird das Ziel benannt, daß es um "abschließende" Leistungen geht. Nach dem Motto "wir haben schon genug bezahlt". Das ist einfach Demagogie.

c) Es wird den damaligen Sklavenkonzernen die heute Weltmarktführer sind und dem Nachfolgestaat lediglich eine "moralische Verantwortung" zugestanden. Konkret wird sie so historisch ausgefüllt:

In der "Abschlußerklärung für die deutsche Wirtschaft" wird von Herrn Dr. Gentz (Sprecher des Stiftungsvorstandes der deutschen Wirtschaft und Mitglied des Vorstands der DaimlerChrysler AG) anläßlich der Unterzeichnung der Stiftungsgründung die Lesart der Herrschenden zum Nazifaschismus und der moralischen Verantwortung aufgetischt: "Die Unternehmen waren in nationalsozialistisches Unrecht verwickelt" und "Es geht um die Anerkennung einer historischen Verstrickung (!) unseres Volkes, der wir uns nicht entziehen können und wollen."

Das ist einfach Geschichtsfälschung. Es geht nicht um eine "moralische Verantwortung", es geht nicht um "Verstrickung und Verwicklung" (was für zynische Begriffe! auch die Bundesregierung spricht in der Gesetzesbegründung -S. 13- von der "Verstrickung deutscher Unternehmen") sondern es geht um die Schuld der herrschenden Klasse der deutschen Großbourgeoisie, d.h. des Finanzkapitals an dem Genozid an den europäischen Juden, an den Roma und Sinti, um die Schuld an dem Vernichtungskrieg und Mord an den europäischen Völkern, und vor allem der Sowjetunion. Die deutsche Industrie und das deutsche Kapital haben sich als ausbeutende und unterdrückende Klasse mit dem Hitlerfaschismus eine geeignete Herrschaftsform geschaffen. Einen deutschen Nazi-Faschismus ohne seine Finanziers und seine Herren, die gesamte deutsche Großindustrie und das Großkapital hätte es nicht gegeben. Sie sind die Hauptverantwortlichen für Zwangsarbeit, Völkermord und Weltkrieg.

Es ist ein widerliches Manöver, wie in den Verhandlungen von Seiten des deutschen Staates und der Industrie alles getan wurde, um gerade diese Zusammenhänge zu verschleiern, die Barbarei des Faschismus zu beschönigen und "das Beste" für sich und für das "Ansehen im Ausland" herauszuschlagen.

Das demagogische Manöver "Überzogene Forderungen":
Geiz und die Verhöhnung der Opfer

Erinnern wir uns nach der Wahl von Rot-Grün wurde Hombach (später abgelöst von Lambsdorff) als ihr Unterhändler beauftragt. In Gesprächen mit Anwälten, Vertretern der ZwangsarbeiterInnen und der JCC sollte eine "endgültige" Lösung gefunden werden. Es folgte ein erbärmliches Schauspiel seitens der deutschen Industrie und des Staates schon bei der Festlegung der Entschädigungssumme. Ganze 3 Milliarden DM wurden anfänglich "großzügig" angeboten. Dann begann ein "hartes Tauziehen". Bei jeder weiteren Milliarde wurde verkündet, "jetzt sei Schluß" oder "das ist unser letztes Wort". Die jetzige Summe von immer noch lächerlichen 10 Milliarden (5 Milliarden vom Staat und 5 Milliarden von der Industrie) wurde dem deutschen Staat und der deutschen Industrie nur nach langwierigen Verhandlungen von den juristischen Vertretern und Verbänden der ZwangsarbeiterInnen abgerungen.

Der Öffentlichkeit wurde von Regierung und Medien suggeriert, die ZwangsarbeiterInnen sind ja nicht zufriedenzustellen, das seien doch alles völlig überhöhte Forderungen etc. Es wurde ganz einfach durch gezielte Nicht- oder Desinformation die Wirklichkeit auf den Kopf gestellt. Am Ende stellten sie es so dar, als würde die BRD sich "großzügig" und aus moralischer Erwägung auf den eigentlich "völlig ungerechtfertigten Betrag" von 10 Milliarden festlegen. Diese "Einigung" wurde von der Regierung hochgepriesen; hören wir z. B. den Sprecher der Sozialdemokraten Wiefelspütz: Damit habe "die deutsche Seite die finanziellen Vorstellungen bei der Zwangsarbeiter-Entschädigung übererfüllt". Der rechtspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck brüstete sich ganz unverschämt und unverfroren: "Wir haben viel für die Opfer herausgeholt".

Das sind schlicht und einfach Lügen.

Wie sieht die Wirklichkeit aus, was sagen die nüchternen Fakten des Elendes der Sklaven- und Zwangsarbeit und der daraus gemachten Profite der Industrie?

In einem Gutachten (Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts an der Universität Bremen) wurde berechnet welche Profite die deutsche Industrie und ihre Konzerne aus den ZwangsarbeiterInnen "herausschlugen". Die Gesamteinnahmen und Gewinne betrugen 180,5 Milliarden DM. Die angebotenen 10 Milliarden bedeuten umgerechnet für die überlebenden Zwangsarbeiter 0,2 Pfennige Tageslohn für die Sklavenarbeit. Und es geht ja nicht nur um die Gewinne, sondern ebenso darum, daß es auch dieser Reichtum war, der es den deutschen Industrieunternehmen gleich nach dem 2.Weltkrieg ermöglichte voll weiter zu produzieren und in einer ungemein kurzen Zeitspanne wieder zu weltumspannende Konzernen aufzusteigen.

"Die Gesellschaften, die uns ausgebeutet haben und die in völkermörderischer Partnerschaft mit der SS unsere Freunde und Verwandten ermordeten, sind (damit) reich geworden sie sind unzählige Milliarden wert". (Rudy Kennedy ein in London lebender ehemaliger Zwangsarbeiter)

Also, die 10 Milliarden, sind wirklich eine erstaunlich "moralische Geste", wie der Bundeskanzler die Entschädigung so gerne werbewirksam anpreist, aber im negativen Sinne. Es ist eine "Ablaß"zahlung der deutschen Industrie und seines Staates um ihr "Image" zu retten.

Wir möchten noch zwei Vergleiche anführen, damit wir uns plastisch vor Augen führen, wie wirklich zynisch die "Entschädigungsbereitschaft" der deutschen Großmacht ist.

Ein Beispiel aus der aktuellen internationalen Finanzwelt: Die Deutsche Bank (auch ein traditionsreiches Unternehmen, das die KZs für Zwangsarbeiter mitfinanzierte und daran verdiente) hat natürlich bei ihren Milliarden Gewinnen viel Kapital zur Verfügung, nur die Frage ist eben wofür!

"Nicht immer sind die Firmen kleinlich. Als die Deutsche Bank das US-Unternehmen Bankers Trust aufkaufte, zahlte sie an Frank Newman 100 Millionen Dollar Abfindung und Richard Daniel bekam immerhin noch 25 Millionen. Newman und Daniel waren freilich auch keine Zwangsarbeiter, sondern die leitenden Herren der aufgekauften Bank, nämlich ihr Chef und der Finanzdirektor." (H.Prantl, ehemaliger Zwangsarbeiter) Ein weitere Beispiel soll nur verdeutlichen, was das für ein Staat ist, der von sich behauptet, "er trägt die moralische Verantwortung" für die faschistische Ausbeutermaschinerie gegen die ZwangsarbeiterInnen, und das dann mit 5 Milliarden DM abzugelten versucht und dabei bereits an seine "äußerste Grenze" (Schröder) geht. Es ist dieser selbe ach so arme Staat, der sich den Umzug seiner Regierung von Bonn nach Berlin sage und schreibe 20 Milliarden DM kosten läßt. (Harenberg aktuell 2000) Und selbst diese horrende Summe wird noch überschritten werden, derzeit sind es bereits schon 230 Millionen mehr, für die Luxusbauten der Abgeordnetenbüros, Ministerien, Bundespresseamt etc.

Auch hier wird schlagartig sichtbar, daß die Summe von 5 Milliarden des deutschen Staates und von 5 Milliarden der Industrie wirklich nur ganz minimal ist, gemessen an dem Reichtum und Profit, über den dieser Staat und das Finanzkapital verfügen und gemessen an den Verbrechen der Sklavenarbeit und Unterdrückung, die sie angeblich "mit einer humanitären Geste" entschädigen wollen.

Moralisch wurde die Forderung nach umfassender Entschädigung von Staats wegen und von den Medien gleich mit einem ungeheuerlichen Argument vom Tisch gefegt. So heißt es in der Präambel des Stiftungsgesetzes: "daß das begangene Unrecht und das damit zugefügte menschliche Leid auch durch finanzielle Leistungen nicht wiedergutgemacht werden können" und ein Leitartikel in der "Zeit" verknüpft ausgesprochen gekonnt die beiden Argumentationsstränge, Geld und Moral und kommentiert: "Auch das sollte klar sein: Zehn Milliarden Mark, von der Bundesregierung und Wirtschaft nun angeboten, sind eine Menge Geld und mitnichten ein lächerliches Almosen. Klar ist aber auch, daß zehn Milliarden zu wenig sind, um KZ-Häftlinge oder Deportierte für erlittene Qualen zu entschädigen. Und mit keiner Summe der Welt könnte man die Leiden vergessen machen" (Zeit 16.12.99).

Natürlich stimmt, daß mit Geld die Verbrechen des deutschen Imperialismus im Nazi-Faschismus nicht abgegolten werden können. Nur was heißt es, diese Rechtfertigung vorzubringen, um die zugestandenen 10 Milliarden DM als "eine Menge Geld" zu verkaufen, und jede weitergehende Forderung abzuwürgen mit dem Argument, daß keine Summe der Welt das Leid ausgleichen könnte? Nichts anderes als damit praktisch den Opfern so wenig wie möglich zu zahlen, und sich noch moralisch zu brüsten.

Diese ganze kleinkrämerische ekelhafte deutsche Buchhaltermentalität schlägt sich auch in dem Gesetz so nieder, daß von den möglichen Entschädigungssummen (15.000-5000 DM) zunächst erstmal in einem kompliziert ausgeklügelten Verfahren "jeweils nur die Hälfte des zustehenden Anspruches" an die Opfer ausgezahlt werden soll. Damit, falls mehr Anspruchsberechtigte als Mittel da sind, jedem Opfer weniger gezahlt wird. Denn "die der Stiftung zur Verfügung stehenden Mittel sind begrenzt". (Begründung des Gesetzesentwurfs vom 22. 3. 00)

Für auch nur ein minimales demokratisches Empfinden wäre die richtige Schlußfolgerung doch genau gegenteilig: Es wird soviel wie möglich und insofern "angemessen" gezahlt. Angemessen würde heißen, Lohn und Rente für die Sklavenarbeit zu zahlen, Entschädigung für die erlittene Folter zu leisten und die 50jährige Verschleppung der zustehenden Leistungen zu begleichen. Das Leid ist nicht aufzuwiegen, selbstverständlich, aber die Opfer würden wenigstens eine ernstzunehmende Entschädigung erhalten. Aber ein solches Denken ist den "geschäftstüchtigen" Industriebossen, ihrer Regierung und den Medienmeinungsmachern natürlich mehr als fremd.

Antisemitismus, Antislawismus ... deutscher Chauvinismus

Auch in der Frage, der Entschädigung der ZwangsarbeiterInnen, läßt die Bourgeoisie es sich nicht nehmen durch ein ideologisches Dauerfeuer die Vorherrschaft des deutschen Chauvinismus in den Köpfen der arbeitenden Bevölkerung zu zementieren und weiter auszubauen. In alter deutscher Herrenmenschenmanier wurden antisemitische und rassistische, antislawische Vorurteile bemüht und bedient, um die Volksmassen voll ideologisch hinter sich zu bringen. Es geht nach wie vor darum, die Geschichte des deutschen Faschismus, seine Verbrechen und seine Barbarei zu relativieren, und sei es nur dadurch, daß versucht wird die Opfer zu diskreditieren. Dann steht ja durch solche widerlichen Manöver der deutsche Staat und seine rot-grüne Regierung als der beste aller "Vorkämpfer gegen die Naziverbrechen" da, "der sich zur politischen und moralischen Verantwortung für die Opfer des Nationalsozialismus" bekennt. (Präambel des Stiftungsesetzes.)

Da wurden die Klischees ausgebreitet: "Amerikanische Anwälte, die ihre Geschäftstüchtigkeit gut hinter der Fassade von Schuld und Sühne zu verstecken wissen, setzen deutsche Unternehmen mit überzogenen Forderungen unter Druck." (Spiegel 32/99) Die finanziellen Forderungen der ZwangsarbeiterInnen wurden von den Saubermännern abqualifiziert als "Geldgierigkeit": "Opferverbände und Regierungen im Osten Europas fordern Gerechtigkeit und meinen Mark." (Spiegel 32/99) Die "Welt" "würdigt" mit einem einseitigen großen Artikel die Verabschiedung des Gesetzes. Und worum geht es ihr? Um das Schüren von Antisemitismus und nichts anderes. In einem zynischen Stil wird lamentiert, daß die "Zahl der überlebenden jüdischen (!) Opfer seit Jahren stark umstritten" ist und es wird dann dem JCC unterstellt, er wolle sich so viele Millionen DM wie möglich aneignen. Daher setze er die "Opferzahlen bewußt höher an". Eine der Regelung des Stiftungsgesetzes wird von dem Weltschreiberling so kommentiert: "Ausnahme: die KZ-Sklavenarbeiter. Sollten hier Überschüsse auflaufen, fließen sie ohne Kontrolle (! A.d.V.) voll und ganz (! A.d.V.) an die JCC-für soziale Zwecke". (Welt, 7. 7. 2000) Was wird hier anderes bedient als die alte antisemitisch-faschistische Demagogie, "die Juden versuchen überall das meiste Geld rauszuschlagen", etc.? Gleichzeitig wird die "Angst" geschürt "unsere Steuergelder" werden auch noch "unkontrolliert" an irgendwelche Gruppen gezahlt und dann veruntreut. Eine Titelzeile lautete auch: "Wie kommt das Geld zu den Opfern? Jewish Claims Conference gerät in die Kritik" (TSP 6.3.200). Da wird nur an alte antisemitische Vorurteile angeknüpft und neue werden geschürt.