TROTZ ALLEDEM!

 

Stoibers geheimes Wahlkampftagebuch

Ein Tag im August 2002

Unsere Positionierung für die Bundestagswahl ist wirklich hervorragend. Aber mit einer Sache bin ich noch sehr unzufrieden, den Korruptionsskandalen. Und jetzt wildern doch alle in unserem Revier! Allein in diesem Wahljahr, was die SPD da schon alles zu Buche stehen hat. Köln und der Müll. Und dann völlig gemein, die Hunzinger-Affäre. Der blödste Radfahrer der Regierung wird rausgeschmissen wegen des bisschen Bestechungsgeldes von unserem Hunziger-Mann. Und wieder profitiert nur die SPD, obwohl der Hunzinger doch CDU-Mitglied ist. Nur gut, dass der Scharping schon weg ist. Was hätte er noch für die SPD tun können! Hätte er noch kurz vor der Bundestagswahl öffentlich gemacht was er für den Verfassungsbruch mit der Beschaffung der Langstreckentransporter der Bundeswehr kassiert hat. Das hätten wir nicht ausgleichen können mit den Rüstungsgeschäften aus der Kohlzeit. Zum einen ist es schon länger her, zum anderen ist nur noch unser Mann der Herr Schreiber mit diesem Thema in der Öffentlichkeit richtig verbunden. Aber ärgerlich ist trotzdem. Vor allem, dass sich da an diese Hunzinger-Affäre noch die Grünen drangehängt haben. Wegen eines Darlehens! Lächerlich. Und wie geschickt sie dann zu dieser "Miles & More" - Geschichte übergeleitet haben. Selbst die PDS positioniert sich. Gregor Gysi tritt wegen ein paar Freiflügen zurück. Aber er war Wirtschaftssenator. Und ein Wirtschaftssenator, der wegen Korruption zurücktritt, das ist Profil. Ein besseres Beispiel für Kapitalismusnähe gibt es doch gar nicht. Diese Kleingeldräuber und Portokassenplünderer bringen mich noch zur Raserei! Wir brauchen vor der Wahl noch mal richtig einen Knaller. Mit Kohl habe ich schon darüber gesprochen. Ob er nicht diese Spender noch nennen könnte. Nur Kohl zog nicht mit. Auch in NRW sieht es düster aus. Blüm sagt, dass die Plünderung der Rentenkasse zwar riesig gelaufen sei, auf seine Parole "Die Rente ist sicher!" ist er immer noch besonders stolz. Aber gegen den Diebstahl mit der Riesterrente könnte das nicht mithalten. Er hat ja recht. Wäre da noch die Affäre mit Mayer-Vorfelder in Baden-Württemberg. Dies hätte den Vorteil, dass man gleich noch die Bundesliga-Schwarzgeldaffäre für sich mitverbuchen könnte. Vielleicht gelingt es noch, sich etwas in den Glanz der FIFA-Bestechungsskandale zu stellen. Aber der Späth ist dagegen. Zum einen würden mit dem MV auch seine alten Geschichten wieder hoch kommen. Damit wäre er aber erst nach der Wahl einverstanden. Also durchaus nicht wünschenswert. Auch wenn man die Mehrheit des Skandals für sich verbuchen könnte. Aber selbst dafür müsste man ein paar Kirch-Geschichten bringen. Die wären selbstverständlich nur für uns in Bayern zu verbuchen. Aber damit sind die Banken nicht einverstanden. Erst muss der Kirchkonzern verkauft werden. Bleibt da noch der Schäuble. Ob er nicht noch einen Koffer auftauchen lassen könnte, habe ich ihn gefragt. Will er nicht. Sagt einfach, er ist doch gerade erst wieder im Geschäft. Auch wenn mir sein Ton nicht gefallen hat, hat er mir doch den wichtigsten Tip gegeben. So wie der Strauß soll ich es machen. Nichts ist besser, als wenn der Kanzlerkandidat selbst ein bisschen was vorzuzeigen hat. Wir in Bayern hätten ja auch wirklich mehr als genug mit unseren Amigo-Affären. Das Problem ist nur, diese Geschichten sind alle ein bisschen alt. Der Strauß-Sohn Max muss sich von dem Wirbel noch erholen. Der Leisler-Kiep schmollt noch immer, weil er das Geld nicht selbst behalten durfte. Das Geld, das wir im Rahmen der Kirchpleite aus der Landesbank gezogen haben, jetzt auftauchen zu lassen, das wäre zu viel. Auch die Berliner haben sich mit der Landesbank ja etwas zu viel bedient. Es muss etwas mit Augenmaß sein. Die Zeiten eines Franz Joseph Strauß sind ja leider vorbei. Der Mann hatte ein Profil. Als er gestorben ist, hatte er ein Vermögen, dass die Gesamtsumme seiner jemals versteuerten Einkünfte übertraf. Genial. Ich werde mich mal mit der Merkel in Verbindung setzen. Hauptsache es sind nicht solche Kleinigkeiten wie dieser Ikea-Rabatt von diesem dusseligen Professor Biedenkopf. Die Merkel hat es wirklich faust dick hinter den Ohren. Jetzt hat sie mir angeboten, mit VW in Dresden was zu drehen. Hat auch einen Mann, der den Kopf dafür hinhält. VW ist einfach klasse. Das zieht dem Schröder wirklich den Boden unter den Füßen weg. Im Osten ist die SPD auch wirklich blass. Aber teuer ist die Merkel. Erst hat sie dem Kohl alle Kassen weggenommen, die sie kriegen konnte, den Koch mit seinen Kassen hat sie auch gut gemolken, von mir hat sie für die Kanzlerkandidatur auch nicht wenig genommen. Jetzt soll ich das ganze Geld liefern, das auftauchen soll, und natürlich noch entsprechende Boni für alle Beteiligten. Aber der Plan ist genau der richtige. Jetzt treibe ich das Geld auf. Zuerst meine Amigos, dann Kohl und Koch. Wenn das klappt, ist die Wahl gelaufen. Dann gibt es für mich nur noch eine Frage: Was heißt eigentlich Amigo auf preußisch!

Ede S.