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Zur Situation der Gefangenen damals und heute:

Die ersten Gefangenen aus der RAF wurden in verschiedenen Gefängnissen vollständig sozial isoliert. Ulrike Meinhof z.B. wurde im "Toten Trakt", d.h. einem leeren, unbelegten, von der restlichen Anstalt auch räumlich isolierten Trakt der JVA Köln- Ossendorf eingekerkert. Sie wurde von jeglicher Außenwelt akustisch und visuell abgeschnitten. Ihre Zelle war vollständig weiß gestrichen, d.h. jede Einrichtung und Wände bis auf die Zellentür: Es war ihr verboten, Bilder, Kalender o.ä. an die Wände zu hängen. Das Fenster ließ sich erst gar nicht, später nur einen winzigen Spalt öffnen. Die Neonbeleuchtung war auch die ganze Nacht an. Im Winter war die Zelle immer kalt.

Am 19.September 1974 begannen die Gefangenen (nicht zum ersten mal) einen fast fünf Monate dauernden Hungerstreik, um gegen die Sonderbehandlung und Vernichtungshaft zu kämpfen. Die Justizorgane versuchten, den Hungerstreik durch eine schmerzhafte und lebensbedrohende Form der Zwangsernährung zu brechen. Es wurde ein zwölf Millimeter dicker Gummischlauch in den Mund geführt. Nach acht Wochen starb Holger Meins an den Folgen dieser Zwangsernährung, obwohl der medizinische Stand damals schon ein ganz anderer war.

Am 24. April 1975 besetzt das RAF- "Kommando Holger Meins" die deutsche Botschaft in Stockholm und nimmt zwölf Botschaftsangehörige als Geiseln.

Die Polizei stürmt das Gebäude, wobei die vom Kommando installierte Sprengladung hochgeht. Dabei kommt ein Angehöriger des "Kommandos Ulrich Wessel", ums Leben. Siegfried Hausner erleidet schwere Brandverletzungen, wird aber, obwohl transportunfähig, nach Stammheim geflogen, wo er am 4.Mai an den Folgen der Verletzungen stirbt. Die Überlebenden Kommando- Mitglieder Karl-Heinz Dellwo, Hanna Krabbe, Bernd Rößner und Lutz Taufner werden am 20.Juli 1977 zu jeweils zweimal lebenslänglich verurteilt.

Im Mai 1975 beginnt der Prozess gegen Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof, Jan Carl Raspe und Andreas Baader, in dessen Verlauf die Justiz alle Mittel benutzt, um die Gefangenen bzw. deren politische Identität zu brechen und auszulöschen. Schon der speziell für diesen und die folgenden Staatsschutzprozesse gegen die RAF errichtete, berüchtigte Prozessbunker von Stammheim dokumentiert die Entschlossenheit des Staates, dieses Ziel auch zu erreichen.

Am 8.Mai 1976 wird Ulrike Meinhof in ihrer Zelle angeblich erhängt tot aufgefunden.

Am Morgen des 18.Oktober 1977 werden Andreas Baader und Gudrun Ensslin tot, Jan-Carl Raspe und Irmgard Möller schwerverletzt in ihren Zellen aufgefunden. Raspe stirbt wenige Stunden später.

So sagt Irmgard Möller als einzig Überlebende aus: "Für uns war klar, Selbstmord ist nicht Sache. Wir sind entschlossen zu kämpfen . Ich habe mir die Verletzungen nicht selbst beigebracht." (Messerstiche direkt neben dem Herzen). Irmgard Möller hatte geschlafen und war erst auf dem Transport ins Krankenhaus aus einer Bewusstlosigkeit aufgewacht. Die Gefangenen befanden sich zu diesem Zeitpunkt seit fast sechs Wochen in Isolation (Kontaktsperre). Sie verfügten nicht mehr über Radios, über die sie die Ereignisse in Mogadischu hätten erfahren können.

Am 16. April 1981 stirbt Sigurd Debus, der seit einem Monat zwangsernährt wurde, unter nicht geklärten Umständen nach mehrtägiger Bewusstlosigkeit.

Die Situation in den Knästen sah 1989 so aus: Die Gefangenen aus der RAF und dem Widerstand sind voneinander getrennt und in Gefängnissen über die BRD verteilt in Isolation. Dort, wo mehrere an einem Ort sind, wird jeder Kontakt der Politischen untereinander durch ein ausgeklügeltes Abschottungssystem verhindert. In Berlin, Lübeck und Celle sind zwei bzw. drei Gefangene zusammen, jeweils im kameraüberwachten Hochsicherheitstrakt. Für alle anderen gilt Einzelisolation, und das bedeutet permanenter Zelleneinschluss, für manche 24 Stunden am Tag. Besuche, einer von Angehörigen, eine weitere Stunde im Monat von Freunden, finden hinter der Trennscheibe statt. Beamte der Landeskriminalämter protokollieren die Gespräche, bestimmte Themen sind verboten. - Viele der Gefangenen sind an den Folgen der Haft schwer erkrankt.

Die Gefangenen heute:

Brigitte Mohnhaupt in Aichach (Frauengefängnis), verurteilt zu 5x lebenslänglich, zuerst isoliert, seit 7 Jahren Besucher ohne Trennscheibe.

Christian Klar in Bruchsal, seit 1982 inhaftiert, zu 5x lebenslänglich und 15 Jahre, 1992 noch mal lebenslänglich verurteilt.

Eva Haule, seit 1986 inhaftiert, zu lebenslänglich verurteilt, im Frauengefängnis Frankfurt, ist den anderen Gefangenen gleichgestellt.

Rolf-Clemens Wagner seit 1979 inhaftiert, zu lebenslänglich verurteilt, in Schwalmstadt.

Am 26. Juni 1993 wird Wolfgang Grams von den Einsatzkräften der GSG9 in Bad Kleinen hingerichtet. Birgit Hogefeld wird gefangengenommen und zu lebenslänglich verurteilt (Frauengefängnis Frankfurt).

Außerdem sind heute viele Kämpfer und Kämpferinnen aus der Türkei und Nordkurdistan wegen PKK- und DHKP-C-Verbot, zum Teil in Isolationshaft in Deutschland.