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Zur arabischen nationalen Bewegung in Palästina

Wir werden die Entwicklung der arabischen nationalen Bewegung und vor allem die palästinensische in einem kommenden Artikel ebenfalls ausführlich diskutieren. Hier nur einige kurze Erläuterungen zum Textverständnis.

In den 20er Jahren entwickelte sich die nationale Bewegung in Palästina gegen das Spiel der imperialistischen Großmächte und gegen die zionistische Einwanderung. („Wir weisen die Ansprüche der Zionisten auf Errichtung eines jüdischen Commonwealth … zurück und widersetzen uns einer jüdischen Einwanderung … und betrachten ihren Anspruch als Bedrohung unseres nationalen, politischen und wirtschaftlichen Eigenlebens. Unsere jüdischen Mitbürger aber werden auch weiterhin alle Rechte genießen …“ Resolution, 1919 auf dem Allsyrischen Kongress in Damaskus). In Palästina entstanden Muslimisch-Christliche Vereinigungen, an deren Spitze der Mufti von Jerusalem (Hadj Amin al-Husseini) stand. (Der Mufti arbeitete sowohl mit den britischen Imperialisten als auch mit den deutschen Faschisten zusammen. Auf dem Nürnberger Parteitag der NSDAP 1938 z.B. waren Anhänger des Muftis vertreten.) Ihr Ziel: Aufhebung der Balfour-Deklaration (2), Stopp der jüdischen Einwanderung, keine Trennung Palästinas von den anderen arabischen Staaten, Schaffung eines Großarabischen Reiches. Die Briten versuchten das religiöse Oberhaupt auf ihre Seite zu ziehen und schufen 1922 den Hohen Islamischen Rat, der Mufti wurde Präsident und kontrollierte somit die religiösen Gerichte der Muslime und einen großen Beamtenapparat. 1935 gründete sich die arabisch-palästinensische Partei, unter der Herrschaft des Mufti von Jerusalem. 1936 wurde das Arabische Hochkomitee gegründet, dessen Vorstand der Mufti hatte, und das versuchte, die Führer aller Parteien zu vereinen und den Widerstand gegen die zionistische Einwanderung zu leiten.

Die Palästinensische Kommunistische Partei (PCP) wurde 1920 von jüdischen anti-zionistischen EmigrantInnen, vor allem Sozialisten aus Russland und Polen, gegründet (vgl. auch „Zwischen Ölzweig und Kalaschnikow“, Unrast Verlag, Münster 1999). Auf Drängen der Histadruth-Leitung (4) wurde die PCP 1921 verboten und arbeitete mehr als 20 Jahre im Untergrund. Die PCP gehörte zunächst dem jüdischen Weltverband Poale Zion an. Die Aufnahme der PCP in die KI wurde zunächst wegen der Mitgliedschaft in der Poale Zion und dem zionistischen nicht kommunistischen Palästina-Programm abgelehnt. Nachdem die PCP aus dem Verband Poale Zion ausgetreten war, wurde sie 1924 in die KI aufgenommen. Bis 1935 kritisierte die KI die PCP wegen ihrer viel zu niedrigen arabischen Mitgliederzahl. Erst der 9. Kongress der PCP brachte die nationale Frage auf den Punkt (siehe unter NLL).

Die NLL ist die Liga der Nationalen Befreiung, der palästinensische Flügel der Kommunisten in Palästina. Zusammen mit den jüdischen Genossen organisierten sie sich bis 1942 in einer gemeinsamen Organisation, der Palästinensische Kommunistischen Partei (PCP). 1942 spalteten sie sich in zwei Flügel, einen jüdischen und einen der palästinensischen Kommunisten. Der palästinensische Flügel nannte sich fortan NLL. 1948, nach der Staatsgründung Israel vereinigten sich beide Flügel innerhalb des Staatsgebietes Israel wieder zu einer gemeinsamen KP (KP Israel). Das Programm der NLL war 1942 „Beendigung des britischen Mandats, Evakuierung der britischen Truppen aus Palästina und Errichtung eines unabhängigen Palästinenserstaates mit einer demokratischen von allen Bürgern des Landes gewählten Regierung, die die Rechte aller Einwohner ohne Unterschied garantiert.“ (Paragraph 1, Zitiert bei Hans Lebrecht, „Die Palästinenser“, S. 186) Wichtig ist hierbei, dass sie hier im Gegensatz zu anderen arabischen Organisationen, die stets von einem „arabischen” Staat sprachen, bewusst das Adjektiv „arabisch” gestrichen hatten und eine unabhängigen, demokratischen Staat forderten. 1942 wandten sie sich noch gegen die Gründung eines „jüdischen” Staat. Die NLL unterschied in ihrem Programm deutlich zwischen dem Zionismus und den jüdischen Bewohnern Palästinas, deren nationale Einheit als Minderheit anerkannt werden und alle Rechte genießen sollte. Während sie die politischen Ziele des Zionismus verurteilten, waren die fortschrittlichen Kräfte der arabischen werktätigen Bevölkerung solidarisch mit den jüdischen Opfern des Faschismus, die in Palästina Schutz suchten. In den Jahren des zweiten Weltkriegs wuchs die Sympathie mit der Sowjetunion innerhalb der jüdischen Bevölkerung und damit auch die Reihen der einzigen nicht zionistischen Organisation, der KP Palästinas (PCP). Der 9. Parteitag der PCP 1945 wird als bahnbrechend und wegweisend auch für den UN-Teilungsbeschluss eingeschätzt, weil er die nationale Frage in Palästina neu einschätzte: In den Beschlüssen wird festgeschrieben, dass sich die jüdische Gemeinde (Jischuw) im Laufe der Jahre zu einer Nation entwickelt hatte: „Der jüdische Jischuw wuchs zahlenmäßig, wurde zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor im Lande und kristallisierte sich zu einer nationalen Gesellschaft. Palästina wurde damit zu einem Land mit binationalem Charakter. Das bringt eine neue Situation des nationalen Problems mit sich.“ Weiter wurde hervorgehoben, welche Bedeutung die NLL in der nationalen Befreiungsbewegung und unter den arabischen Massen spielte: Im Verlauf des Krieges kamen in den Armeelagern und Unternehmen „Zehntausende arabische und jüdische Arbeiter in unmittelbare Berührung miteinander. Ihr gemeinsamer Kampf brachte trotz der Störmanöver der Histadruth-Bosse und der arabischen Reaktion gerade dank dem gemeinsamen Kampf und der gegenseitigen Solidarität Erfolge … die historische Bedeutung dieses Prozesses liegt darin, daß sie den Interessen der arabischen und der jüdischen Massen Vorschub leistet in Richtung auf das Leben und die Zukunft in einem unabhängigen, freien und demokratischen Staat in Palästina.“ (Hans Lebrecht, „Die Palästinenser“, S. 189f) Nach dem UNO Beschluss für die zwei Staaten Regelung, setze sich die NLL für eine Zweistaatenlösung ein. „Die fortschrittlichen Kräfte in der arabischen Bevölkerung Palästinas, vor allem die NLL und der von ihr gelenkte Arbeiterkongreß unterstützten die UNO-Resolution über den Abzug der britischen Kolonialisten und die Errichtung zweier unabhängiger Staaten mit Wirtschaftsunion.“ (Hans Lebrecht, „Die Palästinenser“, S. 255)

Die PFLP Der Ursprung der PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) liegt im BdAN (Bund der arabischen Nationalisten), der v.a. aus studentischen Gruppen hervorgegangen ist. Sie vertraten die “Zwei-Stadien Theorie”, wonach zuerst die nationale Befreiung und dann die soziale Befreiung kommt, also starre Trennung zwischen nationalem und sozialem Befreiungskampf. 1964 gründete George Habash, als Reaktion auf die Gründung der PLO, das “Regionalkommando Palästina” und dessen militärische Organisation “Jugend der Vergeltung”. 1967 schlossen sie sich mit der Palästinensischen Befreiungsfront unter Ahmad Jibril zur PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) zusammen. Im Juli 1968 schließt sich die PFLP der PLO an und verwandelt sie in eine Widerstandsorganisation. Trotz massiver Kritik an Arafat und der Fatah hat sich die PFLP immer wieder als Teil der PLO verstanden und auch an den meisten Sitzungen des Palästinensischen Nationalrates teilgenommen. Mit dem Beginn des sogenannten “Friedensprozesses” nahm die Kritik der PFLP an Arafat wieder zu. Wie viele Gruppierungen der PLO – sogar innerhalb Arafats Fatah – sieht die PFLP darin eine Kapitulation und keinen Friedensprozess. Die PFLP beteiligte sich deshalb auch nicht an den Wahlen zur Palästinensischen Autonomiebehörde. 1969 spalteten sich die sogenannten Linken um Naif Hawatmeh von der PFLP ab und gründeten die Demokratische Volksfront zur Befreiung Palästinas (DFLP). Als einzige Organisation erkannte die DFLP schon 1973 den UNO Teilungsbeschluss 1947 und damit den Staat Israel an.