TROTZ ALLEDEM!
Der unaufhaltsame Aufstieg des deutschen Geschichtsrevisonismus: Der Film "Der Untergang" - ein Machwerk oder "Endlichin deutscher Sprache, mit deutschen Schauspielern, einem deutschen Regisseur und ausschließlich aus eigener Kraft" (Eichinger, Filmproduzent)
In nur zehn Tagen waren über 1,3 Millionen Zuschauer in dem Film "Der Untergang", bis Mitte November 4,2 Millionen. In einem Presse- und Medienfeldzug gigantischen Ausmaßes wurde die Propagandatrommel für dieses "mutige deutsche Geschichtsepos" gerührt. Zum ersten Mal, so jubeln die bürgerliche Medienlandschaft wie auch Politiker wird sich "realistisch" dem Ende Hitlers genähert. Thema ist: Die letzten Tage Hitlers und der Nazi Riege im Bunker in der Reichshauptstadt Berlin und die Leiden der Verwundeten im Nebentrakt des Bunkers, der ein Feldlazarett ist. Die Bunkerszenen werden immer wieder unterbrochen von Szenen des Kriegsgeschehens in Berlin, bzw. was sich der Drehbuchautor so darunter vorgestellt hat. Auf der aufwendig gestalteten Webseite zum Film ist vom Produzenten und Drehbuchautor Bernd Eichinger und seiner Firma neben dem Trailer, den Schauspieler- und Produktionsinformationen eine 51 Seiten umfassende Broschüre "Der Untergang-Materialien für den Unterricht" ins Netz gestellt. Dieses Heft kann kostenlos aus dem Netz runtergeladen werden oder aber in Broschürenform bestellt werden. Der Anspruch ist also kaum zu überbieten: endlich "Der Film über Hitler und den Untergang des 3.Reiches"! Deutsche Geschichtsaufarbeitung per Spielfilm für die Geschichtsbücher. Produzent Eichingers größte Sorge bis dahin war: "Meine Alptraum-Vorstellung war ein Film aus Hollywood, der uns per Import zeigt, wie es bei uns zugegangen ist." Also wie es bei uns zugegangen ist, das können wir wirklich nur selber wissen und zeigen! "Wir haben diesen Film in deutscher Sprache gedreht, mit deutschen Schauspielern und mit einem deutschen Regisseur, ausschließlich aus eigener Kraft auf die Beine gebracht." (Eichinger, zitiert in konkret 10/04) Ja, die wiedererstarkte deutsche Großmacht braucht für deutsche Geschichte deutsche Schauspieler, deutsche Produzenten, deutsches Drehbuch, deutschen Regisseur Nicht auszudenken, Hitlers "Normalisierung"dem amerikanischen Hauptkonkurrenten zu überlassen! Der Film gibt vor geschichtlich authentisch, realistisch und ja, "wahr" zu sein. Eichinger: "So ist das Drama über die letzten Tage im Führerbunker weitgehend an den überlieferten Fakten und Augenzeugenberichten (von Nazis?!) ausgerichtet." Ja, welche Fakten und welche Augenzeugen? Das Drehbuch stützt sich auf das Buch von Joachim Fest "Der Untergang" und die Memoiren von Traudl Junge, Hitlers Sekretärin. Beides sind zweifelhafte Quellen und haben mit historischer Wahrheit nicht viel gemein. Fest ist ein populärer rechter Historiker, der der "Faszination" des Nazi-Reiches immer wieder unterliegt. So ist Fest auch der "verständnisvolle" Herausgeber der Biographie über Albert Speer, Rüstungsminister in Nazideutschland. Fests politische Hauptlinie verläuft auf der Kritik an der Unfähigkeit der Nazigrößen den Krieg zu gewinnen. Traudl Junge, eine glühende und fanatische Bewunderin Hitlers, die als Sekretärin umfangreich Einblick in die Naziherrschaft hatte, stellt sich selbst in ihren Memoiren als "dummes, nichts wissendes Mädel" hin. Das griffen die Medien natürlich dankbar auf. In einem "Dokumentarfilm" durfte sie ihre Lebenslügen millionenfach verbreiten. "Der Untergang" zeigt nicht die historische Wahrheit, sondern verkauft die geschönte Wahrheit der Nazifrau Traudl Junge und des rechtskonservativen Historiker Fests. Der zweite Verkaufschlager des Films ist, dass Hitler "gespielt" wird. Die Presse jubelt: Das Tabu, Hitler darstellerisch zu verkörpern ist gebrochen. Es gibt kein Bilderverbot mehr von Hitler, ja, Hitler "darf als Mensch dargestellt" werden. Bruno Ganz, einer der Schauspieler der frühen Schaubühne (Berlin), enstanden als Theater-Kollektiv in der Studentenbewegung, steht dafür wo viele dieser Bewegung angekommen sind: in der Mitte der Gesellschaft. Er gibt sich und seine Schauspielkunst dafür her, die Geschichtsrevision, die "Vermenschlichung Hitlers", das "Mitleid mit Hitler" (Ganz) auf hohem Niveau zu betreiben. Hitler wird durch Bruno Ganz als pathologischer Fall porträtiert: Er ist verständnisvoll, einfühlsam für Hund, Frau, Goebbels Kinder und Sekretärin. Er ist irrsinnig bei der militärischen Planung, völlig durchgeknallt bei der Lageeinschätzung und total unzurechnungsfähig in seinen Entscheidungen. Das soll laut Produzenten, die "Enttabuisierung der Monster" sein. Notwendig ist sie, weil "die Tabuisierung der Monster verhindert nur die Auseinandersetzung mit der Geschichte und die Gestaltung der Zukunft. Für die Tabuisierung aber gibt es nur einen Grund: die Furcht vor der dunklen Seite in uns selbst." (Begleitheft) Oder andersherum: die Enttabuisierung Hitlers zeigt...er steckt in jedem von uns, wir alle sind kleine Hitler, irgendwo und irgendwie. Wo wir wieder bei der wunderbar primitiven dumpf deutsch-chauvinistischen passenden Erklärung sind: Alle sind Täter, alle sind Opfer. Und Eichinger setzt noch eins drauf: "Das ist für mich sogar der Wahrheitsgehalt des Films. Er besteht darin daß man das Böse oder Barbarische nicht eindimensional macht; daß man eben sagt, es sind verführerische Menschen. Die ein Charisma haben, die auch dich verführen können." (FAZ, 22.8.04) Damit schließt sich der Kreis deutscher Vergangenheitsbewältigung: Der pathologische Diktator Hitler, das arme verführte Volk, das Schicksal und die Tragödie für das deutsche Volk.
Neu/altdeutsche Aufarbeitung der Geschichte:
Die guten und die schlechten Nazis
Eine weitere Legende bürgerlicher Schönfärberei des Nazifaschismus wird ausgiebig in dem Film bedient. Eigentlich waren die deutsche Wehrmachtsleitung, ja wichtige Führer sogar der Waffen-SS wie Himmler und der NSDAP wie Göring zum Ende des Krieges gegen seine Fortführung und standen in Widerspruch zum Diktator. Im Cinemax Filmwerbeheft textet die Produktion: "Speer widersetzt sich allerdings seinem Befehl und auch Himmler und Göring gehen eigene Wege. Eine schreckliche Treue bis in den Tod halten ihm dagegen Propagandaminister Göbbels und dessen Frau..". Im Film wird der Eindruck erweckt, die Mehrheit der Offiziere und Generäle will Kapitulation, die sich dagegen stemmen haben allerdings auch gute Gründe: sie wollen nicht "die Schande der Kapitulation von 1918 noch einmal erleben." Würde man eine Statistik machen, in dem Film "Der Untergang" überwiegen eindeutig die "guten" Nazis. Da begehren Generäle gegen Hitler auf, da versuchen Wehrmachtsoffiziere Lynchmorde zu verhindern. Da gibt es die selbstlosen SS-Offiziersärzte wie Prof. Schenk. Er widersetzt sich einem Evakuierungsbefehl Berlin zu verlassen und wirft sich in die Hölle des Feldlazaretts im Bunker. Auszug aus dem Drehbuch: "Schenk und Müller versuchen vergeblich ein Greifkommando vor der Liquidierung angeblicher Fahnenflüchtiger abzuhalten. Schenk: Das sind alte Männer, Zivilisten". Also, Deserteure abschießen ist ok, aber doch nicht alte Männer! Die SS Schergen und der Volkssturm, die Menschen standrechtlich erschießen oder aufhängen werden natürlich negativ vor allem aber als Minderheit gezeigt. Auszug aus dem Drehbuch: "Weidling (General) wird von Hitler zum Komandanten der Verteidigung Berlins befördert. Weidling: Es wäre besser, er hätte befohlen mich zu erschießen!" Es kommen einem Tränen der Rührung! Der General will lieber sterben, als das Kommando zu übernehmen, aber weil Hitler nicht befiehlt, dass er sich erschießt, macht er eben beim Menschenschlachten weiter, wenn auch sehr unwillig! Es wimmelt also nur so vor Nazigutmenschen. Exemplarisch dafür ist die Rolle des Rüstungsminister Speer, ein deutscher Faschoheld und Edelnazi- bis zum heutigen Tag von erzreaktionären Kreisen bis zur liberalen Mitte hochgepriesen: Auszug aus dem Drehbuch: "Speer:aber schonen sie doch das Volk.
Hitler: wenn mein eigenes Volk an dieser Prüfung zerbricht, könnte ich darüber noch keine Träne weinen () Speer: Seit Monatenich habe ich muss es loswerden, mein Führer seit Monaten habe ich Ihre Zerstörungsbefehle ausgesetzt() Es gibt schriftliche Beweisstücke, dass ich Ihre Befehle nicht nur mißachtet sondern ihnen auch zuwidergehandelt habe meine persönliche Loyalität hat dabei nie Schaden genommen. Hilers Augen beginnen sich mit Tränen zu füllen, die er nicht abwischt. Speer erhebt sich steif. Hitler blickt zu Boden. Hitler: Also fahren Sie. Gut. Auf Wiedersehen." Dieses angebliche Gespräch ist einfach Lüge und Verfälschung der historischen Tatsachen. Weiter versucht im Film der Gutmensch Speer die Tötung der Goebbels Kinder zu verhindern und die Frauen im Bunker zur Flucht zu bewegen. Schauspielerisch wird er von Heino Ferch ungemein kultiviert, nonchalant und attraktiv verkörpert. Die Legende vom Edelnazi Speer wird einmal mehr als historische Wahrheit verkauft. Der Steckbrief der historischen Wahrheit des Architekten der Vernichtung, Speer, sieht so aus: 1931 Parteimitgliedschaft NSDAP. Ab 1933 ist Speer Hitlers Baumeister: Parteitagsgelände Nürnberg, Reichskanzlei Berlin. Vereinbarung 1938 mit Himmler über Lieferung von Steinen durch die KZ's für Großbauten. Gründung der Firma Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH, deren Etat von Speers Behörde genehmigt wurde. KZ Standorte zwischen 1937 und 42 wurden gezielt in der Nähe von Granitsteinbrüchen gewählt, so z.B. Flossenburg, Mauthausen. Zwei Standorte Groß-Rosen in Schlesien, Natzweiler-Struthof im Elsass hat Speer 1940 persönlich ausgesucht. 1942 wird Speer Rüstungsminister, verantwortlich für die gesamte Rüstung von Heer, Marine und Luftwaffe, das Bauwesen (Organisation Todt, spezielle Bauorganisation für militärische Anlagen), von Reichsbahn, Verkehr und Transport. Höchstpersönlich verfügte er den Einsatz der Zwangsarbeiter, 1944 gibt es ungefähr 8 Millionen unter der Nazigewalt. Ihren Einsatz leitete zum großen Teil Speer und sein Ministerium. Speer war verantwortlich für die Ausraubung der okkupierten Gebiete. Für das mörderische Großprojekt Mittelbau Dora mit dem brutalen Zwangsarbeitssystem war Speer veratwortlich. Von den Ende 1944 insgesamt 600 000 KZ Häftlingen waren 500 000 als SklavenarbeiterInnen von Speers Rüstungsmaschinerie eingesetzt. Sein Befehl, der bis zum 8. Mai Geltung hatte lautete: Die Rüstungsindustrie habe bis zum letzten Moment weiterzuarbeiten. Nur wenn der Feind unmittelbar bevorstand, sollten die Produktionsanlagen zerstört werden. März 1945 legte eine Denkschrift Speers die Basis für den Nero-Befehl Hitlers: "Rückzug nur mit verbrannter Erde. Aufbietung aller Kräfte mit Einsatz aller 16-60 Jährigen im Volkssturm"... Das ist die historische Wahrheit: Speer, Naziführer und Vernichtungsstratege war einer der führenden Männer der Nazi-Diktatur bis zum Ende. Die allzu offensichtliche Reinwaschung des Nazi-Rüstungsministers im Film versucht Herr Eichinger so zu entschuldigen: "Ich denke nicht, daß ich Speer zum Halbgott gemacht habe - aber er kommt gut weg. Das liegt auch an der Kürzung. Der Film ist ja kürzer geworden."(FAZ 22.8.04) Primitiver gehts eigentlich kaum noch: der Naziführer Speer wird zum Gutmensch, weil der Film gekürzt werden mußte.
Ein Volk wartet auf seinen Untergang?
Nicht nur der deutsche Generalstab auch das deutsche Volk wird in diesem Film zu 80% soften Hitlergegnern gemacht. Der Film beginnt mit weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund: "Ein Volk wartet auf seinen Untergang". Es ist eine Mär, dass das deutsche Volk "auf seinen Untergang gewartet hat." Auch hier wieder eine Geschichtsverdrehung und Reinwaschung des deutschen Volkes von seiner Mitschuld an der Nazidiktatur, am Holocaust und dem mörderischen Vernichtungskrieg. Die Mehrheit des deutschen Volkes hat so ziemlich bis zum Schluss nicht auf den Untergang gewartet, sondern mit allen Kräften gegen den "Feind" gekämpft. Die Mehrheit des Volkes wollte den Sieg im Krieg, sie wollte auch die Fortsetzung der Naziherrschaft nur sie wollten natürlich nicht leiden, sie wollten keine Bomben, sie wollten keinen Hunger und keine Besatzug. Sie wollten ein Ende des Kriegs, aber nicht in der Niederlage, im Untergang. Sie wollten ein Ende im Sieg der Naziherrschaft in Europa und der Welt. Auch wenn ein Filmkritiker in der Roten Fahne/MLPD einige Punkte richtig an dem Film kritisiert, so liegt er doch mit folgender Einschätzung völlig daneben: "In den 12 Tagen, die der Film abwechselnd im 'Führer-Bunker' und im zerstörten Berlin zeigt, wo die Menschen auf die Befreiung vom Hitlerfasachismus warten und keineswegs 'mit dem Führer' untergehen wollen..." (RF 39/04) Auch das ist eine Verklärung der Mehrheit des deutschen Volkes nur von einer "linken Position" aus. Die Vorherrschaft der Nazidieologie auch in den Massen wird bestritten. Das verharmlost die Geschichte und die Aufgaben die KommunistInnen und Revolutionäre im ideologischen Klassenkampf, in der Schaffung eines sozialistischen Bewusstseins in den Massen haben.
Ein Beispiel: Das italienische Proletariat, die italienischen Antifaschisten, die Mehrheit des italienischen Volkes haben in der Praxis des Partisanen- und Befreiungskampfes bewiesen, dass sie den Kampf gegen "ihre" faschistische Diktatur aufgenommen hatten und auch zu ihrem Ende entscheidend beigetragen haben. In der deutschenBourgeoisie, im Mittelstand und Kleinbürgertum, unter den Bauern und auch in Teilen der Arbeiterschaft hatten die Nazifaschisten mit ihrem Rassenhass, ihrem zur Vernichtung gesteigerten Antisemitismus, ihrer Bolschewisten- und Slawen-Untermenschenideologie breiten Rückhalt - bis zu letzt. Die treibende und stärkste Kraft im antifaschistischen Kampf, die deutsche Arbeiterklasse war durch den blutigen und barbarischen Terror unheimlich geschwächt. Zehntausende waren in den KZs und Knästen. Sie warteten nicht auf den Untergang, sie kämpften selbst in den KZs und hofften auf die Befreiung! Der Film blendet die ungeheuerliche Barbarei des Hitlerfaschismus gegen die Völker Europas und der Welt, vor allem gegen das jüdische Volk, vollkommen aus. Es gibt nur Hitler und seine Getreuen im Bunker, und den Krieg in Berlin. Die Leidtragenden, die Opfer, die der Film reißerisch zeigt sind nur deutsche Soldaten und die deutsche Bevölkerung. Verletzte als bluttriefende Gestalten, denen in Notoperationen reihenweise Gliedmaßen abgesägt werden, alte wehrlose GreisInnen, hilflos umherirrende Kinder, deutsche Männer, die den "Volkssturm" aufhalten wollen, da sowieso alles verloren sei. Sie alle sind Opfer. Damit wird gezielt der Mythos vom schuldlosen, leidenden und drangsalierten deutschen Volk beschworen, der die Frage von gerecht und ungerecht, von schuldig, mitschuldig und nichtschuldig bewußt umgeht. Die historische Mitschuld des deutschen Volkes an der Naziherrschaft und Diktatur wird bewusst verleugnet. Die Hauptschuldigen des Krieges, deutsche Industrie und deutsches Kapital, die ganze verrottete Bourgeoisklasse, die Hitler an die Macht gehieft hat, sie bleiben völlig außen vor. Idealistische Geschichtsschreibung von den großen Diktatoren, und ihrem eigenen geknechteten Volk hat Hochkonjunktur. Nicht der besondere Entwicklungsweg des deutschen Kapitalismus, nicht die Herausbildung des deutschen Staates durch Preußens Bismarck von oben, nicht die grauenhafte Konsequenz des konstituierenden politisch-rassistischen Antisemitismus, nicht der Verrat der deutschen Sozialdemokratie, die in den ersten Weltkrieg für Sieg und Vaterland zog, nicht die Niederschlagung der räterevolutionären Bewegung der deutschen Novemberrevolution und ihrer herausragenden Kämpfer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, nicht der Drang des deutschen Imperialismus nach Kolonien und Einflussspähren nichts davon ist natürlich in der Geschichtsklitterung solcher Propagandisten enthalten. Das aber sind die historischen Entwicklungen, die die Möglichkeit der Machtergreifung des deutschen Faschismus schufen. Ganz konsequent aus dieser Haltung heraus, wird im Film der Hitlerjunge Peter zum Hoffnungsträger der Zukunft des deutschen Volkes und nicht etwa ein/e Antifaschist/in oder die kämpfenden sowjetischen Soldaten. Im Begleitheft zum Film wird Klartext geredet: Die "Folgen der Befehle Hitlers auf die Zivilbevölkerung"sollen durch "die Außenszenen deutlich gemacht werden. Sie zentrieren sich in der fiktiven (also nicht tatsächlichen) Geschichte um den Hitlerjungen Peter Kranz, der sich verpflichtet fühlt (der Arme!) dem Ansturm der Roten Armee heldenhaft entgegenzutreten- durch diese Geschichte eröffnet sich für die Schüler/innen eine ganz eigene Zugangsweise und Identifitkationsmöglichkeit. Sie begegnen im Schicksal Peters das stellverstretend für viele Jugendliche seiner Generation stehen kann, der zerstörerischen Wirkungsmacht der Diktatur auf ganz normale junge Menschen". Na endlich, einmal mehr gibt es den Freispruch von jeder Mitschuld. Es waren alles "ganz normale" junge Menschen! Der blonde, blauäugige Peter und Traudl Junge, Hitlers Sekräterin werden am Ende des Films gemeinsam über die Frontlinien der Sowjetsoldaten in die Besatzungszonen der Westalliierten fliehen. Sie stehen symbolisch im Film für den Neuanfang des deutschen Volkes nicht die gemarterten Menschen aus den KZs, nicht die im Untergrund kämpfenden AntifaschistInnen, nein die Nazisekretärin und der Hitlerjunge! Von "Die weiße Rose- Sophie Scholl", über "Das Tagebuch der Anne Frank" und "Schindlers Liste" wird nun "Der Untergang" der Renner der bürgerlichen Schulbildung werden.
Ein Kapitel deutscher Geschichte
So wird der Nazifaschismus entsorgt, das Begleitheft zum Film fordert: "Um den Nationalsozialismus zu begreifen sollte die Geschichte Hitlers und des Dritten Reiches mit normalen Maßstäben der Geschichtswissenschaft gemessen und dieses 12 Jahre dauernd Regime in die Geschehnisse der gesamten Geschichte eingebettet werden." Die normalen Maßstäbe sind, dass es sich eben um ein "dunkles Kapitel der deutschen Geschichte" handelte, das aber eingebettet ist in die heutige BRD, die daraus entstanden ist. In dieser BRD ist es heute 2004 ganz normal, daß die Zeitzeugen dieses Kapitels uns aus allen Medien, aus Biographien, aus Sachbüchern mit ihrer Nazivergangenheit "objektiv berichtet" beglücken. Eines erstaunt nach dem Film und den unzähligen Artikeln und Berichten darüber: Wie viele Nazis überlebt haben.. selbst von der letzten Truppe im Bunker gibt es jede Menge Überlebende vom Major bis zum Telefonist und alle fühlen sich berufen zu bezeugen "wie es wirklich war", nur eines nicht: Ihre eigene Nazi Vergangenheit. Neun Jahre sowjetische Kriegsgefangenschaft für einen Herrn "Zeitzeugen Misch - Hitlers Leibwächter und Telefonist"(Spiegel 35/04) haben nicht ausgereicht um ihm seine Mitverantwortung klar zu machen. Im Spiegelinterview zum Hitlerfilm "Der Untergang" O-Ton "Misch: Ich habe mich 1937 für die SS-Verfügungstruppe gemeldet, aus der die Waffen-SS wurde. SPIEGEL: Waren Sie Nationalsozialist? Misch: Ich war gar nichts, nur Soldat wie viele Millionen andere auch."
Nazilob und Nazi-Schauspielkunst
Der Adjudant von Generalfeldmarschall Keitel wird im Film "Der Untergang" von einem gewissen Karl Richter gespielt. Als Nazi und Redakteur bei der Faschomonatszeitung "Nation&Europa", feiert er mit dem Artikel "Hinter den Kulissen des neuen Hitler-Films: Mit dem Führer in Halle 12" die "neue Geschichtsschreibung" im "Untergang". Gespenstische Anekdoten über die Dreharbeiten und Wertschätzung für den Film bietet Richter, wenngleich er ihm natürlich an vielen Punkten noch nicht weit genug geht. Stimmen seine Angaben, fanden sich Heerscharen von Nazis und Skins als Statisten für die Wehrmachtssoldaten im "Untergang" ein. Richter wäre nicht allzu schwer zu enttarnen gewesen. Er wurde 1995 als Verfasser eines "Asylbetrügergedichts" wegen Volksverhetzung verurteilt. Auch die Bundeswehr beschäftigte Richter bis 2004 als Stabsunteroffizier in Seminaren, wo er - ganz passend - Soldaten zum Thema "Rechtsextremismus"schulte. Jetzt ist Richter parlamentarischer Referent für die NPD-Fraktion im sächsischen Landtag. In seinen ersten Anträgen geht es um "Bevölkerungspolitik": "Damit nicht schon in der übernächsten Generation eine Mischbevölkerung eine Kulturlandschaft dominiert, in der sie nichts verloren hat". (Interview mit Richter, Tagesspiegel 29.10.04) Die Begeisterung Richters für "Der Untergang" steht stellvertretend für das ganze Nazi-Milieu. Treffend charakterisiert Nazi-Richter selbst den Film: "Der Untergang transportiert ein völlig neues Hitlerbild."(Interview mit Richter, Tagesspiegel 29.10.04)
Das deutsche Feuilleton und der Film
Wie der Pressespiegel zeigt überschlug sich das meinungsbildende Feuilleton und die Fernsehwelt mit Lobeshymnen. Der Film wurde mit Titelgeschichten, seitenlangen Interviews, ja in einem beispiellosen Medienrummel hochgejubelt. Natürlich gab es auch einige wenige kritische Stimmen: Der Filmemacher Wim Wenders zum Beispiel empört sich: "Alles sieht man in Der Untergang nur Hitlers Tod nicht.Warum auf einmal dieses dezente Nichtzeigen, warum die plötzliche Prüderie? Warum verflucht nochmal? Warum nicht zeigen, dass das Schwein endlich tot ist. Warum dem Mann diese Ehre erweisen, die der Film sonste keinem von denen erweist, die da reihenweise sterben müssen." (Die Zeit 44/2004) Nur trifft die Konsequenz Wenders Kritik völlig ins Leere. "Der Film hat von allem keine Meinung, vor allem nicht vom Faschismus oder von Hitler. Er überlässt den Zuschauern die Haltung, die er selbst nicht hat oder höchstens vortäuscht." (Wim Wenders, Die Zeit 44/2004) Der Drehbuchautor Eichinger selbst sieht gerade diesen Fakt als Höchstleistung seines Werkes an: "Ich glaube wenn der Film einen Wert hat, dann ist es der, daß er keine Wertung hat". (FAZ, 22.8.04) Meiner Meinung trifft beides definitiv nicht zu. Der Film hat eine klare durchgehende politische Botschaft: Hitler war ein Mensch mit Abgründen und ganz normalen Eigenschaften. Er persönlich war Schuld am Untergang, weil er nicht kapituliert hat. Die Mehrheit der Nazigeneräle und -offiziere war gegen ihn, konnte sich aber aus falsch verstandener Loyalität nicht durchsetzen. In der Umgebung des Nazi-Diktators waren Menschen wie du und ich, von der Sekretärin bis zum Telefonisten. Das deutsche Volk hat unendlich gelitten. Dieses Kapitel deutscher Geschichte gilt es nicht zu dämonisieren, sondern mit diesem realistischen Bild abzuschließen. Das ist eine Wertung, das ist eine Meinung: das ist die Krone der Geschichtsfälschung. Der Faschismus als Herrschaftssystem, der von Hitler zwar verkörpert und bestialisch durchgesetzt, aber getragen und installiert wurde vom deutschen Groß- und Finanzkapital, wird zur persönlichen Diktatur eines einzigen wirren Mannes. Die Entlastung der deutschen Geschichte, die Normalisierung der deutschen Großmacht hat gerade einen solchen Film gebraucht.
Antisemitismus, Holocaust und "Der Untergang"
Einen Film über Hitler, einen Film über die letzten Tage des "3. Reiches" im Jahr 2004 zu drehen ohne den barbarischen Kern dieser Terrordiktatur, die industrielle Vernichtung von über 6 Millionen europäischen Juden anzuklagen, ist ein "Meisterstück aus Deutschland". Ja, endlich einmal ein Film über "das 3. Reich ohne die Judenfrage", ja endlich einmal ein Film über "das 3. Reich", wo das "leidende deutsche Volk" Protagonist zum "Hitlerwahn" ist. Das ist der antisemitische gefärbte, erleichterte Aufseufzer der Presse- und Medienlandschaft, der versucht diese Verharmlosung der Nazi-Herrschaft den werktätigen Menschen in die Köpfe und Herzen einzubläuen. Die Vernichtung der europäischen Juden, da sind sich alle Schreiberlinge einig, musste in "Der Untergang" "naturgemäß" (ZEIT) ausgeblendet werden bei den letzten Tagen im Bunker Für die staatlich abgesegnete Vergangenheitsbewältigung gibt es aber natürlich einen Trost. Der Holocaust scheint trotzdem in "der Tragödie im Bunker" auf: "Der eigenhändige Mord, den Magda Goebbels an ihren Kindern vollziehtwirkt wie ein Spiegel des millionenfachen Judenmordes im Kleinen. So gelingt es den Holocaust der naturgemäß in der Bunkergeschichte selbst keinen Platz hat, doch in einer Abbreviatur (Duden: "Abkürzung", A.d.V.) und in der Mentalität des Vernichtungsfanatismus erschreckend aufscheinen zu lassen." (Die ZEIT 43/2004) In zahlreichen Interviews überschlugen sich die Schauspieler wie C. Harfouch, die Frau Goebbels spielt, über die Brutalität der Szene. Angeblich war das ganze Filmteam in Tränen aufgelöst. Gibt es eigentlich noch eine zynischere Interpretation? Das ist der Gipfel der widerlichen Verharmlosung des geplanten und zielstrebig umgesetzten Völkermordes, der Folter, des Erschlagens, des Totquälens, des Vergasens, des Verhungernlassens hunderttausender jüdischer Kinder. Natürlich arbeitet "Der Untergang" auch direkt einige Bezüge zum Holocaust ab, das erfordert die political correctness. So heißt es an einer Stelle im Drehbuch "Der Untergang" Hitler: "Was hatten wir für Möglichkeiten. Die Weltmacht lag zum Greifen nah! Zu spät! Das einzige was ich mir zugutehalten kann ist, dass ich die Juden mit offenem Visier bekämpft habe und den deutschen Lebensraum vom jüdischen Gift gesäubert habe". Aber das fällt beiläufig und ohne irgendein Filmbild das für die Barbarei steht. Der Nazi Richter hat in seinem Artikel über die Dreharbeiten im Artikelabschnitt mit der Zwischenüberschrift: "'Die Vergangenheitsbewältigung ist am Ende'" (Zitat des Regisseurs Hierschbiegel) notiert: "Die political correctness ist sehr weit weg hier unten im Bunker. Das bekommt dem Film, und alle fühlen sich wohl. Fast alle. Einmal schlurft eine Besucherdelegation von der Jüdischen Kultusgemeinde durch die Kulissen. Klamme Gesichter, Flüstern, Betroffenheit. Doch das sind Gespenster von draußen, aus einer späteren Zeit."(Richter, "Mit dem 'Führer' in Halle 12", Nation&Europa, Septemberheft) Offener Nazi-Antisemitismus, der einem den Atem verschlägt und der bürgerlichen Presse keinerlei Erwähnung wert ist! Es ist aber das geistig politische Klima in dem "Der Untergang" sich bewegt.
Sieg über den Hitlerfaschismus: "Tag der Befreiung? " oder "Der Untergang?"
Die sowjetische Armee, die Hauptkraft und Befreierin vom Hitlerfaschismus ist in "Der Untergang" eine unsichtbare Feindmasse! Die sowjetische Befreiungsarmee kommt in dem Machwerk als "hereinbrechende und todesbringende gesichtslose Masse" vor. Nur gegen Schluss als sich die überlebenden, nicht Selbstmord verübt habenden Bunkerinsassen in Berlin absetzen wollen, aber dabei in russische Gefangenschaft geraten werden einige sowjetische Soldaten gezeigt. Aber auch nur als Gesichter in der Masse. 465 000 Rotarmisten kämpften darum Berlin zu befreien. Es kamen in den letzten Wochen 80.000 Sowjetsoldaten bei dem Häuserkampf um Berlin aufgrund des mörderischen Widerstandes der Nazisoldaten bis zum Schluss ums Leben. In "Der Untergang" sind sie - aus der Bunkernaziperspektive- natürlich nur der bedrohliche Feind. Aber auch über der Erde, im Kriegsgeschehen in Berlin sind sie die Todesbringer der deutschen Bevölkerung. Perfide schafft es "Der Untergang" die Rolle der Roten Armee, der sozialistischen Sowjetunion einfach zu unterschlagen und gleichzeitig die ekelhafte antikommunistische Gleichsetzung Hitler-Stalin unterzubringen: Auszug aus dem Drehbuch "Der Untergang" Hitler: "Ich hätte alle Offiziere liquidieren lassen sollen wie Stalin." Auch hier wird die verfälschende und verlogene Geschichtsschreibung weiter zementiert! Der Film schafft es im Text des Abspannes, wo über die weiteren Lebenswege der Nazigrößen, ihr Überleben oder ihren Tod informiert wird, natürlich auch die "Opfer" unterzubringen. Aus der Befreiung und dem Sieg über den Hitlerfaschismus wird Filmtext: "Einstellung der Feindseligkeiten" gemacht. Aufgelistet werden: Filmtext: "50 Millionen Menschen im Krieg gestorben, 6 Millionen Juden ermordet". Diese offzielle Geschichtsschreibung ist von vielen Gedenkstätten bekannt: Die 50 Millionen Toten im Krieg, das sind: sowjetische Partisanen und Rotarmisten, französische ResistancekämpferInnen, AntifaschistInnen in allen besetzen Ländern, deutsche WiderstandskämperInnen, griechische Partisanen... das sind aber auch SS-Schergen, Nazi-Wehrmachtsgeneräle und Soldaten, NSDAP Größen und Anhänger, sie werden "als Opfer" alle in einem Atemzug genannt. Das ist die Legende von den "Opfern, die im Tod alle gleich sind". Es ist eine Verhöhnung aller mit der Barbarei des Hitlerfaschismus überzogeen Länder und Völker, ein Hohn auf die gemordeten europäischen Juden und Roma und Sinti im industriellen Völkermord Nazi-Deutschlands.
Die Revision der Geschichte
Die Springer- "Welt": "Der Untergang ist ein Zeichen der Emanzipation. Das ordnet sich ein in einen allgemeinen Perspektivwechsel, der etwa seit der Jahrhundertwende im deutschen Gschichtsbewußtsein stattfindet und vielleicht einmal als die entscheidende politische und kulturelle Signatur des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts bezeichnet werden wird. In der anschwellenden Flut der Familienliteratur (ja das passt: Der Untergang, Familie Hitler und wir Deutschen!) wird ein Bedürfnis wenn nicht nach Versöhnung mit der 'Tätergeneration' so doch nach Verständnis bearbeitet, Flucht, Vertreibung und Bombenkrieg werden als Leidensgeschichte erinnert und der politischen Instrumentalisierung entrissen; der Erste Weltkrieg als Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts kehrt langsam auch ins Bewußtsen der Deutschen zurück." Treffender kann das Programm der Geschichtsentsorgung nicht formuliert werden! Der deutsche Imperialismus hat im 20. Jahrhundert zwei mörderische Weltkriege angezettelt - keiner war eine Urkatastrophe! Sein Drang nach Weltherrschaft, nach Eroberung von Einflussgebieten und Rohstoffquellen, die seiner ökonomischen Potenz entsprachen, waren seine Triebkräfte. Nicht böswillige Diktatoren, nicht Monster noch Unmenschen haben diese Politik in die Tat umgesetzt. Es waren eiskalte Kalkulateure der Vernichtung, es waren knallharte Bürokraten der "Lebensraum"Beschaffung, es waren ideologische Potetentate und Völkerschlächter wie Hitler, die die Interessen des deutschen Imperialismus durchsetzten. Der Weg des deutschen Faschismus in die Vernichtung, in den Krieg, die Schwäche der deutschen Arbeiterbewegung diesen Weg zu stoppen, die Ursachen und Zusammenhänge sind nur mit einer wissenschaftlich-materialistischen Analyse aufzuzeigen. Dem Geschichtsrevionismus der Herrschenden müssen wir unbedingt die tatsächliche Geschichte entgegenstellen die Lügenpropaganda zerreißen und die Köpfe und Herzen der werktätigen Menschen gewinnen! Das wurde auch in revolutionären Filmen wie "Der gewöhnliche Faschismus" schon herausragend versucht. Sie müssen wir als Gegeninformation einsetzen!