TROTZ ALLEDEM!
90. Jahrestag: Völkermord des türkischen Staates an der armenischen Nation - unter deutschem Oberkommando
Noch immer leugnet der türkische Staat, den vor 90 Jahren verübten Genozid an dem armenischen Volk. Der 24. April 1915 wird als Jahres- und Gedenktag für den Beginn dieser grauenhaften Schlächterei begangen. Die Vernichtung von über 1,5 Millionen Armenierinnen und Armenier wurde 1915-1917 durch den osmanisch/türkischen Staat politisch-ideologisch, militärisch geplant und barbarisch durchgeführt. Noch immer kämpft die armenische Nation in der Diaspora und in Armenien selbst für die Anerkennung des Genozids durch den türkischen Staat. Mit Aktionen und Pressekampagnen, mit Demonstrationen zum Jahrestag machen die ArmenierInnen international darauf aufmerksam. Ihre Forderung wird vom türkischen Staat national und international mit aller Macht angegriffen. Die staatstragenden Medien unterstützen die Gegenoffensive und verbreiten wie eh und je, dass es nie einen Völkermord am armenischen Volk in der Türkei/Nordkurdistan gegeben habe, im Gegenteil: dass das üble Verleumdungen und Lügen seien. Noch immer bestreitet auch die Bundesrepublik Deutschland die Verantwortung des deutschen Staates an diesem Völkermord. Aber einer der wichtigsten Verbündeten des Deutschen Kaiserreiches im Ersten Weltkrieg war ... das osmanische Reich. Noch immer gibt es wenn auch wenige Überlebende, Zeitzeugen und Opfer des Genozids. Ihre Berichte sind wichtiger Teil für die Anprangerung dieses barbarischen Verbrechens. Was ist damals passiert? Wer waren die Täter? Wer hat profitiert?
Der osmanisch-türkische Staat im 19. Jahrhundert:
Pogrome gegen die armenische Bevölkerung
Die Stationen der „Armenierfrage“ beginnen im 19. Jahrhundert. Das osmanische Reich begann zu zerfallen. Der Kampf um die Aufteilung des Riesenreiches unter allen aufstrebenden kapitalistischen Kolonialmächten entbrannte auf das heftigste. Ökonomisch hing das osmanische Reich bereits völlig am Tropf der westlichen Kapitaleigner. Der ‚kranke Mann am Bosporus‘ versuchte sich meistbietend zu verkaufen. Nachdem das osmanische Reich den Krieg 1877/1878 gegen Russland verloren hatte, wurde im Friedensvertrag von San Stefano folgendes festgelegt: Das osmanische Reich wurde verpflichtet im damals zum ersten Mal erwähnten Westarmenien, Reformen durchzuführen. Der osmanischen Unterdrückung der armenischen christlichen Bevölkerung sollte ein Ende gesetzt werden. Gleichzeitig sollten sie gegen andauernde Angriffe von mit massiv antiarmenischer Propaganda aufgehetzten Kurden und Tscherkessen geschützt und für die Interessen Frankreichs, Englands und Rußlands ausgenutzt werden. Die „Armenierfrage“ wurde zum Spielball der räuberischen Interessen der Kolonialmächte. Beim internationalen Kongress im Juni 1878 in Berlin Teilnehmer waren Russland, Großbritannien, Frankreich, Österreich-Ungarn, Italien, Deutschland, Türkei, Persien und die Balkanstaaten wurden Teile des Friedensvertrags von San Stefano revidiert. Westarmenien gab es danach in diesem Abkommen nicht mehr, stattdessen ging es nun um Ostanatolien... Unter dem Vorwand, Ruhe zu schaffen und Aufstände nieder zu schlagen, wurden vom osmanischen Reich immer mehr Soldaten nach Westarmenien verlegt. Die Reformen blieben auf dem Papier. Das osmanische Reich scherte sich nicht darum. Stattdessen wurde die Unterdrückung der Armenier verstärkt. Als Reaktion auf die Unterjochung der Armenier entstanden verschiedene politische Gruppierungen hauptsächlich in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts, die für die Befreiung Armeniens vom osmanischen Joch gekämpft haben. Der Aufstand von Sassun, 1894, wurde als Vorwand genommen für Massaker, bei denen über 300.000 Armeniern in den Jahren 1895 und 1896 hingemetzelt wurden. „Das kaiserliche Deutschland und England jedoch waren auf Seiten des Blutsultans (Abdul-Hamid II.). Frankreich wie auch die Regierung Alexanders III. (Russland) gaben heuchlerische Versprechungen ab, ohne entsprechende Taten folgen zu lassen. Die armenische Frage blieb ungelöst.“ (Sowjetenzyklopädie, Armenien von 1950) Die imperialistischen Interessen Deutschlands kannten keine Grenzen. Das osmanische Reich, später die Türkei, wurde zu einem Hauptoperationsfeld der zu spät gekommenen deutschen Kolonialmacht. 1898 bekräftigte der deutsche Kaiser Wilhelm II. die guten Beziehungen zu Blut-Sultan Abdul-Hamid II. einmal mehr.
Die Jungtürkische Regierung - Fortsetzung der Pogrompolitik
Die Geschichte von Betrug und Meuchelmord an den Armeniern war noch lange nicht zu Ende. In dem Glauben, die Jungtürken mit ihrer Propaganda von „Gleichheit und Brüderlichkeit“ seien eine Alternative zu dem Blut-Sultan Abdul-Hamid II., unterstützten die nationalen politischen armenischen Kräfte 1908 die jungtürkische „Revolution“. Diese wurde geführt von der Ittihat und Terakki (Einheit und Fortschritt Partei). Die Machtübernahme durch die Jungtürken, die schließlich wieder zur konstitutionellen Monarchie führte, brachte der armenischen Bevölkerung aber nur weitere Massaker: 1909 bis 1912 wurden, hauptsächlich in Adana, ca. 30.000 Menschen auf brutalste Weise umgebracht. Am 14. und 15. April 1909 wurden ca. 200 armenische Dörfer zerstört und ca. 20.000 Menschen ermordet. So musste die unterdrückte armenische Nation erkennen, dass auch die Parole der Jungtürken nichts als mörderische Lüge war! Die Jungtürken entwickelten einen türkisch-rassistischen Nationalismus, der zur Schaffung eines einheitlichen türkischen Nationalstaates nach europäischem Vorbild die ideologische Grundlage beisteuern sollte. Gepaart wurde dieser mit dem pantürkischen Chauvinismus. Der Gedanke vom großtürkischen Reich von der Adria bis zur Großen Chinesischen Mauer der Panturanismus kam auf. In dieser Ideologie waren die Turkvölker die Herrenmenschen. Es sollten die Länder, in denen Türken lebten, zu diesem einen Großtürkenreich vereint werden. Armenien stellte den Panturken ein Hindernis dar: wie ein unüberwindbarer Grenzgraben lag es zwischen den Turkländern. Wenn schon das Land nicht entfernt werden konnte, sollte es doch von Armeniern entvölkert werden. Dann würde den großtürkischen Plänen nichts mehr im Weg stehen. Dieses hochexplosive Gemisch rassistischer und chauvinistischer Hassideologie sollte in den kommenden Ereignissen zur Vernichtungsideologie weiterentwickelt werden. Im Schatten des Ersten Weltkrieges bot sich dann die Möglichkeit, die großtürkischen Pläne endlich umzusetzen. Nicht nur, dass die Völker unter dem Krieg zu leiden hatten: Für die armenische Bevölkerung brachte der Erste Weltkrieg den Genozid.
Im 1. Weltkrieg - Der Genozid…
Im Vorfeld des Ersten imperialistischen Weltkrieges festigten die Jungtürken das Bündnis mit dem Deutschen Kaiserreich, das vorherrschende ökonomische und politische Macht wurde. Hier sahen sie am ehesten die Chance für die Verwirklichung ihrer pantürkischen Expansionsgelüste. Die ökonomische Verflechtung schon im osmanischen Reich mit Abdul-Hamid II., die Aktivitäten der deutschen Konzerne allen voran die Deutsche Bank und nicht zuletzt die persönlichen Verbindungen vieler jungtürkischer Führer, vor allem der Offiziere zum deutschen Staat und zur deutschen Armee bildeten das Fundament für die uneingeschränkte Herrschaft des deutschen Imperialismus. Schließlich, mit dem am 2. August 1914 unterzeichneten Deutsch-Türkischen Bündnisvertrag und nach der anschließenden Mobilmachung trat die Türkei im November 1914 an der Seite des imperialistischen Deutschlands in den Ersten Weltkrieg ein. Das Deutsche Reich war Hauptverbündeter des osmanischen Reiches in diesem Krieg. Die herrschenden Klassen in der Türkei, Großgrundbesitzer und das Handelsbürgertum machten sich den Umstand des Kriegszustandes zu Nutzen, ihre Unterdrückungspolitik gegen die armenische Nation zum Völkermord zu steigern. Der türkische Staat plante umfassend und bis ins Detail politisch und militärisch die Vernichtung des armenischen Volkes in seinem Herrschaftsgebiet. Das Ziel und die Organisation der Durchführung des Völkermordes wurde bewußt systematisch verschleiert und mit einem Geheimplan umgesetzt. Nach dem kolonialen Völkermord des Deutschen Reiches an den Herero und Nama in Deutsch-Südwest-Afrika 1904 war das der nächste umfassende staatlicherseits geplante und organisierte Völkermord des anbrechenden 20. Jahrhunderts.
Ideologisch wurde er gezielt vorbreitet. Der Hass gegen die Armenier wurde unter den türkischen, kurdischen, tscherkessischen und anderen Teilen der Bevölkerung unvorstellbar geschürt. Eine ungeheure Hetzpropaganda, gespickt mit den verschiedensten Falschmeldungen und Manipulationen, zeigte die erwünschten Ergebnisse, wie auch zu diesem Zeitpunkt schon die deutschen Diplomaten zu berichten wussten. Auch wenn antichristliche Vorurteile bei den islamischen Massen angesprochen wurden, die rassistische Ideologie der Jungtürken war nicht vor allem religiös-islamistisch bestimmt. Sie hatten eher eine biologistisch-rassistische, säkulare Theorie. Das ist auch ein Merkmal, das die Verbindung dieses Völkermordes mit dem zwanzig Jahre später einsetzenden Genozid an den europäischen Juden durch die Nazifaschisten aufzeigt. Der geplante Völkermord wurde in verschiedenen Stufen durchgeführt. Nach der jungtürkischen Revolution war es Armeniern zeitweilig erlaubt, sich zu bewaffnen. 1914 wurden dann fast allen Armeniern sämtliche Waffen abgenommen. Die sogenannte Waffenbeschlagnahmung, die ab Spätsommer 1914 in armenischen Vierteln und Dörfern erfolgte, ging mit Terror und zahlreichen Willkürakten einher. Die Mobilmachung für den Krieg wurde dazu genutzt, ca. 300.000 Armenier in die Armee einzuziehen. Sie wurden aber nicht bewaffnet, sondern dazu gezwungen, schwerste Arbeit z.B. beim Straßenbau zu verrichten. Völlig willkürlich wurden sie gruppenweise erschossen oder erschlagen. In Konstantinopel (heute Istanbul) wurden am 24. April 1915 mehr als 600 armenische Intellektuelle festgenommen, vertrieben, verschleppt, gefoltert und fast alle ermordet. Diese Auslöschung des „Kopfes“ der politischen und intellektuellen Elite der armenischen Nation, war der „Startschuss“ für die barbarische Ausrottung der armenischen Bevölkerung in der Türkei. Die Deportationen der Masse der Armenier wurden ab Mai 1915 vollzogen. Für den „Deportationsbeschluss“ von Mitte Mai 1915 wurden verschiedene Aufstände der Armenier für ihre Rechte als Vorwand benutzt. Außerdem gab es die Anschuldigungen, die Armenier würden mit Russland zusammenarbeiten, sie wären alle Agenten und bezahlte Kollaborateure. Und schließlich wurde die ‚Zwangsumsiedlung‘ damit verkauft, dass man die Armenier durch die Zwangsumsiedelung vor Willkürakten während des Krieges beschützen wolle! Welche Heuchelei! Von Anfang an wurden alle Vernichtungsbefehle in Geheimkodes und mit Sonderkurieren überbracht. Peinlichst wurde darauf geachtet, offiziell nicht von „Deportation“ und „Zwangsumsiedlung“ zu sprechen. In den entsprechenden Dokumenten ging es um die „Umsiedelung“ nach Mesopotamien. In der Öffentlichkeit stellten die Herrschenden ihre Ausrottungspolitik so dar, dass zum einen die Schuldigen (sogenannte Spione, Verräter, Aufständische...) bestraft und zum anderen die Unschuldigen vor dem Hass der türkischen, kurdischen, tscherkessischen und anderen Teilen der Bevölkerung geschützt werden sollen. Diese Einteilung in schuldige und unschuldige Armenier war tatsächlich nur ein Verschleierungsmanöver für den geplanten Völkermord an ALLEN Armeniern. Das einzige Ziel der Politik gegen die Armenier war deren vollständige Ausrottung! Talaat Pascha, damaliger Minister des Innern in der Türkei, einer der Hauptverantwortlichen für den Völkermord: „Es ist bereits mitgeteilt worden, dass die Regierung auf Befehl des Djemiet (Komitee) beschlossen hat, alle Armenier, die in der Türkei wohnen, gänzlich auszurotten. Diejenigen, die sich diesem Befehl und diesem Beschluß widersetzen, verlieren ihre Staatszugehörigkeit. Ohne Rücksicht auf Frauen, Kinder und Kranke, so tragisch die Mittel der Ausrottung auch sein mögen, ist, ohne auf die Gefühle des Gewissens zu hören, ihrem Dasein ein Ende zu machen.“ (Minister des Innern, Talaat, 15. September 1915, Der Prozess Talaat Pascha, Seite 133) „Obgleich ein ganz besonderer Eifer für die Ausrottung der fraglichen Personen bewiesen werden sollte, erfahren wir, dass jene an verdächtige Orte, wie Syrien und Jerusalem geschickt werden. Dergleichen Duldsamkeit ist ein unverzeihlicher Fehler. Der Ort der Verbannung derartiger Unruhestifter ist das Nichts. Ich empfehle Ihnen, danach zu handeln.“ (Minister des Innern, Talaat, 1. Dezember 1915, Der Prozess Talaat Pascha, Seite 134) Auch mit dem Wechsel des Glaubens zum Islam gab es für die armenische Bevölkerung und andere christliche Minderheiten, wie die Assyrer keine Hoffnung, der Deportation zu entkommen. Wer im Rahmen der Zwangsislamisierung zum Islam konvertieren „wollte“, verlor trotzdem jede Möglichkeit, in seinem Heimatort zu bleiben. „Benachrichtigen Sie die Armenier, die in der Absicht, der allgemeinen Verschickung zu entgehen, den Islam annehmen wollen, dass sie nur am Orte ihrer Verbannung Muselmann werden können.“ (Minister des Innern, Talaat, 17. Dezember 1915, Der Prozess Talaat Pascha, Seite 135) Die Bestialität und die Grausamkeit, die Unerbittlichkeit und kaltblütig organisierte Durchführung der Deportationen und Metzeleien des Völkermordes entzieht sich fast jeder Beschreibung. Die wenigen Überlebenden haben in erschütternden Aussagen Ausschnitte dieser Barbarei ans Licht der Öffentlichkeit gebracht. „Schon 1933 nannte der jüdische Dichter Franz Werfel in seinem Roman ‘Die vierzig Tage des Musa Dagh’ die armenischen Todeskarawanen prophetisch als ‚wandelnde Konzentrationslager‘.“ (Die Zeit, Nr.13/März 2005) Auch andere Minderheiten, wie die Assyrer, Chaldäer und Pontus-Griechen (bis zu 500.000 ) wurden während des Ersten Weltkrieges Opfer von Ausrottungsfeldzügen der türkischen Armee.
Der Genozid der Nazifaschisten an den europäischen Juden hat viele Parallelen zum Völkermord an dem armenischen Volk. Die staatlich geplante und durchorganisierte Auslöschung eines Volkes und seiner Kultur, die barbarischsten Formen der Deportationen und der Vernichtung, die der Hitlerfaschismus bis zur industriellen Massenermordung entwickelte, die chauvinistische Verhetzung und Mitbeteiligung des eigenen Volkes, die systematische Verschleierung des staatlichen Völkermordes, die Bereicherung an dem Besitz, dem Land und den Vermögenswerten der Opfer. Die grauenhafte Bilanz dieses organisierten Genozids: über 1,5 Millionen Armenier wurden vom türkischen Staat während des Ersten Weltkrieges hingemetzelt. Die kulturelle, politische und gesellschaftliche Existenz des armenischen Volkes in der Türkei wurde vernichtet. Nach Ende des Ersten Weltkrieges waren nur noch ca. 250.000 Armenier in der Türkei/Westarmenien. Die nationale Unterdrückung durch den türkischen Staat hörte aber nicht auf. Die rassistisch- türkische Rassenideologie wurde von Mustafa Kemal weitergeführt. Bei dem Vormarsch seiner Truppen 1919 - 1923 kam es immer wieder zu Massakern an Armeniern, auch an Griechen, Assyrern, Chaldaern. Nach der Errichtung der Türkischen Republik wurden führende Organisatoren, Schlächter und Profiteure des Völkermordes in bedeutsame politische Posten befördert: Abbdulhalik Renda, nacheinander Finanz-, und Verteidigungsminister; S. Kaya, Innenminister von 1927 - 1938; T. Rüstü 1925 - 1938 Außenminister. Die armenische Minderheit wurde weiterhin politisch und religiös drangsaliert und verfolgt.
Bis heute sind viele zehntausende Menschen in die Emigration gegangen, um dieser nationalen Unterdrückung zu entkommen. Die Überlebenden des Völkermordes sind vorwiegend in der Diaspora. In der Türkei/Westarmenien leben heute nur noch ca. 70.000 Armenier. In Westarmenien ist die armenische Nation nahezu ausgelöscht. Das sind die grausamen Ergebnisse des Völkermordes über Generationen hinweg bis heute!
Leugnung des Völkermordes durch den türkischen Staat - bis heute
Das Verhalten des türkischen Staates, damals wie heute, war und ist chauvinistisch, rassistisch, barbarisch, den Völkermord verschleiernd und verleugnend. Nach herrschender Meinung und Geschichtsschreibung gab es keinen Völkermord an den Armeniern. Bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts leugnete der türkische Staat, dass es überhaupt Morde an Armeniern gegeben hätte. Erst 1985, nachdem die ASALA (Armenische Geheimarmee für die Befreiung Armeniens) in verschiedenen Ländern mit Anschlägen gegen türkische Botschafter auf den verschwiegenen Holocaust am armenischen Volk aufmerksam gemacht hatte, änderte sich die offizielle Version. Der türkische Staat sprach jetzt von gegenseitigen Angriffen der Armenier und Türken, es sei Krieg gewesen und da seien eben viele in den verschiedenen Kämpfen umgekommen. Von Deportation und Völkermord keine Rede! Der türkische Staat geht sogar so weit, zu behaupten, dass die Armenier diejenigen gewesen seien, die die Türken massakriert hätten! Die offizielle Version des türkischen Staats soll international als die einzig richtige anerkannt werden. Systematisch wird die Herausgabe „wissenschaftlicher“ Arbeiten betrieben, die anhand türkischer Dokumente die Aussagen der Armenier und vieler Wissenschaftler in verschiedenen Ländern widerlegen sollen. Gezielt legen türkische Botschafter in allen Ländern Proteste ein, wenn vom Völkermord an dem armenischen Volk in der Türkei nur gesprochen, oder gar der armenischen Opfer gedacht wird, wenn Gedenktage veranstaltet oder wissenschaftliche Analysen vorgelegt werden. Per Internet sendet die türkische Regierung Hetztiraden, Drohungen und Lügengeschichten in alle Welt. Wenn ein bürgerlicher Demokrat wie der Schriftsteller Orhan Pamuk nur die Wahrheit ausspricht, und in einem Interview feststellt: „Man hat hier 300.000 Kurden umgebracht. Und eine Million Armenier. Und fast niemand traut sich das zu erwähnen“ - dann kann in Nordkurdistan/Türkei, heute 2005, zum Mord gegen diesen Schriftsteller aufgerufen werden. „Er hat das Recht verwirkt türkische Luft einzuatmen!“
„Das wichtigste Operationsfeld des deutschen Imperialismus wurde die Türkei“ (Rosa Luxemburg 1916)
Die Grundlage der Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei waren die Ziele des deutschen Imperialismus. Deutschland war relativ spät in der Weltarena der Imperialisten aufgetaucht, hatte dafür aber eine umso rasantere ökonomische Entwicklung hingelegt. Dieses ökonomische Potential in die Waagschale werfend, versuchte es nun mit einer aggressiven, militaristischen Politik, doch noch zu einigen lohnenden Kolonien zu kommen. In Afrika eroberte das deutsche Reich Togo, Kamerun, Ostafrika und Südwestafrika. Der Völkermord an den Herero und Nama in „Deutsch-Südwest“ war der barbarische Höhepunkt seiner blutigen Kolonialkriege. Der Mittlere Osten sollte dem deutschen Imperialismus als Ausgangsbasis für den Kampf um die Neuaufteilung der Welt gegen die von England geführt Mächtegruppierung dienen. Deutschlands wirtschaftspolitische Stellungen waren auf entscheidende Punkte konzentriert: Den Bahnbau und die Rüstungsgeschäfte mit der türkischen Armee. Auf diesen beiden Gebieten hatte der deutsche Imperialismus dank seiner guten Beziehungen zum korrupten reaktionären türkischen Regierungsapparat eine Monopolstellung errungen. Die türkische Armee, im wesentlichen mit deutschen Waffen ausgerüstet, befand sich unter der Kontrolle des deutschen Militarismus. Das deutsche Monopolkapital verfügte in der asiatischen Türkei aufgrund der Eisenbahnbauten und der Tätigkeit preußischer Instrukteure in der osmanischen Armee bereits über entscheidende Positionen für die Aufnahme einer konzentrierten Expansionspolitik. Neben militärischen und wirtschaftlichen Aktivitäten nutzte der deutsche Imperialismus schon damals die „humanistische“ Seite: Als Hilfskräfte der Expansionspolitik wurden Ende des 19. Jahrhunderts 450 Missionare und mehrere hundert Hilfsprediger in die Türkei geschickt. Die deutsche Diplomatie hatte den im 19. Jahrhundert allmächtigen englischen, französischen und russischen Einfluss in Konstantinopel (Istanbul) Schritt für Schritt zurückgedrängt und sich selbst mit der Zuckerbrot-und-Peitsche-Taktik in den Vordergrund gespielt. Letztendlich führten die kolonialistischen Bestrebungen und Rivalitäten der imperialistischen Großmächte, vor allem Deutschlands, zum Ersten Weltkrieg.
Im Ersten Weltkrieg waren, wie schon gesagt, der türkische Staat und das Deutsche Kaiserreich Verbündete. Der deutsch-türkische Bündnisvertrag stellte die türkischen Streitkräfte dem deutschen Generalstab restlos zur Verfügung. Nach verschiedenen Angaben waren auch 8.000-12.000 deutsche Soldaten in der Türkei stationiert. Das deutsche Militär und hochrangige Offiziere spielten eine Schlüsselrolle in der türkischen Armee. General Liman von Sanders war Marschall des osmanischen Heeres und ab 1913 Chef der deutsche Militärmission in Konstantinopel. Ihm unterstanden bis zum Kriegsende 800 deutsche Offiziere, die auf leitenden Posten in fast allen Truppenteilen und an allen Fronten der osmanischen Armee eingesetzt waren. General Fritz Bronsart von Schellendorf war Generalstabchef des Kriegsminister Enver Paschas für das osmanische Feldheer. Chef der III. Osmanischen Armee, deren Einsatzgebiete Westarmenien und die Kaukasusfront umfasste, war General Felix Kruse. Colmar von der Goltz, war bereits vor dem 1.Weltkrieg zum stellvertretenden Stabschef der osmanischen Armee befördert und zum Generalinspekteur der türkischen Truppen geworden. Von den türkischen Militärs wurde er „von der Goltz-Pascha“ genannt. Das Eisenbahntransportwesen wurde fast komplett von deutschen Offizieren geleitet. Die politische Vormachtstellung des Deutschen Reiches wurde durch ein weitverbreitetes Netz von regionalen diplomatischen Vertretungen und anderen Einrichtungen abgesichert. Kein anderes Land hatte so viele Diplomaten und Fachpersonal in der Türkei wie Deutschland. All die Namen der deutschen Militärs und der zahlreichen Diplomaten stehen als Beispiele für die Mitwisserschaft, die direkte Unterstützung, die aktive Beteiligung bis hin zur Anstiftung am Völkermord an den ArmenierInnen durch das Deutsche Reich. Zahlreichen am Völkermord beteiligten türkischen Militärs, wurden für ihre „Leistungen“ von der deutschen Regierung den preussischen Orden des schwarz-roten Adlers sowie das eiserne Kreuz verliehen. (V. N. Dadrian, „Die deutsche Verantwortung im armenischen Genozid“, - dieses Buch gibt es bislang nur in englischer Sprache)
Das Deutsche Reich war am Völkermord aktiv beteiligt und verantwortlich!
Die Erklärung der deutschen Botschaft 1916 zum Völkermord zeigt das ganze Ausmaß der Verantwortung und aktiven Unterstützung des deutschen Imperialismus auf: „Die von der Regierung der Hohen Pforte (bis 1918 die Bezeichnung für die türkische Regierung) durchgeführten Repressalien gegen die Armenier der ostanatolischen Provinzen wurden von der Kriegslage diktiert und stellen ein legitimes Verteidigungsmittel dar. Die deutsche Regierung ist weit davon entfernt, sich ihrer Durchführung zu widersetzen, da ja diese Aktionen der Festigung der inneren Sicherheit der Türkei dienen und Aufstandsversuchen zuvorkommen sollen. In dieser Hinsicht deckt sich der Standpunkt der deutschen Regierung vollständig mit den Erklärungen, die die Pforte abgegeben hat.“ (Lepsius, „Deutschland und Armenien“, S. 96f) Völkermord ist ‚legitimes Verteidigungsmittel‘ und die Hohe Pforte wird offensiv ermuntert die Massker weiterzuführen, die deutsche praktische und politische Unterstützung ist ihr sicher. Die deutschen Botschafter, wie z.B. Wangenheim, waren durch die in fast allen Provinzhauptstädten existierenden Konsulate bestens über den Ablauf der Deportationen unterrichtet. Schon zu Beginn der Deportationen waren die deutschen Generäle und Diplomaten eingeweiht. „Zur Eindämmung der armenischen Spionage und um neuen armenischen Massenerhebungen vorzubeugen, beabsichtigt Enver Pascha unter Benutzung des Kriegs-(Ausnahme-)zustandes, eine große Anzahl armenischer Schulen zu schließen, armenische Postkorrespondenz zu untersagen, armenische Zeitungen zu unterdrücken und aus den jetzt insurgierten armenischen Zentren alle nicht ganz einwandfreien Familien in Mesopotamien anzusiedeln. Er bittet dringend, dass wir ihm hierbei nicht in den Arm fallen. Diese türkischen Maßnahmen werden natürlich in der gesamten uns feindlichen Welt wieder große Aufregung verursachen und auch gegen uns ausgebeutet werden. Die Maßnahmen bedeuten gewiß auch eine große Härte für die armenische Bevölkerung. Doch bin ich der Meinung, das wir sie wohl in ihrer Form mildern, aber nicht grundsätzlich hindern dürfen.“ (Wangenheim, deutscher Botschafter, Istanbul, Dokument 72, 31. Mai 1915, Deutschland und Armenien, 1914-1918, Sammlung Diplomatischer Aktenstücke, Hrg. Lepsius, Seite 79) Indem sie deren Bitte erfüllten und die Schergen Enver Paschas mit ihrem militärischen Fachwissen unterstützten, ebneten sie den Weg für weitere Gräueltaten. Der deutsche Botschafter Wangenheim schlägt hier selbst vor, diese zwar zu mildern - für das internationale Ansehen - doch keineswegs sie zu verhindern. Wie der deutsche Konsul in Erzerum Scheubner-Richter im August 1915 feststellte, ergriff die türkische Regierung Maßnahmen, „die einer absoluten Ausrottung gleichkamen“. Sein Bericht machte auch im fernen Deutschland klar, dass der Kriegszustand als Gelegenheit für die „Lösung der armenischen Frage“, sprich die Ausrottung der armenischen Menschen, die Vernichtung ihrer Kultur und ihrer ganzen Siedlungsgebiete genutzt wurde. „Nach allem vorgefallenem kann folgendes als sicher angenommen werden: Die Austreibung und Vernichtung der Armenier war vom jungtürkischen Komitee in Konstantinopel beschlossen, wohl organisiert und mit Hilfe von Angehörigen des Heeres und von Freiwilligenbanden durchgeführt. Hierzu befanden sich Mitglieder des Komitees hier an Ort und Stelle.“ (Stange, Oberleutnant, Erzerum 23. August 1915, Deutschland und Armenien, 1914-1918, Sammlung Diplomatischer Aktenstücke, Hrg. Lepsius, Seite 142, Dok. 149) Die deutschen politischen und militärischen Vertreter besaßen die Möglichkeit, über Drahtfunk Informationen auszutauschen. So wurde bis ins Kaiserreich von den Metzeleien berichtet. Der deutsche Imperialismus wusste also nicht nur bestens über den Völkermord und über die schrecklichsten Einzelheiten der Vernichtungsaktionen Bescheid, sondern war über sein Militär auch direkt beteiligt! Das deutsche Militär in der osmanischen Armee war direkt in die Planung und Durchführung der Massaker, Deportationen und Vertreibungen eingebunden. Sie hatten engen Kontakt zu den türkischen Verantwortlichen der Massaker, und oft auch direkten Zugang zu den Orten des Grauens. „Der unerbittlichste Feind der Armenier unter den deutsche Militärs war Generalleutnant Fritz Bonsart von Schellendorf. Er kümmerte sich um Details, damit die Todesmärsche ohne Störungen abliefen. Ein Dokument vom 25. Juli 1915 zeigt, dass er gemeinsam mit Kriegsminister Enver Deportationen autorisierte.“ (Die Zeit, Nr.13/März 2005) Mit welcher rassistisch-faschistischen Ideologie dieser deutsche General zu Werke ging offenbart ein Zitat nach dem Kriege: „Der Armenier ist wie der Jude, außerhalb seiner Heimat ein Parasit, der die Gesundheit eines anderen Landes, in dem er sich aufhält, aufsaugt.“ (Die Zeit, Nr.13/März 2005) Die deutsche herrschende Klasse wusste nicht nur genau, dass es bei der Ausrottung der Armenier, um Völkermord ging. Sie war an diesem Völkermord, dieser Ausrottungspolitik gegen die Armenier und ihre Kultur, die staatlich und militärisch geplant und organisiert war, direkt beteiligt. 1915 sind die Deutschen bemüht ihre herausragende Rolle als Lehrmeister für die türkische Kriegsführung hervorzuheben! „Die Türken sind keine Systematiker. Die meisten Generale verstehen nicht zu befehlen, sie können den Unterführern nicht in die Hand arbeiten. Sie bedürfen des Lehrers, der ihnen zeigt, wie der einzelne nur im Rahmen des Ganzen mit Erfolg tätig sein kann und ihnen daher den Blick für eine Offensive eröffnet, die ihnen noch fremd ist. Deutsche Arbeit kann hierbei Großes schaffen. … Ohne Deutsche wäre es aber nicht so gegangen, wie es gegangen ist.“ (v. Tyszka, Zeitungskorrespondent, Konstantinopel 30. September 1915, Deutschland und Armenien, 1914-1918, Sammlung Diplomatischer Aktenstücke, Hrg. Lepsius, Seite 161, Dok. 176) Eines ist sicher, DIESE Darstellung entspricht der Wahrheit: Die deutschen Militärs waren die führende militärische Kraft in der Türkei. Die türkische Armee hat von den Deutschen gelernt auch was sie beim Völkermord an Gräueltaten verübte. Nicht zu vergessen, dass auch deutsche Offiziere sowohl Deportationsanordnungen absegneten, direkte Schießbefehle gaben und auf Armenier, die sich gegen ihre Deportation wehrten, schossen. Wer die türkische Armee für ihre militärischen Operationen lobte, sollte nicht vergessen, dass das alles auch das Werk der deutschen Militärs war. „Was sie leisten, ist unser Werk, sind unsere Offiziere, unsere Geschütze, unser Geld. Ohne unsere Hülfe fällt der geblähte Frosch in sich selbst zusammen. Wir brauchen gar nicht so ängstlich mit den Türken umzugehen. Leicht können sie nicht auf die andere Seite schwenken und Frieden machen.“ (www.armenocide.de, Diplomatische Aktenstücke, Manipulierte Dokumente, 1915-12-07-DE-001-V, Metternich, deutscher Botschafter, Pera 7. Dezember 1915) Es gibt zahlreiche Berichte, die von Erschießungskommandos berichten, die von deutschen Offizieren geführt waren. Ebenso wurde über die Zerstörung ganzer Dörfer unter deutscher Mitwirkung und Befehl dokumentiert. Es gibt auch Hinweise, die direkte Anordnungen von Vernichtsaktionen durch deutsche Militärs belegen. Dieser Völkermord passte genau in das strategische Konzept des deutschen Imperialismus den türkischen Staat in seinen Grenzen unbedingt zu erhalten. Die Interessen des imperialistischen Deutschlands standen immer im Vordergrund: Für den Bau der Bagdadbahn kamen die rechtlosen, dem Tod geweihten Armenier als Zwangsarbeiter gerade recht. Das Verhungern- Lassen dieser kostenlose Arbeitskräfte führte dann schon mal zum Bedauern deutscher Kapitalvertreter: „Sehr bedauerlich ist auch, vom rein praktischen Standpunkte aus, die Vernichtung von so vielen lebenden Arbeitskräften gerade auf dem Wege Aleppo-Bagdad. … Die Armenier würden mit Freuden diese Strasse fertig bauen. Sie würden nicht einmal Tagelohn beanspruchen. Aber Brot, die Rettung vom Hungertode. Der fast durchweg bereits aufgeworfene Straßendamm, oft meilenweit bereits beschottert, die schon durchstochenen Hügelketten, die teils fertig gestellten, teils angefangenen Steinbrücken schreien geradezu nach Fertigstellung der Straße! Und an dieser gegebenen Aufgabe, an dieser ganzen Strecke entlang schon verteilt, sitzen über 20.000 bereite Arbeitskräfte und verhungern! (...) In den Kreisen der Bagdadbahn hörte ich über Arbeitermangel klagen. 12.000 Arbeiter, die in nächster Zeit benötigt werden, sind schwer zu bekommen. Und in dem Dreieck Aleppo-Mossul-Bagdad liegen Hunderttausende armenischer Arbeitskräfte brach!“ (www.armenocide.de, Diplomatische Aktenstücke, Manipulierte Dokumente, 1916-02-09-DE-001-V, Anlage, Litten, Aleppo 6. Februar 1916) Den deutschen Imperialisten ging es dabei nur um die eigenen ökonomischen Interessen. So versorgte andererseits der türkische Bündnispartner die deutsche Waffenschmiede Krupp für den Kanonenbau mit Tausenden Kirchenglocken aus den geplünderten armenischen Kirchen und Kupfergeschirr aus den Haushalten der deportierten und ermordeten Armenier. „Auch das Problem, das durch die Deportation von 3/4 Millionen Armeniern in die mesopotamische Wüste geschaffen wurde, berührt die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands in Cilicien und Mesopotamien. Ohne die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Existenz der Armenier bleibt auch der deutsche Handel vernichtet.“ (www.armenocide.de, Diplomatische Aktenstücke, Manipulierte Dokumente, 1916-04-17-DE-001-V, Lepsius, Potsdam 17. April 1916) Nach Ende des 1. Weltkrieges blieb das Deutsche Reich treuer Freund der Völkermörder. Als die französischen und englischen Allierten in imperialer Siegerpose eine Verfolgung der Verantwortlichen des Völkermordes an den Armeniern mit einem internationalen Tribunal ahndeten, verhalfen deutsche hochrangige Offziere, auf Befehl Berlins, sieben Haupttätern und Führern der Jungtürken zur Flucht nach Deutschland. (V. N. Dadrian, „Die deutsche Verantwortung im armenischen Genozid“) Die Beteiligung und Verantwortung des Deutschen Reiches am armenischen Genozid wird auch in der heutigen Bundesrepublik weiterhin geleugnet. Wobei klar unterstrichen werden muss, das ganze Ausmaß und die ganze Verantwortung Deutschlands liegen bis heute nicht auf dem Tisch. Zentrale Akten wurden vernichtet und teilweise gefälscht. Es gibt keine nennenswerte deutsche historische Forschung dazu.
Die offensichtliche Verantwortung des Deutschen Reiches sollte nicht an die Öffentlichkeit gelangen!
Das Auswärtige Amt in Berlin bis hin zum Reichskanzler unternahmen alles in ihrer Macht stehende die Fakten über die deutsche Beteiligung, wenn nicht sogar die politische Initiierung des Völkermordes an den Armeniern zu unterdrücken. Also wurde vertuscht und verschleiert, dafür war von Anfang an jedes Mittel recht: Das Motto war Zensur in Deutschland und Schweigen über den Völkermord! „Über die Armeniergreuel ist folgendes zu sagen: Unsere freundschaftlichen Beziehungen zur Türkei dürfen durch diese innertürkische Verwaltungsangelegenheit nicht nur nicht gefährdet, sondern im gegenwärtigen, schwierigen Augenblick nicht einmal geprüft werden. Deshalb ist es einstweilen Pflicht zu schweigen. Später, wenn direkte Angriffe des Auslandes wegen deutscher Mitschuld erfolgen sollten, muß man die Sache mit größter Vorsicht und Zurückhaltung behandeln und später vorgeben, dass die Türken schwer von den Armeniern gereizt wurden.“ (Pressekonferenz vom 7.10.1915, Berlin, Heinrich Vierbücher, Armenien 1915, Seite 78) Diesem Ausschluss der Öffentlichkeit, dieser Verschleierung und dieser Zensur stellten sich nur ganz wenige entgegen. Allen voran der Kommunist Karl Liebknecht, der am 11. Januar 1916 im Parlament eine Anfrage zum Völkermord stellte. „ist dem Herrn Reichskanzler bekannt, dass während des jetzigen Krieges im verbündeten türkischen Reiche die armenische Bevölkerung zu Hunderttausenden aus ihren Wohnsitzen vertrieben und niedergemacht worden ist?“ Die Antwort der Regierung war, dass nähere Einzelheiten zu dieser Frage nicht mitgeteilt werden könnten. Weitere Fragen waren im Parlament nicht erlaubt. 1916 wurde von Dr. Johannes Lepsius, einem Missionar und Diener des deutschen Kaiserreichs der „Bericht über die Lage des armenischen Volkes in der Türkei“ herausgegeben. Darin schilderte er eindrücklich und dokumentarisch die Völkermordpolitik der Jungtürken gegen das armenische Volk. Doch die Zensur verbot dieses Werk und beschlagnahmte rund 20.000 Exemplare. „Dagegen weisen bekanntlich feindliche und neutrale Auslandsstimmen in Parlament und Presse Deutschland eine besondere Rolle als Mitschuldiger, wenn nicht gar als Anstifter, zu. Es wird nicht leicht zu sagen sein, welche Schädigungen deutscher Interessen sich daraus ergeben.“ (www.armenocide.de, Diplomatische Aktenstücke, Manipulierte Dokumente, 1916-01-03-DE-001-V, Anlage 1, Hoffmann, Alexandrette 8. November 1915) Das waren die Probleme, die die deutsche Regierung mit dem Völkermord hatte. Ihre Interessen waren in Gefahr. Dafür war wichtig, dass eine deutsche Mitschuld nicht bekannt wurde. So wurde eine Tatsache durch die entsprechende Propaganda zu einem Gerücht gemacht, das niemand verbreiten durfte. „Wie der Bericht des Herrn von Scheubner von neuem bestätigt, ist sogar in weiten Kreisen der türkischen Bevölkerung die Vorstellung verbreitet, dass Deutschland die Türkei zu den Armenierverfolgungen angestiftet habe. Wir glauben von der Loyalität der Pforte gegen ihren deutschen Bundesgenossen erwarten zu dürfen, dass sie derartigen Gerüchten mit Nachdruck entgegentritt.“ (von Jagow, Auswärtiges Amt, Berlin 29. November 1915, Deutschland und Armenien, 1914-1918, Sammlung Diplomatischer Aktenstücke, Hrg. Lepsius, Seite 199-200, Dok. 205) Die deutsche Regierung zog sich auf ihren Status als „Nur-Verbündete“ zurück. So forderte auch der deutsche Botschafter Metternich, dass die türkische Regierung endlich Stellung nehmen und den „Gerüchten“ entgegenwirken solle. „Ich habe ihm schließlich von dem Missbrauch gesprochen, den türkische niedere Beamte sich zuschulden kommen ließen durch die falsche Behauptung, daß die Deutschen die Armenierverfolgungen begünstigten. Diese Verleumdung sei in Anatolien, wie ich von Reisenden und aus anderen Quellen unumstößlich wisse, weit verbreitet. Wir seien durchaus nicht gesonnen, die Verantwortung für die Armenierpolitik mit der türkischen Regierung zu teilen, und ich bäte ihn, diesen Gerüchten mit Nachdruck entgegenzutreten. Dem Großwesir war über derartige Gerüchte nichts bekannt. Er versprach aber ausdrücklich, sie dementieren zu lassen. Im übrigen führte er aus, dass die Armenier ein Opfer fremder, insbesondere russischer Anstiftung geworden seien.“ (Metternich, Pera 9. Dezember 1915, Deutschland und Armenien, 1914-1918, Sammlung Diplomatischer Aktenstücke, Hrg. Lepsius, Seite 203, Dok. 210) Nach mehrmaliger Aufforderung kam schließlich die erwünschte Stellungnahme. Mit der Antwort der vom imperialistischen Deutschland abhängigen türkischen Regierung wollte diese den Bundesgenossen „reinwaschen“ und sich gleichzeitig als unabhängig darstellen: „Die Behauptungen, wonach diese Maßnahmen der Hohen Pforte (s.o.) durch gewisse fremde Mächte suggeriert seien, sind von Grund aus haltlos. Die Kaiserliche Regierung, fest entschlossen, ihre absolute Unabhängigkeit aufrecht zu erhalten, würde selbstverständlich keinerlei Einmischung, unter welcher Form auch immer, in ihre inneren Angelegenheiten dulden, und wäre es selbst von Seiten ihrer Freunde und Bundesgenossen.“ (Erklärung der Regierung (Pforte), Konstantinopel 1. März 1916, Deutschland und Armenien, 1914-1918, Sammlung Diplomatischer Aktenstücke, Hrg. Lepsius, Seite LI)
Manipulation von Berichten und Dokumenten
„Wir haben in der armenischen Frage von Anfang an energische Vorstellungen bei der Pforte (s.o.) erhoben. Wir werden vielleicht später einmal nach dem Kriege, wenn unsere Position nicht mehr so delikat ist wie heute, unsere ganzen Verhandlungen in einem Weißbuche niederlegen.“ (www.armenocide.de, Diplomatische Aktenstücke, Manipulierte Dokumente, 1917-05-09-DE-001-V, Anlage I, Zimmermann, Auswärtiges Amt, Berlin 29. September 1916) Wie wir wissen, war Deutschland von Anfang an dabei und hat nicht das Geringste gegen den Völkermord unternommen, sondern ihn aktiv mitdurchgeführt von wegen „energische Vorstellungen...“! Also ist Zimmermanns Aussage eine glatte Lüge. Was er uns aber auch mitteilt ist, dass die deutsche Regierung für die historische Darstellung der Rolle des deutschen Kaiserreichs eine Schrift herausgeben wird. Was kann das aber für eine dokumentarische Schrift sein, wenn sie unter der Überschrift einer Lüge herausgegeben wird? Für das sogenannte Weißbuch wurden Dr. Johannes Lepsius sämtliche diplomatischen Akten zur Verfügung gestellt, um sie zu bearbeiten und herauszugeben. Diese Akten waren aber bewusst unvollständig und an entscheidenden Stellen zu Gunsten der deutschen Regierung manipuliert. Lepsius stand in ihrem Dienst und hatte selbst auch das klare politische Ziel ihrer Reinwaschung. So nannte er sein Werk „Deutschland und Armenien 1914-1918 Sammlung diplomatischer Aktenstücke“ eine „gut abschneidende Ehrenrettung Deutschlands.“ Mittlerweile ist durch die Vergleiche der Originaldokumente des Auswärtigen Amtes mit den Abschriften, die Lepsius zur Verfügung gestellt wurden, klar: Vor allem seine Auftraggeber hatten so gut wie alle Stellen in den Dokumenten gestrichen, die über die wirkliche Rolle des Deutschen Reiches Auskunft gaben. (Im Internet liegen unter www.armenocide.de alle 1919 veröffentlichten Lepsius-Dokumente vor auch die manipulierten) Systematisch waren alle wichtigen Hinweise auf die Politik des deutschen Reiches in Sachen Völkermord, eine deutsche Mitverantwortung sowie eine Beteiligung beispielsweise deutscher Offiziere an Repressionen gegen Armenier entfernt. „Den Inhalt verfälschend sind in den veröffentlichten Akten über den Völkermord vor allem Auslassungen, die Taten deutscher Staatsangehöriger gegen die Armenier beschreiben, ferner politisch brisante Ansichten deutscher Diplomaten oder offizieller Vertreter, seien sie nun rassistischer Art oder schlicht nur Belege für deutschen Weltmachtanspruch.“ (W. Gust, „Magisches Viereck, Johannes Lepsius, Deutschland und Armenien“) Lepsius selbst hat einige Änderungen vorgenommen. Seine Schuld war, die Abschriften nicht mit den Orginalen zu vergleichen, oder er hat es getan und nicht beanstandet. Daher war es dann ein Leichtes für politisch Verantwortliche in der Öffentlichkeit mit dem Brustton der Überzeugung zu lügen: „Kein einziger Deutscher hat bei Armenierverfolgungen mitgewirkt, kein einziger Deutscher hat seine Menschenpflicht versäumt, alles zu tun, um die Armenierverfolgungen zu verhindern und zu mildern. Das muss aufgrund der von Dr. Lepsius der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Akten heute als unumstößliche Tatsache und Wahrheit fest gehalten werden.“ (Wilhelm Litten, deutscher Konsul in Persien, Persische Flitterwochen 1925, Seite 315) So funktioniert Geschichtsschreibung der Herrschenden: Als Wahrheit wird festgelegt, was den Interessen der Herrschenden nützlich ist!
Deutsche Waffen und deutsches Geld morden mit in aller Welt!
Das tatsächliche Ziel des deutschen Imperialismus war es, den Krieg zu gewinnen, egal wie. In dieser Logik wurde auch der Völkermord an den Armeniern als Mittel zum Zweck gesehen. Der deutsche Reichskanzler: „Unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob darüber Armenier zu Grunde gehen oder nicht. Bei länger andauerndem Kriege werden wir die Türken noch sehr brauchen.“ (www.armenocide.de, Diplomatische Aktenstücke, Manipulierte Dokumente, 1915-12-07-DE-001-V, Metternich, Pera, 7. Dezember 1915) In der Logik der kriegsführenden deutschen Großmacht wurden die verfolgten und massakrierten Armenier dann auch selbstverständlich zu Handlangern der Entente-Mächte. Die Aufstände der Armenier für ihre Rechte wurden schlicht in diesem Zusammenhang und als Ursache für den Völkermord dargestellt. Genauso hatte auch der türkische Staat den Genozid gerechtfertigt. Die deutschen Herrschenden unterstützten so die offizielle Version ihres türkischen Bündnispartners. „Es wäre nicht dazu gekommen, wenn nicht die Armenier selbst dazu eine Handhabe gegeben hätten. Die moralische Schuld an den Vorkommnissen trifft neben Armeniern selbst deren Anstifter in London, Petersburg und Paris.“ (www.armenocide.de, Diplomatische Aktenstücke, Manipulierte Dokumente, 1917-05-09-DE-001-V, Anlage II, Zimmermann, Berlin 29. September 1916) Der Heuchelei und Hohn nicht genug, sollten überlebende Armenier nach dem Krieg, den türkischen Staat um Versöhnung anflehen, ihrem Recht auf Lostrennung absagen und sich als „türkische Bürger“ unterwerfen: „Wir würden es mit Genugtuung begrüßen, wenn die deutschen Armenierfreunde ihren Einfluß aufbieten wollten, um die Armenier vor nutzlosem Widerstand, der einem Selbstmord gleichkäme, zu warnen und sie dazu bringen, dass sie über ihre Unterwerfung mit den Türken verhandeln. [Der baldige Erlaß einer Amnestie ist zugesagt worden.]“ (www.armenocide.de, Diplomatische Aktenstücke, Manipulierte Dokumente, 1918-03-19-DE-001-V, Reichstag 19. März 1918)
Der Tod ist ein Meister aus Deutschland.
Es ist die historische Kontinuität deutscher Geschichte, der besondere Weg der Herausbildung der Deutschen Nation, der von oben durchgesetzten preußischen Vereinigung der deutschen Staaten, des zu spät gekommenen deutschen Räubers, die zu dem Völkermord an den Herero und Nama 1904 in der deutschen Kolonie „Deutsch-Südwest“, zur aktiven Mittäterschaft am Völkermord an dem armenischen Volk 1915 und zur nazifaschistischen Völkermordbarbarei an den europäischen Juden und den Roma und Sinti führte. Der Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern hätte ohne den deutschen Imperialismus nicht durchgeführt werden können. Die Mitwisserschaft, die Mittäterschaft, die Verantwortung des Deutschen Reiches, die aktive Unterstützung für den Profit der deutschen Konzerne ist eindeutig bewiesen! Doch wer trägt irgendwelche Konsequenzen? Im imperialistischen Weltsystem wird sich da niemand freiwillig melden. Der Hauptschuldige, der türkische Staat betreibt nach wie vor seine Verleugnungs- und Vertuschungspolitik. Alles andere wird als staatsfeindlich und separatistisch verfolgt. Und der deutsche Staat, der auch einen entscheidenden Teil der Schuld für diesen Völkermord trägt? Die stetigen Bemühungen der in Deutschland lebenden armenischen Gruppen, den Völkermord von der Bundesregierung anerkennen zu lassen, wurden bisher abgelehnt. Auch in dem aktuellen Antrag der CDU/CSU (22.2.05) geht es nicht um eine Anerkennung des Völkermordes, sondern vielmehr gegen den EU-Beitritt der Türkei. In diesem Antrag wird nicht einmal vom Völkermord an den Armeniern sondern lediglich von „Vertreibungen und Massakern“ gesprochen. Heuchlerisch wird auf die „Involvierung“ des Deutschen Reiches eingegangen und sich auf die Schulter geklopft: „Es zeichnet die Staaten der Europäischen Union aus, dass sie sich zu ihrer kolonialen Vergangenheit und den dunklen Seiten ihrer nationalen Geschichte bekennen.“ Nun wir wissen wie „ausgezeichnet“ sich der deutsche Staat zum Völkermord an den europäischen Juden, zum Völkermord an den Herero und Nama, zu Entschädigungen der ZwangsarbeiterInnen verhalten hat. Die selbst verantworteten Völkermorde zu „dunklen Seiten“ der eigenen Geschichte zu machen ist nichts anderes als Relativierung der Barbarei! Aber was anderes ist von diesem durchsichtigen Manöver der CDU/CSU auch nicht zu erwarten. Der Grünen-Politiker Mutlu ist um sein Wählerpotential bedacht und kritisiert Momper, Präsident des Abgeordnetenhaus in Berlin, der eine armenische Gedenkveranstaltung eröffnen will: „Er habe Momper erläutert, dass sein Vorhaben die 2,5 Millionen Türken in Deutschland kränken werde.“ (Tagesspiegel 28.3.05) Der Hintergrund für diese Politik Verleugnung der gesamten deutschen Herrschaftsriege ist klar: Wenn der deutsche Staat, den Völkermord an den Armeniern anerkennt, muss er die Verantwortung der deutschen Imperialisten genauso anerkennen. Das schadet dem internationalen Ansehen! Zugleich gibt es die Angst vor den Forderungen auf Wiedergutmachung und Entschädigung wie eh und je: die ökonomischen Interessen spielen immer mit!
Wir als KommunistInnen fordern die offizielle Anerkennung der deutschen Verantwortung für den Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern. Wir verteidigen das Rückkehr- bzw. Siedlungsrecht aller in der Diaspora lebenden Armenier nach Westarmenien. Jede Nation hat ein Recht auf Selbstbestimmung, und damit auf Lostrennung von der jeweiligen Unterdrückernation. Konkret für die armenische Frage bedeutet das, die Möglichkeit der Lostrennung Westarmeniens vom faschistischen türkischen Staat und der Vereinigung mit der Armenischen Republik (Ostarmenien). Wir treten dafür ein und kämpfen gegen jeglichen Chauvinismus, Rassismus und Nationalismus. Im Kapitalismus gibt es keine wirkliche Lösung für die Nationale Frage. Jeder Nationalismus trennt die Völker voneinander. Wir machen aber auch den Unterschied, dass es bei dem Nationalismus der unterdrückten Nationen, wie z.B. der armenischen, eine gerechte Seite gibt, aber der Nationalismus und Chauvinismus der unterdrückenden Nationen, wie z.B. der deutschen (bzw. türkischen) Seite durch und durch konterrevolutionär ist.
Die Aufgabe der Kommunisten in der BRD ist es, gegen den deutschen Imperialismus mit seiner Macht- und Interessenpolitik in Türkei/Nordkurdistan/Westarmenien zu kämpfen! Wir müssen die Wahrheit über den Völkermord an dem armenischen Volk unter den Werktätigen verbreiten. Die Schuld und die Verantwortung des deutschen Imperialismus müssen wir ins Bewußtsein rufen. Die historische Mitverantwortung an den Verbrechen des ‚eigenen‘ Imperialismus müssen wir deutlich machen. Viele türkische und kurdische Migrantenwerktätige lassen sich von der chauvinistischen Hetzte der türkischen Medien beinflussen. Die türkischen und kurdischen Kommunisten in der BRD müssen einen Zweifrontenkampf sowohl gegen den deutschen Imperialismus als auch besonders gegen die den Völkermord verleugnende Politik des tükischen Staates führen.
Nur so können wir den Kampf gegen den deutschen Imperialismus, gegen weitere imperialistische Raubzüge, gegen die Faschisierung, gegen den Rassismus, Antisemitismus, deutschen Chauvinismus mit denen der Boden für Vernichtung und weitere Genozide bereitet wird, führen.
Für den proletarischen Internationalismus und die Solidarität der Proletarier aller Länder und unterdrückten Völker!
„In Deutschland kann das Aufkommen des Imperialismus, das auf kürzeste Zeitspanne zusammengedrängt ist, in Reinkultur beobachtet werden. …Dieser junge, kraftstrotzende, von keinerlei Hemmungen beschwerte Imperialismus, der auf die Weltbühne mit ungeheueren Appetiten trat, als die Welt bereits so gut wie verteilt war (mußte) sehr rasch zum unberechenbaren Faktor der allgemeinen Beunruhigungen werden. … Das wichtigste Operationsfeld des deutschen Imperialismus wurde die Türkei, sein Schrittmacher die Deutsche Bank und ihre Riesengeschäfte in Asien, die im Mittelpunkt der deutschen Orientpolitik stehen. … Die kleinasiatische Bauernwirtschaft wird zum Objekt eines wohlorganisierten Aussaugeprozesses zu Nutz und Frommen des europäischen, in diesem Falle vor allem des deutschen Bank- und Industriekapitals. Damit wachsen die ‚Interessenspähren‘ Deutschlands in der Türkei, die wiederum Grundlage und Anlaß zur politischen ‚Beschürzung‘ der Türkei abgeben. Zugleich wird der für die wirtschaftliche Ausnutzung des Bauerntums nötige Saugapparat, die türkische Regierung zum gehorsamen Werkzeug, zum Vasallen der deutschen auswärtigen Politik. … Der deutsche Einfluß hat sich namentlich der Militärorganisation bemächtigt. Es ist nach alledem klar, daß im Interesse des deutschen Imperialismus die Stärkung der türkischen Staatsmacht liegt, soweit, daß ihr vorzeitiger Zerfall verhütet wird. Eine beschleunigte Liquidation der Türkei würde zu ihrer Verteilung unter England, Rußland Italien, Griechenland u.a. führen, womit für die großen Operationen des deutsche Kapitals die einzigartige Basis verschwinden müßte.“ (Rosa Luxemburg, „Die Krise der Sozialdemokratie“, 1916, Werke Bd.4, S.85)
Talaat Pascha 16.9.1915:
„Die Regierung hat beschlossen, alle Armenier in der Türkei vollständig zu vernichten. Ihrem Dasein muß ein Ende gemacht werden. Wie kriminell die ergriffenen Maßnahmen auch sein mögen, es darf weder auf Alter noch auf Geschlecht Rücksicht genommen werden.“
Adolf Hitler 22.8.39:
„So habe ich … meine Totenkopfverbände bereitgestellt mit dem Befehl, unbarmherzig und mitleidslos Mann, Weib und Kind polnischer Abstammung und Sprache in den Tod zu schicken.
Nur so gewinnen wir den Lebensraum, den wir brauchen. Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?“