TROTZ ALLEDEM!
50 JAHRE KPD VERBOT - SIND 50 JAHRE ZUVIEL! Teil 2
VERBOT, VERFOLGUNG UND DER KAMPF GEGEN DAS VERBOT
Im Teil 1 unserer Artikelserie (Trotz Alledem, Nr. 41) haben wir die Ausgangslage für das KPD-Verbot skizziert. Das Ende des 2. Weltkrieges, das Potsdamer Abkommen und die Machtverhältnisse zwischen dem imperialistischen Block und dem sozialistischen Lager, der Beginn des „Kalten Krieges“ wurden analysiert sowie die Spaltung Deutschlands, die Remilitarisierung Westdeutschlands und die Vorbereitung des KPD Verbotes. Im 2. Teil legen wir das Schwergewicht auf die Auswirkungen des Verbotes und den reformistisch-revisionistischen Kurs der KPD in seiner Bekämpfung.
DAS VERBOTSURTEIL
Am 17. August 1956 hat das Bundesverfassungsgericht (BVG) das Verbotsurteil ausgesprochen.:
„Urteil des Ersten Senats vom 17. August 1956 1 BvB 2/51 in dem Verfahren über den Antrag der Bundesregierung auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Kommunistischen Partei Deutschlands.
Entscheidungsformel:
I.1. Die Kommunistische Partei Deutschlands ist verfassungswidrig.
2. Die Kommunistische Partei Deutschlands wird aufgelöst.
3. Es ist verboten, Ersatzorganisationen für die Kommunistische Partei Deutschlands zu schaffen oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzusetzen.
4. Das Vermögen der Kommunistischen Partei Deutschlands wird zugunsten der Bundesrepublik Deutschland zu gemeinnützigen Zwecken eingezogen.
II. In den Ländern werden die Minister (Senatoren) des Innern mit der Durchführung der Entscheidung zu Ziffer I.2. und I.3. beauftragt; insoweit stehen ihnen unmittelbare Weisungsbefugnisse gegenüber allen Polizeiorganen zu.
Die Einziehung des Vermögens wird dem Bundesminister des Innern übertragen, der sich der Hilfe der Minister (Senatoren) des Innern der Länder bedienen kann.
III. Vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen diese Entscheidung oder gegen die im Vollzuge dieser Entscheidung getroffenen Maßnahmen werden gemäß §§ 47, 42 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht mit Gefängnis nicht unter 6 Monaten bestraft.“ (Aus, „BVerfGE 5, 85 - KPD-Verbotsurteil, Bundesverfassungsgericht Urteil, 17. August 1956“)
Somit wurde die KPD als verfassungswidrig erklärt und verboten. Was aber hatte die KPD gegen die Verfassung gemacht? Eigentlich nichts außer einer Volksbefragung gegen die Remilitarisierung! Dazu kam dann das Anfang November 1952 beschlossene „Programm der nationalen Wiedervereinigung Deutschlands“. Die KPD rief in diesem Programm zum „Revolutionären Umsturz der Adenauerregierung“ auf. Also rief die KPD nur zum Sturz der Regierung aber nicht zum Sturz des Systems auf. Das kann man aber nicht wirklich als verfassungswidriges Verhalten einordnen. Was die Herrschenden wiederum nicht daran gehindert hat, den Aufruf und die Volksbefragung der KPD zu benutzen, um sie als verfassungswidrig zu erklären.
Die KPD bekannte sich zum Marxismus-Leninismus und hatte auch, zumindest auf dem Papier, das Ziel, für Sozialismus und Kommunismus zu kämpfen. Das allein reichte aus, um die KPD als verfassungswidrig zu erklären und verbieten zu können. Hinzu kam ihr nicht unbeträchtlicher Einfluss innerhalb der ArbeiterInnenklasse, in den Betrieben und in den Gewerkschaften. Das waren die wirklichen Gründe für das Verbot. So funktioniert die bürgerliche Demokratie. Was den Herrschenden nicht passt, wird als ungesetzlich erklärt.
Weil die KPD nichts gegen die Verfassung unternommen hatte, konnte auch das BVG nichts konkretes vorlegen, wie Prof. Dr. Friedrich Karl Kaul (Prozessbevollmächtigter der KPD im Verbotsprozess des Jahres 1956) später sagte:
„Anstatt Tatsachen als Beweise für das angebliche verfassungswidrige Verhalten der KPD und ihrer Mitglieder vorzutragen, steuerte die Bundesregierung das Verfahren trotz des dauernden Protestes der KPD in ein interpretierendes, auslegendes, deutendes, kommentierendes, geradezu an die mittelalterliche Scholastik erinnerndes Vorbringen, das halbe Wahrheiten und dementsprechend ganze Lügen enthielt.“ (Urteil: KPD-Verbot aufheben, Politisches und Rechtliches zum Verbot der KPD, Pahl-Rugenstein Verlag, Seite 31)
Das Verbotsurteil war letztendlich nicht eine juristische, sondern eine politische Entscheidung der westdeutschen herrschenden Adenauerregierung…
Das Verbotsurteil basierte auf der angeblichen Verfassungswidrigkeit der KPD. Aber wie wurde die begründet? Um die Argumente klar zu machen, zitieren wir die entsprechenden Leitsätze des Verbotsurteils:
„6. Art. 21 Abs. 2 GG verlangt nicht wie § 81 StGB ein konkretes Unternehmen; es genügt, wenn der politische Kurs der Partei durch eine Absicht bestimmt ist, die grundsätzlich und dauernd tendenziell auf die Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet ist.
7. Die eindeutig bestimmbare Grenze zwischen wissenschaftlicher Theorie, die durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützt ist, und politischen Zielen einer Partei, die der Beurteilung nach Art. 21 Abs. 2 GG unterliegen, ist dort, wo die betrachtend gewonnenen Erkenntnisse von einer politischen Partei in ihren Willen aufgenommen und zu Bestimmungsgründen ihres politischen Handelns gemacht werden.
8. Eine Partei ist schon dann verfassungswidrig, wenn sie eine andere soziale und politische Ausprägung der freiheitlichen Demokratie als die heutige in der Bundesrepublik deshalb erstrebt, um sie als Durchgangsstadium zur leichteren Beseitigung jeder freiheitlichen demokratischen Grundordnung überhaupt zu benutzen, mag diese Beseitigung auch erst im Zusammenhang mit oder nach der Wiedervereinigung stattfinden sollen.
9. Zu den Absichten, die eine Partei verfassungswidrig im Sinne des Art. 21 Abs. 2 GG machen, gehören nicht nur diejenigen, die sie auf jeden Fall auszuführen gedenkt, sondern auch diejenigen, die sie nur verwirklichen will, wenn die Situation dafür günstig ist.“ (ebenda)
Die Verfassungswidrigkeit wurde nicht aus dem tatsächlichen, objektiv feststellbaren Verhalten, sondern aus der Weltanschauung und politischen Gesinnung der KPD geschlossen. Somit wurde eigentlich die marxistisch-leninistische Weltanschauung, der Marxismus-Leninismus für verfassungswidrig erklärt. Die logische Folgerung war, dass wer die Absicht hat, eine Gesellschaft ohne Ausbeutung, eine klassenlose Gesellschaft zu schaffen, nach diesem Urteil verfassungswidrig ist. Mit diesem Urteil wurden die Angriffe der Adenauerregierung, die seit 1950 auf Hochtouren liefen, gekrönt.
Dass dieses Urteil politische Hintergründe hatte, war deutlich. Aber immer noch fragen viele Menschen, warum die KPD verboten wurde, obwohl sie 1953 im Gegensatz zu den Bundestagswahlen 1949, schwächer geworden war? War die KPD wirklich eine Bedrohung? Wenn wir diese Fragen losgelöst von der damaligen internationalen Lage betrachten würden, könnten wir sagen, dass die KPD konkret keine wirkliche Gefahr für die herrschenden Klassen Westdeutschlands war. Unabhängig von der Mitgliederzahl der KPD, hatte die KPD nicht einmal zum Sturz des Systems aufgerufen. Den Aufruf zum revolutionären Umsturz der Adenauerregierung in ihrem „Programm der nationalen Wiedervereinigung Deutschlands“ hat sie schon vor dem Verbotsurteil „korrigiert“, was sie aber nicht vor dem Verbot bewahrt hat.
Die Herrschenden sahen in der KPD eine Gefahr, weil die KPD mit der SED und der DDR und indirekt mit der Sowjetunion Verbindungen hatte und von dort Unterstützung erhielt. Daher haben die Herrschenden ihre Präventivmaßnahmen getroffen. Das Verbotsurteil war auf alle Fälle ein Akt des Antikommunismus. Das gesamte Verfahren gegen die KPD zeigt das deutlich. Die Vertreter der Herrschenden hatten ihre Haltung keineswegs verheimlicht.
Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern sagte in seinem Schlussplädoyer:
„Die Gefährlichkeit einer von Grund auf gegen die freiheitliche demokratische Ordnung gerichteten Partei ist nicht allein nach der Zahl ihrer Mandate oder der Zahl ihrer Mitglieder zu bewerten, vor allem nicht bei einer Partei, die das Hauptgewicht schon immer auf außerparlamentarische Tätigkeit gelegt hat und ihre Mitglieder einer geradezu brutalen Disziplin unterwirft. Die KPD ist auch deshalb besonders gefährlich, weil der Parteiapparat der SED und die Machthaber der sowjetischen Besatzungszone ihr Rückhalt und Reserven bieten. Diese Partei ist daher trotz ihrer zahlenmäßigen Geringfügigkeit eine ernste Bedrohung für unser freiheitliches demokratisches Leben. Sie ist ein gefährlicher Infektionsherd im Körper unseres Volkes, der Giftstoffe in die Blutbahn des staatlichen und gesellschaftlichen Organismus der Bundesrepublik sendet.“ (Verfahren gegen die KPD vor dem Bundesverfassungsgericht, Teil II, Die Schlussplädoyers der Bundesregierung, Seite 128)
Um die Sendung der so genannten „Giftstoffe“ „in die Blutbahn des staatlichen und gesellschaftlichen Organismus der Bundesrepublik“ verhindern zu können, haben sie die KPD verboten. Also war es der politische Hintergrund, der die KPD gefährlich machte… „Ein gefährlicher Infektionsherd im Körper des Volkes“ musste zerstört werden. Sonst könnte sich ja der „Virus“ Kommunismus verbreiten… Deutlicher könnte es nicht dargestellt werden. Die Herrschenden wollten die Ideen des Kommunismus unterdrücken und das haben sie durchgezogen.
„Die Meinungsfreiheit stand unter politischem Kuratel. Der Antikommunismus wurde zur Paranoia. Legislative, Exekutive und Judikative der jungen Bundesrepublik wähnten hinter jeder Kritik an der Adenauerschen Politik den Weltkommunismus am Werk… Um die deutsche Bevölkerung fünf Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation wieder zur Aufrüstung zu überreden, brauchte die Bundesrepublik ein Feindbild: Die Sowjetunion und die Kommunisten… Die militärische Wiederbewaffnung wurde von einer Aufrüstung im Gerichtssaal begleitet.“
Dies wurde nicht von irgend einer „linken“ oder kommunistischen Zeitung geschrieben. Nein! Das wurde zum 40. Jahrestag des KPD-Verbots in der „Süddeutsche Zeitung“ am 17.08.1996 geschrieben und trifft tatsächlich den Kern.
Das ist bürgerliche Demokratie… Die Herrschenden wissen genau, was konsequenter Marxismus-Leninismus für sie heißt.
Für alle Revolutionäre und Kommunisten kommt es darauf an, die Werktätigen, die Arbeiterklasse aufzuklären, dass unsere Freiheit, nur durch einen revolutionären Kampf gegen das bürgerliche System erkämpft werden kann; ohne dabei zu vergessen, dass um dieses Ziel erreichen zu können, auch ein Kampf um demokratische Rechte geführt werden muss.
VERFOLGUNG
Die antikommunistische Hysterie und die Angriffe waren schon seit längerem im Gange… Schon seit 1950 gab es systematische Verfolgungen und Verbote. Das KPD-Verbot selbst war auch ein Teil dieser Angriffe. Das KPD-Verbot war ein Ergebnis des Angriffs der Herrschenden in Westdeutschland und der Besatzermächte USA, England und Frankreich. Schon vor dem KPD-Verbot waren 31 Vereinigungen und Verlage usw. verboten worden. Tausende Menschen wurden verurteilt.
Mit dem KPD-Verbot kamen neue Angriffe und Verfolgungen. Nach der Darstellung von Max Reimann (Erster Sekretär der KPD)
„…begann eine Welle von Verhaftungen und Prozessen, eine Unzahl von Ermittlungsverfahren nicht nur gegen Kommunisten, sondern gegen alle Demokraten, die im Verdacht standen, gleiche oder ähnliche Forderungen wie die KPD zu vertreten. Der ganze staatliche Machtapparat, einschließlich der Massenmedien wurde zur Schaffung einer Atmosphäre des Rufmords, der Verdächtigungen, des Gesinnungsterrors eingesetzt.“ (KPD-Verbot, Ursachen und Folgen 1956-1971, Seite 33)
Die damalige Atmosphäre wurde mit dem vom 18.09.1961 beschlossenen „Musterurteil“ des BGH über „Ersatzorganisationen“ noch verschärft:
„Eine Ersatzorganisation ist ein Personenzusammenschluß, der anstelle der aufgelösten Partei deren verfassungsfeindliche Nah-, Teil- oder Endziele, ganz oder teilweise, kürzere oder längere Zeit, örtlich oder überörtlich, offen oder verhüllt, weiterverfolgt oder weiterverfolgen will.“ (Marxistische Blätter, Nr. 4, Seite 8, 1966)
Damit wurde das Gesinnungsterrorgesetz vervollständigt. Die Angriffe und Verfolgungen fanden kein Ende. Selbst der spätere Bundespräsident Dr. Heinemann sagte als Rechtsanwalt:
„Die Folgerung ist, daß man sich eigentlich in politischen Diskussionen ein Pflaster auf den Mund kleben müßte, denn man muß Angst haben, irgendetwas Kritisches zu irgendwelchen Zeitumständen zu sagen, weil man immer Gefahr läuft, daß der Osten dasselbe sagt.“ (Der Gewerkschafter, Nr. 9/1964, zitiert von Max Reimann, S. 35)
Unter solchen Umständen fanden die Angriffe nicht nur gegen KommunistInnen statt, sondern gegen jede demokratische Opposition. Wer mit der Adenauerschen Politik nicht einverstanden war und sich für Frieden, gegen die Remilitarisierung und gegen die atomare Aufrüstung einsetzte, wurde verfolgt. Die Meinungs- und Pressefreiheit wurde massiv eingeschränkt.
Letztendlich wurde mit dem KPD-Verbot das Tor für den Abbau demokratischer Rechte weit geöffnet. Auch im Grundgesetz wurde viel geändert. Die Entwicklung führte bis zu den Notstandgesetzen…
Angriffe auf Gewerkschaften und Betriebsräte, Bespitzelung und Denunziation in den Betrieben, „schwarze Listen“ gegen oppositionelle ArbeiterInnen, freie Hand für jegliche Willkür gegen Gewerkschafter, Berufsverbote; Einschränkung des Wahlrechts durch Polizei- und Justizwillkür usw., kurz: Jegliche Unterdrückung und Verfolgung waren „normale“ Zustände in Westdeutschland.
Nicht nur das. Die Remilitarisierung wurde beschleunigt. Hitlergeneräle, die die Bundeswehr leiteten, forderten Atomwaffen, eine eigene Rüstungsproduktion und wollten mehr Einfluss in der NATO. Westdeutschland leistete Waffenhilfe für Francos Spanien, Salazars Portugal, Griechenland und das Apartheidregime in Südafrika. Es leistete also Unterstützung für faschistische und rassistische Regime. Die Wiedererstehung des deutschen Militarismus und Imperialismus war in vollem Gange… Das war die Situation nach dem KPD-Verbot.
Sogar bürgerliche Zeitungen wie die „Frankfurter Rundschau“ schätzen das KPD-Verbot so ein: (16.08.2006)
„Damit begann eines der dunkleren Kapitel der westdeutschen Nachkriegsgeschichte. Denn viele frühere Nazis setzen im westdeutschen Justizapparat ihre Karrieren fort und beschäftigten sich weiter mit dem, was sie vor dem Weltkrieg gemacht hatten: Kommunisten verfolgen. Die Folge waren unzählige absurde Urteil.“
Wie wir schon im ersten Teil unseres Artikel gesagt haben, „Die Nazimacht, das Hitlerregime, war nicht mehr existent, aber die Nazis waren wieder mit am Steuer…“ Die, die während des Hitlerfaschismus Todesurteile für Antifaschisten, Kommunisten, Juden oder Sinti-Roma verhängten, machten ihre Arbeit weiter und verurteilten wieder Demokraten, Antifaschisten und Kommunisten. Statt der „Wehrmacht“ führten sie nun die „Bundeswehr“… Fast alle wichtigen Posten in den staatlichen Institutionen waren mit „Ex“-Nazis besetzt.
Während die Nazis an den Schaltstellen der Macht mitsteuerten, waren die Antifaschisten, die während des Hitlerfaschismus verfolgt und ins KZ gesteckt wurden, wieder Zielscheibe für Verfolgung und Unterdrückung…
Die Überlebenden des Hitlerfaschismus, die durch Folter und Entbehrungen in Gestapo-Haft, Zuchthäusern oder KZs arbeitsunfähig geworden waren, wurden auch ihres kümmerlichen Lebensunterhaltes beraubt. Die Renten, die sie nach dem „Bundesentschädigungsgesetz“ bekamen, wurden ihnen entzogen. Es wurden sogar Rückforderungen der Leistungen, die eh weit niedriger waren als die Pensionen der Nazi-Funktionäre, aus der Zeit vor dem KPD-Verbot verlangt.
NOCH EINIGE DATEN ZUR VERFOLGUNG…
Das KPD-Verbot war ein Ergebnis der allgemeinen Angriffe der Herrschenden auf die demokratische Opposition. Ihm folgten weitere Unterdrückungsmaßnahmen: Auf Grundlage des KPD-Verbotsurteils wurden noch am selben Tag, am 17.08.1956, 199 Parteibüros der KPD geschlossen. Der Angriffsbefehl hierfür wurde schon vorher gegeben, und die Polizei wartete nur darauf, dass das Verbotsurteil rechtskräftig wurde.
Bei den Schließungen der KPD-Büros wurde ihr gesamtes „Vermögen“, alle „Immobilien“ usw. beschlagnahmt. Darunter fiel alles: von Liegenschaften, Grundstücken, Kultureinrichtungen, Druckereien, Kraftfahrzeuge, Büromöbel bis hin zu Bibliotheken und Archiven. Nichts davon wurde bis heute zurückgegeben.
Es gibt keine genaue Zahl wie viele Menschen von der Verfolgung betroffen waren. Aber es gibt Schätzungen, die auf bestimmten Angaben und Fakten beruhen. Zum 10. Jahrestag des Verbots wurde in „Freies Volk“ (Organ des Zentralkomitees der KPD) insgesamt von mehr als 500.000 politischen Gesinnungsverfahren gesprochen.
Die am häufigsten aufgeführte Zahl ist: Mehr als 200.000 staatsanwaltschaftliche und polizeiliche Ermittlungsverfahren fanden statt. Haussuchungen, Beschlagnahmungen, Vernehmungen, Verhaftungen oder Entlassungen aus Betrieben und Behörden waren Teil solcher Ermittlungen. Da jede Ermittlung gegen mehrere Personen gleichzeitig eingeleitet und durchgeführt wurde, kann man von einer Gesamtzahl von mehr als einer halben Million ausgehen.
Allein vom 01.01.1960 bis zum 31.12.1966 gab es 57.285 staatsanwaltschaftliche oder gerichtliche Verfahren. Die Zahlen der polizeilichen Verfahren wurde von den Behörden geheim gehalten. In diesem Zeitraum wurden aber mehr polizeiliche Verfahren als staatsanwaltschaftliche durchgezogen. Nach Angaben von Ludwig Landwehr gab es jährlich 20.000 50.000 politische Strafverfahren. (KPD-Verbot oder mit Kommunisten leben?, rororo, Seite 116). Bereits vor dem KPD-Verbot wurden 31 Vereinigungen und Verlage verboten. Von 1956 bis 1965 wurden nach Angaben des „Gemeinsamen Ministerblattes vom 10. Januar 1966“ 85 Vereinigungen im Sinne des Vereinsgesetzes verboten.
Wenn wir einen Durchschnitt nehmen aus den Angaben die niedriger sind als die tatsächlichen Zahlen müssen wir feststellen, dass zwischen 1956 und 1966 mehr als 10.000 Personen verurteilt wurden. Im Wirklichkeit war die Gesamtzahl noch höher. Sowohl bei der Zahl der Ermittlungsverfahren als auch bei der Zahl der Verurteilungen.
Weil die Zahlen der Verfolgten und Verurteilten so hoch war, stellte sogar Dr. Werner Maihofer (FDP), später Bundesinnenminister, im Jahr 1965 fest, dass dies Zahlen seien, die „einem ausgewachsenen Polizeistaat alle Ehre“ machen. (ebenda)
Bei diesen Zahlen wird die spätere Zeit der „Notstandgesetze“ nicht einmal mit gerechnet. Anfang der 70’er Jahre wurden die Angriffe mit Repression und Berufsverboten noch verschärft. „Frankfurter Rundschau“ am 16.08.2006:
„Der Verfassungsschutz überprüfte mehr als 3,5 Millionen Beamte und Beamtenanwärter, gegen 11.000 potenzielle Staatsdiener leiteten die Behörden ein Verfahren ein. Für etwa 1.000 Bewerber blieben die Türen zum Staatsdienst daraufhin verschlossen, mehr als 200 Beamte wurden entlassen.“
Auch mit der Veröffentlichung der Zahlen über die Verfahren wird Politik gemacht: Nachdem das amtliche „Statistische Jahrbuch“ die Zahlen für 1964 und 1965 veröffentlicht hatte, wurde von der Bundesregierung entschieden, keine amtlichen Zahlen mehr zu veröffentlichen … Die BürgerInnen sollten nicht einmal die Zahl der Verfolgten und Verfahren kennen. Unter dem Deckmantel der bürgerlichen Demokratie wurde Staatsterror und innere Faschisierung betrieben. Westdeutschland war das einzige bürgerlich demokratische Land in Europa, wo die Kommunistische Partei verboten war und die demokratische Opposition verfolgt, verängstigt, eingeschüchtert und verurteilt wurde.
Das hat sich übrigens auch nach dem „Mauerfall“ nicht geändert.
KAMPF GEGEN DAS VERBOT…
Bisher haben wir uns mit der Politik der Herrschenden in Westdeutschland gegen den Kommunismus und gegen die KPD beschäftigt. Ab jetzt, wo die Rede vom Kampf gegen das Verbot ist, beschäftigen wir uns mit der Politik der KPD.
Wir haben im ersten Teil unseres Artikels die „Vorgeschichte, Fakten und Hintergründe“ die zum Verbot der KPD führten, ausführlich dargelegt. Um den Kampf der KPD gegen das Verbot darzulegen, muss auch weiter ausgeholt werden. Wir wollen uns trotzdem möglichst kurz fassen. Obwohl die Herrschenden Westdeutschlands die KPD als eine kommunistische Partei verboten haben und ihre Angriffe gegen den Kommunismus gerichtet waren, hatte die KPD schon vor ihrem Verbot 1956 starke revisionistische Fehler und Abweichungen vom Marxismus-Leninismus. Spätestens mit der Anerkennung der Politik des 20. Parteitages der KPdSU entartete sie zu einer revisionistischen Partei. Die Politik des modernen Revisionismus Chruschtschowscher Prägung wurde als neuer wichtiger Beitrag zum Marxismus-Leninismus bejubelt. Die wesentliche Frage für die Einschätzung der KPD stellt sich so: Wie weit war die KPD schon vor dem XX. Parteitag der KPdSU entartet?
Diese Fragen können wir nicht im Rahmen dieses Artikels beantworten. Dazu müssen wir die Politik der KPD umfassend in allen Politikfeldern und anhand der Prinzipien des Marxismus-Leninismus einschätzen. Aber der Kampf der KPD gegen das Verbot ist ein wichtiger Baustein in dieser Bewertung.
Als die KPD in die Illegalität gezwungen wurde, hatte sie sich schon für Chruschtschows modernen Revisionismus entschieden. Die letzte legale Tagung des Parteivorstandes der KPD, am 4./5. August 1956 hat sich mit der Politik des XX. Parteitages der KPdSU beschäftigt und ihn bestätigt. Mit dieser Diskussion ging die KPD in die Illegalität. Die Debatten über das KPD-Verbot hatten die Entartung erleichtert. Letztendlich landete die KPD in einem revisionistischen Hafen. Weil die KPD spätestens ab 1956 eine revisionistische Partei war, können wir leider nicht von einem revolutionären Kampf gegen das Verbot der KPD reden. Die Entartung der KPD hat sich parallel mit der Politik des modernen Revisionismus weiter entwickelt. Das heißt die Politik der KPD gegen das Verbot, kann man nicht von der Entwicklung ihrer Politik des modernen Revisionismus trennen.
Die Politik der KPD wurde konkret von der Politik des XX. Parteitag der KPdSU von der berühmt berüchtigten Politik, des „friedlichen Überganges zum Sozialismus“ bestimmt. Diese Politik wurde auch „friedliche Koexistenz“ genannt, war aber in Wirklichkeit eine Politik der Klassenversöhnung und lehnte den revolutionären Kampf gegen den Kapitalismus ab. Die Notwendigkeit der gewaltsamen proletarischen Revolution wurde beerdigt. Die Lehre des Marxismus-Leninismus von der Unvermeidlichkeit des Krieges im kapitalistischen, imperialistischen System wurde auf den Kopf gestellt. Unter dem Vorwand gegen den Personenkult zu sein, wurden Angriffe gegen Stalin gestartet, die in Wirklichkeit gegen den Marxismus-Leninismus gerichtet waren. Wenn das wirklich eine marxistisch-leninistische Haltung gegen Personenkult gewesen wäre, hätten wir uns gefreut. Aber das war ein Vorwand, um die revisionistische Politik als eine marxistisch-leninistische Politik zu verkaufen. Die Revisionisten waren damit leider auch ziemlich erfolgreich.
Wenn die Politik der KPD auf internationaler Ebene vom modernen Chruschtschowrevisionismus bestimmt war, war sie auf nationaler Ebene von der entarteten, auch revisionistischen, SED-Politik bestimmt. Die Einschätzung der KPD und die Entwicklung ihrer Entartung muss konkret und detailliert gemacht werden. Hier aber wollen wir uns auf den Kampf gegen das Verbot beschränken.
Am 17. August 1956 gab der Parteivorstand der KPD eine Erklärung zu dem Verbotsurteil ab:
„Das Verbot der KPD als einer deutschen und demokratischen Partei und der Raub der Mandate ihrer Abgeordneten zeigen, wie in der Bundesrepublik die Demokratie mit Füßen getreten wird. Es ist ein Urteil gegen die Arbeiterrechte, gegen das Koalitions und Streikrecht.“ (Die KPD lebt und kämpft, Seite 1, Dietz Verlag, 1963)
In dieser Erklärung gab es neben richtigen auch übertriebene und falsche Feststellungen und Einschätzungen. Hier ein Bespiel: Das Verbot der KPD war auch ein Urteil gegen „die Arbeiterrechte, gegen das Koalitions und Streikrecht“. Es ist durchaus richtig, dass das Verbot der KPD zeigte „wie in der Bundesrepublik die Demokratie mit Füßen getreten“ wurde. Dies alles aber könnte auch ein demokratisch gesinnter Mensch oder eine solche Gruppe sagen. Entscheidend bei diesem Zitat ist, dass sich die KPD als „deutsche und demokratische Partei“ ausgibt. Wenn es auch auf den ersten Blick nicht so falsch aussieht, ist diese Haltung trotzdem entscheidend falsch und revisionistisch. Die KPD hat sich später auch immer mehr als eine rein demokratische Partei dargestellt. Letztendlich war sie auch keine Kommunistische Partei mehr. Aber diese Politik wurde im Namen des Kommunismus betrieben. Die KPD hat sich für nationale und demokratische Ziele, für Frieden (Freude-Eierkuchen) eingesetzt, und nicht für die Revolution. „Nationale“ Interessen der deutschen Nation für die KPD war das in erster Linie die friedliche Wiedervereinigung bestimmten die Politik der KPD.
Weil die KPD verboten und der Kampf gegen das Verbot legitim war, konnte sich die klassenversöhnlerische Haltung leicht verstecken. Im Namen des Kampfes für die demokratischen Rechte, wurde der gesamte Kampf der KPD zu einem bürgerlich demokratischen Kampf.
Den Kampf der KPD gegen das Verbot kann in drei Perioden eingeteilt werden. Die erste Periode von 1956 bis 1963 wurde bestimmt von Protesterklärungen und verschiedenen Agitprop-Aktionen. In der zweiten Periode, von 1964 bis 1968, fanden öffentliche Diskussionen und Verhandlungen zwischen KPD und Regierung statt. Die dritte Periode beschreibt die Zeit nach der Gründung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), die sich am 25.09.1968 konstituierte.
Erste Periode 17.08.1956-1963
Erste Reaktionen gegen das Verbotsurteil waren Protesterklärungen, Protestbriefe und einige Protestkundgebungen. Die Stellungnahmen kamen nicht nur von der KPD und „links“ gesinnten Kräften, sondern auch von der bürgerlichen Presse. Es gab auch Protesterklärungen von Gewerkschaftern und Belegschaften so vom DGB-Kreisausschuss Kassel und im Namen der Belegschaft der Henschel-Werke in Kassel.
Es gab auch in anderen Ländern besonders in den sogenannten Ostblock-Ländern Proteste, Erklärungen oder Artikel gegen das Verbot.
Die „Volkszeitung“ aus China nahm auch Stellung und schrieb:
„Das Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands, die Stärkung der faschistischen Herrschaft in Westdeutschland und der Wiederaufbau der Hitlerwehrmacht zielen darauf ab, in Deutschland eine sehr gespannte Situation zu schaffen. Alle diese Maßnahmen sind darauf gerichtet, die Wiedervereinigung Deutschlands durch Verhandlungen zwischen beiden Seiten unmöglich zu machen und tragen zur Schaffung eines gefährlichen Kriegsherds im Herzen Europas bei. Es ist bezeichnend, daß die Verfolgung der KPD mit einer Beschleunigung der Remilitarisierung in Westdeutschland zusammenfällt. Die Adenauer-Regierung hat sich die KPD als erstes Opfer erwählt, weil diese Partei im Kampf für die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands die führende Rolle spielt.“ (Zitiert in: Die Presse der Sowjetunion, Nr. 100, 1956, Seite 2286)
Diese Darstellung der „Volkszeitung“ ist bis auf die Einschätzung der „faschistischen Herrschaft in Westdeutschland“ richtig. Wenn es auch faschistische Maßnahmen gegeben hatte und die Nazis wieder mit am Steuer waren, kann nicht von einer faschistischen Herrschaft in Westdeutschland gesprochen werden. Das ist eine Übertreibung und eine Verharmlosung des Faschismus.
Das ZK der KPdSU nahm auch Stellung:
„Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion betrachtet das Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands als einen volksfeindlichen Akt, der die elementaren Rechte und Freiheiten des deutschen Volkes mit Füßen tritt und auf die Unterdrückung der Friedenskräfte und auf die Stärkung des aggressiven, die Sicherheit der europäischen Völker bedrohenden deutschen Militarismus abzielt… Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion gibt seiner brüderlichen Solidarität mit dem tapferen Kampf der Kommunistischen Partei Deutschlands für die Interessen des deutschen Volkes, für Frieden, Demokratie und Sozialismus Ausdruck.“ (KPD-Verbot, Ursachen und Folgen 1956-1971, Seite 44)
Die KPD hatte ja schon am gleichen Tag 17.08.1956 Position bezogen. Das ZK der SED nahm am 26. August 1956 Stellung:
„Mit dem Wehrpflichtgesetz und dem unmittelbar folgenden Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands hat die Adenauer-Regierung ein schweres Attentat gegen die nationalen Interessen des deutschen Volkes, gegen Frieden und Verständigung begangen.“ (SED Dokumente, Band VI, Seite 141)
Wir sehen in den Erklärungen des KPD-Vorstands und des ZK der SED eine Vermischung von richtigen Feststellungen mit einer falschen Politik. Die gesamte Haltung dieser Parteien war eine Politik, die sich auf den Kampf für die friedliche Wiedervereinigung, und für bürgerlich demokratische Rechte beschränkte. Keine Rede von einem revolutionären Kampf. Die so genannte friedliche Wiedervereinigung sollte zwischen der „sozialistischen“ DDR und der imperialistischen BRD stattfinden… Weder die KPD noch die SED propagierten die Linie, dass die sozialistische Revolution in der BRD die unabdingbare Voraussetzung für eine friedliche Wiedervereinigung auf sozialistischer Basis sein muss. Sie hatten zum Ziel eine friedliche Wiedervereinigung zu erkämpfen ohne den Kampf für die Revolution in der BRD zu führen. Damit hatten sie sich auf der Basis und im Rahmen der bürgerlichen Demokratie bewegt. Wir betonen das, weil das ein wichtiger Teil der Politik der KPD war.
Der Kampf gegen das Verbot bis 1963 bestand vor allem aus den Forderungen der KPD, die in Publikationen, Flugblättern verteilt und als Postkarten an die Bevölkerung gesandt wurden. Auch wurden Transparente mit Parolen wie „KPD lebt“ oder „Freiheit für die KPD“ angebracht. Trotz des Kampfs der KPD gab es keine öffentliche Diskussion in der BRD. Die spätere Entwicklung innerhalb der öffentlichen Diskussion wurde nicht von solchen Kampfmethoden bestimmt, sondern von der „Amnestiebewegung“. 1956 wurde „von namhaften Strafverteidigern und anderen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens“ ein „Initiativausschuss für die Amnestie“ geschaffen.
Nach Darstellung von Max Reimann hat die „Amnestiebewegung“ sich so entwickelt:
„Die Amnestiebewegung gewann jedoch in den folgenden Jahren im Zusammenhang mit dem Kampf gegen die atomare Aufrüstung in der Bundesrepublik, gegen die EWG-Politik und gegen die Notstandsgesetzgebung Schritt um Schritt an Umfang und Breite. So gelang es Kommunisten und anderen fortschrittlichen Kräften, die von den herrschenden Kreisen der Bundesrepublik jahrelang verfolgte Taktik des Totschweigens der Forderung nach Amnestie und nach Aufhebung des KPD-Verbots zu durchbrechen. Seit Mitte 1963 entwickelte sich eine öffentliche Diskussion um die Aufhebung des Karlsruher Verbotsurteils.“ (KPD-Verbot, Ursachen und Folgen 1956-1971, Seite 47)
Kurz gesagt: Von 1956 bis 1963 gab es keinen wichtigen oder entscheidenden Kampf gegen das Verbot. Die Forderungen, das Verbotsurteil aufzuheben waren ein Teilchen des gesamten Kampfs.
Zweite Periode 19641968:
Da sich eine öffentliche Diskussion entwickelte, kamen Vorschläge aus einem Brief der KPD an den damaligen Bundeskanzler Erhard in die Öffentlichkeit. In diesem Brief (Januar 1964) schlägt Max Reimann im Namen der KPD für die „schrittweise Aufhebung des KPD-Verbots“ folgendes vor:
„1. Erlaß einer Amnestie und Einstellung all der Verfahren gegen Personen und Organisationen, die aufgrund oder im Zusammenhang mit dem Verbot der KPD anhängig sind.
2. Sicherung der im Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit in Wort und Schrift auch für alle Bürger der Bundesrepublik, die sich zur kommunistischen Weltanschauung bekennen.
3. Sicherung auch des passiven Wahlrechts für alle Kommunisten und damit Möglichkeit ihrer Teilnahme an Wahlen als Einzelkandidaten und auf Listen im Rahmen der geltenden Wahlordnungen für kommunale und Landesparlamente sowie für den Bundestag.
4. Wiederherstellung der Legalität der KPD.“ (KPD-Verbot, Ursachen und Folgen 1956-1971, Seite 48)
Damit fingen die Verhandlungen an. Prägnant zusammengefaßt könnten wir sagen, dass der Kampf gegen das Verbot in einen Kampf um Verhandlungen umgewandelt wurde. Um bei den Verhandlungen erfolgreich zu sein, musste die KPD auch darum kämpfen, dass sie von den Herrschenden als eine sich zum Grundgesetz bekennende Kraft eingeschätzt wird.
In der August-Ausgabe von „Freies Volk“ Nr. 8 (260), 1965 hat Max Reimann die Entwicklung nach der Veröffentlichung seines Briefs an Erhard eingeschätzt. Danach hatte sich die öffentliche Diskussion entwickelt. Max Reimann sagte u.a. auch das:
„Auch in den acht Verbotsjahren haben sich die Kommunisten als wahrhafte Patrioten und aufrechte Demokraten bewährt.“
Ja, wenn man wahrer Patriot und aufrechter Demokrat ist, dann bekennt man sich auch zum Grundgesetz…
„Unsere Politik ist antifaschistisch - demokratische Politik. Das Bekenntnis zum Schutz der Verfassung schließt das aktive Handeln für die Verteidigung aller demokratischen Rechte und Freiheiten ein. Wir kämpfen gegen die Notstandsgesetze, für die Beseitigung der Kluft zwischen Verfassung und Verfassungswirklichkeit. Wir wenden uns gegen die Verletzung des Grundgesetzes durch Regierungs- und Polizeistaatspraktiken außerhalb der Legalität und treten ein für die Wahrung der politischen und persönlichen Freiheiten aller Bürger.“
Die KPD hat sich schrittweise seit 1949 vom Verteidiger der demokratischen, in der Verfassung verankerten Rechte zum Schützer der Verfassung entwickelt. Der Verhandlungskampf der KPD wurde davon bestimmt, sich als demokratische auf dem Grundgesetz basierende Organisation anerkennen zu lassen.
In der gleichen Ausgabe wurde die Entwicklung der Bewegung für die Legalität der KPD so dargelegt:
„Die Bewegung für die Legalität unserer Partei ist auch in den vergangenen Monaten weiter angewachsen, nicht zuletzt durch das selbständige Handeln vieler Genossen. Von zahlreichen Persönlichkeiten des In- und Auslandes und auch auf öffentlichen Versammlungen wurde die Meinung vertreten: Entspannung und Frieden erfordern die Wiederzulassung der KPD. In vielen Petitionen haben demokratisch gesinnte Bürger unseres Landes die Aufhebung des KPD-Verbotes als einen Gewinn für die Demokratie bezeichnet.“
Mit vielen Petitionen wurde von demokratisch gesinnten Bürgern die Aufhebung des KPD-Verbotes gefordert. Die KPD hat das auch als „Petitionsbewegung“ dargestellt.
Die KPD hatte angefangen zu schwören, dass sie Verteidiger des Grundgesetzes sind. In „Freies Volk“ Nr. 11 (276) 1965, wurde die Haltung der KPD so propagiert:
„Das Grundgesetz ist nicht nur in Gefahr, die Grundrechte werden von ihren Verfassern ausgehöhlt, sollen durch eine Notstandsverfassung ausgelöscht werden. Die Kommunisten sind heute die Verteidiger dieses Grundgesetzes, dieser Verfassung. Aber die Feinde der Verfassung sitzen in Bonn, in den Parteizentralen der CDU/CSU, sie sitzen in den Kommandozentralen der großen Monopolverbände.“
Noch im Mai 1949 als die Verfassung verabschiedet wurde, hatte die KPD die Haltung, das Grundgesetz als Ganzes abzulehnen und:
„die im Grundgesetz verankerten wenigen demokratischen Rechte gegen die Verfasser des Grundgesetzes selbst (zu) verteidigen.“ (Ebenda) Diese Haltung wurde radikal verändert in eine Grundposition, das gesamte Grundgesetz zu verteidigen.
In „Marxistische Blätter“ Nr. 4, 1966 stellte Walter Fisch fest (leitender Funktionär der KPD und zeitweilig deren 2. Parteivorsitzender. Während des KPD-Verbotsprozesses in Karlsruhe war er bevollmächtigter Prozessvertreter der KPD): „Worauf soll noch gewartet werden? Die Führung der verbotenen KPD hat wiederholt eindeutige Erklärungen abgegeben, daß die Partei ohne Einschränkung auf dem Boden des Grundgesetzes steht, und daß ihr politisches Handeln, falls ihre Legalität wiederhergestellt ist, sich vorbehaltlos im Rahmen des Grundgesetzes halten werde. Damit sind auch von dieser Seite alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Verbots gegeben.“ (Marxistische Blätter, Nr. 4, Seite 19)
Auch Max Reimann hatte in einem Interview, die von Otto Schönfeldt gestellte Frage so beantwortet:
„Es gibt keine Tagung des Zentralkomitees, die sich nicht damit beschäftigt, was die Kommunisten zu tun haben, um dieses Grundgesetz, diese Verfassung zu schützen und zwar das Grundgesetz, wie es heute ist.“ (KPD-Verbot oder mit Kommunisten leben?, Seite 71)
Der Gang der Dinge hat seine Richtung genommen. Die KPD kämpfte mit allen Mitteln, um zu beweisen, dass sie nicht „verfassungswidrig“ ist.
Die KPD hat 1967 eine „Verhandlungskommission“ gebildet. Max Reimann wandte sich am 15. Februar 1967 mit dem Vorschlag, „Verhandlungen zur schrittweisen Aufhebung des KPD-Verbots aufzunehmen“ an die Koalitionsregierung Kiesinger/Brandt. Reimann hat der Bundesregierung „Über die Wege und Möglichkeiten“ Verhandlungen vorgeschlagen. Die Regierung lehnte diesen Vorschlag ab. Danach wurde der „Initiativ-Ausschuss“ für die „Wiederzulassung der KPD“ gegründet. Der „Initiativ-Ausschuss“ bestand aus fünf KPD’lern, die auch früher verantwortliche Funktionen hatten.
Am 13.03.1967 wurde ein offenes Schreiben an die Bundesregierung, an das Präsidium und an die Fraktionen des Deutschen Bundestages gerichtet. Dieses Schreiben wurde am 14.03.1967 auf einer auch international besuchten Pressekonferenz in Frankfurt a.M. bekannt gemacht und damit hat der „Initiativ-Ausschuss“ erstmalig sich der Öffentlichkeit vorgestellt.
In dem Schreiben hieß es:
„Wir, die Unterzeichner dieses Briefes, sind Kommunisten. Auf dem Boden des Grundgesetzes und im Rahmen gültiger gesetzlicher Vorschriften wollen wir uns in aller Öffentlichkeit für die Wiederzulassung der KPD verwenden. Bestärkt durch die allgemeine Diskussion über das KPD-Verbot, machen wir von unseren verfassungsmäßig garantierten Grundrechten der Meinungs- und Koalitionsfreiheit Gebrauch… Wir treten in der Bundesrepublik für eine neue Politik ein, die jedwede neonazistische Entwicklung stoppt, die auf Sicherung des Friedens, auf die Wahrung der Demokratie und die Mehrung des sozialen Besitzstandes gerichtet ist. Wir fordern eine Amnestie für alle durch das KPD-Verbot betroffenen Bürger. Wir fordern und erwarten die Wiederzulassung der Kommunistischen Partei Deutschlands.“ (KPD-Verbot, Ursachen und Folgen 1956-1971, Seite 50)
Die „neue Politik“ der KPD war Ergebnis der revisionistischen Politik und entwickelte sich in Richtung Sozialdemokratie. Das ist der eigentliche Hintergrund, warum die KPD nur die CDU/CSU als verfassungsfeindlich bewertete. (Siehe oben, Zitat aus „Freies Volk“ Nr. 11 (276) 1965)
Wenn auch die Vorschläge von Reimann oder der „Verhandlungskommission“ vom Regierungsvertreter abgelehnt worden waren, gingen die Verhandlungen doch weiter… Franz Ahrens hat im Namen des „Initiativ-Ausschuß für die Wiederzulassung der KPD“ die Ergebnisse der Verhandlungen so eingeschätzt:
„Was die weitere Vorhaben des Initiativ-Ausschusses betrifft, so stehen als nächste Schritte konsultative Gespräche mit Vertretern der Bundesregierung und der Fraktionen des Bundestages auf unserem Programm. Erste Gesprächsvereinbarungen liegen bereits vor. Weiter beabsichtigen wir, uns mit Rechtsexperten zu beraten, desgleichen mit Persönlichkeiten und Organisationen. Wir wollen Möglichkeiten erkunden, wie der Weg zur Wiederzulassung beschritten werden kann.
Von Seiten der Regierung, z. B. von den Ministern Wehner und Heinemann, und auch von Mitgliedern der CDU-Bundestagsfraktion und anderen wird wiederholt empfohlen, die KPD in der Bundesrepublik neu zu gründen.“ (KPD-Verbot oder mit Kommunisten leben?, Seite74)
Die KPD hatte diese Empfehlung für eine Neugründung abgelehnt. Max Reimann und andere Vertreter der KPD haben das damit begründet: „Gleich wie sie sich nennen würde, wäre sie keine kommunistische Partei“. Die KPD war also angeblich gegen eine Neugründung. Franz Ahrens betonte, es ginge ja um „die Relegalisierung der existenten, in die Illegalität gedrängten KPD.“ Als Argumente gegen eine Neugründung führte er an: „1. Eine Neugründung bei Fortbestehen des KPD-Verbotsurteils birgt die Gefahr in sich, dass ohne Anrufung eines Gerichts die Exekutive in Gestalt jedes beliebigen Staatsanwalts oder Polizisten in der Lage ist, mit der Behauptung, es handele sich um eine ‘Ersatzorganisation’ oder um eine ‘gleiche Zielsetzung’, die Auflösung der neu gegründeten Partei zu verfügen. (…)
2. Gewisse Kreise empfehlen ‘der Einfachheit halber’ eine Neugründung. Aber es gibt bis heute keine Sicherheit für die in Frage kommenden Personen. Es gibt bis heute keine Amnestie. Etwa einhundert frühere leitende Persönlichkeiten der KPD, darunter ehemalige Bundestags- und Landtagsabgeordnete, stehen seit Jahren unter Verfolgung und in den polizeilichen Fahndungslisten auf Grund von Haftbefehlen. (…)“ (KPD-Verbot oder mit Kommunisten leben?, Seite 75)
In dieser Erklärung wird deutlich, dass die KPD eigentlich bereit war für eine Neugründung. Aber sie wollte Sicherheiten haben…
Die KPD verhandelte weiter. Währenddessen wurden verschiedene Konferenzen organisiert. Um sich „Relegalisieren“ zu können, hatte die KPD ihr Programm geändert. Max Reimann erklärte in einem Interview mit der katholischen Wochenzeitung „Echo der Zeit“ am 29.10.1967 auf die Frage, „ob die KPD in Bonn ein Programm präsentieren würde, das mit der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland in Einklang zu bringen sei“, folgendes: „Wir sind dabei, ein Programm für die KPD auszuarbeiten. Das Zentralkomitee hat dafür eine Programmkommission gewählt. Ich bin der Überzeugung, daß dieses Programm wie die gesamte Politik der KPD mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Das Zentralkomitee der KPD wird entsprechend den demokratischen Prinzipien des Parteiaufbaues den von ihm gebilligten Entwurf der Partei und der gesamten Öffentlichkeit zur Diskussion übergeben.“ (KPD-Verbot oder mit Kommunisten leben?, Seite 19)
Am 08.02.1968 lud der ehemalige KPD-Abgeordnete im niedersächsischen Landtag, Ludwig Landwehr, zu einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main. Es sollte das neue KPD Programm bekannt gegeben werden. Die Polizei hat aber im letzten Moment die Pressekonferenz verboten. Einige TeilnehmerInnen wurden festgenommen. In der Verbotsverfügung wurde u.a. auch gesagt:
„Auf dieser Pressekonferenz, die eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes ist, soll nach Ihrer eigenen Erklärung der Programm-Entwurf der KPD erläutert werden. Das Bundesverfassungsgericht hat durch Urteil vom 17.8.1956 die Verfassungswidrigkeit dieser Partei festgestellt, die Partei aufgelöst und ein Fortsetzungsverbot ausgesprochen. Mit der Durchführung der von Ihnen beabsichtigten Pressekonferenz wollen Sie als Funktionär der verbotenen KPD die Ziele dieser Partei fördern und fortsetzen.“ (KPD-Verbot oder mit Kommunisten leben?, Seite 20)
Also kam es nicht auf den Inhalt des Programms an. Sondern weil es von einer verbotenen Partei war, war auch verboten es zu verbreiten. Es wurden ca. 60.000 Exemplare des Programms beschlagnahmt, und es gab neue Strafverfahren und Angriffe gegen die KPD.
Der Inhalt dieses Programmes war selbst nach Einschätzungen bürgerlicher Rechtsverteidiger nicht verfassungswidrig.
„Aus der neueren Programmatik der KPD die auch gewissen Entwicklungen der kommunistischen Parteidoktrin in anderen westeuropäischen Ländern ähnelt geht hervor, daß die KPD keine mit dem Grundgesetz unvereinbaren politischen Ziele verfolgt.“ (Prof. Dr. jur. Helmut Ridder, KPD-Verbot oder mit Kommunisten leben?, Seite 109)
Nachdem die Pressekonferenz verboten und der Programm-Entwurf beschlagnahmt worden war, wurde wieder von verschiedenen Bundestagsabgeordneten eine Neugründung empfohlen. Im Mai 1968 wurde in Düsseldorf eine internationale Konferenz für die Aufhebung des KPD-Verbots veranstaltet.
Als Ergebnis dieser Entwicklung und Diskussionen bildete sich im Herbst 1968 ein „Bundesausschuß zur Neukonstituierung einer kommunistischen Partei“. Diese Ausschussgründung ist eigentlich die Konstituierung der DKP. „Im April 1969 wurde in Essen ein Parteitag der neukonstituierten Partei, der Deutschen Kommunistischen Partei, durchgeführt. Dieser Parteitag bekundete sein politisches Wollen in einem Aktionsprogramm.“ (KPD-Verbot, Ursachen und Folgen 1956-1971, Seite 51)
Dritte Periode September 1968-1971
Der „Bundesausschuß zur Neukonstituierung einer kommunistischen Partei“ gab am 26.09.1968 eine „Erklärung zur Neukonstituierung einer Kommunistischen Partei“ ab. Damit wurde die Konstituierung der DKP vom 25.09.1968 öffentlich bekannt gegeben.
Mit der Bildung der DKP wurde das KPD-Verbot anerkannt. Das war ein Wendepunkt im Kampf gegen das KPD-Verbot. Obwohl die KPD nicht sofort davon abgekommen war eine Relegalisierung der KPD zu fordern und sich noch ein paar Jahre dafür einsetzte hauptsächlich mit den Bemühungen von Max Reimann war es trotzdem ein Wendepunkt.
Auf die Frage „Warum ist es notwendig, dass das KPD-Verbot aufgehoben wird?“ antwortete Max Reimann:
„Das ist einfach deshalb notwendig, weil das KPD-Verbot wie ein Damoklesschwert über allen demokratischen Kräften, darunter auch der Deutschen Kommunistischen Partei, hängt.“ (Freies Volk, Nr. 3, 1970)
Wenn es auch nicht offiziell zugegeben wurde, übernahm die DKP in Wirklichkeit allmählich die politische Funktion der KPD.
Max Reimann schrieb in einem Brief an den „Bundesausschuß zur Neukonstituierung einer kommunistischen Partei“:
„Eure Mitteilung, daß sich am 25. September 1968 in Frankfurt am Main ein Bundesausschuß zur Neukonstituierung einer kommunistischen Partei gebildet hat, habe ich erhalten. Mit großem Interesse nahm ich von der Erklärung zur Neukonstituierung einer kommunistischen Partei Kenntnis, die der Ausschuß auf der Pressekonferenz am 26. September 1968 der Öffentlichkeit übergeben hat.“ (Freies Volk, Nr. 11(312), 1968)
In der selben Nummer von „Freies Volk“: „Der Initiativausschuß für die Wiederzulassung der KPD begrüßt die am 25. September 1968 erfolgte Neukonstituierung einer Kommunistischen Partei.“:
„Die gesamte bisherige Tätigkeit des Initiativausschusses war durch das demokratische Anliegen bestimmt, daß Kommunisten in der Bundesrepublik ihre volle legale Betätigungsmöglichkeit erhalten. Wiederholt wandte sich der Initiativausschuß an die Öffentlichkeit, an den Gesetzgeber und an die Regierung, Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß eine Kommunistische Partei legal an der politischen Willensbildung teilhaben kann. (…)
Der Initiativausschuß erwartet, daß die Verfolgungen von Kommunisten endlich ein Ende finden und diese neukonstituierte Kommunistische Partei die Möglichkeit erhält, in völliger Freiheit ihre gesamte Tätigkeit zu gestalten.(…)“ (Ebenda)
Warum trotz des KPD-Verbotsurteils eine Neukonstituierung unternommen wurde, erklärte Georg Polikeit, Mitglied des Bundesausschusses der DKP in der Wochenschrift „Die Tat“.
„Wir nehmen mit der Neukonstituierung ein verfassungsmäßiges Recht in Anspruch. Aber wir können es nur in Anspruch nehmen, weil in den letzten Monaten die Forderung nach Wiederherstellung der Legalität einer Kommunistischen Partei in der Bundesrepublik im In- und Ausland stark gewachsen ist. Nur darauf beruht unsere Legalität.
Es ist jedoch kein Beweis demokratischer Gesinnung, wenn die Regierung durch diesen Druck der öffentlichen Meinung des In- und Auslandes gezwungen ist, wenigstens im Augenblick die Verfassung, auf die sie vereidigt ist, auch uns gegenüber einzuhalten.
Die Aufrechterhaltung dieses Zustandes wird eine ständige Kampffrage sein. Unsere Legalität ist bedroht, solange das Verbotsurteil gegen die KPD weiterhin gültig ist. Aber hätten wir deswegen auf die Möglichkeiten legalen Wirkens als Partei verzichten sollen, wenn wir die Legalität in dieser Form effektiv durchsetzen können, ohne dabei unsere Grundsätze zu verraten?
Vom Schandfleck des KPD-Verbots kann sich die Bundesregierung mit dem Hinweis auf unsere Partei nicht befreien. Der Kampf um die Beseitigung dieser Schande wird weitergehen.“ (Freies Volk, Nr. 11 (312), 1968)
Wenn wir das mit der konkreten politischen Entwicklung zusammen nehmen, können wir sagen, dass diese Erklärung ein Bekenntnis ist, dass die DKP die Folgeorganisation der verbotenen KPD ist. Es wird auch zugegeben, dass die legalen Möglichkeiten ausgenutzt werden sollen, um die „Schande“ Verbotsurteil zu beseitigen. Letztendlich wurde mit der Gründung der DKP die KPD legalisiert, ohne das Verbotsurteil aufzuheben.
Der so genannte „Flensburger Prozess“ gegen das KPD-Programm und der Versuch zu verhindern, dass die DKP als eine „Ersatzorganisation“ oder „Nachfolgeorganisation“ hingestellt wird, hat dazu beigetragen, dass die KPD noch bis 1971 existierte. In Wirklichkeit gab es in der Bundesrepublik Deutschland keine KPD mehr. (Damit meinen wir die verbotene KPD, nicht die sich in den 60er und 70er neu formierenden Organisationen wie die KPD/ML oder KPD u.a.)
Nach Angaben aus verschiedenen Quellen waren von den 31 Unterzeichnern der Neukonstituierung 29 aus der Spitze der verbotenen KPD und FDJ. Die Mitglieder der DKP waren nicht nur KPD Mitglieder. Jedoch traten die meisten Mitglieder der KPD in die DKP ein. Auch der Erste Sekretär der KPD, Max Reimann wurde auf dem Düsseldorfer Parteitag 1971 zum „Ehrenvorsitzenden“ oder auch „Ehrenpräsident“ der DKP gewählt. Damit wurde der Prozess, von der illegalen KPD zur legalen DKP überzugehen, abgeschlossen.
Die Wahl Max Reimanns zum „Ehrenvorsitzenden“ und das Datum der letzten Radionsendung vom „Deutschen Freiheitssender 904“ am 30. September 1971 kann als Beendigung der Tätigkeit der verbotenen KPD in der BRD verstanden werden. Der „Deutsche Freiheitssender 904“ war am 17. August 1956 kurz nach der Verkündigung des KPD-Verbotes auf Sendung gegangen.
Logische Schlussfolgerung war: Es gab keine Forderung nach Relegalisierung der KPD mehr. Es wurde nur noch gefordert das Verbotsurteil aufzuheben, damit nicht die Gefahr bestünde, dass auch die DKP verboten werden könne.
Seitdem die verbotene KPD nicht mehr existierte, wurde der Kampf gegen das Verbotsurteil von verschiedenen Organisationen mit der Forderung nach der Aufhebung des KPD-Verbotsurteils geführt. Dieses Verbotsurteil ist auch heute noch, nach wie vor ein Angriff auf die Arbeiterklasse, ein Angriff auf die demokratischen Rechte der Werktätigen in Deutschland. Das KPD-Verbot hängt immer noch wie ein Damoklesschwert über allen demokratischen, revolutionären Organisationen. Die gesetzliche Grundlage für dieses Verbot kann heute nach wie vor bei Bedarf von den Herrschenden auf alle revolutionären Parteien angewandt werden. Alle demokratischen, revolutionär gesinnten Menschen, in erster Linie das Proletariat, alle Werktätigen in Deutschland, müssen aus diesen Gründen auch heute gegen das Verbotsurteil kämpfen. Den Kampf für demokratische Rechte führen wir KommunistInnen als einen wichtigen, aber untergeordneten Teilkampf im Ringen um die sozialistische Revolution.
Oktober 2006