TROTZ ALLEDEM!

G8 Gipfel, Juni 2007 in Heiligendamm: Im bürgerlichen Rechtsstaat sind die Übergänge zum Polizeistaat fließend !

Die innere Faschisierung ist auf ungebremstem Vormarsch

Die Kriminalisierungswelle rollt!

Die G8 Proteste im Juni dieses Jahres an der Ostsee haben einmal mehr die Maskerade des bürgerlichen Rechtstaates heruntergerissen. Meinungsfreiheit, Demonstrationsfreiheit, Versammlungsfreiheit, der Schutz des Einzelnen vor der Willkür der Gewaltorgane des Staates, diese hehren Grundrechte, die immer und zu jederzeit gepriesen werden, wurden einfach abgeschaltet. Sie hatten vor, während und nach dem G8-Gipfel einfach keine Bedeutung mehr. „Während millionenfach das Recht auf Arbeit, kulturelle Teilhabe und soziale Sicherheit verweigert wird, zieht die Repressionsschraube an.“ (Junge Welt, 4. Juni 2007) Jeder, der in diesen Tagen für eine andere Welt auf die Straße ging, spürte die Polizei im Nacken. Wie viel Angst müssen die Herrschenden vor uns paar Zehntausend Gegnern haben, dass sie uns auf Schritt und Tritt mit ihrer Polizei eskortiert, schikaniert beschattet haben.

Die Durchsuchung von Dutzenden von Wohnungen, Arbeitsplätzen und linken Einrichtungen mit dem Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung vor allem in Berlin und Hamburg war der Höhepunkt der Kriminalisierung im Vorfeld des G8-Gipfels. In der ganzen Republik wurden linke Treffs observiert, Wohnungen durchsucht und Leute angezeigt. Die Entnahme von Geruchsproben wie bei der Stasi, haben das brutale Gesicht des Rechtsstaates entblößt. Der 68-jährige Atomphysiker und AKW-Gegner Fritz S. und der Berliner Anwalt Sven L. wurden als Terroristen lanciert, die Anschläge vorbereiten würden.

Die Polizeistrategie war eindeutig: Mit diesen Aktionen sollten Menschen, die gegen die brutale Weltordnung der G8 auf die Straße gehen wollen, eingeschüchtert werden. Das zweite Ziel war, einen Keil zwischen die militanten und “friedlichen“ G8 Gegnern zu treiben. Mit dem Paragrafen 129a wurde ein Teil der G8 Gegner in die Nähe von Terroristen gerückt. Obwohl kein einziger konkreter Tatverdacht bestand, wurde trotzdem der Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung von der Staatsanwaltschaft erhoben. Der Staatsapparat bewies wessen Diener er ist, und dass er zu jeder Gemeinheit und Lüge bereit ist, wenn er die Interessen der Bourgeoisie durchsetzen will. Eine Hetzkampagne, angeführt von den schwarzgelben Sheriffs Schäuble, Beckstein, Stoiber, Westerwelle und Goll gegen die Begnadigung von Christian Klar, wurde auch dazu missbraucht, um G8 Gegner als Terroristen zu denunzieren. Sie hetzten „ehemalige RAF Gefangene mischen mit“. Zudem versuchten die Herrschenden über die Kinder getöteter Repräsentanten die Emotionen der Menschen auszubeuten und Stimmung gegen die G8 Teilnehmer zu machen. Die Nichtbegnadigung von Christian Klar steht symbolisch dafür, wo sie die Gegner des Systems am liebsten hätten, nämlich eingesperrt in Isoknästen. Diese Repressionsoffensive des Staatsapparates im Vorfeld des G8-Gipfels brachte nicht den erhofften Erfolg und ging nach hinten los. Gegen die Großrazzia am 9. Mai gingen Tausende abends auf die Straße und solidarisierten sich mit den Kriminalisierten. Die Öffentlichkeit fragte nach den konkreten Tatvorwürfen und Anklagen. Die Herrschenden gerieten in Erklärungsnot.

Dieses Fiasko hielt die Innenminister nicht davon ab, die Repressionsschraube weiter festzudrehen. Obwohl der bayerische Obersheriff Beckstein in der ZDF-Sendung „Maybritt Illner“ vor der ganzen Zuschauerschaft geschworen hat, dass keine Kontrollen an den Landesgrenzen stattfinden würden, wurde das Schengenabkommen kurzerhand außer Kraft gesetzt und Globalisierungskritiker an den Zufahrtsstraßen von Beamten gefilzt. Soviel zum Versprechen der Herrschenden.

Heiligendamm und Rostock: auf Schritt und Tritt Polizeistaat

Wer die Gipfelproteste nicht nur aus der Ferne beobachtet hat, sondern dabei war sah, erlebte und spürte den Repressionsapparat auf Schritt und Tritt. Schon in den Sonderzügen nach Rostock war Polizei, auf jedem Bahnhof, den wir passierten postiert. Und als wir in Rostock ankamen, zeigte sich bald Gottvater Staat von seiner herrlichsten Seite. Die Demo am 2. Juni wurde von 10.000 Bullen „geschützt“. Demnach kam auf 5-6 Demonstranten ein Bulle. In manchem anderen Städtchen gab es keine Bullen mehr, weil sie alle nach Rostock gekarrt hatten. In Berlin hingegen konnte die NPD unter Hauptstadtpolizeipräsenz marschieren, völlig ungehindert und ungeniert mit faschistischen Parolen durch das Brandenburger Tor!

Auf den Demos bei den Aktionstagen gab es Bullenspaliere bis zu drei Mann auf jeder Seite. So gut werden nicht einmal Staatspräsidenten “geschützt“. Stundenlang eingekesselte Demonstranten, weil die Polizei nach Äxten und Waffen suchen wollte. Den Bullen-Kameras in Rostock entging nichts. Jede und jeder wurde aus allen Himmelsrichtungen gefilmt. Davon kann sicherlich auch der Fernsehstrip Big Brother etwas lernen. Hunderte von Bullenspitzeln und Agent Provocateurs, die einzelne Leute observierten und zu ihrer Festnahme beitrugen. Und wenn Sie gerade keinen zum Beschatten hatten, dann stachelten sie selber Teilnehmer zu “Strafdelikten“ an. Um sie dann hinterher festnehmen zu können, wie das am 5. Juni am Ostzaun durch fünf als Autonome verkleidete Bullen geschah. Ihr Pech war, dass sie rechtzeitig als Bremer Bullen enttarnt wurden.

Am Mittwoch umzingelte die Polizei mit Unterstützung von schwerem Gerät einschließlich Hubschrauber das Rostocker Camp und durchsuchte einen Teil des Camps. In diesen Augenblicken kamen einem die Bilder von Genua in den Kopf, wo die Polizei Camps und Unterkünfte der G8 Gegner stürmten und die Leute noch im Schlaf krankenhausreif schlugen.

Die Grundrechte sind nicht das Papier wert auf dem sie geschrieben stehen

Das Sicherheits- und Ordnungsgesetz (SOG) noch von der letzten SPD und PDS Regierung in Mecklenburg-Vorpommern verabschiedet, zeigt anschaulich, wie der Repressionsapparat ausgebaut wurde. Abschaltung der Mobilfunknetze, um die Kommunikation zu unterbinden, und als Neuheit für Besucher der reizvollen Ostsee die Möglichkeit der zwangsweisen Blutentnahme bei “Gefahr in Verzug“, ohne richterliche Anordnung. Nahaufnahmen von Personen auch außerhalb der Demos wurden erlaubt.

Ein Schal oder eine Sonnenbrille reichten aus, um willkürlich festgenommen oder tagelang weggesperrt zu werden. Teilnehmer aus Stuttgart wurden Dienstag verhaftet und erst am Freitag, nachdem die Bonzen abgereist waren, wieder freigelassen. Dass sie in den Hungerstreik getreten waren, erfuhren wir erst nach ihrer Freilassung. Die Zahl der willkürlich Verhafteten wird von Anwälten mit 1200 Leuten angegeben. Massive Behinderung und stundenlange Personalien-Kontrollen gab es an abgelegenen Bahnhöfen. Unterbringungsgewahrsam und Platzverweise dürfen in einem Polizeistaat selbstverständlich nicht fehlen.

Die Käfiggefängnisse, die in leere Fabrikhallen eingebaut waren, und an Guantanamo erinnerten, waren nur ein Teil des Repressionsapparates. Die meisten Repressalien wurden in den bürgerlichen Medien gar nicht erst erwähnt. Stattdessen wurde die Version der Polizeistrategen mit aufreißerischen Bildern in Szene gesetzt. Die Inhalte der Teilnehmer gerieten in den Hintergrund, die Kritiken an der mörderischen imperialistischen Weltordnung wurden erst gar nicht thematisiert. Der G8 Gipfel in Heiligendamm bewies einmal mehr, dass die Übergänge vom bürgerlichen Rechtsstaat zum Polizeistaat fließend sind.

Die Gewalt darf nur vom Staat ausgehen

Wieder einmal musste der Schwarze Block für eine beispiellose Hetze gegen die Gipfel-Gegner herhalten. Von Spiegel Online „Autonome verwüsten Rostock“ bis taz „Der Tag der Gewalt“ und „Nie wieder Rostock“ setzte eine unsägliche Hetze ein. Diese Sprachrohre der Polizeistrategen logen, dass sich die Balken bogen. Sie übernahmen die Polizeistatements als Berichterstattung. Die Versionen der Polizei garniert mit aufreißerischen Überschriften und Bildern von brennenden Autos und Steinhaufen wurden in Großformaten in Anschlag gebracht und in der ganzen Republik verbreitet. Dass am 2. Juni in Rostock die ca. 60.000 Demonstranten bis zum Abschlussplatz am Stadthafen friedlich demonstriert hatten und erst durch die Provokation der Bullen es zu Ausschreitungen kam, davon wurde nicht berichtet. Die Robocop-Einheiten gingen mit brutalen Prügelorgien bis weit in die verschiedenen Blöcke rein und verletzten hier Hunderte. Auch das Lügengebäude der Polizei brach Tage darauf Stück für Stück zusammen und zeigte anschaulich von wem Gewalt ausging. Von den 500 schwer verletzten Bullen blieben nach Recherchen der Jungen Welt nur ganze zwei leicht verletzten übrig.

Schlussendlich demonstrierte der Staat, dass er von Meinungs- und Demonstrationsfreiheit nicht viel hielt. Er zerschlug mit seinen Gewaltorganen die Demonstration und die Abschlusskundgebung.

Dass der Staat so handeln muss, um die bürgerliche Ordnung der Ausbeutung und Unterdrückung aufrecht zu erhalten, ist uns klar. Interessanter ist jedoch die Debatte unter den Linken, ob Gewalt als legitimes Mittel verwendet werden darf. Sollen wir demütig wie Jesus auch die andere Backe hinhalten, wenn die Schläger des Staates zuschlagen oder uns wehren? Sollen wir friedlich zuschauen wie der Gewaltapparat nach Belieben unsere Rechte mit den Füßen zertritt? Die Distanzierung von Attac Sprechern vom Schwarzen Block und die Androhung diese zu denunzieren, wie Beckstein das gefordert hatte, war ein Schlag ins Gesicht der Gipfel-Gegner. Diese Spaltungsversuche des Staates und seiner Helfer unter den so genannten Linken scheiterten an der Geschlossenheit der Basis. Den Attac Sprechern blieben ihre Spaltungs-Erklärungen eher im Hals stecken als dass sie an der Basis Anklang fanden. Die Frage, die uns in der nächsten Zeit beschäftigen wird, wird sein, wie wir erfolgreich den aufrüstenden Gewaltapparat und die zunehmende Kriminalisierung der Linken zurückschlagen können. Darüber sollten sich die Linken eher Gedanken machen. Jeder, der sich in welcher Form auch immer von dem militanten Widerstand der Linken gegen die Staatsgewalt distanziert, spielt in die Hände des imperialistischen deutschen Staates.

Militanter Widerstand ist wichtig und notwendig, er sollte sinnvoll eingesetzt werden und vermittelbar sein.

Neue Repressionsgesetze kommen!

Die Gewaltbilder von Rostock sind Schäuble, Stoiber, Beckstein, Ringstorff, Westerwelle usw. willkommen, um die Grundrechte weiter einzuschränken und den Repressionsapparat weiter auszubauen. Schäubles neue so genannte Sicherheitsgesetze sollen die Onlineüberwachung, das Ausspähen privater Computer der Bürger, das die Dienste sowieso schon heimlich betreiben, legalisieren. Die komplette Autobahnüberwachung über Tollcollect – jetzt wissen wir warum die Inbetriebnahme des Systems so lange gedauert hat – und präventiver Flugzeugabschuss hat Schäuble bereits aus seinem Giftschrank ausgepackt. Schäuble möchte auch noch gerne den „finalen Todesschuss“ in seiner Anwendung ausweiten! Jeder „Terrorverdächtige“ kann erschossen werden. Die große Koalition hat das „Ausländerrecht“ weiter verschärft. Neben Einschränkung des Zuzugs wurden auch die Bürgerrechte von Migranten weiter eingeschränkt. Fingerabdrücke im Pass und ihre Überwachung über eine Ausländerdatei, die sicherlich nicht nur die Personalien speichert, dienen der Totalüberwachung der „Ausländer“. Die Bundeswehr war ja bereits im Einsatz mit ihren Tornados, Sanitätern, Hubschraubern, Spähpanzern und Marinesoldaten. Der Aufschrei der SPD bis zur PDS/Die Linke über den Bundeswehreinssatz ist deshalb verlogen. Jetzt geht’s darum das Ganze zu legalisieren und endlich die Grundgesetzänderung durchzudrücken. Früher oder später werden die SPD und auch die Grünen da genauso mitziehen wie bei der Verteidigung unserer Freiheit am Hindukusch.

Für uns aber zeigen diese Maßnahmen bereits jetzt wohin die Repressionsmaschinerie sich in Zukunft hinbewegen wird. Gab es bisher eine Maßnahme der Sheriffs in diesem Land, die von dem Parlament verweigert wurde? Wir können uns nicht erinnern. Und wenn, dann werden die Gesetze umgangen und die Unterdrückungsapparate operieren illegal. Ist der Tornadoeinssatz gegen die G 8 GegnerInnen etwa nicht illegal??


Entschlossenheit siegt

Dieser massive Repressionsapparat, den die Herrschenden dort aufgefahren hatten, um die Gipfel-Gegner einzuschüchtern, stieß auf Entschlossenheit und geschlossenen Widerstand der Teilnehmer. Trotz massiver Drohkulisse tausender Uniformierter am Montag, dem 4. Juni, mit dreifachem Spalier auf beiden Seiten der Demonstration, Wasserwerfern, Räumfahrzeugen, stundenlanger Behinderung und des Verbots in die Innenstadt einzulaufen, brachte die Geschlossenheit und Disziplin der zehntausend Teilnehmer eine eindrucksvolle Manifestation gegen Abschiebung von Flüchtlingen und für gleiche Rechte für Migranten zu einem erfolgreichen Ende. Die Zehntausend bewiesen, dass nicht sie der Anlass von Gewalt sind, sondern der Polizeistaat und die Behinderung von Grundrechten. Auch an den Blockaden Tage darauf am Flughafen Rostock-Laage und vor dem Zaun in Heiligendamm siegte die Entschlossenheit und Geschlossenheit der Gipfelstürmer! Die Bannmeile wurde durchlöchert und die Blockaden am Zaun schnitten den Mächtigen die Landwege ab. Die paar tausend Menschen bewiesen, dass die Mächtigen in Wahrheit gar nicht so mächtig sind, wenn sie nur nicht von den Söldnern beschützt werden würden!!

Wir bleiben dabei: G8 bekämpfen,

Imperialismus zerschlagen!