TROTZ ALLEDEM!

BetriebsarbeiterInnentreffen
Wieder einmal ... ein klasse Treffen!

Demo

Da waren sich am Schluss alle einig: Es war einfach klasse. Dieses Treffen ist kein Theoriezirkel: Hier diskutieren wir praktisch, wie wir unsere Theorie in die Praxis umsetzen können. Wie ja jeder weiß, kann ein Revolutionär schlecht nur mit dem Buch in der Hand, Arbeiterkämpfe anführen. Zugegeben, eine sehr lustige Vorstellung aber bestimmt nicht sehr überzeugend. Es muss doch ein Weg zu finden sein, unsere Theorie in der Praxis zu überprüfen! Das haben wir auf diesem Treffen getan.

Doch besser mal von Anfang an:

Wir, das sind revolutionäre, kommunistische BetriebsarbeiterInnen und GewerkschafterInnen, haben uns an einem strahlenden Herbstwochenende zusammengesetzt, um nichts Kleineres zu proben, als die Verbindung von Theorie und Praxis

Weil auch dieses Mal neue ArbeiterInnen zu uns gestoßen sind, haben wir uns erstmal einander vorgestellt. Besonders interessiert hat alle: Was war bei dir im letzten Jahr ein besonderer Höhepunkt in deiner Betriebsarbeit? In den Berichten zeigte sich, wir arbeiten in sehr verschiedenen Bereichen mit ganz unterschiedlichen Arbeitsbedingungen: Von Akkordarbeit in der Großindustrie, über Überstunden-ohne-Ende, in kleinen Handwerksbetrieben bis hin zu Gleit- und Vertrauensarbeitszeit in Büros. Beim Austausch über die wichtigsten Ereignisse kam heraus, dass die kämpferische Betriebsarbeit für jede und jeden von uns zum Alltag gehört. Manchmal scheinen wir zu vergessen, dass das, was jeder und jede tagtäglich mit Kolleginnen und Kollegen diskutiert, streitet und durchficht, in den heutigen Zeiten etwas besonderes ist. Wir sind ständig damit konfrontiert, dass die „Gewerkschaftsführung Angriffe gegen Oppositionelle führt“. Da ist es keine kleine Sache, wenn für ein gewerkschaftliches Amt „die demokratische Wahl durchgesetzt“ werden konnte, so dass nicht die von der Gewerkschaftsführung und Betriebsratsspitze vorgegebenen Kandidaten einfach abgenickt wurden.

Wer in der Arbeiterklasse als ein Teil von ihr arbeitet, weiß selbst, dass die Unzufriedenheit hoch ist und immer weiter wächst. Die Bereitschaft aber, sich zu wehren, den ersten Schritt zu machen, noch klein ist. Umso mehr werten wir es als Erfolg, wenn auch kleine Gruppen diese Hürde überwinden. Die Höhepunkte unserer Arbeit im letzten Jahr ist eine Sammlung wichtiger Erfahrungen aus kämpferischer Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit.

Eine Frage haben wir im Anschluss heftig debattiert: Sollen wir in den Betrieben KollegInnen für die Gewerkschaft organisieren, wenn wir doch die Einschätzung haben, dass der Gewerkschaftsapparat Arbeiterinteressen verrät? Es ist richtig, der Apparat und die Gewerkschaftsführung ist gelb, mit dem Kapital verflochten und verrät uns. Unsere Aufgabe ist es aber, innerhalb dieser Gewerkschaften unsere kommunistische Arbeit zu machen. Die gewerkschaftliche Organisation nutzen – und deswegen selbstverständlich auch Kollegen dazu zu bewegen, in die Gewerkschaft einzutreten, das muss unser Ziel sein. Diese Frage wird aber immer wieder auch mit Einwänden und Fragen weiter diskutiert werden – gerade, wenn die Gewerkschaftsführung Ausschlussverfahren und Angriffe gegen Oppositionelle führt. Ein Motto für diese Frage sollte sein: Lassen wir die ArbeiterInnen nicht allein – nicht innerhalb und nicht außerhalb der Gewerkschaften!

Wir wollten im nächsten Schritt voneinander wissen, wie wir ganz konkret auf unsere Kollegen zugehen, wenn wir sie für eine Aktion mobilisieren wollen. Wir haben ein paar Antworten: Was wir als gut und vorwärtsbringend erlebt haben und was wir in Zukunft vermeiden wollen. Uns ist klar, dass alles, was im Endeffekt zur Stellvertreterpolitik führt, müssen wir vermeiden. Dazu gehört, dass wir Verantwortung nicht nur übernehmen, sondern auch auf KollegInnen verteilen. Oft sind wir viel zu schnell und merken erst ziemlich spät, dass wir über die Köpfe der anderen schon entschieden haben, ohne wirklich abzuwarten, was sie dazu sagen. Geduld und Zuhören und jeden Kollegen ernst nehmen in seiner Meinung, das ist wichtig.

Manchmal geht es uns so, dass wir mit unseren richtigen Argumenten, komplett an der individuellen Realität unserer Kollegen vorbei, versuchen zu agitieren. In vielen Bereichen ist es nun mal in der kapitalistischen Gesellschaft so, dass die persönlichen Interessen vor den kollektiven stehen. Wir fanden Argumentationen, die das lösen.

Die langjährige Erfahrung hat gezeigt, dass gemeinsame Aktionen letztlich erst dann möglich werden, wenn wir uns in den Gruppen, Büros an unserem Arbeitsplatz das Vertrauen der Kollegen erarbeiten konnten. Hunderte von Einzelgesprächen sind notwendig. Wir sind verpflichtet, aufrichtig und standhaft zu sagen, was Sache ist. Man muss von uns wissen, dass wir zu unserem Wort stehen und selbstkritisch und offen mit unseren Fehlern umgehen. Damit wir nicht alleine bleiben, ist wichtig, dass wir Kontakte zu kämpferischen KollegInnen knüpfen und pflegen. Wenn uns gelingt mit kleinen gemeinsamen Aktionen das Selbstvertrauen von Teilen der Belegschaft aufzubauen, sind wir ein gutes Stück weiter! Wenn wir das System diskutieren, sollen wir kreativ Erklärungen finden für die Bedingungen im Kapitalismus: Was ist Solidarität? Wenn an einem Band Stamm- und Leiharbeiter zusammen arbeiten, da kann man sehr konkret zeigen, was das Kapital davon hat, wenn diese Kollegen in Konkurrenz zu einander stehen und gespalten sind. Praktische Beispiele anstatt platter Informationen: Die haben den Tarifvertrag gekündigt. DAS bedeutet für uns, dass wir so und soviel Geld verlieren.... Wir teilen und diskutieren nach Möglichkeit alle Informationen mit der Belegschaft.

In der Diskussion, wie wir all das noch besser machen können und mehr ArbeiterInnen für den Kampf gegen die miesen Arbeitsbedingungen und das Kapital gewinnen können, stießen wir zwangsläufig auf die „ÄUSSEREN BEDINGUNGEN“. Dass es für die meisten Werktätigen offenbar keine Alternative zum Kapitalismus gibt, ist nach wie vor ein riesiger Hemmschuh. Gegenseitiges Misstrauen und fehlendes Vertrauen in die eigene Kraft werden begleitet von immer größer werdenden Gräben in den Belegschaften. Das Kapital treibt die Konkurrenz unter den Arbeitern und die Spaltung voran. Aus Angst vor Mobbing, den Arbeitsplatz zu verlieren oder nicht weiter zu kommen, halten viele still. Nach dieser ausführlichen Vorstellungsrunde wussten wir, wer wir sind und wie unser Arbeitsalltag inklusive unserer kommunistischen Betriebsarbeit aussieht.

Streikrecht

Warum ist das Streikrecht heute in der BRD auf der Tagesordnung. Wie sehen wir die verschiedenen Diskussionen?

Das Streikrecht in Deutschland ist ein Ergebnis der Geschichte: Es wurde nach der Befreiung vom Faschismus nach dem II. Weltkrieg nicht im Gesetz verankert und ist bis heute Richterrecht. Das bedeutet, dass Gerichtsurteile für oder gegen Streiks sich auf künftige Streikbewegungen auswirken. Die verschiedenen Urteile im Kampf der GDL um ihr Recht zu streiken beobachten wir deswegen mit besonderer Aufmerksamkeit.

Vorherrschende Meinung ist, dass politische Streiks, also Streiks, die nicht direkt um einen Tarifvertrag gehen, in Deutschland verboten sind. Das stimmt nur insofern, dass es eben Urteile gibt, die zeigen, dass die Folgen solcher Streiks – Schadensersatz etc. – dann auf die ArbeiterInnen, bzw. die Gewerkschaften abgewälzt werden. 1952 wurden Tageszeitungen bestreikt, um das neue Betriebsverfassungsgesetz zu verhindern. Das Urteil fiel zu Gunsten der Zeitungsverlage aus, die den Streik als Angriff auf die Pressefreiheit anklagten. Die Schadensersatzforderungen hätten der Gewerkschaft beinahe das Genick gebrochen. Trotzdem wurde immer wieder auch gestreikt, wenn es um politische Forderungen ging. Zum Beispiel der Kampf um die Lohnfortzahlung 1956 und gegen ihre Abschaffung 1996.

Die Gewerkschaftsführung vermeidet in aller Regel, dass wir für unsere Rechte streiken, siehe Rente mit 67. Die Proteste dagegen waren nur Aktionen zum Dampf ablassen. Die Diskussion um ein „politisches Streikrecht“ wurde in diesem Zusammenhang aber vermehrt geführt. Als kurzes Fazit unserer Diskussion: Wir haben festgestellt, dass die Arbeiterklasse bisher immer für ihre Rechte kämpfen musste, die gab es nie als Geschenk. Trotzdem finden wir es richtig, dass das Streikrecht auch politisch gefordert wird und verteidigen jedes Recht, das in irgendeinem Gesetz für uns steht. Wir meinen aber, dass in dem Moment, in dem die Arbeiterklasse sich das Recht zu streiken nimmt, und so das wirksamste Kampfmittel gegen das Kapital nutzt, es egal ist, ob dieses Recht in einem Gesetzbuch des bürgerlichen Staats steht oder nicht!

Wenn ein Streikrecht im Gesetz verankert wird, ist das selbstverständlich sehr nützlich. Aber uns ist klar, dass wir uns unser Streikrecht nehmen müssen, egal, was ein Gesetz dazu sagt. Es ist klar, dass das nur geht, wenn die Bewegung groß ist, wenn die Arbeiterklasse auf die eigene Kraft vertraut und sich für solche Kämpfe organisiert hat. Dann kann uns z.B. eine Schadensersatzforderung nicht abschrecken...

Streik- und Kampf-Komitees

In einer der letzten Ausgaben der Trotz alledem haben wir unsere Thesen zu Streik- und Kampfkomitees veröffentlicht. Auf unserem Arbeitstreffen ging es aber nicht darum, diese Thesen theoretisch zu diskutieren, sondern ganz konkret: wie können wir Streik- und Kampfkomitees im Betrieb aufbauen, wie gehen wir dabei vor, Schritt für Schritt.

Also haben wir uns ganz konkret in Arbeitsgruppen mit zwei möglichen Betriebssituationen damit auseinandergesetzt, wie wir in einem Kampf dieses Mittel einsetzen können.

In einem gewerkschaftlich gut organisierten Großbetrieb steht eine Produktions-Verlagerung an, bei der 2.000 Arbeitsplätze betroffen sind. Die Belegschaft hat von Lohnrunden ein wenig Kampferfahrung. Was macht ein Häuflein revolutionärer KollegInnen?

Von der Recherche der wahrheitsgemäßen Informationen und die Lügen der Bosse und Bonzen aufdecken ist der nächste Schritt diese Informationen verstärkt in der Belegschaft zu diskutieren. Sehr viel läuft parallel: Kontakte, vor allem zum Vertrauenskörper, werden aufgebaut. Forderungen an die Geschäftsleitung, an den Betriebsrat und an die Gewerkschaft werden mit Hilfe der Betriebszeitung gestellt. Durch die Diskussionen mit den KollegInnen versuchen wir herauszufinden, wer bereit wäre, auch praktisch etwas gegen die Verlagerung zu unternehmen. Alle geben alles und schaffen es tatsächlich rund 20 kämpferische Kollegen zusammen zu bringen und außerhalb der Fabrik mit ihnen das weitere Vorgehen zu bereden. Die Idee, mit einem anonymen Flugblatt (Unterschrift: Eine Gruppe BetriesbarbeiterInnen) zu einer Versammlung in der Kantine aufzurufen, wird in die Tat umgesetzt. Bis hin dazu, wie man sich davor schützen kann, frühzeitig als Gruppe entdeckt zu werden, haben wir versucht, alles einzubeziehen. Wie leitet man eine Versammlung, ohne aufzufallen ... In der Vorstellung der Arbeitsgruppe konnte die Belegschaft dazu bewegt werden, die Kantine nicht mehr in Richtung Arbeitsplatz zu verlassen, sondern mit einem Marsch durch die Hallen einen Streik zu beginnen, der seine erste Versammlung vor dem Tor abhält. DORT zusammen mit großen Teilen der Belegschaft soll dann eine Streikleitung gewählt werden.

Uns wurde bei der Diskussion über diesen „Plan“ bald klar, dass es sehr viele verschiedene Möglichkeiten gibt, einen Kampf zu organisieren, einen Kampf zu beginnen aber auch an den Umständen zu scheitern. Eine wichtige Rolle spielt die Gewerkschafts- und Betriebsratsführung, die immer versuchen wird, den Kampf entweder abzuwiegeln, zu übernehmen oder dem Kapital zu helfen, die „Rädelsführer“ ans Messer zu liefern. Wir haben für den Plan auch einen ausschließlich gelben Betriebsrat angenommen. Das kann auch anders aussehen, wie das nächste Beispiel zeigt:

Ein kleinerer Betrieb (ca. 500 Beschäftigte) mit einem niedrigen gewerkschaftlichen Organisierungsgrad – auch hier soll ein Teil der Produktion verlagert werden. Im Betriebsrat gibt es einen kämpferischen Kollegen, die Belegschaft hat keinerlei Kampferfahrung:

Hier gab es keine Vertrauensleute oder -körper und so wurde in viel Kleinarbeit Kontakt zu den KollegInnen aus den verschiedensten Werkbereichen, auch den Angestellten, hergestellt. Über die Gewerkschaft wurden die gewerkschaftlich Organisierten erfragt und kontaktiert; nach Möglichkeiten gesucht, in andere Teile des Betriebes Kontakte aufzubauen, ... so wurde eine Struktur des dauernden Austauschs geschaffen. Die kämpferischsten haben sich außerhalb des Betriebs getroffen und alle weiteren Schritte diskutiert. Es wurde immer darauf geachtet, das „Ohr an der Belegschaft“ zu haben, um die jeweilige Stimmung einzufangen und um entscheiden zu können, zu was die Belegschaft bereit ist, zu tun. Der Druck auf die Geschäftsleitung wurde zusammen mit dem Betriebsrat unter anderem mit einer kämpferischen Betriebsversammlung aufgebaut. Es ging die ganze Zeit um die Einheit aller Kollegen in diesem Betrieb. Viel Öffentlichkeitsarbeit unter Einbeziehung der regionalen demokratischen Vereine; fortschrittlichen und revolutionären Kräfte, Pressegruppe, die Gewerkschaft hat Aktionen bei Schichtwechsel vor dem Tor gemacht. So wurde die Verlagerung und der Verlust von Arbeitsplätzen in die Stadt und die Region transportiert. Die Geschäftsleitung blieb nicht untätig. Sie erhöhte ebenfalls den Druck mit verschiedenen Spaltungsversuchen auf die Belegschaft.

Die Meinungsführer der Belegschaft, die revolutionären Kollegen, der kämpferische Betriebsrat bildeten dann das Streik- und Kampfkomitee, das von der Belegschaft respektiert, den Streik anführte.

Dieses Beispiel zeigt, dass ein Streik- und Kampfkomitee nicht immer „offiziell“ gewählt werden muss, sondern sich auch im Verlauf eines Arbeitskampfs herauskristallisieren kann. Und nicht immer ist ein Betriebsrat der Handlanger des Kapitals.

In der anschließenden Diskussion wurde uns noch einmal deutlich: Streik- und Kampfkomitees sind nichts mechanisches. Jeder Betrieb, jede Belegschaft ist unterschiedlich das müssen wir bei unseren einzelnen Schritten berücksichtigen. Wir müssen ständig die Stimmungslage im Betrieb einschätzen und analysieren. Die Gruppendynamik darf nicht außer Acht gelassen werden – es ist wichtig, den richtigen Zeitpunkt abzupassen um eine Aktion zu starten oder sie auch zu verschieben. Genauso wichtig wie eine klare Zieldefinition eines Streiks / einer Aktion ist es, die Belegschaft nicht im Unklaren zu lassen, dass das gesteckte Ziel auch nicht erreicht werden kann. Nur wenn wir die Lage objektiv beurteilen und auch offen damit umgehen, werden die KollegInnen gestärkt aus einer Aktion / einem Streik hervorgehen. Wichtig ist Verluste nicht als Niederlage empfinden, sondern diese Erfahrungen für alle anstehenden weiteren Kämpfe zu nutzen. Klar war für uns alle auch: wir treten als organisierte Gruppe nicht offen auf.

Diese praktische Diskussion hat uns allen nicht nur sehr viel Spaß gemacht, sondern auch den Blick geöffnet, WIE wir unsere Theorie in die Praxis umsetzen können.

Und unser Abschlußfazit: Wir wollen die Partei aufbauen, die die Arbeiterklasse zur sozialistischen Revolution führt. Dieses Treffen zeigt, dass ohne die Kampferfahrungen der ArbeitergenossInnen keine kommunistische Partei vorwärtskommt.

Ihr versteht, dass der Kampf, vereint geführt, am Ende doch gewonnen wird!