TROTZ ALLEDEM!
RAF-HATZ, Geschichtsfälschung und kein Ende…
Seit Monaten läuft eine schmierige Kampagne in allen bürgerlichen Medien zum "Jubiläum" "30 Jahre Deutscher Herbst". Die Bundesregierung hat zum ersten Mal (!) nach 30 Jahren eine zentrale gemeinsame"Opferfeier" ausgerichtet
Was den Tod von Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ingrid Schubert, Jan-Carl Raspe und Ulrike Meinhof vor 30 Jahren betrifft, reden natürlich alle vom Selbstmord der Gefangenen. Wenn sie zugeben würden, dass es Mord war, wäre das ein Eingeständnis, dass ihr ach so demokratisches System durchaus in der Lage ist, faschistischen Terror gegenüber Revolutionären anzuwenden. Darum übernehmen alle die These vom Selbstmord. Die TAZ, einmal linkes Organ mit dem Anspruch Gegenöffentlichkeit im Deutschen Herbst zu sein, ist schon lange auf Linie gebracht und spricht ganz selbstverständlich vom Selbstmord. In der Frankfurter Rundschau wurde eine Reportage über den Toten Trakt in Stammheim veröffentlicht. Nur ein Gefängnisbeamter kommt zu Wort und schildert, wie angeblich angenehm die RAF-Gefangenen dort in der Isolationhaft gelebt hätten. Natürlich verständlich, denn würde der Knastaufseher die Wahrheit sagen, müsste er zugeben, dass er nicht nur indirekt, sondern direkt mitverantwortlich für die Isolationsfolter an den RAF-Gefangenen ist.
Die unerträglichen gleichgeschalteten Beiträge in Printmedien, TV, Hörfunk reduzieren die ehemaligen Mitglieder der RAF zu brutalen Killern, Psychopathen, Kriminellen, durchgeknallten Bürgerkindern oder stellen sie in die Nähe zum Klux Klux Clan oder zur Al-Kaida. Die Frankfurter Rundschau (September) zeigt Bilder vom "Tatort Köln 1977" und direkt darunter ein Bild vom "Tatort Madrid 2004" (Bombenanschlag auf Vorortzüge in Madrid angeblich durch Al-Kaida). In der Spiegel-Serie "Die Nacht von Stammheim" wird gegen die RAF nur gehetzt. Der Spiegel-Herausgeber Stefan Aust hat sich als offiziöser "Geschichtskenner" der RAF profiliert. Dabei konnte er geschickt auch Peter-Jürgen Boock benutzen. Der war ehemaliges RAF Mitglied, heute lebt er davon, dass seine Geschichte vermarktet wird. In seinem TV-Machwerk "Krieg der Bürgerkinder" unterstellt Stefan Aust der RAF so etwas wie das Vorhandensein einer Art von "Terror-Gen": "Den Extremismus muss man schon in der Persönlichkeitsstruktur haben, um auf diesem Weg der RAF voranzugehen". In dem Aust-Film wird Horst Mahler, bekennender Faschist, als honoriger Zeitzeuge gegen die RAF in Szene gesetzt und lässt unkommentiert übelste Sprüche los. So werden etliche ehemalige RAF Leute, die bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt, andere belastet und für Jahre in den Knast gebracht haben, hergenommen, und ihre Einschätzung zur objektiven Tatsache erklärt. Das muss dann für die ganze RAF, oder am besten gleich für alle Revolutionäre herhalten.
Im Teil V der Spiegel-Serie zur RAF auf S. 108: "das Problem war", sagt EINER von ihnen, "dass die Stammheimer großen Druck gemacht haben, dass wir sie rausholen." WER das gesagt haben soll, bleibt völlig im Dunkeln. Die "ZEIT" hat einen rührseligen Artikel über die Witwe eines Polizisten gebracht. Ihre Geschichte wurde auch fernsehgerecht aufbereitet. usw.
Es geht darum, die RevolutionärInnen aus der RAF vollständig zu demontieren und ihnen jede politische Dimension zu nehmen.
Der Staat hat seine ganze Propagandamaschinerie in Bewegung gesetzt. Die Medien sind gleichgeschaltet. Das zeigt wieder mal, wie gut die Kapitalisten in der Lage sind, die Massen zu manipulieren. Alle, die zu diesem System nicht schweigen, sollen mundtot gemacht werden, wenn sie schon tot sind, werden sie eben zum zweiten mal "getötet". Es wird ohne jeden Beweis behauptet, Ulrike Meinhof hätte aus dem bewaffneten Kampf aussteigen wollen, oder sich zu völlig absurden Theorien verstiegen, sie hätte einen Gehirnschaden gehabt – ähnlich dem von Hitler.
Die "Opfer der RAF"
In keinem bürgerlichen Medienbericht wird etwas über die tatsächlichen politischen Hintergründe der RAF gesagt. Kein Wort über Vietnam, über die braune Kontinuität in der deutschen Geschichte. Kaum ein Wort darüber, wer die "Opfer" der RAF waren, z.B. ehemalige NSDAP Mitglieder Buback und Schleyer, der mit 27 Jahren sagte "er sei alter Nazi und SS-Führer", der seit 1933 bei der SS war und seit 1937 Mitglied der NSDAP und damit schon ein sehr früher Gefolgsmann Hitlers. Nach dem Krieg war er dann einer dieser deutschen braunen Saubermänner und wurde einfach in das "demokratische" Deutschland übernommen und in die Macht hochkatapultiert (ohne Reue selbstverständlich!). Er wurde Arbeitgeberpräsident und organisierte 1963 während des Metallarbeiterstreiks eine der größten Aussperrungen. Kein Wort darüber, dass laut Meinungsforschungsinstitut Allensbach 1971 noch jeder Vierte unter 30 Jahren mit der RAF sympathisierte. Und der Staat reagierte auf den Krieg, den die RAF ihm erklärt hatte, mit einem bis dahin nicht gekannten Ausbau seines Repressions- und Manipulationsapparats.
§ 129 a, b und andere Repressionsparagraphen
Die innere Faschisierung des Staatsapparats wurde auf allen Ebenen vorangetrieben. Die RAF wurde gnadenlos gejagt, viele Kämpfer/innen aus der RAF wurden umgebracht oder lebenslänglich weggesperrt. Der Staat übte gnadenlos seine Klassenjustiz aus. Die innere Faschisierung ist allerdings nicht einfach 1977 stehen geblieben oder hatte da ihren Höhepunkt und flaute danach wieder ab, so wie uns die bürgerlichen Berichterstatter weismachen wollen. Sie wurde kontinuierlich vorwärtsgetrieben. Die Einführung des § 129 a zur Kriminalisierung des Widerstandes, der große Lauschangriff, 2002 die "Antiterror"-Gesetze, in denen die Befugnisse von Polizei und Geheimdienst massiv ausgeweitet wurden, die Sicherheitsüberprüfungen von Arbeiter/innen in "lebens- und verteidigungswichtigen Betrieben", biometrische Daten in Ausweispapieren, der § 129 b, der sich auf terroristische Vereinigungen im Ausland bezieht. (Seitdem werden alle Migranten unter Generalverdacht gestellt, und einer noch intensiveren Überwachung unterzogen.) Das Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz von November 2006, in dem die Quasi-Notstandsgesetze nicht nur um weitere fünf Jahre verlängert, sondern auch noch ausgeweitet wurden. Flächendeckende Observationen, Telefonüberwachung, e-Mail-Überwachung, Postüberwachung, Filmaufnahmen, Abhörmaßnahmen, Peilsender usw. Der Bundesrat hat Anfang Oktober die Einrichtung einer europaweiten Datei gewalttätiger Demonstranten bei Europol gefordert. Die Vorratsdatenspeicherung, die den Staat befugen, jedes Telefonat, jede Email und sms usw für 6 Monate zu speichern, ist im November auf den Weg gebracht worden. Jetzt fordert Oberscherif Schäuble eine zentrale Abhörzentrale. Die §§ 129 a + b gehören sicherlich mit zu den wichtigsten Mitteln des bürgerlichen Staates, um jede Form von kollektivem Widerstand bereits im Keim zu ersticken. Der Staat benutzt diese Paragraphen gegen alle, die nicht konform mit dem System gehen.
MG (militante Gruppe)
Vor dem G8 Gipfel kam es zu einer der größten Repressionsaktionen der letzten Jahre. Am
9. Mai 2007 wurden über 40 Wohnungen und linke Projekte durchsucht. Dies wurde begründet mit dem Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung – § 129 a. Kurz nach dem G8-Gipfel kam es zu einer weiteren Reihe von Hausdurchsuchungen. Insgesamt 11 Personen wird in einem neuen § 129 a-Verfahren vorgeworfen, an 4 Aktionen gegen Objekte der Bundeswehr und von Rüstungsfirmen beteiligt gewesen zu sein. Seit dem 31. Juli diesen Jahres sitzen in Berlin Moabit 3 Leute im Knast. Ihnen wird vorgeworfen, in der MG organisiert zu sein und ihnen werden weiter Brandanschläge auf Bundeswehrfahrzeuge unterstellt. Die Beweislage ist mehr als dürftig. Aber ist erstmal ein Konstrukt geschaffen, von einer "terroristischen Vereinigung" auszugehen, ist damit der langfristige Wegschluß der drei Verhafteten sozusagen präventiv abgesichert.
Christian Klar
Für den Gefangenen aus der RAF, Christian Klar, stand Hafterleichterung mit der Perspektive auf Begnadigung und Freilassung an. Nach seinem Beitrag auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz im Januar 2007 wurde von Politik und Bürgermedien eine massive Anti-RAF- und Anti-Klar-Lawine losgetreten. Deutlich wurde: Für Klar gilt nicht das Recht von Gefangenen, sich zu äußern. Vielmehr wird er zu einem Sonderfall der deutschen Justiz gemacht. Gleichzeitig beschwerte sich der Buback-Sohn, dass die RAF nicht vollständig gestanden hätte, dass der Mord an dem Generalbundesanwalt Buback nicht vollständig aufgeklärt sei, vor allem aber, dass die RAF sich nicht entschuldigt hätte. Plötzlich rückte die Frage der Reue für Opfer der RAF ins Zentrum. Es entstand eine Hetze gegen die RAF, die vor allem Christian Klar betraf. Sein Antrag auf Begnadigung wurde abgelehnt. Die Unerbittlichkeit des imperialistischen Systems richtet sich gegen alle die für Widerstand und Befreiung der Unterdrückten kämpfen. Kein Nazi-Mörder, der nach dem zweiten Weltkrieg in der BRD in Haft saß, hat je solange gesessen wie die RAF Gefangenen.
Warum ausgerechnet jetzt?
30 Jahre Deutscher Herbst - die Hetze gegen die RAF war weder zum 20. noch beim 25. Jahrestag deutscher Herbst so massiv wie heute. Warum? Die Diskussion um die RAF fiel zusammen mit der allgemeinen Terrorangstmache, mit dem G8-Gipfel der Weltmächte in Deutschland. Der Abbau von Grundrechten soll zukünftigen politischen Widerstand diskriminieren. Die Verarmung der werktätigen Massen schreitet rapide voran. Arbeitshetze, Erwerbslosigkeit, Leiharbeit, das deutsche Wirtschaftswunder ist vorbei. Die Politik staatlicher Überwachung, das Sammeln und Speichern aller Daten von Menschen und das Vorantreiben von Repression und Rassismus ist Alltag. Es herrscht Krieg nach Außen und nach Innen. Die Bundeswehr agiert nach Innen und Außen und ist schon längst eine Eroberungsarmee zur Durchsetzung der imperialistischen Großmachtsinteressen Deutschlands. Im Gegenzug wächst der Widerstand in der Arbeiterklasse und in den sozialen Bewegungen. Die Streiks bei Opel, BSH und der Bahn sind wichtige Signale. Der Widerstand gegen den G8 Gipfel der Herrschenden war sehr stark, der Zusammenhalt teilweise sehr gut. Das ist es, was die Herrschenden befürchten, dass die Werktätigen und unterdrückten Völker ihre Reihen schließen und gegen den gemeinsamen Feind - das Kapital vorgehen. Darum diese Hetze gegen die RevolutionärInnen aus der RAF und alle anderen Revolutionäre und der verstärkte Ausbau der Repression und Überwachung.
Gemeinsam können wir das System bekämpfen und eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung aufbauen.
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
14.11.07
Der Weg der RAF ist nicht unser Weg …
Eine Auseinandersetzung um die Politik und Ziele der RAF muss innerhalb der Linken und der ArbeiterInnenbewegung geführt werden. In dem Interview "Wir wollten den revolutionären Prozeß vorantreiben" von Helmut Pohl und Rolf Clemens Wagner, beide ehemalige RAF-Aktivisten, am 18.10.07 in der jungen welt, wird genau das versucht. Eine kritische, selbstkritische Einschätzung der eigenen politischen Vergangenheit, des Scheiterns des Konzeptes der RAF, das ist eine notwendige und wichtige Debatte. Wir stehen auf der Seite der RAF gegen die Verfolgungs- und Vernichtungspolitik des BRD Staates. Gleichzeitig grenzen wir uns von ihren falschen politischen Konzepten ab. Das entspricht unserem Verständnis von Solidarität.
• Eine prinzipiell falsche Position der RAF war ihre Haltung zum individuellen Terror.
Sie zeigte völliges Unverständnis für die geschichtliche Tatsache, dass nur die unterdrückten Massen selbst für ihre Befreiung kämpfen können, dass es die Aufgabe der revolutionären Avantgarde ist, sie für diesen Kampf zu organisieren und führend einzugreifen und nicht stellvertretend für die Massen zu kämpfen.
• Das Verständnis der RAF von einer Avandgardorganisation, die in erster Linie den militärischen Kampf führt, spiegelte sich auch in ihren inneren Strukturen, der Diskussions- und Kritikfähigkeit der Organisation selbst wieder. Es gab keine demokratisch-zentralistischen Strukturen.
• Die Einschätzung der bürokratischen, sozialimperialistischen Regime in der Sowjetunion und DDR als sozialistisch durch die RAF, ist unseres Erachtens eine grundlegend falsche politische Bewertung.
• Ein weiterer zentraler Fehler der RAF war ihre Ausrichtung, vor allem in den ersten Jahren, nur auf den US-Imperialismus hin. Die BRD wurde nur in Bezug auf ihre Rolle als NATO- und westlicher Bündnispartner der USA angegriffen.
Ausführlich haben wir unsere Positionen dazu in der Trotz Alledem! Nr. 6 Oktober 1997 dargelegt.
Ihr könnt diese Nummer bei uns bestellen.