TROTZ ALLEDEM!
Afghanistan: Neue Strategie? Kriegsausweitung!
Seit acht Jahren laufen der Krieg und die Besatzung in Afghanistan.
Tote, Zerstörung, Hunger, Elend, Erwerbslosigkeit, Verwüstung und
Militarisierung des Landes bis zum Äußersten, das ist der Alltag. Der
Widerstand in der Bevölkerung, der Widerstand verschiedener politischer Kräfte
von islamistischen, nationalen bis hin zu antiimperialistischen gegen die
grausame Besatzung nimmt unaufhörlich zu. Der Unmut der Bevölkerung in den
kriegsführenden Ländern wächst. Tote Soldaten auf Seiten der Alliierten können
nicht als „Kollateralschäden“ verbucht werden, sondern strafen die Propagandamärchen
vom High-tech Krieg ohne eigene Opfer, Lügen. Obama, der angebliche
Heilsbringer, der Ab- und Rückzug versprach, wirft immer größere
Truppenkontingente in die Schlacht. Immer mehr Soldaten, immer mehr
Kriegsausrüstung werden nach Afghanistan transportiert!
Aber das Pulverfass wird immer explosiver. Nichts haben
die über 100.000 Besatzer in Afghanistan und ihr Marionettenregime Karzai
wirklich im Griff. Der ungerechte Eroberungskrieg, wird immer stärker zum
Risiko für die Krieg führenden Mächte. USA und NATO weiten den Krieg jetzt bis
nach Pakistan hinein aus. (Seit neuestem wird von der AFPAK Strategie
gesprochen. AFPAK ist die Abkürzung für Afghanistan und Pakistan). Die
Destabilisierung der gesamten Region ist offensichtlich.NATO-, US-Obama-, EU- und Deutsche-Strategen wollen Anfang 2010 eine neue Afghanistan-Konferenz einberufen um „unsere Strategie zusammen mit den Vertretern Afghanistans, aber auch – das ist zwingend – in Abstimmung mit Vertretern der Nachbarstaaten auf eine neue Grundlage zu stellen.“ (Rede Guttenberg, Konferenz der Generalstabschefs der am Regionalkommando Nord beteiligten ISAF Nationen, 24.11.09, www.bmvg. de). Die aktuelle Strategiedebatte in den USA, BRD, EU für den Einsatz der ISAF (Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe) unter NATO Führung zielt auf eine „Afghanisierung“ des Krieges ab. So hoffen die Kriegsherren die drohende Niederlage in diesem Krieg noch abzuwenden, bzw. sich rechtzeitig zurückzuziehen und das Schlachtfeld ihren Marionetten und Stellvertretern zu überlassen.
Im Namen des „Antiterrorkampfes” wurde der Krieg am 7. Oktober 2001 begonnen. Mitte Dezember 2001 war die Macht des „Islamischen Emirates“/Taliban (die der Westen gegen das vom russischen Sozialimperialismus abhängige afghanische Regime aufgepäppelt hatte) zerstört. Vorwand für den Angriff auf Afghanistan war ja der nach dem 11. September angesagte „Kampf gegen den Terrorismus“, dessen Kopf Osama Bin Laden sei, der von der Talibanregierung nicht an die USA ausgeliefert wurde. …Aber bis heute von Osama Bin Laden kein Spur, ob er lebt oder tot ist, ist ungewiss. Der Krieg geht noch immer weiter…
Während der Angriffe auf die Taliban, bis zu ihrer Entmachtung waren 5 bis 10 Tausend westliche Soldaten im Krieg. Mitte Dezember 2001 wurden auf der ersten Afghanistan-Konferenz in Petersberg bei Bonn die imperialistischen Pläne über die Zukunft des Landes geschmiedet. Dort wurde Karzai als Präsident/Statthalter eingesetzt.
Von 2002 bis 2003 stieg die Zahl der Besatzungssoldaten auf ca. 20 Tausend. Die Taliban wurden zwar innerhalb von zehn Wochen anscheinend entmachtet, in Wirklichkeit haben sie sich der direkten Konfrontation entzogen. Sie orientierten sich auf einen langfristigen Guerillakrieg. Die Rechnung der Besatzer ging nicht auf! Parallel zu dem von US-Militärs geführten Bündnis „Operation Enduring Freedom (OEF)“ wurde mit UN-Sicherheitsrats-Mandat die „International Security Assistance Force“ (ISAF) geschaffen, die vorgeblich den „friedlichen Wiederaufbau” vorantreiben sollte. Die Rechnung ging erneut nicht auf.
Die nächste strategische Idee war: Die Besatzertruppen sollten von einer militärischen Zentrale geleitet werden, um den Sieg herbeizubomben. Ab August 2003 wurde die NATO ins Spiel gebracht. Unter dem deutschen Oberbefehlshaber Gliemeroth, NATO/Heidelberg, wurde die ISAF erstmals unter NATO Oberkommando gestellt.
Die Truppenstärke wurde erhöht, die Kriegsmaschinerie weiter ausgebaut. Heute stehen ca. 110.000 Besatzersoldaten aus 42 Staaten in Afghanistan. Die Zahl der von Privatfirmen wie Blackwater angeheuerten „Söldner” wird nicht offiziell genannt, aber auf ca. 20 Tausend geschätzt. Die US-Truppen wurden unter Friedensnobelpreisträger Obama mehr als verdoppelt. Dezember 2008 gab es 32 Tausend US-Soldaten in Afghanistan, jetzt 2009 sind es 68 Tausend. Seit Februar 2007 wird der jeweilige Oberbefehlshaber der ISAF-Truppen von den USA gestellt, und ist gleichzeitig Oberbefehlshaber der US-Truppen in Afghanistan, Der derzeitige Oberchef, General McChrystal fordert dringend weitere 40.000 Soldaten von der Obama-Regierung und von den die ISAF Truppen stellenden Staaten auch dementsprechende Verstärkung.
Anfang Oktober 2009 hat der UN-Sicherheitsrat das UN-Mandat für die ISAF verlängert. Gleichzeitig hat er in seiner Resolution die Truppen stellenden Länder zur „Ausweitung und Intensivierung“ des Afghanistaneinsatzes aufgefordert.
Icasualities.org, eine Internetwebseite hat akribisch die Toten auf Seiten der Besatzer registriert, bis November 2009 insgesamt 1529. Aber moderne Kriegsführung heißt auch, die Zahl der von den Besatzertruppen ermordeten Menschen der afghanischen Bevölkerung geheim zuhalten, ebenso wie die Anzahl der umgekommenen afghanischen Soldaten. In Wirklichkeit weiß keiner, wie viele Menschen bisher von den Besatzern ermordet wurden. Wenn wir von der Annahme des britischen Oberst Richard Kemp – 2003 war er Befehlshaber der britischen Besatzerkräfte – über die Anzahl der Toten ausgehen: „100 zu 1 zugunsten der NATO“ (junge Welt, 17.8.2009) bedeutet das, mindestens 152.900 tote afghanische Zivilisten ... Für Oberst Kemp ein tröstendes Ergebnis. Die Besatzer rühmen sich, 100 mal mehr Menschen ermordet zu haben als sie Verluste hinnehmen mussten. Das ist der Erfolg – so sieht die Rechnung von Militärs aus... Das ist purer Hohn!
So eine Frage zu stellen, ist richtig, um den Zielen der imperialistischen Mächte auf die Schliche zu kommen. Die westlichen Großmächte, USA, EU, BRD, England sowie alle am Krieg beteiligten Staaten wollen beim Kampf um die Neuaufteilung der Welt einen größeren Anteil haben als die Konkurrenten. Nahost und Vorderasien sind Regionen um deren Vorherrschaft erbittert gerungen wird. Es geht um Bodenschätze wie Öl und Gas, und nicht nur das! Besonders der Aufschwung Chinas und das Widererstarken Russlands, deren Beziehungen mit Iran und anderen Ländern der Region, sowie die “Shangai-Organisation für Zusammenarbeit” (SCO) durchkreuzen die Pläne des US- und EU-Imperialismus besonders. Afghanistan hat hohen militärisch-strategischen Wert vor allem für Militärbasen. Von dort aus soll der Krieg um die Neuaufteilung der Welt auch gegen China und Russland und andere Mächte wie z.B. Japan geführt werden. Und das alles wird als „Export von Demokratie“ verkauft!
Demokratie ist aber nicht exportierbar! Von einer bürgerlichen Demokratie war in den letzten acht Jahren in Afghanistan nicht ein Hauch zu sehen. Acht Jahre lang herrschte Krieg und er herrscht weiter. Die Frauen Afghanistans sind immer noch Sklaven. Statt Demokratie wurde die „Islamische Republik“ in Afghanistan installiert. In Wirklichkeit gibt es die geballte militärische Macht der Besatzer, die schwache afghanische Karzai-Regierung in Kabul, die am Tropf der Besatzer hängt, und sich in manchen Regionen Afghanistans auf Warlords stützt. In großen Teilen Afghanistans herrschen wieder Talibankräfte. Es gibt kein einziges Problem der Bevölkerung, das auch nur im Ansatz gelöst wurde. Im Gegenteil: Die Probleme wurden und werden immer größer. Die Zahl der Toten, Zahl der Hungrigen, Zahl der Erwerbslosen und die Zahl der Wohnungslosen wächst Tag für Tag.
Als die imperialistischen Mächte Ende 2001 die „Road Map” („Fahrplan“) gestaltet und Karzai als Präsidenten eingesetzt hatten, standen am Ende dieses Plans „freie Wahlen“. Diese wurden hinausgezögert. Zunächst wurde eine islamistisch-religiös geprägte Verfassung zustande gebracht. Auch hier, kein Hauch der versprochenen „westlichen Demokratie und ihrer grundlegenden Werte”. Am 9. Oktober 2004 wurde Karzai dann zum Präsidenten gewählt. Da war Karzai noch in den USA, bei den imperialistischen Mächte der EU, aber vor allem bei den deutschen Imperialisten beliebt. Er war ihr aller Hoffnungsträger in Afghanistan. Aber das blieb nicht so. Karzai wollte nicht nur nach ihrer Pfeife tanzen, sondern seine eigenen Clan-Interessen, die er als die der Afghanen ausgibt, durchsetzen. Zunehmend wurde er von den USA sogar als Problem gesehen. Die Lösung, war Karzai in den Präsidentschaftswahlen loszuwerden und durch Ex-Außenminister Abdullah Abdullah zu ersetzen. Oder mindestens ihn in seine Schranken zu verweisen. Am 20. August 2009 liefen die Wahlen unter Kontrolle der Besatzer. Weiterer Konkurrent war der Weltbankvertreter Ashraf Gani, der neben Abdullah auch von den USA als Alternative gedacht war.
Schon am Wahltag, als noch nicht einmal die Wahlurnen geöffnet waren, haben sowohl Abdullah als auch Karzai ihren Sieg verkündet. Die Wahlkommission erklärte zunächst Karzai zum Sieger. Es kam zu heftigen Debatten über Wahlbetrügereien und zu zahlreichen Beschwerden.
Am 15. September wurde eine Neuauszählung angekündigt. Dennoch wurde einen Tag später, am 16. September Karzai mit angeblichen 54,6% erzielten Stimmen zum Sieger gekürt.
Der UN-Vertreter Kai Eide und sein Stellvertreter, der ranghöchste US-Vertreter in der Kabuler UN-Mission Peter Galbraith gerieten über dieses Vorgehen in Streit. Daraufhin entließ UN-Generalsekretär Ban Ki Moon Galbraith. Warum? Galbraith wollte als US-Vertreter einen zweiten Wahlgang, die Stichwahl und damit die Möglichkeit, Karzai loszuwerden. Kai Eide wollte, obwohl er den Wahlbetrug zugestand, Karzai weiterhin als Präsidenten. Nach der Neuauszählung wurden ca. eine Million Stimmen für ungültig erklärt. Der Stimmanteil für Karzai sank auf 49,6%.
Nach der Verfassung musste eine Stichwahl durchgeführt werden. Der Termin wurde auf den 7. November gelegt. Abdullah ist aber kurz vor der Wahl zurückgetreten. Die Wahlkommission hat Karzai als Sieger bestätigt. Damit ist diese Wahlfarce zu Ende gegangen.
Die Anhänger Abdullahs und auch die Besatzer stellten bei der Diskussion über die Wahl den Wahlbetrug bei der Stimmenabgabe oder bei der Stimmenauszählung in den Vordergrund. Die Wahlen selbst versuchten sie aber als bedeutenden Sieg der Demokratie und sich selbst als deren größte Verteidiger zu verkaufen.
Dabei waren der größte Betrug die Wahlen selbst. Unter der Kontrolle der Besatzerstiefel, im Kriegszustand, unter Bombenhagel wird diese Wahl-Farce als Erfolg der Demokratie verkauft. Damit wollen natürlich die Besatzer ihren Krieg legitimieren. Sie werden zunächst weiter mit Karzai leben… Ob Karzai diese vierjährige Amtsperiode überstehen kann, ist eine große Frage. Denn allem Anschein nach steht ein Strategiewechsel bevor und der Druck auf ihn wird verstärkt.
DEUTSCHE KRIEGSFÜHRUNG…
Deutschland ist aktive Kriegspartei und Besatzer in Afghanistan. Schon im Dezember 2001 mit der ersten Afghanistan-Konferenz war die BRD von Anfang an führend dabei. In Petersberg und Berlin folgten noch zwei Afghanistan-Konferenzen. Nach den USA und England stellt Deutschland mit 4.500 Soldaten das drittgrößte Truppenkontingent. Die Zahl deutscher Soldaten in Afghanistan wurde nach und nach erhöht bis zur vom deutschen Bundestag festgelegten Obergrenze von 4.500. Da die Obergrenze des Mandats bei Kontingentwechseln kurzfristig überschritten werden kann, sind derzeit 4.520 deutsche Soldaten (dpa-info.com) in Afghanistan.
Dieses Mandat für die „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der ISAF in Afghanistan“ wird im Bundestag im Dezember erneut verlängert werden. Zusätzlich werden die Mittel für den Bundeswehreinsatz um 230 Millionen Euro, (d.h. um 40%) auf 785 Millionen aufgestockt.
Die Soldaten-Obergrenze des deutschen Mandats wird erst nach der internationalen Afghanistan-Konferenz, Ende Januar 2010 in London entschieden. Informationen und Gerüchte kursieren bereits über eine Erhöhung der Obergrenze bis auf 7.000 Soldaten. …
Die Linke macht derzeit leise Absatzbewegung von ihrer Forderung „Raus aus Afghanistan“. Bundestagsfraktionsvize Ramelow in der Welt am Sonntag (4.10.09): „Uns geht es nicht um einen sofortigen Abzug. Das wäre wie eine Flucht damals in Vietnam.“ Hier stellt sich schon deutsches verantwortungsvolles Großmacht-Denken ein. Die Linke will sich als „regierungsfähig“ profilieren.
Herr von und zu Guttenberg, seines Zeichens neuer Kriegsminister in Berlin knüpft an den unsäglichen deutschen Großmachtpositionen seiner Vorgänger nahtlos an: „Unsere Freiheit wird am Hindukusch verteidigt“ formulierte Struck (SPD), und Jung (CDU): „Wir sind in Afghanistan, weil wir die Sicherheit der Bürger Deutschlands schützen.” (jw, 3.7.2009) Guttenberg setzt noch eins drauf: „Die Bundeswehr hat unsere Bereitschaft dokumentiert, die Freiheit, wenn es darauf ankommt, zu verteidigen, wobei Freiheit nicht alleine an nationalen Grenzen zu bemessen ist und auch weiterhin nicht allein daran bemessen werden kann.“ (Rede des Verteidigungsminister vor dem Deutschen Bundestag, im Rahmen der Regierungserklärung am 10.11.09, www.bmvg.de) Ja, die Freiheit des deutschen Kapitals die Rohstoffquellen anderer Ländern auszuplündern, die Arbeitskraft in abhängigen Ländern besonders auszupressen, die Weltmärkte mit allen Mitteln, auch militärischen für den deutschen Export offen zuhalten, diese Freiheit soll nicht an unseren „nationalen Grenzen“ enden, sondern weltweit durch die Bundeswehr garantiert werden. Nationale Grenzen sind nur von Bedeutung, wenn Menschen, die vor den Folgen imperialistischer Herrschaft, Kriege, Vertreibung, Elend und Hunger in die BRD, in die EU fliehen wollen. Nationale Grenzen sind nur wichtig, wenn europäische und deutsche Agrarmärkte mit hohen Zöllen abgeschottet werden.
Aber Kriegsheer-Führer Guttenberg, Unteroffizier der Reserve (Gebirgsjäger) geht noch einen Schritt weiter. Obwohl deutsche Soldaten mit Tornados, AWACS, oder Marder in den Krieg nach Afghanistan ziehen – bislang war die offizielle Sprachregelung Deutscher Regierungen (SPD/Grüne, CDU/SPD oder CDU/FDP) deutsche Truppen leisten, wie Ex-Kriegsminister Jung hervorhob einen „Stabilisierungseinsatz zum Wiederaufbau des Landes.“ Denn „In Afghanistan dienen wir dem Frieden der Welt, indem wir das Übel des Terrorismus an seiner Quelle bekämpfen.” (Jung) Wie wird der ‚Terrorismus’ an seiner Quelle bekämpft? Mit Brunnen? Bestimmt nicht! Was bauen deutsche Soldaten auf? In erster Linie Brücken und Straßen. Aber diese „Aufmarschstrecken“ für Kriegsgerät sind Mittel der Kriegsführung. Wenn in einem Land Krieg geführt wird, ist jede logistische Unterstützung Teil dieses Krieges – auch wenn das nur Wasserversorgung, Essenslieferung oder Wäschedienst ist. Laut Medienberichten lief im Juli „in Afghanistan die bislang größte Bodenoffensive in der Geschichte der Bundeswehr.” (taz, 23. 07. 09) Eingesetzt wurden Mörser und Panzer vom Typ „Marder”. Aktiv beteiligt sich die Bundeswehr auch am „Targeting“, dem gezielten Töten durch Drohnen. Natürlich nicht für einen „Stabilisierungseinsatz” sondern für den direkten Kampf gegen die Taliban – um zu töten, um zu morden!
Trotzdem führte Deutschland in Afghanistan offiziell keinen Krieg.
Das ist natürlich eine große Heuchelei. Auch die Presseerklärungen (webseite) der ISAF-Truppen sprechen schon lange eine klare Kriegssprache. In der Aufzählung der erfolgreichen Kriegsaktionen findet sich eine tägliche Auflistung wie viele „verdächtige Taliban oder andere Kombattanten getötet oder durch Schussverletzungen verwundet“ wurden.
Dass diese Lügenmärchen angesichts der aktuellen Entwicklungen in Afghanistan nicht mehr aufrechtzuerhalten sind, und eher schaden als nutzen, hat Guttenberg blitzschnell begriffen.
Guttenberg ist in die militärisch-politische Offensive gegangen. Er will die Deutungshoheit in den Debatten übernehmen wie sie z. B. von US-General Craddock geführt werden: „Politiker können es nennen, wie es ihnen beliebt. Ich bin ein Militär, und für mich ist es Krieg. Ich denke, wenn Sie deutsche Soldaten fragen, werden sie dasselbe sagen.” (jw, 3.07.2009) und deutschen Militärs: „Unsere Soldaten fallen, unsere Soldaten schießen und unsere Soldaten töten – für mich ist das ein Krieg.” (Bundeswehrverbandchef Kirsch, jw, 12./13.09.2009) . Guttenberg redet „Klartext“: „Unsere Soldaten nehmen ein hohes Risiko auf sich… Das dürfen wir nicht mit bürokratischen Formeln weichzeichnen… Die Menschen in unserem Lande können mehr Wahrheit vertragen. Ich kann gut verstehen, dass unsere Soldaten… angesichts der kriegsähnlichen Situation etwa in Kunduz von Krieg sprechen.“ (Rede Bundestag, 10.11.09, www. bmvg. de) Ja, deutsche SoldatInnen schießen, töten und werden auch getötet (bislang 35 Deutsche, Spiegel, 14.09.2009). Guttenberg als neuer Heerführer will es klar, laut und deutlich der Welt verkünden: Deutschland führt wieder Krieg. Auf dem internationalen Sicherheitsforum, Halifax in Kanada vermeldet er stolz in fließendem Englisch: „Deutschland ist in kurzer Zeit einen langen Weg gegangen, von einem Land das sich nicht an militärischen Kampfeinsätzen beteiligt, zum drittgrößten Truppensteller in Afghanistan“. (Tagesspiegel, 22.11.2009)
Ja, es ist Krieg. Deutschland will „gestaltendes Mitglied der internationalen Staatengemeinde sein“ (Guttenberg, 10.11.09 Rede Bundestag). Wo kann es das besser als auf den modernen Schlachtfeldern, wo um Ressourcen, Neuaufteilung und Welthegemonie gestritten wird?
Guttenberg baut sich zum umsichtigen Kriegsheerführer seiner deutschen Kriegstruppen auf, und sorgt so für ihre Motivation. Endlich wird die „Kriegsarbeit“ gewürdigt. Gleich nach Amtsantritt stellt er sich in der Bewertung des Massakers in Kunduz, folgenschwerster Angriff deutscher Soldaten seit dem 2. Weltkrieg, voll und ganz auf die Seite seiner Truppen.
In der Nacht zum 4. September bombardierten US-Kampfjets zwei Tanklastwagen, nachdem der deutsche Oberst Klein/Kunduz dazu den Befehl gegeben hatte. Dabei wurden mehr als 140 Menschen, die sich Benzin, das für die Zivilbevölkerung ein sehr knappes Gut ist, von den Tankern holen wollten, ermordet. (Anwälte der Opfer gehen von 179 Zivilisten aus.) Zahlreiche Kinder und Jugendliche waren unter den Getöteten. Selbst die Kriegsregeln der Besatzer hatte Oberst Klein nicht eingehalten: „Nur bei unmittelbarer Gefahr für Truppen mit Feindberührung darf der anfordernde Truppenführer allein einen Luftschlag befehlen.” (Spiegel, 14.09.2009) Der NATO-Untersuchungsbericht stellte fest, eine solche unmittelbare Gefahr bestand nicht, trotzdem habe Oberst Klein den Befehl zum Bombardement gegeben.
Aber das deutsche Kriegsministerium und die Regierungsverantwortlichen haben vehement versucht, alles unter den Teppich zu kehren. Schon im Vorfeld der Untersuchungen gab die deutsche Regierung die Marschrichtung vor: die NATO-Verantwortlichen sollen sich mit ihrer Beurteilung zurückzuhalten. Oberst Klein sei kein Fehlverhalten vorzuwerfen, nachteilige juristische Folgen sollten ausgeschlossen werden. Die Bundestagsabgeordneten haben den NATO-Bericht eingesehen. Laut Junge Welt wird der Vorfall als Massaker bewertet. „Drei Vorwürfe stehen im Mittelpunkt: Demnach hat die Bundeswehr schon bei der Anforderung der Bomber gelogen, sie hat gleich die allerhöchste Eskalationsstufe gewählt, und sie hat hinterher die Aufklärung erschwert – alles Verstöße gegen die Einsatzregeln.” (jw, 4.11.2009) Der Einsatzbefehl des Oberst Klein (mit Rückendeckung seiner deutschen militärischen Führung?) war eigenmächtig und widersprach selbst NATO-Regeln.
Guttenberg wirft sich trotzdem hier für seine Landsertruppe in die Bresche: Die Aktion von Oberst Klein sei „militärisch angemessen“ (Financial Times Deutschland, 23.11.09) gewesen! Er geht noch weiter: „Selbst wenn es keine Verfahrensfehler gegeben hätte, hätte es zu dem Luftschlag kommen müssen!“ Aus Basta!
Mit diesem offensiven Auftreten, dem klaren Bekenntnis zum Krieg, zum Kriegshandwerk und der militärischen Großmacht Deutschland wird er zum Idol der deutschen Besatzertruppen.
Bei seinem „Antrittsbesuch in Afghanistan“, O-Ton Guttenberg, machte er bei seiner Truppe Furore: „Der Abend im größten deutschen Lager glich zeitweise dem Auftritt eines Popstars“ (spiegel online, 13.11.09)
Mit aller Macht militärische Erfolge erzielen, dazu wird massiv auf die Karzai-Regierung eingewirkt. In bayrisch-preussischer Gutsherren Art macht Guttenberg gegenüber der West-Marionette Karzai Druck und zeigt wo es lang geht: „Die Regierung Karzai hat in Vorlage zu treten“, und „Ich habe sehr deutlich die deutsche Erwartung an die Regierung Karzai formuliert. Wir haben die Erwartung, dass geliefert wird. Das ist etwas, was man nicht deutlich genug formulieren kann. Das habe ich höflich, aber mit der entsprechenden Zielsetzung getan“. (FAZ, 13.11.09) Eingeklagt wird Bekämpfung der Korruption, Verwendung der internationalen Kapitalströme für Infrastrukturprojekte, vor allem aber für die Aufrüstung von Armee und Polizei. „Die Afghanische Nationalarmee und die Afghanische National-Polizei sind die Schlüssel für unsere Ausstiegsstrategie.“ (Guttenberg, 24. November 09, www.bmvg.de) Der Plan sieht vor: Die einst festgelegte Truppenstärke von 70.000 afghanischer Soldaten soll auf 134.000 angehoben werden. ISAF-Kommandeur Chrystal fordert bereits die nächste Erhöhung auf 270.000. Die afghanische Polizei, eine paramilitärische Truppe sollte 62.000 Mann umfassen. Momentan sind 160.000 Polizisten geplant. In der Ausbildung dieser Polizeikräfte nimmt Deutschland über EUPOL (Polizei-Mission der EU in Afghanistan) die zentrale Position ein. Karioth, leitender Polizeiberater an der deutschen Botschaft in Kabul gibt an: „Was wir uns für Afghanistan vorstellen, ist eine Polizei, die in der Lage wäre sich gegen die bewaffneten Kräfte im Land zu verteidigen. Wir bilden hier ja nicht nur Straßenpolizisten aus. Unser Bestreben ist, sie so auszubilden, daß sie überleben können. Allein 2008 sind mehr als 1000 Polizisten getötet worden.“ (jw, 23.10.2009) Afghanisierung heißt: Möglichst viele afghanische Soldaten und Polizeikräfte sollen das Kanonenfutter im Protektorat Afghanistan sein. Das Land wird vollständig militarisiert. Die Besatzertruppen werden sich in Militärbasen zurückziehen, die strategisch wichtigen Vorteile wahrnehmen, und das Land sich selbst überlassen. Der Irak lässt grüßen.
Afghanisierung meint auch die nach und nach zu erfolgende Übergabe der Kontrolle einzelner Distrikte von den Besatzern an die afghanischen Streitkräfte und Polizei. G. Brown, englischer Premier fordert jetzt vor den Parlamentswahlen (die er höchstwahrscheinlich verliert), das „handover“, (Übergabe) auf der Afghanistan-Konferenz, beginnend in 2010 mit einem konkreten Zeitplan festzulegen.
Weitere Option von USA und BRD Strategen ist z.B. eine Abkehr von der Zentralregierung in Afghanistan wird angedacht. „Sicherheit künftig auch auf regionaler und lokaler Ebene zu steuern und dies nicht auf die Zentralregierung in Kabul zu konzentrieren.“ (AFP, 14.11.09)
„Afghanisierung“ ist angelehnt an die Strategie Vietnamisierung des Krieges in Vietnam in den 1960er und 1970er Jahren. Die ausländischen Kriegsherrn in Vietnam vor allem die USA, wollten sich vor ihrer Niederlage dadurch retten, dass sie ihren südvietnamesischen Marionetten mehr Macht übertrugen, den Krieg auf andere Länder wie Kambodscha, Laos ausweiteten und selbst immer mehr Truppen entsandten. Aber wie die Geschichte gezeigt hat, auch diese Strategie hat sie nicht vor ihrer vernichtenden Niederlage gerettet.
Angesichts der enormen Stärke des Widerstandes gegen die Besatzung in Afghanistan wird es mit der „schnellen Ausstiegsstrategie“ auf keinen Fall klappen.
Wenn der Krieg noch lange weiterläuft, gibt es zweierlei Trost für die deutsche Truppe am Hindukusch: Schon wird in der öffentlichen Diskussion über die Schaffung einer eigenen Militärgerichtsbarkeit verhandelt. Sie wird mit „Verfehlungen der Truppe“ sicherlich milder umgehen, als die jetzt schon sehr zurückhaltende zivile deutsche Gerichtsbarkeit. Ein anderer „Trost“ ist, wenn weitere deutsche Soldaten und Soldatinnen tot in die ‘Heimat’ zurückkehren, dann sollen sie der „Heldenkriegsgedenkkultur“ dienen. Schon wird lautstark ein „Nationalfriedhof für deutsche Helden“, (siehe z.B. Tagesspiegel, 7.9.09) gefordert.
Der deutsche Militarismus dringt an allen Fronten und aus allen Poren wieder mit Macht ans Tageslicht.
Für die Völker Afghanistans wird der Krieg weiteres Leid, Tod und Vernichtung bringen. Wenn irgendwann die Besatzertruppen abziehen, wird wie in Vietnam, ein auf Jahrzehnte zerstörtes, ausgeblutetes und verwüstetes Land zurückbleiben. Das wäre dann „der Sieg der westlichen Demokratie“!
Sich unserem Hauptfeind, dem deutschen Imperialismus in den Weg stellen, das müssen wir für die Unterstützung der Völker Afghanistan! Nicht unsere Freiheit, sondern deutsches Kapital wird am Hindukusch verteidigt. Deutschland führt Krieg in Afghanistan und ist eine Besatzermacht.
Unsere Interessen, die der werktätigen Menschen sind nicht Krieg, Tod, Leid über andere Völker zu bringen. Unsere Interessen sind, zusammen, vereint einen Kampf gegen das imperialistische Weltsystem zu führen. Uns, in der BRD im Herzen der Kriegstreiber fällt eine besonders große Aufgabe zu:
Überall den Krieg zum Thema machen! Die ArbeiterInnen von der Brutalität, Ungerechtigkeit des ungerechten imperialistischen Krieges überzeugen. Widerstand anstoßen!
„Deutsche Soldaten in Kabul unter neuem Kommando“ vermeldet stolz das Bundesverteidigungsministerium auf seiner homepage direkt aus Kabul, 13.10.2009: In dem Bericht heißt es: „Die Aufstellung des ‘Führer Deutsche Kräfte Kabul’ trägt insbesondere aktueller und zukünftiger Optimierungen der Führungsstruktur Rechnung. Es gilt für die Dienstältesten Deutschen Offiziere (DDO) in den verschiedenen Hauptquartieren, in der NTM-A sowie für die German Armed Forces Advisory Group (GAFTAG) eine einheitliche Führung sicherzustellen. Dies geschieht durch den ‘Führer Deutsche Kräfte’, dem ab sofort die jeweiligen Truppenteile unterstellt werden. Dienstsitz des Führers Deutsche Kräfte ist das Camp Warehouse in Kabul (...) Oberst i.G. Bohn, der bereits seit einigen Monaten als Deutscher Verbindungsstabsoffizier im Verteidigungsministerium und im Generalstab der islamischen Republik Afghanistan in Kabul eingesetzt ist, erläuterte in seiner Rede zunächst die Schwerpunkte seiner zukünftigen Arbeit. Vor allem aber sei es wichtig, die eine große übergeordnete Zielsetzung, nämlich den Aufbau sich selbst tragender Sicherheitsstrukturen in Afghanistan im Rahmen der Mandatierung durch UN, ISAF und den Deutschen Bundestag, nicht aus den Augen zu verlieren.“
Ja, im Protektorat braucht es Führer und die haben es schon bis in den Generalstab der afghanischen Armee geschafft!
Parallel dazu gibt es eine deutsche Investitionsagentur in Afghanistan, die das Investitionsprogramm durchzieht. „Deutschland ist mit 1,2 Milliarden Euro der drittgrößte Geber“ beim Wiederaufbau.
(Debatte Bundestag, 26.11.09, S. 402)
Die Afghanisierung des Krieges wird ebenso wie die Truppenverstärkung der Alliierten eingefordert: „Es muss klar sein, dass die Afghanen die Verantwortung für ihre Sicherheit übernehmen müssen und dass Amerika kein Interesse daran hat, einen endlosen Krieg in Afghanistan zu kämpfen. …. Unsere Freunde haben an unserer Seite gekämpft, geblutet und sind an unserer Seite gestorben. Jetzt müssen wir zusammenstehen, um diesen Krieg erfolgreich zu beenden. Auf dem Spiel steht nicht einfach nur die Glaubwürdigkeit der Nato - was auf dem Spiel steht ist die Sicherheit unserer alliierten und die kollektive Sicherheit der Welt.“ (Obama Rede) Bereits wenige Tage später hat die NATO eine weitere Aufstockung der Alliierten Truppen um 7000 Soldaten zugesagt. Die „Exitstrategie“ wird nicht aufgehen. Ein umfangreicher Abzug wird 2011 sicherlich nicht stattfinden. Aber eine weitere Eskalation des Krieges gegen die Völker Afghanistans und Pakistans ist vorprogrammiert.
5.12.2009
So z.B. die "Wahrheit" über das Kunduz-Bombardement "ohne zivile Opfer". Diese Wahrheit wurde uns vor allem von der Springer Presse eingehämmert. Offizielle Propagandalosung war, die deutsche Bundeswehr sei nur zum Zwecke der Aufbauarbeit in Afghanistan und führe auf keinen Fall Krieg. Die anderen, die Bösen führen den Krieg. Deutschland sei sauber und gut. Ermordung von Zivilisten durch deutsche Befehle darf es nicht geben. Also gab es keine zivilen Opfer! Das war der "Erkenntnisstand" des deutschen Kriegs- (Pardon) Verteidigungs-Ministeriums! Durch Erklärungen des Oberkommandos der US-Besatzer bekam diese Wahrheit zwar Risse, aber es sind ja die Bösen, die bombardiert haben, die diese abgeben.
Na ja, dann der 26. Oktober. Eine neue Wahrheit! Dem Verteidigungsministerium waren zivile Opfer bekannt, aber die Öffentlichkeit wurde nicht unterrichtet! Das Verteidigungsministerium, und mit ihm die ganze Regierung log. Sie belogen das Volk! Durch, na ja wen? Die Medien, voran BILD! Nun ist die Wahrheit heraus! Die Verantwortlichen bestraft, versetzt! Alles in bester Ordnung! BILD hat wieder einmal die Politik bestimmt! Es lebe die Meinungsfreiheit! Es lebe die Demokratie! Alles kommt heraus! Denkst du! Pustekuchen!
Geändert hat sich die Situation: Die deutsche Bourgeoisie braucht jetzt eine neue Wahrheit! Und die heißt Leute: Es ist Krieg! Unsere Jungs führen Krieg in Afghanistan! Kapiert das endlich! Und im Krieg gibt es auch Kollateralschäden! Und im Krieg herrschen andere Gesetze! Ein anderes Recht ! Kriegsrecht! Stellt euch darauf ein! Und nun transportiert die BILD diese Wahrheit!
5.12.09