TROTZ ALLEDEM!

Neues NATO-Konzept

Die massive Intervention des Westens, mittlerweile unter NATO-Führung, ist eine praktische Umsetzung des erweiterten, neuen strategischen NATO-Konzeptes. Es wurde am 19. November 2010 beim NATO-Gipfeltreffen in Lissabon beschlossen. Dieses Konzept „Für die Verteidigung und Sicherheit der Mitglieder der Nordatlantikvertrags-Organisation“ ersetzt die Fassung aus dem Jahr 1999 und „berücksichtigt neue Herausforderungen“. In der neuen Programmatik, getitelt mit „Aktives Engagement, moderne Verteidigung“ wird offensiv nicht nur ein militärischer sondern auch politischer Weltherrschaftsanspruch in den Mittelpunkt gestellt. Oberchefin Merkel hat genau diesem veränderten Strategieansatz auf der Kommandeurstagung der Bundeswehr in Dresden herausgestellt: „Das neue strategische Konzept ist ein sehr politisches Konzept, in dem natürlich die militärische Stärke und die militärische Handlungsfähigkeit wichtige Größen sind, aber in ein gesamtstaatliches Verständnis (DER NATO! Hallo hier grüßt die Weltregierung!?) des gesamten Bündnisses eingebettet ist.“[1]

Offensiver Weltmachtsanspruch: 
Krisenbewältigung = Kernstrategie

Schon im Vorwort setzt die NATO sich als weltweite Strategieziele: „Krisen zu verhindern, Konflikte zu bewältigen und die Lage nach einem Konflikt zu stabilisieren“, ... „Es bietet unseren Partnern rund um den Globus stärkeres politisches Engagement mit dem Bündnis und eine substantielle Rolle bei der Gestaltung der NATO-geführten Operationen an, zu denen sie beitragen.“ [2]

Im Kapitel Kernaufgaben und Kernprinzipien werden als zentrale Aufgaben genannt: a) Kollektive Verteidigung, b) Krisenbewältigung und c) Kooperative Sicherheit. (Punkt 4)

Zur Krisenbewältigung wird ausgeführt: „Krisen und Konflikte außerhalb der Grenzen der NATO können eine direkte Bedrohung der Sicherheit des Gebiets und der Bevölkerungen des Bündnisses darstellen.“ (Punkt 20) Hier wird der Anspruch der NATO begründet, weltweit in Krisen und Konflikten, gleich welcher Art (militärische und zivile, politische und wirtschaftlich), militärisch und politisch zu intervenieren. „Die aus NATO-Operationen gezogenen Lehren, insbesondere in Afghanistan und im westlichen Balkan machen deutlich, dass ein umfassender politischer, ziviler und militärischer Ansatz für eine wirksame Krisenbewältigung erforderlich ist“. (Punkt 21)

Zur Kooperativen Sicherheit wird festgehalten: “Das Bündnis wird von politischen und sicherheitspolitischen Entwicklungen jenseits seiner Grenzen beeinflusst, kann diese aber auch beeinflussen.“ (Punkt 4)

Ausdrücklich wird damit das „Kerngeschäft“ der NATO nicht nur auf die Verteidigung der Mitgliedsländer und des Territoriums der NATO-Staaten beschränkt. Im Fokus steht die globale Absicherung der Wirtschafts- und Vorherrschaftsinteressen der USA und der EU-Staaten und insbesondere die Kontrolle über die Energieressourcen.

„Das Sicherheitsumfeld“, so die NATO, beinhaltet unzählige Bedrohungen, gegen die sich das Bündnis künftig rüsten muss: Massenvernichtungswaffen, Terrorismus, Cyberangriffe, Energiemangel und Transportweg-Unsicherheiten. Weltweiter Feind ist der Terrorismus! „Der Terrorismus ist eine direkte Bedrohung für die Bürger der NATO-Staaten, und der internationalen Stabilität und der breiten Prosperität. Extremistische Gruppen wachsen weiter an und verbreiten sich in den Gebieten strategischer Bedeutung für die Allianz und in der modernen Technologie wachsen die Bedrohungen und mögliche Anstöße terroristischer Attacken“. (S. 3, Punkt 12) „Terroristen“ sind alle, die die Vorherrschaft der Imperialisten in Frage stellen. Und wer Terrorist ist, legen die NATO und ihre Verbündete fest. Wer in strategisch wichtigen Gebieten Widerstand leistet und gegen Besatzung kämpft ist Terrorist.

Neu ist die ausdrückliche Nennung von Cyberangriffen „… auf Regierungsadministrationen, auf Business, auf Ökonomie und potentiell auf Verkehrswege“. Der Krieg um die Vorherrschaft im weltweiten Kommunikationssystem und im Weltraum wird als eine weitere „Kernaufgabe“ festgehalten.

Ziviler und militärischer Interventionismus

Für die Erweiterung der NATO-Kompetenzen von militärischer zu ziviler Intervention sollen zusätzlich „zivile Planungskapazitäten“ aufgebaut und nicht-militärische Institutionen für die NATO instrumentalisiert werden. „Um im gesamten Krisenspektrum leistungsfähig zu sein, werden wir … die Militärdoktrin und die militärischen Fähigkeiten für Expeditionseinsätze einschließlich von Operationen zur Bekämpfung von Aufständen sowie Stabilisierungs- und Wiederaufbaueinsätzen weiter entwickeln… eine geeignete, aber bescheidene zivile Krisenbewältigungsfähigkeit einrichten, damit wir mit zivilen Partnern wirksamer agieren können, wobei wir auf den in NATO-geführten Operationen gemachten Erfahrungen aufbauen – die integrierte zivil-militärische Planung im gesamten Krisenspektrum auszubauen.“ (Punkt 25) Was die NATO unter Zusammenarbeit „mit zivilen Partner“ versteht ist klar: Gemeint sind NGOs (Nichtregierungsorganisationen) und Wirtschaftskonzerne der westlichen Länder, die jeweils von den NATO-Einsätzen profitieren. Sowie politische internationale Akteure (UN, UNHCR etc.), die die Interessen der Großmächte durchdrücken. NATO und Besatzermächte haben erkannt, dass insbesondere eine Zusammenarbeit mit NGOs oftmals sehr effektiv sein kann. Dafür schafft sich die NATO auch eigene zivile politische „Krisenbewältigungsinstrumente“.  Über die Zusammenarbeit von NGOs mit dem Militärapparat haben wir bereits einen Artikel in der TA Nr 55, September 2010 veröffentlicht.

Energie-Imperialismus

Im „Strategischen Konzept“ heißt es im Kapitel „Sicherheitsumfeld“: „Alle Länder sind zunehmend auf die lebenswichtigen Kommunikations-, Transport- und Transitwege angewiesen, auf die sich der Welthandel, die Energiesicherheit und der Wohlstand stützen. ... Einige NATO-Staaten werden, was ihren Energiebedarf angeht, immer stärker von ausländischen Energieversorgern und in einigen Fällen von ausländischen Energieversor­gungs- und Verteilernetzen abhängig.“ (Punkt 13) Die NATO werde deshalb „die Fähigkeit entwickeln, zur Energie­sicherheit beizutragen, auch durch den Schutz kritischer Energieinfrastruktur, und von Transitgebieten und
-routen“. (Punkt 19)

Es wird klar formuliert: Es geht um militärische Aktionen und Kriege zur Absicherung von Ressourcen und Transportwegen. Dazu die NATO: „Erhebliche Beschränkungen in Bezug auf die Umwelt und Ressourcen, darunter Gesundheitsrisiken, Klimawandel, Wasserknappheit und steigender Energiebedarf werden das zukünftige Sicherheitsumfeld, die der NATO Sorge bereiten, beeinflussen, und könnten die Planungen und Operationen der NATO erheblich beeinträchtigen“. (Punkt 15) Natürlich geht es der NATO nicht darum, Energiesicherheit für alle Länder zu gewährleisten! Sondern sie muss alle Risiken ausschalten um die Ressourcen für die westlichen Großmächte und ihre Vasallen abzu­sichern.

Atommacht NATO

Der Fukushima-Super-GAU hat das barbarische Vernichtungspotential der Atomenergie der Menschheit ins Gedächtnis gebrannt. Wir KommunistInnen müssen in das öffentliche Bewusstsein gleichzeitig auch die Existenz der Atomwaffen und ihre nicht minder unvorstellbar grausame Wirkung rufen. Die Forderung nach Abschalten der AKWs gilt es mit der Forderung nach Abschaffung aller Atomwaffen zu verbinden. Heute ist klar, nur ohne AKWs, ohne Atomstrom und Atomwaffen können die Menschheit und Umwelt vor nuklearen Bedrohungen geschützt werden. Grüne und SPD, die sich jetzt als DIE Atomkraftgegner aufbauen, verlieren kein Wort über das atomare Zerstörungspotential, das die Atomwaffen bündeln. Im Gegenteil sie sind aktive NATO-Befürworter und -Unterstützer. In den aktuellen, die Werktätigen bewegenden Diskussionen und Debatten müssen wir diese Zusammenhänge aufzeigen.

Die NATO ist die weltweit stärkste Atommacht. Die „strategischen nuklearen Kräfte des Bündnisses“ umfassen die amerikanischen, wie auch die französischen und britischen Atomwaffen. (Punkt 18)

Das NATO Strategiepapier verkauft dieses Potential als „obersten Garant für die Sicherheit der Bündnispartner“. Trotz allem Friedensgesäusels und hohler Abrüstungsfloskeln wird offensiv verkündet, „Solange es Kernwaffen geben wird, wird die NATO ein nukleares Bündnis bleiben.“ (Punkt 17) und „Die NATO ist und bleibt eine nukleare Allianz.“

Die NATO hat ihre Atomwaffen heute nicht nur auf Halde als „Abschreckung“ geparkt. Nein, in den Kriegen in Jugoslawien, im Irak, in Afghanistan und aktuell in Libyen werden uranangereicherte Munition, DU/Uran-Waffen flächendeckend eingesetzt. Die sogenannten „Wunderwaffen“ sind „Panzerknacker“, die diese wie ein Messer durchschneiden. Das dabei verbrennende Uran ist extrem giftig und hat eine Halbwertzeit von über 4,5 Milliarden Jahre. Die winzigen Nanopartikelchen, die bei der Explosion breit verstreut werden, verseuchen die gesamte Umwelt und alle Lebewesen. Überall, wo diese Waffen eingesetzt wurden, steigen Krebserkrankungen von Kindern und DNA-Defekte im Erbgut rasant an.

Raketenabwehrschirm (R-System) –  ein Freibrief für Angriffskriege!

Als zentrale Aufgabe für die kommenden Jahre nennt die NATO den Aufbau eines flächendeckenden Raketenabwehrsystems für ganz Europa, an dem sich auch Russland beteiligen soll. Wir werden „die Fähigkeit entwickeln, unsere Bevölkerungen und Gebiete gegen einen Angriff mit ballistischen Flugkörpern als ein Kernelement unserer kollektiven Verteidigung zu verteidigen, was zur unteilbaren Sicherheit des Bündnisses beiträgt.“ (Punkt 19)

Offiziell behaupten die NATO-Machthaber, die Raketenabwehr diene zum Schutz vor Raketen- oder Atomangriffen anderer Staaten, gemeint sind hier aktuell Pakistan, Nordkorea und/oder Iran. Das ist völliger Quatsch. Warum sollte ein Land mit, wenn überhaupt!, geringen Atomwaffen/Sprengköpfen, einen Atomangriff gegen ein NATO-Land führen? Die NATO-Mächte verfügen über ein Potential an Atomwaffen, das tausendfach größer ist. In Wahrheit garantiert das Raketenabwehrsystem die Freiheit zum Angriff gegen jeden denkbaren Gegner. Es ist die Abwehr und der Schutz vor Gegenschlägen bei zukünftigen Angriffskriegen der NATO. Eine funktionierende Raketenabwehr macht die NATO-Staaten und die im Ausland stationierten US-Truppen weitgehend unverwundbar.

Wie stark die innerimperialistischen Widersprüche unter den westlichen Alliierten sind, zeigt sich an dieser Frage. Das zunächst von den USA in bilateralen Abkommen geplante Raketenabwehrsystem wurde zu einem NATO-Projekt. Die USA können nicht mehr in Europa mit Polen und Tschechien schalten und walten wie sie wollen. Die EU besteht auf gleichberechtigter Machtverteilung, auf Mitentscheidung und Kontrolle. Darum wurde das R-System nun ein Projekt der NATO. Geplant ist sowohl in der Türkei, in Polen und in Ungarn den neuen Raketenabwehrschirm zu installieren. Das ist der größte Waffendeal seit 30-40 Jahren. Hauptproduzent sind die USA-Waffenschmieden. Unklar ist, ob sie es schaffen, dass Russland sich beteiligt, denn Präsident Medvedjew meint, er wolle nicht der „Depp der NATO sein“. Durch die NATO-Russland Kooperation versucht die NATO Russland zu neutralisieren, aber in bestimmte Strukturen, wie das Raketenabwehrsystem einzubetten. Erkauft wird das mit dem Tolerieren des Wütens der Imperialisten Russlands in Tschetschenien, Georgien, Inguschetien etc. und des mafiösen Staatsapparates gegen jegliche Opposition. Frau Merkel schmiert Putin süßen Brei ums Maul: „Trotz aller unterschiedlicher Meinungen über den Georgienkonflikt ist auf dem NATO-Rat deutlich geworden, dass Russland auf mittlere und lange Sicht bezüglich der… sicherheitspolitischen Herausforderungen und Bedrohungen ein Partner und kein Gegner ist.“ (Kommandeursrede, S. 4)

Ein weiterer Widerspruch bei der Stationierung des R-Systems dreht sich um NATO-Partner Türkei. Er verlangt einen Platz in der Kommandostruktur, falls das System auf seinem Boden stationiert wird. Um ihre spezielle „Ordnungsmachtrolle“ im Mittleren Osten nicht zu gefährden, zwang die türkische Regierung die NATO als offizielle Rechtfertigung für das R-System die angebliche Bedrohung durch den Iran fallen zu lassen.

NATO-Osterweiterung

Passend zum R-System betreibt die NATO eine offensive Mitgliedswerbung. „Wir bekräftigen ausdrücklich, dass die Tür zur NATO für alle europäischen Demokratien, die beitragen wollen zu unsrem Ziel einem Gesamteuropa, frei und in Frieden...“ offen ist. (Vorwort) Diese Strategie ist darauf ausgerichtet alle europäischen Staaten in die NATO „einzuverleiben“. Auch wenn die Bemühungen gescheitert sind, die Ukraine aufzunehmen – Weißrussland unter Lukatschenkow war sowieso keine Option – wird doch das strategische Ziel den Ring um Russland zu schließen, keineswegs aufgegeben. Konzentriert wird sich zunächst auf die verbliebenen Balkanstaaten. Die baltischen Staaten wurden 2004 in die NATO aufgenommen. Es sieht nicht so aus, als ob Russland in nächster Zeit der NATO beitreten wird. Warum auch, ein möglicher NATO-EU-RUSSLAND-PAKT steht ja vor der Tür. Auch wenn er sich „Euro-Atlantischer Sicherheitsvertrag“ nennt, ist er mit Sicherheit keine erstrebenswerte Alternative zur Abschaffung der NATO.

NATO und EU

Im Strategiekonzept wird bekräftigt: „Die NATO erkennt die Bedeutung einer starken und fähigeren europäischen Verteidigungsfähigkeit an.“ Anschließend ist die Rede von einer „strategischen Partnerschaft zwischen der NATO und der EU“. Schon in den letzten Erklärungen der NATO-Gipfeltreffen wurde die Bedeutung der Europäischen Union hervorgehoben. Grund ist nicht auf einmal der verschwundene zwischenimperialistische Widerspruch zwischen den USA und der EU. NEIN! Die USA haben mittlerweile große wirtschaftliche und militärische Probleme. Daher muss die Last der Kriege und der neuen Weltordnung verstärkt auch auf die europäischen Länder verlagert werden. Diese fordern dafür aber mehr Rechte im Bündnis NATO und eine verstärkte Militarisierung Europas ohne Widerstand von Seiten der USA. Das bedeutet, dass die EU-Länder zukünftig auch alleine – ohne die USA – Krieg führen können. Und weiter: „die EU ist ein einzigartiger und essentieller Partner der NATO... Wir begrüßen das Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages“. (Punkt 32)

Am 1. Dezember 2009 trat der EU- Vertrag von Lissabon in Kraft. Und jetzt wird endlich erfüllt, was im gültigen Lissabon-Vertrag der EU, in der Präambel des Protokolls über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit, bezüglich der NATO gesagt wurde: „In der Überzeugung, dass eine maßgeblichere Rolle der Union im Bereich von Sicherheit und Verteidigung im Einklang mit den so genannten Berlin-Plus-Vereinbarungen zur Vitalität eines erneuerten Atlantischen Bündnisses (also der NATO) beitragen wird.” Eben dieser Punkt hat unter anderem in Irland beim ersten Referendum zum Lissabon-Vertrag mit zur Ablehnung beigetragen. Denn dadurch ist klar: EU und NATO arbeiten ungeachtet der Nicht-Mitgliedschaft in der NATO von sechs EU-Mitgliedsstaaten, die nicht NATO Mitglieder sind, engstens politisch-militärisch zusammen.

Der Konflikt um Zypern ist ein weiterer Streitpunkt, der die Widersprüche innerhalb der imperialistischen Länder hervorkehrt. Zypern will nicht, dass die Türkei Mitglied der EU-Rüstungsagentur wird, solange der Norden der Insel besetzt ist. Die Türkei ihrerseits blockiert Zypern, weil Zypern weder Mitglied der NATO ist, noch Mitglied des NATO-Programms “Partnerschaft für den Frieden” (das ist die „kleine“ NATO-Mitglied-Unterorganisation). Da wird Zypern auch schon mal verantwortlich gemacht für die Blockaden zwischen NATO und EU.

Mit dem Lissabon-Vertrag schuf sich die EU einen eigenen Sicherheitsapparat EAD (Europäischer Auswärtiger Dienst). Im EAD werden große Teile des Entwicklungsministeriums und des Außen- und Verteidigungsministeriums zusammengeworfen. Dadurch wird ermöglicht, dass die europäischen Interessen zukünftig effektiver durchgesetzt werden. Dabei ist die Rolle des Militärs dominierend.

Die Gewinne des Aufbaus in den besetzten Ländern fließen in die Taschen der Rüstungsindustrie der Besatzer, der Söldnerfirmen und der internationalen Entwicklungshilfe-Industrie sowie Politiker, Warlords und Drogenbarone. Damit der Großteil der Gelder, die in der „Entwicklungshilfe“ stecken, zurück in deutsche Taschen fließt, hat Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel vorgesorgt. Staat und deutsche Wirtschaft arbeiten in den besetzten Ländern gemeinsam am Aufbau von Infrastruktur, nein, keine Brunnen! Hier geht es um Anschubfinanzierung und Betreiberrechte. Die Anschubfinanzierung läuft über die Entwicklungshilfe, die Betreiberrechte gehen an die Unternehmen in Deutschland. So gewinnt Exportgigant Deutschland gleich doppelt.

Das NATO Strategie-Fazit ist: „Wir (die politischen Führer der NATO) sind zutiefst verpflichtet ihre (NATO) Effektivität als die weltweit erfolgreichste politisch-militärische Allianz zu erhalten.“ (S. 11, Punkt 38)

Das heißt nichts anderes als: Die atomare Bewaffnung wird verteidigt und ausgebaut. Die Interessenverteidigung der Nato-Staaten auf dem Globus behauptet. Die präventive, akute und post-Krisenintervention jenseits der NATO-Staatengrenzen wird für alle Staaten und Gebiete beansprucht. Dementsprechend wird militärisch, kommunikationstechnisch und politisch aufgerüstet. Aufrüstung, Krieg, Krisenmanagement, NATO Protektorate, Absicherung der Metropolen­interessen...

Bundeskanzlerin Merkel hat schon im Februar 2009 in einer gemeinsamen Rede mit Frankreichs Präsidenten Sarkozy betont: „Sicherheitspolitik muss in einem neuen erweiterten Sinn verstanden werden. Dazu gehören neben den Fragen der militärischen Sicherheit Fragen der weltweiten Finanzarchitektur ebenso wie die der Energieversorgung oder der Migration. Wir müssen unsere Instrumente entsprechend anpassen und zur Bewältigung von Krisen und Konflikten globale, flexible und vernetzte Ansätze nützen....“

Für ähnliche Aussagen musste zum ersten Mal in der Geschichte ein deutscher Bundespräsident, H. Köhler, abtreten. Merkel hat wohl mehr Rechte zu sagen, wohin die Militarisierung geht und wofür: Um den Energiebedarf zu sichern, um Flüchtlinge aus den westlichen Metropolen fern zu halten (oder sie gleich von Frontex-Killertrupppen oder NATO-Soldaten im Meer umzubringen oder an den EU-Außengrenzen zu internieren!) und gegen Krisen. Damit umfasst das NATO Konzept auch Einsätze gegen die Werktätigen in verschiedenen Länder, wenn sie in Krisenzeiten aufstehen und die Regierungen die NATO zu Hilfe rufen!

Deutsches Parlament und NATO-Strategie-Konzept

Eine kleine Anmerkung zum bürgerlichen Demokratieverständnis und zum Parlamentarismus. Am 6.10.2010 tagte im Deutschen Bundestag der „Auswärtige Ausschuss“. Die so genannten Fachausschüsse, sind die Gremien in denen die jeweiligen „Fachpolitiker“ der Bundestagsfraktionen sitzen. Sie entwickeln zu politischen Grundfragen inhaltliche Positionen und tragen sie dann in ihre Fraktionen. Hier werden faktisch die Leitlinien erarbeitet. Einziges Thema der Sitzung des Auswärtigen Ausschusses war eine Anhörung von 5 geladenen Sachverständigen über „Das neue strategische Konzept der NATO“. Die ersten Seiten des Wortprotokolls, veröffentlicht im Internet, lesen sich wie eine Satire.

Ziel der Sitzung war das „Briefing“ der Abgeordneten über das NATO-Konzept, um die Parlamentsdiskussion zu führen. Am 14. Oktober sollte das Treffen der NATO-Außen- und Verteidigungsminister, am 19. November das der Staats- und Regierungschefs in Lissabon stattfinden und das Konzept verabschieden.

Herr Rasmussen, NATO-Generalsekretär hatte aber das NATO-Konzept als Geheimpapier klassifiziert und eine „ausdrückliche Anweisung, das den Abgeordneten des Deutschen Bundestages nicht vorzulegen“, erteilt. (S. 2, Abg. Gehrcke, Die LINKE) Nun saßen die Abgeordneten im Ausschuss gelackmeiert da. Selbst ein Herr Wellmann (CDU/CSU) musste feststellen: “Es ist keine Anhörung, weil wir nicht wissen worüber wir reden. Wir können das ahnen, aber wir wissen es nicht.“ (S. 3) Kommentar der Grünen: „Das ist hier eine unangemessene Form von Geheimhaltung, und dass es natürlich eine Farce ist, wenn man uns sagt, nach der Anhörung, die ja lange bekannt war, könnt ihr es dann vielleicht einsehen.“ (S. 5)

Das nennt man „gelebte Demokratie“! Die Abgeordneten entscheiden im Parlament über ein Konzept, das sie nicht kennen!

Deutschland in der NATO an vorderster Front mit dabei!

Als großen Erfolg deutscher internationaler Politik feiert Frau Merkel, dass „...wir heute dazu gekommen sind, dass sich über 7.000 Soldaten im Einsatz im Ausland befinden – in Afrika, in Afghanistan, immer noch auf dem Balkan, im Mittelmeer und im Indischen Ozean.“ [3]

Eroberungskriege und Militarismus gehören inzwischen in die deutsche Normalität. Wer geglaubt hatte, der deutsche Militarismus würde nach den Verbrechen im Zweiten Weltkrieg im Deutschen Historischen Museum schlummern, der irrte sich gewaltig.

Umwandlung der Bundeswehr in eine professionelle Killerarmee. Auch hier hat Merkel treffend das aktuelle Motto für die Kriegsarmee ausgegeben: „Aus der Armee der Einheit ist eine Armee im Einsatz geworden.“ (Kommandeurstagung, S. 5) Dementsprechend wird jetzt der „Umbau der Bundeswehr“ in hohem Tempo durchgezogen. Jetzt ist „die Aussetzung“ der Wehrpflicht von der Regierung abgesegnet. Aussetzung wird bewusst gesagt, denn es geht nicht um Abschaffung. Das ist ein formaler Trick, um jederzeit die allgemeine Wehrpflicht, die im Grundgesetz verankert bleibt, wie es heißt im „Spannungs- oder Verteidigungsfall“ wieder in Kraft zu setzen. (FAZ, 3.12.2010). In Kürze wird de Maizière, aktueller Kriegsminister, eine konkrete Planung vorlegen, die darauf ausgerichtet ist, Befehlsstrukturen zu zentralisieren und zusammenzufassen, sowie eine erhöhte Effektivität zu erzielen und Bürokratie abzubauen. Es sollen jährlich 7 500 Leute als SoldatInnen für einen „freiwilligen Wehrdienst“ angeworben werden. Sie sollen 6 Monate Grundwehrdienst und 17 Monate freiwilligen Wehrdienst ableisten. (FAZ, s.o.) Natürlich wird der Anteil von sich länger verpflichtenden Berufssoldaten in der Bundeswehr erhöht. Flankiert wird die Schaffung der Berufsarmee mit einem massiven Presse- und Medienrummel. In Schulen und Universitäten sollen Soldat­Innen geworben werden. Dazu wird die militaristische Tradition gestärkt: Der Bundespräsident hat neue militärische Auszeichnungen, so die Einführung einer Gefechtsmedaille genehmigt. Diese Gefechtsmedaille stellt eine Ergänzung zum Tapferkeitsorden dar. Das Volk soll stolz auf seine „Soldat­Innen“ sein, an die Militarisierung der Außenpolitik und den „neuen Patriotismus“ gewöhnt werden. Ganz nach dem alten Leitbild der deutschen Großmacht: „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“!

In diesem Geist verfährt Merkel. Sie gibt ihrer Kriegs-Heeres-Elite in Dresden für die „Umstrukturierung“ der Bundeswehr als Motto mit auf den Weg: Spaß haben! Ja ein mörderisches Geschäft soll schließlich auch Spaß machen! „Denken Sie immer an die Chancen. Die Risiken sind evident offensichtlich; das ist gar keine Frage. Aber nicht nur: ‚no risk, no fun’ und ‚no leadership without risk’, sondern auch: Spaß an der Veränderung!“ (S. 6) Ja, fun for war! [4]

Das ist neue deutsches Leitkultur!

Auf der Höhe des Nato-Strategiekonzeptes:

Aktuelle Einsätze

Auf dem NATO-Gipfel ging es neben dem Strategiekonzept auch um das weitere Vorgehen in Afghanistan: Derzeit versuchen sie die afghanische Polizei und Armee von ursprünglich 160 000 auf 400 000 schnellstmöglich hochzuschrauben. Dies soll es ermöglichen, ab nächstem Jahr mit der Übergabe der Kriegsführung an die afghanischen Marionetten beginnen zu können. Ein Prozess, der nach derzeitigen Verlautbarungen 2014/2015 abgeschlossen sein soll und damit zum Abzug der westlichen Besatzertruppen führen soll. Jetzt ist schon klar, dass Spezialeinheiten und Geheimdienste auf unbestimmte Zeit in Afghanistan bleiben. So versteht sich auch das in Lissabon beschlossene Partnerschaftsabkommen: so gewährleistet das westliche Militärbündnis, dass das von ihr eingesetzte Marionettenregime auch weiterhin an der Macht bleibt – in der einen oder anderen Couleur. Der damalige Noch-Militärminister Guttenberg machte sogleich deutlich, dass sich eine Truppenreduzierung nicht an einem Datum, sondern an der Lage orientiere. Insofern sei „eine Jahreszahl natürlich immer daran zu messen, ob es auch verantwortbar geschehen kann“. Es sei wichtig, „dass eine Reduzierung der Truppen an Ergebnisse gebunden“ sei und dass „diese Ergebnisse auch belastbar erscheinen“. (Web-Seite des Bundesministeriums für Verteidigung)

Auch die Rekolonialisierung Afrikas war Thema der NATO: Seit 2005 entsendet die NATO fünf Missionen zur Sicherheitsausbildung. Eine davon ist die Polizeimission in der Demokratischen Republik Kongo. Sie werden von „Entwicklungs-Hilfegeldern“ bezahlt. Diese Polizei- und Militärkräfte werden in Schlüsselpositionen des Sicherheitssektors innerhalb der Regierung eingesetzt. Sie bilden paramilitärische Einheiten aus, die zur Niederschlagung von Unruhen und Aufständen eingesetzt werden. Diese Mission dient vor allem dazu, Joseph Kabila an der Macht zu halten. Im Rahmen der EU-Mission wurden etwa 1 000 deutsche Soldaten in die Demokratische Republik Kongo und in das Nachbarland Gabun zur Absicherung der Wahlen geschickt – die teuersten Wahlen 2006. Kanzlerin Merkel dazu im ZDF: Bei dem Einsatz gehe es ,,um strategische europäische Interessen“. Klar, Kabila verhökert das rohstoffreiche Land billig an westliche Konzerne. Die Demokratische Republik Kongo hat einen gewaltigen Reichtum an Rohstoffen, den die Imperialisten und internationale Konzerne weiter ausplündern wollen. Das Land hat immense Kupfervorkommen, im Grenzgebiet zu Uganda liegt ein riesiges Erdölfeld, und es gibt große Vorräte an dem seltenen Edelmetall Coltan, das für Rüstungsindustrie, für Raumfahrt und Computer dringend erforderlich ist.

Eine weitere Mission läuft in Somalia. Sie soll den Kampf gegen die „Piraten“ an den Küsten unterstützen. In Wahrheit halten sie eine Regierung an der Macht, die der EU als Verhandlungspartnern lieb ist und die die EU nicht daran hindert, in somalischen Gewässern auf „Piraten“- und Fischjagd zu gehen. Als zivile Maßnahmen werden Knäste für die von NATO-Mitgliedern gefassten Menschen gebaut. Die größten EU-Konzerne fischen Somalias Gewässer leer und rauben den dort lebenden Fischern die Lebensgrundlage.

All das zeigt:
Das Ziel der NATO ist und bleibt ...
die militärische Absicherung des freien Welthandels, die Sicherung der Energieversorgung und der freie Zugang zu den Rohstoffen für die westlichen Plünderer. Die NATO ist ein Militärpakt, der rund 900 Milliarden US Dollar für Militär und Rüstung ausgibt. Das sind 75% der weltweiten Rüstungsausgaben.

Ihre Strategie – unser Widerstand

Widerstand gegen die NATO-Kriegstreiber gab es in Istanbul, Straßburg, Lissabon und jedes Jahr in München zur Sicherheitskonferenz: Aber die Kämpfe der letzten Jahre haben uns gezeigt: Wir sind nicht gut genug organisiert. Wir müssen den Herrschenden vereint unsere Kampfkraft entgegensetzen. Kriegstreiber und Kriegsstrategen können wir nur aufhalten, wenn wir Arbeiter und Arbeiterinnen uns gegen sie stellen, wenn wir die Transportwege und Produktion lahm legen. Wenn wir gegen das herrschende imperialistische System in der BRD kämpfen. Um das zu erreichen müssen wir uns und unsere Kolleg/innen in den Betrieben organisieren. Dazu brauchen wir eine entschlossene Partei, die die Angriffe des Kapitals mit breitestem Klassenkampf beantwortet, die den Kriegstreibern das Handwerk legt und der Arbeiterklasse ungeahnte Möglichkeiten der Entwicklung öffnet.

Zur Geschichte der NATO

Die NATO wurde 1949 unter der Federführung der USA als ein imperialistisches Militärbündnis zu Angriffszwecken gegründet. Ihr strategisches Ziel war das sozialistische Lager, angeführt von der Sowjetunion und die Befreiungsbewegungen der abhängigen Länder, zu bekämpfen. 1954 wird die Bundeswehr in die NATO aufgenommen. Bis zum Zusammenbruch des sozialimperialistischen Ostblocks 1990 hat die Bundeswehr ihre Aufgaben im Rahmen der NATO an der Seite ihrer Verbündeten treu ausgeführt. Die Militärputsche 1965 in Indonesien, 1973 in Chile und 1980 in der Türkei wurden mit Unterstützung der NATO durchgeführt. Unzählige Fälle vom Entführen und Verschwinden lassen von Revolutionären und Demokraten durch Konterguerillagruppen tragen die Handschrift der NATO. Die NATO steht für Krieg, Aufrüstung, Folter, atomare Bedrohung, Protektorate, Aufstandsbekämpfung rund um den Erdball. Ihr geht es um die Aufteilung von Einflussgebieten, um Streben nach Weltherrschaft in Konkurrenz mit anderen Mächten wie Russland, China und unter den NATO-Mitgliedstaaten selbst. Jeder Räuber will ein Stück vom Kuchen!

 28 Nato-Mitglieder:

Albanien, Island, Kroatien, Kanada, Türkei, Norwegen, USA und EU-Mitglieder:
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich, Großbritannien, Griechenland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien´, Tschechien, Ungarn, 

EU-Mitglieder die nicht NATO-Mitglieder sind: Österreich, Malta, Schweden, Zypern, Finnland, Irland.



[1]  22.11.2010, www.bundeskanzlerin.de/nn_683608/Content/DE/Rede/2010/11/2010-11-22-merkel-dresden-kommandeurstagung-bundeswehr.html

 [2]  Vorwort, Übersetzung www.ag-friedensforschung.de

 [3]  http://www.bundeskanzlerin.de/nn_683608/Content/DE/Rede/2010/11/2010-11-22-merkel-dresden-kommandeurstagung-bundeswehr.html

 [4]  ... Aber nicht nur: ‚kein Risiko, kein Spaß‘ und ‚keine Führung ohne Risiko‘ sondern auch: Spaß an der Veränderung!“ Ja, Spaß am Krieg!