TROTZ ALLEDEM!

Vorbemerkung:

Wir haben uns in dem Artikel „Trotzkismus und Leninismus – Ein Einstieg“ (TA 48 und 49/2008) mit Trotzki, und dem Trotzkismus, seinem politischen Programm und seinen Widersprüchen zur Politik der Bolschewiki und der KPdSU auseinandergesetzt. Diese Artikel sind unser Fundament in der politischen Kritik der Ideen Trotzkis und des Trotzkismus. (Nachzulesen unter: http://www.trotzalledem.tk/zeitungen/49/ trotzki.html)

Vorliegender Artikel setzt sich mit den verschiedenen aktuellen trotzkistischen Internationalen sowie trotzkistischen Parteien, Gruppen und Organisationen auseinander. Vor allem befassen wir uns mit denen, die in der BRD agieren. Wir geben einen Überblick über die aktuell wichtigsten Hauptströmungen. Dabei hoffen wir, dass Euch, unsern LeserInnen, ob der vielen unterschiedlichen Namen und Strömungen nicht zu sehr der Kopf schwirrt und Ihr Euch geduldig durch diese komplizierte Sachlage durchkämpft. Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir machen keine umfassende Analyse, sondern geben einen Einblick, der uns und euch eine vorerst grobe Kenntnis vermittelt und uns für Debatten mit den Trotzkisten wappnet. Wir werden viele direkte Zitate der verschiedenen Organisationen anführen, um sie anhand ihrer „Originalaussagen“ kritisch zu bewerten.

Einblicke in: Trotzkistische Gruppen und Organisationen

Der Trotzkismus ist entstanden als eine kleinbürgerliche Strömung in der russischen revolutionären Arbeiterbewegung. Er hat sich in dem entscheidenden Revolutionsjahr 1917 in Russland, nach Juli, praktisch den Leninisten angenähert. 1917 schloss sich Trotzki mit seiner Partei der Kommunistischen Partei Russlands (B) – ab 1925 KPdSU(B) – an, auf der Grundlage der Akzeptanz ihres Programms und ihrer Satzung. Trotzdem hat der Trotzkismus als Fraktion auch in der KPdSU(B) weiterexistiert und ist nach der Oktoberrevolution beim Aufbau des Sozialismus gegen die leninistische Linie als kleinbürgerlich - defätistische Opposition aufgetreten. In den folgenden Jahren formierte sich der Trotzkismus in Theorie und Praxis zu einer Kampftruppe gegen den Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion. In den 1930er Jahren wurde er zur linken Angriffsformation der internationalen Bourgeoisie gegen den ersten ArbeiterInnenstaat. Der Trotzkismus wurde objektiv zum Helfershelfer des Imperialismus, und wurde zu Recht als konterrevolu­tionäre politische Strömung und Organisation bekämpft. Auch wenn bei diesem Kampf Fehler gemacht wurden, ändert dies nichts daran, dass es richtig war, den Trotzkismus als konterrevolutionäre Ideologie und die trotzkistischen Organisationen, die gegen den Sowjetstaat mit terroristischen Methoden gekämpft haben, als konterrevolutionäre Organisationen zu bekämpfen.

Heute, viele Jahrzehnte später, haben weder wir, die marxistisch-leninistischen Kräfte, noch die Trotzkisten die Kraft und Bedeutung in der Arbeiterbewegung wie in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Seit den 1950er Jahren erfolgte der Hauptangriff der Bourgeoisie innerhalb der ArbeiterInnenbewegung nicht von den Trotzkisten, sondern von den modernen Revisionisten mit dem Ziehvater Chruschtschow an der Spitze. Wobei die Trotzkisten im Kampf zwischen dem Marxismus-Leninismus und dem modernen Revisionismus, eine zentristische Position eingenommen haben.

Der Trotzkismus wirkt politisch nicht nur mit eigenen Organisationen, die sich auf den Trotzkismus berufen. Es gibt auch massive trotzkistische Einflüsse in der linken wie auch in der marxistisch-leninistischen Bewegung. So war z.B. Lin B iao in China, vor allem während der Kulturrevolution mit Thesen wie der „vom völligen Zusammenbruch des Imperialismus“ trotzkistisch beeinflusst. Der Zentrismus der Castro-Guevera Linie (Kuba) war trotzkistisch inspiriert. Die Thesen des „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ von Heinz Dieterich und die damit verbundene „Revolution“ unter Chavez in Venezuela sind auch trotzkistisch geprägt. Chavez hat erst vor kurzem zum Aufbau einer V. Internationalen aufgerufen.

Die Trotzkisten von heute gehen mit der These hausieren, die historischen Entwicklungen hätten ihnen Recht gegeben: Entweder Weltrevolution oder nichts! Die leninistische These der Möglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Lande habe zur Entartung, zur bürokratischen Diktatur und zum Fall des Sozialismus geführt. Mit ihren zum Teil sehr linksradikal tönenden Parolen finden sie auch viel Gehör, insbesondere unter Jugendlichen und unter Intellektuellen. Trotzki gehört auch in bürgerlichen Kreisen zu den „guten Jungs“, da er nicht mit den „Verbrechen“ des kommunistischen Regimes in Zusammenhang gebracht wird. Obwohl Trotzki im Bürgerkrieg und im Krieg gegen die imperialistische Intervention, als einer der wichtigsten Militärstrategen der Roten Armee der Bourgeoisie nicht wenig Schaden zu gefügt hat. Umgekehrt, Trotzki wird als der „große Mahner“ und „das Gewissen” der Revolution gepriesen etc. „Der Trotzkismus ist das gute Gewissen des Kommunismus. Er beruht auf der Idee, daß das innere Gehäuse trotz aller totalitären Entartungen und Schrecken des GULAG heil geblieben ist und eine Wiederauferstehung aus den Ruinen ermöglicht... Die Trotzkisten verkörpern die Beständigkeit des Ideals...“ 

(Ch. Bourseiller, Doktrinärer Rigorismus und strategischer Pragmatismus. Trotzki und der Trotzkismus, zitiert aus: U. Backes und S. Courtois (Hrsg.), Ein Gespenst geht um in Europa. Das Erbe kommunistischer Ideologien, Köln 2002, S.  227 ff, Schriften des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung, Bd. 20, S. 213–228.)

Eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale, das die trotzkistischen Organisationen in zwei Strömungen teilt ist die Position zur Sozialdemokratie.

1. Entristen:

Entrismus bedeutet „Eintritt“. Die entristische Taktik des Trotzkismus heißt Mitgliedschaft (Eintritt) und politische Arbeit in Organisationen, um die eigenen Positionen durchzusetzen. Die trotzkistischen Entristen arbeiten in allen Gewerkschaften (gelben + reformistischen), sozialdemokratischen Parteien, in DER LINKEN, in NGOs als ‚demokratische Linke’. Sie verfolgen die Strategie, diese Organisationen von innen zu erobern. Dadurch wollen sie die Mehrheit der Arbeiterklasse gewinnen, und durch demokratische Wahlen an die politische Macht gelangen. Revolutionäre Gewalt ist für sie nur notwendig, wenn dieser Gang durch die Institutionen und die Ausschöpfung legaler Möglichkeiten durch Gewalt der Herrschenden verhindert wird.

2. Linkstrotzkisten:

Diese Strömung lehnt den Entrismus ab. Sie wollen „bolschewistisch-leninistische Arbeiterparteien“ bilden und zu Massenorganisationen werden. Sie propagieren Aufstand und Revolution. Sie sind in ihrer Agitation/Propaganda sehr links und wortradikal „revolutionär”. Aber in der einen oder anderen Weise wenden auch sie den Entrismus, wenn auch versteckter, als Taktik an.

Diverse trotzkistische Gruppierungen
Viele trotzkistische Organisationen bekennen sich zur IV. oder zur V. Internationalen. Andere Gruppierungen entweder zur „IL“ – Internationale Liga oder zum „IS“ – Internationales Sekretariat. Oder aber sie sind gegenüber beiden „neutral”! So in etwa nach dem Motto: Ein Trotzkist eine Fraktion, zwei Trotzkisten eine Partei …

I. Die IV. Internationale:

Es gibt Hunderte von Kleingruppen, die angeben der IV. Internationale anzugehören. Da aber jede Fraktion sich als „die wahren Trotzkisten“, und die anderen als „nicht wirkliche Trotzkisten“ ansieht, ist es schwierig zu sagen, wer wirklich die IV. Internationale ist oder führt.

Die IV. Internationale wurde 1938 noch zu Lebzeiten Trotzkis und seinem Aufruf folgend von trotzkistischen Organisationen und Parteien in Paris gegründet. Sie zerbrach als einheitliche Organisation 1953. Hauptgrund hierfür war, dass die Vorhersage der Gründer der IV. Internationale über den Zusammenbruch des ‚degenerierten Arbeiterstaates Sowjetunion’ infolge des 2. Weltkriegs sich nicht erfüllte. Im Gegenteil die Sowjetmacht ging aus dem 2. Weltkrieg politisch gestärkt hervor. Es gab auch Differenzen über die Einschätzung Titos „als Revolutionär“ und den Entrismus. Eine besondere Rolle in diesen ganzen Spaltungs- und Fraktionskämpfen spielte M. Pablo, der seit 1944 Leiter des Europäischen Büros der IV. Internationale war. 1

Als im Sommer 1948 die Kommunistische Partei Jugos­lawiens unter Tito aus der Kominform (Kommunistisches Informationsbüro – Nachfolgeorganisation der aufgelösten III. Internationale) ausgeschlossen wurde, begrüßte Pablo Tito als Revolutionär. Er ging davon aus, dass die „... ‚wahrhaft revolutionären Vorfälle‘ in Jugoslawien auch in der übrigen osteuropäischen ‚Pufferzone‘ stattfinden würden.“ (www.arbeitermacht.de/ni/ni83/vierte.htm, September 2003)

Diese Positionen Pablos setzten sich auf dem 3. Weltkongreß der IV. Internationale 1951 durch. Sie wurden von allen Sektionen und Führungspersönlichkeiten unterschrieben. Pablo verfolgte außerdem eine Politik des „Entrismus der besonderen Art“, die auf langfristigen Entrismus und der Verheimlichung eines fortschrittlichen Programms basierte. Jeder, der dieser Überzeugung widersprach, wurde aus der IV. Internationale ausgeschlossen. 1953 erklärten sich die amerikanischen, britischen und Teile der französischen Trotzkisten in Opposition zu diesem Kurs, der fortan als Pablismus bekannt wurde. Sie verließen die IV. Internationale, um das Internationale Komitee der IV. Internationale (IK) zu gründen. Nach der Spaltung benannte sich die Mehrheitsfraktion unter Pablo in Internationales Sekretariat der IV. Internationalen (IS) um. Ab 1963 gab es unterschiedliche Strömungen zu einer Wiedervereinigung des Internationalen Sekretariats und des Internationalen Komitees. Pablo wurde zum Hindernis erklärt. Noch im selben Jahr wurde die Wiedervereinigung vollzogen und das Vereinigte Sekretariat der Vierten Internationale gebildet. (http://de.wikipedia.org/wiki/Michel_Pablo) [1]

Seither existiert die IV. Internationale als zersplitterte Strömung.

Heute ist die IV. Internationale aufgespaltet in drei internationale Organisationen, die sich als die IV. Internationale verstehen:

Wiedervereinigte IV. Internationale mit dem „Exekutivbüro“

(ehemals „Vereinigtes Sekretariat“) als Führungsgremium, die sich auf die organisatorische Kontinuität bis auf die Gründung von 1938 beruft. In Deutschland gehören dazu: „internationale sozialistische linke“ (isl) und der „Revolutionär Sozialistische Bund“ (RSB).

*ISL: Die isl wurde im März 2001 nach der Auflösung der VSP im Jahre 2000 gegründet. Sie propagiert sich seit 2002 als Mitglied der IV. Internationale in Deutschland. Sie unterstützt und beteiligt sich an der Herausgabe der Sozialistischen Zeitung (SoZ). Zusammen mit dem RSB, der Sozialistischen Alternative (Österreich) und der Sozialistischen Alternative/Solidarität (Basel), geben sie außerdem die Zeitschrift Inprekorr (Internationale Pressekorrespondenz) heraus.

*RSB: Der Revolutionär-Sozialistische Bund (RSB) stellt sich gern als linker Flügel der IV. Internationale hin. Er gibt die Zeitung „Avanti“ heraus. Seine brasilianische „Schwester“partei ist der Regierung Lulas beigetreten. Erst neun Monate später gab es Kritiken vom „linken Flügel“ des RSB. Sie haben es aber bis heute nicht gewagt, den Ausschluss ihrer brasilianischen Schwesterpartei DC aus der IV. Internationale zu fordern. Soviel zum Thema Opportunismus dieser trotzkistischen Strömung.

IV. Internationale mit dem „Internationalen Komitee“

als Führungsgremium, die sich um die frühere „Workers League“ (Arbeiterliga) in den USA unter Führung von David North zusammengeschlossen hat. Ihre Sektionen führen alle „Soziale Gleichheit“, bzw. „Social Equality“ im Namen. Weltweit haben sie es geschafft, relativ viele AnhängerInnen zu sammeln. Sie betreiben die World Socialist Website (WSWS).
In Deutschland ist die Partei für Soziale Gerechtigkeit (PSG) Mitglied. Diese gibt die Zeitschrift „Gleichheit“ heraus. Sie tritt zu den Bundestagswahlen an und versucht sich als Alternative zur SPD und zur Linkspartei darzustellen. Sie präsentiert sich als „orthodox“ trotzkistisch. Zu den Wahlen ist sie mit einem reformistischen, links-sozialdemokratischen Programm angetreten. Mit welchen Bandagen trotzkistische Strömungen untereinander kämpfen zeigt folgende Einschätzung der Gruppe Spartakist zur PSG: „Sie rechtfertigten und unterstützten 1979 die Hinrichtung von 21 irakischen KP-Mitgliedern, seit 1977 hatten sie einen Vertrag mit Libyens Gaddafi, der ihnen eine Million Pfund einbrachte und die Finanzierung ihrer Pseudo-Massen-Tageszeitung News Line ermöglichte“. (Spartakist Extrablatt, Bundestagswahl 2005: PSG – politische Banditen im orthodox-trotzkistischen Mantel, www.spartacist.org/deutsch/spk/wahl/psg.html)

IV. Internationale, die 1993 aus der Vereinigung des CORQI

um die französische Partei von Pierre Lambert und eines Teils der LIT entstanden ist. Mitglied in Deutschland ist die Internationalistische Sozialistische Arbeiterorganisation (ISA). Diese ist jetzt aktiv in der SPD!

*ISA: Die ISA entstand 1979. Sie gründete 1989 die „Vereinigung der Arbeitskreise für Arbeitnehmerpolitik“ (VAA), um Gewerkschafter, Sozialdemokraten und Jugendliche zur Mitarbeit zu gewinnen. Innerhalb der SPD arbeiteten die ISA-Mitglieder seit 1992 mit der Zeitschrift „Soziale Politik und Demokratie“ zusammen. Sie versteht sich als freies Diskussionsforum für soziale & demokratische Politik, sowie auch für das Handeln für die Verteidigung des Sozialstaates, der Demokratie und des Friedens, der Arbeitnehmerrechte und Flächentarifverträge, für die Verwirklichung der sozialen Einheit Deutschlands. Also Friede, Freude, Eierkuchen im sozialdemokratischen Sumpf! Nach wie vor geht die ISA von der Möglichkeit aus, dass sich soziale Auseinandersetzungen in der SPD (als politische Vertretung der deutschen Arbeiterklasse) niederschlagen werden, und dass nach wie vor die Möglichkeit besteht, dass sich darin ein sozialistischer Flügel herausbilden wird. Im März 2004 erklärte die Soziale Politik und Demokratie: „Wir brauchen unsere SPD wieder – nicht irgendeine Linkspartei“. (Soziale Politik und Demokratie, Nr. 112, 3. März 2004) „Unsere SPD“ ist eine bürgerliche Partei, die sämtliche Arbeiterrechte verraten und verkauft hat. Sie ist die Partei der Agenda 2010. Die SPD ist eine Partei, die die Interessen der Großbourgeoisie, des Finanzkapitals und des deutschen Imperialismus offensiv vertritt. Sie ist Kriegs- und Sozialraubpartei. Und das nicht erst seit Bad Godesberg, sondern seit 1914! Es ist geradezu grotesk zu glauben, dass eine solche Partei, auch nur in Ansätzen jemals wieder Arbeiterinteressen vertreten wird. [2]

Die Organisationen der IV. Internationale gehören allesamt zu den Entristen. Sie sind offen reformistisch. Teilweise nehmen sie heute an den Bundestagswahlen teil oder rufen zur kritischen Wahl der SPD oder der LINKEN auf. Bei den Wahlen 1998 hat die PSG in sechs Bundesländern 6 226 Stimmen bekommen. Bei der Europawahl 2004 erhielt sie 25 824 Stimmen. Im September 2005 erhielt sie in vier Bundesländern insgesamt 15 365 Stimmen. (L. Niethammer, Bundestagswahl 2005: www.wsws.org/de/2005/sep2005/psg-s20.shtml, 11.02.2006)

II. Vereinigungen, die die IV. Internationale wieder aufbauen wollen:

Innerhalb dieser Strömungen gibt es fast keine deutschen Sektionen. Wir gehen nur kurz auf diejenigen ein, die eine Sektion in der BRD haben.

1. Bolshevik Current for the Fourth International (Bolschewistische Strömung für die IV. Internationale – keine deutsche Sektion)

2. Kommunistische Organisation für die IV. Internationale (deutsche Sektion: „KOVIBRD“)

*KOVIBRD: Diese Gruppierung positioniert sich folgendermaßen: „Die Kommunistische Organisation für die IV. Internationale (KOVI), die Mitglieder in den USA und in Australien hat, ist der Wiederherstellung des authentischen Marxismus und der politischen Unabhängigkeit der Arbeiterklasse weltweit verpflichtet. Die Neuschaffung der IV. Internationale steht im Zentrum der Arbeit der KOVI. In den USA publizieren wir die Zeitschrift Proletarian Revolution, auf Deutsch in bislang unregelmäßigen Abständen die ‚KOVI Dokumente‘ und Flugblätter.“ (www.lrp-cofi.org, 7. September 2008) Die KOVI-BRD vertritt die Position, dass es sich in der Sowjetunion um ein staatskapitalistisches Gebilde handelte, in der die Bürokratie eine neue Klasse darstellte. Andere trotzkistische Gruppen und Parteien (RSB, isl, Linksruck) werden von der KOVI als „zentristisch“ bezeichnet und wegen ihrer „opportunistischen Anbiederung an eine klassenlose bzw. kleinbürger­liche soziale Bewegung“ kritisiert. Die Spartakist-Arbeiterpartei Deutschland (SpAD) wird als „stalin­ophil“ kritisiert. Dies gelte entsprechend auch in gemäßigterer Form für die Gruppe Spartakus. (Frank Nitzsche, Aus dem Schatten in die Reichweite der Kameras, 2006, S. 76)

3. Workers International to Rebuild the Fourth International (Internationale Arbeiter zum Wiederaufbau der IV. Internationale – keine deutsche Sektion)

4. International Trotskyist Committee for the Political Regeneration of the Fourth International (Internationales trotzkistisches Komitee für die politische Wiederbelebung der IV. Internationale – keine deutsche Sektion)

5. Liaison Committee for the Reconstruction of the Fourth International (Verbindungs-Komitee für den Wiederaufbau der IV. Internationale – keine deutsche Sektion. Nur in Argentinien und Bolivien vorhanden)

6. Trotzkistische Fraktion (Ableger u.a. in der BRD: Trotzkistische Fraktion Europa)

7. Internationale Trotzkistische Opposition (deutsche Sektion: Internationale Trotzkistische Opposition „ITO-Germany“).

*ITO-Germany: Sie existiert erst seit 1992. Sie versteht sich als ein Instrument zum Wiederaufbau der IV. Internationale als verbindliche Weltpartei der sozialistischen Revolution. Ihre Mitglieder kommen zum Teil aus anderen trotzkistischen Strömungen. So hat die deutsche ITO ihre Wurzeln in der „Leninistischen Tendenz des RSB“, die sich schon bei Gründung des RSB als Minderheit konstituierte. 1997 verließen die ITO-Unterstützer den RSB, da sie in der Partei PDS (ab 2007 DIE LINKE) die Möglichkeit zu entristischer Arbeit sahen. In der PDS/DIE LINKE arbeiteten sie im Kommunistischen Forum, der Kommunistischen Plattform und dem Marxistischen Arbeitskreis. Auch Bundestagskandidaten wurden gestellt. Seit 2001 tritt die ITO als offene Strömung außerhalb der PDS/DIE LINKE auf. Die ITO hat heute MitstreiterInnen in Italien, Groß­britannien, Dänemark, der Ukraine, den USA und in Indien. Nach eigenen Informationen arbeitet sie eng mit befreundeten Organisationen in Griechenland, Palästina, Spanien, Argentinien und anderen Staaten Lateinamerikas im Rahmen der „Bewegung für die Widergründung der IV. Internationale“ zusammen. „Den Eintritt sozialistischer Parteien in bürgerliche Regierungen lehnen wir strikt ab. Arbeiterparteien müssen ihre Klassenautonomie bewahren, wenn sie ihre Glaubwürdigkeit behalten wollen. Das bürgerliche Parlament kann für Marxisten lediglich eine Tribüne des Klassenkampfes sein. Stattdessen streben wir die außerparlamentarische Mobilisierung und Selbstorganisation der Werktätigen und der Jugend an. Da der Kapitalismus im Weltsystem besteht, muss auch der Widerstand international organisiert sein. So, wie der Sozialismus nicht in einem einzigen Land aufgebaut werden kann, kann eine gesunde revolutionäre Organisation nicht in nationaler Isolation entstehen. Daher haben wir uns in der Internationalen Trotzkistischen Opposition organisiert und streben den Wiederaufbau der IV. Internationale als Weltpartei der sozialistischen Revolution an.“ (http://home.igc.org, Januar 2010)

Die Arbeiterklasse für eine reformistische Partei zu organisieren, heißt sich Illusionen ob der Reformierbarkeit des Kapitalismus zu machen. Das bedeutet auch die Leugnung der Notwendigkeit der Revolution und des gewaltsamen Sturzes des Staatsapparates. Selbst wenn sich die ITO jetzt außerhalb DER LINKEN positioniert, vertritt sie doch noch immer die Auffassung, dass die sozialdemokratischen Parteien Arbeiterparteien sind. Nach wie vor setzt sie darauf, diese wieder in Arbeiterparteien zurück zu verwandeln.

Weiter, Trotzkisten wie die ITO behaupten, die Theorie über die Möglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Land sei eine Kreation Stalins und eine anti­marxistische Theorie. Das war auch eine zentrale Position Trotzkis: „Wir wollen zuallererst daran erinnern, dass die Theorie des Sozialismus in einem Lande zum ersten Male im Herbst 1924 von Stalin formuliert wurde, in völligem Gegensatz nicht nur zu den Traditionen des Marxismus und der Schule Lenins, sondern auch zu dem, was Stalin selbst noch im Frühjahr des gleichen Jahres 1924 geschrieben hatte.“ (Leo Trotzki, Die permanente Revolution, Fischer Bücherei, S. 8) Hingegen hat Lenin bereits 1915 in dem Artikel „Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa“ aufgrund der politischökonomischen Tendenzen des Imperialismus folgende Analyse gemacht: „Die Ungleichmäßigkeit der ökonomischen und politischen Entwicklung ist ein unbedingtes Gesetz des Kapitalismus. Hieraus folgt, dass der Sieg des Sozialismus ursprünglich in wenigen oder sogar in einem einzeln genommenen kapitalistischen Lande möglich ist.“ (Lenin, Über die Losung Vereinigte Staaten von Europa, Bd. 21, S. 345, Hervorhebung von TA)

Fakt ist auch, dass in der Sowjetunion unter der Diktatur des Proletariats mit dem Aufbau des Sozialismus in einem Land begonnen wurde. Trotz der imperialistischen Umkreisung, trotz massiver Sabotagen der Konterrevolution – u.a. auch der trotzkistischen Opposition – wurden große Erfolge erreicht.

III. Andere Vereinigungen, die sich in die Tradition der IV. Internationale stellen

1. Internationale Marxistische Tendenz (deutsche und österreichische Sektion: „Der Funke“.)

2. Komitee für eine Arbeiterinternationale (deutsche Sektion: „Sozialistische Alternative“ – SAV)

3. Coordination Committee for the Construction of the International Workers Party (keine deutsche Sektion)

4. Internationale Bolschewistische Tendenz (deutsche Sektion: „Gruppe Spartakus“)

5. International Centre of Orthodox Trotskyism (keine deutsche Sektion)

6. Internationale Kommunistische Liga (deutsche Sektion: Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands (SpAD), Vorläufer: Trotzkistische Liga Deutschlands, TLD)

7. International Liaison Committee for a Workers’ International (keine deutsche Sektion)

8. International Workers League (keine deutsche Sektion)

9. International Workers’ Unity (Fourth International) (keine deutsche Sektion)

10. Internationalist Communist Union (keine deutsche Sektion, jedoch ist die bekannte französische, trotzkistische Partei „Lutte Ouvrière“-„Arbeiterkampf“, Mitglied)

Zu den deutschen Sektionen:

*Der Funke
1992 spaltete sich Der Funke vom CWI („Komitee für eine Arbeiterinternationale“, englische Abkürzung CWI) aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über den (Klassen-) Charakter der internationalen sozialdemokratischen Parteien. „In der kommenden Zeit wird sich die Krise des Kapitalismus als Krise der Arbeiter-Massenorganisationen manifestieren. Der Würgegriff opportunistischer und gemäßigter Leiter wird gebrochen werden. Gewerkschaften und Parteien werden durch und durch erschüttert werden, und daraus werden sich dann linke reformistische und zentristische Strömungen herausbilden. Wir müssen in der Lage sein, diese nach links gehenden Arbeiter und Jugendlichen anzusprechen und zu überzeugen. Darum dürfen wir die Orientierung auf die Massenorganisationen der Arbeiterklasse nicht aufgeben“ (Internationaler Einsatz für marxistische Ideen, www.derfunke.de/rubrik/programm/standort.html, April 2005)

Seit der rot-grünen Regierung von 1998 bis 2005 konzentriert sich Der Funke auch auf die PDS und die WASG. Der Untertitel des „Funken“ wurde von „Marxistische Zeitung für Sozialdemokratie und Jugend“ in „Marxistischer Standpunkt in der Arbeiterbewegung“ umbenannt. Er sah in der Linkspartei.PDS und der WASG zwei weitere sozialdemokratische Parteien, in denen die Trotzkisten für ihr Programm eintreten müssen. Später, nach Gründung der Partei DIE LINKE begann Der Funke in Deutschland mit Gruppen der Jugendorganisation [solid!] zusammen zu arbeiten, welche der LINKEN nahe steht. Der Funke in Österreich arbeitet allerdings weiterhin in der SPÖ. (Soll die Einheit der Linken an der Berliner Kommunalpolitik scheitern? Geduldige marxistische Überzeugungsarbeit statt bürokratischer Ultimaten und organisatorischer Allheilmittel! www.derfunke.de/rubrik/linksbuendnis /soll_einheit_der_linken_scheitern.html 18.01.2006)

Der Verbleib in der SPD und die Mitarbeit in der LINKEN wird gerechtfertigt: „Dem Klassenkampf von oben müssen wir ein konsequentes Engagement von unten entgegensetzen. Eine durchgreifende Wende kann nur von der arbeitenden Bevölkerung, von der Basis der Gewerkschaften und sozialdemokratischen Parteien (SPD, PDS, WASG) und von sozialen Bewegungen kommen“. (Wer wir sind und wofür wir stehen, Der Funke, Nr. 56, Sommer 2005, S. 27) Und weiter: „Die Partei DIE LINKE ist aus den vergangenen Wahlen gestärkt hervorgegangen. Sie ist für ihre klaren Standpunkte für soziale Gerechtigkeit und gegen Kriegseinsätze gewählt worden. Als einzige Partei konnte sie 2009 in größerem Umfang auch Nichtwähler mobilisieren. Umso mehr darf die Partei jetzt die Hoffnungen nicht enttäuschen.“ (DIE LINKE aufbauen, marxistisches Profil stärken, www.derfunke.de, 26 Juni 2010) „DIE LINKE in die Offensive! Jede politische Handlung der LINKEN muss im Interesse der lohnabhängig Beschäftigten getätigt werden. Es darf keine faulen Kompromisse und keinen Kniefall vor kapitalistischen Sachzwängen und der Führung der Sozialdemokratie geben! DIE LINKE muss eine führende Rolle im Klassenkampf spielen. Nur so ist gewährleistet, dass sie auch im Parlament im Sinne der arbeitenden Bevölkerung handelt. Tätigkeit im Parlament ist kein Selbstzweck, sondern muss den Erfordernissen der Beteiligung an sozialen Kämpfen und dem Bündnis mit den Gewerkschaften untergeordnet werden. DIE LINKE kann und muss die noch bestehende Arbeiterbasis der SPD für ihre Politik gewinnen und die Spitzen der Sozialdemokratie massiv unter Druck und Zugzwang setzen.“ (Ein revolutionäres Programm für DIE LINKE! www.derfunke.de/content/view/671/81, Januar 2009)

Die Zeitschrift Der Funke erscheint mit vier bis sechs Ausgaben pro Jahr. Sie ist eine Zeitung mit viel Hintergrundberichten aber ohne klare politische Ausrichtung. Sie propagieren weder die Notwendigkeit der Schaffung einer Partei noch den gewaltsamen Sturz des Systems.

„Marxisten/Trotzkisten dürfen ihre Kräfte in der heutigen Zeit nicht maßlos überschätzen. Verzetteln wir uns nicht in Höhenflügen vom schnellen Aufbau einer marxistischen Massenpartei aus dem gesellschaftlichen Nichts heraus! Das hält uns nur auf. Wir haben wichtigeres zu tun, Genossen! Darum: Für einen ernsthaften marxistischen/trotzkistischen Kurs als Alternative zur (im Grunde links-sozialdemokratischen) Führung in Linkspartei.PDS und WASG! Geduldige Überzeugungsarbeit an der Basis statt platter Parolen und persönlicher Vorwürfe! Für den systematischen Aufbau einer linken, antikapitalistischen Opposition innerhalb einer (gleichwohl – zunächst! – unter reformistischen Vorzeichen) vereinigten Linkspartei!“ (Trotzkisten spalten nicht! www.derfunke.de/content/view/822/75, November 2009)

Der Funke sieht sich selber „... in der Tradition der Ideen von Marx, Engels, Lenin und Trotzki, die im Wesentlichen seit der Veröffentlichung des Kommunistischen Manifests vor über 150 Jahren ihre Gültigkeit bewahrt haben. Wir stützen uns auf das reichhaltige politische Erbe der Ersten, Zweiten und Dritten Internationalen. Wir stehen in der Tradition der Internationalen Linken Opposition (ILO) und der Gründungsbeschlüsse der IV. Internationale. Die Person Ted Grant verkörpert die Kontinuität der Ideen von Trotzki. 2002 jährt sich der Ausschluss Leo Trotzkis und der Linken Opposition aus der Russischen Kommunisten Partei zum 75. Male. Ted Grant war von Anfang an Mitglied der von Trotzki gegründeten Internationalen Linken Opposition. Er verkörpert den ununterbrochenen Roten Faden, der uns mit den besten Traditionen des Bolschewismus und Leninismus und der Oktoberrevolution verbindet.“ (Eine politische Standortbestimmung: Internationaler Einsatz für marxistische Ideen, www.derfunke.de/content/view/45, April 2002)

Was für eine politische Wirrnis! Sich auf Marx, Engels und Lenin zu berufen und reformistische Arbeit in einer „staatstragenden“ Partei wie der LINKEN als revolutionäre Perspektive vorzugeben. Marx, Engels und Lenin standen für die notwendige selbstständige, unabhängige Organisierung einer revolutionären, marxistischen Arbeiterpartei!

SAV (Sozialistische Alternative)

Das „Komitee für eine Arbeiterinternationale“ (englische Abkürzung CWI) entstand 1974 aus den Anhängern der „Militant Tendency“ innerhalb der Sozialdemokratischen Parteien und ist heute in 38 Ländern vertreten. 1991/1992 entschloss sich die Mehrheit der britischen Sektion – Militant Tendency – dazu, eine eigenständige Partei außerhalb der Labour Party aufzubauen. 1994 folgte die SAV und beschloss auf ihrer Bundeskonferenz in Köln im April 1999 ein neues Grundsatzprogramm. „1973: ...Die Jusos waren ein linksreformistischer Massenverband mit einer breiten Verankerung an Schulen, Universitäten und unter Arbeiterjugendlichen.... Die SPD (und die sozialdemokratischen Parteien international) war in den 70er Jahren nicht das, was sie heute ist. ... Unter dem Eindruck der Wirtschaftsrezession der frühen 80er Jahre, des Sturzes der SPD-geführten Bundesregierung und dem Beginn der Kanzlerschaft Kohls waren Zehntausende in die Jusos eingetreten. Ereignisse wie die Streiks in der Druck- und Metallindustrie für die Einführung der 35-Stunden-Woche drückten aus, dass die Radikalisierung der 70er Jahre noch kein Ende gefunden hatte. Dies führte auch zur Annahme linker Positionen in Teilen der SPD und der Gewerkschaften.... Der Rechtsruck und die Entleerung der SPD waren in den Jahren nach der Vereinigung von BRD und DDR weiter voran geschritten. Die Jusos wurden immer mehr zum Papiertiger. … Eine VORAN-Konferenz im Mai 1994 beschloss dann nahezu einstimmig die Gründung der SAV – Sozialistische Alternative VORAN.. Während wir bei der Gründung der SAV im Jahr 1994 die Aussichten für die weitere Entwicklung der SPD noch offen diskutiert haben, zeigten die folgenden Jahre, dass die Entwicklung der Sozialdemokratie mehr war als ‚nur’ eine Rechtsverschiebung an der Spitze. Die SPD hat grundlegend ihren Charakter verändert und ist vollständig in das Lager der Kapitalistenklasse gewechselt.“ (30 Jahre VORAN und SAV Jubiläumsbeilage, SAV-Bundessprecher Sascha Stanicic 1993, S. 1 ff)

Dass die SPD erst seit 1994 ins Lager der Kapitalistenklasse gewechselt sei, beruht auf einer fundamental falschen Einschätzung der SAV und auf ihrer Taktik des Entrismus. Seit die SPD im 1. Imperialistischen Weltkrieg den Kriegskrediten zugestimmt hat, und unter der SPD-Regierung die Kommunisten Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg umgebracht wurden, hat die SPD ihren Klassencharakter gezeigt. Sie war ein politischer Vertreter des deutschen Imperialismus geworden. „Die SAV ist deshalb seit Mitte der neunziger Jahre für den Aufbau einer neuen Arbeiterpartei eingetreten. Damit meinten wir eine Partei, die GewerkschafterInnen, SozialistInnen, GlobalisierungskritikerInnen, Aktive aus sozialen Bewegungen etc. zusammen bringt und vor allem ArbeiterInnen und Jugendliche, die bisher nicht politisch aktiv waren, begeistern und organisieren sollte.“ (Die SAV – wer wir sind und was wir wollen, www.sozialismus.info, 29.08.2002)

Die SAV publiziert jeden Monat die „Solidarität – Sozia­listische Zeitung“. Seit Frühjahr 2005 gibt sie auch das halbjährliche Magazin „sozialismus.info – Magazin für marxistische Theorie und Praxis“ heraus. Die Forderung der SAV nach einer bunt zusammen gewürfelten Neuauflage einer sozialdemokratischen Partei wurde praktisch von der LINKEN Partei eingelöst.

Die SAV arbeitet in der LINKEN. Mit dem Ende der WASG entschied sich die SAV in DIE LINKE einzutreten. Sie begründete das mit der Schwäche der PDS und der relativen Stärke der WASG im Westen. DIE LINKE sei nicht einfach eine „PDS mit neuem Namen”, sondern eine Formation, deren politisches Profil stark von den neuen Kräften aus der WASG geprägt und deren Charakter daher noch „offen” sei. „Während in Ostdeutschland und Berlin die neue Partei eine reine Fortsetzung der alten Linkspartei.PDS ist, ist das im Westen anders. Hier ist DIE LINKE an keiner Regierung beteiligt und sind ihr viele linke AktivistInnen beigetreten, die hoffen, den Kurs der Partei zu ändern. Hier ist die Partei Teil der Linken und der Arbeiterbewegung und wird auch so von der Mehrheit der Arbeiterklasse und der Jugend gesehen. Deshalb sind SAV-Mitglieder in Westdeutschland nicht aus der fusionierten Partei ausgetreten und treten hier gemeinsam mit anderen linken Kräften für einen grundlegenden Kurswechsel ein....“ (s.o.)

Seit 2008 ist die SAV auch im Osten in DIE LINKE eingetreten. In ihrer Erklärung geht sie zudem mit keinem Wort darauf ein, warum sie nicht gleich konsequent, sowohl im Westen, als auch im Osten in DIE LINKE eingetreten ist. Die einfach Erklärung hierzu ist sicherlich ihre ‚Nichtexistenz’ im Osten vor 2008! In ihrem Entrismus geht die SAV davon aus, dass die Gewinnung neuer Kräfte dazu führen wird, den Charakter der LINKEN zu ändern. „Dieser Entwurf [das Parteiprogramm der LINKEN A.d.V.] formuliert einen dezidiert antikapitalistischen und sozialistischen Anspruch, wirft die Eigentums- und Machtfrage auf und stellt im Vergleich zu den bisher gültigen programmatischen Eckpunkten in seiner Gesamtheit einen Schritt nach links dar.“ (Wie weiter für DIE LINKE?, sozialismus.info, Magazin der SAV, Nr. 10, 16.05.2010)

Welche Illusionsmacherei! DIE LINKE hat in ihren Regierungsbeteiligungen wie z.B. im Berliner Senat mehr als genug bewiesen, dass sie im besten Fall eine reformistische Partei ist, die für die Regierungsbeteiligung viele ihrer „Grundsätze“ bereitwillig über Bord wirft und der SPD hinterher trabt.

Praktisch ist die SAV vor allem in der Gewerkschaftslinken aktiv und unterstützt oppositionelle/alternative GewerkschafterInnen. Die SAV glaubt auch noch an die Reformierbarkeit der DGB-Gewerkschaften: „Sie will Gewerkschaften, die echte Kampforganisationen sind. Um dieses Ziel zu erreichen, organisiert die SAV Druck auf die Führung der Gewerkschaften“ (Die SAV – wer wir sind und was wir wollen“, www.sozialismus.info, 29.08.2002) und weiter: „Deshalb treten wir für einen radikalen Kurswechsel in den Gewerkschaften und für eine programmatische und personelle Erneuerung ein. Wir stehen für kämpferische Gewerkschaften, die ihre Aufgabe darin sehen konsequent die Interessen ihrer Mitglieder zu verteidigen. ...“ (ebenda)

Auch hier völlige Wirklichkeitsferne! Die mit Kapital und Staat verflochtenen DGB-Führungen werden niemals einen ‚radikalen Kurswechsel’ vornehmen. Sie sind Teil des Systems und kein Gegenpol. Als co-Manager stabilisieren sie die bürgerliche Herrschaft und stehen felsenfest auf dem Kapitalismus.

Die SAV bestreitet vehement, dass es bislang in der Geschichte einen sozialistischen Arbeiterstaat gegeben hat: „Es hat noch keinen Sozialismus auf der Welt gegeben. Nicht in der Sowjetunion, nicht in der DDR, nicht in China.“ (ebenda)

Aber es gab für die SAV durchaus sozialistische Politik, die sie an der Entrismus-Politik in der Labour Partei festmacht: „Die größte Sektion des CWI war und ist die britische. In den 80er Jahren war die Militant-Organisation, die als marxistische Fraktion innerhalb der Labour Party arbeitete, die größte und erfolgreichste trotzkistische Organisation weltweit. Drei ihrer Mitglieder waren für die Labour Party ins natio­nale Parlament gewählt worden, viele andere waren Stadträte und hatten führende Funktionen in der Gewerkschafts- und Jugendbewegung. In Liverpool führte Militant von 1983 bis 1987 den Stadtrat und setzt in dieser Zeit eine beispiellose sozialistische Kommunalpolitik um.“ (30 Jahre VORAN und SAV Jubiläumsbeilage, SAV-Bundessprecher Sascha Stanicic 1993, S. 8)

Welcher Widerspruch: Auf der einen Seite die gewaltige Erhebung der proletarischen Oktoberrevolution in Russland, die den Kapitalismus in einem Sechstel der Erde hinwegfegte und den Aufbau des Sozialismus anpackte – das ist für die SAV kein Sozialismus! Auf der anderen Seite eine linksreformistische Politik in der Arbeiterverräterpartei Labour als sozialistisch anpreisen! Damit wird die Geschichte wahrlich auf den Kopf gestellt.

Seit April 1999 hat die SAV ein Grundsatzprogramm. Darin kommt sie zu dem Schluss, dass ein friedlicher und für immer größere Teile der Arbeiterklasse überzeugender Weg zum Sozialismus möglich ist.

Der revolutionäre Aufstand und die Diktatur des Prole­tariats könnten irgendwie umgangen werden. „Deshalb ist es nötig, den Kampf für die unmittelbare Verbesserung unserer Lebensverhältnisse mit dem Kampf für die Überwindung des Kapitalismus zu verbinden... Denn nur, wenn die Wirtschaft der ganzen Gesellschaft gehört, kann sie auch von der ganzen Gesellschaft kontrolliert und in ihrem Interesse eingesetzt werden. Eine Gesellschaft, in der die Wirtschaft demokratisches Gemeineigentum ist und in der Staat und Verwaltung ebenso demokratisch aufgebaut sind, ist eine sozialistische Demokratie...“ (Die SAV – wer wir sind und was wir wollen, www.sozialismus.info, 29.08.2002)

Sozialdemokratische Binsenweisheiten bzw. Lügen sind das und nichts anders!

Die SAV beginnt den Abschnitt „Arbeiterdemokratie“ mit: „Eine Arbeiterdemokratie ist eine Übergangsgesellschaft vom Kapitalismus zum Sozialismus.“ Damit ist aber weder eine demokratische Revolution, noch die Kontrolle der Arbeiter über die Bourgeoisie gemeint, sondern eine eigene Phase des demokratischen Übergangs zum Sozialismus. Insofern ist es auch klar, dass die SAV nicht von der gewaltsamen Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates spricht. Die SAV verfolgt ein Konzept vom friedlichem Übergang durch Rätedemokratie und Verstaatlichung, so dass es kein Wunder ist, dass bei ihr die Notwendigkeit der Diktatur des Proletariats fehlt. „Überführung aller Firmen in öffentliches Eigentum, die Entlassungen planen; demokratische Kontrolle…… “ (Aus dem Übergangsprogramm, Die SAV – wer wir sind und was wir wollen, www.sozialismus.info, 29.08.2002).

Daraus folgt: der Kapitalismus kann bestehen bleiben, aber die ganz, ganz bösen Kapitalisten sollen enteignet werden, durch die Rätedemokratie, die anscheinend in der bürgerlichen Demokratie durch Wahlen friedlich errichtet wird. Diese Auffassung vom demokratischen Übergang zum Sozialismus ist innerhalb der Linken weit verbreitet. Sie wollen die Guten sein, die keine Gewalt ausüben. Dabei wird verkannt, dass das System gewalttätig ist und radikal an den Wurzeln zerschlagen werden muss.

Die Kapitalisten werden niemals so „freundlich“ sein, und einfach ihre Macht an die Arbeiterklasse übergeben, weil diese die Mehrheit bei den Wahlen gewinnt. Sozialismus durch demokratische Wahlen? Wir haben in Chile erlebt, zu welchen Mitteln die Bourgeoisie greift, wenn ihre Macht in Gefahr ist. Da hat sie gezeigt was sie von Wahlen wirklich hält! Daher fordern Marx/Engels als einzige wirkliche Lösung, die gewaltsame Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates.

Gruppe Spartakus (Zeitschrift Bolschewik)

1982[3] spaltete sich eine Gruppe von der TLD (heute SpAD – siehe unten) ab und gründete die Gruppe IV. Internationale. Diese Gruppe fusionierte mit einer Abspaltung der Spartacist League/US zur Internationalen Bolschewistischen Tendenz (IBT). Die Gruppe IV. Internationale schloss sich mit einigen Mitgliedern der Gruppe Maulwürfe 1992 zur Gruppe Spartakus zusammen. 2002 stieß die Gruppe Leo Trotzki (vormals im RSB in München) dazu. Die Zeitung der Gruppe Spartakus heißt Bolschewik. Die Gruppe Spartakus nimmt an einigen Punkten eine wortradikalere Haltung als die o.g. Trotzkisten ein. Sie ist eine der wenigen Gruppen innerhalb der Trotzkisten, die nicht zur kritischen Wahl der LINKEN aufgerufen hat: „Wir können dem Linksbündnis keine noch so kritische Wahlunterstützung geben. Im BOLSCHEWIK Nr. 18 (September 2002) haben wir unsere Position zur Wahltaktik erläutert. Unser prinzipienfestes Festhalten an der leninistischen Position mag in den Augen mancher Aktivisten in vorgeblich revolutionären Organisationen sektiererisch scheinen. Doch der Kampf um die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse ist kein Sektierertum.“ (Hochzeit der Reformisten – Linke will mitfeiern: KEINE STIMME FÜR DIE NEUE LINKSPARTEI! www.ibt_2005_bundestagswahl2005.html) Was für eine systemkritische Linke selbstverständlich sein muss, keine Wahlaufrufe für reformistische Parteien zu machen, wird hier schon als Gipfel der eigenen Radikalität gefeiert.

So vertritt auch die Gruppe Spartakus in der Gewerkschaftsfrage eine entristische Position: „...Die Gewerkschaften müssen vielmehr vom reformistischen Einfluss befreit werden und die antikapitalistischen Kämpfe unter einer revolutionären Führung vereint werden. Wir treten für den Aufbau von revolutionären Fraktionen innerhalb der Gewerkschaften ein, die, basierend auf einem revolutionären Programm, eine alternative Führung anbieten, um die existierende Gewerkschaftsbürokratie zurück in die Ränge der Mitgliedschaft zu schicken...“ (ebenda) Wie alle Trotzkisten sind sie der Meinung, die Gewerkschaften müssen nur von ihren reformistischen Führern befreit werden und schon werden sie in revolu­tionäre Gewerkschaften verwandelt. Das ist vollkommen falsch. Die Gewerkschaften in der BRD sind durch und durch gelb und mit Staat und Kapital verflochten. Man kann die Gewerkschaften nicht erobern. Wir können nur in ihnen arbeiten um eine revolutionäre Opposition innerhalb und außerhalb von ihnen in den Betrieben aufzubauen. Langfristig können sie nur zerschlagen werden und neue Rote Gewerkschaften aufgebaut werden.

Bei der Einschätzung über China, Laos, Kuba... stützt sich die Gruppe Spartakus auf eine durch und durch opportunistische Analyse: „Wir sind für die bedingungslose Verteidigung des kollektivisierten Eigentums gegen kapitalistische Restauration im degenerierten sowjetischen Arbeiterstaat und den deformierten Arbeiterstaaten in Osteuropa, Vietnam, Laos, Kampuchea, China, Nord-Korea und Kuba. ...“ (Programmatische Deklaration der bolschewistischen Tendenz, www.bolshevik.org/deutsch/sonstiges/deklaration.html, Frühling 1987) Unter „deformierten Arbeiterstaaten“ verstehen die Trotzkisten Staaten, in denen eine Revolution stattgefunden hat, aber der Sozialismus gescheitert ist. Sie berufen sich dabei auf das Buch „Verratene Revolution“ von Trotzki, in dem er den Klassencharakter der Sowjetunion als „degenerierten Arbeiterstaat“ bezeichnet und der scheinbar „herrschenden bürokratischen Kaste“ eine konterrevolutionäre Funktion andichtet. Diese Position Trotzkis ist mehr als unstimmig und inkonsequent: Ein Land wie die Sowjetunion war für ihn ein Arbeiterstaat, weil dort sozialistische Ökonomie und Planwirtschaft existiert, aber ein degenerierter, da der Überbau, der Staat und die Partei bürokratisiert waren. D.h. sozialistisch an der ökonomischen Basis, aber bürgerlich im politischen Überbau. Dass es keinen Sozialismus ohne Diktatur des Proletariats gibt, haben Trotzki und seine Anhänger niemals verstanden. Für sie ist sozialistisches Eigentum = sozialistisches Eigentum! Deswegen sprechen sie von Arbeiterstaaten ohne Diktatur.

Entscheidend für die sozio-ökonomische Einordnung eines Landes sind Ökonomie und die politischen Verhältnisse. Wenn eine verbürokratisierte Elite in einem „sozialistischen Staat“ an der Macht ist, dann ist auch die ökonomische Basis nicht mehr sozialistisch. Wer heute nicht sieht, dass China eine imperialistische Macht ist, muss entweder blind oder ignorant sein. China auch heute noch als „degenerierten Arbeiterstaat“ zu bezeichnen entbehrt jeglicher marxistischen Analyse. (siehe hierzu unsere Analyse „China: Imperialistisches Land auf dem Weg zur Großmacht“, TA 51/2009) Für uns existieren keine degenerierten Arbeiterstaaten. Es gibt entweder kapitalistische, revisionistisch-entartete, staatskapitalistische Staaten oder Volksdemokratien und sozialistische Staaten.

Die Gruppe Spartakus ist den sogenannten „Linkstrotzkisten“ zuzurechnen. Sie spricht in ihren Dokumenten über die Notwendigkeit des gewaltsamen Sturzes des Systems, und propagiert die sozialistische Revolution. Sie grenzt sich an bestimmten Punkten zur Partei DIE LINKE ab. In der Gewerkschaftsfrage nimmt sie zwar eine radikalere Position als andere trotzkistischen Strömungen ein, bleibt aber hier entristisch-reformistisch.

Trotzkistische Liga Deutschlands (TLD)/Spartakist-Arbeiterpartei Deutschland (SpAD)

Die SpAD ist Mitglied in der Internationalen Kommunistischen Liga (IKL). Die Vorläuferorganisation der SpAD war die Trotzkistische Liga Deutschlands (TLD), die 1974 gegründet wurde. Nach der Einverleibung der DDR rief die Trotzkistische Liga Deutschlands im Dezember 1989 zur Gründung von Spartakist-Gruppen in der gesamten DDR auf. Kurze Zeit später wurde die erste Spartakist-Gruppe Berlin gegründet. Im Januar 1990 die Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands, die ihre Kandidatur bei der Volkskammerwahl am 6. Mai in einigen Bezirken (Berlin, Halle, Leipzig und Rostock) ankündigte. Bei der Bundestagswahl 1990 trat die SpAD in den Bundesländern Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen an und erhielt 1 610 Zweitstimmen (0,0 Prozent). (http://de.wikipedia.org/wiki/Spartakist-Arbeiterpartei_Deutschlands)

Sie zeigt in ihren Aufrufen zu Wahlen ihre schwankende opportunistische Haltung. Mal rufen sie zum Boykott auf und mal zur kritischen Unterstützung der einen oder anderen „Links“parteien. 2004 fordert sie: „Wir Spartakisten rufen für die Kommunalwahlen in Rostock dazu auf: Wählt SAV/Liste gegen Sozialkahlschlag! Keine Stimme für SPD und PDS! Die Kandidatur der SAV in Rostock unterscheidet sich in einem zentral wichtigen Punkt von ihrer Kandidatur in Hamburg im Februar. In Rostock zieht sie eine Klassenlinie zwischen Bourgeoisie und Proletariat und gibt Arbeitern die Möglichkeit, eine Stimme in ihrem eigenen Klasseninteresse abzugeben. Deshalb ist sie bei aller Kritik unterstützenswert. In Hamburg dagegen kandidierte die SAV zusammen mit der PDS und der kleinbürgerlichen Formation der Ex-Grünen von Regenbogen und ordnete sich Regenbogens arbeiterfeindlichem Programm unter...“ (www.icl-fi.org/deutsch/oldsite/Rostock.htm, Mai 2005)

Eine Wahlbeteiligung bei bürgerlichen Wahlen lehnt die SpAD nicht ab, ja sie ruft zur Wahl der SAV auf, gleichzeitig lehnt sie allerdings jegliche Regierungsbeteiligung innerhalb dieses Systems ab: „Als unversöhnliche Gegner der kapitalistischen Herrschaft treten wir Trotzkisten aus Prinzip nicht in kapitalistische Regierungen ein, die der Verwalter des kapitalistischen Staates sind. Dieser Staat ist nicht und kann nicht neutral sein, er kann nicht dazu ‚benutzt’ werden, den Interessen der Unterdrückten zu dienen. Er selbst ist das Herrschaftsinstrument der Kapitalistenklasse gegen die Arbeiterklasse.“ (Flugblatt: Spartakist Extrablatt: SAV/WASG Berlin: Keine Klassenopposition zum SPD/PDS-Senat, 14.4.2006)

Diese Haltung ist bei der Wahl der SAV natürlich komplett widersprüchlich, da die SAV eine solche Regierungsbeteiligung nicht ausschließt. Übrig bleibt der Wortradikalismus!

Die SpAD verteidigt auch nach wie vor China und Nordkorea und nimmt hier eine ähnliche Position, wie Bolschewik ein. Im Oktober 2006 ruft sie auf: „Verteidigt Nordkorea! ... Nordkorea hat heute erklärt, dass es einen unterirdischen Atomtest erfolgreich durchgeführt hat. Damit verfügt Nordkorea über eine bedeutende Abschreckung gegen die militärische Aggression des US-Imperialismus. Wie vorauszusehen, antworteten die USA und Japan mit dem Hochpeitschen von Hysterie über die nordkoreanische ‚Bedrohung’. Washington rief zu UN-Sanktionen gegen Pjöngjang auf, letzten Endes gestützt auf die Drohung mit einem Militärschlag. Diese erneuten Drohungen unterstreichen die Pflicht von Revolutionären, für die bedingungslose militärische Verteidigung des nordkoreanischen deformierten Arbeiterstaates gegen den Imperialismus einzutreten.“ (Nach Atomtest: Imperialisten drohen mit Sanktionen, www.icl-fi.org/deutsch/spk/184/nordkorea.html)

Die Gruppe SpAD gehört ebenfalls zu den „Linkstrotzkisten“ und fordert in ihren Dokumenten die Notwendigkeit des gewaltsamen Sturzes des Systems, und propagiert die Revolution. In ihrer Haltung zum Thema Pädophilie zeigt sie, dass sie auch ideologisch und politisch reaktionärste Positionen, verkleidet im linksrevolutionären Gewand, vertritt .

In ihrer Position zu Wahlen und zu der LINKEN schwankt sie. Ideologisch verteidigen SpAD und die Gruppe Spartakus ähnliche Positionen. Ihre Unterschiede machen sich vor allem an Methoden fest. 4

Die Gruppe Spartakus (siehe oben) bringt folgende Kritiken an der SpAD vor: [Wir]„...lehnten Auftreten und Organisationsmethoden der SpAD von vornherein ab und waren an einer darüber hinaus gehenden Kritik der SpAD-Politik besonders interessiert. Im Mittelpunkt stand dabei die DDR-Intervention ab 1989 der SpAD bzw. ihrer Vorläufer. Diese zeichnete sich durch die wirklichkeitsfremde Annahme einer sich angeblich aktuell vollziehenden, politischen proletarischen Revolution einerseits und eine opportunistische Anbiederung an die SED bzw. PDS andererseits aus...“ (Internationale Bolschewistische Tendenz (IBT) – Trotzkisten fusionieren.[4]In: Bolschewik 12 (2003) Nr. 19, S. 16-19. – Version: 2010-02-25. www.bolshevik.org/deutsch/ bolschewik/ibt_bol19_2003-03.html)

Und weiter wirft sie der SpAD vor: „... Aber die SL [gemeint ist hier spartacist ligue (in der BRD-SpAD) A.d.V.] ist unter dem Druck von Isolation und Frustration in zwei Jahrzehnten selbst zu einer grotesk bürokratischen und offenkundig kultischen Gruppe politischer Banditen degeneriert, die – obwohl sie immer noch dazu fähig ist, sich mit zynischen ‚orthodoxen’ literarischen Ergüssen in Positur zu setzen – eine stete Neigung gezeigt hat, unter Druck zu kapitulieren. Die ‚internationale Spartacist Tendenz ist in keinem bedeutenden Sinne politisch besser als irgendeine der Dutzend oder mehr vorgeblich trotzkistischen ‚Internationalen’, die behaupten, den Mantel der Vierten Internationale zu tragen.’“ (Programmatische Deklaration der bolschewistischen Tendenz, www.bolshevik.org/deutsch/sonstiges/deklaration.html, Frühling 1987)

Auch hier zeigt sich, dass ein politischer Inhalt in der Auseinandersetzung zwischen trotzkistischen Gruppierungen und Flügeln weitgehend nicht vorhanden ist.

V. Internationale:

In den frühen 1950er Jahren gab es eine Spaltung in Internationale Liga und Internationales Sekretariat. Für die V. Internationalisten war das das Ende der IV. Internationale. Die Liga für die V. Internationale stellt fest: „Immerhin existiert seit 1951, dem politischen, und 1953 schließlich dem organisatorischen Zusammenbruch von Trotzkis Vierter Internationale keine revolutionäre Internationale mehr, die diesen Namen verdient. Es gab etliche Versuche, die Vierte Internationale ‚wieder aufzubauen’ oder ‚wiederzugründen’. Aber alle scheiterten, weil sie als Ausgangspunkt weder die Erarbeitung eines neuen Programms auf Grundlage der Übergangsmethode noch die Schaffung einer ernsthaften, internationalen demokratisch-zentralistischen Organisation hatten.“ (Hannes Hohn, Revolutionäre Arbeiterbewegung: Vorwärts zur 5. Internationale!, Neue Internationale 132, September 2008, www.arbeitermacht.de/ni/ni132/fuenfteinternationale.htm)

Und weiter: „1953 zerbrach die Vierte Internationale und ‚existiert’ heute in Form vieler Splitter. Politisch hörte sie schon davor, am Dritten Weltkongress 1951 auf, revolutionär zu sein, als die Politik gegenüber Tito kodifiziert wurde. Die diversen ‚Vierten Internationalen’ degenerierten in zentristische Organisationen, die zwischen Reform und Revolution schwankten und über die Jahrzehnte auch ein ansehnliche Mischung von opportunistischen, aber auch ultra-linken Schwenks hervorbrachten… Ohne einen grundsätzlichen Bruch mit der zum Zentrismus degenerierten ‚Vierten Internationale’ ist das revolutionäre Erbe Trotzkis, ist die Methode des Übergangsprogramms nicht zu retten. Dieses Prinzip des ‚programm firs’ war maßgebend für die Entstehung unserer internationalen Tendenz, der Liga für die Fünfte Internationale (L5I) bzw. ihrer Vorgängerin, der LRKI.“ (Martin Suchanek, 70 Jahre Gründung der Vierten Internationale, Aufbruch und Zerfall, Neue Internationale 132, www.arbeitermacht.de/ni/ni132/vierteinternationale.htm, September 2008)

Die LRKI (V. Internationale) zieht für sich folgende „Lehren aus der Geschichte: Die ‚Liga für eine revolutionär-kommunistische Internationale’ (LRKI) hat sich seit ihrer Gründung dieser Aufgabe gewidmet. Die vier revolutionären Internationalen, die in der Geschichte der Arbeiterbewegung geschaffen wurden, haben alle zur Weiterentwicklung der Bewegung beigetragen. Aber sie sind schließlich alle zusammengebrochen oder degeneriert. Die politischen Strömungen, die aus ihrem Zusammenbruch hervorgegangen sind, existieren noch heute – Anarchismus, Sozialdemokratie, Stalinismus, ‚Trotzkismus’. Aber seit 1951/53 – dem politischen und schließlich auch organisatorischen Zusammenbruch von Trotzkis Vierter Internationale – existiert keine revolutionäre Internationale mehr, die diesen Namen verdient...“ (www.arbeitermacht.de/ni/ni81/kongress.htm, Ju)

*Arbeitermacht (GAM)
Die Gruppe Arbeitermacht (GAM) gehört auch zu den „Linkstrotzkisten“. Die GAM zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie einige berechtigte Kritiken, z.B. an der Partei DIE LINKE vorbringt, um dann aktiv opportunistisch zuhandeln.

Das zieht sich durch fast alle Bereiche ihres politischen Handelns. „Wir unterstützen die Partei DIE LINKE, weil sie einen bedeuteten Teil der fortgeschrittensten Lohnabhängigen repräsentiert – sei es als Mitglieder, v.a. aber als WählerInnen/AnhängerInnen. Ein großer Teil jener ArbeiterInnen, Jugendlichen usw., die bisher in den Aktionen gegen die Krise aktiv geworden sind, die sich von der Sozialdemokratie und der führenden, sozialdemokratischen Fraktion der Gewerkschaftsbürokratie wegbewegen, steht hinter der Linkspartei. Sie wollen Schwarz-Gelb oder eine Große Koalition bekämpfen, sie sehen in der Linkspartei eine Alternative zur Sozialdemokratie oder wenigstens ein Mittel, bei den Wahlen ihre Ablehnung der Abwälzung der Krisenkosten auf die Massen zum Ausdruck zu bringen. Doch letztlich ist die Hoffnung in DIE LINKE eine Illusion. Aber es ist eine Illusion, die nicht nur durch Propaganda und Aufklärung entlarvt werden kann, sondern indem DIE LINKE in der Praxis entlarvt wird.

.... Wir unterstützen die Linkspartei kritisch, d.h. wir sagen auch klar, was sie unserer Meinung nach ist: eine reformistische, letztlich den Kapitalismus verteidigende Partei.“ (Wahlaufruf Gruppe Arbeitermacht DIE LINKE wählen, aber den Widerstand organisieren! www.arbeitermacht.de/infomail/ 446/fragenzurwahl.htm, September 2009)

„...Die kritische Wahlunterstützung der Linkspartei ist dabei ein Mittel, das mehrere Vorteile hat. Man kann mit den Massen einen Schritt gemeinsam gehen (die Wahl, der Aufbau einer neuen Arbeiterpartei), sich als Mitkämpfer zeigen. Man kann konkrete Forderungen an die FunktionsträgerInnen der Linkspartei stellen, anhand derer die Basis ‚ihre‘ Führung testen kann...“ (www.arbeitermacht.de/infomail/222, 19.08.05) Also auch hier steckt nur ein entristisches, reformistisches Konzept der taktischen Unterstützung DER LINKEN im Gepäck der GAM.

Es ist überhaupt ein Zeichen des Trotzkismus, dass seine Verfechter besonders radikale Worte sagen oder schreiben, in ihren politischen Handlungen aber entweder schwanken, mal diese oder jene Position vertreten oder aber sich gleich opportunistisch verhalten. Bei der GAM sieht man das mit am deutlichsten. Sie kritisiert einerseits die LINKE, sie sagt „unser Ziel ist der Sturz des Imperialismus, des Kapitalismus und die Errichtung der Herrschaft der Arbeiterklasse“ aber sie glaubt anderseits daran, dass man durch Wahlen in der bürgerlichen Demokratie etwas verändern kann und sie ruft zur kritischen Wahl DER LINKEN auf. Sie ist eine „einerseits... anderseits“ Organisation. [5]

*Auf die sogenannten „Staatskapitalisten“ innerhalb der Trotzkisten gehen wir hier nicht näher ein. Sie berufen sich stark auf die Theorien von Tony Cliffs „Staatskapitalismus in Russland“. Ihre deutsche Sektion „Linksruck“ und ihre österreichische Sektion „Linkswende“ sind faktisch schon im oberreformistischen Sozialforum und in der Partei DIE LINKE aufgegangen. Ende der 1990er Jahre hatte Linksruck (LR) nach eigenen Angaben mehr als 1.000 Mitglieder. 2007 löste sich die Organisation auf. Nur etwa 100 Delegierte waren anwesend. In der offiziellen Erklärung von LR heißt es: „...Das Eingreifen in das öffentliche politische Geschehen als eigenständige Organisation wurde in dem Maße unbedeutender, wie der erfolgreiche Aufbau der neuen Linken voranschritt. Die Aktivisten von Linksruck brachten sich in die neue pluralistische Linke mit ihren Erfahrungen und Positionen ein. Nach der erfolgreichen Gründung der neuen Partei zieht auch Linksruck die Konsequenz und löst sich als separate Mitgliedsorganisation auf...“. „...Linksruck ruft alle seine Mitglieder und Sympathisanten dazu auf, den Aufbau der Partei Die LINKE mit ihren marxistischen Positionen zu fördern und die Strömung Sozialistische Linke zu unterstützen, die sich für eine Klassenorientierung und eine Anbindung der Partei an die Gewerkschaftsbewegung einsetzt...“ (www.arbeitermacht.de/ni/ni125/linksruck.htm, Dezember 2007).

Das ist sozusagen die Bankrotterklärung einer eigenständigen proletarischen Politik und das sozialreformistische Aufgehen in einer staatstragenden Partei wie DER LINKEN.

Zusammenfassend sagen wir:
Die heutigen trotzkistischen Organisationen sind, wie zu Beginn ihrer Entstehung, eine kleinbürgerliche Strömung in der linken Bewegung. Sie sind heute nicht mehr oder weniger revolutionär/konterrevolutionär als andere kleinbürgerliche, opportunistische Strömungen. Wir müssen sie heutzutage, in einer Situation wo kein sozialistischer Staat existiert, den die Trotzkisten mit konterrevolutionären Aktionen angreifen, nicht als „konterrevolutionäre Gruppe” und „Strömung”, sondern als eine dem Marxismus-Leninismus feindlich gesinnte linke ideologische Richtung, als opportunistische Organisationen bekämpfen. Eine Aktionseinheit mit ihnen ist, wie mit allen anderen opportunistischen Strömungen, unter bestimmten Bedingungen möglich.

Die V. Internationale zum Aufruf von Chavez zur Gründung einer V. Internationalen:


[1]  Wer war Michel Pablo? Pablo, der eigentlich Michel N. Raptis hieß, wurde 1911 in Griechenland geboren. Schon 1930 wurde er einer der Führer der Trotzkisten. 1944 wurde er zum Leiter des Europäischen Büros der IV. Internationale, das kurz zuvor gegründet worden war, ernannt. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges bildete er gemeinsam mit Ernest Mandel (bekannt auch unter seinem Decknamen Germain) und James P. Cannon die zentrale Leitung der IV. Internationale. Ab 1951 vertrat Pablo als Strategie für die IV. Internationale, dass ein bevorstehender Dritter Weltkrieg zu einem neuen Ausbruch der Revolution führen würde. Ausgehend von dieser Einschätzung forderten sie, dass sich die trotzkistische Minderheit den kommunistischen Massenparteien und den sozialdemokratischen Parteien anschließen müsse. Nach 1960 kämpfte Pablo im algerischen Befreiungskampf in der FLN gegen Frankreich. Nach dem Sieg wurde er 1960/61 Berater des algerischen Politikers Ben Bella und kurzfristig Minister in Algerien. Pablo starb 1996.

 
[2]  International gehören zu der Liga der IV. Internationalen dieser Strömung: Algeria: Socialist Workers Party; Belgium: Revolutionary Communist League (French) + Socialist Workers Party (Flemish); Brazil: Partido Socialismo e Liberdade (PSOL); Britain: Socialist Resistance; Canada: New Socialist Group + Canada/Quebec: Socialist Left; Denmark: Socialist Workers Party; Red-Green Alliance; France: Nouveau Parti Anticapitaliste (NPA); Germany: International Socialist Left (isl)+ Revolutionary Socialist League (RSB); Greece: Organization of Communist Internationalists of Greece (OKDE); Ireland: Socialist Democracy; Italy: Bandiera Rossa Association + Critical Left; Japan: Japan Revolutionary Communist League; Morocco: The militant; Netherlands: Socialist Alternative Politics; Pakistan: Labour Party Pakistan; Portugal: Combate.Info + Left Bloc; Puerto Rico: Political Education Workshop; Sri Lanka: Nava Sama Samaja Party (NSSP); Spanish State/Catalonia: Revolta Global +Anticapitalist Left; Sweden: Socialist Party (SP)

[3]  Zur CWI gehören: Australien: Socialist Party; Belgien: Linkse Socialistische Partij + Mouvement pour une Alternative Socialiste; Bolivien: Alternativa Socialista Revolucionaria; Brasilien: Socialismo Revolucionario; Chile: Socialismo Revolucionario; China: China Worker; Finnland: Sosialistinen Vaihtoehtoe; Frankreich: Gauche Révolutionnaire; Griechenland: Xekinima; England und Wales: Socialist Party; Indien: Dudiyora Horaata; Irland: Socialist Party; Israel/Palästina: Ma‘avak Sotzialisti; Italien: Lotta per il socialismo; Japan: CWI Japan; Kanada: Socialist Alternative; Kasachstan: Molodaya Gvardia; Kashmir: CWI Kashmir; Moldawien: Activitatea Socialista; Niederlande: Offensief; Nigeria: Democratic Socialist Movement; Nordirland: Socialist Party; Ukraine: CWI Ukraine; Österreich: Sozialistische Linkspartei; Pakistan: Socialist Movement Pakistan; Polen: Grupy na rzecz Partii Robotniczej; Portugal: Alternativa Socialista; Russische Föderation: Sotsialisticheskoye Soprotivlemiye; Schottland: International Socialists; Tschechien: Socialisticka Alternativa Budoucnost; USA: Socialist Alternative; Schweden: Rättvisepartiet Socialisterna; Spanien: Manifiesto; Sri Lanka: United Socialist Party; Südafrika: Democratic Socialist Movement; Ukraine: Robitnichi Sprotiv; Venezuela: Socialismo Revolucionario; Weißrussland: Socialist Resistance of Belarus; Zypern: CWI Cyprus

 
[4]  Die Gruppe SpAD ist besonders negativ bekannt für ihre abstruse Verteidigung von Pädophilie. Pädophilie ist sexueller Missbrauch, Gewalt und Angriff auf Mädchen/Jungen von Männern. Die bürgerliche Gesetzgebung bietet kaum Schutz für die Opfer, die diese Unterdrückung und Gewalt erleiden. Hingegen sind die Täter „ehrenwerte Herren der Gesellschaft“.

Aber die SpAD überbietet die bürgerliche Heuchelei und geht noch viel weiter.

So haben sie schon Michael Jackson verteidigt und auch Roman Polanski. „Der 76-jährige Polanski, der sich nun in Schweizer Haft befindet, muss mit seiner Auslieferung an die USA rechnen, wo er wegen einvernehmlichen Sexualverkehrs mit einer frühreifen Dreizehnjährigen im Jahre 1977 verurteilt werden soll. Roman Polanski hat kein Verbrechen begangen.... Wir fordern: Schluss mit den reaktionären Gesetzen über ‚Minderjährigkeit’ und ‚Unzucht mit Minderjährigen’, die einvernehmlichen Sex unrichtigerweise mit Gewaltverbrechen vermengen. Wir lehnen alle Gesetze gegen ‚Verbrechen ohne Opfer’ ab (wozu auch Glücksspiel, Prostitution, Drogengebrauch und Pornografie zählen).“ (Spartakist Nr.182, Oktober 2009, http://www.icl-fi.org/deutsch/spk/182/polanski.html).

Diese Position ist reaktionär und eine Verharmlosung der Barbarei des Imperialismus, der sexuelle Gewalt und Unterdrückung (auch Prostitution) als patriarchales Herrschaftsinstrument schützt und fördert. In einem Artikel zur antikommunistischen Gesetzgebung in Polen setzt die SpAD die Verfolgung von Pädophilie gleich mit Antikommunismus: „Antikommunismus geht immer mit allgemeiner sozialer Reaktion einher. So ist auch das aktuelle antikommunistische Verbot verknüpft mit Maßnahmen gegen Pornografie, gegen sexuelle Aktivität mit Beteiligung von Jugendlichen unter 15 Jahren und gegen andere solche ‚Verbrechen ohne Opfer’....Nieder mit der Kriminalisierung von Pädophilie! Weg mit dem reaktionären Konzept der ‚Minderjährigkeit’!“ (Spartakist Nr. 183, Mai 2010, www.icl-fi.org/deutsch/spk/183/polen.html)

[5]  Geschwisterorganisationen in der V. Internationalen:

Schweden: ARBETARMAKT; Österreich: LIGA DER SOZIALISTISCHEN REVOLUTION; Britannien: WORKERS POWER; Tschechien: SOCIALISTICKA ORGANIZACE PRACUJICICH