TROTZ ALLEDEM!

Lage der Arbeiterklasse in China – Teil I –

Vorbemerkung: Mit dem Tod Mao Zedongs 1976 und der vollständigen Machtübernahme des modernen Revisionismus 1978, entwickelte sich die Restauration des Kapitalismus in China rasant. Chinas Wandlung von einem bürokratisch-staatskapitalistischen System zu einer „imperialistischen Macht auf dem Weg zur Großmacht“ hat Trotz alledem! 2007 festgestellt. (TA Nr. 46, S. 52, Bericht 2. Konferenz). 2009 wird diese Einschätzung in dem Artikel „China: Imperialistisches Land auf dem Weg zur Großmacht!“ in allen Bereichen, wirtschaftlich, politisch, militärisch und ideologisch analysiert und nachgewiesen. (Nr. 51, S. 3). 2011 schätzt Trotz alledem! die Entwicklung Chinas zur Großmacht als abgeschlossen an und bewertet „China als imperialistische Großmacht“. (Nr. 58, S. 4, Bericht 3. Kongress).

Im vorliegenden Artikel ist unser Hauptthema die Lage der Arbeiterklasse und die Klassenkampfsituation in China. Vorweg wollen wir festhalten, dass diese Einschätzung sich überwiegend auf deutschsprachiges Material stützt

Das zahlenmäßig weltweit größte Proletariat lebt, arbeitet und kämpft in China. Der Alltag der ArbeiterInnen in China ist bestimmt durch die kapitalistische Arbeitswelt, eine weitgehende Rechtlosigkeit – verankert in Verfassung, Arbeits- und Gewerkschaftsgesetzen – eine katastrophale Menschenrechtslage, und die Missachtung selbst geltender Rechte. Sie sind die unterdrückte, ausgebeutete Klasse, die dem Kapital und seinem Staat, der sozialfaschistischen Diktatur, diametral entgegensteht. Die chinesischen ArbeiterInnen ergeben sich nicht ihrem Schicksal. Ihre Widerstandsaktionen, ihre Streiks, ihre Demonstrationen und Organisierung haben, insbesondere im letzten Jahrzehnt, unaufhörlich zugenommen. Die wirtschaftliche Entwicklung Chinas, eine weltumspannende imperialistische Großmacht, ist nach wie vor rasant. Es gibt bislang kein vergleichbares Beispiel ökonomischer Dynamik eines kapitalistischen Landes, in einer Zeitspanne von kaum mehr als 30 Jahren. Während des 11. Fünfjahresplanes, 2006 bis 2010, ist China, gemessen am BIP nach Kaufkraftparität, als Wirtschaftsmacht vom fünften auf den zweiten Rang in der Weltrangliste aufgestiegen. Chinas Wirtschaftswachstum lag in den letzten 30 Jahren durchschnittlich bei 10%.

Im November 2011 hat die Weltbank die Prognose für das Wachstum des BIP in China im Jahr 2012 auf 8,4% beziffert. Nach geschätzten 9,1% für 2011. (junge Welt, 23.11.2011) Beim Handelsvolumen steht China weltweit auf Rang zwei. Die Devisenreserven von China belaufen sich Ende 2010 auf 2,85 Billionen (Bio.) US-Dollar. „Chinas Direktinvestitionen im Ausland betrugen kumuliert Ende 2009 ohne Finanzsektor ca. USD 172 Mrd. Der gesamte Bestand chinesischer Direktinvestitionen im Ausland ist 2010 ggü. dem Vorjahr um USD 59 Mrd. (entspricht +36,3%) gestiegen.“ [1]

Das Reichtums- und Armutsgefälle in China ist extrem hoch und driftet weiter auseinander. Die reichsten 10% der Bevölkerung besitzen mehr als 40% des ­Privatvermögens, die ärmsten 10% dagegen weniger als 2%. [2]

Unsere Frage lautet, wie sieht die konkrete Lage derArbeiterInnen und Werktätigen in China aus?

Weltweit größte Arbeiterklasse

2010 hat China 1,341 Mrd. EinwohnerInnen. Davon ca. 761 Mio. Erwerbstätige. [3] Jedes Jahr wird mit ungefähr 9 Mio. „neuen“ Erwerbstätigen gerechnet, bzw. staatlicherseits geplant. Zum Vergleich: Selbst wenn die Anzahl der Erwerbstätigen folgender Staaten/Bündnisse zusammengenommen wird: EU der 27, 222,9 Mio., USA 139 Mio., Russland 75,8 Mio., Japan 62,57 Mio., Kanada 17 Mio. und Australien 11,25 Mio., [4] liegt die Zahl der Erwerbstätigen in China trotzdem noch höher.

Laut ILO (Internationale Arbeits-Organisation) sind weltweit ca. 3 261 Mio. Menschen erwerbstätig. Der Anteil der chinesischen Werktätigen liegt bei ca. 25% aller Erwerbstätigen weltweit.

Die ArbeiterInnenklasse in China umfasst verschiedene Schichten: ArbeiterInnen der staatlichen Betriebe, der privat-staatlichen, der in- und ausländischen „Misch“-Unternehmen und ArbeiterInnen der privaten in- und ausländischen Großkonzerne sowie das Landproletariat. Der private Sektor – über 40 Mio. Privatbetriebe und ‚Individual’unternehmen – beschäftigt mittlerweile mehr als 160 Mio. Menschen, darunter 7,8 Mio. Arbeiter, die in den letzten fünf Jahren aus Staatsbetrieben entlassen wurden. Die Zahl der ArbeiterInnen in den Privatbetrieben nimmt ständig zu, so, wie die Beschäftigten in den Staatsbetrieben immer mehr abnimmt. [5] „Bis 2001 waren 86% aller staatseigenen Betriebe vollständig oder teilweise privatisiert.“ [6]

Die Arbeiterklasse, aus den Zeiten des Roten Chinas, die die Diktatur des Proletariats ausübte und in der sozialistischen Großindustrie arbeitete, existiert so nicht mehr. Die brutale Entwicklung des Kapitalismus in China mit seiner ‚ursprünglichen Akkumulation’, vergleichbar in vielen Ausprägungen mit dem Industrialisierungs-Prozess in England im 19. Jahrhundert, führte zur Verelendung auf dem Dorf und zur de facto erzwungenen Landflucht. Das war die Geburtsstunde der unterdrücktesten und ausgebeutesten Schicht des chinesischen Proletariats, die „WanderarbeiterInnen“. Das sind ca. 242 Mio. Menschen. [7] Da der chinesische Staat durch sein Hukou-(Einwohnermelde)-System, den ArbeiterInnen vom Land kein Aufenthaltsrecht in den Städten gewährt, sind sie gezwungen, zwischen ihren Dörfern und ihren Arbeitsstellen in den Städten hin und her zuwandern.

347 Mio. von ca. 761 Mio. Erwerbstätigen arbeiten in den Städten und 414 Mio. auf dem Lande. Von den 347 Mio. Erwerbstätigen in den Städten sind noch ca. 64 Mio.  in den staatseigenen Betrieben beschäftigt. „Von 1998 bis 2009 ging in den Städten die Zahl der Beschäftigten in den staatlichen Betrieben von 90,58 auf 64,20 Millionen zurück, und ihr Anteil an der Gesamtzahl der Beschäftigten sank von 41,9 Prozent auf 20,6 Prozent; die Anzahl der Beschäftigten in GmbHs und Aktiengesellschaften hingegen stieg von 8,94 auf 33,89 Millionen, ihr Anteil an der Gesamtzahl stieg von 4,1 Prozent auf 10,9 Prozent; die Zahl der Angestellten in Privatbetrieben und der Einzelunternehmer stieg von 32,32 auf 97,89 Millionen, und ihr Anteil an der Gesamtzahl erhöhte sich von 15,0 Prozent auf 31,5 Prozent.“ [8]

Zusammengefasst bedeutet dies, die Mehrheit der Erwerbstätigen in den Städten sind WanderarbeiterInnen. Auf die besondere Situation der WanderarbeiterInnen gehen wir im Teil II unserer Artikelserie ein.

45% der Erwerbstätigen in China sind Frauen. Die Erwerbstätigen teilen sich prozentual in folgende Sektoren auf: Landwirtschaft 37%, Industrie 29% und Dienstleistung 35%. 9,1 Mio., Erwerbslose (4,1%) werden offiziell angegeben. [9] Aber selbst chinesische Experten sind gezwungen zuzugeben, dass das geschönte Angaben sind. Die Quote liegt weitaus höher. „Chinesische Arbeitsmarktexperten schätzen die städtische Arbeitslosigkeit auf über 10%, die ländliche auf mehr als 100 Mio. ‚überschüssige Arbeitskräfte’.“ [10]

Diese Fakten rufen ins Bewusstsein, wer die Quelle des gesellschaftlichen Reichtums in China ist. Hinter den Jahrzehnten rasanten Wachstums in China steht die Arbeit, die Arbeitskraft von Hunderten Millionen chinesischer Erwerbstätiger. Ihre gnadenlose Ausbeutung und die Extra-Profitmaximierung durch die chinesischen Herrschenden und ausländischer Monopole/Konzerne waren in den letzten 30 Jahren gigantisch. Das Mysterium des chinesischen „Wunders“ liegt vor allem in der unglaublich zügellosen Auspressung der chinesischen ArbeiterInnen sowie ihren katastrophalen Lebens- und Arbeitsbedingungen.

Verfassung der VR China

Bevor wir im Einzelnen auf die Gesetze eingehen, wollen wir zwei zentrale Punkte vorweg schicken. Erstens: Garantiert werden nur wenige und eingeschränkte Rechte für die Werktätigen. In fast allen Fragen gibt es Ausnahmeregelungen in den Gesetzen selbst, die das Aushebeln der wenigen garantierten Rechte zulassen. Insofern sind viele Rechte nur auf dem Papier existent und das Papier nicht wert, auf das sie geschrieben sind. Zweitens: Das System der Diktatur der chinesischen Partei- und Bonzenbürokratie erschwert, bzw. verunmöglicht es den ArbeiterInnen, selbst die wenigen Rechte, die zugestanden werden, einzufordern. Warum? Weil Klagen vor chinesischen Gerichten in den allermeisten Fällen keine Aussicht auf Erfolg haben.

Die gesamte Gerichtsbarkeit ist Teil der sozialfaschistischen Diktatur und dieser bedingungslos verpflichtet. Sie entscheidet gemäß ihren „Klasseninteressen“. Wenn Veränderungen an Gesetzen, wenn Gerichtsentscheide vereinzelt zugunsten der ArbeiterInnen vorkommen, dann einzig und allein darum, weil der massive Widerstand der Werktätigen die Herrschenden dazu zwingt.

Allgemeine Grundrechte

Laut Verfassung gilt: „Art. 35 Die Bürger der Volksrepublik China genießen die Freiheit der Rede, der Publikation, der Versammlung, der Vereinigung, der Durchführung von Straßenumzügen und Demonstrationen.“ Die Bürger „genießen die Glaubensfreiheit“... Und laut Text ist sogar „Die Freiheit der Person der Bürger der Volksrepublik China unverletzlich.“ 2004 wurde noch der Satz „Der Staat respektiert und beschützt die Menschenrechte“ ergänzt. Ausgehend von dem Verfassungstext könnte angenommen werden, dass China ein bürgerlich, demokratisch politisches System hat. Aber weit gefehlt.

Natürlich ist es in der bürgerlichen Welt allgemein üblich, dass die in einer Verfassung festgelegten Rechte in der Realität beschnitten und eingeschränkt werden. In der chinesischen Verfassung hingegen werden in einem Artikel Rechte zugestanden und im nächsten, wieder aufgehoben.

Zwei Beispiele sind Art. 40 und 41 „Art. 40 Die Freiheit und das Geheimnis der Korrespondenz der Bürger der Volksrepublik China sind gesetzlich geschützt. Keiner Organisation oder Einzelperson ist gestattet, die Freiheit und das Geheimnis der Korrespondenz von Bürgern aus irgendeinem Grund zu verletzen, (jetzt aufpassen! TA) abgesehen von solchen Fällen, in denen aufgrund der Bedürfnisse der staatlichen Sicherheit oder zwecks Aufklärung von Straftaten die Organe für öffentliche Sicherheit oder die Organe der Staatsanwaltschaft gemäß den gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren eine Zensur der Korrespondenz vornehmen dürfen.“

Also, der Staat kann de facto, ohne weiteres Zensur ausüben. Praxis ist, jede oppositionelle Haltung, die den Herrschenden nicht genehm ist, als Problem der öffentlichen Sicherheit zu behandeln und entsprechend zu zensieren.

Weiter heißt es „Art. 41 Die Bürger der Volksrepublik China haben das Recht, gegenüber jeglichem Staatsorgan oder Staatsfunktionär Kritik und Vorschläge zu äußern; sie haben das Recht, sich wegen Rechtsüberschreitung oder Pflichtvernachlässigung durch Staatsorgane oder Staatsfunktionäre mit einer Anrufung, Anklage oder Anzeige an das entsprechende Staatsorgan zu wenden; (jetzt aufpassen! TA) es dürfen jedoch keine falschen Anschuldigungen und Diffamierungen durch Erfindung oder Entstellung von Tatbeständen erhoben werden.“

Also, die BürgerInnen haben zwar das Recht Anzeigen, Kritiken oder Anklagen zu machen, gleichzeitig können sie sich damit selber strafbar machen. Das Gesetz kann jederzeit gegen jeden/jede KritikerIn mit der Begründung „Verleumdung der Staatsorgane“ verwendet werden.

Gleichzeitig aber kontrolliert der Staat mit diesem Artikel seine Organe und Funktionäre. Wenn die Willkür zu weit geht, wenn die Vetternwirtschaft zu offensichtlich wird, wenn damit die Interessen der Herrschenden in Gefahr geraten, dann werden entsprechende Maßnahmen ergriffen.

Weiter, auch wenn der Verfassungstext zwar einige allgemeine Rechte enthält, so ist im Verhältnis dazu, das Gewicht der Pflichten der Bürger gegenüber dem Staat geradezu massiv.

Zum Beispiel wird in Art. 53 vorgegeben: „Die Bürger der Volksrepublik China müssen die Verfassung und die Gesetze befolgen, Staatsgeheimnisse wahren, öffentliches Eigentum achten, die Arbeitsdisziplin einhalten, die öffentliche Ordnung wahren und die gesellschaftlichen Verhaltensweisen einhalten.“ Allein dieser Art. 53 reicht aus, unerwünschte BürgerInnen oder PolitikerInnen zu verfolgen, zu drangsalieren und zu terrorisieren. Da wird jede Pflicht der BürgerInnen zu einem Herrschaftsinstrument der Machthaber. Tagtäglich wird von der chinesischen Justiz gegen Arbeiter der staatseigenen Betriebe, die für ihre Rechte, Arbeitszeit, Urlaub etc. kämpfen, mit diesem Art. 53 als „Störer der öffentlichen Ordnung“ vorgegangen und sie werden entsprechend bestraft.

Rechte der ArbeiterInnen in der Verfassung

Für die Lage der Arbeiterklasse sind Streikrecht, Recht auf Arbeit, Recht auf Urlaub oder gleicher Lohn für gleiche Arbeit zentrale demokratische Rechte im Klassenkampf. In der chinesischen Verfassung von 1975 heißt es noch „Die Bürger haben das Recht auf die Freiheit …von Straßenumzügen, von Protestdemonstrationen und des Streiks“. (S. 32) Das Streikrecht wurde 1982 aus der Verfassung gestrichen. Begründung war, das sozialistische System habe „die Probleme zwischen Proletariat und Unternehmenseignern ausgeräumt.“ [11] In einer Zeit also, wo der kapitalistische Umbau in China mittels des globalisierten Kapitalismus in die Vollen ging, wird unter dem Fähnchen, ‚wir haben Sozialismus’, das Streikrecht einfach gestrichen. Das ist durch und durch undemokratisch und ein rechtlicher Pfeiler der sozialfaschistischen Diktatur.

In der Verfassung hat die KP China die „sozialistische Marktwirtschaft“ festgeschrieben, in der chinesische und ausländische Konzerne und Finanzkapitalisten gegenüber den ArbeiterInnen schalten und walten können, wie sie wollen. D.h. sie gibt den Ausbeutern alle Rechte und der ausgebeuteten Klasse nimmt sie das elementarste Recht. Den ArbeiterInnen wird das Streikrecht gesetzlich verwehrt. Nur mit einem solchen könnten sie ihre Forderungen nachdrücklich und kämpferisch durchsetzen. Das Gesetz illegalisiert jeden Widerstand und jede Aktion, von vorne herein.

1975 wird im Art. 27 festgestellt: „Die Bürger haben das Recht auf Arbeit und das Recht auf Bildung“ (S. 31) 1982 wird das Recht auf Arbeit in der Verfassung ‚elegant’ abgeschafft: „Art. 42 Die Bürger der Volksrepublik China haben sowohl das Recht als auch die Pflicht zu arbeiten. Durch verschiedene Kanäle schafft der Staat die Bedingungen für Beschäftigung, verstärkt den Arbeitsschutz, verbessert die Arbeitsbedingungen und erhöht auf der Grundlage der Produktionserweiterung das Arbeitsentgelt und vermehrt soziale Vorteile. Die Arbeit ist die ruhmreiche Pflicht eines jeden arbeitsfähigen Bürgers. Die Werktätigen in den staatseigenen Betrieben und in den Organisationen der Kollektivwirtschaft in Stadt und Land sollen mit dem Bewusstsein, Herren des Landes zu sein, an ihre Arbeit herangehen. Der Staat befürwortet einen sozialistischen Arbeitswettbewerb und zeichnet vorbildliche und fortgeschrittene Werktätige aus.“

Das „Recht auf Arbeit“ wird mit einer kleinen Umformulierung einfach gekippt. Die Bürger haben nun nur noch „das Recht zu arbeiten“. Was nichts anderes bedeutet, jeder Bürger darf, wenn er Arbeit findet, auch arbeiten. Was wie Unsinn klingt, hat weitreichende Bedeutung. Der Rechtsanspruch auf Arbeit, also auf einen konkreten Arbeitsplatz wird aufgehoben.

Damit wird ein Grundsatz der sozialistischen Ökonomie auch rechtlich abgeschafft: Der Staat der Diktatur des Proletariats garantiert allen BürgerInnen das Recht auf Arbeit.

Gleichzeitig wird in der chinesischen Verfassung weiterhin Arbeit zur „ruhmreichen Pflicht“ gemacht. Und den Werktätigen in den staatseigenen Betrieben wird versichert sie seien „Herren des Landes“! Welche Ironie!

Während die BürgerInnen also zur Arbeit verpflichtet werden, nimmt der Staat sich aus der Pflicht, den Bürgern entsprechende Arbeitsplätze zu garantieren. Er gibt sich bescheiden und schafft nur noch „die Bedingungen für Beschäftigung“. Die Folge sind natürlich enorm hohe Erwerbslosigkeit, verschärfte Konkurrenz unter den ArbeiterInnen und Hungerlöhne.

Das Erholungsrecht wird in der gültigen Verfassung so formuliert: „Art. 43 Die Werktätigen der Volksrepublik China haben das Recht auf Erholung. Der Staat ent­wickelt Einrichtungen für die Erholung und für die Genesung der Werktätigen und legt die Arbeitsstunden und Urlaubsregelungen der Arbeiter und Angestellten fest.“ Wenn wir uns dazu das Arbeitsgesetz der VR China ansehen, dann wird schnell klar, mit dem zweiten Satz wird hier das „Recht auf Erholung“ im Prinzip auf Staatsbetriebe begrenzt. Was in den Privatbetrieben passiert, interessiert den Staat nicht. Das Erholungsrecht hängt eng mit den Arbeitszeitregelungen zusammen. Der Staat legt Arbeitsstunden und Urlaubsregelungen im „Arbeitsgesetz der VR China“ fest.

 Arbeitsgesetze

Von 1987 bis Anfang 1995 waren die ArbeiterInnen, die nicht in staatlichen Betrieben arbeiteten, besonders in den Gebieten der Freihandelszonen, praktisch rechtlos. Das heute noch gültige Arbeitsgesetz trat Anfang 1995 in Kraft. Für alle ArbeiterInnen, die als Billigarbeitskraft grenzenlos ausgebeutet werden, brachte es nur eine minimale Verbesserung. Für diejenigen, die in den staatlichen Betrieben arbeiteten, ca. 100 Mio. Menschen, bedeutete das Gesetz eine absolute Verschlechterung. Bis dahin hatten sie mindestens einen sicheren, unkündbaren Arbeitsplatz. Durch die Privatisierungen der Staatsbetriebe und das neue Arbeitsgesetz wurde diese Sicherheit abgeschafft.

Das Arbeitsgesetz wird nicht auf die rechtlichen Verhältnisse zwischen ArbeiterInnen und dem Staat angewandt, sondern auf die ArbeiterInnen und „Unternehmen im Gebiet der VR China und auf die Organisationen der Individualwirtschaft“ (Art. 2). Zur Bedeutung des Gesetzes kommentieren die deutschen Herausgeber: „Dies Gesetz soll die Reform des Arbeitsrechts abschließen und endgültig durchsetzen, dass Arbeitsverhältnisse auf Arbeitsverträgen beruhen müssen und damit auch bei allen Arbeitsverhältnissen der Staatsbetriebe das früher dort bestehende beamtenartige Rechtsverhältnis der Staatsarbeiter durch Arbeitsvertragsverhältnisse ersetzen.“ [12]

Das Arbeitsgesetz besteht aus 13 Kapiteln und 107 Artikeln bzw. Paragraphen. Der Gesetzgeber begründet die Notwendigkeit des Arbeitsgesetzes in § 1: „Um die legalen Rechte und Interessen der Arbeitenden zu schützen, die Arbeitsbeziehungen zu regeln, eine der sozialistischen Marktwirtschaft entsprechende Arbeitsordnung zu errichten und zu schützen und die wirtschaftliche Entwicklung und den sozialen Fortschritt zu fördern, wird aufgrund der Verfassung dies Gesetz bestimmt.“

Im ersten Kapitel sind die „Allgemeinen Regeln“ festgelegt. Hier heißt es u.a. „§ 2 Auf die Unternehmen im Gebiet der VR China und auf die Organisationen der Individualwirtschaft im Gebiet der VR China (im folgenden kurz: Arbeitgebereinheiten) und auf die Arbeitenden, die mit ihnen Arbeitsbeziehungen bilden, wird dies Gesetz angewandt. Gegenüber Behörden, institutionellen Einheiten und gesellschaftlichen Körperschaften und denjenigen Arbeitenden, die mit ihnen Arbeitsvertragsbeziehungen errichten, wird dies Gesetz entsprechend angewandt.“

Bevor es um die Pflichten der „Arbeitgebereinheiten“ geht, werden die Rechte und Pflichten der Arbeitenden festgelegt:

„§ 3 Die Arbeitenden haben gleichberechtigt das Recht, beschäftigt zu werden und ihren Beruf zu wählen, das Recht, Arbeitsentgelt zu erhalten, das Recht auf Ruhezeiten und Urlaub, das Recht, Schutz der Arbeitssicherheit und Gesundheit zu erhalten, das Recht, berufstechnische Ausbildung zu erhalten, das Recht Sozialversicherung und Sozialleistungen zu genießen, das Recht, die Regelung von Arbeitsstreitigkeiten zu beantragen und andere vom Gesetz bestimmte Arbeitsrechte. Der Arbeitende muß (seine) Arbeitspflichten erfüllen, seine berufstechnischen Fähigkeiten steigern, sich an die Arbeitssicherheits- und Gesundheitsvorschriften halten, Arbeitsdisziplin und Berufsmoral wahren.“

Wenn Rechte so allgemein festgehalten werden, sieht das vielleicht auf den ersten Blick ganz gut aus! Scheinbar haben die ArbeiterInnen laut Text, außer dem Streikrecht, fast alle notwendigen Rechte in der Arbeitswelt... Das ist aber nur ein Beispiel dafür, wie täuschend ein Gesetzestext sein kann. Zum Beispiel wird auch hier nicht vom Recht auf Arbeit gesprochen, sondern davon, dass die Arbeitenden „gleichberechtigt“ „beschäftigt werden“ sollen. Die „Arbeitgebereinheiten“ können alle ArbeiterInnen „gleichberechtigt“ ausquetschen, ausbeuten, uns auf die Straße setzen, wann es ihnen passt.

Es ist gut, den Arbeitenden per Gesetz das Recht zuzugestehen „Arbeitsentgelt zu erhalten“. Nur, wie sieht es wirklich in der Praxis aus? Millionen von ArbeiterInnen in China kämpfen seit Jahren, immer wieder nur darum, die Ausbezahlung ihrer Hungerlöhne zu erreichen! Es ist an der Tagesordnung, dass insbesondere WanderarbeiterInnen um ihre Löhne betrogen werden.

Unter dem Schlagwort „sozialistische Marktwirtschaft“ wird auch mit dem Arbeitsgesetz ein weiterer „offizieller“ Schritt in Richtung offener Kapitalismus getan. Letztendlich wird die kapitalistische Ausbeutung legalisiert, auch wenn immer noch vom „Sozialismus chinesischer Prägung“ geredet wird.


Arbeitsverträge

Kapitel 3 enthält Regelungen für Arbeits- und Kollektivverträge. Das Wichtigste ist die gesetzliche Vorgabe, „Zur Errichtung einer Arbeitsbeziehung muß ein Arbeitsvertrag geschlossen werden.“ „Der Arbeitsvertrag“ muss “eine Vereinbarung, welche eine Arbeitsbeziehung zwischen Arbeitendem und Arbeitgebereinheit errichtet und die beiderseitigen Rechte und Pflichten klarstellt“, beinhalten. Um die allerminimalsten Rechte der Arbeitenden zu schützen ist dieser Paragraph hinnehmbar. Aber er wird völlig entwertet. Denn in dem ganzen Arbeitsgesetz fehlt jegliche Androhung von Strafen oder Sanktionen für den Fall, dass kein Arbeitsvertrag geschlossen wird. Es ist genau diese „Gesetzeslücke“, die von den chinesischen und ausländischen Kapitalisten mit allen Mitteln genutzt wurde, um überhaupt keine Arbeitsverträge abzuschließen.

Weil das so offensichtlich war und der Staat durch heftige Proteste der ArbeiterInnen eine Gefahr für die „harmonischen Arbeitsverhältnisse“ befürchtete, wurde 2008 ein neues „Arbeitsvertragsgesetz“ verabschiedet. Bevor es in Kraft trat, wurden noch mehrere Millionen ArbeiterInnen entlassen, um unbefristete Arbeitsverträge zu verhindern. Im Artikel 1 wird die Zielsetzung des Gesetzes so formuliert: „Dieses Gesetz dient der Verbesserung des Arbeitsvertragsrecht, der Festlegung von Rechten und Pflichten der Vertragsparteien, dem Schutz der gesetzlichen Rechte und Interessen der Arbeitnehmer sowie der Schaffung und ­Weiterentwicklung von harmonischen und ausgeglichenen Arbeitsverhältnissen.“ Das brachte verglichen mit dem Arbeitsgesetz eine gewisse Verbesserung. So wurden Sanktionen auch für den Fall festgelegt, wenn kein Arbeitsvertrag vorlag. Geregelt wurde auch welche Entschädigungen gezahlt werden müssen, z.B. bei nicht rechtzeitiger Lohnzahlung oder bei Entlassung etc. Mit dem Gesetz wollen die Herrschenden ver­suchen die Unzufriedenheit der ArbeiterInnen zu besänftigen.

  Arbeitszeit und Erholung/Urlaub

Wie wir in der Verfassung gesehen haben, legt der Staat „die Arbeitsstunden und Arbeitsregelungen der Arbeiter und Angestellten fest.“ (Art. 43) Das erfolgt hauptsächlich durch das Arbeitsgesetz. Arbeitszeiten und Erholung werden im Kapitel 4 geregelt: „§ 36 Der Staat regelt die Arbeitszeit so, daß die tägliche Arbeitszeit 8 Stunden und die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 44 Stunden nicht überschreitet.“; „§ 38 Die Arbeitgebereinheit muß den Arbeitenden wöchentlich mindestens einen Ruhetag gewährleisten.“ Also 6-Tage-Woche und 44 Stunden Arbeitszeit im „Sozialismus“. Gleichzeitig wird diese Festlegung sofort im nächsten Paragraphen ausgehebelt und entwertet. „§ 39 Wenn das Unternehmen sich wegen der Produktionsbedingungen nicht an die §§ 36 und 38 halten kann, kann mit Genehmigung der Arbeitsverwaltungsabteilung eine andere Methode für die Arbeits- und Ruhe(zeit) gewählt werden.“

Damit wird die Umsetzung der Paragraphen 36 und 38 per Gesetz umgangen. Jedes Unternehmen, das sich mit der „Arbeitsverwaltungsabteilung“, mit Partei und Staatsbürokraten gut stellt, mit hohen Summen besticht, kann nach diesem Paragraph 39 die ArbeiterInnen beliebig lange arbeiten lassen. Die Macht des Kapitals wird auch mit dem Paragraph 41 weiter gestärkt. Die Willkür gegen die ArbeiterInnen ist sozusagen „gesetzlich“ geregelt.

„§ 41 Wenn die Arbeitgebereinheit, weil Produktion und Betrieb es erfordern, nach Verhandlungen mit Gewerkschaft und den Arbeitenden die Arbeitszeit verlängern kann, dürfen die Überstunden in der Regel täglich eine Stunde nicht überschreiten; wenn besondere Gründe eine Verlängerung der Arbeitszeit erfordern, können sie, soweit die körperliche Gesundheit der Arbeitenden gewährleistet ist, bis zu 3 Stunden täglich, aber nicht über 36 Stunden monatlich betragen.“

Das heißt, das Arbeitsgesetz garantiert nicht einmal den 8-Stunden-Tag, sondern eine beliebige Verlängerung der Arbeitzeit. So sind 11 Stunden Arbeitszeit im Arbeitsalltag ganz „normal“. Es gibt kein Wochenende und die Arbeitstage sind von früh bis spät.

Wie sieht es mit Jahresurlaub aus? „§ 45 Der Staat sieht einen bezahlten Jahresurlaub vor. Arbeitende, die fortgesetzt ein Jahr lang gearbeitet haben, genießen einen bezahlten Jahresurlaub. Die konkrete Regelung wird vom Staatsrat getroffen.“

Für Staatsbetriebe ist ein bezahlter Urlaub vorgesehen, aber es wird nicht konkret festgelegt, wie viele Urlaubstage das mindestens im Jahr sein müssen. Die Angaben über den Zeitraum von Jahresurlaub in anderen Betrieben schwanken zwischen 7-14 Tagen. Wenn jemand ein Jahr lang nicht durchgehend gearbeitet hat, hat er keinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub.

  Arbeitslohn

Im Kapitel 5 „Lohn“ des Arbeitsgesetzes heißt es: „§ 46 Die Löhne müssen dem Grundsatz der Verteilung nach Arbeit entsprechen; für gleiche Arbeit muß gleicher Lohn gelten. Das Lohnniveau wird auf der Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklung langsam angehoben. Der Staat übt eine Makrokontrolle des Gesamtlohns aus.“

Auch hier alles Floskeln, die keinerlei konkrete und bindende Festlegung beinhalten. Für gleiche Arbeit gleicher Lohn ist ja gut! Aber sofort im Anschluss wird im Paragraph 47 dieser Grundsatz wieder aufgehoben. „§ 47 Die Arbeitgebereinheit bestimmt den Besonderheiten von Produktion und Betrieb dieser Einheit und ihrer wirtschaftlichen Effizienz entsprechend nach dem Gesetz autonom die Formen der Lohnverteilung dieser Einheit und ihr Lohnniveau.“ Also, alles bleibt dem Kapital und Konzern überlassen.

Die Frage, wie hoch oder wie niedrig die Löhne sein sollen, bzw. mindestens sein müssen, wird weitgehend unbeantwortet gelassen. Reichen die Löhne für die Reproduktion, also für alle zum Leben notwendigen Dinge, Nahrung, Unterkunft, Kinder-Familienversorgung, Kultur und Freizeit aus? Auch das ist kein Kriterium für ein Gesetz, das sich Arbeitsgesetz nennt.

Die „langsame Anhebung“ des Lohnniveaus „auf der Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklung“ verspricht, dass sich die verheerende Lebenswirklichkeit der chinesischen Werktätigen – wenn überhaupt – nur langsam verbessert. Der gesellschaftliche Reichtum schnellt in die Höhe und kommt der Staats- und Privatbourgeoisie zugute. Diejenigen, die diese Werte schaffen, die Lohnabhängigen erhalten weiterhin Hungerlöhne. Und selbst die langsame Anhebung ist keineswegs garantiert.

160 Mio. ArbeiterInnen der privatkapitalistischen Konzerne sind von dem Paragraph 47 betroffen und deren Löhne oder „Formen der Lohnverteilung“ wird von dem Kapitalisten „autonom“ bestimmt. (Die „halbprivatisierten“ Betriebe sind hier nicht mitgerechnet.)

Im Paragraph 48 wird nur ein örtlicher Mindestlohn zugesichert. „§ 48 Der Staat garantiert einen Mindestlohn. Konkrete Sätze für den Mindestlohn werden von der Volksregierung der PAS (Staatliche Institution) festgesetzt und dem Staatsrat zu den Akten gemeldet. Der Lohn, den die Arbeitgebereinheit den Arbeitenden zahlt, darf nicht unter dem örtlichen Mindestlohn liegen.“ [13]

Wie die Löhne ausbezahlt werden sollen, wird so festgelegt: „§ 50 Der Lohn muß monatlich in Geld dem ­Arbeitenden selbst ausgezahlt werden. Es ist nicht zulässig, von dem Lohn des Arbeitenden Abzüge zu machen oder die Auszahlung grundlos zu verzögern.“ Auch das hört sich gut an! Aber die Wirklichkeit steht in krassem Widerspruch dazu: ausstehende, nicht rechtzeitig oder nie bezahlten Löhne oder auch Lohnabzüge sind mit die wichtigsten Gründe für die meisten Streiks und Arbeitskämpfe, die in den letzten Jahren geführt wurden.

  Auseinandersetzungen zwischen Kapital und Arbeit

Wie schon gesagt, gibt es gesetzlich kein Streikrecht. Was passiert aber, wenn es so genannte „Arbeitsstreitigkeiten“ gibt? Damit beschäftigt sich § 77 „Kommt es zu einer Arbeitsstreitigkeit zwischen Arbeitgebereinheit und Arbeitendem, so können die Parteien nach dem Gesetz Schlichtung oder ein Schiedsverfahren beantragen oder Klage erheben, sie können den Streit auch in Verhandlungen beilegen. Der Grundsatz der Schlichtung wird auf das Schieds- und das gerichtliche Verfahren angewandt.“ Statt Streik- und Arbeitskämpfen sind Verhandlungen vorgesehen. Für die „harmonische Arbeitswelt“ ist das ja nötig!

Die Verhandlungen, die Schlichtungs- und Schiedsverfahren verlaufen nicht zwischen gleichberechtigten Parteien.

Die Gewerkschaft (siehe nächstes Kapitel), ist eine Staatsgewerkschaft, die vollständig Teil des Herrschaftsapparates ist. Die ArbeiterInnen sind überhaupt nicht vertreten. Dieses Verfahren verdeckt also nur die Realität. Die Schlichtungskommission soll sich aus Vertretern der Beschäftigten, der „Arbeitgebereinheit“ und der Gewerkschaft zusammensetzen und den Vorsitz soll der Gewerkschaftsvertreter übernehmen. Die Schiedskommission besteht aus Vertretern der Arbeitsverwaltung, der Gewerkschaft und der „Arbeitgebereinheit“.

Letztendlich bleibt ArbeiterInnen nur der Weg beim Volksgericht Klage zu erheben. Das erfordert aber einen sehr langen Atem, Tapferkeit und Mut um den damit verbundenen Repressionen überhaupt zu widerstehen. Und wie schon gesagt, die „Volksgerichte“ entscheiden fast immer gegen das Volk. Ohne Streikrecht haben die Arbeiter im Prinzip keine legale Möglichkeit ihre Interessen durchzusetzen.

Fazit: Die Gesetze des chinesischen Staates versuchen mit allen Mitteln, die Werktätigen als gefügiges Ausbeutungsobjekt für das internationale und chinesische Kapital ruhig zustellen und einzuschüchtern. Sie betonieren sozialfaschistische Vorgehensweisen und gestehen, nur gezwungenermaßen minimale demokratische Rechte zu.

So kommentiert Han Dongfang, unabhängiger Gewerkschafter, Herausgeber von China Labour Bulletin zurecht: „Diese Gesetze wurden nicht eingeführt, weil die Regierung besonders erleuchtet ist, sondern weil Arbeiterstreiks und -proteste gegen die ständigen und weit verbreiteten Rechtsverletzungen der Regierung keine andere Wahl ließen als das Gesetz zu ändern, um so eine weitere Zunahme von Arbeitskämpfen zu verhindern.“13

Widerstand, die Organisierung von Streiks und Demonstrationen sind in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen.

Da sich ein Bewusstsein der eigenen Kraft unter den ArbeiterInnen verstärkt hat, werden die Herrschenden gezwungen sein, weitere kleine Zugeständnisse zu machen. Aber gleichzeitig werden sie die Zuchtpeitsche schwingen und versuchen kommende Aufstände im Blut zu ertränken.

Allchinesischer Gewerkschaftsbund (ACGB) und Gewerkschaftsrechte

Im Arbeitsgesetz 1995 werden folgende Rechte ‚gewährt’: „§ 7 Die Arbeitenden sind berechtigt, nach dem Recht an Gewerkschaften teilzunehmen und Gewerkschaften zu organisieren. Die Gewerkschaft vertritt und schützt die legalen Rechte der Arbeitenden und wird nach dem Gesetz unabhängig und autonom tätig.“ Aber auch hier bloße Lippenbekenntnisse. Denn nur eine „Arbeitnehmer-Organisation“ ist gesetzlich anerkannt, der Allchinesische Gewerkschaftsbund. Daher ist es nur möglich in dieser einen Gewerkschaft Mitglied zu werden.

Ja, das ist ein Recht. Aber es ist eine Zwangsmitgliedschaft. Denn eine Gewerkschaftsgründung, bzw. -organisierung unabhängig vom ACGB ist nicht zulässig. Damit gibt es auch keine Wahlmöglichkeit für eine Mitgliedschaft.

Es ist Demagogie, im Gesetz das Recht auf Organisierung in „unabhängigen und autonomen“ Gewerkschaften zu verankern. Da gleichzeitig vorgegeben wird, dass diese Aufgabe einzig und allein der staatlich gelenkte ACGB wahrnehmen darf.

Der ACGB ist kein Vertreter der Arbeiterklasse, sondern Vertreter und Machtinstrument der revisionistischen KP und der neuen Bourgeoisie. Diese pseudo-Gewerkschaft klärt die ArbeiterInnen nicht einmal über ihre wenigen, existierenden Rechte auf. Diese Realität schlägt sich auch im Gewerkschaftsgesetz und seinen Änderungen nieder. Im aktuellen Gewerkschaftsgesetz, Oktober 2001, Art. 1 wird als Kernaufgabe festgelegt: „Dieses Gesetz wird in Kraft gesetzt im Einklang mit der Verfassung der Volksrepublik China im Hinblick auf die Gewährleistung des Status der Gewerkschaften im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Leben des Staates, der Festlegung ihrer Rechte und Pflichten und ihr Einbringen ihrer Rolle in die sozialistische Modernisierung.“

Dieser Artikel 1 ist der entscheidende Punkt des ganzen Gesetzes. Aufgabe der Gewerkschaften ist nicht die Vertretung der Interessen der ArbeiterInnen. In den Mittelpunkt wird der Status der „Gewerkschaften im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Leben des Staates“ gestellt. Sozusagen die „Sozialpartnerschaft“ der Marktwirtschaft auf chinesisch-revisionistisch.

Das Streikrecht ist bereits schon 1982 aus der Verfassung gestrichen worden. Was ist Aufgabe des ACGB, falls doch gestreikt wird? In Art. 27 heißt es: „Im Falle einer Arbeitsniederlegung oder eines Bummelstreiks in einem Unternehmen vertritt die Gewerkschaft das Personal und die Beschäftigten bei der Beratung mit dem Unternehmen, der Institution oder der jeweiligen Gruppe, sie gibt die Ansichten und Forderungen von Personal und Beschäftigten wieder und soll Lösungen finden. Das Unternehmen oder die Institution soll eine Streitschlichtung anstreben mit den vernünftigen Forderungen der Belegschaft und der Beschäftigten.“ [14]

Also hier muss nicht viel interpretiert werden. Der ACGB soll eine Vermittlerrolle spielen. Auf keinen Fall die ArbeiterInnen zum Kampf ermutigen oder fördern!? Am besten die Konflikte schlichten! Der ACGB vertritt nicht die Interessen der eigenen Mitglieder, weil er die „Vermittlungs­instanz zwischen den Betriebsparteien“, das heißt zwischen Kapitalisten und ArbeiterInnen ist.

Art. 10 sichert das Gewerkschaftsmonopol des ACGB ab. Der ACGB wird zur „einheitlichen nationalen Organisation“ deklariert. Die Gründung von Gewerkschaftsorganisationen ist ab 25 Mitgliedern möglich. Aber jede Gewerkschaftsorganisation ist nur dann offiziell anerkannt, wenn sie von der nächst höheren Ebene gebilligt wird. Jede Gewerkschaftsorganisierung muss sich dem ACGB anschließen. Also, eine Gewerkschaft, die sich nicht dem ACGB anschließt, gilt als nicht existent.

Der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) veröffentlicht jeweils eine „Jährliche Übersicht über die Verletzungen von Gewerkschaftsrechten in China“. Darin wird die Rolle des ACGB so eingeschätzt: „Der Allchinesische Gewerkschaftsbund (ACGB) ist die einzige zugelassene Gewerkschaftsorganisation des Landes. Seine Rolle und die Aufsichtsfunktion von Ortsverbänden auf höherer Ebene gegenüber jenen auf niedrigerer Ebene wurden mit den Gesetzen aus dem Jahr 2008 gefestigt, vor allem bezüglich der Klärung strittiger Arbeitsfragen und der Förderung des landesweiten Aufbaus einer ‚harmonischen Gesellschaft’ und eines ‚harmonischen Arbeitsplatzes’.“ [15]

Über die Gewerkschaftswahlen wird berichtet: „Obwohl das Gewerkschaftsgesetz vorschreibt, dass Gewerkschaftsfunktionäre auf allen Ebenen gewählt werden sollten, wird dies häufig ignoriert, und die meisten Funktionäre werden ernannt. Die gewählten Kandidaten müssen zudem von den Ausschüssen des ACGB auf Provinzebene genehmigt werden. Im Prinzip von der Betriebsleitung und von örtlichen ACGB-Funktionären ins Leben gerufene ‚Papiergewerkschaften’ sind nach wie vor weit verbreitet, und viele Beschäftigte sind sich der Existenz einer Gewerkschaft in ihrem Betrieb überhaupt nicht bewusst.“ (ebenda)

Und wie verhält sich der ACGB bei „Arbeitskonflikten“? „Der Allchinesische Gewerkschaftsbund (ACGB) hat mit der Mehrzahl der Konflikte und kollektiven Aktionen in den großen Verarbeitungszonen, in denen die meisten privaten Unternehmen angesiedelt und die meisten Beschäftigten interne Arbeitsmigrant(inn)en sind, nichts zu tun. Nur wenige Wanderarbeitskräfte sind sich der Existenz von Gewerkschaften in ihren Unternehmen bewusst und noch weniger würden die Gewerkschaft um Unterstützung bitten, wenn ihre gesetzlichen Rechte verletzt werden.“ (ebenda)

Diese Einschätzungen des IGB stimmen mit vielen Informationen von unabhängigen chinesischen Gewerkschaftsaktivisten in Internetforen wie Globalisation Monitor, China Labor Net, etc. überein.

Die Bewertungen des IGB sind nicht von einem antikapitalistischen Standpunkt aus gemacht. Nein, sie sind von einem gelben ‚sozialpartnerschaftlich’, weltweit agierenden Gewerkschaftsbund. Sogar diesem IGB ist der ACGB zu sehr sozialpartnerschaftlich.

Wenn der ACGB in einem Konzern Gewerkschaftszweigstellen gründen will, heißt das nicht, dass er die Interessen der ArbeiterInnen vertreten möchte. Der ACGB will dabei lediglich die Politik der KP Chinas in den Betrieben durchsetzen und die ArbeiterInnen in den Betrieben kontrollieren.

Wir geben ein Beispiel dafür: „Auf der ersten Stufe war Wal-Mart noch gegen die Einrichtung von Gewerkschaftszweigstellen, also nahm der ACFTU (ACGB, TA) wirklich Kontakt zu den Arbeitern selber auf und mobilisierte sie, Gewerkschaften aufzubauen. Auf dieser Stufe der Einrichtung von Gewerkschaften bestimmten die Arbeiter in demokratischen Wahlen die Gewerkschaftskomitees und die Gewerkschaftsvorsitzenden. Nachdem Wal-Mart seine Haltung geändert hatte, sich auf den ACFTU zu bewegte und sich einverstanden erklärte, in den restlichen Niederlassungen Gewerkschaften zuzulassen, kehrte der ACFTU zu seiner alten Politik zurück, bei der Gründung von Gewerkschaften die Zustimmung der Unternehmensleitung einzuholen. In anderen Worten, sobald er sein Ziel erreicht hatte, in den Wal-Mart Geschäften präsent zu sein, hörte er auf, die Arbeiter direkt zu mobilisieren. Es ist ein weiterer Beweis dafür, dass der ACFTU sich nicht in erster Linie für die Interessen der Arbeiter einsetzt, sondern mehr daran interessiert ist, sich selbst und dadurch die KPCh in den Betrieben zu verankern. Als Wal-Mart gefragt wurde, warum Gewerkschaften in den Läden erlaubt wurden, soll ein Wal-Mart Sprecher gesagt haben: ‚Die chinesischen Gewerkschaften unterscheiden sich grundsätzlich von den Gewerkschaften im Westen. ... Die Gewerkschaft hat betont, dass es ihr Ziel sei, mit den Arbeitgebern zusammenzuarbeiten und nicht die Konfrontation zu suchen.’ Diese ACFTU Politik bedeutet, dass er für sich selbst Propaganda machen und für sich beanspruchen kann, die Arbeiter zu verteidigen, während die Wahrheit ist, dass seine Existenz für den Führungsanspruch der KPCh wichtiger ist als für die Arbeiter.“ [16]

Fazit: Das Gewerkschaftsgesetz „gewährleistet“ den Status des ACGB und seine Vermittlerrolle für eine „harmonischen Gesellschaft“ und für einen „harmonischen Arbeitsplatz“. Der ACGB ist eine Staatsgewerkschaft. Das bestimmt seine Arbeit in der Organisierung und „Interessenvertretung“ in den Konzernen und Fabriken. Für die ArbeiterInnen und ihre Interessen ist er macht- und zahnlos.

Im zweiten Teil unseres Artikels werden wir die Lebens- und Arbeitsbedingungen der chinesischen ArbeiterInnen, ebenso wie ihren Widerstand und ihre Streiks gegen Staat, Kapital und Zwangsgewerkschaft thematisieren. An breiter Front nehmen die ArbeiterInnen ihr Schicksal in die eigenen Hände und schaffen sich eigene Organisationsformen.

  Anmerkung:

Wir wollen für die Einordnung von Autoren und ihrer Positionen, auf die wir in der Artikelserie eingehen, festhalten, dass sie sich politisch unterschiedlich verorten.

In zwei Büchern, beide herausgegeben im Verlag Assoziation A von den „FreundInnen von gongchao“ (gongchao = Arbeitskampf/ArbeiterInnenbewegung). werden informative, wichtige Analysen, soziologische Langzeitbeobachtungen und Berichte über die Arbeiterklasse in China veröffentlicht. „Dagonmei, Arbeiter­innen aus Chinas Weltmarktfabriken erzählen“, Pun Ngai, Li Wanwei, 2006 und „Aufbruch der zweiten Generation“, Pun Ngai, Ching Kwan Lee, u.a., 2010.

Die Autorin Pun Ngai, Professorin am Institut für angewandte Sozialwissenschaften Hongkong, analysiert in ihren Schriften durchaus differenziert das Rote China und das kapitalistische China. Auch wenn sie keine Kommunistin ist, beschreibt sie doch, dass objektiv die Klassenlage der ArbeiterInnen im China Maos wesentlich anders und besser war, als im heutigen China. Das bringt ihr im Vorwort von Seiten der ganz offensichtlich mit wildcat sympathisierenden, antimaoistischen und antistalinistischen „FreundInnen von gongchao“ den Vorwurf ein: „Die Stärke dieser Analysen liegt in der Erzählung konkreter Klassenerfahrungen und der dahinter stehenden Ausbeutungsbedingungen. Stellenweise haben sie aber auch Schwächen, wie … die anklingende Verharmlosung der maoistischen Klassenherrschaft.“ So ‚wünschen’ sich die FreundInnen für die Arbeiterbewegung in China „eine Klassenlinke, die sich abseits der sozialistisch-nationalistischen und staats­fixierten Positionen neo-maoistischer Gruppen…formiert.“  [17]

Im labournet werden regelmäßig faktenreiche, aktuelle Beiträge von chinesischen Autoren veröffentlicht. Autoren wie z.B. Au Loong Yu (Mitarbeiter von Globalization Monitor in Hongkong, Herausgeber China Labor Net) oder Bai Ruixue (Autor bei China Labor Net). Sie sind nicht nur Gegner des heutigen reaktionären chinesischen Regimes. Sie sind Verfechter der bürgerlichen Demokratie, antikommunistisch und prangern den „Maoismus“ als menschenfeindlich an und lehnen insgesamt das sozialistische China ab.

Sie sind allerdings insoweit „objektiv“, als auch sie die offensichtlichen Unterschiede zwischen der Lage der ArbeiterInnen von 1949 bis 1976 und 1978 bis heute durchaus sehen und festmachen. Ihrer Einschätzung nach sah die Lage so aus: „Kurz: In der Mao Periode waren die Arbeiter die am wenigsten unzufriedene Klasse, und daraus erklärt sich zu einem großen Teil das Fehlen signifikanter Arbeitskämpfe sowie vor allem das Fehlen von Bestrebungen, autonome Arbeiterorganisationen zu gründen. In den ersten Jahren nach der Gründung der Volksre­publik China gab es lokale ökonomische Streiks, ebenso während der ‚Kulturrevolution’. Diese waren aber nur klein. Selbst wenn sie politisch wurden, gelang es ihnen nicht, politische Unabhängigkeit vom Parteiführer Mao Zedong oder von der Partei als Ganzes zu erlangen, wie es später der Fall war.“[18]

Verfassung der VR China –
Rolle rückwärts vom Aufbau des Sozialismus zum Kapitalismus

Die Partei-Herrscher der KP Chinas rühmen in ihrer Propaganda China nach wie vor als einen „sozialistischen Staat“, der angeblich von der Arbeiterklasse geführt wird. In der Verfassung ist das auch so festgeschrieben. Diese Lüge hat auch in Deutschland noch ihre AnhängerInnen. Organisationen wie die DKP (Deutsche Kommunistische Partei), Die Linke oder KAZ (Kommunistische Arbeiterzeitung) verteidigen China, als Gesellschaft, die „auf dem Weg zum Aufbau des Sozialismus chinesischer Prägung“ sei. Einige trotzkistische Gruppen verteidigen China auch als „sozialistisch“, aber bezeichnen es gleichzeitig als einen „degenerierten Arbeiterstaat“. Auch deshalb ist es notwendig, sich knapp mit der Verfassung und der Realität zu befassen.

   Kurze Geschichte ...

Die erste, noch „provisorische“ Verfassung der Volksrepublik China wurde auf der 1. Plenartagung des Politischen Konsultativen Volksrates (21.- 30.09.1949) beschlossen. Am 1. Oktober 1949 erfolgte die Gründung der Volksrepublik. Im September 1954 wurde die überarbeitete Verfassung verabschiedet. Nach der Kulturrevolution wurde eine neue Verfassung ausgearbeitet und im Januar 1975 vom IV. Nationalen Volkskongress angenommen. Im 1. Art. wird China nicht als „Volksstaat“ definiert, sondern als: „ein sozialistischer Staat der Diktatur des Proletariats, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht.“ (Die Verfassung der VR China, 1975, Peking, S. 10)

Nach Mao Zedongs Tod 1978 wurde die Verfassung revidiert und im Dezember 1982 neu verabschiedet. Diese Verfassung ist bis heute gültig. Allerdings wurde sie in den Jahren 1988, 1993, 1999 und 2004 an die konkreten Entwicklungen„angepasst“, die durch die revisionistische Politik der „Reform und Öffnung“ stattfanden.

Die Parteibonzen, Herrscher des Landes, haben viele Festlegungen der Verfassung von 1975, so auch die Bezeichnung der Volksrepublik China als „sozialistischer Staat“ beibehalten. Aber trotzdem wurde Grundlegendes verändert. Die Charakterisierung des Staates als „Diktatur des Proletariats“ in der Verfassung von 1975 wurde 1982 durch die „demokratische Diktatur des Volkes“ ersetzt. Nach und nach wurde die „Privatwirtschaft“, das heißt der „Privatkapitalismus“, in die Verfassung ‚integriert’.

Ein Beispiel für diese schrittweisen Veränderungen in der Verfassung:

1975 heißt es in Art. 7: „Unter der Voraussetzung, daß die Entwicklung und der absolute Vorrang der Kollektivwirtschaft der Volkskommune gewährleistet sind, dürfen die einzelnen Mitglieder der Volkskommune kleine Parzellen für ihre private Nutzung bewirtschaften und häusliches Nebengewerbe in geringem Umfang ausüben, in Viehzuchtgebieten dürfen sie einen geringen Viehbestand für ihre private Nutzung besitzen.“ (S. 14-15)

In Art. 5, wird konkret ausgeführt: „Der Staat erlaubt den nicht in der Landwirtschaft tätigen Einzelwerktätigen, im Rahmen der Gesetze, ohne andere auszubeuten, individuell zu arbeiten, wobei diese Arbeit von den Organisationen der Wohnblöcke in den Städten und Kleinstädten beziehungsweise von den Produktionsgruppen der ländlichen Volkskommunen einheitlich geregelt wird. Zugleich sollen diese Werktätigen Schritt für Schritt auf den Weg der sozialistischen Kollektivierung geleitet werden.“ (S. 13) Hier ist ganz klar festgeschrieben, dass individuelle Arbeit und Produktion für den Eigenbedarf unter bestimmten Bedingungen möglich ist. Wesentlich hierfür aber ist, zu arbeiten ohne andere auszubeuten. Als gesellschaftliche Zielsetzung wird die Kollektivierung festgelegt.

Was wird nun in der Verfassung von 1982 und ihren ‚weiteren Anpassungen’ gemacht? Als Ziel wird sich gesetzt, die schrittweise kapitalistische Privatisierung, unter dem Etikett „individuelle Wirtschaft“ voranzutreiben und ihr einen gesetzlichen Rahmen zu geben. Das verläuft in verschiedenen Etappen der Veränderung von Art. 11. 1982 werden die Rechte der individuellen Wirtschaft das erste Mal verfassungsrechtlich verankert:

„Art. 11 Die individuelle Wirtschaft der Werktätigen in Stadt und Land, soweit im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen, ist eine Ergänzung der sozialistischen Wirtschaft des Gemeineigentums. Der Staat schützt die legitimen Rechte und Interessen der individuellen Wirtschaft. Der Staat leitet, unterstützt und beaufsichtigt die individuelle Wirtschaft durch administrative Kontrolle“. (www.verfassungen.net/re/verf82.htm)

Im ersten Verfassungszusatz 1988 wird dann mit folgender Hinzufügung zu Art. 11 offen die kapitalistische „Privatwirtschaft“ als „Ergänzung“ anerkannt: „Der Staat erlaubt im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen die Existenz und die Entwicklung einer Privatwirtschaft. Die Privatwirtschaft ist eine Ergänzung der sozialistischen Gemeineigentumswirtschaft. Der Staat schützt die gesetzmäßigen Rechte und Interessen der Privatwirtschaft und praktiziert gegenüber der Privatwirtschaft Anleitung, Aufsicht und Regulierung“. Aber auch das reichte noch nicht aus! 1999 wird der Art. 11 umformuliert und dabei die „Gemeineigentumswirtschaft“ durch die „sozialistische Marktwirtschaft“ ersetzt. 2004 erhält der Art. 11 Abs. 2 seine bislang letzte Fassung: „Der Staat schützt die gesetzmäßigen Rechte und Interessen des nicht-öffentlichen Sektors der Wirtschaft ebenso wie die des individuellen und privaten Sektors der Wirtschaft…. Der Staat ermutigt, unterstützt und führt die Entwicklung des nicht öffentlichen Sektors“. Das Privateigentum wird vollständig anerkannt und geschützt. Zusätzlich stellt sich der Staat verfassungsmäßig die Aufgabe die Privatwirtschaft „zu ermutigen“ und „zu unterstützen“. Hämisch, da damit der so genannte Sozialismus in China diskreditiert werden kann, aber inhaltlich durchaus richtig, kommentiert der Spiegel diese Verfassungsänderungen: „Die Sozialpflicht des privaten Eigentums, wie sie die deutsche Verfassung kennt (zumindest auf dem Papier! TA), hat sich damit in eine Privatpflichtigkeit des Staates verwandelt. Die Kapitalisten sind die neue Herrenklasse. So sind die Unternehmer noch in keinem Land hofiert worden. Das Eigentum besitzt in China mehr Rechte, als das Volk.“ [19]

Dem „kapitalistischen“ Sendungsbewusstsein des chinesischen Staates entspricht auch die Änderung  in Art. 13/2004: „das gesetzmäßige private Eigentum der Bürger ist unverletzlich. Der Staat schützt, in Übereinstimmung mit dem Gesetz, die Rechte der Bürger auf privates Eigentum und Erbschaft.“ Hier wird das Privateigentum erstmals zur Privatsache erklärt. Es gilt als ‚unverletzlich’ und es darf ‚schrankenlos‘ vererbt werden.

Die Veränderungen der Verfassung dokumentieren den forcierten Prozess der „Legalisierung“ und Privilegierung des Kapitalismus unter Kontrolle der revisionistisch-kapitalistischen Parteibourgeoisie. Selbstverständlich wird der Kapitalismus nicht per Gesetz durchgedrückt. Nein, die Gesetze werden lediglich der konkreten Lage, das heißt der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise und -beziehungen angepasst, bzw. öffnen ihr rechtlich Tür und Tor.

  Schlussfolgerungen…

Verfassungsrechtlich stellt sich das heutige China als ein Land mit „sozialistischer Marktwirtschaft“ dar, wo die Privatwirtschaft gleichermaßen geschützt wird wie der „öffentliche Sektor“.

Die chinesischen Herrscher, die schon lange Staatskapitalismus betreiben, haben nicht nur Schritt für Schritt die Privatwirtschaft und deren Schutz in der Verfassung verankert, sondern weichen auch Schritt für Schritt die Bewertung Chinas als sozialistischen Staat auf. In der „Präambel“ der Verfassung hieß es noch 1982: „Die sozialistische Umgestaltung des Privateigentums an den Produktionsmitteln ist abgeschlossen, das System der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ist abgeschafft, und das sozialistische System ist etabliert worden.“ 1993 wird diese Passage wie folgt geändert: „Unser Land befindet sich im Anfangsstadium des Sozialismus.“ Und 1999 wird nochmals umformuliert: „Unser Land wird sich noch lange Zeit im Anfangsstadium des Sozialismus befinden.“ Vom etablierten sozialistischen System, das angeblich die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft hat (1982), wird eine Rolle rückwärts zu einer „langen Zeit im Anfangsstadium des Sozialismus“ (1999) gemacht. Nur so lässt sich propagandistisch die „sozialistische Marktwirtschaft“ und der „Schutz des Privateigentums“ noch mit einem „Sozialismus-Mäntelchen umhüllen. Das soll der „Sozialismus chinesischer Prägung“ sein?! Das ist wirklich eine groteske Satire.

Wie sich die Zeiten ändern!

„Was für eine Arbeit leistet die Gewerkschaft nun konkret und wie macht sie das? Sun erzählte uns darüber: Die Partei ist die Vorhutorganisation des Proletariats, während die Gewerkschaft eine Massenorganisation der Arbeiterklasse darstellt. Deshalb arbeiten die Gewerkschaftsorganisationen auf allen Ebenen – von der Fabrik bis zu den verschiedenen Werkhallen – unter der Führung der Parteiorganisation der entsprechenden Ebene. Die Aufgabe, welche die Gewerkschaft vor allem zu erfüllen hat, ist, unter den Arbeitern das Studium des Marxismus-Leninismus und der Maotsetungideen zu organisieren und die Arbeiter in Hinsicht auf Ideologie und politische Linie zu erziehen. Zur Zeit studiert die ganze Fabrik das ‚Manifest der Kommunistischen Partei’ von Marx und Engels und ‚Staat und Revolution’ von Lenin. Die Arbeiter beteiligen sich turnusmäßig an kurzen Intensivkursen. Ihre Löhne erhalten sie in dieser Zeit voll ausbezahlt. … Die Gewerkschaft hilft den Arbeitern auch, ihre produktive Arbeit gut zu verrichten. Sie sorgt dafür, daß die Arbeiter die Leitung auf allen Ebenen kontrollieren und ihr bei der Arbeit Beistand leisten. Selbstverständlich muß sich die Gewerkschaft um das Leben der Arbeiter kümmern. Das neu gewählte Komitee der Gewerkschaft, das Führungsorgan der Gewerkschaft in der Fabrik besteht aus 24 Mitgliedern. Viele von ihnen, einschließlich der Vizevorsitzenden Yü Hsiao-ming arbeiten weiterhin in den Werkhallen auf ihren ursprünglichen Posten. Obwohl er die Ämter eines Vorsitzenden des Gewerkschaftskomitees und eines stellvertretenden Sekretärs des Parteikomitees bekleidet, bezieht Sun Tsung-jung nach wie vor den Lohn, den er als Arbeiter erhielt. Die führenden Genossen der Fabrik sind sehr bescheiden…Wir sahen weder eine ‚Managerschicht’, welche über die Arbeiter herrscht, noch eine von einer ‚Arbeiteraristokratie’ geleitete Gewerkschaftsorganisation. Die Arbeiter sind die wahren Herren der Fabrik“.

Das ist keine Schilderung der aktuellen Arbeit der chinesischen Staats-Gewerkschaft (ACGB). Nein, es ist ein Zitat aus der Peking Rundschau, Nr. 27, 10.07.1973. [20]

Ja, trotz aller Fehler oder Rückschläge, gab es im sozialistischen China eine Gewerkschaft, die die Interessen der Arbeitenden vertrat. Es ist ein Beispiel wie die ArbeiterInnen, unter Führung der Kommunistischen Partei, ihre ureigenste Macht ausüben und welche Funktion die Gewerkschaft dabei hat: Ideologisch-politische Erziehung, theoretische Schulung ebenso wie die Sicherung der Interessen der ArbeiterInnen im Betrieb. Die Gewerkschaftsaktivisten arbeiteten weiterhin in der Produktion und hatten keinen materiellen Vorteil durch ihre Gewerkschaftsarbeit.

[1]     Wirtschaftsdaten kompakt, Stand: 15.07.2011, Botschaft der BRD Peking, www.peking.diplo.de

[2]     www.amnesty.ch/de/aktuell/magazin/52/china-soziale-probleme, 2008

[3]     Wirtschaftsdaten kompakt, 15.10.2011

[4]     www.stockworld.de, 15.12.2011; ILO, 2009

[5]     „Chinas Privatwirtschaft beschäftigt 160 Millionen Menschen“, Handelsministerium der VRCH, 7.2.2011, german.mofcom.gov.cn; „Privatbetriebe senken Chinas Arbeitslosenzahlen“, RIAnovosti, 2010, de.rian.ru/business

[6]     „Die Rolle des ‚All China Federation of Trade Unions’: Seine Bedeutung für chinesische Arbeiter heute“, Bai Ruixue, veröffentlicht in „Working USA – The Journal of Labor and Society“, Volume 14.03.2011, www.forumarbeitswelten.de

[7]     Wirtschaftsdaten kompakt, 15.07.2011

[8]     „Weißbuch“, Presseamt des Staatsrats der Volksrepublik China September 2010 Beijing, german.china.org.cn.

[9]     Alle Zahlen Wirtschaftsdaten kompakt, 15.10.2011

[10]    Wirtschaftsdaten kompakt, 15.07.2011

[11]    Internationaler Gewerkschaftsbund, 2007, Jährliche Übersicht über die Verletzungen von Gewerkschaftsrechten, China, survey07.ituc-csi.org,

[12]    http://lehrstuhl.jura.uni-göttingen.de/chinarecht/ 940705b.htm, S. 15

[13]    „China auf dem Weg zu Streikrecht und Tarifverträgen?“, Rosso Vincenzo, Telepolis, 08.07.2008, www.heise.de/tp/druck/mb/artikel/28/28258/1.html

[14]    Internationaler Gewerkschaftsbund, Jährliche Übersicht 2007, survey07.ituc-csi.org

[15]    Internationaler Gewerkschaftsbund, Jährliche Übersicht 2011, www.ituc-csi.org/China

[16]    „Die Rolle des ‚All China Federation of Trade Unions’: Seine Bedeutung für chinesische Arbeiter heute“, Bai Ruixue, veröffentlicht in „Working USA – The Journal of Labor and Society“ , Volume 14.03.2011, www. forumarbeitswelten.de

[17]    „Aufbruch der zweiten Generation“, S. 17

[18]    „Arbeiterwiderstand in China heute 1989-2009“, Au Loon Yu, Bai Ruixue, 24.01.2010, www.labournet.de, unter der Rubrik „Arbeitswelten China-Deutschland“

[19]    „Profitgier geht über Leichen“, Gabor Steingart, 13.09.2006, www.spiegel.de

[20]    „VR Chinas - Neues Leben im Sozialismus, Einige grundlegende Tatsachen über China, 10 Fragen und Antworten“, Rotfront Verlag Kiel, 1974/75, S. 122-124

TROTZ ALLEDEM!

Lage der Arbeiterklasse in China – Teil II –

In der ersten Folge unseres Artikels in der TA Nr. 59/2012 haben wir die Verfassung der VR Chinas und die allgemeinen Grundrechte in Bezug auf die Situation der ArbeiterInnen analysiert. Weiter haben wir die Arbeitsgesetze, die Funktion des Allchinesischen Gewerkschaftsbundes sowie die Gewerkschaftsrechte untersucht. In der zweiten Folge geht es um die konkrete Lage des Proletariats, um seine Kämpfe und Widerstandsaktionen, sowie das Ausmaß der Repression des chinesischen Staates.

Ökonomie und Arbeiterklasse im Wandel
30 Jahre Herrschaft der neuen kapitalistischen „Politik der Reform und Öffnung“, durch die revisionistische  Partei-Herrschaftsclique führte zur Einbettung Chinas in den imperialistischen Weltmarkt. Der kometenhafte Aufstieg zur neuen imperialistischen Weltmacht mit schier ungebremstem Wachstum verläuft auf Kosten der brutalen Arbeits- und Lebensbedingungen der ArbeiterInnen und der breiten Massen der Werktätigen in China. Auf der einen Seite Millionenfaches Elend, Erwerbslosigkeit, Darben am Existenzminimum, Landflucht und sklavenähnliche Arbeitsverhältnisse. Aber „auf der anderen Seite entsteht in raschem Tempo eine industrielle Arbeiterklasse auf technologischen und qualifikatorischen Grundlagen, die mit denen entwickelter kapitalistischer Länder durchaus vergleichbar sind.“ (Arbeitskämpfe, Müller [1], S. 17)

Die ArbeiterInnenklasse in China erwacht mehr und mehr, in ihrem ganzen breiten Spektrum, und wird direkter Akteur.

Die Schere zwischen arm und reich in der chinesischen Gesellschaft geht drastisch auseinander. Laut Weltvermögensbericht von 2006, kontrollieren 0,4 Prozent der reichsten Familien, 70% des nationalen Reichtums Chinas. Familien, Nachkommen von Partei- und Staatsmännern stehen auf der Hitliste der reichsten Personen Chinas. Und die Reichen sind jung, 80% sind unter 45 Jahre alt. Laut Medien ist Premierminister Wen Jiabao der reichste Premierminister der Welt. „2015 wird China die viertgrößte Konzentration von reichen Haushalten in der Welt haben. Mehr Reichtum gibt es dann nur noch in USA, Japan und Großbritannien. 2015 soll es schon 4,4 Millionen reiche Haushalte in China geben.“ (Arbeitskämpfe, Müller 1, S. 12)

In dem Maße wie der Kapitalismus, die Bourgeoisie und der Reichtum anwuchs, entfaltete sich der Widerstand der Arbeiterklasse. Die landläufigen Thesen etlicher bürgerlicher Wissenschaftler, die das chinesische Proletariat als handlungsunfähig und sich in einer Spirale nach unten befindend darstellen, zeigt nur ihre Unfähigkeit die Gesetze des Kapitalismus zu erkennen. Da, wo sich das Kapital ausbreitet, entwickelt sich zwangsläufig der Widerspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital, zwischen Proletariat und Bourgeoisie.

Im globalisierten Osten (vom Norden bis zum Süden) Chinas liegen die Schwerpunktzentren der ungehemmten, explodierenden kapitalistischen Weltproduktion. Hier sind die Geburtsstätten der heutigen chinesischen Arbeiterbewegung. In spontanen, unorganisierten und heftigen Ausbrüchen bahnte sich eine neue Arbeiterbewegung ihren Weg.

Ausgangspunkt war Ende der 1980er Jahre das Aufbegehren der ArbeiterInnen der staatseigenen Betriebe gegen die erste Welle der Privatisierung von Staatsbetrieben.

1989 war den chinesischen Herrschenden mit der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung ein vernichtender Schlag gegen die ersten bedeutsamen Keime einer politischen Arbeiterbewegung gelungen. Mitte der 1990er Jahre folgte die zweite Welle von Widerstandsaktionen gegen Privatisierungen. Die in den 1990er Jahren entstehende, zahlenmäßig immer bedeutsamere Arbeiterschicht, die WanderarbeiterInnen, verhielt sich zunächst noch eingeschüchtert und ihrem Sklavendasein hilflos ausgeliefert. Mit der zunehmenden Ausbreitung der Produktionsstätten, flammte ihre Gegenwehr auf. Anfang 2000 kommt es zu massiven, nicht nur regional begrenzten, Ausbrüchen von Wut und Aufbegehren.

Seit 2010 bis heute hat die spontane, sich dem ungebremsten brutalen Kapitalismus entgegenstellende Kraft der Wanderarbeiter, der IndustriearbeiterInnen, in den internationalen Konzernen (Joint Ventures) und chinesischen Monopolen, sowie den Staatsbetrieben, d.h. eine das gesamte Land umfassende ArbeiterInnenbewegung, die politische Bühne betreten. Mit Zuckerbrot und Peitsche reagieren die verknöcherte Staats- und Parteibürokratie, sowie die Regional- und Lokalfürsten. Sie haben einerseits die Zeichen der Zeit erkannt. Befriedungsstrategien für „harmonische Arbeitsbeziehungen“ stehen ganz oben auf der Agenda. „Reformierte“ Arbeitsgesetze und Zugeständnisse sollen den Widerstand brechen. Andererseits auch wenn sie Lockerungen eingestanden haben, die praktische Umsetzung von diesen Reförmchen verläuft nur sehr verhalten. Der diktatorische Druck und die Allmacht des revisionistischen, sich sozialistisch nennenden Überbaus wird nur sehr mühsam und kräftezehrend von der Arbeiterbewegung aufgeweicht. Die Peitsche wird jederzeit vom Staatsapparat herausgeholt, wenn er seine Interessen direkt bedroht sieht.

„Das Wall Street Journal wies im Februar 2008 auf das neue Kräfteverhältnis zwischen ArbeiterInnen und Unternehmern in China hin. Aussagen von Unternehmern fasste es dahingehend zusammen, dass mit diesem Arbeitsvertragsgesetz eine neue Zeit höherer Produktionskosten anbreche, weil sich ‚die Verhandlungsmacht zu Gunsten der Beschäftigten verschoben hat und die ArbeiterInnen sich ihrer Rechte bewusst werden’“ [2]

Parallel dazu verläuft die chinesische Staatspolitik, die die Wirtschaft im unerbittlichen, internationalen Wettbewerb auf stabilere Grundlagen stellen will. Ein Ziel ist eine Umorientierung vom Billig-Exportland hin zum Export von HighTech Produkten. „Der Anteil von HighTech Produkten am gesamten Export ist von 20 Prozent im Jahr 2000 auf 32 Prozent 2008 gestiegen“ (Arbeitskämpfe Müller 1, S. 10). Parallel dazu wird auf die Stärkung der „Kernwettbewerbsfähigkeit der Produktionsindustrie“ orientiert.

Gleichzeitig wird eine strategische Neuausrichtung angestrebt. Der 12. Fünfjahresplan (April 2011) der KP China setzt unter dem Motto „Von kalt zu warm“ auf das „große Binnennachfragepotential“, das „erwärmt werden soll, durch die Erschließung des inneren Markt“ und der „Verwandlung des inländischen Konsums zur Hauptantriebskraft für das Wirtschaftswachstum“. Hierzu sollen „neue Wirtschaftssektoren von strategischer Bedeutung“ geschaffen und der „Dienstleistungssektor in seiner Entwicklung“ beschleunigt werden. Die Weltmarktfabrik China soll zum Weltmachts-Ökonomiemotor China umgebaut werden. [3]

Mit welchen Unwägbarkeiten die erstarkende Arbeiterbewegung Chinas in den kommenden Jahren konfrontiert sein wird, bleibt abzuwarten. Aber eins ist sicher: das „riesige“ Proletariat ist erwacht, kämpft und beginnt sich seiner Kraft bewusst, zu organisieren. Das ist in einer Zeit der Resignation und der Schwäche der internationalen Arbeiterbewegung ermutigend. Wir müssen alles daran setzen, aus diesen Kämpfen zu lernen, sie mit großer Solidarität zu unterstützen, und den proletarischen Internationalismus lebendig werden lassen.

Hukou-System und WanderarbeiterInnen
Informationen über die Lage der ArbeiterInnen in China im letzten Jahrzehnt befassen sich vor allem mit der Situation der „WanderarbeiterInnen“. Oftmals werden sie die „neue Arbeiterklasse“ genannt. In den Städten und Industriezentren der Wirtschaftssonderzonen sind sie die Mehrheit des chinesischen Proletariats. Sie sind am stärksten ausgebeutet, unterdrückt und rechtlos. Nach chinesischen Angaben gibt es ungefähr 242 Mio. „WanderarbeiterInnen“. Alle EinwohnerInnen Chinas werden im „Hukou“-System erfasst. „Hukou“ ist ein spezielle „Form der staatlichen Haushaltsregistrierung“ und „Wohnsitzkontrolle“. Der chinesische Staat schränkt damit die freie Wohn- und Arbeitsortwahl drastisch ein. Ohne offizielle Erlaubnis ist ein legaler Umzug vom Land in die Stadt nicht erlaubt. Alle staatlichen Leistungen, Krankenversorgung, Kindergärten etc. die es bislang fast nur in den Städten gibt, sind an die Registrierung gebunden. Die WanderarbeiterInnen kommen ohne Registrierung, und damit „illegal“ in die Städte. Auf der Suche nach Arbeit sind sie skrupellosen Arbeitsvermittlern ausgeliefert. Von jeglichen staatlichen Leistungen und Bürgerrechten sind sie ausgeschlossen.

Das Hukou-System geht bis auf das Jahr 1958 zurück. Die damals noch sozialistische KP China hat dieses System installiert, um eine planmäßige und kontrollierte Arbeitsverteilung in den Städten und auf dem Lande zu gewährleisten. Gleichzeitig wurden dadurch den Menschen in allen Gebieten staatlich-soziale Leistungen garantiert. Ausgangspunkt waren die Interessen und Bedürfnisse der Menschen, da es noch enorme Unterschiede zwischen Stadt und Land gab. In den Städten war die Industrie noch nicht so weit entwickelt, um weitere Millionen von Arbeitsplätzen zu schaffen. Eine Landflucht (Binnenmigration) von Millionen Menschen vom Land in die Städte, hätte die Lage aller Werktätigen nicht verbessert, sondern extrem verschlechtert. Die Freizügigkeit wurde dadurch eingeschränkt, dass Sozialleistungen des Staates an den Wohnsitz gebunden waren. Es ging letztendlich darum, die Befriedigung der Grundbedürfnisse der Menschen zu ermöglichen. Ein Aktivist der „Wanderarbeiterorganisationen“, Sun Heng, berichtet über das Hukou-System: „1949 während des ersten Industrialisierungsprozesses hatten die ArbeiterInnen einen sehr hohen Status. Aber es gab eine Lebensmittelknappheit, und in den frühen 1950er Jahren war die landwirtschaftliche Produktion auf einem sehr niedrigen Stand. Wegen dieser Probleme wurden nur wenige Arbeiter benötigt, nicht allzu viele. Man musste die Wanderungsbewegung vom Land in die Stadt kontrollieren, und deshalb verfügte die Regierung 1958 das Hukou, das Registrierungssystem für Haushalte. In dieser Funktion wird das Registrierungssystem heute nicht mehr benötigt, aber mit dem freien Fluss des Kapitals ab 1978 wurde es zum Instrument der Ausbeutung von Bauern. Es schafft Ungleichheiten zwischen den Menschen vom Land und denen aus der Stadt.“ [4]

Das ist ein Beispiel dafür, wie eine Regelung, die unter der Volksdemokratie und beim Aufbau des Sozialismus positiv für das Volk war, im kapitalistischen System, in ein Instrument der Unterdrückung und Ausbeutung verwandelt wird.

Bürgerliche Medien und Sozialwissenschaftler hingegen setzen das heutige Hukou mit dem der Ära Mao Zedongs einfach gleich. Sie prangern das Hukou insgesamt als ein Zwangssystem an, um ihren Antikommunismus zu betreiben. Dabei wird einfach die Wahrheit auf den Kopf gestellt.

Das Hukou-System seit der „Reform- und Öffnungspolitik“ von 1978. Seit dem Start der so genannten „Reform- und Öffnungspolitik“ hat sich die kapitalistische Wirtschaft in China rasant entwickelt und eine verstärkte Migration vom Land in die Städte bewirkt. Der Prozess der ursprünglichen Akkumulation, Industrialisierung, Landflucht und Urbanisierung im heutigen China wird in der Analyse „Unvollendete Proletarisierung“ sehr zutreffend beschrieben. „Die Geschichte der globalen Arbeiterbewegungen zeigt, dass die Entstehung und Reife einer Arbeiterklasse gewöhnlich in dem Zeitraum stattfand, in dem die zweite und dritte Generation ländlicher ArbeiterInnen in die Industriestädte kam. Das Leiden, die Not und die Auseinandersetzungen im Arbeitsleben erreichten ihren Gipfel nicht in der ersten Generation, sondern in den folgenden. Dies ist der Prozess der Proletarisierung, der LandarbeiterInnen in industrielle ArbeiterInnen verwandelt, indem ihnen die Produktions- und Subsistenzmittel genommen werden; und in der Tat zieht sich dieses Thema durch die Geschichte des Weltkapitalismus. Im Ergebnis hängt das Schicksal der ArbeiterInnen vom Prozess der Kapitalakkumulation und dem Ausmaß der Kommodifizierung (des Einsatzes der Arbeitskraft) ab. Die Werkzeuge, die die ArbeiterInnen benutzen, die Rohmaterialien, die sie verarbeiten, und die Güter, die sie produzieren, befinden sich weder in ihrem Besitz, noch werden sie von ihnen kontrolliert. Als sich China in die Fabrik der Welt verwandelte und zur heutigen Industriegesellschaft wurde, wiederholte sich ein in der Geschichte des globalen Kapitalismus verbreitetes Phänomen. Das Besondere an China ist der eigentümliche Prozess der Proletarisierung: Um China mit seinem sozialistischen System in die Weltökonomie einzugliedern, wurden ländliche ArbeiterInnen angehalten, in der Stadt zu arbeiten, aber nicht in der Stadt zu bleiben. Für Chinas neue Arbeiterklasse sind Industrialisierung und Urbanisierung zwei vollkommen getrennte Prozesse, da vielen BauernarbeiterInnen die Möglichkeit genommen wurde, dort zu leben, wo sie arbeiten.“  [5]

Nicht zutreffend in dem Zitat ist die Feststellung, dass sich die Eingliederung „Chinas mit seinem sozialistischen System in die Weltökonomie“ vollzog. Das Gegenteil war der Fall. Der Sozialismus wurde abgeschafft. Die Restauration des Kapitalismus wurde mit sozialistischen Phrasen verbrämt, und von der revisionistischen Partei- und Staatsführung durchgezogen. Darin liegt der eigenartige Prozess einer „ursprünglichen Akkumulation“ in China, die unter anderen Bedingungen verläuft als im 19. und 20. Jahrhundert.

Durch die Verelendung in den ländlichen Gebieten machen sich Millionen Bauern „illegal“ auf in die Sonderzonen und Städte auf der Suche nach Arbeit. Aufgrund des Hukou-Systems sind die, auch „Bauernarbeiter“ genannten, „WanderarbeiterInnen“, für die Kapitalisten, insbesondere für die ausländischen Monopole in den Sonderwirtschaftszonen, als billigste und praktisch rechtlose Arbeitskräfte willkommen! Das Hukou-System wird gegen diese Schicht der ArbeiterInnenklasse benutzt, um die Schraube von Ausbeutung und Unterdrückung enorm anziehen zu können. Die „WanderarbeiterInnen“ hatten und haben bis heute in den Städten, wo sie arbeiten, keinerlei Rechte auf soziale Leistungen, wie medizinische Versorgung, Wohnraum, Arbeitslosengeld, Rente, Schule, Bildung und Bürgerrechte etc. Sie erhalten keine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis etc. Sie sind völlig der Willkür der Arbeitgeber, Arbeitsvermittler und staatlichen Behörden ausgeliefert. Das ist sozusagen eine Art Apartheidsystem gegen die WanderarbeiterInnen.

Die rasante Entwicklung des Kapitalismus in China fordert zunehmend freie Beweglichkeit für die Arbeitskraft. Gleichzeitig wird durch die technologische Spezialisierung die zunehmende Qualifizierung von ArbeiterInnen nötig. Die Arbeitsproduktivität des Industrieproletariats ist seit den 1990er Jahren jeweils jährlich um mehr als 10% gestiegen. „Im letzten Jahrzehnt ist die Produktivität aufgrund des technischen Fortschritts, höheren Investitionen in Anlagen und besserer Ausbildung der Arbeitskräfte noch stärker gestiegen.“ (Arbeitskämpfe, Müller 1, S. 10)

Eine starke Fluktuation der Arbeitskräfte steht dieser Anforderung entgegen. Bereits jetzt passen die Staatlichen Behörden das Hukou-System, je nach regionalem Bedarf an und nehmen teilweise Lockerungen vor. Verstärkt werden Aufenthaltsgenehmigungen vergeben, auch wenn diese noch kein Recht auf soziale Leistungen mit sich bringen. Dadurch werden die WanderarbeiterInnen bei Erwerbslosigkeit nicht sofort in die Dörfer abgeschoben. Nur wenige WanderarbeiterInnen werden bisher dauerhafte Stadtbewohner. Durch die massive staatliche Regulierung des Hukou-System sind in 30 Jahren, nach offiziellen Angaben, pro Jahr 10 Mio. Menschen von Land- zu Stadtbewohnern geworden. Die OECD rechnet mit einer Abwanderung von 300 Mio. Menschen in den nächsten 20 Jahren aus den Landgebieten. Der 12. Fünfjahresplan der KP Chinas sieht eine Steigerung des „Urbanisierungsniveaus“ von 51,5% vor. Das beinhaltet nicht nur eine stärkere Übersiedlung in die Städte, sondern vor allem die Schaffung neuer Industriestädte. 2 Eine Lockerung des Hukou-Systems wird nach und nach erfolgen. Aber noch ist und bleibt es ein Instrument der Diskriminierung, Beschneidung von Rechten, und exzessiver Auspressung der Arbeitskraft. Selbst bürgerliche Journalisten oder Gewerkschaftler sprechen von einer „Zwei Klassen Arbeiterklasse“.

Lage der chinesischen ArbeiterInnen
Die verschiedenen Schichten des Proletariats in China umfassen die WanderarbeiterInnen, die ArbeiterInnen in den Joint Ventures (Gemeinschaftsunternehmen von ausländischen und chinesischen, privaten bzw. staatlichen Monopolkonzernen), die Industriearbeiterschaft und die Beschäftigten in den verbliebenen Staatsbetrieben. Ihre teils extrem unterschiedliche ökonomische und rechtliche Stellung in Produktion und in Lebensverhältnissen zeigt sich in fast allen Bereichen: „In der verarbeitenden Industrie stellen die Wanderarbeiter fast 60, im Bausektor 75 und in der Gastronomie sogar über 80 Prozent aller Beschäftigten. Ganze Branchen, u.a. die Textil- und die Schuhindustrie, aber auch die riesigen Fabrikkomplexe, die den Weltmarkt mit Elektronikprodukten aller Art überschwemmen, basieren auf der Ausbeutung der billigen Arbeitskraft der weitgehend rechtlosen Wanderarbeiter. In den Unternehmen des staatlichen Sektors und in den Joint Ventures in der Automobilindustrie ist die Lage anders: Die Stammbelegschaften bestehen in der Regel aus Beschäftigten mit Bürgerrechten in Shanghai, Beijing etc. Daneben gibt es in diesen Unternehmen einen großen ‚Puffer’ von Wanderarbeitern. (...) Aber die (Hukou, TA) Regeln diskriminieren arme, wenig ausgebildete Wanderarbeiter, auch wenn sie schon zehn Jahre im Perlflussdelta arbeiten. Trümpfe sind Ausbildung oder Geldvermögen. Nur eine Elite bekommt das dauerhafte Wohnrecht.“ (Arbeitskämpfe, Müller 1, S. 16) Gleichzeitig muss auch die „wachsende Differenzierung der betrieblichen Produktionsregimes entlang betrieblicher und regionaler Linien“ gesehen werden. „Dies macht sich nicht nur in einer immer stärkeren Auseinanderentwicklung von Löhnen, Arbeitszeiten und Beschäftigungsbedingungen zwischen aber auch innerhalb einzelner Industriezweige und Regionen geltend.“ (Arbeitskämpfe, Müller 1, S. 17)

Staatseigene Betriebe (SOE)
Ein Großteil der staatseigenen Betriebe, sogenannte SOE [6] sind privatisiert und ein weiterer Anteil „halbprivatisiert“. Letztere kontrolliert der Staat durch einen Anteil von mindestens 51%. Die Zahl der staatseigenen Betriebe wurde dadurch wesentlich vermindert. Die Zahl der Beschäftigten hat in diesem Bereich dementsprechend stark abgenommen. Sie sank in den staatseigenen und den kollektiven Sektoren „zwischen 1995 und 2003 von 112 auf 69 Mio.“ (Arbeiterwiderstand, Yu [7]) Laut „Weißbuch“ ging die Anzahl bis Jahr 2009 auf 64,2 Mio. zurück. Der Staat unterhält allerdings in strategisch wichtigen Branchen/Bereichen der Wirtschaft weiterhin Staatsbetriebe: „Die 120 Staatsbetriebe, die unter der Kontrolle der Kommission zur Aufsicht und Verwaltung des staatlichen Eigentums stehen, arbeiten in den Bereichen Erdöl und Petrochemikalien-Industrie, Stahl- und Eisenproduktion, elektrische Energie, Maschinenbau, Telekommunikation, Luft- und Schiffstransport sowie Bauwesen und Handel.“ [8]

Allerdings hat sich auch hier wesentliches verändert: “Große SOEs blieben in der Regel in Staatseigentum, aber ihre gewinnbringenden Zulieferer wurden an der Börse gehandelt, so dass sie wie Privatunternehmen kommerziell geführt wurden. Daher ist die Beschaffenheit der großen SOEs heute, auch wenn sie in Staatseigentum verblieben sind, völlig unterschiedlich... 2011 waren 86% der staatlichen Industrie umstrukturiert, und 70% waren entweder teilweise oder ganz privatisiert.” [9]

Nutznießer der Privatisierungen sind ehemalige Direktoren, Manager, Geschäftsleitungen, Parteimitglieder etc. Au Loong Yu charakterisiert den Verlauf der Privatisierung anhand der: „Ergebnisse des ‚Bericht(s) über die Untersuchung privater Unternehmen in China 2002’ (die) zeigen, dass in den Unternehmen, die nach der ‚Systemreform’ in private Einheiten umgewandelt wurden, nach ihrer Privatisierung in 95,6% der Fälle die ehemaligen Geschäftsleitungen aus der SOE Zeit die Hauptinvestoren und Vorstandsvorsitzenden der neuen Unternehmen wurden. Eine ähnliche Entwicklung (nämlich dass Parteikader als Investoren und Vorstandsvorsitzende wiedergeboren wurden) geschah in 95,6% der ehemaligen kommunalen und städtischen Kollektivunternehmen und in 97% der ehemaligen landwirtschaftlichen Betriebe in den Dörfern. Durch eine weitere Maßnahme kauften 60,6% der Personen, die ein SOE leiteten, während des ‚Systemreform’ Übergangs das Unternehmen auf.“ (ebenda) Die neuen Fabrikherren sind also die gleichen, alten Partei- und Staatsbürokraten wie vorher. Nur können sie nun ungezügelt privatkapitalistisch wirtschaften und sich den Profit direkt selbst einheimsen. Fazit für die Unterdrückten ist der Verlust des Arbeitsplatzes für Millionen und aber Millionen ArbeiterInnen durch die Privatisierung.

Die Lage, der in den ehemaligen Staatsbetrieben verbliebenen ArbeiterInnen hat sich durch die Privatisierungen verschlechtert. Die Arbeitsplätze sind nicht mehr sicher und die Zukunft ungewiss. Trotzdem sind diese ArbeiterInnen, im Vergleich zu den anderen Schichten des Proletariats, immer noch in ihren Arbeits- und Lebensbedingungen relativ besser gestellt. Zum Beispiel gilt weitgehend der 8 Stunden Tag und in der Regel werden die, von den staatlichen Behörden festgelegten Löhne für gleiche Arbeit, bezahlt etc. Trotzdem sind auch in diesen Betrieben Ausbeutungs- und Unterdrückungsstrukturen unerhört. Und über allem wacht der Staat, in Personalunion in drei Funktionen: „Was machen aber nun staatsparteigesteuerte Gewerkschaften in einem Kapitalismus ohne offiziell anerkannten Klassengegensatz, der von brutalster Ausbeutung lebt? Wo sie es können, also in Staatsbetrieben und in Joint Ventures mit hohem Staatsanteil, setzen sie einfach die Troika-Tradition fort. Das gibt es zum Teil als Personalunion: Derselbe Mann, manchmal auch dieselbe Frau, ist zugleich Personalchef, Parteisekretär und Gewerkschaftschef in einem Unternehmen.“  (Baustelle China, Ränkeschmiede [10], S. 25)

Die Situation stellt sich aktuell so dar: „Die Privatisierungen und die damit verbundenen Entlassungen sind weiterhin eine Hauptursache von Arbeitsunruhen in Staatsbetrieben, während es in der Privatwirtschaft hauptsächlich um niedrige Löhne, nicht ausgezahlte Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen geht.“  [11]

Für die Unerbittlichkeit der Machthaber steht exemplarisch „das Urteil gegen Zhao Dongmin vom Oktober 2010 – verurteilt dafür, dass er einen landesweiten Zusammenschluss organisierte, der Widerstand gegen die Korruption in diversen Privatisierungsprozessen staatseigener Betriebe leisten wollte. Zhao Dongmin, der Mitglied der KP Chinas ist und sich selbst als Maoist bezeichnet, wurde nach einem Jahr im Gefängnis zu drei Jahren Haft verurteilt.“ [12]

Ein einschneidendes Ereignis sind die Kämpfe im Jahr 2009. Ihre Heftigkeit zwang die Herrschenden zu Zugeständnissen, bestärkte die ArbeiterInnen in ihrem Widerstand und sie erlangten überregionale Bedeutung. „Im Juli 2009 organisierten die Arbeiter in großem Maßstab Demonstrationen und bestreikten die Fabrik der staatseigenen Tonghua Steel Company in Jilin. (Stahlunternehmen). Der oberste Manager von Jianlong, ein mächtiges kapitalistisches Unternehmen, das die Privatisierung durchführen wollte, drohte mit der Entlassung aller Arbeiter. Die aufgebrachten Arbeiter schlugen ihn tot. Der Provinzgouverneur und tausende bewaffnete Polizisten waren anwesend, aber wagten nicht einzugreifen. Danach musste die Jilin Provinz den Privatisierungsplan aufgeben. Der Sieg der Tonghua Steel Arbeiter war ein leuchtendes Vorbild für Arbeiter in vielen anderen Teilen Chinas. Arbeiter in zahlreichen anderen Stahlfabriken protestierten ebenfalls gegen Privatisierungen und zwangen die örtlichen Regierungen zur Aufgabe ­ihrer Pläne. Arbeiteraktivisten in anderen Provinzen sahen den Tonghua-Sieg als ihren eigenen Sieg an und bedauerten, dass ‚zu wenig Kapitalisten getötet’ worden waren.“ [13]

Arbeitsdisziplin – Fabrikdespotismus
Solange der Aufbau des Sozialismus nicht vollendet ist und solange es noch staatliche Strukturen gibt, wird es im Sozialismus gesellschaftlich verbindliche Arbeitsregeln geben, die aber der kapitalistischen Fabrikdisziplin diametral entgegenstehen. Im Roten China Mao Zedongs waren Kollektivität, breite Massendemokratie, Fabrikkomitees und Gewerkschaftsorganisierung die Garanten für die gesellschaftliche Organisierung der Arbeit in den Fabriken im Interesse der Arbeiterklasse.

Im heutigen China herrscht in allen Staats- oder Privatbetrieben quasi ein Militärregime. Im Chinesischen treffend mit dem Begriff „Fabrikdespotismus“ charakterisiert. Darin manifestiert sich massive sozialfaschistische Macht und Gewalt der herrschenden KP und ihres Staatsapparates. Ebenso wie ihrer Funktionäre, Fabrikdirektoren und die sich aus der Parteibürokratie entwickelnde Schicht der „Privatkapitalisten“. Konkret äußert sich das brutale Regime in Prügelstrafen, in Drill, in Schikane, in Geldsanktionen und willkürlichen Entlassungen. Ein Beispiel: „22,3 Prozent der ArbeiterInnen gaben in der Erhebung an, dass der Katalog von Verfehlungen, für die eine Strafe zu zahlen ist, ausgeweitet und die Bußgelder erhöht wurden. 52 Prozent der ArbeiterInnen sagten, dass sie diese Vorschriften nicht billigen. So Herr Sun, ein Stanzer, der in einem Metallbetrieb arbeitet: ‚Unsere Betriebsvorschriften sehen 50 Yuan Strafe für einen unbedeutenden Fehler vor; das beinhaltet z.B., eine Minute zu spät zur Arbeit zu kommen oder eine verbale Auseinandersetzung mit den AufseherInnen zu führen. Für schwerwiegendere Fehler, wie mit dem Management zu streiten, geht die Strafe bis zu 200 Yuan hoch. Die Fabrik verschickt häufig Abmahnungen, und jede Abmahnung kostet uns 50 Yuan. Die zweite Abmahnung bedeutet dann die Kündigung...’“ (Baustelle China, Ränkeschmiede 10, S. 63) Hauptziel des Fabrikdespotismus ist ein willkürliches brutales Regime über die ArbeiterInnen zu errichten: „Die Voraussetzung für die Steigerung der Produktion sei wachsende Disziplin, so die Philosophie des Unternehmens (Maersk, dänisches Container/Schiffe produzierendes Unternehmen, TA), weshalb ein betrieblicher Verhaltenskodex entwickelt wurde, der aus einer stets wachsenden Zahl von Vorschriften bestand und zwecks Einhaltung dieses Kodexes wurden die Wachleute des privaten Sicherheitsunternehmens, die das Werk bewachen mit seiner Umsetzung betraut... (...) Im Juni 2008 wurde ein kompletter Verhaltenskodex mit 73 Vorschriften allen Beschäftigten als Broschüre übergeben...“ [14]

Mit dem verstärkten Widerstand des chinesischen Proletariats, besonders in den letzten Jahren, wird der Fabrikdespotismus zunehmend in selbständigen Arbeitskämpfen in Frage gestellt. Ansätze von gesetzlich geregelten Lockerungen seitens der KP Chinas, die die „harmonischen Arbeitsbeziehungen“ gefährdet sehen, sind zu verzeichnen. Allerdings stehen sie zumeist auf dem Papier, und finden bislang in der Praxis kaum Anwendung.

Lohnentwicklung

Das enorme Wirtschaftswachstum Chinas steht in keinerlei Zusammenhang mit einem entsprechenden Lohnwachstum. Im Gegenteil, der Anteil der Löhne am BIP ist gesunken. Auch wenn unterschiedliche Zahlen angegeben werden, alle beschreiben dieselbe Tendenz. Laut Weltbank ist der Anteil der Löhne in der Zeitspanne von 1998 bis 2005 von 53% auf 41,4% gesunken. Laut Angaben der Webseiten www.gongchao.org und labournet.de ist der Lohnanteil 2005 sogar bis auf 37% zurückgegangen. Demgegenüber steht das dramatische Ansteigen des Anteils des Profits am BIP. Die Kluft zwischen arm und reich hat sich unvorstellbar vergrößert. „Das Verhältnis zwischen Löhnen und Profit in der Produktion (ist) zwischen 1990 und 2005 von 1:3,1 auf 1:7,6 gestiegen.“ 15­

Selbst laut einer Studie des ACGB (Allchinesischer Gewerkschaftsbund, Staatsgewerkschaft, siehe unsere Einschätzung TA 59) erhielten 23,4% aller chinesischen ArbeiterInnen seit 5 Jahren keinerlei Gehaltserhöhung. Das Mindestlohngesetz (siehe TA 59) hat diesen Lohnverfall nicht aufgehalten. Da der Mindestlohn extrem niedrig, nämlich bei 30% des Durchschnittslohnes angesetzt ist. Der Durchschnittslohn eines/r Arbeiters/in in China ist immer noch einer der niedrigsten weltweit.

Im Vergleich, der Stundenlohn in den USA liegt bei ca. 22 US Dollar und in China unter 1 US Dollar. Ein/e chinesische/r Arbeiter/in arbeitet bis zu 2 200 Stunden im Jahr arbeiten, hingegen ein/e Arbeiter/in in den USA 1 610 Stunden. Die chinesischen ArbeiterInnen arbeiten am längsten und erhalten den geringsten Lohn.[15]Das heißt aber nicht, dass Löhne überhaupt nicht steigen. Die Löhne sind, besonders in den letzten Jahren, wenn auch sehr langsam, gestiegen und steigen weiter.

 „Belastbare Zahlen über die Entwicklung der Löhne sind schwierig zu bekommen. Nach einem Bericht des Bureau of Labor Statistic, der im April 2011 veröffentlicht wurde (Financial Times, 05.04.2011), haben sich schon zwischen 2002 und 2008 die Stundenlöhne in Chinas Industrie verdoppelt. Dabei sind die Stundenlöhne in den Städten wesentlich höher als auf dem Land, wo gerade 80 US-Cents pro Stunde gezahlt werden gegenüber 2,40 US-Dollar im Durchschnitt in den Städten. Nach dem US-Bericht arbeiten zwei Drittel der Industriearbeiter in den ländlichen Industrien und ein Drittel in den Städten. Besonders seit 2006 hat sich das Tempo der Lohnentwicklung sowohl in den Städten als auch in den Landgebieten beschleunigt. Gesetzliche Änderungen, wie die Erhöhung der Mindestlöhne und das Arbeitsvertragsgesetz von 2008, haben in den letzten Jahren zu einem weiteren allgemeinen Anstieg der Löhne beigetragen.“ (Arbeitskämpfe, Müller 1, S. 9)

Die schon erwähnte Wende in der Politik der chinesischen KP Chinas in dem aktuellen 5 Jahresplan, steuert daraufhin, die Abhängigkeit von der Exportwirtschaft zu vermindern, und den Binnenmarkt zu stärken. Dafür wird es notwendig sein auch die Löhne zu erhöhen, damit der Konsum innerhalb China gefördert wird.

Arbeits-/Lebensbedingungen

Die Existenzbedingungen sind in Schlagworten so zu beschreiben: Niedrige Löhne, enorme Lohnrückstände, lange Arbeitstage, extreme Übermüdung, unzählige Unfälle, hoch giftiges Arbeitsumfeld, keinerlei Sicherheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz, menschenunwürdige Wohnheime, miese Verpflegung, Sklaverei ähnliche Verhältnisse, willkürliche Entlassungen, Sanktionen wie Prügel- und Geldstrafen wegen nicht Einhaltung des „Verhaltenskodexes“, Gewalt durch die Vorarbeiter/Subunternehmer, sexuelle Gewalt gegen Arbeiterinnen etc. Aber das reicht auf keinen Fall aus um sich ein realitätsnahes Bild zu machen. Darum werden wir sowohl verschiedene Erfahrungsberichte von ArbeiterInnen und als auch Medieninformationen anführen. Die Aussagen sprechen tatsächlich für sich.

WanderarbeiterInnen: „Laut einer Umfrage des Nationalen Statistikbüros arbeiten sie im Durchschnitt 6,3 Tage mit 8 bis 9 Stunden pro Woche. 46 Prozent haben keinen Arbeitsvertrag, 50,1 Prozent bekommen Überstunden nicht bezahlt und 14,9 Prozent müssen oft Monate lang oder gar vergeblich auf die Auszahlung ihres Lohns warten.“ [16]

„Für Millionen von ArbeitsmigrantInnen im privaten Sektor werden staatliche Verordnungen selten durchgesetzt, und der Despotismus ist umso eklatanter. Lokalregierungen, die in hartem Wettbewerb um ausländische Investitionen stehen, kollaborieren mit dem ausländischen Kapital bei der Untergrabung der staatlichen Vorschriften zu Arbeitsverträgen, Mindestlöhnen, Überstundenentlohnung, Ruhetagen, Gesamtarbeitszeiten und Arbeitssicherheit. Die teuflischsten Indikatoren für die Not der ArbeitsmigrantInnen sind die Fälle von ‚Tod durch Überarbeitung’ und die weit verbreitete Nichtzahlung von Löhnen.“ (Aufbruch, P. Ngai [17], S. 199)

Nicht ausgezahlte Löhne: Es ist ein „Massen­phänomen“ der chinesischen Wirtschaft, dass Lohn­zahlungen willkürlich verzögert, vermindert oder überhaupt nicht gezahlt werden. „Ich bin schon vor ein paar Jahren losgezogen und war auf einigen Dutzend kleinen und großen Baustellen beschäftigt. Die Lebensbedingungen waren mal gut, mal schlecht. Das kann man irgendwie aushalten. Aber dann arbeitest du eine Saison oder ein Jahr und bekommst keinen Lohn dafür. Ich glaube, das erträgt niemand. Wenn du zur Arbeitsbehörde gehst, sagen sie dir, dass sie nichts machen können, da du keinen Arbeitsvertrag unterschrieben hast. Wenn du dann eine Demonstration organisierst, wenn du auf die Straße oder zur Regierung gehst, greifen Arbeitsbehörde und Polizei ein und sagen: ‚Das dürft ihr nicht machen, das ist illegal. Ihr müsst legale Mittel anwenden, um euren Lohn einzufordern.’ Die Arbeitsbehörde hält sich doch raus, mit der Begründung dass wir keine Arbeitsverträge unterschrieben haben. Du bist also vollkommen aufgeschmissen! Wir fragen uns, wann unsere Firma endlich – wie bei formalen Beschäftigten- rechtzeitig den Lohn auszahlt?“ (Aufbruch, P. Ngai 16, S. 45) Dieses Vorgehen schafft sozusagen weiteren „Extraprofit“ für die Unternehmer: „Die Summe aller nicht ausgezahlten Löhne dürfte sich in den vergangenen Jahren auf 100 Milliarden Yuan (10 Milliarden Euro) addiert haben. (Vgl. FAZ, 17.08.2005)“ (Baustelle China, Ränkeschmiede 10, S. 25) In den letzten Jahren wurde diese Summe nicht niedriger, sondern schnellte weiter in die Höhe.

Sozialversicherung: Nur eine kleine Schicht von Industriearbeitern und ArbeiterInnen in Staatsbetrieben sind sozialversichert. Bauern, die werktätige Landbevölkerung und WanderarbeiterInnen haben bislang keinerlei Sozialversicherung. Das bedeutet für die Werktätigen noch größeres Elend im Alter und in Erwerbslosigkeit sowie eine niedrigere Lebenserwartung. Das bedeutet für Staat und Kapital, sie müssen weder Renten-, Kranken- noch Erwerbslosenversicherung finanzieren. Dadurch konnte der Staat das rasante Wirtschaftswachstum mit gigantischen Investi­tionssummen aus den Profiten finanzieren und die „Sozialausgaben“-Seite völlig vernachlässigen. Ein Beispiel aus einer der wichtigsten Exportproduktionszonen (EPZ): „Ca. 60 Prozent aller ArbeiterInnen in Shenzhen haben nach Angaben der NGOs, mit denen wir sprachen, keinerlei Sozialversicherung. Die BewohnerInnen sind durchgängig sehr jung, Ältere sind nicht zu sehen.“ (ebenda, S. 26) Am 1. Juli 2011 trat ein neues Sozialversicherungsgesetz in Kraft, das Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherungen für „die Einwohner der Städte und diejenigen im ländlichen Raum“ vorschreibt. [18]

Es ist bindend für in- und ausländische Arbeitgeber. Die „Höhe der Beitragssätze“ wird, wie bei so vielen Gesetzen, „von den lokalen Behörden unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage ihres Regierungsbezirks jeweils unterschiedlich festgelegt“[19], d.h. der Willkür anheimgestellt. Dieser Passus wird insbesondere von ausländischen Monopolen lobend hervorgehoben. Weiterhin ist es gängige Praxis, dass Firmen die Sozialbeiträge einfach unterschlagen. Aus diesem Anlass haben am 09.01.2012 in Quingdao/Shandong ArbeiterInnen einer Gummifabrik gestreikt. (Macao Daily 10.01.2012, www.umwaelzung.de)

Arbeitszeit: Hier herrschen frühkapitalistisch-sklavenhalterische Verhältnisse. Um ein eindrückliches Bild von den verheerenden Bedingungen zu geben führen wir eine Reihe von konkreten Schilderungen an: „In Exportproduktionszonen (EPZ) arbeiten die Beschäftigten zwischen 12 und 14 Stunden am Tag. Wenn eilige Aufträge vorliegen, sind Arbeitstage von 8 bis 22 Uhr nicht ungewöhnlich, oder manchmal gar bis 2 Uhr morgens. Viele Beschäftigte haben im Monat nur ein bis zwei Tage frei, und manche gar keinen. Das geht über die gesetzlich erlaubte Arbeitszeit weit hinaus. Die Beschäftigten kommen mit solch schwerer Arbeit kaum klar. Wenn sie sich aber weigern, Überstunden zu arbeiten, werden sie gefeuert.“ (Arbeiterwiderstand, Yu 7) „Fabrik B ist eine deutsche Firma, die Zubehör für Mobiltelefone herstellt….Wenn die ArbeiterInnen die einseitig vom Management festgesetzten Quoten in elf Stunden täglicher Arbeit nicht erreichten, mussten sie am nächsten Tag unbezahlte Mehrarbeit leisten.“ (Baustelle China, Ränkeschmiede 10, S. 87)

„Die BauarbeiterInnen sprechen häufig über die Mühsal ihrer Arbeit. Ihre Arbeitszeiten sind oft unregelmäßig. Dreizehn oder vierzehn Arbeitsstunden am Tag sind die Norm, nur im Winter wird wegen der früheren Dunkelheit auch mal kürzer gearbeitet. (...) Im März 2009 hatte Pan, ein 57 Jahre alter Bauarbeiter aus Hubei, drei Monate lang ununterbrochen, ohne freien Tag und ohne Lohnauszahlung gearbeitet. Seine beiden Brüder, die auf derselben Baustelle arbeiteten, berichteten, dass Pan sich sehr krank fühlte, als er eines Abends nach der Arbeit ins Wohnheim zurückkehrte. Am nächsten Tag konnte er nicht aufstehen und zur Arbeit zu gehen, aber er hatte kein Geld für das Krankenhaus. Als seine beiden Brüder um 11:30 Uhr zurückkamen, um nach ihm zu sehen, zitterte Pan am ganzen Körper und sein Gesicht war grau. Er starb um 13:30 Uhr, kurz nachdem er im Krankenhaus angekommen war.“ [20]

„In China werden junge Frauen und Männer gezwungen, 10 bis 13 Stunden am Tag, zwischen 6 und 7 Tagen in der Woche, mit einer mörderischen Arbeitszeit zwischen 60 und 90 Stunden pro Woche, Disney Kinderbücher herzustellen.“ [21]

„Die Arbeit ist sehr ermüdend. An unserer Linie liegt das Produktionssoll bei 800 bis 1200 Computerlüftern pro Stunde. Wir haben nur wenige Sekunden für jeden Arbeitsschritt und müssen ihn tausendmal am Tag wiederholen. Ich hasse es wirklich, im Stehen zu arbeiten. Normalerweise müssen wir jeden Tag zwölf Stunden lang stehen. Nach der Arbeit sind meine Beine völlig taub, und jeder Schritt fällt mir schwer.“ (Aufbruch, P. Ngai 17, S. 88)

Sacom, NGO in Honkong, prangert den Megakonzern Foxconn/Apple an: „iSklaven produzieren iPhones“. Junge ArbeiterInnen aus der neuen Apple Fabrik in Zhengzhou beklagten im TAZ-Interview: „die Zahl der Überstunden liege weit über dem gesetzlichen Limit. Während das Gesetz nur 26 Überstunden monatlich erlaubt, seien bis zu 80 Überstunden die Regel.“ [22]

Wohnverhältnisse: Menschenunwürdige Massenunterbringung ist hier das Stichwort: „WanderarbeiterInnen leben oft nach dem ‚3 in 1-System’: Fabrik, Lager, Wohnheim auf dem Gelände. Die WanderarbeiterInnen erhalten Abzüge vom Lohn für Unterkunft, Wasser, Strom, Verpflegung oder auch für Fehlverhalten in der Produktion. Typisch ist eine 40 qm-Wohnung, die von vier Leuten bewohnt wird und ca. 400 Yuan kostet. Oft wohnen jedoch auch 6-8 Leute in einer Wohnung.“ (Baustelle China, Ränkeschmiede 10, S. 25) Diese Wohnmöglichkeiten sind allerdings gegenüber den so genannten „Schlafsälen“ noch paradiesisch! „Die Schlafsäle beherbergen regulär zwischen 5 000 und 10 000 ArbeiterInnen pro Einheit. Die Agglomerationen dieser Lager umfassen häufig Gebiete, die so groß wie eine durchschnittliche europäische Großstadt sind.“ [23]

„In Shijiazhuang im Bezirk Luancheng in der chinesischen Provinz Hebei wurden bereits am 23.12.2004 fünf Mädchen – 14 bis 17 Jahre alt – in den fabrikeigenen Schlafräumen einer Textilfabrik bewusstlos. Die Ursache waren Holzkohlefeuer, die sie in Metalleimern entzündet hatten, um sich in den schlecht beheizten Räumen zu wärmen. Als sie aufgefunden wurden, holte der Unternehmer keinen Arzt, sondern ließ sie in ein Krematorium bringen, um sie schnell loszuwerden...“ [24]

‚Alternative’ Unterbringungen in Schlafsälen und Wohnheimen sind völlig verkommene Baracken-Slumsiedlungen in den Großstädten. Diese werden zumeist von Arbeitsvermittlern betrieben und zu horrenden Preisen vermietet.

Für ArbeiterInnen, die legal in den Städten und Wirtschaftssonderzonen leben, ist durch den ungebremsten Immobilienboom fast kein bezahlbarer Wohnraum mehr vorhanden. 80% des städtischen Wohnungsbestandes wurde kurzerhand privatisiert. Durch Zwangsräumung und Beschlagnahme von alten Arbeitersiedlungen, die in Privat- bzw. Kollektivbesitz der Werktätigen waren, nimmt die Wohnungslosigkeit weiter zu. Hier ist breiter Widerstand von Werktätigen in den Metropolen gegen die Willkür und Brutalität von Staatsbürokraten und Bauunternehmer entstanden.

Essensversorgung: Teuer und schlecht: Lohnabzüge für ungenießbaren Fraß. „Die Wohnbedingungen waren schon schlecht, aber die Verpflegung war noch schlechter. Auf der Baustelle konnten die ArbeiterInnen nur in der Kantine des Subunternehmers essen. Da die ArbeiterInnen nur einen monatlichen Abschlag von 100 oder 200 Yuan bekamen, konnten sie hier nur die internen Lebensmittelmarken benutzen. Auf einer Baustelle in der Gegend von Mailanwa in Beijing waren die ArbeiterInnen wütend… Bei ihnen zu Hause würde so ein Essen nicht mal den Schweinen oder Hunden vorgesetzt. Der Chef sammelte auf dem Markt das faule Gemüse… und schmiss es dann in den Topf zum Kochen… Auf einer anderen Baustelle mussten mehr als eintausend ArbeiterInnen mit einem einzigen Wasserboiler auskommen.“ (Aufbruch, P. Ngai 17, S. 28)

Arbeitsunfälle: „Im Jahr 2005 gab es nach westlichen Schätzungen in China rund 100 000 tödliche Arbeitsunfälle, davon etwa 10 000 im Bergbau. Das sind die größten Opferzahlen, die je ein Land gemeldet hat.“ [25]

„Offizielle Quellen der chinesischen Regierung belegen, dass etwa 200 Millionen chinesische Arbeiter unter ­gefährlichen Arbeitsbedingungen arbeiten. Es gibt in China etwa 700 000 schwere Arbeitsunfälle pro Jahr, bei denen über 100 000 Menschen sterben.“ (Der Aufstieg, ­
Dr. Minqi Li 13)

Arbeitsunfälle sind auch in den HighTech Firmen wie Foxconn, in den Sonderwirtschaftszonen an der Tagesordnung. Foxconn ist der größte Auftragsfertiger der Welt, mit 1,2 Mio. Beschäftigten, davon 1 Mio. in China. Foxconn gehört zur Honhai-Gruppe/Taiwan. Einer der Hauptkunden ist Apple. Die hippen live-style iPhone 4 und iPad2 Apple werden im Werk in Chengdu produziert. In diesem Foxconn-Werk mit 100 000 Beschäftigten kam es am 20. Mai 2011 zu einer schweren Explosion. Drei ArbeiterInnen wurden getötet und 15, zum Teil schwer verletzt. „Apple hat seine tiefe Betroffenheit bekundet.“ [26] Welcher Zynismus! Denn schon 2010 war der Konzern, bei dem Apple so billig produzieren lässt in den Schlagzeilen. Seit Jahresbeginn 2010 unternahmen 12 ArbeiterInnen, aufgrund des immensen Arbeitsdruckes Selbstmordversuche. 10 kamen zu Tode. Foxconn reagierte Juni 2010 mit Lohnerhöhungen aufgrund des öffentlichen Drucks. Grundlegend hat sich, wie die Explosion in Chendu zeigt nichts verändert.

Rechtlosigkeit, Willkür, Gewalt gegen Arbeiterinnen

Die Lage der Wanderarbeiterinnen spricht der Parteipropaganda der KP Chinas Hohn. Alle Losungen von Gleichstellung und gleichen Rechten von Frauen und Männer sind hohl und verlogen. In den „Weltmarktfabriken“ in den Wirtschaftssonderzonen arbeiten vor allem junge Frauen zu miesesten Bedingungen. Aber auch in den anderen Branchen von Industrie, Bau, Textil, Gastronomie, Haushalt haben Arbeiterinnen die niedrigsten Löhne, die wenigsten Recht und werden sexistisch und entwürdigend behandelt.

„... Arbeiterin in einer Elektronikfabrik in Shenzhen, sagte: ‚Das erste, das ich bei meiner ersten Arbeitsstelle lernte, war, dass du keine Rechte hast. Der Boss kann dich auffordern zu gehen, und du hast keine Rechte.’“ (Unvollendete Proletarisierung, P. Ngai 5, S. 52)

„In den EPZ (Exportproduktionszonen) übersteigt die Anzahl der Frauen diejenige der Männer bei weitem. Das macht es für die weiblichen Beschäftigten schwer, einen Partner zu finden. Darüber hinaus gilt in einigen Fabriken die Regel, dass Frauen die Arbeit aufgeben müssen, wenn sie heiraten.“ (Arbeiterwiderstand, Yu 7)

„Zentral für diese Schlafsaalform ist eine politische Ökonomie, die das Zusammenkommen typischerweise junger weiblicher Arbeiterinnen regelt. Getrennt von ihren Familien, ihrer Heimat und ihrer normalen Routine, leben diese Menschen konzentriert am Arbeitsplatz und den herrschenden Gesetzen unterworfen, die ihre Persönlichkeiten vollständig unterjochen und sie zu Instrumenten der Produktion degradieren.“ [27]

„Eine andere Arbeiterin berichtet: ‚Manchmal, wenn ich darauf gewartet habe, dass ich dran bin mit dem Duschen, bin ich einfach auf dem Bett eingeschlafen. Ich war so müde. Als ich wieder aufwachte, war es schon ­der nächste Morgen, und ich bin sofort zur Arbeit ge­gangen.’“ [28]

„Etwa zehn Minuten lang unterhielten wir uns am Eingang zur Werkhalle. Der Boss sah uns und wandte sich an den Werkstattleiter. Als ich in die Fabrikhalle zurückkehrte, fragte mich der Leiter nicht mal was, er sagte nur: ‚Morgen musst du nicht mehr kommen.’ Ich erzählte dann dem Kollegen aus meinem Dorf, der mir den Job vermittelt hatte, dass man mir gekündigt hatte. Ich sollte 49 Yuan für die sieben Tage Arbeit bekommen. Der Kollege sagte: ‚Du wagst es, noch Geld zu verlangen! Du solltest froh sein, ohne Geldstrafe davonzukommen!’“ (Unvollendete Proletarisierung, P. Ngai 5, S. 51)

In dem vierjährigen Arbeitskampf gegen die Firma Ole Wolf (dänischer Elektronikmultikonzern) in Yantai/Provinz Shandong wurden die Arbeiterinnen gezwungen folgende Verpflichtung zu unterschreiben, die sie jeglicher Willkür ausliefert: „Am 14. Oktober zwang die Firmenleitung die verbleibenden Arbeiterinnen eine schriftliche ‚Verpflichtung’ mit folgendem Inhalt zu unterschreiben: ‚Mit diesem Schreiben garantiere ich für die Zeit meiner Anstellung bei der Firma Ole Wolf, dass ich jeglichen Anweisungen der Firmenleitung ohne Ausnahme folgen und keine Handlungen vollziehen werde, die den regulären Arbeitsablauf stören (mit eingeschlossen Streik). Ferner garantiere ich, dass ich nicht gegen das Betriebsregelwerk verstoßen werde. Bei einem Verstoß rechne ich damit, für den entstandenen Schaden eine finanzielle Wiedergutmachung zahlen zu müssen, bei einem schweren Verstoß kann das Ergebnis eine Entlassung sein, gegen die ich keinen Widerspruch einlegen kann. Ich garantiere hiermit alle in diesem Schreiben genannten Punkte.’ Nicht wenige Arbeiterinnen gaben dem Druck der Firmenleitung nach, unterschrieben die Verpflichtung und gaben ihren Fingerabdruck.“ [29]

In den letzten drei Jahrzehnten entstand und boomte die Sexindustrie. Viele Wanderarbeiterinnen sind gezwungen als „Hostessen“, d.h. als Prostituierte zu arbeiten. „Dalian ... ist zu einem Magneten für ArbeitsmigrantInnen geworden. Nach der konservativsten Schätzung der ‚flottierenden Bevölkerung’ gab es im Jahr 1998 in Dalian etwa 300 000 WanderarbeiterInnen (Zhang 2001:142). ... Laut einem der städtischen Polizeichefs gibt es in Dalian 4 000 Nachtclubs, Saunen und Karaoke-Bars, und er schätzt, dass 80 Prozent aller Migrantinnen der Stadt dort als Hostessen arbeiten. Womöglich hat er ein wenig übertrieben, aber seine Schätzung lässt zumindest annehmen, dass ein großer Teil der Migrantinnen als Barhostessen arbeitet. Chinas Sexindustrie entstand im Gefolge der Wirtschaftsreformen. In der Mao-Ära wurden Prostituierte zur Umerziehung in Arbeitslager geschickt. Im Jahr 1958 verkündete Chinas Kommunistische Partei der Welt mit Stolz, die Prostitution sei beseitigt, und sah in diesem Erfolg ein Symbol für Chinas Wandel zu einer modernen Nation. Seit der Wirtschaftsreform von 1978 hat der Staat eine nachsichtigere Haltung an den Tag gelegt und der Rückkehr von Nachtclubs und anderen Vergnügungsstätten den Weg geebnet. Sie werden in der Reform-Ära als Karaoke-Bars, Karaoke-Plazas oder liange ting (wörtlich: Gesangsübungs-Hallen) bezeichnet, um jede negative Assoziation, die aus der Mao-Ära übrig geblieben ist zu vermeiden. Die Bars werden vorwiegend von Geschäftsmännern mittleren Alters, Regierungsbeamten, Unternehmern, Neureichen, Polizisten und ausländischen Investoren besucht.“ (Aufbruch, P. Ngai 17, S. 134-135)

Fazit: Es kann über schlechte Arbeitsbedingungen beliebig zitiert und berichtet werden. An der Sache wird sich vom Wesen her nichts ändern. Verglichen mit der Zeitspanne, Ende der 1970er bis Ende der 1990er Jahre, können wir feststellen, dass sich die Arbeitsbedingungen und Löhne, bedingt durch die wirtschaftliche Entwicklung, vor allem aber durch die Kämpfe, Proteste oder Streiks sich zwar sehr langsam etwas verbessern. Festzuhalten ist aber, dass trotz aller minimalen Fortschritte die Arbeits- und Lebensbedingungen nach wie vor, im wahrsten Sinne des Wortes, moderne Sklaverei sind.

Demokratiebewegung 1989 und Arbeiterbewegung

Die „Demokratiebewegung“ von 1989 ist allgemein durch den westlichen Medienhype nur als Studentenbewegung bekannt. Aber es gab in dieser demokratischen Bewegung auch eine Organisierung und viele Protest- und Unterstützungsaktionen der Arbeiterklasse gegen die „Autokraten“ und die „korrupten Funktionäre“ in der KP China. Auf Demonstrationen trugen und reifen ArbeiterInnen Slogans wie „Nieder mit Xiaoping!“, [30] „Nieder mit Li Peng!“ [31] oder „Unsere Studenten hungern, Was esst Ihr und Eure Kinder?“

Es gab einzelne und kollektive Protesterklärungen von ArbeiterInnen. Zum Beispiel verfasste ein Arbeiter einen offenen Brief an die Studenten: ‚Ihr müsst die Unterstützung der breiten Masse der Arbeiter, Bauern, Soldaten und Straßenverkäufer gewinnen. (...) Wir müssen Arbeitern, Bauern und Soldaten sagen, dass das ‚Eigentum des ganzen Volkes’ in der Praxis das Eigentum einer Minderheit von Oberherren bedeutet. Der von Arbeitern und Bauern geschaffene Reichtum wurde von diesen Leuten konsumiert. Sie haben uns ‚guojia zhurenweng’ (Herren des Landes) genannt, aber die Herren leben mit ihren Eltern und Kindern in kleinen Wohnungen, während die ‚öffentlichen Diener’ sich selbst Villen bauen ... Gibt es irgendeinen Unterschied zwischen diesen Leuten und den Feudalherren? Wir müssen eine stabile demokratische Regierung errichten mit Redefreiheit, unabhängiger Rechtsprechung und freien Wahlen.“ (Arbeiterwiderstand, Yu 7)

Es wurde die „Beijing Workers’ Autonomous Federation“ (BWAF, Autonome Föderation der Pekinger Arbeiter) gebildet um Studenten zu unterstützen und die Perspektive der ArbeiterInnen in die Diskussion einzubringen. Die BWAF organisierte ArbeiterInnen und ging öffentlich gegen die Herrschendenschicht in Stellung. In einem Brief stellt sie fest, dass: „das Volk die Mehrheit konstituiert. Die Autokraten sind nur eine Handvoll. Wenn wir, die Arbeiter, uns trauen, aufzustehen und einen Schritt voranzugehen, kann allein der Staub, den wir aufwirbeln, die Autokraten in die Hölle befördern.“ (ebenda) und fordert auf „Vereinigt Euch und errichtet ein System, das von einer ehrlichen und nicht korrumpierbaren chinesischen kommunistischen Partei geführt wird – eine, deren tragende Säule das chinesische Proletariat ist, – eine, die bei allen Patrioten zu Hause und in Übersee verankert ist.“ (ebenda) Über die Aktivitäten der BWAF wird berichtet: „Den ganzen Mai hindurch organisierte die BWAF viele Treffen zu zentralen Themen, so der Produktivität der Nation, Förderung der Exporterlöse, dem Wohlergehen der Arbeiter, Menschenrechten, Demokratie und Freiheit. Im Laufe der folgenden Wochen wuchs die Organisation. Sie entwickelte sich zu einer Arbeiterorganisation mit 100 zentralen AktivistInnen und zählte 2.000 eigene Mitglieder. Später hatte sie eigenem Verlautbaren zufolge 10.000 Mitglieder. Als die Studenten ihren Hungerstreik begannen, versorgte die BWAF den autonomen Studentenverband mit Medikamenten, Nahrung und Wasser. Sie organisierte auch Arbeiterdemonstrationen in Unterstützung der Studenten.“ (ebenda)

Der Konflikt verschärfte sich und bewirkte eine schnelle „Politisierung der Arbeiter und der BWAF“, daraufhin verfasste BWAF ein „Arbeitermanifest“: „Das Proletariat ist die progressivste Klasse in der Gesellschaft. Wir müssen unsere Stärke als zentrale Kraft innerhalb der Demokratiebewegung demonstrieren. Die Arbeiterklasse ist die Avantgarde der Volksrepublik China. Wir haben jedes Recht, Diktatoren zu vertreiben. Arbeiter sind sich des Wertes von Wissen und Fertigkeiten in der Produktion wohl bewusst. Daher dürfen wir nicht zulassen, dass den Studenten, die von unserer Gesellschaft genährt werden, ein Leid geschieht.“ (ebenda) Die BWAF trat offensiv auf und forderte: „Dieses Land wurde von uns Arbeitern aufgebaut, durch die Anstrengungen und die Arbeit aller geistigen und körperlichen Arbeiter. Wir sind der Herr im Haus, das steht außer Frage. Welchen Kurs dieses Land einschlagen soll, muss man zuerst uns fragen. Wir würden niemals zulassen, dass die Diktatur des Proletariats in eine Diktatur über das Proletariat verwandelt wird! Wir würden niemals zulassen, dass eine Handvoll Abschaum unserer Nation oder Abschaum unserer Klasse in unserem Namen die Studenten unterdrückt, die Demokratie zerstört und die Menschenrechte mit Füßen tritt!... Zum Wohle des Laufs der sozialistischen Reform, zum Wohle unserer demokratischen patriotischen Bewegung und zum Wohle der nächsten Generation, damit sie frei atmen kann, nachdem der Despotismus des Stalinismus [32]ausgelöscht ist, ... appellieren wir an unsere in Übersee befindlichen Landsleute, sofort zu handeln... die demokratische patriotische Bewegung zu unterstützen.“ (ebenda)

Die BWAF lehnte allerdings die Diktatur des Prole­tariats nicht ab. Im Gegenteil, nach eigenen Angaben verteidigt sie diese. Die BWAF kämpfte, wie sie selbst in ihren Texten schreibt, um die Diktatur des Proletariats. Dieser Kampf wurde allerdings mit einer falschen Einschätzung der Lage im früheren, sozialistischen China verknüpft.

Als die BWAF die Arbeiterklasse für den Kampf und die Unterstützung der Studenten mobilisierte, stempelte der ACGB (Gewerkschaftsbund) im Juni ­
1989 die BWAF als „konterrevolutionär“ ab. Er appellierte an die Regierung diese zu verbieten.

Arbeiterkämpfe und auch Organisationen, wie die BWAF, wurden zusammen mit der „Demokratiebewegung“ blutig niedergeschlagen. Genauere Angaben über die Anzahl von Toten, Verletzten oder Verhafteten und Verurteilten liegen nicht vor. „Westliche Schätzungen gehen von circa 3 000 Toten und 7 000 und 10 000 Verletzten aus.“ [33] „Allein im Juni wurden 27 Arbeiteraktivisten hingerichtet.“ (Arbeiterwiderstand, Yu 7)

Das war die radikalste politische Bewegung seit Mao Zedongs Tod, die sich offen und öffentlich gegen die Parteibürokratie und Herrscherschicht aufgelehnt hat. Unserem Wissen nach, gab es seit der gewaltsamen Niederschlagung der „Demokratiebewegung“ keine ähnlichen offensiven politischen Widerstandsbewegungen und Kämpfe. Jede oppositionelle Tätigkeit wird von Anfang an abgewürgt. Allein eine Unterstützung der ArbeiterInnen für ihre Rechte wird mit Bestrafung und Knast bedroht.

Selbständige und unabhängige Arbeiterkämpfe

Trotzdem waren auch in den Jahrzehnten nach 1989 Kämpfe, Streiks und auch lokale Aufstände die Wegbegleiter der explosiven kapitalistischen Entwicklung in China. „Arbeitskämpfe sind im modernen China nicht eben selten. Im letzten Jahr gab es keinen einzigen Tag, an dem im südchinesischen Perlflussdelta nicht mindesten ein Streik stattfand, bei dem mehr als 1 000 Menschen ihre Arbeit niederlegten.“ [34]

In den letzten Jahren forderten die ArbeiterInnen vor allem höhere, ausstehende, nicht rechtzeitig bezahlte Löhne, und bessere Arbeitsbedingungen. Sie richten sich gegen Entlassungen und auch gegen die Willkür des Fabrikdespotismus. Auch wenn einzelne politische Forderungen, wie die unabhängige gewerkschaftliche Organisierung gestellt werden, sind diese Kämpfe noch weit davon entfernt sich zu politischen Kämpfen zu entwickeln. Aber zentral ist, dass in diesen Kämpfen Selbstbewusstsein und Vertrauen auf die eigenen Kräfte entsteht und die Auseinandersetzungen zunehmen sowie zunehmend militanter werden. Da jegliche oppositionelle Organisation, die die Interessen der ArbeiterInnen vertritt, verboten und verfolgt wird, kann keine Gruppe, Organisation oder Partei offen auftreten, um die Kämpfe zu politisieren. In den Kämpfen haben die ArbeiterInnen immer wieder, teils auch erfolgreich, versucht, parallele Gewerkschaftsvertretungen, unabhängig von der Staatsgewerkschaft ACGB zu bilden. In den wilden Streiks entstehen als erste Organisationsinstrumente immer wieder Streik- und Kampfkomitees, die besonders brutal von der Staatsmacht unterdrückt werden.

Die Arbeiterklasse Chinas ist noch kaum organisiert. Zumeist sind es die WanderarbeiterInnen, die militant und auch zunehmend politisch auftreten. Da sie aber durch ihren Status bedingt, immer nur vorübergehend, zeitlich begrenzt in den Fabriken bzw. Regionen arbeiten, ist eine kontinuierliche politische Organisierung fast unmöglich. In der Kommunistischen Partei Chinas, die 80 Millionen Mitglieder hat, sind ganze 9% ArbeiterInnen, das sind 7,2 Mio. registriert. Für eine Partei, die sich „kommunistisch“ nennt, ist das ein Witz.

Darüber hinaus gibt es viele Gruppen, die als NGOs arbeiten. Sie versuchen die ArbeiterInnen über ihre Rechte aufzuklären und ermutigen sie, sich für ihre Rechte einzusetzen. Die NGOs betätigen sich innerhalb der vorgegebenen juristischen Möglichkeiten und halten sich zurück, offene Kritik gegen das Regime zu äußern. Trotzdem übt das Regime eine strenge polizeiliche Kontrolle gegen die NGOs aus. In etlichen NGOs sind mit Sicherheit auch politisch, linke Militante aktiv. Ebenso sicher versuchen aber auch die westlichen Imperialisten über NGOs und andere Gruppierungen, Religionsgemeinschaften etc. die chinesische Führung zu destabilisieren und eine „westlich orientierte“ Bewegung zu initiieren.

Die Zensur und Überwachung sämtlicher politischer Aktivitäten und Medien ist allgegenwärtig. Prägend bei allen Kämpfen ist, dass Streiks, Proteste, Widerstand oftmals ohne und trotz der Staatsgewerkschaft ACGB ausbrechen und organisiert werden. Dementsprechend sind die ArbeiterInnen da, wo sie eigene Verhandlungsvertreter wählen, erfolgreicher darin ihre Forderungen durchsetzen.

Aufgrund der umfassenden Zensur aller Medien ist es ausgesprochen schwierig genaue Angaben zu machen. Über Arbeitskonflikte, Aktionen und die Beteiligung sind sehr unterschiedliche Zahlen im Umlauf, die schwer überprüfbar sind. Wir wollen, trotz der Widersprüche bei einzelnen Fakten, anhand von Zitaten unseren LeserInnen ein lebendiges Bild von der ungeheuren Vielfalt der Arbeiterbewegung in China geben.

Fest steht, dass sich der Umfang und die Anzahl von Widerstandaktionen, Fabrikbesetzungen, selbständige Arbeitskämpfe kontinuierlich erhöht hat.

„Offiziellen Zahlen zufolge, die die vom Zentralkomitee der Chinesischen Kommunistischen Partei herausgegebene ‚Volkszeitung’ am 27.08.2007 erstmalig veröffentlichte, stieg die Zahl der ‚Arbeitskonflikte’ von 19 098 Fällen im Jahr 1994 auf 314 000 in 2005. Waren 1994 erst 77 794 Arbeiter daran beteiligt, so erhöhte sich ihre Zahl 1998 auf 359.000 und erreichte 2005 einen Umfang von 740 000.“ [35]

„Obwohl es schwierig ist, das genaue Ausmaß kollektiver Aktionen zu bestimmen, zeigen offizielle Statistiken, dass die Zahl der Fälle zwischen 1993 und 2005 von 10 000 auf 87 000 anstieg (eine Zunahme von 20 Prozent pro Jahr) und 75 Prozent dieser Proteste von ArbeiterInnen und Bauern organisiert wurden. Nach staatlichen Statistiken stieg die Zahl der Arbeitskonflikte, die zur Schlichtung kamen, von 135 000 im Jahre 2000 auf 314 000 im Jahre 2005, ein durchschnittliches Wachstum von 18,4 Prozent pro Jahr. Im Jahre 2003 erreichte die Zahl der Beschäftigten, die an Arbeitsschlichtungen beteiligt waren, 801 042.“ (Unvollendete Proletarisierung, P. Ngai 5)

„Laut Untersuchungen der School of Labour and Human Resources an der Beijinger Volksuniversität stieg die Zahl dieser Arbeitskämpfe von 60 000 im Jahr 1996 auf über 800 000 im Jahr 2008; seither hält sich auf diesem hohem Niveau. Bei diesen Auseinandersetzungen geht es jedoch fast ausschließlich um nicht oder zu spät gezahlte Löhne, um Entschädigungen und Abfindungen sowie um unzumutbare Arbeitsbedingungen oder um eine inakzeptable Behandlung der Lohnabhängigen. Klassische Lohnstreiks sind dagegen sehr selten.“ [36]

„Seither gab es eine Zunahme von Protesten und Streiks. Im ersten Quartal 2009 sollen es schon 58 000 sein, setzt sich der Trend fort, wären das über 230 000 in diesem Jahr.“ 37

„In Guangdong, einer Provinz im Süden Chinas, haben die Behörden zwei größere Streiks durch die Polizei beenden lassen. Die Streikenden konnten keinerlei Zugeständnisse bei Löhnen oder Arbeitsbedingungen erreichen, und das gewaltsame Ende der Streiks zeigt, dass das Regime im Industriebereich nicht die geringste[37]Unruhe tolerieren kann. Zu groß ist die Angst, das sich ein Streik, wie letztes Jahr bei Honda, zu einem Flächenbrand ausweiten könnte.“ [38]

Die Forderungen in diesen Konflikten, bzw. Kämpfen drehen sich im Wesentlichen um Einhaltung gesetzlicher Verpflichtungen, wie Abschluss von Arbeitsverträgen, um Auszahlung von Löhnen, ökonomische Verbesserungen wie höhere Löhne. Menschliche Arbeitsbedingungen und die Abschaffung des Fabrikdespotismus stehen auch im Fokus. Immer mehr werden die Arbeitskonflikte und Proteste als „kollektive“ Aktionen gesehen. In diesen Arbeitskämpfen, Protesten oder Streiks erleben die ArbeiterInnen, die direkte Konfrontation mit den Regierenden und dem Finanzkapital. Deren Antwort sind Repression, Angriffe der „Sicherheitskräfte“, Verfolgung und Bestrafung der AktivistInnen, bis hin zum Mord an ArbeiterInnen. Die brutalen gewalttätigen Angriffe auf Streikende oder Protestierende kommen nicht nur von den „Sicherheitskräften“, sondern auch von den vom ACGB angeheuerten Schlägerbanden. Die Liste weiterer Beispiele ist noch sehr, sehr lang. Es wiederholt sich immer wieder dasselbe Szenarium. Das Aufbegehren der ArbeiterInnen wird fast immer gnadenlos unterdrückt und verfolgt. Die privaten, staatlichen und internationalen Kapitalisten, Sicherheitskräfte und ACGB-Gewerkschaften gehen vereint gegen Streikende, Protestierende, gegen sich einfach für ihre Rechte einsetzende ArbeiterInnen vor.

Streiks in der Automobilbranche 2010

In den letzten Jahren haben Arbeitskonflikte, Aktionen und Proteste massiv zugenommen und sich teils auch qualitativ verändert. Sie konzentrieren sich auf die industriellen Hauptzentren im Osten, entlang der Küste.

„Das Ausmaß der Streikwelle, die im April bei einem zum Konzern gehörenden Zulieferbetrieb für Autoschlösser des Automobilherstellers Honda losgetreten worden war und die auf zahlreiche Betriebe und Sektoren übergriff, ist für China neu. Schätzungen liegen bei 200 bis 1 000 Streiks. Erstmals wurden für große Gebiete Lohnerhöhungen durchgesetzt. Die Streiks funktionierten nach dem Muster: ‚Zuerst Streik, dann Verhandlung“. (Arbeitskämpfe, Müller 1, S. 26) Offensiv wurde für Erhöhung der Löhne und die Verbesserung von Arbeitsbedingungen eingetreten.

„Ausländische Autohersteller und Zulieferer in China waren besonders betroffen, allen voran japanische. Dies mag ein Grund gewesen sein, warum zunächst detailliert über die Auseinandersetzungen berichtet wurde.“ (ebenda) Staatliche Repressionen werden unterschiedlich gegenüber Streiks und Protesten angewendet. Gegen Aktionen in „ausländischen Unternehmen“ wird vorsichtiger vorgegangen. Da eine zu starke internationale Aufmerksamkeit befürchtet wird. So bewertet P. Ngai das staatliche Agieren in Bezug auf den Honda-Streik folgendermaßen: „Der autoritäre Staat hat in den Streiks die bisherige Rolle weitergespielt, seine Strategie allerdings neu ausgerichtet. Die lokalen Behörden greifen in Arbeitskonflikte ein, um sie schnell zu beenden. Sie stellen sich meist auf die Seite der Unternehmer, aber ein Teil der Forderungen der Streikenden wird in der Regel erfüllt und StreikführerInnen werden bestraft. Mitunter greift die Polizei ArbeiterInnen massiv an, wenn eine Ausbreitung des Streiks droht. Chinas Regierung war diesmal (beim Streik bei Honda TA.) allerdings vorsichtig, da es um Fabriken großer Firmen geht, für die sich die globalen Medien interessieren. Auch deswegen gab es diesmal relativ wenig offene Gewaltanwendung gegen die Streikenden. Bisher ist es zu keiner Verhaftungswelle gegen StreikführerInnen dieser Streikwelle gekommen. Bei mehreren Streiks waren Anti-Aufstandseinheiten der Polizei in und vor der Fabrik präsent oder griffen ein, wenn die ArbeiterInnen auf die Straße wollten.“ (Aufbruch, P. Ngai 17) Aber auf Repression wird natürlich nicht komplett „verzichtet“:

„Honda bot nun 24 Prozent Lohnerhöhung an. Die ArbeiterInnen waren unentschlossen. Bis zum 30. Mai hatten die meisten das Angebot akzeptiert, aber es gab immer noch Gruppen von ArbeiterInnen, die sich weigerten. Am 31. Mai griffen über 100 Vertreter der örtlichen Gewerkschaftssektion einige Dutzend Streikende an und versuchten, sie zu filmen und in die Werkhalle zu drängen. Polizei und Journalisten schauten zu. Streikende versuchten, die Kamera zu erwischen, wurden aber an den Haaren gezogen und umgestoßen. Sie hatten die Gewerkschaftsvertreter nach eigenen Angaben noch nie gesehen.“ [39]

Im Ergebnis war diese Streikwelle weitgehend erfolgreich. Löhne wurden zwischen 30 Prozent und teils sogar bis zu 50 Prozent angehoben. Viele Konzernchefs, deren Firmen noch nicht bestreikt wurden, erhöhten sozusagen vorbeugend die Löhne. Die Streikbewegung griff auf die IT- und Elektronikbranche, wie auf den Megakonzern Foxconn oder auch auf Gold Peak (Batteriefabrik) über.

ArbeiterInnen in deutschen Konzernen

Über die Lage der ArbeiterInnen in deutschen Unternehmen wird sowohl in der BRD als auch chinesischen Medien nur sehr vereinzelt berichtet. Daher ist es schwierig sich ein Gesamtbild, das der Realität entspricht, zu verschaffen. Aktuelle Beispiele sind Streiks bei ThyssenKrupp-Fahrstühle / Hongkong und bei „Siemens Schaltbox“ in Schanghai. Bei ThyssenKrupp-Fahrstühle wurde am 26. bis 29. September 2011 gestreikt. In einer Presseerklärung wendet sich die „Belegschaftsvertretung von Thyssen-Krupp-Fahrstühle“ an die Öffentlichkeit. „Nach Jahren unerträglichen Drucks kämpfen wir für die Verbesserung unserer Lebensbedingungen und streiken für einen fairen Lohn und die Sicherheit der FahrstuhlnutzerInnen. …. Wir wollen, dass die Firma folgende Forderungen erfüllt: 1. Anhebung der MechanikerInnen-Löhne auf ein faires Maß 2. Vergrößerung der Belegschaft und Arbeit in Zweier-Teams entsprechend den Versprechungen, die vor drei Jahren gemacht wurden 3. Gewährleistung der Ruhetage und Einhaltung einer Arbeitszeit von längstens 24 Stunden – ohne Auswirkungen auf die Lohnhöhe.“ [40] Über den Ausgang des Streiks sind im Internet keine Informationen zu bekommen. Am 14. Februar 2012 traten bei „Siemens Schaltbox“ in Schanghai 600 ArbeiterInnen in den Streik, nachdem vier ihrer Kollegen entlassen wurden. Am 16. Februar verschickte Siemens einen Drohbrief, in dem angekündigt wird, die Arbeitsniederlegung als Fehlzeit zu werten, falls die ArbeiterInnen am nächsten Tag nicht wieder die Arbeit aufnehmen. Die weitere Entwicklung ist auch noch nicht bekannt.

Die Situation chinesischer ArbeiterInnen in deutschen Konzernen wird von bürgerlichen Medien so kommentiert: „Doch während sich die Streiks vor allem bei japanischen Firmen in China immer mehr ausweiten – in der vergangenen Woche legten die Mitarbeiter des Autozulieferers Denso in Südchina, der auch Toyota beliefert, die Arbeit nieder-, herrscht in den deutschen Fabriken Friede, und es wird geklotzt.“ [41] Weiter werden in dem Artikel deutsche und europäische Unternehmer gelobt, da sie „bessere Arbeitsbedingungen“ bieten. Sie zahlen „zehn Prozent mehr Lohn als die asiatischen Konkurrenten“ und die „Mitarbeiter werden motiviert“. Als weiteres Beispiel wird der deutsche Autozulieferer Kern-Liebers angeführt, der z.B. wie viele andere deutsche Unternehmer, Wohnheime abgeschafft hat, und 20 bis 40 Euro freiwilligen Mietzuschuss gewährt. Auch werden regionale ArbeiterInnen an Stelle „von billigen WanderarbeiterInnen“ beschäftigt. Das alles besagt nur eines: Das imperialistische deutsche Kapital plant strategisch. Extraprofit wird gescheffelt, gleichzeitig aber „der soziale Friede“ durch graduelle Verbesserungen für die ArbeiterInnen erkauft. Das rentiert sich langfristig mit Sicherheit.

Menschen-/ArbeiterInnenrechte und Sozialfaschismus

Wir wollen einen kurzen Überblick geben. Wir gehen nicht von dem bürgerlichen Menschenrechtsbegriff aus. „Im Demokratieindex von der Zeitschrift The Economist wird China 2011 als autoritärer Staat auf Platz 141 von 167 Staaten eingestuft.“ (Wikipedia, Demokratieindex) Der Begriff „autoritär“ ist für bürgerliche Politiker, Soziologen, Journalisten, bzw. Institutionen, ein Begriff, der der Demokratie gegenüber gestellt und oftmals verschleiernd für faschistische Diktaturen verwendet wird. Der Westen empört sich zwar regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen in China, gleichzeitig profitiert er aber ausgiebig von der brutale Unterdrückung. Denn damit sind exzellente Ausbeutungsverhältnisse gesichert. Die bürgerlichen Medien und Ideologen nutzen die Lage der Menschenrechte in China, um vor allem antikommunistische Vorurteile gegen den angeblichen „Sozialismus in China“ zu schüren. Denn die sozialfaschistische herrschende Klasse in China agiert ja immer noch unter dem Name der Kommunistischen Partei und dem „Sozialismus Chinesische Prägung“.

Trotz ihrer Demagogie hat die Bourgeoisie allerdings mit ihrer Einschätzung, dass es in China keine bürgerlichen Demokratie gibt, Recht. Es geht hier nicht darum, ob China ein „autoritärer Staat“ ist oder nicht, sondern es geht darum, welche Herrschaftsform die Bourgeoisie in China nutzt. Verfassungsgemäß ist der Nationale Volkskongress das höchste Organ der Staatsmacht in China. Das ändert aber nichts an der Wahrheit, dass die KP China alleinige Machtinhaberin ist. Auch wenn die KP China angeblich das Organisa­tionsprinzip, sowohl in der Partei, wie im Staat, des „Demokratischer Zentralismus“ anwendet, ist das nur leere Propaganda. Der gesamte Staatsaufbau ist extrem zentralistisch, von Demokratie außer formaler Showeinlagen, keine Spur. Sowohl im Bereich der Legislative (Gesetzgebung)- der Exekutive (Ausführung)- der Judikative (Gerichtsbarkeit): Alle Macht hat die KP China inne. Auch wenn in die Verfassung Sätze wie „Der Staat respektiert und beschützt die Menschenrechte.“ (Art. 33, Abs. 3, Verfassung) aufgenommen wurden, werden die Menschenrechte nicht respektiert und geschützt. Die Menschenrechte werden im wahrsten Sinne des Wortes zertreten.

Es gibt im politischen Spektrum einige Parteien, die mit der KP China in einer Art „Volksfront“ an der Macht beteiligt sind. Aber das sind keine wirklich oppositionellen Kräfte. Oppositionelle Parteien und Organisationen, die die Macht der KP China in Frage stellen oder offen Kritik vorbringen, sind verboten. Jede Äußerung und Kritik, die für die Herrschenden nicht genehm ist, wird verfolgt und exemplarisch bestraft. Meinungsfreiheit existiert im wirklichen Leben überhaupt nicht. Insgesamt stehen alle Medien und besonders das Internet unter strengster Zensur. Die KP China und ihre Staatsgewerkschaft ACGB verbieten rigoros die Gründung unabhängiger Gewerkschaften.

Fundament für dieses Unrecht ist die sozialfaschistische Unterdrückung und Diktatur. Diese ist in der Verfassung verankert. Zum Beispiel wird die Aufgabe des Staates unter anderem so festgelegt: „Art. 28 Der Staat erhält die öffentliche Ordnung aufrecht, unterdrückt landesverräterische und andere verbrecherische Tätigkeiten, die die Staatssicherheit gefährden, stellt Handlungen, die die öffentliche Sicherheit gefährden oder die sozialistische Wirtschaft unterminieren, und andere verbrecherische Tätigkeiten unter Strafe, bestraft Verbrecher und erzieht sie um.“ (Verfassung)

Um „die öffentliche Ordnung aufrecht“ zu erhalten, erhöht der Staat das Budget für „innere Sicherheit“. Laut „Le Monde diplomatique“, Juli 2011: „Nach offiziellen Statistiken betrug das Budget für innere Sicherheit 2010 ca. 514 Milliarden Yuan (etwa 55 Milliarden Euro) und ist inzwischen ebenso hoch wie das Verteidigungsbudget. Das war eine Steigerung um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bereits 2009 hatte es im Vergleich zu 2008 eine Steigerung um 8,9 Prozent gegeben. Die Kosten für die Wahrung der Stabilität steigen also ständig, ebenso wird immer mehr Personal dafür eingesetzt.“ (ebenda, S. 4)

Die so genannte „Staatssicherheit“ und „öffentliche Sicherheit“ zu gefährden, wird willkürlich allen Oppositionellen, und allen den Machthabenden nicht genehmen Personen unterstellt. Meinungsäußerung, Kritik, jede Forderung nach mehr Rechten und Demokratie alles fällt darunter. Zehntausende Menschen werden festgenommen, misshandelt, gefoltert, verurteilt und ja, auch ermordet.

Auf dem Papier, in der Verfassung wird die „persönliche Würde“ als „unverletzlich“ erklärt (siehe TA 59). Das chinesische „Rechtssystem“ kennt zwei verschiedene Arten der Verurteilung. Eine ist die sogenannte „kriminelle“, gerichtlich angeordnete Haft, die zum Ziel „Reform durch Arbeit“ hat. Die andere nennt sich „Administrativhaft“, und ist vollkommen willkürlich, da sie von Polizeidienststellen verhängt wird. Sie soll eine „Umerziehung durch Arbeit“ durchsetzen. Sie wird „für kleinere Vergehen“ wie „Diebstahl, Prostitution und illegale Drogen“ verhängt. Häufig wird die „Administrativhaft“ auch gegen Aktivisten und Oppositionelle mit Haftstrafen bis zu drei Jahren verwendet. Dabei gibt es keine Anklage, keinen Anwalt und keinerlei gerichtliches Verfahren. Gegen den Beschluss der Polizeidienststelle kann auch kein Widerspruch eingelegt werden.

In Wikipedia heißt es „Für kleinere Vergehen gibt es die Möglichkeit der Administrativhaft. Diese Strafe wird von einer Polizeidienststelle verhängt. Die maximal anordenbare Haftdauer ist drei Jahre, sie kann bei guter Führung halbiert, jedoch auch um bis zu einem weiteren Jahr verlängert werden. Für eine Verurteilung gelten die Bestimmungen der Strafprozessordnung nicht, eine Polizeibehörde kann einen Beschuldigten nach einem nur vage festgelegten Verfahren verurteilen. Es gibt mehrere Formen der Administrativhaft, die häufigste Form der Administrativhaft ist die Umerziehung durch Arbeit.“ [42] Glaubwürdige und öffentliche Zahlenangaben über zu Administrativhaft Verurteilte existieren nicht. Die Haftform ist per Gesetze legitimierter Terror gegen die Bevölkerung. Wagt es jemand das Rechte aus der Verfassung wahrzunehmen, z.B. Staatsfunktionäre anzuzeigen, dann wird sofort die „Administrativhaft“ ins Spiel gebracht. Sich über einen Staatsfunktionär zu beschweren, kostet drei bis vier Jahren „Umerziehung durch Arbeit“. Laut Internationalem Gewerkschaftsbund (IGB) ist dieses Damoklesschwert allgegenwärtig: „Die Angst vor Verhaftung stellt ein riesiges Hindernis für Verhandlungen zwischen Arbeitnehmervertretern, Behörden und Arbeitgebern dar.“ [43]

Alle diese Unterdrückungsmechanismen des Staates werden auch gegen die Kämpfe der ArbeiterInnen eingesetzt. Einige Beispiele: „Laut der Organisation China Labor Watch sind aus Protest gegen Kündigungen und Lohnkürzungen tausende Arbeiter einer Fabrik im Süden Chinas in einen Streik getreten. Dutzende Menschen wurden demnach verletzt, als die Polizei versuchte, die Blockade der Fabrik und einer Straße in der Nähe der Stadt Dongguan in der Provinz Guangdong zu brechen. An dem Streik in der Fabrik, die unter anderem Schuhe für Nike und Adidas herstellt, beteiligten sich mehr als 7000 Menschen. Der Protest richtete sich gegen die Streichung von Bonuszahlungen und ein Verbot von Überstunden und wurde angeheizt von den Kündigungen  von 18 Managern. China Labor Watch zufolge sehen die Arbeiter die Entlassung von Führungspersonal als Vorbereitung für die Verlegung ihrer Fabrik.“ (NZZ, 19.11.2011)

„Arbeiter wollen ihren ausstehenden Lohn fordern und werden von sogenannten Sicherheitskräften des Unternehmens überfallen, wobei ein Kollege stirbt. Danach besetzen 300 eine große Straße in der Nähe – und rund 700 Menschen aus der Nachbarschaft beteiligen sich an dieser Aktion, die dann von der Polizei gewaltsam aufgelöst wird.“ [44]

„Am 6. März wurde ein friedlicher Protest von rund 4.000 Beschäftigten des japanischen Elektronikherstellers Casio vor dem Betriebsgelände von annähernd 1.000 bewaffneten Einsatzpolizisten und anderen Sicherheitskräften aufgelöst, wobei Berichten zufolge etwa 20 Beschäftigte, darunter Frauen, verletzt wurden. Der Konflikt bei Casio hatte am 5. März begonnen, als die Betriebsleitung der Belegschaft mitteilte, dass die Grundlöhne im Einklang mit den neuen Bestimmungen angehoben würden, die Beschäftigten jedoch feststellten, dass ihre monatlichen Zulagen gekürzt wurden. Mehrere Beschäftigte wurden von der Polizei abgeführt und befinden sich nach Ansicht ihrer Kollegen nach wie vor in Haft.

Als im Oktober der große Spielzeughersteller Smart Union seine Tore schloss und über Nacht annähernd 7.000 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren, kam es vor den Büros der Kommunalverwaltung zu Protesten wegen unbezahlter Löhne und Abfindungen. Einsatzpolizei und bewaffnete Polizisten hinderten die Demon­stranten am Betreten des Gebäudes, und die Behörden brachten Mitteilungen an, denen zufolge die Beschäftigten mit 10-15 Tagen Verwaltungshaft rechnen müssten, wenn sie ihren illegalen Protest fortsetzen.“ [45]

„Das Arbeitsgesetz, das Gewerkschaftsgesetz und das Arbeitsschutzgesetz erwähnen zwar ‚Arbeitsniederlegungen’, aber streikende Beschäftigte stoßen gewöhnlich auf zahlreiche Probleme. Sie werden normalerweise von der Polizei festgenommen und wegen Verstößen gegen die öffentliche Ordnung, Verkehrsdelikten und Gesetzbruch bei Paraden und Demonstrationen oder auch wegen viel schwererer politischer Vergehen verwarnt. Streikorganisatoren und unabhängigen Gewerkschaftern droht außerdem die sogenannte Umerziehung durch Arbeit, eine Form der Verwaltungshaft. Im Prinzip ist diese Zeit der Zwangsarbeit zwar in der Praxis auf drei Jahre begrenzt, doch kann sie auf Wunsch der Behörden verlängert werden. Im Frühjahr 2008 wurden mindestens fünf Beschäftigte einer Schuhfabrik in Panyu strafrechtlicher Vergehen im Zusammenhang mit nicht genehmigten Demonstrationen und Störung der öffentlichen Ordnung angeklagt, worauf Gefängnisstrafen von bis zu sieben Jahren stehen.“ (ebenda)

All diese Fakten bestätigen unsere Einschätzung die wir in unserer TA, Nummer 58 gemacht haben: „Die totale Überwachung und Kontrolle der Bevölkerung durch ein ausgeklügeltes Herrschaftssystem, die Rechtlosigkeit der Werktätigen, die vollständige Gleichschaltung der Medien sind weitere Instrumente der sozialfaschistischen Herrschaft. Sozialfaschistisch, weil der faschistische Terror noch immer mit einem ‚pseudo-kommunistischen’ Propagandamäntelchen umhüllt wird.“ (S. 5)

Ja, in China herrscht eine sozialfaschistische Diktatur. Allerdings, langsam, parallel mit der gesellschaftlichen, allen voran wirtschaftliche Entwicklung ändern sich auch die Formen der Herrschaft. Die Richtung geht hin zur zumindest formalen Anpassung an reaktionäre, bürgerlich demokratische Formen der Herrschaft der Bourgeoisie. Aber das wird noch sehr lange dauern. Falls nicht vehemente Klassenkämpfe chinaweit ausbrechen und politische Freiheiten erstreiten und das System ins Wanken bringen. Die Parteiherrschaft der Bürokraten und Funktionäre ist auch heute noch unangefochten. Aber, das Proletariat und die Werktätigen Chinas sind auf dem Sprung! Ob es ein großer Sprung nach vorne wird, werden die kommenden Jahre zeigen!

Ausblick

Mao Zedong hat das mögliche Scheitern des sozialistischen Experimentes klar im Fokus gehabt. „Im Grunde genommen handelt es sich bei der Frage der Heranbildung von Nachfolgern der revolutionären Sache des Proletariats darum, ob es Nachfolger gibt, die die von der älteren Generation der proletarischen Revolutionäre begonnene revolutionäre Sache des Marxismus-Leninismus fortsetzen werden, ob die Führung unserer Partei und unseres Staates auch weiterhin in der Hand proletarischer Revolutionäre liegen wird, ob unsere Nachkommen und die nächsten Generationen auch weiterhin auf dem richtigen Weg des Marxismus-Leninismus vorwärts schreiten können, also ob wir in der Lage sind, eine Wiederholung des Chruschtschow-Revisionismus in China wirksam zu verhüten. Kurz, das ist eine äußerst wichtige Frage, eine Schicksalsfrage unserer Partei und unseres Landes, eine Frage auf Leben oder Tod. Für die revolutionäre Sache des Proletariats ist das eine Frage von fundamentaler Bedeutung für Jahrhunderte, Jahrtausende, für Zehntausend Jahre.“ (Mao Zedong, zitiert in „Über den Pseudokommunismus Chruschtschows und die historischen Lehren für die Welt“, 9. Kommentar, in „Die Polemik über die Generallinie der internationalen Bewegung“, Oberbaumverlag, S. 532/33) Die Frage auf Leben und Tod wurde für die Seite der Konterrevolution entschieden. Aus diesen Erfahrungen gilt es für alle Kommunistinnen weltweit zu lernen und Erkenntnisse zu gewinnen.

Das Proletariats Chinas wird sicherlich einen neuen Anlauf zur Veränderung der Weltgeschichte machen. Ihr Kampf ist unser Kampf!

März 2012

Informationen

Sonderwirtschaftszonen

(auch Exportproduktionszonen und Wirtschaftssonderzonen genannt)

Die ersten fünf  Sonderwirtschaftszonen  Chinas  wurden 1979-1980 eingerichtet. Drei in der südchinesischen Provinz Guangdong, sowie eine in der oberhalb Guandongs liegenden Provinz Fujian. Eine weitere in der Inselprovinz Hainan. 1984 kamen 14 Küstenstädte und später weitere an der gesamten Ostküste hinzu. Mittlerweile gehen sie in die hunderte. Gigantische Industriekomplexe mit modernster Industrie und mittelalterlicher Ausbeutungsformen schossen aus dem Boden. Der chinesische Staat hebelte in diesen Sonderwirtschaftszonen seine Steuer-, Arbeits- und Produktionsgesetze aus. Mit Steuervergünstigungen und Investitionen lockte er ausländische Monopole an, die grenzenlos die billige Arbeitskraft von Millionen WanderarbeiterInnen, die in diese „Glücksverheißenden“ Großfabriken abwanderten auspressten. Hinzu kamen „zollfreie Zonen“, „wirtschaftliche und technische Erschließungszone“, „HighTech-Erschließungszonen“.

Perlfluss Delta im Süden Chinas in der Provinz Guandong: Hier münden drei große Flüsse in das südchinesische Meer. Mehrere Millionen EinwohnerInnen Städte, so Guangzhou 11,7 Mio., Dongguan 6,4 Mio., Shenzhen 8,9 Mio., Zhuhai 1,5 Mio. sind die industriellen Zentren. In diesem Gebiet soll, nach chinesischer Planung, in den nächsten Jahren die größte Metropole der Welt entstehen. Neun der Millionenstädten werden zu einer einzigen riesigen Gigaproduktions-Stadt mit 42 Millionen EinwohnerInnen zusammengelegt. Links und rechts wird das Delta von den hoch industriell entwickelten „Sonderverwaltungsregionen Hongkong und Macau“ flankiert.

Ein weiteres Zentrum der Sonderwirtschaftszonen liegt in den Ostküstenprovinzen. Schwerpunkt ist das Yangtse-Delta mit Schanghai.

Regierungsunmittelbare Städte in China:  (Stadtstaaten) Chongqing 28,8 Mio., Shanghai 23 Mio., Beijing 19,6 Mio., Tianjin 12,9 Mio. EinwohnerInnen

Modellarbeiter im Sozialismus und „Gegen“-Modell im Kapitalismus

Die wandelnde Geschichte des Modellarbeiters

(...) Gemäß der sozialistischen Ideologie in den dreißig Jahren vor der Reformperiode waren die Werktätigen die ‚Herren des Landes’, und den ArbeiterInnen wurde höchste Ehre zuteil. Der Staat bemühte sich, die ‚drei Unterschiede’ zu beseitigen, vor allem jenen zwischen körperlicher und geistiger Arbeit, und den feudalen Berufsständen ihre Legitimation zu nehmen. In den 1960er Jahren wurde sogar Kadern und Intellektuellen das richtige Klassenempfinden beigebracht. Sie sollten von den unteren Schichten arbeitender Menschen lernen und sich selbst verändern. Nach der damals herrschenden Ideologie leisteten alle BürgerInnen des Staates – unabhängig von der Arbeit, die sie verrichteten – einen Beitrag zum Aufbau und der sozialistischen Modernisierung. Der Staat versuchte, das Bewusstsein der Menschen neu zu formen, und verkündete, dass die Revolution zwar Arbeitsteilung verlange, aber keine Einteilung in oben und unten, wichtig und unwichtig. Je anstrengender und schwerer die Arbeit, desto ehrenvoller sei sie. Deshalb wurde in dieser Zeit Shi Chuanxiang, ein Arbeiter, der Toilettengruben reinigte, als Vorbild dargestellt, von dem man lernen sollte.

(...) Von da an war Shi Chuanxiang ein im ganzen Land berühmter Modellarbeiter. Die ‚Volkszeitung’ und andere Nachrichtenmedien berichteten über seine Taten. Sie würdigten seine großartige Einstellung und seine Bereitschaft, hart zu arbeiten und Strapazen zu ertragen. Im Jahr 1964 wurde Shi Chuanxiang in den dritten Nationalen Kongress gewählt und vor dem Nationalfeiertag 1966 zum stellvertretenden Leiter der Beijing-Delegation für die Feierlichkeiten gekürt. Mao Zedong lud ihn eigens für ein paar Tage nach Zhongnanhai ein. Am Nationalfeiertag wurde Shi Chuanxiang als besonderer Gast auf das Tian’anmen-Tor gebeten, um an den Feierlichkeiten teilzunehmen. (...)

Shi Chuanxiang war keineswegs ein Einzelfall. In der Zeit des sozialistischen Aufbaus gab es im ganzen Land viele ModellarbeiterInnen, einfache Leute, die meistens manuelle Arbeiten verrichteten und sich an der Produktionsfront tapfer schlugen. Shi Chuanxiang war Toilettenreiniger, Wang Jinxi Erdölarbeiter, Meng Tai Stahlarbeiter. Sie hatten ausnahmslos die widrigsten Arbeitsstellen und erledigten die härtesten und anstrengendsten Aufgaben. Der Staat machte sie zu Modellarbeitern, als Anerkennung ihrer selbst und der untersten Arbeiterschichten. Nach den damals herrschenden Wertvorstellungen war physische Arbeit äußerst ehrenvoll. Es wäre zwar naiv zu glauben, dass sich diese Wertvorstellungen tief im Bewusstsein der Massen verankert hätten, sie bestimmten aber zweifellos die Windrichtung, trugen zur Erhöhung der sozialen Stellung der ArbeiterInnen bei und stärkten ihr Selbstwertgefühl.

(...) Nicht nur wurden einige aus den Reihen der ArbeiterInnen vom Staat ausgebildet und zu Führungskadern befördert, der Staat legte auch großen Wert auf die ideologische Umerziehung der amtierenden Kader, indem diese bei der Arbeit helfen mussten und ArbeiterInnen wiederum an der Leitung und Verwaltung beteiligt wurden. Durch das gemeinsame Essen, Wohnen und Arbeiten sollte die Bürokratisierung und die Privilegierung der Kader bekämpft und ihnen ein proletarisches Empfinden beigebracht werden. Kurzum, in der gesamten sozialistischen Periode wurde einfachen ArbeiterInnen besondere Hochachtung zuteil.

Heute, nach dreißig Jahren Reformen und einer massiven Ausweitung der Marktwirtschaft, haben sich die herrschenden gesellschaftlichen Wertvorstellungen ins Gegenteil verkehrt. Die Arbeit erfährt immer weniger Wertschätzung, und die Arbeitskraft wird zur reinen Ware, noch dazu zu einer äußerst billigen.

Der Titel ModellarbeiterInnen wird heute noch vergeben und gilt weiterhin als ehrenvoll, aber die Kriterien für die Auswahl haben sich geändert. 1997 wurden auch Privatunternehmer in die Reihe der potentiellen ModellarbeiterInnen aufgenommen. Danach erhielten immer mehr Privatunternehmer, staatliche Führungskräfte und Stars aus der Unterhaltungsbranche oder dem Sport den Titel eines Modellarbeiters.

Das Ansehen der einfachen ArbeiterInnen sank dagegen rapide. Ihre harte Arbeit war nun deutlich abgewertet, und sie wurden von der Gesellschaft fallengelassen. Mit dem Titel ‚ Modellarbeiter’ sollte die Bedeutung der Arbeiterklasse hervorgehoben werden, die Wahl von Privatunternehmern zu ‚Modellarbeitern’ ist dagegen vollkommen absurd. Der Reichtum, den die Privatunternehmer angehäuft haben. … Dem bekannten Ökonomen Yiao Zhuoji… haben die Unternehmer die Aufgabe, die Aufgabe die Arbeit zu organisieren und zu managen, eine komplexe Tätigkeit, die zehn, hundert oder sogar tausend Mal wertvoller sein kann als einfache Arbeit. … Je mehr Geld der Kapitalist auf dem Markt realisiert, desto wichtiger ist seine Tätigkeit im Vergleich zur einfachen Arbeit.“

Aufbruch der zweiten Generation,
Pun Ngai / Ching Kwan Lee, S. 29-32

Frauen – das unterdrückte Geschlecht

Laut offizieller chinesischer Partei- und Staatspropaganda haben Frauen in China „gleichen Rechte“ wie die Männer. In der Verfassung der VR China ist im Art. 48 verbürgt: „Die Frauen in der Volksrepublik China genießen in allen Bereichen des politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens sowie des Familienlebens die gleichen Rechte wie die Männer. Der Staat schützt die Rechte und Interessen der Frauen, führt das Prinzip des gleichen Lohns für gleiche Arbeit von Mann und Frau durch und sorgt für die Heranbildung und Auswahl der weiblichen Kader.“ (www.verfassungen.net/re/verf82.htm) In Gesetzen, wie z.B. dem „Gesetz zum Schutz der Rechte und Interessen der Frauen“ oder im „Programm zur Entwicklung der Frauen“ werden die Rechte und Interessen der Frauen angeblich gesetzlich garantiert und Maßnahmen festgelegt, die Frauen fördern sollen. Radio China International tönt: „Zudem gewähre die chinesische Regierung solide Garantien für die Emanzipation der Frau.“ (29.03.2011)

Untersuchungen und Berichte über den chinesischen Alltag beweisen das genaue Gegenteil. Im praktischen Leben sind Frauen in allen Bereichen diskriminiert und auch der Männerchauvinismus blüht.

Familienpolitische Programme, wie die „Ein-Kind-Politik“ verschonen die Männer, und zwingen werktätige Frauen zur Abtreibung. Die Frauen leiden unter den schweren psychischen Auswirkungen. Bürgerliche Frauen können sich von dieser Politik mit Geld einfach „freikaufen“ und mehrere Kinder gebären.

In der Politik sprechen die Fakten ebenfalls eine andere Sprache, als die offiziellen Verlautbarungen: Während Frauen fast 50% der Bevölkerung ausmachen, sind sie im Jahr 2010 in der KP China mit 22,5% vertreten. (www.stern.de, 24.07.2011) Am XVII. Parteitag (2007) haben 445 Frauen, 20,1% aller Delegierten, teilgenommen. Laut offiziellen Angaben stellten auf der 1. Vollversammlung des X. Nationalkomitees der Politischen Konsultativkonferenz Frauen nur 16,7% der Delegierten. Unter den Mitgliedern des Ständigen Ausschusses lag die Frauenquote gerade einmal bei 11,7% Frauen.

In der Ökonomie sind Frauen noch härteren Bedingungen als Männer ausgesetzt. „Der riesige soziale Rückschritt trifft weibliche Beschäftigte besonders hart. Schon 1987, als die erste Entlassungswelle im staatlichen Sektor begann, waren 67 Prozent der Entlassenen Frauen. Die Entlassungen waren von einer heftigen Propagandakampagne begleitet, die Frauen aufforderte, nach Hause zu gehen und dort zu bleiben. Die Elite behauptete, ihre Gebärfähigkeit mache die Beschäftigung von Frauen unrentabel. Es wurden aber nicht nur ArbeiterInnen entlassen, sondern viele junge Frauen, einschließlich frischgebackener Schulabsolventinnen, gar nicht erst zu Bewerbungsgesprächen zugelassen – einfach aufgrund ihres Geschlechts. Fanden sie doch noch eine Beschäftigung, waren ihre Löhne niedriger als die der Männer. Eine landesweite Umfrage zeigte, dass die Löhne der Stadtbewohnerinnen 1988 nur 84 Prozent von denen ihrer männlichen Kollegen betrugen; 1990 waren es 77,5 und 2000 sogar nur noch 70,1 Prozent. Im Nordosten, einst großes industrielles Zentrum, aber dann aufgrund der großen Umstrukturierung im Griff der Depression, wurden Arbeiterinnen häufig Sexarbeiterinnen, um ihre Familien durchzubringen. Pro Transaktion erhalten sie aufgrund des erbitterten Wettbewerbs oft nur 50 RMB. Im Oktober 2002 marschierten 200 von einer Stahlfabrik in Long Yan, Provinz Fujian entlassene Frauen unter einem Transparent, auf dem stand: ‚Zu jung für die Rente, zu alt für den Strich!’.“ (Arbeiterwiderstand, Yu) „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, die ökonomische, sozialistische Urforderung zur Gleichberechtigung von Frauen wird von den Pseudo-Kommunisten und Hardcore-Revisionisten, den Staats- und Parteibürokraten mit Füßen getreten. Die Löhne von Frau und Mann nähern sich nicht an, sondern im Gegenteil sie gehen immer weiter auseinander! Das sind einige alltägliche Beispiele wie es im politischen, wirtschaftlichen Leben in China um die „gleichen Rechte“ von Frauen tatsächlich aussieht!

„Insgesamt sind nach Schätzung der Handelskammer mehr als 5000 deutsche Unternehmen mit 220.000 Mitarbeitern in China aktiv.“ (FAZ 02.02.2012) Einige Schätzungen gehen mittlerweile von ca. 6 000 deutschen Unternehmen aus. Insgesamt haben deutsche Konzerne bis Ende 2009 fast 17 Mrd. Euro in China investiert. Darin sind die in China erwirtschafteten und reinvestierten Gewinne nicht enthalten.

Wie breit gefächert das Spektrum deutscher Industriesparten und Dienstleister ist, zeigt ein kleiner Überblick: Alstom, BASF, Bayer, BMW, Bosch, CRH C. Rob., Evonik, Hammerstein GmbH u. Co. KG, Daimler, Draexlmaier, EDAG, Formel D, Gildemeister, Heidelberg Zement, Intertek, Jungheinrich, Kern-Liebers, Leitz, MAN Turbo, Otto Group, Porsche, Reinhausen, SAP, Siemens, ThyssenKrupp, UVEX, VW, Würth International Trading, Zollner Elektronics Co etc. Allein in der Wirtschaftssonderzone Guangdong sind alleine 500 deutsche Konzerne vertreten. Deutsche Großkonzerne sind in Joint Ventures (Gemeinschaftsunternehmen) mit chinesischen Konzernen, vor allem in der Autoproduktion (VW) und mit Kommunikations-Technologie Unternehmen (Siemens) vor Ort. In den letzten Jahren gründeten die deutschen Monopole verstärkt 100% „Hundertprozentige Tochterunternehmen“, in denen sie allein schalten und walten können.

Deutsche Banken sind als Vertreter des deutschen Finanzkapitals natürlich auch in China präsent. Die Deutsche Bank ist inzwischen mit allen Geschäftsbereichen vertreten. Anfang Februar 2012 ist sie mit 17,1 Prozent zum größten Aktionär der Pekinger „Huaxia Bank“ aufgestiegen. Die Huaxia Bank hat 8,2 Mio. Privatkunden und 130 000 Geschäftskunden.

Die Commerzbank ist zweitgrößte deutsche Bank auf dem chinesischen Finanzmarkt, auf dem sich aber auch die Baden-Württembergische Bank AG, die Bayerische Landesbank, die WestLB AG, die Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG, die HSH Nordbank AG und die DZ Bank /Frankfurt (M) tummeln.

Die Deutsche Handelskammer (DHK) betreut rund 2000 deutsche Unternehmen, die ihre Mitglieder sind. Sie ist eine der größten ausländischen Handelsvertretungen in China. Die DHK fördert und unterstützt aber auch allgemein alle deutschen Unternehmen in China.

Darüber hinaus ist die Auslandshandelskammer (AHK) Greater China, als Organisation der deutsche Wirtschaftsinteressen „im Auftrag der deutschen Bundesregierung in China“ tätig. Das erste Büro wurde im Jahr 1981 in Taipeh eröffnet.

Mittlerweile löst China Europa als „Zielregion Nummer eins für das Auslandsengagement deutscher Unternehmer. Das geht aus einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hervor. ... China ist erstmals der gefragteste Investitionsstandort der deutschen Industrie. Derzeit planen 43 Prozent der Unternehmen, die 2011 im Ausland investieren wollen, den Aufbau neuer Vertriebs- oder Fertigungskapazitäten in China.“ (Deutsche Firmen zieht es nach China, Focus, 30.03.2011)

Bundeswirtschaftsminister Rösler stellte, nach einem Treffen mit einer chinesischen Delegation, in einer Pressemitteilung fest: „Das Wachstum des chinesischen Marktes bietet für deutsche Unternehmen enorme Chancen. China wird seinerseits auf den internationalen Märkten immer aktiver, nicht nur im Handel, sondern auch bei Investitionen und im Projektgeschäft. China konkurriert zwar auf vielen Märkten mit der deutschen Wirtschaft. Aber im Wettbewerb stehen unsere Unternehmen hervorragend da. Zugleich muss der Wettbewerb aber zu fairen Bedingungen erfolgen. Damit unsere Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich sind, müssen wir weiter konsequent auf Innovation und moderne Technologie setzen.“ (27.06.2011, www.bmwi.de)

Entsprechende Entwicklungen zeigen sich auch im Außenhandel. Laut FAZ vom 02.02.2012 ist China im bilateralen Handel zum wichtigsten Handelspartner Deutschlands aufgestiegen und die Investitionen legen zu. Ebenso ist „der Export nach China 2011 auf rund 65 Milliarden Euro gestiegen“, „der Import aus China legte (...) um rund 5 Prozent auf gut 80 Milliarden zu.“



[1]     Arbeitskämpfe in China, Wolfgang Müller, isw Spezial-Nr. 25, Dezember 2011

[2]     China als neuer Mittelpunkt der globalen Arbeiterunruhe, Beverly J. Silver, Lu Zhang, PROKLA, Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, Heft 161/2010, Nr. 4, S. 605-618

[3]     Vortrag über den 12. Fünfjahresplan Chinas von Herrn Botschafter Wu, 31.05.2011, www.china-botschaft.de

[4]     Kulturrevolution von Unten?, Interview mit Sun Heng und Lin Zhibin von Matthijs de Bruijne und Max Jorge Hinderer, express 8/10, Labournet.de, 24.08.2010

[5]     Unvollendete Proletarisierung – das Selbst, die Wut und die Klassenaktionen der zweiten Generation von BauernarbeiterInnen im heutigen China, Pun Ngai/Lu Huilin, Sozial. Geschichte Online 4/2010, www.stiftung-sozialgeschichte.de

[6]     SOE – englische Abkürzung für state-owned enterprise (staatseigene Betriebe)

[7]     Arbeiterwiderstand in China heute 1989-2009, Au Loong Yu, Bai Ruixue, 24.01.2010, www.labournet.de, Rubrik „Arbeitswelten China-Deutschland“

[8]     Das Handelsministerium der VRC, Chinesische Staatsbetriebe erwirtschaften in der ersten Jahreshälfte rund 10 Billionen RMB, german.mofcom.gov.cn, 25.07.2011

[9]     Vom ‚Herrn’ zum ‚Knecht’: Arbeiter in Staatsbetrieben im heutigen China, Au Loong Yu, Working USA, 14.12.2011, deutsch 2012, www. forumarbeitswelten.de

[10]    Baustelle China, Eindrücke und Fragen einer Studien- und Begegnungsreise, Redaktion express u.a., Ränkeschmiede, Texte zur internationalen ArbeiterInnenbewegung, Nr. 17/2008

[11]    Jährliche Übersicht über die Verletzungen von Gewerkschaftsrechten, China 2011, IGB, survey.ituc-csi.org

[12]    Gewerkschaften in China 2010: Reformfähig?, zusammengestellt von hrw, Informationen entnommen der Dokumentation in englischer Sprache, „Arbeitsrechtler in Xi im Gefängnis wegen Organisierung gegen korrupte Privatisierungen durch Staatsbetriebe“, 10.01.2011, www.labournet.de, 14.01.2011

[13]    Der Aufstieg der chinesischen Arbeiterklasse und die Zukunft der chinesischen Revolution, Dr. Minqi Li, Monthly Review, Februar 2011, www.forumarbeitswelten.de

[14]    Widerstand: Aspekte betrieblicher und gewerkschaftlicher Entwicklungen, Helmut Weiss, labournet.de, 15.07.2009

[15]    ArbeiterInnen als verfügbare Masse – Chinesische Beschäftigung im wirtschaftlichen Abschwung, Au Loong Yu 05.01.2009, www.labournet.de

[16]    Die ‚drei Welten’ Chinas, www.amnesty.ch/de, Peking 2008

[17]    Aufbruch der zweiten Generation, Pun Ngai / Ching Kwan Lee u.a., Assoziation A, 2010

[18]    Wir interpretieren dieses Gesetz so, dass die WanderarbeiterInnen weiterhin von Sozialversicherungen ausgeschlossen sind. Denn sie sind, obwohl sie in den Städten arbeiten, keine  „Einwohner der Städte“. Sie sind in den ländlichen Gebieten angemeldet, dort aber wiederum nicht beschäftigt. Über die praktische Anwendung dieses Gesetzes haben wir noch keine Informationen.

[19]    Das neue Sozialversicherungsgesetz tritt in Kraft, China Briefing,13.03., Jan Kwee, www.china-zentrum.de

[20]    Kultur der Gewalt. Das Subunternehmersystem und kollektive Aktionen von BauarbeiterInnen im postsozialistischen China, Pun Ngai und Lu Huilin, Forschung, Sozial. Geschichte Online Heft 5/2011, S. 56

[21]    Disneys Kinderbücher werden mit Blut, Schweiß und Tränen von JungarbeiterInnen in China hergestellt, englischer Text, Arbeitsbedingungen in China, 19.08.2005, labournet.de

[22]    TAZ, 03.01.2011

[23]    Dagognmei: Ein Blick hinter das chinesische Wirtschaftswunder, de.internationalism.org/book/export/html/1701

[24]    labournet.de, Chinesische Wanderarbeiterinnen bei lebendigem Leib beerdigt, 15.03.2005, englischer Bericht in China Labour Bulletin, 02.03.2005, Quelle: Human Rights China

[25]    Profitgier geht über Leichen, G. Steingart, 13.09.2006, spiegel.de/wirtschaft/0,1518

[26]    Unfall: Explosion tötet drei Arbeiter bei Foxconn, Achim Sawall, golem.de, 23.05.2011

[27]    Schlafsaalkapitalismus in Shenzhen, Pun Ngai, Perspektiven Nr. 3/2011, Auszug „Made in China“, Pu Ngai 2005, www.perspektiven-online.at

[28]    Mit den Füßen..., Sarah Bormann, Johanna Kusch über die Studie zu Chinas HighTech Sweatshops, express, 1/2009, S. 15

[29]    Respektiert die Menschenwürde der chinesischen Arbeiterinnen! Berichte vom Arbeitskampf in der Firma Ole Wolf, Liu Jian, „Chinesische Arbeiter“, in Monatszeitschrift des ACFTU (Allchinesischer Gewerkschaftsbund), 6/2010, deutsch labournet.de, 20.07.2010

[30]    Deng Xiaoping, Wegbereiter des Kapitalismus in China, „Vater“ der „Reform und Öffnungs“politik

[31]    Li Peng, Premierminister, 1987 bis 1998 und Vorsitzender des Staatsrates

[32]    Wir lehnen die antikommunistischen Theorien über den Stalinismus prinzipiell ab. Wir wollen an dieser Stelle aber keine Diskussion darüber führen.

[33]    Stichwort China, „Demokratiebewegung“, de.wikipedia.org

[34]    Chinas neuer Klassenkampf, Jens Berger, labournet.de, 02.08.2009

[35]    China auf dem Weg zu Streikrecht und Tarifverträgen?, Rosso Vincenzo, Telepolis, 08.07.2008, www.heise.de

[36]    Chinas Gewerkschaften, Handlanger oder Belegschaftsvertretung?, Wolf Kantelhardt, Yong Kang, 04.08.2011, Die Wochenzeitung, Schweiz, Zürich, www.woz.ch

[37]    20 Mio. Wanderarbeiter haben den Job verloren, Ein Gespräch mit Ralf Ruckus, 2009, labournet.de

[38]    John Chan, wsws.org, 01.07.2011

[39]    Sie haben das selbst organisiert, FreundInnen von gongchao, in „Aufbruch“, P. Ngai, auch www.gongchao.org

[40]    Streik bei ThyssenKrupp-Fahrstühle in Hongkong, www.labournet.de

[41]    Wie deutsche Unternehmen in China Mitarbeiter motivieren, M. Kamp, Wirtschafts Woche, 01.02.2012

[42]    de.wikipedia.org/wiki/Umerziehung_durch_Arbeit

[43]    Jährliche Übersicht über die Verletzungen von Gewerkschaftsrechten China, Internationaler Gewerkschaftsbund, IGB, 2007

[44]    Arbeitskämpfe in China 2010 – (einstweilen?) immer eine Meldung wert...“, 14.01.2011, labournet.de

[45]    Jährliche Übersicht über die Verletzungen von Gewerkschaftsrechten China“, Internationaler Gewerkschaftsbund, 2008