1914 Erster Weltkrieg - 2014 Neokoloniale Stellvertreter-Kriege

„Im Westen nichts Neues …“

„Was ist der Inhalt der Gegensätze, die bisher zum Krieg trieben und immer wieder treiben werden, solange sie bestehen? Die kapitalistische Weltkonkurrenz zwischen den verschiedenen staatlich zusammengefassten Interessengruppen, zwischen den verschiedenen imperialistischen Systemen um die Reichtümer – Rohstoffe, Arbeitskräfte, Absatzmärkte, Anlagegebiete – der Erde.

Also heben wir diese kapitalistische Konkurrenz auf, machen wir die Reichtümer der Erde zu einer gemeinsamen Angelegenheit der ganzen Menschheit. Ersetzen wir die kapitalistische Gesellschaft, die die Menschheit in Klassen und sich zerfleischende Räuberhorden auseinanderreißt, durch die sozialistische Gesellschaft die die Menschheit versöhnt und zusammenschließt!

Diese Internationale der Zukunft, die triumphierende, zu schaffen, ist Aufgabe der Internationale der Gegenwart, der kämpfenden Internationale. Das Mittel dazu ist die soziale Revolution, die allein nicht nur jetzt den Frieden bereiten, sondern auch die künftigen Kriegsursachen ausrotten kann.

Wer das Ziel will, muss das Mittel wollen.

Imperialismus und Krieg – oder Sozialismus und Frieden – kein Drittes gibt’s.“ Karl Liebknecht, April 1918

Vor 100 Jahre entzündete der deutsche Imperialismus den ersten imperialistischen Weltenbrand. Deutschland war eine aggressive, aufsteigende Weltmacht. Sie stellte die Aufteilung der Einflusssphären der imperialistischen Großmächte in Frage und wollte weltweite Expansion. Der Allianz von Deutschland, Bulgarien, Österreich-Ungarn, und Osmanischem Reich stand die Entente Frankreich, England und Russland gegenüber. Es war ein von allen Seiten ungerechter, barbarischer die Welt umfassender Krieg mit über 17 Millionen Toten.

Deutsche Politik und Medien deuten heute zum 100. Jahrestag des „Ausbruchs“ des 1. Weltkriegs diesen als „Tragödie“ und „politisches Versagen aller beteiligten Mächte“. Wie eine „Naturkatastrophe“ sei der Krieg über das Land hereingebrochen und wie „Schlafwandler“ seien die verantwortlichen Politiker in den Krieg hineingeraten. So wird versucht mit allen Mitteln den deutschen Imperialismus und seine Verbrechen zu banalisieren. Die wahren Ursachen werden erfolgreich verschwiegen. Belgien wurde als erstes Land im 1. Weltkrieg von deutschen Truppen besetzt, verwüstet und in Ypern setzten sie das erste Mal das hochgiftige Senfgas ein. Im Juni 2014 „gedachten“ die EU-Chefs, voran Merkel in Ypern des 1. Weltkrieges, und präsentierten sich als die großen „Völkerversöhner“. „Frieden herrsche in Europa“ und die Zeit der „Erbfeindschaften“ sei für immer vorbei.

Aber wie sieht die Welt 2014 aus?

Der afrikanische Kontinent wird von Kriegen und Bürgerkriegen erschüttert: Südsudan, Mali, Westsahara, Somalia, Sudan, DR Kongo, Zentralafrikanische Republik, Nigeria, Libyen usw. Der Mittlere Osten brennt: Syrien, Irak, Afghanistan, Palästina, Kurdistan usw. In Asien laufen Kriege im Nordkaukasus, in Tschetschenien, in Pakistan, auf den Philippinen, in Kaschmir usw. In Europa ist die Lunte des Krieges in der Ukraine angezündet. In Lateinamerika herrscht Krieg (Drogenkrieg) in Mexiko, Bürgerkrieg in Kolumbien usw.

Millionen ermordete Werktätige, Millionen und Abermillionen Menschen auf der Flucht, Länder in Schutt und Asche gelegt, Barbarei, Folter und Vergewaltigungen, Traumatisierung ganzer Völker …

Das ist die Kriegswirklichkeit 100 Jahre nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges.

Dem 1. Weltkrieg folgte nur 21 Jahre später der 2. Weltkrieg. Wieder war es der deutsche Imperialismus der seine Klauen nach der Weltherrschaft ausstreckte. Seine Barbarei und Gräuel stellten selbst die des 1. Weltkrieges weit in den Schatten.

Die Unterwerfung und Knechtung der europäischen und kolonialen Völker, die Feldzüge der verbrannten Erde, die Ermordung über 20 Millionen russischer Werktätiger als „slawisch-bolschewistische Untermenschen“, der industrielle Völkermord an 6 Millionen europäischer Juden, die Vernichtung der europäischen Roma und Sinti, das war sein Werk.

Die beiden Weltkriege waren Ergebnis der Zuspitzung innerimperialistischer Widersprüche und Deutschland hatte dabei eine entscheidende Rolle.

Dieser deutsche Imperialismus ist 2014 auf der Weltbühne der imperialistischen Großmächte wieder eine zentrale Macht. Die aktuelle Gemengelage um die Neuaufteilung der weltweiten Einflussspährenn spitzt sich seit dem Zusammenbruch des Ostblocks in den 1990er Jahren unaufhaltsam zu.

Durch das Aufsteigen neuer imperialistischer Großmächte wie China, durch die zugenommene weltpolitische Bedeutung der EU, unter Führung vor allem Deutschlands und Frankreichs, durch das Widererstarken des russischen Imperiums und die teilweise Schwächung der Großmacht USA, werden die Karten neu gemischt.

Die USA wendet sich verstärkt Ost- und Südostasien zu. Die erstarkte Großmacht China ist eine massive Gefährdung amerikanischer Interessen in diesem Gebiet. Aber auch die einst geschwächte Großmacht Russland hat wieder fest Tritt gefasst und stellt offensiv Ansprüche auf „seine,  seit dem Zerfall des Ostblocks verlorenen“ Gebiete und Länder.

Die EU unter Führung Deutschlands und Frankreichs bestimmt ihre Außenpolitik in etlichen Feldern neu. Aktuelle Kernziele sind der Ausbau ihrer strategischen, militärischen Positionen in Afrika sowie im Nahen und Mittleren Osten. Nur so können sie sich als eigenständig agierender Weltmachtblock weiter festigen.  Aber wie die  Entwicklung mit der Ukraine zeigt, auch im europäischen „Hinterhof“ brechen die Gegensätze und die Machtkämpfe verstärkt aus.

Neokoloniale Stellvertreter-Kriege

Viele imperialistische Interventionen sowie Kriege rund um den Globus laufen seit Jahrzehnten. Weit über 200 Kriege seit dem Ende des 2.  Weltkrieges. Teilweise wechseln die Kontrahenten und immer wieder werden neue Kriege entfacht. Die aktuellen weltweiten Kriege sind Stellvertreterkriege. Die imperialistischen Großmächte ringen darin gegeneinander in den jeweiligen Einflussgebieten.

Sie setzen dort auf die einen oder anderen Eliten bzw. Kompradoren, rüsten diese militärisch auf bzw. intervenieren selbst, nur mit einem Ziel dem jeweiligen Kontrahenten seine Einflussspähren zu entreißen, die Rohstoffvorkommen und Bodenschätze sich selbst unter den Nagel zu reißen, Märkte zu erobern und zu monopolisieren usw. Diese Kriege sind Pulverfässer und die Gefahr eines neuen, eines dritten Weltkrieges steigt damit unaufhörlich.

Aktuell stehen die während des 1. Weltkrieges im Sykes-Picot-Geheim-Ab­kommen zwischen England und Frankreich 1916 festgelegten Grenzen im Mitt­leren Osten offen zur Disposition. Die Siegermächte im 1. Weltkrieg zertrümmerten das Osmanische Reich und teilten das Gebiet in ihre Einflussgebiete willkürlich, nicht gemäß historisch entstandener Grenzziehungen, bzw. Be­sied­lungen, sondern nur nach imperialen Interessen, wie in fast in allen kolonialen Ländern, auf.

Auch die Staatenbildung in Afrika ist unter der kolonia­len, neokolonialen Herrschaft des Imperialismus so verlaufen. Es gab keine demokratische Nationenbildung, sondern eine gewaltsame und vollkommen willkürliche Staatenformierung von Gnaden des Imperialismus.

Das Korsett, der teils mit Lineal gezogenen Grenzen entspricht den heutigen Machtkonstellationen der Großmächte nicht mehr. Die Kämpfe der unterdrückten Völker und der brutale Machtkampf der imperialistischen Großmächte, die diese für ihre eigenen Zwecke zu instrumentalisieren versuchen, führen heute zum Zerfall ganzer Staaten, zum Beispiel Afghanistan, Pakistan, Irak, Syrien, Zentralafrikanische Republik, DR Kongo, Sudan, Südsudan, Somalia etc. In Israel und Palästina, wo eine ganz besondere historische Entwicklung vorliegt, herrscht direkter Kolonialismus und Besatzung etc. Dem palästinensischen Volk wird jedes Recht auf einen eigenen Staat aberkannt. Es lebt im permanenten Krieg seitens der israelischen Besatzer.

Aktuell bricht die Staatsarchitektur“ die Anfang des 20. Jahrhunderts durch den 1. Weltkrieg und nach dem 2. Weltkrieg gezimmert wurde weg.

Aber das ist nur die eine Seite des Widerspruchs. In den abhängigen, neokolonialen Staaten stehen viel unterdrückte Völker und Nationen auf, die ihre sozialen Rechte und ihr Selbstbestimmungsrecht einfordern und erkämpfen. Darin liegt der einzige Weg über demokratische Revolutionen zur tatsächlichen Befreiung von Neokolonialismus und Imperialismus und zu einem endgültigen Ende der Kriege zu gelangen.

„Menschenrechtsimperialismus“

Die deutsche Großmacht hat seit der „Wiedervereinigung“ immer stärker auf deutsche Beteiligung an militärischen Interventionen der NATO und an militärischen Missionen der UN gesetzt. (Bombardierungen Belgrads). Alles unter dem Mäntelchen „von humanitärer Hilfe“ und „Zurückhaltung im militärischen Engagement“. Damit wird „Deutschlands Freiheit auch am Hindukush“ verteidigt.

Seit den letzten Bundestagswahlen 2013 haben Merkel, Bundeskanzlerin, von der Leyen, Kriegsministerin und Prediger Gauck, Bundespräsident offensiv verstärkte internationale militärische Präsenz und Interventionsbereitschaft der deutschen Großmacht beschworen. „Wir müssen weltweit aktiv auch militärisch dabei sein“, so lautet die Parole. Im aktuell sich zuspitzenden Krieg im Irak, dem Vormarsch der IS-Islamisten und dem Krieg zwischen sunnitischer, schiitischer und kurdischer Bevölkerung, wird auch die Bundesregierung, wenn es ihren Interessen nutzt, Waffen liefern und sich auch, wenn nötig militärisch beteiligen. Da wo es genehm ist, werden ethnische, nationale, religiöse Konflikte in abhängigen Ländern benutzt, aufgeputscht und dann als Vorwand für militärisches Eingreifen genommen. Das läuft für die BRD jetzt in Mali, in der Zentralafrikanischen Republik, in Somalia und im Südsudan so. Aber auch im Irak, Afghanistan und aktuell in der Ukraine!

Hauptfeind steht im eigenen Land – Proletarischer Internationalismus

KommunistInnen wie Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, wie Lenin und die Bolschewiki waren Zeugen des millionenfachen Gemetzels im 1. Weltkrieg. Sie haben den Charakter des Imperialismus und die Entstehung imperialistischer Kriege richtig offengelegt. Sie haben mit einer kommunistischen, militanten Politik gegen den 1. imperialistischen Weltkrieg, für die Diktatur des Proletariats, für Frieden und Sozialismus gekämpft. Die Losungen „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ und „Krieg dem Krieg“ von Karl Liebknecht wurden zum Fanal des antimilitaristischen Kampfes und zum Symbol der internationalen Solidarität der Arbeiter­Innen aller Länder.

Die Oktoberrevolution 1917 in Russland, geführt von den Bolschewiki, hat mit einem Paukenschlag den Weg gezeigt wie die Verbrechen der Weltbourgeoisie gegen die Menschheit zu beenden sind.

Dem Krieg Russlands wurde durch den gewaltsamen Sturz der russischen Bourgeoisie ein jähes Ende bereitet. Die sozialistische Revolution machte Schluss mit dem expansionistischen Streben der eigenen Bourgeoisie nach Territorien und Einflussbereichen.

Das Rote Russland schlug gewaltige Kerben in das imperialistische Weltsystem.

Sowjetrussland war Beispiel für das Weltproletariat, wie die Lohnsklaverei beendet werden kann, es eröffnete den Kolonialvölkern den Weg der Befreiung aus Unterdrückung und Kolonialismus.

 Heute im Jahre 2014 braucht die Welt neue Oktoberrevolutionen!

Sozialismus oder Untergang in der Barbarei!

  

Geschichtsrevisionismus

Bürgerliche Meinungsmacher sowie Politiker stürzen sich in der Relativierung der Rolle Deutschlands im Ersten Weltkrieg auf einen aktuellen Bestseller: Christopher Clark, „Die Schlafwandler Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog“, Deutsche Verlags-Anstalt, 2013, 895 Seiten.

Das „Werk“ hält sich seit langem auf der Spiegel-Sachbuch-Liste, derzeit auf Platz 8.

Im Klappentext heißt es: „Lange Zeit galt es als ausgemacht, dass das deutsche Kaiserreich wegen seiner Großmachtträume die Hauptverantwortung am Ausbruch des Ersten Weltkriegs trägt. In seinem bahnbrechenden neuen Werk kommt der angesehene Historiker Christopher Clark, ... zu einer neuen Einschätzung. Ein besonderes Augenmerk legt er dabei auf die Situation auf dem Balkan. Clark zeigt, dass den serbischen Einigungsbestrebungen, die letztlich auch zum Attentat von Sarajewo führten, eine deutlich größere Bedeutung zukommt, als bisher bekannt.“ Kurz: Clark stellt nationale Befreiungsbewegungen als terroristische Unternehmen hin, zieht die Parallelen zu allen heute um ihre Freiheit ringenden Völkern, die zu Terroristen abgestempelt werden. 80 Seiten widmet er den „Serbischen Schreckgespenstern“. Ein Apologet imperialistischer Politik.

Auf Groschenroman-Niveau sucht Clark die Ursachen des 1. Weltkrieges bewusst nicht in ökonomischen und politischen Interessen. Das Buch befasst sich nicht damit, „warum der Krieg ausbrach, (sondern) damit wie es dazu kam.“ Eine seiner zentralen These lautet, den Krieg kann man nur verstehen, „wenn man die Wege, welche die Hauptentscheidungsträger beschritten... und ihre Sicht der Ereignisse schildert.“ 
(S. 17)

Die Gruppe der Attentäter von Sarajewo charakterisiert er in diesem Geschichtsverständnis: „Die Jungen ... waren aus jenem düsteren, jugendlichen Stoff gemacht, der reich an Idealen, aber arm an Erfahrung ist und aus dem moderne terroristische Bewegungen in erster Linie ihren Nachwuchs rekrutieren. Sie tranken keinen Alkohol. Sie waren zwar romantisch veranlagt und heterosexuell, aber sie suchten nicht gerade die Gesellschaft junger Frauen.“ (S. 82) Unsagbar homophob, reaktionär auf dem untersten Niveau sowie totale Rechtfertigung des Imperialismus.

Das ist bürgerliche Geschichtswissenschaft 2014!