Solidarität mit Rojava

Imperialisten raus aus Kurdistan-Irak-Syrien!

Volksdemokratische Revolutionen gegen die faschistischen, reaktionären Kräfte und Mächte in diesen Ländern!

Im Irak und Syrien hat sich seit Anfang Juni 2014 die Kriegssituation nach und nach verändert. Der ISIL („Islamischer Staat Irak und Levante“, auch ISIS genannt) ging zur militärischen Offensive über, brachte am 9. Juni 2014 Mosul/Irak unter seine Kontrolle und marschierte auf Baghdad zu. In den eroberten Gebieten stabilisierte er seine Macht und ging gegen die christlichen, schiitischen Volksmassen, gegen alle, die nicht in seine islamisch-faschistischen Schemata passen, mit brutalsten, faschistischen Terror vor. ISIL rief das Kalifat (Gottesstaat) aus und benannte sich in „Islamischen Staat“ (IS) um.

Bis Anfang August verliefen die Kriege in Irak und Syrien, auch wenn ISIL/IS in beiden Ländern Gebiete besetzt hatte und Krieg führte, noch relativ getrennt voneinander. In Südkurdistan/Nordirak fanden bis Ende Juli keine bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen IS und den kurdischen Peshmerga, Armee der „Autonomen Region Kurdistan“, unter Regionalpräsident Barzani, Führer der stärksten Partei, KDP (Demokratische Partei Kurdistans) statt.

Als der IS am 3. August 2014 die Stadt Şengal angriff und mit Massakern gegen das Volk der Jesiden wütete, flüchteten Zehntausende Jesiden in das Sindschar-Gebirge. Militärische Einheiten der YPG (Volksverteidigungseinheiten) und der YPJ (Frauenverteidigungseinheiten) unter der Führung der PYD (Demokratische Einheitspartei) aus Rojava [1], und der HPG (Volksverteidigungskräfte) [2] griffen ein und kurdische bewaffnete Einheiten aus den drei Teilen Kurdistans, Türkei, Irak, und Syrien gingen gemeinsam gegen den IS vor. Sie schufen einen Korridor über den viele Jesiden fliehen konnten.

Auf internationaler Ebene lief die Entwicklung darauf hinaus, den IS zum Hauptfeind, zur größten Gefahr für die Demokratie zu stilisieren und unter Führung des US-Imperialismus eine „Anti-IS-Allianz“ zu schmieden. Anfang August starteten die USA Bombardements im Irak. Aber der IS hatte bereits etwa ein Drittel Syriens unter seine Kontrolle gebracht und operierte in beiden Ländern. Mitte September 2014 wurden auch in Syrien US-Bombardements gegen IS-Stellungen gestartet.

Der aktuelle Krieg läuft zwischen dem IS und den sich als IS-Gegner deklarierten Kräften/Mächten, Opfer ist vor allem die Zivilbevölkerung. Plötzlich sind ganz neue Bündnisse entstanden. Manche wurden offiziell als Anti-IS-Koalition verkündet. Andere laufen als „stille“, faktische Zusammenarbeit. Wie zum Beispiel zwischen dem Assad-Regime – aber auch dem Iran – und den imperialistischen, westlichen Mächten, vor allem den USA, gegen den IS.

Der Angriff des IS seit dem 15. September auf Kobanê und der Verteidigungskampf der YPG-/YPJ-Kräfte, rückten den Krieg in und um Kobanê in den Vordergrund. Die kurdische Frage und die Solidarität mit Kobanê standen auf der Tagesordnung. Die gesamte Entwicklung wurde und wird in der BRD, sowohl von den Herrschenden und ihrem Medienapparat als auch von linken, revolutionären und sich kommunistisch nennenden Organisationen thematisiert und kontrovers diskutiert. Wir wollen unsere Einschätzung zu einigen Grundfragen im folgenden Artikel zur Diskussion stellen.

 

„Islamischer Staat“ und Terror-Krieg-Allianz am Werk

Wer und wessen Produkt ist der IS?

Kurz und knapp: Politisches Ziel des IS ist ein Kalifat auf Gebieten von Syrien, Irak, Libanon, Jordanien und Palästina zu gründen. Unter der Osmanischen Herrschaft war das die Provinz Damaskus und Levante.

Der IS inszeniert sich selber als brutal und terroristisch. Er hat kein Problem damit einerseits modernste Waffen, Medien und Propagandatechniken zu benutzen und andererseits mit barbarischen Methoden des 7. Jahrhunderts, wie zu Zeiten seines Propheten Mohammed und seiner Nachfolger, zu regieren: Köpfe abschlagen, Hände abhacken, Frauen vergewaltigen und versklaven. Gemäß seiner islamistischen Ideologie müssen sich alle nationalen und religiösen Minderheiten seinem Kalifat unterwerfen. Wer dies nicht tut, wird gefoltert und ermordet. Der IS ist der Stoßtrupp einer im Kern arabisch-nationalistischen Bewegung, der mit einem faschistischen Islamismus politisch agiert.

Das blutrünstige Islamverständnis des IS wird von den „moderaten Islam-Anhängern“ als „Verfälschung des Islam“, der eine „Religion des Friedens“ sei, abgelehnt. Das ist eine Verteidigung des Islams, die so nicht stimmt. Der Islam ist, wie alle andere Religionen, allen voran die monotheistischen Religionen (auch und ganz besonders das Christentum), keine Religion des Friedens.

Die Kriegsführung des IS wird von den westlichen imperialistischen Mächten als eine willkommene Gelegenheit genutzt, um die Islamphobie zu schüren und rassistische Hetzkampagnen gegen die „islamische Welt“ zu inszenieren. Aber auch für das faschistische Assad-Regime ist das ein „willkommener Feind.“

Wir wollen daran erinnern, was so oft in Vergessenheit geraten ist. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks sowie den Anschlägen auf das World Trade Center und dem folgenden „Krieg gegen Terrorismus“ schuf sich der Westen einen neuen weltweiten Hauptfeind.

Der „Krieg der Kulturen“, als Kampf zwischen dem aufgeklärten, christlichen Westen und dem barbarischen, islamistischen Osten wurde ausgerufen. Islamistische Terror-Organisationen, die in der Vergangenheit vom Westen zum Beispiel in Afghanistan gegen die imperialistische Sowjetunion geschaffen und militärisch aufgerüstet wurden, wurden nun zur „Wurzel allen Übels“.

Seitdem führt der „zivilisierte Westen“ Krieg gegen den „islamischen Terrorismus“ in Afghanistan, im Irak, in Palästina, in Syrien, in Pakistan, in Afrika ... Parallel dazu verlaufen Rassismus, Angriffe und Morde in imperialistischen Ländern, besonders in den USA und den europäischen Ländern. Gegen Migranten, Flüchtlinge, gegen alle nicht europäisch aussehende, nicht weiße und besonders aus islamischen Ländern stammende Menschen. Zum Beispiel wurden seit 2001 in Deutschland im Namen des Kampfes gegen den Terrorismus mehrere sogenannte Sicherheitspakete verabschiedet, Rassismus geschürt und die innere Faschisierung vorangetrieben. Solche Maßnahmen wurden nicht nur in Deutschland, sondern in der ganze EU und den USA getroffen.

Wenn wir heute die Frage stellen, wessen Produkt ist der IS, müssen diese Tatsachen hier in Deutschland und der EU bewusst gemacht werden!

Die radikal islamfeindliche Haltung des Westens in der Weltpolitik, die Hetze und der Rassismus gegen Menschen aus islamischen Ländern in den imperialistischen Metropolen, das ist der ideologische Nährboden für die Unterstützung des IS, auch von Hunderten oder Tausenden Jugendlichen aus diesen Ländern, die sich dem IS anschließen. Auch darum müssen wir KommunistInnen und RevolutionärInnen den Kampf gegen den IS, hier als einen Kampf gegen „unseren“ imperialistischen, deutschen Staat führen.

Die Entwicklung des IS hat bis heute verschiedene Wandlungen, ebenso wie Namen angenommen. Er hat seinen Ursprung im irakischen Widerstand gegen Besatzung und Krieg der „Koalition der Willigen“ im Jahr 2003 und bekannte sich zu al-Qaida und wurde als „al-Qaida im Irak“ bekannt.

Mit dem Sturz des Baath-Regimes im Irak unter Saddam Hussein im Jahr 2003 versprachen die westlichen Imperialisten den Menschen „Demokratie und Freiheit“. Die bislang herrschende arabisch-sunnitische Bevölkerung, die vom Baath-Regime mit Privilegien und Pfründen des Staates ausgestattet war, wurde über Nacht zu einer unterdrückten Minderheit.

Die arabisch-schiitische Mehrheitsbevölkerung unter dem Regime von Maliki verfolgte eine Klientelpolitik, deren Markenzeichen Korruption, Terror und Ausgrenzung der arabisch-sunnitischen Minderheit war. Die bis zum Wegbombardement des Saddam-Regimes herrschende arabisch-sunnitische Elite und Bevölkerung wurde auch in den Gebieten, in denen sie die Mehrheit bildete, unterdrückt. So von der Macht gänzlich ausgegrenzt, widersetzte sie sich dem Maliki-Regime mit massiven Terroranschlägen und Krieg.

Der Widerstand der arabisch-sunnitischen Minderheit stützte sich auf gut ausgebildete Militärs des alten Baath-Regimes. Der Kampf gegen die imperialistischen Besatzer – angeführt von den USA – war zugleich ein Kampf gegen das Maliki-Regime.

Als Ende 2011 die Imperialisten ihre Armeen abzogen und das Maliki-Regime die bezahlten Söldner – die gegen die damalige al-Qaida im Irak gekämpft hatten – aus der arabisch-sunnitischen Bevölkerung nicht, wie versprochen, in die reguläre Armee und Polizei übernahm, schlossen diese sich in Scharen den Reihen des IS-Irak an. Seine weiter ansteigende Schlagkraft war bedingt durch den Krieg in Syrien, der seit März 2011 im Gange ist.

Der anfänglich demokratische Aufstand der Volksmassen in Syrien gegen die faschistische Diktatur entwickelte sich zu einem blutigen Bürgerkrieg, der zugleich ein Stellvertreterkrieg der imperialistischen Großmächte ist. Auf der einen Seite der Westen, auf der anderen das Assad-Regime mit Russland und China im Rücken. Die bewaffnete Opposition, die „Freie Syrische Armee“ wurde ganz offensiv von den westlichen imperialistischen und reaktionären, regionalen Mächten, vor allem der Türkei, unterstützt. Richtiger gesagt, überhaupt erst zustande gebracht!

Sie haben die Allianz der „Freunde Syriens“, mit der „Kontaktgruppe der Freunde des Syrischen Volkes“ als ihre exekutive Leitung geschaffen. Die Zahl ihrer Mitgliedsstaaten ist zwischendurch bis auf über 130 Staaten angestiegen. Auf ihren Treffen, die seit Februar 2012 in Tunesien, Türkei, Frankreich, Marokko, Jordanien und Katar abgehalten wurden, haben sie Entscheidungen zur Unterstützung und Aufrüstung des „Syrischen Nationalrates“ und der Freien Syrischen Armee mit Millionen Dollar und Waffen getroffen. Für die Freunde Syriens ist gleichgültig wer, und mit welchen politischen Zielen, gegen das Assad-Regime kämpft. Hauptsache ist, Assad mit seinem Regime wegzujagen!

Die bewaffnete Opposition in Syrien lag aber selbst untereinander im Streit und fiel April 2013 auseinander. Auch die islamistischen Gruppen waren untereinander nicht einig. Da gab Bagdadi, Chef des IS-Irak, die Bildung eines neuen Bündnisses unter dem Namen „Islamischer Staat im Irak und der Levante“ (ISIL) bekannt. Ein großer Teil der islamistischen al-Nusra-Front, als auch andere islamistische Gruppen liefen zum ISIL über. Damit wurde er weiter gestärkt. Sein Kampf für ein Kalifat wurde nun im Irak und Syrien von einer Zentrale aus geführt. Als die islamistischen Kräfte immer offensiver Krieg führten, hat die Kontaktgruppe der Freunde des Syrischen Volkes beschlossen: „Waffenlieferungen, wie sie von den Golfstaaten erfolgen, sollen künftig allein über den Hohen Militärrat der Freien Syrischen Armee (FSA) erfolgen.“ (TAZ, 21.04.2013)

Wenn der IS-Irak ein Produkt des Krieges und der Besatzung im Irak war, war ISIL, später IS, ein Produkt des Bürgerkrieges in Syrien. Damit wurde die rasante Ausbreitung des IS im Mittleren Osten noch mehr befeuert. Und das mit der massiven Unterstützung der Freunde Syriens. Ohne Unterstützung der bewaffneten Opposition der Freien Syrischen Armee gegen das Assad-Regime, deren Mitglied die al-Nusra-Front war, hätten sich daraus die ISIL und IS nicht formieren können, oder wäre mindestens nicht so stark geworden.

 

Anti-IS-Terrorallianz

Der ISIL brachte in Syrien ein großes Gebiet unter seine Kontrolle und besetzte zeitweise auch im Irak Städte, wie z.B. Falludscha. Laut Medien-Informationen wurden in kriegerischen Auseinandersetzungen und Aktionen des ISIL von Januar bis Mitte Mai 2014 mehr als 3 500 Menschen umgebracht. Bis zur Eroberung Mosuls war der ISIL kein Gegner und Thema für die imperialistischen und reaktionären regionalen Mächte. Anfang Juni ging der ISIL zur Offensive über und eroberte neben Mosul weitere Gebiete und drohte auch Baghdad anzugreifen.

Jetzt waren die Interessen der USA und anderer imperialistischer Großmächte direkt bedroht. Der immer stärker zerfallende irakische Zentralstaat stand praktisch kurz davor zu implodieren. Der drohende Verlust strategisch wichtiger Bodenschätze, Rohstoff- und Energiequellen sowie Einflussgebiete stand kurz bevor. Was bislang im Irak unter den „Irakern“ lief, war nicht wirklich relevant. Aber die Öl- und Gasquellen, die Staudämme, die Wasserversorgung, auch als Energiequelle, waren in Gefahr, und was das mit sich mitbringen würde, war ungewiss... Die US-Imperialisten lieferten noch eine zusätzliche Rechtfertigung für ihre militärische Reaktion: „Schutz der US-Amerikaner im Irak“. Und der ISIL zwang sie zu reagieren.

Alle westlichen, imperialistischen Mächte schmiedeten nach und nach ihre Pläne. Da die USA als Hauptverantwortliche für den Irak-Krieg angesehen werden, haben die europäischen Imperialisten zunächst „zurückhaltend“ reagiert und abgewartet... (Deutschland war zu dieser Zeit diplomatisch stark in dem Ukrainekonflikt involviert.) Vor allem die US-Außen- und Verteidigungsminister reisten durch die Gegend, um diplomatische Gespräche für eine neue Auflage der „Koalition der Willigen“ – diesmal gegen den IS – zu führen.

Parallel dazu haben die westlichen Mächte, allen voran der US-Imperialismus, von der politischen, irakischen Elite neben militärischen Maßnahmen auch politische Änderungen ultimativ eingefordert. Unter ihrem Diktat musste letztendlich Maliki am 14. August zurücktreten.

Ziel war eine „Nationale Einheitsregierung“ einzusetzen, in die auch Vertreter der arabisch-sunnitischen Bevölkerung „integriert“ sind. Damit sollte der Unterstützung des Islamischen Staats durch die sunnitischen Clans der Boden entzogen werden. Noch vor dem Rücktritt von Maliki, starteten die US-Imperialisten, nach dem IS-Massaker in Şengal an der jesidischen Gemeinschaft, am 8. August Bombardements gegen IS-Stellungen. Das wurde wie immer heuchlerisch als „Hilfe“ präsentiert. Als Bodentruppen waren die irakische Armee und die kurdischen Peshmerga im Einsatz. Als erstes haben sie einen der größten Staudämme (Mosul) des Iraks zurückerobert.

Der IS wurde zum Hauptfeind nicht nur im Irak, sondern auch in Syrien. Die Bombardements wurden auf Syrien ausgedehnt, mit der Begründung, nur so könnte der IS geschlagen werden. Zudem wird von einem längeren, bis zu vier Jahren andauernden Krieg (US-Militär), gesprochen. Mit dieser Propaganda wurde das Fundament für eine neue Kriegsallianz angelegt. Der US-Imperialismus spielt dabei eine führende Rolle.

Am Rande des NATO-Gipfels im walisischen Newport wurde in einer „Sondersitzung“ am 5. September die „Kerngruppe“ der Kriegsallianz gebildet:

 USA, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Dänemark, Türkei, Polen, Kanada und Australien.

Auch wenn diese Kriegsallianz am Ende des NATO-Gipfels gebildet wurde, beruht sie nicht auf einem NATO-Beschluss. Australien ist kein NATO-Mitglied. US-Außenminister Kerry forderte: „Wir müssen sie (IS) in einer Art angreifen, dass sie nicht weiter vorstoßen können.“ (junge Welt, 06./07.09.2014)

Am 8. September hat sich die Arabische Liga in Kairo, zum Kampf gegen den IS und andere „Gotteskrieger“ verpflichtet. Am 10. September formulierte USA-Präsident Obama in seiner Ansprache zum Jahrestag des 11. Septembers seine „neue Strategie“ gegen den IS, um das Ziel umzusetzen, ihn „erst zu schwächen, dann zu vernichten“.

Knapp zusammengefasst lautet diese in vier Punkten: 1. Systematische Bombardements; 2. Unterstützung aller Kräfte, die gegen den IS kämpfen; 3. Trockenlegung der Finanzquellen des IS, Informationsbeschaffung (Klartext: Spionage), Stärkung der Verteidigung (Aufrüstung), Verhinderung der Rekrutierungskampagnen des IS und 4. Gewährleistung humanitärer Hilfe für Zivilisten.

Der wesentliche Unterschied zum zweiten Irak-Krieg (2003) ist, dass die USA zumindest aktuell, keine eigenen Bodentruppen entsenden wollen. Obwohl inzwischen bereits mindestens 3 100 Spezialisten, Berater, Ausbilder etc. in den Irak entsandt wurden. Diese sind auf der Suche nach einheimischen militärischen Kräften, die bereit sind, mit den imperialistischen und regionalen, reaktionären Mächten zu kollaborieren. Im Irak sind sie relativ erfolgreich, in Syrien noch nicht wirklich... Die Freie Syrische Armee und die kurdischen YPG-/YPJ-Kräfte sind im Visier als „moderate“ Opposition, denen die Weltpolizisten „Vertrauen“ schenken könnten...

Symbolträchtig am 11. September gaben zehn Arabische Staaten, in Anwesenheit von US-Außenminister Kerry, in der saudischen Hafenstadt Djidda bekannt, sich an der neu geschmiedeten Allianz zu beteiligen. Sie erklärten sich bereit die Finanzströme des IS und den Zulauf von ausländischen Kämpfern zu stoppen.

Bevor der UN-Sicherheitsrat die „Resolution 2178 (2014)“ gegen den „Terrorismus“ am 24. September 2014 verabschiedete, wurden bereits am 23. September IS-Stellungen in Syrien von den USA und von fünf arabischen Verbündeten aus der Luft angegriffen. Dabei sind zum ersten Mal Kampfflugzeuge des Typs F 22 durch die USA eingesetzt worden. Die Assad-Regierung verlautbarte, sie sei von der Militäraktion im Vorfeld informiert worden. [3]

Somit ist das Kriegseinsatzgebiet der Kriegsallianz erweitert worden. Laut Medien-Berichten nehmen ca. 60 Staaten an dieser Anti-IS-Koalition teil.

Ein weiteres Treffen der Kriegsallianz fand Anfang Dezember im NATO-Hauptquartier in Brüssel statt. Der US-Außenminister vermeldete Erfolge gegen den IS. Gleichzeitig aber erklärte er, dass der Kampf „wahrscheinlich Jahre“ dauern wird.

Entscheidend in diesem Krieg ist, die Imperialisten und die regionalen Mächte ringen um ihre Interessen und Einflussgebiete. Darum führen sie einen verheerenden, ungerechten Krieg gegen die Völker im Mittleren Osten. Der Propagandaschwindel vom Krieg „gegen den Terror“ und gegen den IS, und der angeblichen Hilfe für die Zivilbevölkerung versucht diesen barbarischen Krieg als gerecht zu präsentieren. Welch ein Hohn!

Die Kriegsbrandstifter präsentieren sich als bombende „Friedenstauben“. Und die bürgerliche Öffentlichkeit, aber auch fortschrittliche Menschen tappen in diese Falle und bejubeln den Kriegseinsatz!

Die Anti-IS-Terrorallianz, das sind die größten Verbrecher, das soll um jeden Preis vertuscht werden. Sie führen seit hundert Jahren Kriege im Mittleren Osten. Sie sehen die Länder mit ihren Ressourcen, Transportwegen und Absatzmärkten als ihre ureigene Interessensphäre an. Sie haben mit ihren Kriegen im Irak und Syrien überhaupt erst einen IS ermöglicht. Wer heute ernsthaft gegen den IS kämpfen will, muss auch den Kampf gegen die imperialistischen und die regionalen, reaktionären Staaten führen. Der Hauptkampf muss gegen die Kriegsallianz geführt werden.

 

Und der deutsche Imperialismus?

„Deutsche Waffen, Deutsches Geld, morden mit in aller Welt“! Die Politik des deutschen Imperialismus zum Krieg im Irak und Syrien bestätigt einmal mehr in der Praxis, wie wahr dieser Slogan ist. Die deutschen Imperialisten und ihre Medien vergießen aktuell Krokodilstränen über das Schicksal der Kurden und Jesiden im Irak. Da sie die PYD und PKK und ihre bewaffneten Kräfte zu den „Bösen Kurden“ und die Peshmerga, die Regierung Barzanis der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak zu den „Guten Kurden“ stilisieren, fließen die Krokodilstränen in erster Linie für letztere.

Aber schon mehren sich Anzeichen auch einer „weicheren Haltung“ der PYD und PKK gegenüber. Die Heuchelei der deutschen Regierung liegt von Anfang an darin begründet: ein Teil der kurdischen bewaffneten Kräfte, die im Kampf gegen den IS stehen, die PKK bleibt als terroristische Organisation hier im Lande und in Europa weiter verboten und mit einem anderen Teil, der für Deutschlands imperialistische, politische Interesse benutzt werden kann, die Peshmerga sind Verbündete.

Die deutsche Regierung hat das Hilfeersuchen der irakischen Regierung und der kurdischen Barzani-Regierung nach militärischem Eingreifen und Bewaffnung als eine willkommene Gelegenheit wahrgenommen, um ihre imperialistische Intervention als Hilfe zu tarnen.

In Wirklichkeit interessiert das deutsche Finanzkapital und seine Regierung das Schicksal der kurdischen Nation oder anderer Minderheiten keinen Deut. Ihnen geht es schlicht darum, sich in Kurdistan ökonomisch, militärisch und politisch festzusetzen, Kurdistan als Sprungbrett für mehr Einfluss im Mittleren Osten zu nutzen.

Um ihre wahren Interessen und Absichten zu bemänteln wurde eine Debatte um die „humanitäre Verantwortung“ gestartet. Die Debatte erfolgte in mehreren Etappen, angefangen wurde mit der „humanitären Hilfe“ und ging dann bis hin zur Entsendung bewaffneter Soldaten. Das heißt die BRD interveniert mit eigenen bewaffneten Kräften im Irak, auch wenn das nur als „Ausbildungsunterstützung“ ausgegeben wird.

Im Antrag der Bundesregierung an den Bundestag heißt es, „Der Deutsche Bundestag stimmt der von der Bundesregierung am 17. Dezember 2014 beschlossenen Ausbildungsunterstützung der Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak und der irakischen Streitkräfte durch bewaffnete deutsche Streitkräfte zu. Es können bis zu 100 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden. Die hierfür vorgesehenen Kräfte können eingesetzt werden, solange die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages vorliegt, längstens jedoch bis zum 31. Januar 2016“. (Drucksache 18/3561)

Der IS wird von Regierung und Politik als „Bedrohung der deutschen Sicherheit“ hingestellt und die Sicherheit Deutschlands wird dieses Mal nicht am Hindukush, sondern in Kurdistan verteidigt. Aus der Begründung der Bundesregierung: „Der Vorstoß von ISIS hat die Lage im Irak und in der Region dramatisch verändert. Bedroht ist das Leben von Millionen Menschen, die Stabilität des Irak und der ganzen Region und nicht zuletzt angesichts der Vielzahl ausländischer Kämpfer auch unsere Sicherheit in Deutschland und Europa. Es ist unsere humanitäre Verantwortung und unser sicherheitspolitisches Interesse, den Leidenden zu helfen und ISIS einzudämmen.“ (ebenda, S. 4)

Die rassistische, faschistische Bewegung in Deutschland wird mit ihrer islamfeindlichen Propaganda befeuert. Demnach ist nicht nur die „deutsche Sicherheit“ bedroht, sondern angeblich steht die „Islamisierung des Abendlandes“ kurz bevor. Auch diese Entwicklung einer offen faschistoiden Bewegung der „Hooligans Gegen Salafisten“ (HoGeSa) oder „Patriotische Europäer Gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA) usw. ist Produkt der Politik der deutschen Regierung und des imperialistischen Systems.

Die Kriegsallianz, in der Deutschland ein wichtiger Faktor ist, hat eine relative lose Struktur. So hat jede imperialistische Großmacht mehr Spielraum um eigene Interessen durchzusetzen. Da bestimmt wieder – wie im Imperialismus üblich – die Stärke die jeweilige Einflussnahme! Die Aufgabe der RevolutionärInnen hier ist gegen unsere eigenen Imperialisten zu kämpfen. Der Hauptfeind steht im eigenen Land! Das ist unsere Losung!

 

„Kurdische Frage“ und Selbstverwaltung in Kurdistana Rojava / Westkurdistan

In der „Kurdischen Frage“ herrscht in Deutschland eine politische Wahrnehmung, die im wahrsten Sinne des Wortes, eine heillose Verwirrung, Unwissen und Durcheinandermixen widersprüchlicher, angeblicher Fakten und Informationen widerspiegelt.

Im Zusammenhang mit dem Angriff des IS auf Kobanê und der Verteidigung Kobanês durch die kurdischen YPG-/YPJ-Truppen; sowie der Solidarität mit dem berechtigten Kampf der Völker in Kobanê, ist eine Situation in Deutschland entstanden, wo es schwer ist, die „wahren Freunde“ und die „falschen Freunde“ des kurdischen Volkes zu unterscheiden. Von CSU bis zu den Grünen, von „Spiegel“ bis zur „Bild“ haben plötzlich alle ihr „Mitgefühl“ und ihre „Freundschaft“ für die „Kurden“ entdeckt! Der Spiegel titelt: „Die Terrororganisation PKK ist die letzte Hoffnung des Westens im Kampf gegen den ‚Islamischen Staat‘.“ (Der Spiegel 44/2014, S. 82)

Tatsache ist, die PKK ist in Deutschland seit über 20 Jahren verboten. Spendensammlungen für die kurdischen Befreiungsbewegungen sind kriminalisiert und werden mit hohen Gefängnisstrafen geahndet. Kurdische Menschen, die vor dem Krieg in Kurdistan fliehen mussten und in Deutschland Asyl suchten, sind zu Zehntausenden abgeschoben worden. Viele kurdisch stämmige Menschen werden als Terroristen behandelt.

Und nun präsentieren sich Bild, Spiegel oder andere Medien, als „Kurden-Freunde“ und stellen sogar die Frage, ob man das PKK-Verbot nicht lockern oder gar aufheben solle. In der Tat sind sie Sprachrohr der rassistischen Politik des deutschen Staates, der gegen die Kurden, die für ihre Rechte kämpfen, eine unverschämte Hetze betrieben hat.

Wenn sie jetzt die Kurden in „böse“ und „gute“ Kurden teilen, betreiben sie ihre Hetze nur in anderer Form weiter. Und das ist im Interesse des deutschen Imperialismus. Die „guten“ Kurden sollen mit deutschen Waffen ausgerüstet und die „bösen“ Kurden sollen weiterhin mit Verboten belegt werden. Und es kann durchaus auch zu einem Strategiewechsel gegenüber der PKK kommen und schon werden diese auf die Seite der „Guten“ geschlagen.

Etliche Revolutionäre und Linke sind auch in diesen Fragen nicht klar und eindeutig. Die Bandbreite reicht von richtigen Ansätzen und einer Praxis der Solidarität, die sich vor allem auch gegen den deutschen Imperialismus richtet, bis hin zur Forderung an die deutsche Regierung, Waffen an die Kurden in Kobanê zu liefern. Und das im Namen der Solidarität.

Über Westkurdistan und was dort aktuell vor sich geht, was für eine Politik die PYD (Demokratische Einheitspartei) verfolgt und welche Ziele sie sich setzt wird vielfach eine falsche, illusorische Einschätzung verbreitet. Manche gehen sogar so weit, vollkommen übertrieben Westkurdistan als „Zentrum der Weltrevolution“ anzupreisen und zu propagieren.

De facto ist die PYD die Kraft in Syrien, die säkular gegen den djihadistischen Terror und für eine Demokratie nach westlichem Muster kämpft. Nicht die tatsächliche, konkrete Situation und die realen Entwicklungen werden wahrgenommen und analysiert, sondern was man/frau sich wünscht, wird zur Tatsache erklärt.  Dabei wird von vielen UnterstützerInnen der kurdischen, nationalen Befreiungsbewegung in der BRD die politische Linie von Abdullah Öcalan, der PKK Nordkurdistan/Türkei als auch der PYD Westkurdistan/Syrien, die in Wirklichkeit eine bürgerliche Theorie ist, als fortschrittlichste Theorie propagiert, als eine Art „Rätedemokratie mit Selbstverwaltung und Basisdemokratie, ökologisch und gleichberechtigt zugleich.“ (www.taz.de/!147569/)

Das ökonomische und politische System in Westkurdistan wird als eine Alternative zum Kapitalismus hingestellt. Die schwierige Situation in einem Land, wo der Kapitalismus nicht sehr weit entwickelt ist, wo Krieg und Embargo herrscht und die Menschen gezwungen sind, um überhaupt überleben zu können, Kooperativen zu gründen, gemeinschaftlich Arbeiten zu organisieren, was in dieser Situation auch das einzig Richtige ist, wird fälschlich als Alternative zum Kapitalismus serviert. Kooperativen sind nicht „an sich“ als antikapitalistisch zu verstehen.

In dem „Gesellschaftsvertrag“, eine Art Verfassung für Westkurdistan, sind bürgerlich-kapitalistische Rechte verankert.

So heißt es im Artikel 41 „Das Recht auf Eigentum und Privateigentum wird geschützt. Niemandem darf der Gebrauch des eigenen Eigentums verweigert werden. Niemand darf enteignet werden. Sollte das für das öffentliche Interesse doch notwendig sein, muss der Besitzer entschädigt werden. “

Diese Grundsätze wird die kurdische Bourgeoisie bei der Entwicklung von Klassenkämpfen gegen die Interessen der Werktätigen durchsetzen.

Demgegenüber stehen fortschrittlich-demokratische wie: „Artikel 23, a) JedeR verfügt über das Recht, die ethnische, sprachliche, geschlechtliche, religiöse und kulturelle Identität zu leben. b) JedeR hat das Recht, nach den Prinzipien der ökologischen Gesellschaft zu leben.

Artikel 27: Frauen verfügen über alle politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen Rechte und das Recht auf Leben. Diese Rechte sind zu schützen.

Artikel 28: Frauen haben das Recht zur Selbstverteidigung und das Recht, jegliche Geschlechterdiskriminierung aufzuheben und sich ihr zu widersetzen.

Artikel 39: Alle Bodenschätze und natürlichen Ressourcen gehören der gesamten Gesellschaft. Ihre Nutzung, Verarbeitung und Gebrauch wird durch Gesetze geregelt.“

Der Frauenbefreiung und Emanzipation, der Zerschlagung patriarchaler Strukturen, wird positiv eine sehr große Bedeutung und viel Raum gegeben.

Die „Demokratischen Selbstverwaltungsstrukturen“ (TEV DEM) „von unten“, werden als Aufhebung des Staates überhaupt und gegen das System des Nationalstaates gerichtet, propagiert. Diese Staatstheorie ist völlig illusorisch. Die Gesellschaft wird als multi-ethnisch und multi-religiös definiert. Eine Klassendefinition wird abgelehnt. Diese Position ist grundfalsch und richtet sich direkt gegen die marxistische Theorie der Klassengesellschaft.

Eine wichtige Voraussetzung um eine richtige Einschätzung über die „Kurdische Frage“ und über Rojava konkret zu treffen, ist nicht was man/frau sich wünscht, sondern die Berücksichtigung der sehr komplexen konkreten Lage, der konkreten Probleme, der Politik der kämpfenden Kräfte und deren Gegner; der Kräfteverhältnisse und Beziehungen mit den imperialistischen und regionalen Mächten etc.

Kurdistan wurde als Land von den imperialistischen Großmächten zwischen Türkei, Iran, Irak und Syrien in vier Teile aufgeteilt und diese wurden de facto zu „inneren“ Kolonien dieser Staaten. Die kurdische Nation unterliegt einer besonderen, nationalen Unterdrückung. Die bestehende, staatliche Zwangsein­bindung in die jeweiligen Länder ist keine freiwillige, selbst gewählte sondern eine mit Schwert und Blut erzwungene. Um von „gleichen und freien staatlichen Zusammenschlüssen der kurdischen Nation“, sprechen zu können, müssen die er­­zwungenen staatlichen Grenzen aufgehoben, die nationale Unterdrückung beendet und Bedingungen geschaffen werden, in denen die kurdische Nation ihr Schicksal selber bestimmen kann.

Das Recht auf Selbstbestimmung bis hin zum Recht auf Lostrennung muss der kurdischen Nation in allen vier Staaten demokratisch gewährt werden.

Aktuell schlägt der Kampf der kurdischen Nation in allen vier Staaten, Türkei, Iran, Irak und Syrien verschiedene Wege ein, da in den jeweiligen Staaten unterschiedliche politische, ökonomische und soziale Klassenverhältnisse existieren. Wenn in den politischen Analysen nicht berücksichtigt wird, welche konkrete politische, ökonomische Entwicklung sich in dem jeweiligen Teil Kurdistans vollzieht und welche politische Kraft den nationalen Kampf mit welcher Politik führt, kann keine richtige Antwort gegeben werden.

In Ostkurdistan/Iran läuft, im Vergleich mit den anderen Gebieten Kurdistans, zurzeit kein starker Kampf gegen die faschistische, islamisch-schiitische Regierung. Den Widerstand kann diese mit einer unerbittlichen Unterdrückung noch im Zaun halten. Die der PKK Nordkurdistan/Türkei nahestehende Organisation PJAK (Partei für ein Freies Leben in Kurdistan) und die iranische Regierung, haben unter Vermittlung Barzanis einer Übereinkunft zum Waffenstillstand im Oktober 2011 zugestimmt. Die PJAK hält diesen ein. Aktuell steht der Kampf für die Befreiung der kurdischen Nation im Iran nicht auf der Tagesordnung. Obwohl die kurdische Nation auch im Iran einer massiven und brutalen nationalen Knechtung ausgesetzt ist.

Die Lage der kurdischen Nation in Südkurdistan/Irak sieht ganz anders aus. Seit dem ersten Irak-Krieg und besonders nach dem zweiten Irak-Krieg im Jahr 2003 hat die kurdische nationale Bewegung unter Führung der KDP-Barzanis ihr selbst verwaltetes Gebiet geschaffen. Das ist de facto ein eigener Staat im irakischen Staat.

In diesem Gebiet herrscht die kurdische Bourgeoisie über die Werktätigen, die Arbeiterinnen und Bauern der kurdischen Nation und andere Nationalitäten. Die reaktionäre Regierung, fest in den Händen des Barzani-Clan, kollaboriert mit den imperialistischen Mächten, allen voran den USA und regionalen Mächten wie der Türkei. Hier stellt sich die nationale Frage wiederum anders. Der Kampf um die Befreiung gegen Neokolonialismus und Imperialismus, muss auch gegen die herrschende kurdische Clique an der Macht, geführt werden.

In Nordkurdistan/Türkei läuft seit längerem ein „Friedensprozess“ zwischen dem türkischen Staat und der PKK, der Anfang 2013 öffentlich gemacht wurde. Seine Zielsetzung beinhaltet auch die Entwaffnung der bewaffneten Kräfte der PKK. Die PKK hat seit 1993 eine offen reformistische Politik entwickelt und sich von dem eigenen ursprünglichen Ziel, der Erkämpfung eines „unabhängigen, vereinten, demokratischen Kurdistan“ losgesagt. Lassen wir die Frage nach politischen Zielen, wie Volksdemokratie oder gar Sozialismus beiseite, die PKK stellt sich mittlerweile überhaupt gegen einen nationalen Staat für die kurdische Nation. A. Öcalan hat eine Theorie der „zivilgesellschaftlichen Entwicklung von unten entwickelt“, deren Strategie es ist, in den bestehenden staatlichen Strukturen durch Gebiets-Autonomie „die wahre Demokratie“ zu schaffen. Seiner Meinung nach, ist die Zeit für nationale Staaten abgelaufen.

Der Friedensprozess verläuft natürlich aufgrund der Widersprüche, unterschiedlichen Forderungen und Interesse der Parteien nicht glatt. Aber er entwickelt sich trotz aller Widersprüche und Schwierigkeiten weiter. Beide Parteien, also die PKK wie auch der türkische Staat, sind offenbar entschlossen, diesen Prozess zu Ende zu bringen. An dem aktuell erreichten Punkt sind die Forderungen der PKK und A. Öcalans, die sie sehr weit herunter geschraubt haben, von der türkischen Bourgeoisie durchaus zu erfüllen.

Es ist mehr als eine Ironie der Geschichte, wenn heute Linke und sogar deutsche Regierungsmitglieder die Bewaffnung der PKK im Kampf gegen den IS fordern. Auch wenn der Friedensprozess nur durch den Jahrzehnte andauernden, von der PKK geführten bewaffneten Kampf erzwungen worden ist, ist es grotesk, wenn von Deutschland die Bewaffnung der PKK gefordert wird, durch die dieser Friedensprozess natürlich torpediert werden würde. Oder steckt nicht das Interesse des deutschen Imperialismus dahinter? Den Friedensprozess zu stoppen, AKP und Erdoğan enorm zu schwächen, selbst um den Preis einer gewissen Stärkung der militärischen Kraft der PKK. Und ein ihm genehmes Regime in der Türkei mit an die Macht zu hieven.

 

Wie ist die Situation in Syrien, Rojava, Westkurdistan?

Die PYD (Demokratische Einheitspartei) ist als Folge der PKK-Politik entstanden. Nachdem die PKK sich von dem Ziel, ein unabhängiges, vereintes, demokratisches Kurdistan zu erkämpfen, lossagte, hat sie konsequenterweise daraufhin gearbeitet, in jedem Teil Kurdistans eine Partei zu gründen. Die PYD vertritt die gleiche politische Linie wie die PKK. Schon bei ihrer Gründung im Jahr 2003 hat die PYD als politisches Programm die „Selbstverwaltung“ in einem demokratisierten Syrien aufgestellt.

Das heißt mit anderen Worten, Autonomie in einem bürgerlichen, demokratischen Regime. Sie fordert keinen unabhängigen, kurdischen Staat. Ihre politische Strategie für die Umsetzung dieser Ziele ist nicht der bewaffnete, sondern der friedliche Kampf für demokratische Rechte der kurdischen Nation in Syrien. Sie stellten sich gegen das Assad-Regime, weil es nicht demokratisch war. Gleichzeitig lehnten sie es ab, gegen dieses einen bewaffneten Kampf zu führen.

Die PYD war in Westkurdistan die stärkste, organisierte kurdische Partei. Sie hat ihre Miliz und Waffen, die sie noch aus PKK-Zeiten hatten, behalten. Ein großer Teil der PYD-Mitglieder war im bewaffneten Kampf sehr erfahren.

Als im März 2011 die berechtigten Proteste gegen das Assad-Regime ausbrachen und sich zu einem Bürgerkrieg entwickelten, bot sich für die kurdische Nation in Westkurdistan eine historische Chance. Es entstand ein Machtvakuum und eröffnete für Westkurdistan sozusagen einen dritten Weg: Weder für Assad – noch gegen Assad. Sondern in Rojava die Chance zu packen und eine eigene politische und gesellschaftliche Struktur zu schaffen. Und die PYD hat diese gut und richtig genutzt, um eine eigene politische und gesellschaftliche Selbstverwaltung in Rojava zu schaffen.

 

Wie entwickelte sich die Lage von März 2011 bis Januar 2014?

Als die Proteste und bewaffneten Kämpfe stärker wurden hat das Assad-Regime mehrere Reform-Gesetze erlassen, um die Proteste und den Kampf einzudämmen. In einem wurde die Anerkennung der syrischen Staatsbürgerschaft für ca. 300 000 KurdInnen, die bislang staatenlos waren, geregelt. Aber damit konnte Assad die kurdische Bewegung nicht ködern. Ebenso liefen alle Bemühungen der Opposition, sie in ihre Reihen zu ziehen, ins Leere. Die PYD hat sich weder dem Syrischen Nationalrat der politischen Opposition noch deren militärischer Organisation, der Freien Syrischen Armee, angeschlossen. Im Gegenteil, als die FSA versuchte militärisch in Westkurdistan zu agieren, hat die PYD gegen sie gekämpft.

In Westkurdistan gab es friedliche Proteste gegen das Assad-Regime. Während die PYD in Westkurdistan Basis-Organisierungen schuf, waren sie gegen einen bewaffneten Kampf gegen das Assad-Regime und wandten sich auch gegen eine Intervention der westlichen imperialistischen und regionalen Mächte. Das war konkret für die kurdische Bevölkerung in Westkurdistan ein gangbarer Weg.

Das ermöglichte dem Assad-Regime seine Militärkräfte aus diesen Gebieten, außer einigen strategisch wichtigen Orten, wie der Flughafen in Qamischlo in andere Kriegsgebiete abzuziehen. Als die syrische Armee des Assad-Regimes abzog, bot sich für die PYD die Möglichkeit in diesen Gebieten die Kontrolle zu übernehmen.

Kurz vor der Übernahme der Kontrolle in Westkurdistan am 11. Juli 2012, einigten sich 16 kurdische Organisationen aus Syrien, darunter auch die PYD, unter Schirmherrschaft von Barzani in Hewler/Südkurdistan (Irak), auf das Hewler Abkommen und bildeten damit ein politisches Bündnis. Damit sollten die Widersprüche und Spannungen zwischen den Organisationen aufgehoben und ein gemeinsames Vorgehen ent­wickelt werden.

Die kurdische Bewegung hat die Kontrolle am 19. Juli 2012 in Kobanê übernommen, danach auch in Efrîn und Cizîrê. Am 24. Juli wurde das „Hohe Kurdische Komitee“, eine Art regionale Regierung gebildet, deren Aufgabe die Vertretung Rojavas sowohl innen- wie auch außenpolitisch ist.

Die kurdische Bevölkerung und alle Minderheiten dieses Gebietes wollten keinen Krieg. Aber es gab für sie kein Entrinnen. Da die kurdische Bewegung sich nicht dem Krieg gegen das Assad-Regime anschloss, wurde sie als Unterstützerin des Assad-Regimes angeprangert und zum Feind erklärt. Immer wieder liefen Angriffe der militärischen Kräfte der Opposition, allen voran von der al-Nusra-Front und ISIL, aber auch von der FSA gegen Rojava, die der PYD einen Verteidigungskrieg aufzwangen.

Als die PYD ein Autonomie-Projekt vorgeschlagen hatte, wurde das von vier Parteien des Bündnisses, die der politischen Linie der KDP-Barzani nahe standen, abgelehnt. Die PYD würde „einseitig handeln und dem Baath-Regime dienen“. Barzani persönlich griff die PYD in der gleichen Weise an. Dieses Bündnis erwies sich als sehr unstabil und funktionierte nicht. Aufgrund der Widersprüche zwischen den kurdischen Parteien schlief auch das Hohe Kurdische Komitee recht bald wieder ein.

Erst am 12. November 2013 wurde ein Konstituierender Rat mit der Aufgabe zur Bildung einer autonomen Übergangsregierung für Westkurdistan in Qamischlo betraut. Diese Übergangsregierung soll das Machtvakuum bis zum Ende des Bürgerkrieges in Syrien ausfüllen. An dem konstituierenden Rat sind kurdische, arabische, tschetschenische und christliche Vertreter­Innen der Bevölkerung Westkurdistans vertreten. Insgesamt 35 Organisationen, Parteien und Vereine etc. unterstützen dieses Projekt.

Am 21. Januar 2014 wurde in Cizîrê, am 27. Januar in Kobanê und am 29. Januar in Efrîn die Autonomie ausgerufen und die drei Gebiete als Kantone bezeichnet. In jedem Kanton wurde eine eigene Regierung gebildet. Die geplanten Wahlen konnten bisher aufgrund der Kriegssituation nicht durchgeführt werden. Die faktisch regierenden MinisterInnen wurden nicht durch Volkswahlen bestimmt, sondern von den Parteien, und Organisationen, die die Autonomie befürworten. Seitdem werden in den drei Kantonen lokale Verwaltungsstrukturen aufgebaut. Im Kriegszustand und unter Embargo scheint diese Aufgabe kaum zu bewältigen zu sein. Und trotzdem wurden, unter dieser ungeheuer angespannten und komplizierten Lage, beeindruckende Erfolge erzielt.

 

Wie ist diese Entwicklung einzuschätzen?

Unabhängig von der Politik der kurdischen Organisationen, wie der PYD in Westkurdistan, verteidigen wir das unbedingte Recht der kurdischen Nation auf staatliche Lostrennung und völlige Gleichberechtigung aller Nationalitäten, Ethnien und Religionen. Der Kampf des kurdischen Volkes ist gerecht und legitim. Nur der bewaffnete Kampf gegen den Imperialismus, gegen die regionalen faschistischen Regime für die demokratische Revolution ist der Ausweg aus Unterdrückung und Ausbeutung. Jeder Pazifismus ist hier völlig fehl am Platz.

Der heutige Kampf in Westkurdistan ist ein demokratischer Kampf, für Selbstverwaltung und Autonomie. Das ist die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechtes auf einfacher, niedriger Stufe. Ein Schritt in die Richtung der Abschaffung und Aufhebung der nationalen Unterdrückung. Auch wenn das nicht die wirkliche Befreiung ist, ist es trotzdem ein Schritt vorwärts. Eine demokratische Errungenschaft! Und diese unterstützen wir. Aber wir machen uns keine Illusionen, das ist keine Revolution oder keine Alternative zum Kapitalismus! Wir unterstützen das demokratische Recht der kurdischen Nation sich selbst zu verwalten.

 

Ja! Solidarität ist dringend angesagt!

Aber wie?

Nur die Solidarität der Völker, nur der Aufruf der Revolutionäre und KommunistInnen, nur die praktische Tat mit Menschen, Geld und Waffen den bewaffneten Kampf in Rojava zu unterstützen ist ein Mittel, ihren Weg zur Revolution zu unterstützen.

Aber wir sind uns vor allem unserer eigenen und auch der Schwäche der revolutionären, internationalen ArbeiterInnenbewegung und der nationalen Befreiungsbewegungen bewusst. Fakt und eine bittere Tatsache ist: die Revolutionäre und Kommunistische Bewegung hat heute international nicht ausreichend Einfluss auf die Arbeiterklasse und die Werktätigen, um eine solche tatkräftige und wirksame internationale Unterstützungskampagne zu organisieren, die entscheidend in Rojava wirksam wird. Daher ist die heute geleistete Solidarität wichtig, aber leider sehr begrenzt.

Die Aufgabe, die wir alle, die antikapitalistisch, revolutionär und kommunistisch sind, haben, liegt vor allem in der Stärkung der revolutionären und kommunistischen Bewegung im eigenen Land! Damit können wir unsere internationale Solidarität stärker entwickeln.

Die Schwäche der nationalen, kurdischen Bewegungen liegt darin, dass sie keine wirklich revolutionäre Politik verfolgen und teilweise auf die Imperialisten und reaktionäre regionale Mächte setzen. Was, wie schon festgestellt, natürlich auch mit der extremen Schwäche der internationalen kommunistischen ArbeiterInnenbewegung zusammenhängt.

Während die KDP-Barzanis eine reaktionäre, bourgeoise Führung im nationalen Befreiungskampf ist, sind PKK und YPG eine reformistische Führung. Sie sind bürgerlich demokratische Bewegungen und begrenzen sich auf die Forderung nach demokratischen Rechten innerhalb der bestehenden kapitalistischen Gesellschaft. Sie arbeiten nicht auf die volksdemokratische und sozialistische Revolution hin.

Keine dieser Parteien kämpft heute für einen von den Imperialisten und den regionalen, kolonialistischen Mächten unabhängigen, demokratischen Staat Kurdistan.

Was in Westkurdistan und aktuell in Kobanê vor sich geht, ist für die PYD und ihre militärischen Streitkräfte, ein Verteidigungskampf gegen den IS. Sie führen keinen allgemeinen antiimperialistischen, antifaschistischen Kampf oder Krieg. Der Verteidigungskampf ist nur in der Hinsicht antifaschistisch, weil er gegen eine islamistische, faschistische Kraft geführt wird.

Mittlerweile läuft eine de facto militärische Zusammenarbeit der Peshmerga Barzanis, Einheiten der PYD mit dem US-Militär, BRD-Einsatzkräften, der Türkei usw. Die Bombardierungen des IS erfolgen in Absprachen mit den kurdischen kämpfenden Truppen. Mit Genehmigung der türkischen AKP-Regierung sind seit dem 29. Oktober 2014 ca. 150 Peshmerga-Streitkräfte mit schwerem Kriegsgerät zur Verteidigung Kobanês über türkisches Territorium nach Syrien eingerückt. Die erste Kampftruppe wurde mittlerweile auf demselben Weg durch eine zweite ausgewechselt.

Die Solidarität mit Rojava/Westkurdistan wird in der BRD durch vielfältige Aktionen, Demonstrationen und Unterstützungsarbeit bekundet. Das vereint alle Linken, Revolutionäre und KommunistInnen auf einer gemeinsamen Basis. Von der Solidaritätsbewegung ist eine der wichtigen Hauptforderung „Aufhebung des PKK-Verbots“, unabhängig von unterschiedlichen Begründungen oder Einschätzungen.

Auch den Kampf der PYD gegen den IS um die Jesiden, andere Minderheiten und die kurdische Bevölkerung in Süd- und Westkurdistan zu verteidigen, ist richtig und zu unterstützen. Das hat die Diskussionen über das Verbot der PKK wieder entfacht. Das Verbot der PKK war von Anfang an ein Angriff des deutschen Imperialismus auf den Befreiungskampf der kurdischen Nation in Nordkurdistan/Türkei.

Was noch richtig und positiv ist, aber nicht alle Linken, RevolutionärInnen und KommunistInnen in gemeinsamen Forderungen vereint, ist die Haltung zu bzw. die Forderung nach Waffenlieferungen durch den deutschen Staat. Die Mehrheit der revolutionären Bewegung hat sich in der Unterstützung der kurdischen Befreiungsbewegung in Westkurdistan mit ihren Forderungen richtigerweise auch gegen den deutschen imperialistischen Staat gestellt: Kein Waffenexport, keine Militärhilfe, keine Intervention, keine Kriegsbeteiligung der BRD, etc.

Für uns ist das eine grundlegende Trennlinie. In unserer Solidarität kämpfen wir vor allem gegen den eigenen Imperialismus und seine Interessen. Den eigenen imperialistischen Staat auf allen Ebenen anzugreifen und zu bekämpfen, das ist eines der wichtigsten Merkmale revolutionärer Politik.

In Rojava, konkret in Kobanê, ist die PYD (YPG/YPJ) dringend auf weitreichende Solidarität und Unterstützung angewiesen. Notwendig ist nicht nur humanitäre Hilfe, sondern sind auch militärische Ausrüstungen, Waffen, Munition etc. Auch Geld um Waffen zu kaufen wird benötigt, ebenso wie direkte Unterstützung mit Waffen. Solange diese Unterstützung von den demokratischen, revolutionären, kommunistischen Kräften, Organisationen und Befreiungsbewegungen geleistet wird, ist das proletarischer Internationalismus und Solidarität.

Langfristig gesehen ist es auch für die internationale Solidarität sehr wichtig, über den Kampf der kurdischen Nation und verschiedener Nationalitäten in Westkurdistan keine falschen Vorstellungen und Tatsachen zu verbreiten. Die demokratischen Errungenschaften sollen realistisch kommuniziert und nicht maßlos übertrieben propagiert werden. Welche Bedeutung hat dieser demokratische Kampf? Die Frage muss aus der Perspektive der proletarischen Weltrevolution beantwortet werden. Das Selbstverwaltungs-System ist für die Kurdische Nation und die anderen Nationalitäten, für alle Werktätigen in Rojava eine ganz neue und positive Erfahrung! Aber sie ist, im Gegensatz zu den Theorien von A. Öcalan kein Vorbild für die Welt und keine neue Erfindung in der Welt!

Alle, die diese Entwicklung als den „fortschrittlichsten Kampf“ für die Revolution einschätzen oder gar zu einer neuen Gesellschaftsform stilisieren, leisten dem Kampf des kurdischen Volkes für seine Befreiung keinen wirklichen Dienst. Wie zum Beispiel die Propaganda von der Abschaffung des Nationalstaates: „In den kurdischen Gebieten haben wir uns mit der organisierten Kraft des Volkes von der Herrschaft des Staates befreit. Die staatlichen Institutionen sind aus Kurdistan verbannt.“ [4]

Was die Befreiung der kurdischen Nation auf dem revolutionären Weg voranbringen kann, ist die demokratischen Errungenschaften zu verteidigen und den kurdischen Werktätigen bewusst zu machen, für die Befreiung von Unterdrückung und Ausbeutung reichen diese Errungenschaften nicht aus. Darum ist es auch ein Zeichen der internationalen Solidarität, diese Diskussion zu führen, und die falsche, reformistische Politik der kurdischen Organisationen offen und öffentlich zu kritisieren und Alternativen zur Debatte zu stellen. Wer Solidarität und Kritik gegeneinander stellt, ist kein wirklicher Freund der unterdrückten Völker.

Mit kleinbürgerlichen Utopien wird der politische Horizont hier im Lande vernebelt.

Was wir in der Solidarität mit Kobanê sehr kritikwürdig finden, ist im Namen der Solidarität vom deutschen imperialistischen Staat und dessen Regierung Waffenlieferungen an die PKK, PYD bzw. YPG/YPJ zu fordern. Und das auch noch als antifaschistischen Kampf zu deklarieren!

 

Das macht die MLPD!

Innerhalb der linken Bewegung fordert nicht nur die MLPD von der deutschen Regierung Waffenlieferung an die PKK und YPG/YPJ. Ein Teil der Partei Die Linke vertritt die gleiche Position. In verschiedenen Flugblättern, in Reden auf Demos und Kundgebungen werden die imperialistischen Mächte, so USA und Deutschland kritisiert, weil sie angeblich nur Waffen an die Peshmerga in die Autonome Region Kurdistan/Irak liefern. Und sie werden aufgefordert auch Rojava und die PKK mit Waffen und Ausbildern zu unterstützen. Wir begrenzen uns hier exemplarisch auf die politische Haltung der MLPD.

Statt die Heuchelei der Herrschenden über die Diskussionen „Keine Waffen in Krisenregionen“ zu entlarven und aufzuzeigen was die Herrschenden damit bezwecken, vertritt die MLPD: „Der imperialistische Pazifismus, wie ihn viele bürgerliche Politiker bis in die Bundesregierung pflegen verlangt: keine Waffenlieferungen in Krisenregionen….“ (Rote Fahne, 34/2014, S. 3) Dagegen stellt die MLPD die Forderung auf „Kein Waffenexport an reaktionäre Regimes! Diese Forderung erweist sich aktuell als genau richtig“. Schon in ihrer Ausgangsposition zeigt die MLPD was für eine grundfalsche Einschätzung sie vom deutschen Imperialismus hat.

Während in den vergangenen Jahren Politiker wie SPD-Struck „Deutschlands Freiheit wird am Hindukush verteidigt“, bis aktuell Gauck und von der Leyen immer verstärkter auf militärische Interventionen setzen und eine Beteiligung „international an Konfliktlösungen aller Art, auch militärischen“ (Gauck) aggressiv einfordern, was macht da die MLPD? Statt die offensive, militärische Marschrichtung des deutschen Imperialismus anzuprangern bekämpft sie einen angeblichen „imperialistischen Pazifismus“!

Allein diesem imperialistischen System zu unterstellen es gäbe einen „imperialistischen Pazifismus“ ist wirklich ein großer Verdienst der MLPD! Es gibt keinen „imperialistischen Pazifismus“. Er wird erfunden, um die Forderung nach Waffenlieferungen als richtig zu verbrämen! Es gibt nur den bürgerlichen Pazifismus, der Krieg im Allgemeinen ablehnt, ohne jede Unterscheidung von gerechtem und reaktionär-imperialistischen Krieg, was in einer Klassengesellschaft völlig falsch ist.

„Die MLPD verfolgt ein anderes Prinzip: Keine Waffenlieferungen an reaktionäre Regimes! Linkspartei und die DKP haben sich inzwischen gegen eine Waffenlieferung an kurdische Kräfte ausgesprochen. Die MLPD ist grundsätzlich anderer Meinung: Die kurdischen Befreiungskämpfer brauchen Waffen gegen den faschistischen IS-Terror. Die USA hat bisher nur der irakischen Armee Waffen geliefert. Diese ist vor den IS-Faschisten feige geflohen – heute hat die IS diese Waffen. Auch viele der eher mit den USA verbündeten Peschmerga der nordirakischen KDP-Partei um Massud Barzani flohen vor der IS und ließen die Zivilbevölkerung im Stich. Die revolutionären Kräfte der PYD in Rojava (Nord-Syrien) und die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) sind die Hauptkraft gegen die IS-Faschisten. Sie haben maßgeblich die Rettung und Evakuierung Zehntausender Flüchtlinge vor allem kurdischer Yeziden im Nordirak geleistet. Hier wären Waffen genau in den richtigen Händen. (...)

Aber Kanzlerin Merkel will gerade und ausdrücklich diesen revolutionären Kräften keine Waffen liefern. (...)

Die MLPD tritt im Kampf um Demokratie und Freiheit für die Unterstützung aller antifaschistischen Kräfte in der Region ein. Sie begrüßt das Zustandekommen einer antifaschistischen Einheitsfront verschiedener kurdischer und arabischer Kräfte aus Syrien, dem Irak und der Türkei. Deshalb fordert sie auch ausdrücklich, Waffen an die PKK- und die PYD-Einheiten zu liefern.“ (RF, 35/2014, S. 5, Hervorhebung TA)

Zusammengefasst: Die MLPD stellt offensiv und direkt an die deutsche Bundesregierung und Kanzlerin Merkel, wie auch an den US-Imperialismus, die Forderung: „Waffen für PKK und YPG!“ (Titel eines Artikels in der RF, 41/2014, S. 8)

Ein unbedingtes marxistisch-leninistische Prinzip für die KommunistInnen in einem imperialistischen Land lautet: keine Forderungen an die Regierung zu stellen, die völlige Illusionen in den Charakter dieses Staates schüren. Unsere Aufgabe heute in der BRD ist, die Werktätigen aufzurufen, Geld zu spenden, auch um Waffen für Rojava zu erwerben, aber nicht auf die deutschen Imperialisten zu setzen.

In der Roten Fahne begründet die MLPD ihr eigenes Prinzip so: „Wenn die kurdischen Kräfte, die sich gegen die islamistisch-faschistische IS-Truppe wehrt, dafür Unterstützung braucht, sollte man diese gewähren, ohne dabei die Illusion in die Motive und den Charakter dieser Regierung (gemeint ist die Bundesregierung, TA) zu verbreiten.“ (RF, 34/2014, S. 3) [5]

Wir sagen, ganz im Gegenteil! KommunistInnen fordern heute von keinem imperialistischen Staat Waffenlieferungen für fortschrittliche Befreiungsbewegungen. Wenn der BRD-Imperialismus Waffen und Geld an fortschrittliche Regime liefern würde, verfolgt er nur ein Ziel, er will Einfluss nehmen und seine Interessen durchsetzen und diese Bewegungen im Konkurrenzkampf mit anderen Imperialisten in den betreffenden Ländern für sich instrumentalisieren. Der deutsche Staat kann durchaus auch Waffen an die PKK/PYD liefern, wenn es in sein politisches Kalkül passt. Damit will er im Ausbau seiner Großmachtambitionen sich im Mittleren Osten stärker festsetzen und Zugriff auf Ressourcen und Einflusssphären nehmen.

Die RevolutionärInnen in den imperialistischen Metropolen haben andere Aufgaben als die Revolutionär­Innen in den abhängigen und unterdrückten Ländern. Die in Rojava kämpfende Befreiungsbewegung verfolgt eine andere Politik, da sich ihre konkrete Klassenkampfsituation, der Krieg, ihre Feinde ganz anders darstellen. Wenn sie Waffen der Imperialisten an­­nimmt, bzw. Bündnisse eingeht muss sie ihre Völker aufklären, dass diese zeitweiligen Bündnispartner auch Feinde sind, und sie nur gewisse Widersprüche zwischen den Feinden ausnutzt. Das heißt aber hier in den imperialistischen Metropolen nicht dieselbe Politik zu verfolgen, sondern um diese zu unterstützen müssen wir hier die Herrschenden angreifen und entlarven, sowie unsere praktische Solidarität mit den Befreiungsbewegungen entwickeln.

Das „Prinzip“ der MLPD ist völlig falsch und schadet dem antiimperialistischen Kampf. Es wird damit das falsche Bewusstsein geschaffen, die imperialistischen Mächte könnten den unterdrückten Völkern oder fortschrittlichen, die MLPD spricht sogar von revolutionären Bewegungen, tatsächlich Hilfe leisten.

Auch die Interventionen der imperialistischen Mächte unter dem Deckmantel der Humanitären Hilfe sind in Wirklichkeit keine Hilfe für die unterdrückten Nationen, Völker und die Werktätigen. Darum ist es auch eine Farce wenn die MLPD von einer „Unterlassene(n) Hilfeleistung der Bundesregierung“ (RF, 41/2014, S. 5) spricht und an Merkel moralisch appelliert. Das verschleiert das wahre Gesicht des deutschen Imperialismus.

Die Logik der MLPD funktioniert so: „Die MLPD tritt im Kampf um Demokratie und Freiheit für die Unterstützung aller antifaschistischen Kräfte in der Region ein. Sie begrüßt das Zustandekommen einer antifaschistischen Einheitsfront verschiedener kurdischer und arabischer Kräfte aus Syrien, dem Irak und der Türkei. Deshalb fordert sie auch ausdrücklich, Waffen an die PKK- und die PYD-Einheiten zu liefern.“ (Hervorhebung TA) Weil PKK und PYD gegen den IS kämpfen, wären die Waffen in den richtigen Händen! Weil die MLPD den Kampf gegen den faschistischen IS (also auch von Seiten der USA, der Anti-Terror-Koalition) als einen allgemeinen antifaschistischen Krieg ansieht, entdeckt sie auch eine antifaschistische Einheitsfront! Diese reicht offenbar für sie von PKK über den deutschen bis hin zum US-Imperialismus. Sie beklagt lediglich, dass die „fortschrittlichsten und kämpferischsten Kräfte“ bisher keine Waffen erhalten haben und nimmt Frau Merkel in die Pflicht.

Ganz dubios wird es, wenn die MLPD ihre Forderung auch mit einer Geschichtsrevision über den Spanischen Bürgerkrieg (1936 – 1939) zu rechtfertigen versucht. Die minimalsten Voraussetzungen für einen Vergleich, nämlich die konkrete Lage, die Kräfte, die politischen Verhältnisse, das Wesen des Kampfes, der Zusammenhang mit der proletarischen Weltrevolution, die Verteidigung eines sozialistischen Land etc. etc. zu berücksichtigen, werden nicht erfüllt.

Ganz anders ist die aktuelle Situation. Heute führt keine imperialistische Macht, so wie im 2. Weltkrieg, einen antifaschistischen Kampf. Alle heute stattfindenden Kriege sind zwischenimperialistische Kriege, bzw. Stellvertreterkriege im Ringen um Welthegemonie, außer den national-revolutionären Befreiungskriegen auf den Philippinen, in Palästina, in Kurdistan etc. von Seiten der unterdrückten Völker.

Insbesondere die Kriege im Mittleren Osten sind von den westlichen Imperialisten, also voran USA, England, Frankreich und BRD angezettelt worden. Sie sind die Aggressoren, auch wenn natürlich die Interessen und die Politik anderer imperialistischer Rivalen wie Russland und auch China eine Rolle dabei spielen. Und an diese Kriegsverursacher, die die ganze Region in Schutt und Asche legen, wird nun die Forderung nach Waffenlieferungen und nach möglichst mehr Luftangriffen auf den IS vorgebracht. Das stellt die ganze Realität auf den Kopf.

Der US-Imperialismus und die Anti-Terror-Koalition, inklusive des deutschen Imperialismus, bombardieren also flächendeckend antifaschistisch, wenn sie die Zivilbevölkerung wie z.B. in Raqqa/Irak (Hauptstadt des IS) massakrieren? Wenn sie in Afghanistan die Zivilbevölkerung im angeblichen Kampf gegen die Taliban in die Steinzeit zurück bombardierte und Pakistan mit Drohnen überziehen, dann ist das auch antifaschistisch? Wie können die Kriegsverursacher, die in den barbarischen Kriegen der letzten Jahrzehnte im Mittleren Osten, Millionen Menschen getötet, Millionen Menschen in die Flucht geschlagen, Landstriche und ganze Länder mit Uranmunition verseucht haben, wie können diese nun als „Retter in der Not“ gegen den IS, den sie selbst erst produziert haben, zu Antifaschisten mutieren?

Ebenso wie die Forderung an die deutsche Regierung „Waffen an PKK und PYD zu liefern“ falsch ist, ist auch die Einschätzung der MLPD über den Krieg und die Kämpfe im Irak und Syrien falsch. Ein allgemeiner Appell ist natürlich richtig, in einem „antifaschistischen Krieg müssen alle antifaschistischen Kräfte zusammenwirken“. Die Frage ist, sind die Kriege in Irak und Syrien, – der Krieg des IS ist ein Teil davon – ist der Krieg gegen den IS ein antifaschistischer Krieg?

Unser Meinung nach lautet die Antwort: Nein! Der Charakter dieser Kriege ist nicht antifaschistisch, sondern insgesamt sind das Stellvertreterkriege zwischen imperialistischen Mächten und zwischen einheimisch reaktionären, teilweise faschistischen Kräften. Das sind reaktionäre Kriege. Auch wenn bisher die PYD in Westkurdistan sich als unabhängig agierende Kraft von diesen grundsätzlich unterschieden hat, heißt das nicht, dass ihr Verteidigungskampf den Charakter des gesamten Krieges bestimmt.

 

Wohin geht es?

Die Kriege in Irak und Syrien haben die von den englischen und französischen Imperialisten während und nach dem 1. Weltkrieg, gegen den Willen und die Interessen der unterdrückten Nationen und Völker künstlich gezogenen Grenzen aufgeweicht. Die Völker fordern Selbstbestimmung und Demokratie! Die Imperialisten ringen um eine Neuaufteilung ihrer Einflussgebiete! Auch regionale reaktionäre Mächte sind ein Teil dieser Neuaufteilung in dieser Region.

Die Imperialisten jedoch wollen das Feld nicht den regionalen Mächten überlassen und bei der Neugestaltung der Mittelostarchitektur bestimmend mitreden. Wie heuchlerisch die Imperialisten sind, zeigt sich am Beispiel des Selbstbestimmungsrechts der kurdischen Nation.

Die Imperialisten haben den Mittleren Osten in ein Pulverfass verwandelt. Sie beliefern alle Seiten mit Waffen, um alle zu schwächen und kleinzukriegen. Auch deswegen kann es keine Lösung sein, die Imperia­listen um Hilfe zu rufen. Genau das wollen die Imperialisten, ruft nach uns, nur wir können euch helfen. Die revolutionären und kommunistischen Kräfte hier in Deutschland haben die Aufgabe diese Manöver unserer „eigenen“ Imperialisten zu entlarven und ihre machtpolitischen Interessen aufzudecken.

Die Lösung auch im Mittleren Osten kann nur sein, dass die Völker selber reden, dann werden sie sich schnell einig sein. Alle Konfliktparteien müssen das Selbstbestimmungsrecht von Nationen und nationalen Minderheiten anerkennen.

Diese Ziele können aber nur in einer demokratischen Revolution in Syrien und Irak erreicht werden. Die Kräfte dafür sind leider schwach. Unterstützen wir diese Kräfte damit sie stark genug werden, um das Schicksal der Völker im Mittleren Osten in Richtung demokratischer Revolution und Sozialismus wenden zu können.

Parallel zu unserer internationalen Solidarität und praktischen Unterstützung der Befreiungsbewegungen, wie in Rojava, ist unsere beste Unterstützung den Hauptfeind im eigenen Land, die imperia­listische Großmacht Deutschland zu bekämpfen!

 

Januar 2015

 

 

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Entstehung des IS – Chronologie

Gründer war der aus Jordanien stammende Abu Musab az-Zarqawi. Bereits im Jahr 2000 bildete Zarqawi die Organisation „Tauhid“ (Bekenntnis zur Einheit Gottes) und schlug sein Hauptquartier in Afghanistan auf. Trotz enger Kontakte zur Führung von al-Qaida hat er sich dieser nicht angeschlossen. Ab 2003 kämpften Zarqawi mit seiner Truppe im Irak gegen die Besatzung und sie traten im April 2004 unter dem Namen „Gemeinschaft für Tauhid und Dschihad“ (JTJ) auf. Sie wurde auch Zarqawi-Gruppe oder Netzwerk genannt.

Im Oktober 2004 benannte sie sich in „Organisation der Basis des Dschihad im Zweistromland“ (TQJBR) um. Zarqawi schwor im Oktober 2004 offiziell al-Qaida und Osama bin Laden die Treue und im Jahr 2005 wurde die Zarqawi-Gruppe als „al-Qaida im Irak“ (AQI) bekannt.

Ende 2005 / Anfang 2006 schlossen sich diverse djihadistische Gruppen der TQJBR an und ein „Rat der Mujahidin im Irak“ (MSC) wurde gebildet. Nach der Ermordung Zarqawis im Juni 2006 übernahm Abu Ayyub al-Masri mit Abu Abdullah al-Rashid al-Baghdadi die Leitung der TQJBR.

Im Oktober 2006 riefen sie die Gründung des „Islamischen Staates Irak“ aus und benannten sich wieder um: „Islamischer Staat im Irak“ (ISI). Als beide Anführer im April 2010 in einem Gefecht mit irakischen und amerikanischen Truppen umgebracht wurden, übernahm der jetzige IS-Anführer, Abu Bakr al-Baghdadi die Leitung.

ISI sickerte seit Sommer 2011 mit syrischen Milizionären nach Syrien ein, die dann, die als „al-Nusra-Front“ bekannt gewordene Organisation mit gründeten. Die al-Nusra-Front paktierte gegen das Assad-Regime mit der, von den westlichen Imperialisten, Katar und der Türkei unterstützen Freien Syrischen Armee. Sie entwickelte sich besonders im Jahr 2012 zu einer der stärksten, djihadistischen Organisation. Gleichzeitig kam es zu Auseinandersetzungen zwischen dem Anführer der „Nusra-Front“, Jaulani mit ISI Anführer Baghdadi. Jaulani favorisierte den Anschluss an al-Qaida, Baghdadi stellte sich dagegen. Als die Situation eskalierte, wandte sich Baghdadi mit einer Audiobotschaft am 8. April 2013 an die Öffentlichkeit. Die Organisationsbezeichnungen „al-Nusra-Front“ und „Islamischer Staat im Irak“ (ISI) werden zugunsten des neuen, gemeinsamen Namens „Islamischer Staat im Irak und Syrien/Levante“ (ISIS/ISIL) abgeschafft. Durch die Auseinandersetzung wurde die al-Nusra-Front geschwächt und der ISIL gestärkt.

Ende Juni 2014, nach der Deklaration des „Islamischen Staates“ in den besetzten Gebieten im Irak und Syrien erfolgte die Umbenennung in „Islamischer Staat“ (IS).

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In Syrien bombardieren:

USA, Katar, Jordanien, Bahrain, Vereinigte Arabische Emirate, Saudi-Arabien.

Im Irak bombardieren:

USA, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Australien, Belgien, Dänemark, Niederlande. „Inoffiziell“, nicht als Mitglied der Allianz, nutzt der Iran die Gelegenheit auch militärisch durch Luftschläge in Irak mitzumischen.

Militärgüter und Militärische Ausbildung

liefern: Deutschland, USA, Großbritannien, Frankreich, Albanien, Tschechien, Dänemark, Estland, Polen, Australien, Italien, Türkei, Kanada, Kroatien, Niederlande, Ungarn.

(Quelle: DPA; US Department of State, Welt am Sonntag, 07.12.14)

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Politik der PYD Rojava im Bürgerkrieg:

„Wir haben uns zu Beginn des Aufstandes in Syrien dazu entschieden, uns weder auf die Seite des Regimes noch auf die Seite der arabischen Opposition zu stellen, sondern einen dritten Weg einzuschlagen....“ „Wir waren in den letzten zehn Jahren vor Beginn des syrischen Aufstandes die einzigen, die gegen das Baath-System gekämpft haben. Tausende Kurden waren in den Gefängnissen, zwei Führungskader der PYD, Mamosde Osman und Ahmet Hussein, wurden zu Tode gefoltert....“ „Wir Kurden wollen nicht Teil dieses Konfliktes sein. Unsere Linie für die Revolution ist eine friedliche. Wir haben keiner Seite den Krieg erklärt. Aber natürlich behalten wir uns das Recht auf Selbstverteidigung vor, wenn wir angegriffen werden. Die PYD ist eine zivile politische Partei, die selbst keine bewaffneten Kräfte unterhält“.

(http://civaka-azad.org/unsere-linie-ist-eine-friedliche/, Interview mit Asia Abdullah Osman, Gründungsmitglied und Kovorsitzende der PYD, 09.11.2012)

„Die KurdInnen haben sich weder auf die Seite der Freien Syrischen Armee (FSA) noch auf die des Assad-Regimes geschlagen, dessen Repression sie wohl am meisten zu spüren bekommen hatten. Sie haben ihren eigenen unabhängig errichteten dritten Weg gewählt. Den formulierten sie als Demokratische Autonomie.“

(http://civaka-azad.org/geopolitische-interessen-in-syrien-und-westkurdistan/, Geopolitische Interessen in Syrien und Westkurdistan, 2012)

 

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Programm A. Öcalans
über den demokratischen Konföderalismus

„Obwohl der Schwerpunkt im Demokratischen Konföderalismus auf der regionalen Ebene liegt, schließt das eine globale Organisierung des Konföderalismus nicht aus. Im Gegenteil, wir müssen als Alternative zu den Vereinten Nationen, die einen Zusammenschluss von Nationalstaaten unter der Führung der Supermächte darstellen, eine Plattform nationaler Zivilgesellschaften in Form eine konföderalen Versammlung errichten. Auf diese Weise könnten wir im Hinblick auf Frieden, Ökologie, Gerechtigkeit und Produktivität weltweit bessere Entscheidungen treffen.“ (...)

„Der Demokratische Konföderalismus kann als eine Art Selbstverwaltung beschrieben werden im Gegensatz zur Administration des Nationalstaats. Dennoch ist unter gewissen Umständen eine friedliche Koexistenz möglich, solange der Nationalstaat nicht mit zentralen Fragen der Selbstverwaltung kollidiert. Jede derartige Einmischung würde die Selbstverteidigung der Zivilgesellschaft hervorrufen.

Der Demokratische Konföderalismus befindet sich nicht im Krieg mit irgendeinem Nationalstaat, aber er wird Assimilationsbestrebungen nicht untätig zusehen. Ein revolutionärer Umsturz oder die Gründung eines neuen Nationalstaats schaffen keine tragfähige Veränderung. Auf lange Sicht können Freiheit und Gerechtigkeit nur innerhalb eines dynamischen demokratisch-konföderalen Prozesses erreicht werden.

Weder totale Ablehnung noch vollständige Anerkennung des Staates dient den demokratischen Bestrebungen der Zivilgesellschaft. Die Überwindung des Staates, insbesondere des Nationalstaats, ist ein langfristiger Prozess.

Der Staat wird überwunden werden, wenn der Demokratische Konföderalismus seine Fähigkeiten zur Lösung gesellschaftlicher Probleme unter Beweis gestellt hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Angriffe durch Nationalstaaten hingenommen werden müssen. Demokratische Konföderationen werden jederzeit Selbstverteidigungskräfte unterhalten. Sie werden nicht auf ihre Organisierung in einem einzelnen Gebiet beschränkt sein. Sie werden sich zu grenzübergreifenden Konföderationen entwickeln, wenn die betreffenden Gesellschaften dies wünschen.“ (...)

„Das Selbstbestimmungsrecht der Völker beinhaltet das Recht auf einen eigenen Staat. Jedoch vergrößert die Gründung eines Staates nicht das Maß der Freiheit eines Volkes. (...) Mittlerweile sind Nationalstaaten zu ernsthaften Hindernissen für jegliche gesellschaftliche Entwicklung geworden. (...)

Der Demokratische Konföderalismus ist ein nichtstaatliches gesellschaftliches Paradigma. Er wird nicht staatlich kontrolliert. Zugleich ist er der kulturell-organisatorische Entwurf einer demokratischen Nation.“

(A. Öcalan, „Demokratischer Konföderalismus, Internationale Initiative Edition“, S. 31-34, 2012)



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          [1]       Rojava/Westkurdistan/Syrien: Zusammenschluss von drei, territorial nicht zusammenhängenden Kantonen in Westkurdistan/Nordsyrien an der Grenze zu Nordkurdistan/Türkei: Cizîrê, Kobanê und Efrîn mit rund 3,5 Millionen Menschen. 2 Millionen EinwohnerInnen verschiedener ethnischer und religiöser Zusammensetzung, sowie ca. 1,5 Million Flüchtlinge aus anderen Teilen Syriens. (Januar 2014, ciwaka-azad.org)

[2]
          [2]       Die bewaffneten Kampfverbände der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans). Sie operieren hauptsächlich in Nordkurdistan/Türkei. Ihr Rückzugsgebiet ist Kandil, ein Gebirgsmassiv in Südkurdistan im Nordirak.

[3]
          [3]       In der Resolution 2178 wird „bekräftigt, dass alle Staaten gehalten sind, Bewegungen von terroristischen Gruppen zu verhindern .“ Im Kampf gegen die sog. „Terrormilizen“ verpflichtet die UN ihre Mitglieder zu schärferen Grenzkontrollen und Überprüfungen. Dazu haben sie die Resolution verabschiedet. Diese Resolution rechtfertigt die Kontrolle und Verfolgung von MigrantInnen, allen voran „arabisch“ aussehenden Menschen.

[4]
          [4]       Delsha Osma, Mitglied der Koordination der Frauenbewegung „Yekitiya Star“, zitiert in Proletarische Revolution, Nr.58, S.62

[5]
          [5]       Hier werden Waffenlieferungen noch für alle kurdischen Kräfte gefordert. Erst in späteren Artikeln wird zwischen Peshmerga-Kräften sowie PKK und PYD unterschieden.