Solidarität mit Rojava
Imperialisten
raus aus Kurdistan-Irak-Syrien!
Volksdemokratische
Revolutionen gegen
die faschistischen, reaktionären Kräfte
und Mächte in diesen Ländern!
Im Irak und Syrien hat sich
seit Anfang Juni 2014 die Kriegssituation nach und nach verändert. Der ISIL
(„Islamischer Staat Irak und Levante“, auch ISIS genannt) ging zur
militärischen Offensive über, brachte am 9. Juni 2014 Mosul/Irak unter seine
Kontrolle und marschierte auf Baghdad zu. In den eroberten Gebieten
stabilisierte er seine Macht und ging gegen die christlichen, schiitischen
Volksmassen, gegen alle, die nicht in seine islamisch-faschistischen Schemata
passen, mit brutalsten, faschistischen Terror vor. ISIL rief das Kalifat
(Gottesstaat) aus und benannte sich in „Islamischen Staat“ (IS) um.
Bis Anfang August verliefen die
Kriege in Irak und Syrien, auch wenn ISIL/IS in beiden Ländern Gebiete besetzt
hatte und Krieg führte, noch relativ getrennt voneinander. In
Südkurdistan/Nordirak fanden bis Ende Juli keine bewaffneten Auseinandersetzungen
zwischen IS und den kurdischen Peshmerga, Armee der „Autonomen Region
Kurdistan“, unter Regionalpräsident Barzani, Führer der stärksten Partei, KDP
(Demokratische Partei Kurdistans) statt.
Als der IS am 3. August 2014
die Stadt Şengal angriff und mit Massakern gegen das Volk der Jesiden wütete,
flüchteten Zehntausende Jesiden in das Sindschar-Gebirge. Militärische
Einheiten der YPG (Volksverteidigungseinheiten) und der YPJ
(Frauenverteidigungseinheiten) unter der Führung der PYD (Demokratische
Einheitspartei) aus Rojava [1],
und der HPG (Volksverteidigungskräfte) [2]
griffen ein und kurdische bewaffnete Einheiten aus den drei Teilen Kurdistans,
Türkei, Irak, und Syrien gingen gemeinsam gegen den IS vor. Sie schufen einen
Korridor über den viele Jesiden fliehen konnten.
Auf internationaler Ebene lief
die Entwicklung darauf hinaus, den IS zum Hauptfeind, zur größten Gefahr für
die Demokratie zu stilisieren und unter Führung des US-Imperialismus eine
„Anti-IS-Allianz“ zu schmieden. Anfang August starteten die USA Bombardements
im Irak. Aber der IS hatte bereits etwa ein Drittel Syriens unter seine
Kontrolle gebracht und operierte in beiden Ländern. Mitte September 2014 wurden
auch in Syrien US-Bombardements gegen IS-Stellungen gestartet.
Der aktuelle Krieg läuft
zwischen dem IS und den sich als IS-Gegner deklarierten Kräften/Mächten, Opfer
ist vor allem die Zivilbevölkerung. Plötzlich sind ganz neue Bündnisse
entstanden. Manche wurden offiziell als Anti-IS-Koalition verkündet. Andere
laufen als „stille“, faktische Zusammenarbeit. Wie zum Beispiel zwischen dem
Assad-Regime – aber auch dem Iran – und den imperialistischen, westlichen
Mächten, vor allem den USA, gegen den IS.
Der Angriff des IS seit dem 15. September
auf Kobanê und der Verteidigungskampf der YPG-/YPJ-Kräfte, rückten den Krieg in
und um Kobanê in den Vordergrund. Die kurdische Frage und die Solidarität mit
Kobanê standen auf der Tagesordnung. Die gesamte Entwicklung wurde und wird in
der BRD, sowohl von den Herrschenden und ihrem Medienapparat als auch von
linken, revolutionären und sich kommunistisch nennenden Organisationen
thematisiert und kontrovers diskutiert. Wir wollen unsere Einschätzung zu
einigen Grundfragen im folgenden Artikel zur Diskussion stellen.
„Islamischer Staat“ und Terror-Krieg-Allianz am
Werk
Wer und wessen Produkt ist der IS?
Kurz und knapp: Politisches
Ziel des IS ist ein Kalifat auf Gebieten von Syrien, Irak, Libanon, Jordanien
und Palästina zu gründen. Unter der Osmanischen Herrschaft war das die Provinz
Damaskus und Levante.
Der IS inszeniert sich selber
als brutal und terroristisch. Er hat kein Problem damit einerseits modernste
Waffen, Medien und Propagandatechniken zu benutzen und andererseits mit
barbarischen Methoden des 7. Jahrhunderts, wie zu Zeiten seines Propheten
Mohammed und seiner Nachfolger, zu regieren: Köpfe abschlagen, Hände abhacken,
Frauen vergewaltigen und versklaven. Gemäß seiner islamistischen Ideologie
müssen sich alle nationalen und religiösen Minderheiten seinem Kalifat
unterwerfen. Wer dies nicht tut, wird gefoltert und ermordet. Der IS ist der
Stoßtrupp einer im Kern arabisch-nationalistischen Bewegung, der mit einem
faschistischen Islamismus politisch agiert.
Das blutrünstige
Islamverständnis des IS wird von den „moderaten Islam-Anhängern“ als
„Verfälschung des Islam“, der eine „Religion des Friedens“ sei, abgelehnt. Das
ist eine Verteidigung des Islams, die so nicht stimmt. Der Islam ist, wie alle
andere Religionen, allen voran die monotheistischen Religionen (auch und ganz
besonders das Christentum), keine Religion des Friedens.
Die Kriegsführung des IS wird
von den westlichen imperialistischen Mächten als eine willkommene Gelegenheit
genutzt, um die Islamphobie zu schüren und rassistische Hetzkampagnen gegen die
„islamische Welt“ zu inszenieren. Aber auch für das faschistische Assad-Regime
ist das ein „willkommener Feind.“
Wir wollen daran erinnern, was
so oft in Vergessenheit geraten ist. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks sowie
den Anschlägen auf das World Trade Center und dem folgenden „Krieg gegen
Terrorismus“ schuf sich der Westen einen neuen weltweiten Hauptfeind.
Der „Krieg der Kulturen“, als
Kampf zwischen dem aufgeklärten, christlichen Westen und dem barbarischen,
islamistischen Osten wurde ausgerufen. Islamistische Terror-Organisationen, die
in der Vergangenheit vom Westen zum Beispiel in Afghanistan gegen die
imperialistische Sowjetunion geschaffen und militärisch aufgerüstet wurden,
wurden nun zur „Wurzel allen Übels“.
Seitdem führt der „zivilisierte
Westen“ Krieg gegen den „islamischen Terrorismus“ in Afghanistan, im Irak, in
Palästina, in Syrien, in Pakistan, in Afrika ... Parallel dazu verlaufen
Rassismus, Angriffe und Morde in imperialistischen Ländern, besonders in den
USA und den europäischen Ländern. Gegen Migranten, Flüchtlinge, gegen alle
nicht europäisch aussehende, nicht weiße und besonders aus islamischen Ländern
stammende Menschen. Zum Beispiel wurden seit 2001 in Deutschland im Namen des
Kampfes gegen den Terrorismus mehrere sogenannte Sicherheitspakete verabschiedet,
Rassismus geschürt und die innere Faschisierung vorangetrieben. Solche
Maßnahmen wurden nicht nur in Deutschland, sondern in der ganze EU und den USA
getroffen.
Wenn wir heute die Frage
stellen, wessen Produkt ist der IS, müssen diese Tatsachen hier in Deutschland
und der EU bewusst gemacht werden!
Die radikal islamfeindliche
Haltung des Westens in der Weltpolitik, die Hetze und der Rassismus gegen
Menschen aus islamischen Ländern in den imperialistischen Metropolen, das ist
der ideologische Nährboden für die Unterstützung des IS, auch von Hunderten
oder Tausenden Jugendlichen aus diesen Ländern, die sich dem IS anschließen.
Auch darum müssen wir KommunistInnen und RevolutionärInnen den Kampf gegen den
IS, hier als einen Kampf gegen „unseren“ imperialistischen, deutschen Staat
führen.
Die Entwicklung des IS hat bis
heute verschiedene Wandlungen, ebenso wie Namen angenommen. Er hat seinen
Ursprung im irakischen Widerstand gegen Besatzung und Krieg der „Koalition der
Willigen“ im Jahr 2003 und bekannte sich zu al-Qaida und wurde als „al-Qaida im
Irak“ bekannt.
Mit dem Sturz des Baath-Regimes
im Irak unter Saddam Hussein im Jahr 2003 versprachen die westlichen
Imperialisten den Menschen „Demokratie und Freiheit“. Die bislang herrschende
arabisch-sunnitische Bevölkerung, die vom Baath-Regime mit Privilegien und
Pfründen des Staates ausgestattet war, wurde über Nacht zu einer unterdrückten
Minderheit.
Die arabisch-schiitische
Mehrheitsbevölkerung unter dem Regime von Maliki verfolgte eine Klientelpolitik,
deren Markenzeichen Korruption, Terror und Ausgrenzung der
arabisch-sunnitischen Minderheit war. Die bis zum Wegbombardement des
Saddam-Regimes herrschende arabisch-sunnitische Elite und Bevölkerung wurde
auch in den Gebieten, in denen sie die Mehrheit bildete, unterdrückt. So von
der Macht gänzlich ausgegrenzt, widersetzte sie sich dem Maliki-Regime mit
massiven Terroranschlägen und Krieg.
Der Widerstand der
arabisch-sunnitischen Minderheit stützte sich auf gut ausgebildete Militärs des
alten Baath-Regimes. Der Kampf gegen die imperialistischen Besatzer – angeführt
von den USA – war zugleich ein Kampf gegen das Maliki-Regime.
Als Ende 2011 die Imperialisten
ihre Armeen abzogen und das Maliki-Regime die bezahlten Söldner – die gegen die
damalige al-Qaida im Irak gekämpft hatten – aus der arabisch-sunnitischen
Bevölkerung nicht, wie versprochen, in die reguläre Armee und Polizei übernahm,
schlossen diese sich in Scharen den Reihen des IS-Irak an. Seine weiter
ansteigende Schlagkraft war bedingt durch den Krieg in Syrien, der seit März
2011 im Gange ist.
Der anfänglich demokratische
Aufstand der Volksmassen in Syrien gegen die faschistische Diktatur entwickelte
sich zu einem blutigen Bürgerkrieg, der zugleich ein Stellvertreterkrieg der
imperialistischen Großmächte ist. Auf der einen Seite der Westen, auf der
anderen das Assad-Regime mit Russland und China im Rücken. Die bewaffnete
Opposition, die „Freie Syrische Armee“ wurde ganz offensiv von den westlichen
imperialistischen und reaktionären, regionalen Mächten, vor allem der Türkei,
unterstützt. Richtiger gesagt, überhaupt erst zustande gebracht!
Sie haben die Allianz der
„Freunde Syriens“, mit der „Kontaktgruppe der Freunde des Syrischen Volkes“ als
ihre exekutive Leitung geschaffen. Die Zahl ihrer Mitgliedsstaaten ist
zwischendurch bis auf über 130 Staaten angestiegen. Auf ihren Treffen, die seit
Februar 2012 in Tunesien, Türkei, Frankreich, Marokko, Jordanien und Katar
abgehalten wurden, haben sie Entscheidungen zur Unterstützung und Aufrüstung
des „Syrischen Nationalrates“ und der Freien Syrischen Armee mit Millionen
Dollar und Waffen getroffen. Für die Freunde Syriens ist gleichgültig wer, und
mit welchen politischen Zielen, gegen das Assad-Regime kämpft. Hauptsache ist,
Assad mit seinem Regime wegzujagen!
Die bewaffnete Opposition in
Syrien lag aber selbst untereinander im Streit und fiel April 2013 auseinander.
Auch die islamistischen Gruppen waren untereinander nicht einig. Da gab
Bagdadi, Chef des IS-Irak, die Bildung eines neuen Bündnisses unter dem Namen
„Islamischer Staat im Irak und der Levante“ (ISIL) bekannt. Ein großer Teil der
islamistischen al-Nusra-Front, als auch andere islamistische Gruppen liefen zum
ISIL über. Damit wurde er weiter gestärkt. Sein Kampf für ein Kalifat wurde nun
im Irak und Syrien von einer Zentrale aus geführt. Als die islamistischen
Kräfte immer offensiver Krieg führten, hat die Kontaktgruppe der Freunde des
Syrischen Volkes beschlossen: „Waffenlieferungen, wie sie von den
Golfstaaten erfolgen, sollen künftig allein über den Hohen Militärrat der
Freien Syrischen Armee (FSA) erfolgen.“ (TAZ, 21.04.2013)
Wenn der IS-Irak ein Produkt
des Krieges und der Besatzung im Irak war, war ISIL, später IS, ein Produkt des
Bürgerkrieges in Syrien. Damit wurde die rasante Ausbreitung des IS im
Mittleren Osten noch mehr befeuert. Und das mit der massiven Unterstützung der
Freunde Syriens. Ohne Unterstützung der bewaffneten Opposition der Freien
Syrischen Armee gegen das Assad-Regime, deren Mitglied die al-Nusra-Front war,
hätten sich daraus die ISIL und IS nicht formieren können, oder wäre mindestens
nicht so stark geworden.
Anti-IS-Terrorallianz
Der ISIL brachte in Syrien ein
großes Gebiet unter seine Kontrolle und besetzte zeitweise auch im Irak Städte,
wie z.B. Falludscha. Laut Medien-Informationen wurden in kriegerischen
Auseinandersetzungen und Aktionen des ISIL von Januar bis Mitte Mai 2014 mehr
als 3 500 Menschen umgebracht. Bis zur Eroberung Mosuls war der ISIL kein
Gegner und Thema für die imperialistischen und reaktionären regionalen Mächte.
Anfang Juni ging der ISIL zur Offensive über und eroberte neben Mosul weitere
Gebiete und drohte auch Baghdad anzugreifen.
Jetzt waren die Interessen der
USA und anderer imperialistischer Großmächte direkt bedroht. Der immer stärker
zerfallende irakische Zentralstaat stand praktisch kurz davor zu implodieren.
Der drohende Verlust strategisch wichtiger Bodenschätze, Rohstoff- und
Energiequellen sowie Einflussgebiete stand kurz bevor. Was bislang im Irak
unter den „Irakern“ lief, war nicht wirklich relevant. Aber die Öl- und
Gasquellen, die Staudämme, die Wasserversorgung, auch als Energiequelle, waren
in Gefahr, und was das mit sich mitbringen würde, war ungewiss... Die
US-Imperialisten lieferten noch eine zusätzliche Rechtfertigung für ihre militärische
Reaktion: „Schutz der US-Amerikaner im Irak“. Und der ISIL zwang sie zu
reagieren.
Alle westlichen,
imperialistischen Mächte schmiedeten nach und nach ihre Pläne. Da die USA als
Hauptverantwortliche für den Irak-Krieg angesehen werden, haben die europäischen
Imperialisten zunächst „zurückhaltend“ reagiert und abgewartet... (Deutschland
war zu dieser Zeit diplomatisch stark in dem Ukrainekonflikt involviert.) Vor
allem die US-Außen- und Verteidigungsminister reisten durch die Gegend, um
diplomatische Gespräche für eine neue Auflage der „Koalition der Willigen“ –
diesmal gegen den IS – zu führen.
Parallel dazu haben die
westlichen Mächte, allen voran der US-Imperialismus, von der politischen,
irakischen Elite neben militärischen Maßnahmen auch politische Änderungen
ultimativ eingefordert. Unter ihrem Diktat musste letztendlich Maliki am 14. August
zurücktreten.
Ziel war eine „Nationale
Einheitsregierung“ einzusetzen, in die auch Vertreter der arabisch-sunnitischen
Bevölkerung „integriert“ sind. Damit sollte der Unterstützung des Islamischen
Staats durch die sunnitischen Clans der Boden entzogen werden. Noch vor dem
Rücktritt von Maliki, starteten die US-Imperialisten, nach dem IS-Massaker in
Şengal an der jesidischen Gemeinschaft, am 8. August Bombardements gegen
IS-Stellungen. Das wurde wie immer heuchlerisch als „Hilfe“ präsentiert. Als
Bodentruppen waren die irakische Armee und die kurdischen Peshmerga im Einsatz.
Als erstes haben sie einen der größten Staudämme (Mosul) des Iraks
zurückerobert.
Der IS wurde zum Hauptfeind
nicht nur im Irak, sondern auch in Syrien. Die Bombardements wurden auf Syrien
ausgedehnt, mit der Begründung, nur so könnte der IS geschlagen werden. Zudem
wird von einem längeren, bis zu vier Jahren andauernden Krieg (US-Militär),
gesprochen. Mit dieser Propaganda wurde das Fundament für eine neue
Kriegsallianz angelegt. Der US-Imperialismus spielt dabei eine führende Rolle.
Am Rande des NATO-Gipfels im
walisischen Newport wurde in einer „Sondersitzung“ am 5. September die „Kerngruppe“
der Kriegsallianz gebildet:
USA, Deutschland, Großbritannien, Frankreich,
Italien, Dänemark, Türkei, Polen, Kanada und Australien.
Auch wenn diese Kriegsallianz
am Ende des NATO-Gipfels gebildet wurde, beruht sie nicht auf einem
NATO-Beschluss. Australien ist kein NATO-Mitglied. US-Außenminister Kerry
forderte: „Wir müssen sie (IS) in einer Art angreifen, dass sie nicht
weiter vorstoßen können.“ (junge Welt, 06./07.09.2014)
Am 8. September hat sich die
Arabische Liga in Kairo, zum Kampf gegen den IS und andere „Gotteskrieger“
verpflichtet. Am 10. September formulierte USA-Präsident Obama in seiner
Ansprache zum Jahrestag des 11. Septembers seine „neue Strategie“ gegen den IS,
um das Ziel umzusetzen, ihn „erst zu schwächen, dann zu vernichten“.
Knapp zusammengefasst lautet
diese in vier Punkten: 1. Systematische Bombardements; 2. Unterstützung aller
Kräfte, die gegen den IS kämpfen; 3. Trockenlegung der Finanzquellen des IS,
Informationsbeschaffung (Klartext: Spionage), Stärkung der Verteidigung (Aufrüstung),
Verhinderung der Rekrutierungskampagnen des IS und 4. Gewährleistung
humanitärer Hilfe für Zivilisten.
Der wesentliche Unterschied zum
zweiten Irak-Krieg (2003) ist, dass die USA zumindest aktuell, keine eigenen
Bodentruppen entsenden wollen. Obwohl inzwischen bereits mindestens 3 100
Spezialisten, Berater, Ausbilder etc. in den Irak entsandt wurden. Diese sind
auf der Suche nach einheimischen militärischen Kräften, die bereit sind, mit
den imperialistischen und regionalen, reaktionären Mächten zu kollaborieren. Im
Irak sind sie relativ erfolgreich, in Syrien noch nicht wirklich... Die Freie
Syrische Armee und die kurdischen YPG-/YPJ-Kräfte sind im Visier als „moderate“
Opposition, denen die Weltpolizisten „Vertrauen“ schenken könnten...
Symbolträchtig am 11. September
gaben zehn Arabische Staaten, in Anwesenheit von US-Außenminister Kerry, in der
saudischen Hafenstadt Djidda bekannt, sich an der neu geschmiedeten Allianz zu
beteiligen. Sie erklärten sich bereit die Finanzströme des IS und den Zulauf
von ausländischen Kämpfern zu stoppen.
Bevor der UN-Sicherheitsrat die
„Resolution 2178 (2014)“ gegen den „Terrorismus“ am 24. September 2014
verabschiedete, wurden bereits am 23. September IS-Stellungen in Syrien von den
USA und von fünf arabischen Verbündeten aus der Luft angegriffen. Dabei sind
zum ersten Mal Kampfflugzeuge des Typs F 22 durch die USA eingesetzt worden.
Die Assad-Regierung verlautbarte, sie sei von der Militäraktion im Vorfeld
informiert worden. [3]
Somit ist das
Kriegseinsatzgebiet der Kriegsallianz erweitert worden. Laut Medien-Berichten
nehmen ca. 60 Staaten an dieser Anti-IS-Koalition teil.
Ein weiteres Treffen der
Kriegsallianz fand Anfang Dezember im NATO-Hauptquartier in Brüssel statt. Der
US-Außenminister vermeldete Erfolge gegen den IS. Gleichzeitig aber erklärte
er, dass der Kampf „wahrscheinlich Jahre“ dauern wird.
Entscheidend in diesem Krieg
ist, die Imperialisten und die regionalen Mächte ringen um ihre Interessen und
Einflussgebiete. Darum führen sie einen verheerenden, ungerechten Krieg gegen
die Völker im Mittleren Osten. Der Propagandaschwindel vom Krieg „gegen den
Terror“ und gegen den IS, und der angeblichen Hilfe für die Zivilbevölkerung
versucht diesen barbarischen Krieg als gerecht zu präsentieren. Welch ein Hohn!
Die Kriegsbrandstifter
präsentieren sich als bombende „Friedenstauben“. Und die bürgerliche
Öffentlichkeit, aber auch fortschrittliche Menschen tappen in diese Falle und
bejubeln den Kriegseinsatz!
Die Anti-IS-Terrorallianz, das
sind die größten Verbrecher, das soll um jeden Preis vertuscht werden. Sie
führen seit hundert Jahren Kriege im Mittleren Osten. Sie sehen die Länder mit
ihren Ressourcen, Transportwegen und Absatzmärkten als ihre ureigene
Interessensphäre an. Sie haben mit ihren Kriegen im Irak und Syrien überhaupt
erst einen IS ermöglicht. Wer heute ernsthaft gegen den IS kämpfen will, muss
auch den Kampf gegen die imperialistischen und die regionalen, reaktionären
Staaten führen. Der Hauptkampf muss gegen die Kriegsallianz geführt werden.
Und der deutsche Imperialismus?
„Deutsche
Waffen, Deutsches Geld, morden mit in aller Welt“! Die Politik des deutschen
Imperialismus zum Krieg im Irak und Syrien bestätigt einmal mehr in der Praxis,
wie wahr dieser Slogan ist. Die deutschen Imperialisten und ihre Medien
vergießen aktuell Krokodilstränen über das Schicksal der Kurden und Jesiden im
Irak. Da sie die PYD und PKK und ihre bewaffneten Kräfte zu den „Bösen Kurden“
und die Peshmerga, die Regierung Barzanis der Autonomen Region Kurdistan im
Nordirak zu den „Guten Kurden“ stilisieren, fließen die Krokodilstränen in
erster Linie für letztere.
Aber schon mehren sich
Anzeichen auch einer „weicheren Haltung“ der PYD und PKK gegenüber. Die
Heuchelei der deutschen Regierung liegt von Anfang an darin begründet: ein Teil
der kurdischen bewaffneten Kräfte, die im Kampf gegen den IS stehen, die PKK
bleibt als terroristische Organisation hier im Lande und in Europa weiter
verboten und mit einem anderen Teil, der für Deutschlands imperialistische,
politische Interesse benutzt werden kann, die Peshmerga sind Verbündete.
Die deutsche Regierung hat das
Hilfeersuchen der irakischen Regierung und der kurdischen Barzani-Regierung
nach militärischem Eingreifen und Bewaffnung als eine willkommene Gelegenheit
wahrgenommen, um ihre imperialistische Intervention als Hilfe zu tarnen.
In Wirklichkeit interessiert
das deutsche Finanzkapital und seine Regierung das Schicksal der kurdischen
Nation oder anderer Minderheiten keinen Deut. Ihnen geht es schlicht darum,
sich in Kurdistan ökonomisch, militärisch und politisch festzusetzen, Kurdistan
als Sprungbrett für mehr Einfluss im Mittleren Osten zu nutzen.
Um ihre wahren Interessen und
Absichten zu bemänteln wurde eine Debatte um die „humanitäre Verantwortung“
gestartet. Die Debatte erfolgte in mehreren Etappen, angefangen wurde mit der
„humanitären Hilfe“ und ging dann bis hin zur Entsendung bewaffneter Soldaten.
Das heißt die BRD interveniert mit eigenen bewaffneten Kräften im Irak, auch
wenn das nur als „Ausbildungsunterstützung“ ausgegeben wird.
Im Antrag der Bundesregierung
an den Bundestag heißt es, „Der Deutsche Bundestag stimmt der von der
Bundesregierung am 17. Dezember 2014 beschlossenen Ausbildungsunterstützung der
Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak und der irakischen
Streitkräfte durch bewaffnete deutsche Streitkräfte zu. Es können bis zu 100 Soldatinnen
und Soldaten eingesetzt werden. Die hierfür vorgesehenen Kräfte können
eingesetzt werden, solange die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages
vorliegt, längstens jedoch bis zum 31. Januar 2016“. (Drucksache 18/3561)
Der IS wird von Regierung und
Politik als „Bedrohung der deutschen Sicherheit“ hingestellt und die Sicherheit
Deutschlands wird dieses Mal nicht am Hindukush, sondern in Kurdistan verteidigt.
Aus der Begründung der Bundesregierung: „Der Vorstoß von ISIS hat die Lage
im Irak und in der Region dramatisch verändert. Bedroht ist das Leben von
Millionen Menschen, die Stabilität des Irak und der ganzen Region und nicht
zuletzt angesichts der Vielzahl ausländischer Kämpfer auch unsere Sicherheit in
Deutschland und Europa. Es ist unsere humanitäre Verantwortung und unser
sicherheitspolitisches Interesse, den Leidenden zu helfen und ISIS
einzudämmen.“ (ebenda, S. 4)
Die rassistische, faschistische
Bewegung in Deutschland wird mit ihrer islamfeindlichen Propaganda befeuert.
Demnach ist nicht nur die „deutsche Sicherheit“ bedroht, sondern angeblich
steht die „Islamisierung des Abendlandes“ kurz bevor. Auch diese Entwicklung
einer offen faschistoiden Bewegung der „Hooligans Gegen Salafisten“ (HoGeSa)
oder „Patriotische Europäer Gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA)
usw. ist Produkt der Politik der deutschen Regierung und des imperialistischen
Systems.
Die Kriegsallianz, in der Deutschland ein
wichtiger Faktor ist, hat eine relative lose
Struktur. So hat jede imperialistische Großmacht mehr Spielraum um eigene
Interessen durchzusetzen. Da bestimmt wieder – wie im Imperialismus üblich –
die Stärke die jeweilige Einflussnahme! Die Aufgabe der RevolutionärInnen hier
ist gegen unsere eigenen Imperialisten zu kämpfen. Der Hauptfeind steht im
eigenen Land! Das ist unsere Losung!
„Kurdische Frage“ und Selbstverwaltung in
Kurdistana Rojava / Westkurdistan
In der „Kurdischen Frage“
herrscht in Deutschland eine politische Wahrnehmung, die im wahrsten Sinne des
Wortes, eine heillose Verwirrung, Unwissen und Durcheinandermixen
widersprüchlicher, angeblicher Fakten und Informationen widerspiegelt.
Im Zusammenhang mit dem Angriff
des IS auf Kobanê und der Verteidigung Kobanês durch die kurdischen
YPG-/YPJ-Truppen; sowie der Solidarität mit dem berechtigten Kampf der Völker
in Kobanê, ist eine Situation in Deutschland entstanden, wo es schwer ist, die
„wahren Freunde“ und die „falschen Freunde“ des kurdischen Volkes zu
unterscheiden. Von CSU bis zu den Grünen, von „Spiegel“ bis zur „Bild“ haben
plötzlich alle ihr „Mitgefühl“ und ihre „Freundschaft“ für die „Kurden“
entdeckt! Der Spiegel titelt: „Die Terrororganisation PKK ist die letzte
Hoffnung des Westens im Kampf gegen den ‚Islamischen Staat‘.“ (Der Spiegel
44/2014, S. 82)
Tatsache ist, die PKK ist in
Deutschland seit über 20 Jahren verboten. Spendensammlungen für die kurdischen
Befreiungsbewegungen sind kriminalisiert und werden mit hohen Gefängnisstrafen
geahndet. Kurdische Menschen, die vor dem Krieg in Kurdistan fliehen mussten
und in Deutschland Asyl suchten, sind zu Zehntausenden abgeschoben worden.
Viele kurdisch stämmige Menschen werden als Terroristen behandelt.
Und nun präsentieren sich Bild,
Spiegel oder andere Medien, als „Kurden-Freunde“ und stellen sogar die Frage,
ob man das PKK-Verbot nicht lockern oder gar aufheben solle. In der Tat sind
sie Sprachrohr der rassistischen Politik des deutschen Staates, der gegen die
Kurden, die für ihre Rechte kämpfen, eine unverschämte Hetze betrieben hat.
Wenn sie jetzt die Kurden in
„böse“ und „gute“ Kurden teilen, betreiben sie ihre Hetze nur in anderer Form
weiter. Und das ist im Interesse des deutschen Imperialismus. Die „guten“
Kurden sollen mit deutschen Waffen ausgerüstet und die „bösen“ Kurden sollen
weiterhin mit Verboten belegt werden. Und es kann durchaus auch zu einem
Strategiewechsel gegenüber der PKK kommen und schon werden diese auf die Seite
der „Guten“ geschlagen.
Etliche Revolutionäre und Linke
sind auch in diesen Fragen nicht klar und eindeutig. Die Bandbreite reicht von
richtigen Ansätzen und einer Praxis der Solidarität, die sich vor allem auch
gegen den deutschen Imperialismus richtet, bis hin zur Forderung an die
deutsche Regierung, Waffen an die Kurden in Kobanê zu liefern. Und das im Namen
der Solidarität.
Über Westkurdistan und was dort
aktuell vor sich geht, was für eine Politik die PYD (Demokratische
Einheitspartei) verfolgt und welche Ziele sie sich setzt wird vielfach eine falsche,
illusorische Einschätzung verbreitet. Manche gehen sogar so weit, vollkommen
übertrieben Westkurdistan als „Zentrum der Weltrevolution“ anzupreisen
und zu propagieren.
De facto ist die PYD die Kraft
in Syrien, die säkular gegen den djihadistischen Terror und für eine Demokratie
nach westlichem Muster kämpft. Nicht die tatsächliche, konkrete Situation und
die realen Entwicklungen werden wahrgenommen und analysiert, sondern was
man/frau sich wünscht, wird zur Tatsache erklärt. Dabei wird von
vielen UnterstützerInnen der kurdischen, nationalen Befreiungsbewegung in der
BRD die politische Linie von Abdullah Öcalan, der
PKK Nordkurdistan/Türkei als auch der PYD Westkurdistan/Syrien, die in
Wirklichkeit eine bürgerliche Theorie ist, als fortschrittlichste Theorie
propagiert, als eine Art „Rätedemokratie mit Selbstverwaltung und
Basisdemokratie, ökologisch und gleichberechtigt zugleich.“ (www.taz.de/!147569/)
Das ökonomische und politische
System in Westkurdistan wird als eine Alternative zum Kapitalismus hingestellt.
Die schwierige Situation in einem Land, wo der Kapitalismus nicht sehr weit
entwickelt ist, wo Krieg und Embargo herrscht und die Menschen gezwungen sind,
um überhaupt überleben zu können, Kooperativen zu gründen, gemeinschaftlich
Arbeiten zu organisieren, was in dieser Situation auch das einzig Richtige ist,
wird fälschlich als Alternative zum Kapitalismus serviert. Kooperativen sind
nicht „an sich“ als antikapitalistisch zu verstehen.
In dem „Gesellschaftsvertrag“,
eine Art Verfassung für Westkurdistan, sind bürgerlich-kapitalistische Rechte
verankert.
So heißt es im Artikel 41 „Das
Recht auf Eigentum und Privateigentum wird geschützt. Niemandem darf der
Gebrauch des eigenen Eigentums verweigert werden. Niemand darf enteignet
werden. Sollte das für das öffentliche Interesse doch notwendig sein, muss der
Besitzer entschädigt werden. “
Diese Grundsätze wird die
kurdische Bourgeoisie bei der Entwicklung von Klassenkämpfen gegen die
Interessen der Werktätigen durchsetzen.
Demgegenüber stehen fortschrittlich-demokratische
wie: „Artikel 23, a) JedeR verfügt über das Recht, die ethnische,
sprachliche, geschlechtliche, religiöse und kulturelle Identität zu leben. b)
JedeR hat das Recht, nach den Prinzipien der ökologischen Gesellschaft zu
leben.
Artikel 27: Frauen verfügen
über alle politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen Rechte
und das Recht auf Leben. Diese Rechte sind zu schützen.
Artikel 28: Frauen haben das
Recht zur Selbstverteidigung und das Recht, jegliche Geschlechterdiskriminierung
aufzuheben und sich ihr zu widersetzen.
Artikel 39: Alle Bodenschätze
und natürlichen Ressourcen gehören der gesamten Gesellschaft. Ihre Nutzung,
Verarbeitung und Gebrauch wird durch Gesetze geregelt.“
Der Frauenbefreiung und
Emanzipation, der Zerschlagung patriarchaler Strukturen, wird positiv eine sehr
große Bedeutung und viel Raum gegeben.
Die „Demokratischen
Selbstverwaltungsstrukturen“ (TEV DEM) „von unten“, werden als Aufhebung des
Staates überhaupt und gegen das System des Nationalstaates gerichtet,
propagiert. Diese Staatstheorie ist völlig illusorisch. Die Gesellschaft wird
als multi-ethnisch und multi-religiös definiert. Eine Klassendefinition wird
abgelehnt. Diese Position ist grundfalsch und richtet sich direkt gegen die
marxistische Theorie der Klassengesellschaft.
Eine wichtige Voraussetzung um
eine richtige Einschätzung über die „Kurdische Frage“ und über Rojava konkret
zu treffen, ist nicht was man/frau sich wünscht, sondern die Berücksichtigung
der sehr komplexen konkreten Lage, der konkreten Probleme, der Politik der
kämpfenden Kräfte und deren Gegner; der Kräfteverhältnisse und Beziehungen mit
den imperialistischen und regionalen Mächten etc.
Kurdistan wurde als Land von
den imperialistischen Großmächten zwischen Türkei, Iran, Irak und Syrien in
vier Teile aufgeteilt und diese wurden de facto zu „inneren“ Kolonien dieser
Staaten. Die kurdische Nation unterliegt einer besonderen, nationalen
Unterdrückung. Die bestehende, staatliche Zwangseinbindung in die jeweiligen
Länder ist keine freiwillige, selbst gewählte sondern eine mit Schwert und Blut
erzwungene. Um von „gleichen und freien staatlichen Zusammenschlüssen der
kurdischen Nation“, sprechen zu können, müssen die erzwungenen staatlichen
Grenzen aufgehoben, die nationale Unterdrückung beendet und Bedingungen
geschaffen werden, in denen die kurdische Nation ihr Schicksal selber bestimmen
kann.
Das Recht auf Selbstbestimmung
bis hin zum Recht auf Lostrennung muss der kurdischen Nation in allen vier
Staaten demokratisch gewährt werden.
Aktuell schlägt der Kampf der
kurdischen Nation in allen vier Staaten, Türkei, Iran, Irak und Syrien
verschiedene Wege ein, da in den jeweiligen Staaten unterschiedliche
politische, ökonomische und soziale Klassenverhältnisse existieren. Wenn in den
politischen Analysen nicht berücksichtigt wird, welche konkrete politische,
ökonomische Entwicklung sich in dem jeweiligen Teil Kurdistans vollzieht und
welche politische Kraft den nationalen Kampf mit welcher Politik führt, kann
keine richtige Antwort gegeben werden.
In Ostkurdistan/Iran
läuft, im Vergleich mit den anderen Gebieten Kurdistans, zurzeit kein starker
Kampf gegen die faschistische, islamisch-schiitische Regierung. Den Widerstand
kann diese mit einer unerbittlichen Unterdrückung noch im Zaun halten. Die der
PKK Nordkurdistan/Türkei nahestehende Organisation PJAK (Partei für ein Freies
Leben in Kurdistan) und die iranische Regierung, haben unter Vermittlung
Barzanis einer Übereinkunft zum Waffenstillstand im Oktober 2011 zugestimmt.
Die PJAK hält diesen ein. Aktuell steht der Kampf für die Befreiung der
kurdischen Nation im Iran nicht auf der Tagesordnung. Obwohl die kurdische
Nation auch im Iran einer massiven und brutalen nationalen Knechtung ausgesetzt
ist.
Die Lage der kurdischen Nation
in Südkurdistan/Irak sieht ganz anders aus. Seit dem ersten Irak-Krieg
und besonders nach dem zweiten Irak-Krieg im Jahr 2003 hat die kurdische
nationale Bewegung unter Führung der KDP-Barzanis ihr selbst verwaltetes Gebiet
geschaffen. Das ist de facto ein eigener Staat im irakischen Staat.
In diesem Gebiet herrscht die
kurdische Bourgeoisie über die Werktätigen, die Arbeiterinnen und Bauern der
kurdischen Nation und andere Nationalitäten. Die reaktionäre Regierung, fest in
den Händen des Barzani-Clan, kollaboriert mit den imperialistischen Mächten,
allen voran den USA und regionalen Mächten wie der Türkei. Hier stellt sich die
nationale Frage wiederum anders. Der Kampf um die Befreiung gegen
Neokolonialismus und Imperialismus, muss auch gegen die herrschende kurdische
Clique an der Macht, geführt werden.
In Nordkurdistan/Türkei läuft
seit längerem ein „Friedensprozess“ zwischen dem türkischen Staat und der PKK,
der Anfang 2013 öffentlich gemacht wurde. Seine Zielsetzung beinhaltet auch die
Entwaffnung der bewaffneten Kräfte der PKK. Die PKK hat seit 1993 eine offen
reformistische Politik entwickelt und sich von dem eigenen ursprünglichen Ziel,
der Erkämpfung eines „unabhängigen, vereinten, demokratischen Kurdistan“
losgesagt. Lassen wir die Frage nach politischen Zielen, wie Volksdemokratie
oder gar Sozialismus beiseite, die PKK stellt sich mittlerweile überhaupt gegen
einen nationalen Staat für die kurdische Nation. A. Öcalan hat eine Theorie der
„zivilgesellschaftlichen Entwicklung von unten entwickelt“, deren Strategie es
ist, in den bestehenden staatlichen Strukturen durch Gebiets-Autonomie „die
wahre Demokratie“ zu schaffen. Seiner Meinung nach, ist die Zeit für nationale
Staaten abgelaufen.
Der Friedensprozess verläuft
natürlich aufgrund der Widersprüche, unterschiedlichen Forderungen und
Interesse der Parteien nicht glatt. Aber er entwickelt sich trotz aller
Widersprüche und Schwierigkeiten weiter. Beide Parteien, also die PKK wie auch
der türkische Staat, sind offenbar entschlossen, diesen Prozess zu Ende zu
bringen. An dem aktuell erreichten Punkt sind die Forderungen der PKK und A. Öcalans,
die sie sehr weit herunter geschraubt haben, von der türkischen Bourgeoisie
durchaus zu erfüllen.
Es ist mehr als eine Ironie der
Geschichte, wenn heute Linke und sogar deutsche Regierungsmitglieder die
Bewaffnung der PKK im Kampf gegen den IS fordern. Auch wenn der Friedensprozess
nur durch den Jahrzehnte andauernden, von der PKK geführten bewaffneten Kampf
erzwungen worden ist, ist es grotesk, wenn von Deutschland die Bewaffnung der
PKK gefordert wird, durch die dieser Friedensprozess natürlich torpediert
werden würde. Oder steckt nicht das Interesse des deutschen Imperialismus
dahinter? Den Friedensprozess zu stoppen, AKP und Erdoğan enorm zu schwächen,
selbst um den Preis einer gewissen Stärkung der militärischen Kraft der PKK.
Und ein ihm genehmes Regime in der Türkei mit an die Macht zu hieven.
Wie ist die Situation in Syrien, Rojava,
Westkurdistan?
Die PYD (Demokratische
Einheitspartei) ist als Folge der PKK-Politik entstanden. Nachdem die PKK sich
von dem Ziel, ein unabhängiges, vereintes, demokratisches Kurdistan zu
erkämpfen, lossagte, hat sie konsequenterweise daraufhin gearbeitet, in jedem
Teil Kurdistans eine Partei zu gründen. Die PYD vertritt die gleiche politische
Linie wie die PKK. Schon bei ihrer Gründung im Jahr 2003 hat die PYD als
politisches Programm die „Selbstverwaltung“ in einem demokratisierten Syrien
aufgestellt.
Das heißt mit anderen Worten,
Autonomie in einem bürgerlichen, demokratischen Regime. Sie fordert keinen
unabhängigen, kurdischen Staat. Ihre politische Strategie für die Umsetzung
dieser Ziele ist nicht der bewaffnete, sondern der friedliche Kampf
für demokratische Rechte der kurdischen Nation in Syrien. Sie stellten sich
gegen das Assad-Regime, weil es nicht demokratisch war. Gleichzeitig lehnten
sie es ab, gegen dieses einen bewaffneten Kampf zu führen.
Die PYD war in Westkurdistan
die stärkste, organisierte kurdische Partei. Sie hat ihre Miliz und Waffen, die
sie noch aus PKK-Zeiten hatten, behalten. Ein großer Teil der PYD-Mitglieder
war im bewaffneten Kampf sehr erfahren.
Als im März 2011 die
berechtigten Proteste gegen das Assad-Regime ausbrachen und sich zu einem
Bürgerkrieg entwickelten, bot sich für die kurdische Nation in Westkurdistan
eine historische Chance. Es entstand ein Machtvakuum und eröffnete für
Westkurdistan sozusagen einen dritten Weg: Weder für Assad – noch gegen Assad.
Sondern in Rojava die Chance zu packen und eine eigene politische und
gesellschaftliche Struktur zu schaffen. Und die PYD hat diese gut und richtig
genutzt, um eine eigene politische und gesellschaftliche Selbstverwaltung in
Rojava zu schaffen.
Wie entwickelte sich die Lage von März 2011 bis
Januar 2014?
Als die Proteste und
bewaffneten Kämpfe stärker wurden hat das Assad-Regime mehrere Reform-Gesetze
erlassen, um die Proteste und den Kampf einzudämmen. In einem wurde die
Anerkennung der syrischen Staatsbürgerschaft für ca. 300 000 KurdInnen, die
bislang staatenlos waren, geregelt. Aber damit konnte Assad die kurdische
Bewegung nicht ködern. Ebenso liefen alle Bemühungen der Opposition, sie in
ihre Reihen zu ziehen, ins Leere. Die PYD hat sich weder dem Syrischen
Nationalrat der politischen Opposition noch deren militärischer Organisation,
der Freien Syrischen Armee, angeschlossen. Im Gegenteil, als die FSA versuchte
militärisch in Westkurdistan zu agieren, hat die PYD gegen sie gekämpft.
In Westkurdistan gab es
friedliche Proteste gegen das Assad-Regime. Während die PYD in Westkurdistan
Basis-Organisierungen schuf, waren sie gegen einen bewaffneten Kampf gegen das
Assad-Regime und wandten sich auch gegen eine Intervention der westlichen
imperialistischen und regionalen Mächte. Das war konkret für die kurdische
Bevölkerung in Westkurdistan ein gangbarer Weg.
Das ermöglichte dem
Assad-Regime seine Militärkräfte aus diesen Gebieten, außer einigen strategisch
wichtigen Orten, wie der Flughafen in Qamischlo in andere Kriegsgebiete
abzuziehen. Als die syrische Armee des Assad-Regimes abzog, bot sich für die
PYD die Möglichkeit in diesen Gebieten die Kontrolle zu übernehmen.
Kurz vor der Übernahme der
Kontrolle in Westkurdistan am 11. Juli 2012, einigten sich 16 kurdische
Organisationen aus Syrien, darunter auch die PYD, unter Schirmherrschaft von
Barzani in Hewler/Südkurdistan (Irak), auf das Hewler Abkommen und bildeten
damit ein politisches Bündnis. Damit sollten die Widersprüche und Spannungen
zwischen den Organisationen aufgehoben und ein gemeinsames Vorgehen entwickelt
werden.
Die kurdische Bewegung hat die
Kontrolle am 19. Juli 2012 in Kobanê übernommen, danach auch in Efrîn und
Cizîrê. Am 24. Juli wurde das „Hohe Kurdische Komitee“, eine Art regionale
Regierung gebildet, deren Aufgabe die Vertretung Rojavas sowohl innen- wie auch
außenpolitisch ist.
Die kurdische Bevölkerung und
alle Minderheiten dieses Gebietes wollten keinen Krieg. Aber es gab für sie
kein Entrinnen. Da die kurdische Bewegung sich nicht dem Krieg gegen das
Assad-Regime anschloss, wurde sie als Unterstützerin des Assad-Regimes
angeprangert und zum Feind erklärt. Immer wieder liefen Angriffe der
militärischen Kräfte der Opposition, allen voran von der al-Nusra-Front und
ISIL, aber auch von der FSA gegen Rojava, die der PYD einen Verteidigungskrieg
aufzwangen.
Als die PYD ein Autonomie-Projekt
vorgeschlagen hatte, wurde das von vier Parteien des Bündnisses, die der
politischen Linie der KDP-Barzani nahe standen, abgelehnt. Die PYD würde
„einseitig handeln und dem Baath-Regime dienen“. Barzani persönlich griff die
PYD in der gleichen Weise an. Dieses Bündnis erwies sich als sehr unstabil und
funktionierte nicht. Aufgrund der Widersprüche zwischen den kurdischen Parteien
schlief auch das Hohe Kurdische Komitee recht bald wieder ein.
Erst am 12. November 2013 wurde
ein Konstituierender Rat mit der Aufgabe zur Bildung einer autonomen
Übergangsregierung für Westkurdistan in Qamischlo betraut. Diese
Übergangsregierung soll das Machtvakuum bis zum Ende des Bürgerkrieges in
Syrien ausfüllen. An dem konstituierenden Rat sind kurdische, arabische,
tschetschenische und christliche VertreterInnen der Bevölkerung Westkurdistans
vertreten. Insgesamt 35 Organisationen, Parteien und Vereine etc. unterstützen
dieses Projekt.
Am 21. Januar 2014 wurde in
Cizîrê, am 27. Januar in Kobanê und am 29. Januar in Efrîn die Autonomie
ausgerufen und die drei Gebiete als Kantone bezeichnet. In jedem Kanton wurde
eine eigene Regierung gebildet. Die geplanten Wahlen konnten bisher aufgrund
der Kriegssituation nicht durchgeführt werden. Die faktisch regierenden MinisterInnen
wurden nicht durch Volkswahlen bestimmt, sondern von den Parteien, und
Organisationen, die die Autonomie befürworten. Seitdem werden in den drei
Kantonen lokale Verwaltungsstrukturen aufgebaut. Im Kriegszustand und unter
Embargo scheint diese Aufgabe kaum zu bewältigen zu sein. Und trotzdem wurden,
unter dieser ungeheuer angespannten und komplizierten Lage, beeindruckende
Erfolge erzielt.
Wie ist diese Entwicklung einzuschätzen?
Unabhängig von der Politik der
kurdischen Organisationen, wie der PYD in Westkurdistan, verteidigen wir das
unbedingte Recht der kurdischen Nation auf staatliche Lostrennung und völlige
Gleichberechtigung aller Nationalitäten, Ethnien und Religionen. Der Kampf des
kurdischen Volkes ist gerecht und legitim. Nur der bewaffnete Kampf gegen den
Imperialismus, gegen die regionalen faschistischen Regime für die demokratische
Revolution ist der Ausweg aus Unterdrückung und Ausbeutung. Jeder Pazifismus
ist hier völlig fehl am Platz.
Der heutige Kampf in
Westkurdistan ist ein demokratischer Kampf, für Selbstverwaltung und Autonomie.
Das ist die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechtes auf einfacher,
niedriger Stufe. Ein Schritt in die Richtung der Abschaffung und Aufhebung der
nationalen Unterdrückung. Auch wenn das nicht die wirkliche Befreiung ist, ist
es trotzdem ein Schritt vorwärts. Eine demokratische Errungenschaft! Und diese
unterstützen wir. Aber wir machen uns keine Illusionen, das ist keine
Revolution oder keine Alternative zum Kapitalismus! Wir unterstützen das demokratische
Recht der kurdischen Nation sich selbst zu verwalten.
Ja! Solidarität ist dringend angesagt!
Aber wie?
Nur die Solidarität der Völker,
nur der Aufruf der Revolutionäre und KommunistInnen, nur die praktische Tat mit
Menschen, Geld und Waffen den bewaffneten Kampf in Rojava zu unterstützen ist
ein Mittel, ihren Weg zur Revolution zu unterstützen.
Aber wir sind uns vor allem
unserer eigenen und auch der Schwäche der revolutionären, internationalen
ArbeiterInnenbewegung und der nationalen Befreiungsbewegungen bewusst. Fakt und
eine bittere Tatsache ist: die Revolutionäre und Kommunistische Bewegung hat
heute international nicht ausreichend Einfluss auf die Arbeiterklasse und die
Werktätigen, um eine solche tatkräftige und wirksame internationale Unterstützungskampagne
zu organisieren, die entscheidend in Rojava wirksam wird. Daher ist die heute
geleistete Solidarität wichtig, aber leider sehr begrenzt.
Die Aufgabe, die wir alle, die
antikapitalistisch, revolutionär und kommunistisch sind, haben, liegt vor allem
in der Stärkung der revolutionären und kommunistischen Bewegung im eigenen
Land! Damit können wir unsere internationale Solidarität stärker entwickeln.
Die Schwäche der nationalen,
kurdischen Bewegungen liegt darin, dass sie keine wirklich revolutionäre
Politik verfolgen und teilweise auf die Imperialisten und reaktionäre regionale
Mächte setzen. Was, wie schon festgestellt, natürlich auch mit der extremen
Schwäche der internationalen kommunistischen ArbeiterInnenbewegung
zusammenhängt.
Während die KDP-Barzanis eine
reaktionäre, bourgeoise Führung im nationalen Befreiungskampf ist, sind PKK und
YPG eine reformistische Führung. Sie sind bürgerlich demokratische Bewegungen
und begrenzen sich auf die Forderung nach demokratischen Rechten innerhalb der
bestehenden kapitalistischen Gesellschaft. Sie arbeiten nicht auf die
volksdemokratische und sozialistische Revolution hin.
Keine dieser Parteien kämpft
heute für einen von den Imperialisten und den regionalen, kolonialistischen
Mächten unabhängigen, demokratischen Staat Kurdistan.
Was in Westkurdistan und
aktuell in Kobanê vor sich geht, ist für die PYD und ihre militärischen
Streitkräfte, ein Verteidigungskampf gegen den IS. Sie führen keinen
allgemeinen antiimperialistischen, antifaschistischen Kampf oder Krieg. Der
Verteidigungskampf ist nur in der Hinsicht antifaschistisch, weil er gegen eine
islamistische, faschistische Kraft geführt wird.
Mittlerweile läuft eine de
facto militärische Zusammenarbeit der Peshmerga Barzanis, Einheiten der PYD mit
dem US-Militär, BRD-Einsatzkräften, der Türkei usw. Die Bombardierungen des IS
erfolgen in Absprachen mit den kurdischen kämpfenden Truppen. Mit Genehmigung
der türkischen AKP-Regierung sind seit dem 29. Oktober 2014 ca. 150 Peshmerga-Streitkräfte
mit schwerem Kriegsgerät zur Verteidigung Kobanês über türkisches Territorium
nach Syrien eingerückt. Die erste Kampftruppe wurde mittlerweile auf demselben
Weg durch eine zweite ausgewechselt.
Die Solidarität mit
Rojava/Westkurdistan wird in der BRD durch vielfältige Aktionen,
Demonstrationen und Unterstützungsarbeit bekundet. Das vereint alle Linken,
Revolutionäre und KommunistInnen auf einer gemeinsamen Basis. Von der
Solidaritätsbewegung ist eine der wichtigen Hauptforderung „Aufhebung des
PKK-Verbots“, unabhängig von unterschiedlichen Begründungen oder
Einschätzungen.
Auch den Kampf der PYD gegen
den IS um die Jesiden, andere Minderheiten und die kurdische Bevölkerung in
Süd- und Westkurdistan zu verteidigen, ist richtig und zu unterstützen. Das hat
die Diskussionen über das Verbot der PKK wieder entfacht. Das Verbot der PKK
war von Anfang an ein Angriff des deutschen Imperialismus auf den
Befreiungskampf der kurdischen Nation in Nordkurdistan/Türkei.
Was noch richtig und positiv
ist, aber nicht alle Linken, RevolutionärInnen und KommunistInnen in
gemeinsamen Forderungen vereint, ist die Haltung zu bzw. die Forderung nach
Waffenlieferungen durch den deutschen Staat. Die Mehrheit der revolutionären
Bewegung hat sich in der Unterstützung der kurdischen Befreiungsbewegung in
Westkurdistan mit ihren Forderungen richtigerweise auch gegen den deutschen
imperialistischen Staat gestellt: Kein Waffenexport, keine Militärhilfe, keine
Intervention, keine Kriegsbeteiligung der BRD, etc.
Für uns ist das eine
grundlegende Trennlinie. In unserer Solidarität kämpfen wir vor allem gegen den
eigenen Imperialismus und seine Interessen. Den eigenen imperialistischen Staat
auf allen Ebenen anzugreifen und zu bekämpfen, das ist eines der wichtigsten
Merkmale revolutionärer Politik.
In Rojava, konkret in Kobanê,
ist die PYD (YPG/YPJ) dringend auf weitreichende Solidarität und Unterstützung
angewiesen. Notwendig ist nicht nur humanitäre Hilfe, sondern sind auch
militärische Ausrüstungen, Waffen, Munition etc. Auch Geld um Waffen zu kaufen
wird benötigt, ebenso wie direkte Unterstützung mit Waffen. Solange diese
Unterstützung von den demokratischen, revolutionären, kommunistischen Kräften,
Organisationen und Befreiungsbewegungen geleistet wird, ist das proletarischer
Internationalismus und Solidarität.
Langfristig gesehen ist es auch
für die internationale Solidarität sehr wichtig, über den Kampf der kurdischen
Nation und verschiedener Nationalitäten in Westkurdistan keine falschen
Vorstellungen und Tatsachen zu verbreiten. Die demokratischen Errungenschaften
sollen realistisch kommuniziert und nicht maßlos übertrieben propagiert werden.
Welche Bedeutung hat dieser demokratische Kampf? Die Frage muss aus der
Perspektive der proletarischen Weltrevolution beantwortet werden. Das
Selbstverwaltungs-System ist für die Kurdische Nation und die anderen
Nationalitäten, für alle Werktätigen in Rojava eine ganz neue und positive
Erfahrung! Aber sie ist, im Gegensatz zu den Theorien von A. Öcalan kein
Vorbild für die Welt und keine neue Erfindung in der Welt!
Alle, die diese Entwicklung als
den „fortschrittlichsten Kampf“ für die Revolution einschätzen oder gar zu
einer neuen Gesellschaftsform stilisieren, leisten dem Kampf des kurdischen
Volkes für seine Befreiung keinen wirklichen Dienst. Wie zum Beispiel die
Propaganda von der Abschaffung des Nationalstaates: „In den kurdischen
Gebieten haben wir uns mit der organisierten Kraft des Volkes von der
Herrschaft des Staates befreit. Die staatlichen Institutionen sind aus
Kurdistan verbannt.“ [4]
Was die Befreiung der
kurdischen Nation auf dem revolutionären Weg voranbringen kann, ist die
demokratischen Errungenschaften zu verteidigen und den kurdischen Werktätigen
bewusst zu machen, für die Befreiung von Unterdrückung und Ausbeutung reichen
diese Errungenschaften nicht aus. Darum ist es auch ein Zeichen der
internationalen Solidarität, diese Diskussion zu führen, und die falsche,
reformistische Politik der kurdischen Organisationen offen und öffentlich zu
kritisieren und Alternativen zur Debatte zu stellen. Wer Solidarität und Kritik
gegeneinander stellt, ist kein wirklicher Freund der unterdrückten Völker.
Mit kleinbürgerlichen Utopien
wird der politische Horizont hier im Lande vernebelt.
Was wir in der Solidarität mit
Kobanê sehr kritikwürdig finden, ist im Namen der Solidarität vom deutschen
imperialistischen Staat und dessen Regierung Waffenlieferungen an die PKK, PYD
bzw. YPG/YPJ zu fordern. Und das auch noch als antifaschistischen Kampf zu
deklarieren!
Das macht die MLPD!
Innerhalb der linken Bewegung
fordert nicht nur die MLPD von der deutschen Regierung Waffenlieferung an die
PKK und YPG/YPJ. Ein Teil der Partei Die Linke vertritt die gleiche Position.
In verschiedenen Flugblättern, in Reden auf Demos und Kundgebungen werden die
imperialistischen Mächte, so USA und Deutschland kritisiert, weil sie angeblich
nur Waffen an die Peshmerga in die Autonome Region Kurdistan/Irak liefern. Und
sie werden aufgefordert auch Rojava und die PKK mit Waffen und Ausbildern zu
unterstützen. Wir begrenzen uns hier exemplarisch auf die politische Haltung
der MLPD.
Statt die Heuchelei der
Herrschenden über die Diskussionen „Keine Waffen in Krisenregionen“ zu
entlarven und aufzuzeigen was die Herrschenden damit bezwecken, vertritt die
MLPD: „Der imperialistische Pazifismus, wie ihn viele
bürgerliche Politiker bis in die Bundesregierung pflegen verlangt: keine
Waffenlieferungen in Krisenregionen….“ (Rote Fahne, 34/2014, S. 3) Dagegen
stellt die MLPD die Forderung auf „Kein Waffenexport an reaktionäre Regimes!
Diese Forderung erweist sich aktuell als genau richtig“. Schon in ihrer
Ausgangsposition zeigt die MLPD was für eine grundfalsche Einschätzung sie vom
deutschen Imperialismus hat.
Während in den vergangenen
Jahren Politiker wie SPD-Struck „Deutschlands Freiheit wird am Hindukush
verteidigt“, bis aktuell Gauck und von der Leyen immer verstärkter auf
militärische Interventionen setzen und eine Beteiligung „international an
Konfliktlösungen aller Art, auch militärischen“ (Gauck) aggressiv
einfordern, was macht da die MLPD? Statt die offensive, militärische
Marschrichtung des deutschen Imperialismus anzuprangern bekämpft sie einen
angeblichen „imperialistischen Pazifismus“!
Allein diesem imperialistischen
System zu unterstellen es gäbe einen „imperialistischen Pazifismus“ ist
wirklich ein großer Verdienst der MLPD! Es gibt keinen „imperialistischen
Pazifismus“. Er wird erfunden, um die Forderung nach Waffenlieferungen als
richtig zu verbrämen! Es gibt nur den bürgerlichen Pazifismus, der Krieg im
Allgemeinen ablehnt, ohne jede Unterscheidung von gerechtem und
reaktionär-imperialistischen Krieg, was in einer Klassengesellschaft völlig
falsch ist.
„Die MLPD verfolgt ein anderes
Prinzip: Keine Waffenlieferungen an reaktionäre Regimes! Linkspartei und die
DKP haben sich inzwischen gegen eine Waffenlieferung an kurdische Kräfte
ausgesprochen. Die MLPD ist grundsätzlich anderer Meinung: Die kurdischen
Befreiungskämpfer brauchen Waffen gegen den faschistischen IS-Terror. Die USA
hat bisher nur der irakischen Armee Waffen geliefert. Diese ist vor den
IS-Faschisten feige geflohen – heute hat die IS diese Waffen. Auch viele der
eher mit den USA verbündeten Peschmerga der nordirakischen KDP-Partei um Massud
Barzani flohen vor der IS und ließen die Zivilbevölkerung im Stich. Die
revolutionären Kräfte der PYD in Rojava (Nord-Syrien) und die PKK
(Arbeiterpartei Kurdistans) sind die Hauptkraft gegen die IS-Faschisten. Sie
haben maßgeblich die Rettung und Evakuierung Zehntausender Flüchtlinge vor
allem kurdischer Yeziden im Nordirak geleistet. Hier wären Waffen genau in den
richtigen Händen. (...)
Aber Kanzlerin Merkel will
gerade und ausdrücklich diesen revolutionären Kräften keine Waffen liefern.
(...)
Die MLPD tritt im Kampf um
Demokratie und Freiheit für die Unterstützung aller antifaschistischen Kräfte
in der Region ein. Sie begrüßt das Zustandekommen einer antifaschistischen
Einheitsfront verschiedener kurdischer und arabischer Kräfte aus Syrien, dem
Irak und der Türkei. Deshalb fordert sie auch ausdrücklich, Waffen an die
PKK- und die PYD-Einheiten zu liefern.“ (RF, 35/2014, S. 5,
Hervorhebung TA)
Zusammengefasst: Die MLPD
stellt offensiv und direkt an die deutsche Bundesregierung und Kanzlerin
Merkel, wie auch an den US-Imperialismus, die Forderung: „Waffen für PKK und
YPG!“ (Titel eines Artikels in der RF, 41/2014, S. 8)
Ein unbedingtes
marxistisch-leninistische Prinzip für die KommunistInnen in einem
imperialistischen Land lautet: keine Forderungen an die Regierung zu stellen,
die völlige Illusionen in den Charakter dieses Staates schüren. Unsere Aufgabe
heute in der BRD ist, die Werktätigen aufzurufen, Geld zu spenden, auch um
Waffen für Rojava zu erwerben, aber nicht auf die deutschen Imperialisten zu
setzen.
In der Roten Fahne begründet
die MLPD ihr eigenes Prinzip so: „Wenn die kurdischen Kräfte, die sich gegen
die islamistisch-faschistische IS-Truppe wehrt, dafür Unterstützung braucht,
sollte man diese gewähren, ohne dabei die Illusion in die Motive und den
Charakter dieser Regierung (gemeint ist die Bundesregierung, TA) zu
verbreiten.“ (RF, 34/2014, S. 3) [5]
Wir sagen, ganz im Gegenteil!
KommunistInnen fordern heute von keinem imperialistischen Staat
Waffenlieferungen für fortschrittliche Befreiungsbewegungen. Wenn der
BRD-Imperialismus Waffen und Geld an fortschrittliche Regime liefern würde,
verfolgt er nur ein Ziel, er will Einfluss nehmen und seine Interessen
durchsetzen und diese Bewegungen im Konkurrenzkampf mit anderen Imperialisten
in den betreffenden Ländern für sich instrumentalisieren. Der deutsche Staat
kann durchaus auch Waffen an die PKK/PYD liefern, wenn es in sein politisches
Kalkül passt. Damit will er im Ausbau seiner Großmachtambitionen sich im
Mittleren Osten stärker festsetzen und Zugriff auf Ressourcen und
Einflusssphären nehmen.
Die RevolutionärInnen in den
imperialistischen Metropolen haben andere Aufgaben als die RevolutionärInnen
in den abhängigen und unterdrückten Ländern. Die in Rojava kämpfende
Befreiungsbewegung verfolgt eine andere Politik, da sich ihre konkrete
Klassenkampfsituation, der Krieg, ihre Feinde ganz anders darstellen. Wenn sie
Waffen der Imperialisten annimmt, bzw. Bündnisse eingeht muss sie ihre Völker
aufklären, dass diese zeitweiligen Bündnispartner auch Feinde sind, und sie nur
gewisse Widersprüche zwischen den Feinden ausnutzt. Das heißt aber hier in den
imperialistischen Metropolen nicht dieselbe Politik zu verfolgen, sondern um
diese zu unterstützen müssen wir hier die Herrschenden angreifen und entlarven,
sowie unsere praktische Solidarität mit den Befreiungsbewegungen entwickeln.
Das „Prinzip“ der MLPD ist
völlig falsch und schadet dem antiimperialistischen Kampf. Es wird damit das
falsche Bewusstsein geschaffen, die imperialistischen Mächte könnten den
unterdrückten Völkern oder fortschrittlichen, die MLPD spricht sogar von
revolutionären Bewegungen, tatsächlich Hilfe leisten.
Auch die Interventionen der
imperialistischen Mächte unter dem Deckmantel der Humanitären Hilfe sind in
Wirklichkeit keine Hilfe für die unterdrückten Nationen, Völker und die
Werktätigen. Darum ist es auch eine Farce wenn die MLPD von einer „Unterlassene(n)
Hilfeleistung der Bundesregierung“ (RF, 41/2014, S. 5) spricht und an
Merkel moralisch appelliert. Das verschleiert das wahre Gesicht des deutschen
Imperialismus.
Die Logik der MLPD funktioniert
so: „Die MLPD tritt im Kampf um Demokratie und Freiheit für die Unterstützung
aller antifaschistischen Kräfte in der Region ein. Sie begrüßt das
Zustandekommen einer antifaschistischen Einheitsfront verschiedener kurdischer
und arabischer Kräfte aus Syrien, dem Irak und der Türkei. Deshalb fordert sie
auch ausdrücklich, Waffen an die PKK- und die PYD-Einheiten zu liefern.“ (Hervorhebung
TA) Weil PKK und PYD gegen den IS kämpfen, wären die Waffen in den
richtigen Händen! Weil die MLPD den Kampf gegen den faschistischen IS (also auch
von Seiten der USA, der Anti-Terror-Koalition) als einen allgemeinen
antifaschistischen Krieg ansieht, entdeckt sie auch eine antifaschistische
Einheitsfront! Diese reicht offenbar für sie von PKK über den deutschen bis hin
zum US-Imperialismus. Sie beklagt lediglich, dass die „fortschrittlichsten und
kämpferischsten Kräfte“ bisher keine Waffen erhalten haben und nimmt Frau
Merkel in die Pflicht.
Ganz dubios wird es, wenn die
MLPD ihre Forderung auch mit einer Geschichtsrevision über den Spanischen Bürgerkrieg
(1936 – 1939) zu rechtfertigen versucht. Die minimalsten Voraussetzungen für
einen Vergleich, nämlich die konkrete Lage, die Kräfte, die politischen
Verhältnisse, das Wesen des Kampfes, der Zusammenhang mit der proletarischen
Weltrevolution, die Verteidigung eines sozialistischen Land etc. etc. zu
berücksichtigen, werden nicht erfüllt.
Ganz anders ist die aktuelle
Situation. Heute führt keine imperialistische Macht, so wie im 2. Weltkrieg,
einen antifaschistischen Kampf. Alle heute stattfindenden Kriege sind
zwischenimperialistische Kriege, bzw. Stellvertreterkriege im Ringen um
Welthegemonie, außer den national-revolutionären Befreiungskriegen auf den
Philippinen, in Palästina, in Kurdistan etc. von Seiten der unterdrückten
Völker.
Insbesondere die Kriege im
Mittleren Osten sind von den westlichen Imperialisten, also voran USA, England,
Frankreich und BRD angezettelt worden. Sie sind die Aggressoren, auch wenn
natürlich die Interessen und die Politik anderer imperialistischer Rivalen wie
Russland und auch China eine Rolle dabei spielen. Und an diese
Kriegsverursacher, die die ganze Region in Schutt und Asche legen, wird nun die
Forderung nach Waffenlieferungen und nach möglichst mehr Luftangriffen auf den
IS vorgebracht. Das stellt die ganze Realität auf den Kopf.
Der US-Imperialismus und die
Anti-Terror-Koalition, inklusive des deutschen Imperialismus, bombardieren also
flächendeckend antifaschistisch, wenn sie die Zivilbevölkerung wie z.B. in
Raqqa/Irak (Hauptstadt des IS) massakrieren? Wenn sie in Afghanistan die
Zivilbevölkerung im angeblichen Kampf gegen die Taliban in die Steinzeit zurück
bombardierte und Pakistan mit Drohnen überziehen, dann ist das auch
antifaschistisch? Wie können die Kriegsverursacher, die in den barbarischen
Kriegen der letzten Jahrzehnte im Mittleren Osten, Millionen Menschen getötet,
Millionen Menschen in die Flucht geschlagen, Landstriche und ganze Länder mit
Uranmunition verseucht haben, wie können diese nun als „Retter in der Not“
gegen den IS, den sie selbst erst produziert haben, zu Antifaschisten mutieren?
Ebenso wie die Forderung an die
deutsche Regierung „Waffen an PKK und PYD zu liefern“ falsch ist, ist auch die
Einschätzung der MLPD über den Krieg und die Kämpfe im Irak und Syrien falsch.
Ein allgemeiner Appell ist natürlich richtig, in einem „antifaschistischen
Krieg müssen alle antifaschistischen Kräfte zusammenwirken“. Die Frage ist,
sind die Kriege in Irak und Syrien, – der Krieg des IS ist ein Teil davon – ist
der Krieg gegen den IS ein antifaschistischer Krieg?
Unser Meinung nach lautet die
Antwort: Nein! Der Charakter dieser Kriege ist nicht antifaschistisch, sondern
insgesamt sind das Stellvertreterkriege zwischen imperialistischen Mächten und
zwischen einheimisch reaktionären, teilweise faschistischen Kräften. Das sind
reaktionäre Kriege. Auch wenn bisher die PYD in Westkurdistan sich als
unabhängig agierende Kraft von diesen grundsätzlich unterschieden hat, heißt
das nicht, dass ihr Verteidigungskampf den Charakter des gesamten Krieges
bestimmt.
Wohin geht es?
Die Kriege in Irak und Syrien
haben die von den englischen und französischen Imperialisten während und nach
dem 1. Weltkrieg, gegen den Willen und die Interessen der unterdrückten
Nationen und Völker künstlich gezogenen Grenzen aufgeweicht. Die Völker fordern
Selbstbestimmung und Demokratie! Die Imperialisten ringen um eine Neuaufteilung
ihrer Einflussgebiete! Auch regionale reaktionäre Mächte sind ein Teil dieser
Neuaufteilung in dieser Region.
Die Imperialisten jedoch wollen
das Feld nicht den regionalen Mächten überlassen und bei der Neugestaltung der
Mittelostarchitektur bestimmend mitreden. Wie heuchlerisch die Imperialisten
sind, zeigt sich am Beispiel des Selbstbestimmungsrechts der kurdischen Nation.
Die Imperialisten haben den
Mittleren Osten in ein Pulverfass verwandelt. Sie beliefern alle Seiten mit
Waffen, um alle zu schwächen und kleinzukriegen. Auch deswegen kann es keine
Lösung sein, die Imperialisten um Hilfe zu rufen. Genau das wollen die
Imperialisten, ruft nach uns, nur wir können euch helfen. Die revolutionären
und kommunistischen Kräfte hier in Deutschland haben die Aufgabe diese Manöver
unserer „eigenen“ Imperialisten zu entlarven und ihre machtpolitischen
Interessen aufzudecken.
Die Lösung auch im Mittleren
Osten kann nur sein, dass die Völker selber reden, dann werden sie sich schnell
einig sein. Alle Konfliktparteien müssen das Selbstbestimmungsrecht von
Nationen und nationalen Minderheiten anerkennen.
Diese Ziele können aber nur in
einer demokratischen Revolution in Syrien und Irak erreicht werden. Die Kräfte
dafür sind leider schwach. Unterstützen wir diese Kräfte damit sie stark genug
werden, um das Schicksal der Völker im Mittleren Osten in Richtung
demokratischer Revolution und Sozialismus wenden zu können.
Parallel zu unserer
internationalen Solidarität und praktischen Unterstützung der
Befreiungsbewegungen, wie in Rojava, ist unsere beste Unterstützung den
Hauptfeind im eigenen Land, die imperialistische Großmacht Deutschland zu
bekämpfen!
Januar 2015
Entstehung des IS – Chronologie Gründer war der aus Jordanien stammende Abu
Musab az-Zarqawi. Bereits im Jahr 2000 bildete Zarqawi die Organisation
„Tauhid“ (Bekenntnis zur Einheit Gottes) und schlug sein Hauptquartier in
Afghanistan auf. Trotz enger Kontakte zur Führung von al-Qaida hat er sich
dieser nicht angeschlossen. Ab 2003 kämpften Zarqawi mit seiner Truppe im Irak
gegen die Besatzung und sie traten im April 2004 unter dem Namen „Gemeinschaft
für Tauhid und Dschihad“ (JTJ) auf. Sie wurde auch Zarqawi-Gruppe oder Netzwerk
genannt. Im Oktober 2004 benannte sie sich in
„Organisation der Basis des Dschihad im Zweistromland“ (TQJBR) um. Zarqawi
schwor im Oktober 2004 offiziell al-Qaida und Osama bin Laden die Treue und im
Jahr 2005 wurde die Zarqawi-Gruppe als „al-Qaida im Irak“ (AQI) bekannt. Ende 2005 / Anfang 2006 schlossen sich diverse
djihadistische Gruppen der TQJBR an und ein „Rat der Mujahidin im Irak“ (MSC)
wurde gebildet. Nach der Ermordung Zarqawis im Juni 2006 übernahm Abu Ayyub
al-Masri mit Abu Abdullah al-Rashid al-Baghdadi die Leitung der TQJBR. Im Oktober 2006 riefen sie die Gründung des
„Islamischen Staates Irak“ aus und benannten sich wieder um: „Islamischer Staat
im Irak“ (ISI). Als beide Anführer im April 2010 in einem Gefecht mit irakischen
und amerikanischen Truppen umgebracht wurden, übernahm der jetzige IS-Anführer,
Abu Bakr al-Baghdadi die Leitung. ISI sickerte seit Sommer 2011 mit syrischen
Milizionären nach Syrien ein, die dann, die als „al-Nusra-Front“ bekannt
gewordene Organisation mit gründeten. Die al-Nusra-Front paktierte gegen das
Assad-Regime mit der, von den westlichen Imperialisten, Katar und der Türkei
unterstützen Freien Syrischen Armee. Sie entwickelte sich besonders im Jahr
2012 zu einer der stärksten, djihadistischen Organisation. Gleichzeitig kam es
zu Auseinandersetzungen zwischen dem Anführer der „Nusra-Front“, Jaulani mit
ISI Anführer Baghdadi. Jaulani favorisierte den Anschluss an al-Qaida, Baghdadi
stellte sich dagegen. Als die Situation eskalierte, wandte sich Baghdadi mit
einer Audiobotschaft am 8. April 2013 an die Öffentlichkeit. Die
Organisationsbezeichnungen „al-Nusra-Front“ und „Islamischer Staat im Irak“
(ISI) werden zugunsten des neuen, gemeinsamen Namens „Islamischer Staat im Irak
und Syrien/Levante“ (ISIS/ISIL) abgeschafft. Durch die Auseinandersetzung wurde
die al-Nusra-Front geschwächt und der ISIL gestärkt.
In Syrien bombardieren: USA, Katar, Jordanien, Bahrain, Vereinigte
Arabische Emirate, Saudi-Arabien. Im Irak bombardieren: USA, Frankreich, Großbritannien, Kanada,
Australien, Belgien, Dänemark, Niederlande. „Inoffiziell“, nicht als Mitglied
der Allianz, nutzt der Iran die Gelegenheit auch militärisch durch Luftschläge
in Irak mitzumischen. Militärgüter und Militärische Ausbildung liefern: Deutschland, USA, Großbritannien,
Frankreich, Albanien, Tschechien, Dänemark, Estland, Polen, Australien,
Italien, Türkei, Kanada, Kroatien, Niederlande, Ungarn. (Quelle:
DPA; US Department of State, Welt am Sonntag, 07.12.14) |
Politik der PYD Rojava im Bürgerkrieg: „Wir haben uns zu Beginn
des Aufstandes in Syrien dazu entschieden, uns weder auf die Seite des Regimes
noch auf die Seite der arabischen Opposition zu stellen, sondern einen dritten
Weg einzuschlagen....“ „Wir waren in den letzten zehn Jahren vor Beginn des
syrischen Aufstandes die einzigen, die gegen das Baath-System gekämpft haben.
Tausende Kurden waren in den Gefängnissen, zwei Führungskader der PYD, Mamosde
Osman und Ahmet Hussein, wurden zu Tode gefoltert....“ „Wir Kurden wollen nicht
Teil dieses Konfliktes sein. Unsere Linie für die Revolution ist eine
friedliche. Wir haben keiner Seite den Krieg erklärt. Aber natürlich behalten
wir uns das Recht auf Selbstverteidigung vor, wenn wir angegriffen werden. Die
PYD ist eine zivile politische Partei, die selbst keine bewaffneten Kräfte unterhält“.
(http://civaka-azad.org/unsere-linie-ist-eine-friedliche/,
Interview mit Asia Abdullah Osman, Gründungsmitglied und Kovorsitzende der PYD,
09.11.2012) „Die KurdInnen haben
sich weder auf die Seite der Freien Syrischen Armee (FSA) noch auf die des Assad-Regimes
geschlagen, dessen Repression sie wohl am meisten zu spüren bekommen hatten.
Sie haben ihren eigenen unabhängig errichteten dritten Weg gewählt. Den
formulierten sie als Demokratische Autonomie.“ (http://civaka-azad.org/geopolitische-interessen-in-syrien-und-westkurdistan/,
Geopolitische Interessen in Syrien und Westkurdistan, 2012) |
Programm A. Öcalans „Obwohl der Schwerpunkt
im Demokratischen Konföderalismus auf der regionalen Ebene liegt, schließt das
eine globale Organisierung des Konföderalismus nicht aus. Im Gegenteil, wir
müssen als Alternative zu den Vereinten Nationen, die einen Zusammenschluss von
Nationalstaaten unter der Führung der Supermächte darstellen, eine Plattform
nationaler Zivilgesellschaften in Form eine konföderalen Versammlung errichten.
Auf diese Weise könnten wir im Hinblick auf Frieden, Ökologie, Gerechtigkeit
und Produktivität weltweit bessere Entscheidungen treffen.“ (...) „Der Demokratische Konföderalismus kann als eine
Art Selbstverwaltung beschrieben werden im Gegensatz zur Administration des
Nationalstaats. Dennoch ist unter gewissen Umständen eine friedliche Koexistenz
möglich, solange der Nationalstaat nicht mit zentralen Fragen der Selbstverwaltung
kollidiert. Jede derartige Einmischung würde die Selbstverteidigung der
Zivilgesellschaft hervorrufen. Der Demokratische Konföderalismus befindet sich
nicht im Krieg mit irgendeinem Nationalstaat, aber er wird
Assimilationsbestrebungen nicht untätig zusehen. Ein revolutionärer Umsturz
oder die Gründung eines neuen Nationalstaats schaffen keine tragfähige
Veränderung. Auf lange Sicht können Freiheit und Gerechtigkeit nur innerhalb
eines dynamischen demokratisch-konföderalen Prozesses erreicht werden. Weder totale Ablehnung noch vollständige
Anerkennung des Staates dient den demokratischen Bestrebungen der
Zivilgesellschaft. Die Überwindung des Staates, insbesondere des
Nationalstaats, ist ein langfristiger Prozess. Der Staat wird überwunden werden, wenn der
Demokratische Konföderalismus seine Fähigkeiten zur Lösung gesellschaftlicher
Probleme unter Beweis gestellt hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Angriffe
durch Nationalstaaten hingenommen werden müssen. Demokratische Konföderationen
werden jederzeit Selbstverteidigungskräfte unterhalten. Sie werden nicht auf
ihre Organisierung in einem einzelnen Gebiet beschränkt sein. Sie werden sich
zu grenzübergreifenden Konföderationen entwickeln, wenn die betreffenden
Gesellschaften dies wünschen.“ (...) „Das Selbstbestimmungsrecht der Völker
beinhaltet das Recht auf einen eigenen Staat. Jedoch vergrößert die Gründung
eines Staates nicht das Maß der Freiheit eines Volkes. (...) Mittlerweile sind
Nationalstaaten zu ernsthaften Hindernissen für jegliche gesellschaftliche
Entwicklung geworden. (...) Der Demokratische Konföderalismus ist ein
nichtstaatliches gesellschaftliches Paradigma. Er wird nicht staatlich
kontrolliert. Zugleich ist er der kulturell-organisatorische Entwurf einer
demokratischen Nation.“ (A. Öcalan,
„Demokratischer Konföderalismus, Internationale Initiative Edition“, S. 31-34,
2012) |
[1] Rojava/Westkurdistan/Syrien: Zusammenschluss von drei, territorial nicht zusammenhängenden Kantonen in Westkurdistan/Nordsyrien an der Grenze zu Nordkurdistan/Türkei: Cizîrê, Kobanê und Efrîn mit rund 3,5 Millionen Menschen. 2 Millionen EinwohnerInnen verschiedener ethnischer und religiöser Zusammensetzung, sowie ca. 1,5 Million Flüchtlinge aus anderen Teilen Syriens. (Januar 2014, ciwaka-azad.org)
[2] Die bewaffneten Kampfverbände der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans). Sie operieren hauptsächlich in Nordkurdistan/Türkei. Ihr Rückzugsgebiet ist Kandil, ein Gebirgsmassiv in Südkurdistan im Nordirak.
[3] In der Resolution 2178 wird „bekräftigt, dass alle Staaten gehalten sind, Bewegungen von terroristischen Gruppen zu verhindern .“ Im Kampf gegen die sog. „Terrormilizen“ verpflichtet die UN ihre Mitglieder zu schärferen Grenzkontrollen und Überprüfungen. Dazu haben sie die Resolution verabschiedet. Diese Resolution rechtfertigt die Kontrolle und Verfolgung von MigrantInnen, allen voran „arabisch“ aussehenden Menschen.
[4] Delsha Osma, Mitglied der Koordination der Frauenbewegung „Yekitiya Star“, zitiert in Proletarische Revolution, Nr. 58, S. 62
[5] Hier werden Waffenlieferungen noch für alle kurdischen Kräfte gefordert. Erst in späteren Artikeln wird zwischen Peshmerga-Kräften sowie PKK und PYD unterschieden.