Analyse der Restauration des Kapitalismus in der sozialistischen Sowjetunion

Vorbemerkung Wir führen seit längerer Zeit eine intensive Auseinandersetzung mit Bolşevik Partizan über die Ursachen der Restauration des Kapitalismus in den ehemals sozialistischen Ländern. Im Rahmen einer ersten intensiven Schulung haben wir gemeinsam den Abschnitt „Die sozialistische Produktionsweise“ des Lehrbuchs „Politische Ökonomie“ debattiert. Wir veröffentlichen hier die Ergebnisse. Ein/e GenossIn referierte anhand des jeweiligen Kapitels des Lehrbuches, die in den bisherigen Diskussionen in unseren Organisationen festgestellten Probleme, Kritiken und Fragestellungen. Zu diesen Vorträgen wurden weitergehende Fragen aufgeworfen und Diskussionsbeiträge gemacht.Im folgenden Text beziehen sich die Jahresangaben zu den unterschiedlichen Ausgaben des Lehrbuchs der Politischen Ökonomie auf das russische Original.

 Teil VIII Analyse der Restauration des Kapitalismus in der sozialistischen Sowjetunion - Was tun im Sozialismus?

Lehrbuch: Dritter Abschnitt –
Die sozialistische Produktionsweise

Das sozialistische System der Volkswirtschaft

Referat

Kapitel XXXV „Der Warenumsatz im Sozialismus”

Egal ob von Handel oder Warenumsatz gesprochen wird, es geht praktisch darum, dass die Güter, die produziert werden, die für die Konsumenten bestimmt sind, an die Konsumenten gebracht werden müssen. Die Güter, die in der Produktion verwendet werden, müssen auf die Betriebe verteilt werden. Das heißt, die Produktionsmittel müssen an die Produktionsorte gebracht werden, wo sie verwendet werden. Das ist das, was in der Politischen Ökonomie „Handel“ und „Warenzirkulation“ genannt wird. Im entwickelten Sozialismus soll im Prinzip dieser Handel, das heißt der Weg des Produkts an den Konsumenten, so beschritten werden, dass am Ende für „diesen Handelsweg“ kein neuer Gewinn erzielt wird. Vor der Phase des Kommunismus verläuft der Produktaustausch so, dass so und so viel Arbeitszeit mit so und so viel Arbeitszeit ausgetauscht wird. Das Äquivalent, und mehr nicht. Dazu braucht die sozialistische Ökonomie natürlich eine Handelsorganisation, die allumfassend das ganze Land bis in die hinterste Ecke des Landes erfassen muss. Das ist machbar. Dahin soll es im Sozialismus prinzipiell gehen. Diese Vermittlertätigkeit schafft keinen Wert. Aber sie ist notwendig. Ohne diese Vermittlertätigkeit kommt das Produkt, das für die Konsumption notwendig ist, nicht an den Konsumenten. Es ist viel einfacher machbar als im Kapitalismus. Im Kapitalismus holt jeder Handelskapitalist noch Profit durch diese Tätigkeit heraus und kämpft gegen jeden anderen Handelskapitalisten, um ihn aus dem Markt zu drängen. Diese notwendige Vermittlertätigkeit im Sozialismus sollte aber nicht dazu dienen, dass diejenigen, die diese Vermittlertätigkeit ausführen, dadurch „Kapital“ schaffen können. Das heißt, einen Teil des „Mehrwerts“ für sich selbst behalten, um ihn weiter zu vermehren etc. Im Lehrbuch heißt es: „Der Handel im Sozialismus, der in der UdSSR die Bezeichnung Sowjethandel erhalten hat, unterscheidet sich seiner Natur nach grundlegend vom kapitalistischen Handel. Sowjethandel ist Handel ohne Kapitalisten. In der UdSSR werden die Waren durch die staatlichen und genossenschaftlichen Betriebe und Organisationen, durch die Kollektivwirtschaften und zu einem relativ geringen Teil durch die Kollektivbauern realisiert. Die Mittel der Betriebe des Sowjethandels sind sozialistisches Eigentum. Mit der Errichtung der uneingeschränkten Herrschaft des sozialistischen Eigentums in allen Bereichen der Volkswirtschaft sind in der Wirtschaft der UdSSR die Existenzbedingungen für solche Kategorien wie Handelskapital, Handelsprofit u.a. völlig verschwunden.“  Als Zustandsbeschreibung für die damalige Sowjetunion ist diese Beschreibung nicht richtig. Als ein Ziel, dass das Handels­kapital und der Handelskapitalismus verschwinden müssen, ist sie richtig. Aber die Zu-standsbeschreibung „es ist verschwunden“ stimmt so faktisch nicht. Es gibt noch die zwei Eigentumsformen: Das gemeinschaftliche Eigentum im Sozialismus plus dazu noch das Gruppen­eigentum. Dazu gehört auch, was „Eigentum zur persönlichen Verwendung“ (z.B. Hof, Wohnung, Haus etc.) genannt wird. Das existiert noch. Solange es diese zwei Formen (staatliches und genossenschaftliches Gemeineigentum an den Produktionsmitteln) gibt und dazu noch das Privateigentum – auch wenn in geringer Menge – gibt es natürlich die Möglichkeit, dass die Menschen, die z.B. über Privateigentum an Produktionsmitteln verfügen, ihr Geld anhäufen können. Dieses können sie auch durch Handel vermehren. Dieses Geld kann später als Handelskapital fungieren. Insofern ist das als Zustands­beschreibung eine Beschönigung des tatsächlichen Zustands. Dass es so ist, wird deutlich, wenn im Lehrbuch jetzt die Zahlen genannt werden, und dargelegt wird, wie das Handelssystem funktioniert. Auf Seite 578 werden die Hauptformen des Handels im Sozialismus benannt: „Im Sozialismus gibt es drei Handelsformen: 1. den staatlichen Handel, 2. den genossenschaftlichen Handel und 3. den kollektivwirtschaft­lichen Handel. Die entscheidende Rolle spielt, sowohl im Groß- als auch im Einzelhandel [Referent: Der Einzelhandel ist sehr wichtig, er wird direkt mit dem Konsumenten abgewickelt. Großhandel ist der Handel, der die Produkte verteilt. In der DDR hießen sie „Konsum“-Läden] in der UdSSR der staatliche Handel. In den Händen des sozialistischen Staates ist die überwiegende Warenmasse des Landes [Referent: Wieder diese Begriffe wie „Ware“, „Warenmasse“ etc. Die Produktmasse, über die der Staat verfügt, ist zum größten Teil keine Ware, weil sie nicht für den Markt bestimmt ist. Sie wird nicht für den Markt produziert, sondern von vorneherein wird schon planvoll festgelegt, an welche Fabrik geht dieses Produkt (Maschine etc.) oder jenes. Aber es wird im Lehrbuch immer mit diesen Begriffen aus dem Kapitalismus hantiert], die in den Sowjethandel gelangt, konzentriert. Die Handelsorganisationen [Referent: die wiederum staatlich sind] erhalten den Hauptteil der Waren von der staatlichen Industrie. Diese Waren gelangen in der Regel über den Großhandel in den Einzelhandel und werden an die Bevölkerung verkauft.“ (S. 578) „Der genossenschaftliche Handel wird von den Handelsbetrieben der Konsum- und der Gewerbegenossenschaft betrieben. Die Mittel der genossenschaftlichen Organisationen sind genossenschaftliches Eigentum der Genossenschaftsmitglieder. [Referent: Neben dem staatlichen Handel existiert der genossenschaftliche Handel. Worin unterscheidet sich dieser vom staatlichen? Das sind ehemalige Kleinhändler, die sich in Genossenschaften zusammengeschlossen haben und eine Händlergenossenschaft bilden. Die Mittel der genossenschaftlichen Organisationen sind genossenschaftliches Eigentum. Beispiel: Ich bringe meinen Tante-Emma-Laden in die Genossenschaft ein. Andere ebenfalls. Jetzt sind all diese Läden Gruppeneigentum. Früher war das mein Privateigentum, jetzt ist mein Eigentum Teil des Gruppeneigentums. Wir kaufen vom Staat oder den Genossenschaften Waren zu einem bestimmten Preis, den wir als Genossenschaft mit dem Staat/den Genossenschaften aushandeln. Natürlich haben wir im Hinterkopf – möglichst billig zu kaufen und möglichst teuer zu verkaufen. Damit wir als Gruppeneigentümer dieser Handelsgenossenschaft reicher werden. Das ist nach dem Lehrbuch Bestandteil des sozialistischen Handels.] Die genossenschaftlichen Handelsorganisationen erhalten vom Sowjetstaat große Kredite. Im Jahre 1953 umfasste der genossenschaftliche Handel 25,4 Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes.“ (S. 579) Ein Viertel des gesamten Einzelhandels läuft über diese Art des Handels. Und der Reichtum, der Anteil des Reichtums der an diesen geht, gehört nicht der Gesamtgesellschaft, sondern der Gruppe der Händler. Dazu gibt es noch den kollektivwirtschaftlichen Handel. „Der kollektivwirtschaftliche Handel ist eine Form des sowjetischen Einzelhandels, bei der die Kollektivwirtschaften und [Referent: jetzt aufmerken!] die Kollektivbauern als Verkäufer auftreten; sie verkaufen landwirtschaftliche Erzeugnisse an die Bevölkerung zu den Preisen, die sich auf dem Markt entsprechend dem Angebot und der Nachfrage bilden.“ (S. 580) Das ist rein kapitalistisch. Das ist Marktwirtschaft. Die Kollektivbauern realisieren auf dem Markt einen gewissen Teil der Produkte, die sie in Kollektivwirt­schaften aufgrund der geleisteten Arbeitseinheiten erhalten. „Der kollektivwirtschaftliche Handel wird vom Staat nicht unmittelbar geplant; der Staat gibt den Kollektivwirtschaften und den Kollektivbauern kein Plansoll hinsichtlich des Absatzes ihrer Produkte auf den kollektivwirtschaftlichen Märkten und setzt auch die Preise der von ihnen verkauften landwirtschaftlichen Waren nicht fest. Der kollektivwirtschaftliche Handel steht aber unter der ökonomischen Einwirkung des staatlichen und des genossenschaftlichen Handels. Die Erweiterung des Warenumsatzes und die Senkung der Einzelhandelspreise im staatlichen und genossenschaftlichen Handel führen auch auf dem kollektivwirt­schaftlichen Markt zu einer Senkung des Preisniveaus.“ (ebenda) Es sind zwar Marktgesetze, da aber der Staat sozusagen die Waren billiger verkauft, wird dieser rein kapitalistische Handel nicht dazu führen – das ist die Hoffnung – dass sie nicht überteuert verkauft werden. Fakt war, dass der staatliche und auch der genossenschaftliche Handel meistens nicht im Stande waren, den Bedarf zu decken, so dass der kollektivwirtschaftliche Handel zu den Preisen, die sie selbst bestimmt haben – und zwar nicht billig – Handel betrieben hat. „Auf den kollektivwirtschaftlichen Märkten macht sich in gewissen Grenzen das Wirken der Marktanarchie bemerkbar.“ (ebenda) Ja, das ist ganz normal. Das ist kapitalistischer Handel und da herrscht natürlich Marktanarchie. „Der kollektivwirtschaftliche Handel ist ein wichtiges Mittel zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktion und zur Versorgung der Städte und Industriesiedlungen mit Lebensmitteln, er liefert der Bevölkerung einen beträchtlichen Teil von Produkten wie Gemüse, Kartoffeln, Fleisch, Milchprodukte usw. Auf den kollektivwirtschaftlichen Handel entfielen im Jahre 1953 insgesamt 10,4 Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes und im Lebensmittelhandel rund 20 Prozent.“ (S. 580/581) Das heißt im Jahr 1953, als die KPdSU sagt, „in der Wirtschaft der UdSSR sind die Existenzbedingungen für solche Kategorien wie Handelskapital, Handelsprofit u.a. völlig verschwunden“ (S. 573), werden 20 Prozent des Einzelhandelsumsatzes im Lebensmittelhandel kapitalistisch „erwirtschaftet“, rein kapitalistisch. Marktwirtschaft. Privat- und Gruppeneigentümer verkaufen ihre Waren auf dem offenen Markt zu Marktpreisen und das im Bereich der Lebensmittel. Die wichtigste Aufgabe eines sozialistischen Staats ist die Deckung der Lebensnotwendigkeiten der Bevölkerung. 20 Prozent sind in der Hand der Privatkapitalisten und Gruppeneigentümer. Dazu kommen 25 Prozent des Gesamthandels, diese sind sowieso in der Hand der Gruppeneigentümer, der Genossenschaften. Insgesamt sind damit 45 Prozent des gesamten Handels in der Hand der Gruppeneigentümer und Privatkapitalis­ten. Der Rest ist in der Hand des Staats. So ist die Realität im Bereich des Handels. In der Landwirtschaft ist der Handel fest in der Hand der Kollektive und der Bauern. Und sich da hinzustellen und zu sagen, die Kategorien wie Handelskapital, Handelsprofit etc. gibt es bei uns nicht mehr, die haben wir abgeschafft, ist eine völlige Verkennung der Gefahr, die aus diesen o.g. Tatsachen nach wie vor besteht. Die tagtägliche Gefahr der Reproduktion kapitalistischer Verhältnisse. Aber im Grunde geht es nicht um eine Verkennung der Gefahr, sondern, wenn das so formuliert wird, um die Verteidigung der eigenen Klasseninteressen oder der Klasseninteressen einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe. Im Handel sind diese Gruppen die genossenschaftlichen und kollektivwirtschaftlichen Handelsbetriebe. Das ist im Bereich des Handels die Klassengrundlage der Restauration. In diesem Kapitel Warenumsatz im Sozialismus gibt es noch einen Punkt, auf den wir eingehen sollten. Das ist die Frage der Werbung. In der kapitalistischen Wirtschaft sind im Preis der Waren Werbekosten enthalten. Das ist ein nicht unerheblicher Teil. Es werden enorme Summen für Werbung ausgegeben. Die Werbeindustrie – ist zwar keine Industrie, wird aber so genannt – ist einer der größten Arbeitgeber, mit sehr kreativen Menschen, die teilweise auch hochbezahlt sind und dabei im Prinzip überhaupt keinen Wert schaffen. Dieser Anteil macht aber im Preis der Ware einen ziemlich hohen Anteil aus. Das ist für das sozialistische System völlig unnötig. Das einzige was im sozialistischen System notwendig ist, ist die Produktinformation, darüber woher kommt dieses Produkt, aus welchem Land, welche Inhaltsstoffe sind enthalten und durch welche Beschaffenheit und Qualität zeichnet es sich aus. Das ist das einzige, was der Konsument im Prinzip braucht, um sich zu orientieren. Interessant ist, dass es zu Beginn in den ehemals sozialistischen Ländern nicht in dem Maße wie in den kapitalistischen Ländern, aber nach und nach immer mehr Werbung gegeben hat. Und zwar darauf ausgerichtet, die Konsumenten zu animieren zu konsumieren und immer mehr zu konsumieren. Die „sozialistische Werbung“ war zwar formal qualitativ ziemlich schlecht, aber es gab Werbung. Das ist zum Beispiel eine Vergeudung des Volksreichtums. Das sollten wir – wenn das Proletariat an die Macht kommt – am nächsten Tag abschaffen. Natürlich mit Alternativen für die Werbeleute, die sonst erwerbslos sein würden. Werbung im Sozialismus macht keinen Sinn, es sollen nur Produktinformationen an die Werktätigen zur Verfügung gestellt werden. Es soll nicht allgemein zu mehr und mehr Konsum animiert werden. Die Leute sollen wirklich nur das konsumieren, was sie auch wollen. Das künstliche „Wecken von Bedürfnissen“ sollte es im Sozialismus nur in einem bestimmten Rahmen geben. In den ehemals sozialistischen Staaten war die Maxime: Je reicher die Gesellschaft wurde, je mehr Konsumgüter produziert und auf den Markt gebracht wurden, umso mehr wurde auf Werbung gesetzt. Davon profitierte natürlich der Genossenschaftshandel, die Händler wollten ja mehr verkaufen.

Diskussionen + Fragen + Antworten

Frage: Wir haben über die Motivation der ArbeiterInnen geredet, dass sie sich stärker im Betrieb einsetzen und Leitungsverantwortung übernehmen und dahingehend sollte Werbung gemacht werden. Zum Beispiel über die Fortbildungsmöglichkeiten für die Arbeiter­Innen.

Referent: Das ist keine Werbung. Im kapitalistischen Sinne ist die Werbung dazu da, die Menschen zum Konsumieren zu animieren. Eine bestimmte Ware sollen die Menschen mehr konsumieren. Der Sinn der Produktinformationen ist etwas anderes und Propaganda ist auch etwas anderes. Propaganda ist dazu da, die Menschen zu etwas gesellschaftlich Bedeutsamen, politisch zu bewegen. Werbung sollte von vorneherein versucht werden, abzuschaffen und verhindert werden, dass sie wieder aufkommt. Fakt ist, am Anfang gab es keine Werbung und je mehr Konsumgüter erzeugt worden sind, je mehr der Handel sich entwickelt hat, desto mehr gab es auch, allerdings schlechte, Werbung. Außenhandel: Von vorneherein war der Außenhandel in der Hand des sozialistischen Staats konzentriert. Das ist das einzig richtige, was die KPdSU gemacht hat. Der Außenhandel war ein Monopol und in der Verfügung des Staats. Gegen Ende der Sowjetunion, das heißt erst in den 1960er Jahren, ging dieses Staatsmonopol nach und nach ebenfalls flöten. Es gab dann z.B. Verträge von einzelnen Kollektivwirt­schaften und Konzernen direkt mit dem Ausland. Diese waren vom Staat zugelassen. Damit haben die Bürokraten das Außenhandelsmonopol aus der Hand gegeben. Bis in die 1960er Jahre war der Außenhandel Staatsmonopol und kein Betriebsleiter, kein Staats- und landwirtschaftlicher Betrieb, keine Genossenschaft konnte auf eigene Faust Außenhandel betreiben.

Beitrag: Ich habe gesehen, dass in Büchern von anderen Organisationen, die sich mit der Politischen Ökonomie beschäftigen, gestützt auf Stalin gesagt wird: „Warenproduktion in der Sowjetunion ist nicht gleich Warenproduktion im Kapitalismus“. Es wird hinterfragt, ob man das überhaupt Warenproduktion nennen kann. In dem Lehrbuch wird es aber so dargestellt, dass es auch in kleinem Maße Warenproduktion gibt.

Beitrag: Je reicher die Sowjetunion wurde, desto mehr Werbung wurde gemacht. Am Anfang war es so, dass Künstler, wie z.B. Majakowski auch Plakat-Werbung entworfen haben, zum Beispiel für Alphabetisierung und Lesen lernen oder für Schuhe, die man im Regen tragen kann, oder sogar für bestimmte Marken, wie z.B. Tabak-Reklame staatlicher oder genossenschaftlicher Betriebe. Das war eine Neuentwicklung und Orientierung auf der Kunstebene, die Bedürfnisse der Massen sollten in den Vordergrund gestellt werden. Die Bedeutung staatlicher Maßnahmen und die Produkte staatlicher Truste sollten bekannt gemacht werden. Zum Thema Handel: Da geht es um die Befriedigung der Bedürfnisse und die Frage ist, wer ermittelt die Bedürfnisse der Werktätigen. Was wird angeboten von den Staatsbetrieben und warum kaufen das die Leute oder aber auch nicht. Darüber schweigt sich das Lehrbuch aus.

Kapitel XXXVI: „Das Nationaleinkommen der sozialistischen Gesellschaft”

In diesem Kapitel ist einer der wichtigsten theoretischen Fehler – meiner Meinung nach – folgendes: Auf der Seite 587 wird erklärt „Das gesellschaftliche Gesamtprodukt ist im Sozialismus die Gesamtheit der materiellen Güter – der Produktionsmittel und der Konsumtionsmittel –, die in der Gesellschaft im Verlauf eines bestimmten Zeitabschnitts, beispielsweise innerhalb eines Jahres, erzeugt wurden. [Referent: Das heißt das Bruttoinlandsprodukt] Das gesellschaftliche Gesamtprodukt wird durch die Arbeit der Werktätigen in der materiellen Produktion, nämlich in der Industrie, in der Landwirtschaft, im Bauwesen und im Verkehrswesen, soweit es der Produktion dient, sowie durch die Arbeit des Handelspersonals geschaffen, soweit es Arbeiten verrichtet, die eine Fortsetzung des Produktionsprozesses in der Zirkulationssphäre darstellen (Lagerung, Endbearbeitung, Transport, Verpackung der Ware usw.) [Referent: Dort wird der Wert geschaffen. Das ist kapitalistisch und hat nichts mit Sozialismus zu tun. Im Kapitalismus wird auch der Wert in der Produktion geschaffen und in den Tätigkeiten, die die Weiterführung der Produktionssphäre sind. Alle anderen Arbeiten schaffen keinen Wert.] Außer den Werktätigen, die körperliche Arbeit verrichten, nehmen an der Schaffung der materiellen Güter auch die in den Zweigen der materiellen Produktion beschäftigten Werktätigen (Wissenschaftler, Ingenieure usw.) unmittelbar teil, die geistige Arbeit verrichten. Die nichtproduzierenden Zweige nehmen an der Schaffung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts nicht teil. Werktätige, die in der nichtproduzierenden Sphäre beschäftigt sind (staatliche Verwaltung, auf dem Gebiet der Kultur, soziale und medizinische Betreuung der Bevölkerung) erzeugen keine materiellen Güter. Aber die Arbeit der Werktätigen der nichtproduzierenden Zweige ist für die sozialistische Gesellschaft für die materielle Produktion notwendig, sie ist eine gesellschaftlich nützliche Arbeit.“ (S. 587) Das ist alles Marx. Dann wird geschlussfolgert: „Deshalb ist es von größter volkswirtschaftlicher Bedeutung, den Anteil der Arbeit der in der materiellen Produktion beschäftigten Werktätigen durch Verminderung des Anteils der Arbeit der in verschiedenen nichtproduzierenden Zweigen beschäftigten Werktätigen zu erhöhen.“ (S. 588) Also, je mehr sich der Sozialismus entwickelt, nehme die Anzahl der in der Produktion tätigen ArbeiterInnen, Werktätigen zu – auf Kosten der Werktätigen, die in nichtproduzierenden Zweigen arbeiten. Das soll sozialistische Politik sein. Das ist konträr zum Marxismus und gegen das Leben. Je mehr eine Gesellschaft sich ökonomisch entwickelt, werden – dadurch, dass die Arbeitsproduktivität durch neue Techniken immer mehr steigt – mehr Produkte geschaffen mit weniger ArbeiterInnen in den produzierenden Zweigen. Die Entwicklung heißt nicht, immer mehr produzierende ArbeiterInnen bedeutet Entwicklung, sondern immer mehr ArbeiterInnen und Werktätige werden in nicht produzierenden Zweigen, die das Leben sozusagen leichter machen, arbeiten – für alle. Das ist der normale Gang der Entwicklung. Es werden immer mehr Leute in den nicht produzierenden Zweigen arbeiten und zwar auf „Kosten“ der ArbeiterInnen und Werktätigen, die in der Produktion tätig sind. Jeder, der die Statistiken verfolgt, wird sehen, dass das auch so im Kapitalismus bereits läuft. Dieses Verständnis, dass die ArbeiterInnen in der Produktion immer zahlreicher und in der nicht produktiven Sphäre immer weniger werden, geht davon aus, dass die Technik sich nicht entwickelt und immer auf derselben Stelle stehen bleibt. Dann ist das natürlich so. Willst du die Produktion erweitern, muss es mehr ArbeiterInnen dort geben. Es wird davon ausgegangen, dass die Arbeitsproduktivität irgendwie stagniert. Dann ist diese Herangehensweise richtig. Alles andere ist falsch. Gemeint ist vielleicht – und das ist in dem nächsten Satz herauszulesen – dass sie die Tätigkeit in der Staatsbürokratie irgendwie reduzieren wollen. Den Staat kann man verkleinern, aber z.B. die Arbeit in den Schulen, Kindertagesstätten, Kulturbetrieben etc. wird immer größer und größer. Weil die Gesellschaft sich das auch erlauben kann. Weil die in der Produktion geschaffenen Werte auch mit sich bringen können, dass unheimlich viele Menschen außerhalb der Produktionssphäre ohne Wert zu schaffen, arbeiten und durch den Lohn, den sie bekommen, leben können. Wie das soweit kommt, ist mir völlig schleierhaft.

Einwurf: Sie reden hier von Schlamperei: „Aufgeblähte Personalbestände im staatlichen Verwaltungsapparat, überflüssiges Verwaltungspersonal in den Kollektivwirtschaften, hohe Zirkulationskosten“ (S. 588) Referent: Ja, das wollen sie abschaffen. Das muss auch abgeschafft werden. Aber nicht so: „... den Anteil der Arbeit der in der materiellen Produktion beschäftigten Werktätigen durch Verminderung des Anteils der Arbeit der in verschiedenen nichtproduzierenden Zweigen beschäftigten Werktätigen zu erhöhen.“ (S. 588) Du kannst sagen, wir wollen unnötige Bürokratie abschaffen. Das ist aber etwas anderes, als zu sagen, die in der Produktion tätigen ArbeiterInnen werden mehr, indem die anderen immer weniger werden. Die Theorie wird einfach völlig entstellt. Das, was sie hier sagen, hat mit Marx, Engels etc. nichts zu tun. Auch mit dem Leben hat es nichts zu tun. Die Zahlen hier besagen, dass im Laufe der Zeit, in der die Gesellschaften sich entwickelt, die Zahl der Leute, die in der Nichtproduktionssphäre tätig sind, zunimmt. Das ist ganz normal, weil die Arbeitsproduktivität bedingt durch die höchste, sich rasant weiter entwickelnde Technik etc. unheimlich zunimmt, da können wir im Sozialismus mit weniger ArbeiterInnen mehr schaffen etc. Das ist in den Statistiken enthalten. Tausende Wissenschaftler und Millionen von Parteimitgliedern und Abermillionen von ArbeiterInnen, die das gelesen haben, haben wahrscheinlich das gar nicht so verstanden, wie es da steht. Hier sind Tatsachen und Propaganda ineinander gemischt. Das Nationaleinkommen wächst im Sozialismus wesentlich schneller als im Kapitalismus, weil der Sozialismus von der Anarchie des Marktes und der Produktion befreit ist, etc. etc. Die Frage der öffentlichen Gaststätten und Speisebetriebe (Großküchen etc.) Auf Seite 579 wird diese Frage angesprochen: „Zum staatlichen und genossenschaftlichen Warenumsatz gehört auch der Umsatz der öffentlichen Gaststätten und Speisebetriebe, der Großküchen, Kantinen, Restaurants, Buffets usw., die ihre Erzeugnisse an die Bevölkerung verkaufen. Der weitere Ausbau der öffentlichen Speisebetriebe führt zu einer großen Einsparung an Arbeitszeit in der Volkswirtschaft; sie ersetzen die wenig produktive Arbeit im Haushalt durch die produktive vergesellschaftete Arbeit und tragen zu einer erheblichen Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung bei. Mit zunehmender Entwicklung der Gaststätten und Speisebetriebe werden Millionen im Haushalt beschäftigte Frauen für die Teilnahme an der sozialistischen Produktion und am gesellschaftlichen Leben frei. Die öffentlichen Speisebetriebe ermöglichen es, die Lebensmittel rationeller und wirtschaftlicher auszunutzen und die Ernährung auf wissenschaftlicher, hygienischer Grundlage aufzubauen.“ Die Frage der Versorgung der öffentlichen Speisebetriebe, Restaurants etc. und ihre Entwicklung ist eine sehr wichtige, zentrale Frage, für die Vergesellschaftung der Hausarbeit. Zwei, drei Grundpfeiler sind ausschlaggebend beim Vorantreiben der Vergesellschaftung der Hausarbeit und der Kindererziehung. Da in der Sowjetunion (und selbst heute noch in den „hoch­entwickelten“ imperialistischen Ländern) die Frauen diese „Schwerarbeit“ in der Hauptsache geleistet haben, war die Vergesellschaftung der Hausarbeit und Kinderbetreuung die Grundvoraussetzung für die Teilnahme der Frauen am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben. Das sind erst mal die Schaffung von Krippen, Kindergärten und Schulen. Dann die gesamte Hausarbeit. Die Kochen/Küchen-Tätigkeit – konnte durch die Entwicklung von öffentlichen Speisehallen, Kantinen und Gaststätten etc. erleichtert werden. Wäsche waschen, bügeln etc. – das konnte durch Großwäschereien gelöst werden (incl. bügeln, wenn die Wäsche unbedingt gebügelt werden muss). Die Reinigung der Wohnung. Das wurde auch als Arbeit begriffen und teilweise wurden Stoßtrupps gebildet, die diese Aufgabe gesellschaftlich machten. Schon immer haben die Bourgeoisie und Klein­bourgeoisie, Leute, die dafür Geld haben, diese Hausarbeit nicht selbst verrichtet. Sie bezahlen Werktätige, die für sie das machen. Das kann natürlich im Sozialismus für alle gesellschaftlich organisiert werden. Das ist für die Befreiung der Frau eine enorme Entwicklung. Das muss im Prinzip ein sozialistischer Staat tatsächlich anpacken und die Hausarbeit für die Frauen auf null reduzieren. Das ganze kann man gesellschaftlich machen. Das haben die KommunistInnen in der Sowjetunion auch angepackt. Allerdings unter sehr schwierigen Bedingungen. Zuerst aus der Not heraus. Da wenig Wohnraum vorhanden war, bildeten sich viele Kommunen. Die Menschen haben zusammen in einem Haus – das früher der Bourgeoisie gehörte – mit 20 Parteien gelebt. Dort gab es eine Gemeinschaftsküche. Die Arbeit wurde so aufgeteilt, dass jeder seine Aufgabe hatte. Die ehemaligen Restaurant-, Buffetbesitzer haben Kollektive gebildet und größere Versorgungs-Einheiten geschaffen. Dort konnten die Menschen ziemlich billig essen. Der Privatkauf, für den Einzelnen zum Kochen ist im Prinzip viel teurer, als wenn das gesellschaftlich organisiert wird. Das wurde auch als bewusste Politik durchgeführt. Irgendwann wurde aber damit aufgehört. Und zwar mit der Begründung: je reicher wir werden, desto weniger brauchen wir diese Vergesellschaftung. Die Begründung war völlig falsch. Je reicher wir werden, desto individueller leben wir. Das ist im Prinzip die theoretische Begründung des Revisionismus in dieser Frage. Schlussfolgerungen: Im Lehrbuch wird ganz klar gesagt. Es gibt einen Markt in der Sowjetunion, auf dem herrschen Marktgesetze. Mit dem was die KPdSU am Anfang sich zum Ziel gesetzt hat, steht dies völlig im Widerspruch. Das sehen die Verfasser aber nicht – oder wollen es nicht sehen. Seite 580 wird ausgeführt: „Der staatliche und der genossenschaftliche Handel bilden den organisierten Markt, der vom sozialistischen Staat unmittelbar geplant wird. Der organisierte Markt nimmt im Warenumsatz der UdSSR die beherrschende, bestimmende Stellung ein. Neben dem organisierten Markt gibt es im Warenumsatz der UdSSR den nichtorganisierten Markt in Form des kollektivwirtschaftlichen Handels.“ Das ist die Tatsachenfeststellung. Der nichtorganisierte Markt heißt nichts anderes als der kapitalistische Markt, in dem Marktgesetze herrschen. Wenn man das aber sagt, dann müsste man doch irgendwie auch bemerken, dass aus diesem nichtorganisierten Markt, wo die Marktgesetze herrschen, durchaus Handelskapital entstehen kann. Und nicht sagen, dafür ist die Grundlage abgeschafft. Wenn sie aber das sagen, obwohl sie das wissen, bedeutet das, sie vertreten die Interessen der Menschen, die Handel treiben auf dem kapitalistischen Markt. Meine Kritik an dem Kapitel geht nicht dahin, dass sie Privathandel zugelassen haben und dass es Privatproduktion gegeben hat. Meine Kritik geht dahin, dass sie die Gefahren, die darin liegen, einfach nicht sehen, nicht benennen, sondern einfach Schönfärberei betreiben; alles ist toll und das ist sozialistisch. Das ist die Kritik. Es ist natürlich so, wenn du an die Macht kommst und deine Handelsorganisation nicht so schaffen kannst, dass du die Bevölkerung mit den notwendigen Lebensmitteln etc. versorgen kannst, wenn du es noch nicht geschafft hast, wirst du – ja – auch Privathandel zulassen müssen, damit die Menschen an die Sachen herankommen. Dann musst du das aber auch so benennen. Leute, wir haben es noch nicht geschafft, das ist eine vorübergehende Maßnahme. Und nicht behaupten, 20 Prozent des Einzelhandels im Lebensmittelbereich wird privat versorgt und das ist sozialistisch. Das ist die Kritik, die ich habe und nicht, dass es so ist, sondern wie es dann propagiert und welches Bewusstsein damit bei den Menschen geschaffen wurde. Ich denke nicht, dass sie ohne diesen Privathandel etc. viel schlechter dagestanden wären, was die Befriedigung der Bedürfnisse der Bevölkerung betrifft. Auch in Deutschland wird das Proletariat, wenn es morgen an die Macht kommt, den Privathandel nicht von heute auf morgen und auch auf 10, 20 Jahre gesehen, nicht völlig abschaffen können. Das Problem ist, zu sehen, dass er eine Gefahr in sich birgt und dass er nicht sozialistisch ist. Das Ziel muss genannt und gesetzt werden: Im Laufe der Zeit muss der Privathandel komplett abgeschafft werden und der ganze Handel zentral geplant und zentral realisiert werden.

Diskussionen + Fragen + Antworten

Beitrag: Wir fordern im Kapitalismus Entlohnung der Hausarbeit. Aber die Frage ist doch, ob im Sozialismus das auch die Frauen machen? Sollen sie wieder für diese Arbeit zuständig sein und nur dafür entlohnt werden? Referent: Zur Frage Entlohnung der Hausarbeit, das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Hausarbeit Arbeit ist. Dieses Bewusstsein herrscht bis heute in der kapitalistischen, patriarchalen Welt nicht. Wir könnten diese Arbeit insofern mit der Müllabfuhr-Arbeit etc. vergleichen. Müllabfuhr ist eine schlecht bezahlte und gesellschaftlich nicht positiv besetzte Arbeit. Bei der Hausarbeit heißt es: Hausarbeit ist keine Arbeit, das ist etwas ganz natürliches, etc. Das ist das Hauptproblem. Die Lösung des Problems kann nur die Vergesellschaftung der Hausarbeit sein. Die Hausarbeit zu vergesellschaften heißt nicht, dass wenn ich z.B. morgens aufstehe, mir keinen Kaffee mache, weil gerade die Kaffee-Koch-Truppe nicht da ist. Es gibt natürlich Sachen, die der Mensch für sich selbst macht. Das ist nicht Dienst an der Gesellschaft. Es gibt aber viele Bereiche der Hausarbeit, die tatsächlich für die Reproduktion unbedingt notwendig sind, so dass wenn sie nicht gemacht werden, die Reproduktion nicht stattfindet – z.B. Essen. Eine Umgebung, in der man sich wohl fühlt, gehört dazu. Auch die kapitalistische Produktionsweise versucht den ArbeiterInnen immer zu suggerieren, das ist eure Arbeit etc. und sie sind dann produktiver, wenn sie sich wohler fühlen. Das ist natürlich eine sehr lange Diskussion. Aber selbstverständlich gibt es Bereiche des Lebens der Werktätigen, die auch persönlich, privat, nicht gesellschaftlich sind. Wenn wir sagen, die Hausarbeit wird vergesellschaftet, soll dies nicht so verstanden werden, kein Mensch macht zu Hause irgendetwas für sich sondern alles wird von anderen Menschen erledigt. Die wichtigsten Sachen, die für die Reproduktion der Arbeit notwendig sind, sind gesellschaftlich zu erledigen. Die kapitalistische Gesellschaft sagt, die Arbeit, die zu Hause gemacht wird – egal von Frau oder Mann – ist keine Arbeit. Wir sagen, das ist Arbeit. Gesellschaftlich notwendige Arbeit. Wie jede gesellschaftlich notwendige Arbeit muss diese bezahlt werden. Sie wird ja auch bezahlt – aber verdeckt. Die/derjenige, die/der die Hausarbeit macht, lebt ja von irgendwas. Woher kommt das Geld, von dem sie/er lebt? In dem Lohn ist das enthalten – aber verdeckt. Wir wollen, dass dieser verdeckte Anteil öffentlich gemacht wird und gesagt wird: das ist Arbeit. Das wird bezahlt – egal, ob diese von Frau oder Mann geleistet wird. Wir sagen nicht „Hausfrauentätigkeit“ wird bezahlt, sondern „Haus­arbeit“ wird entlohnt. Damit ist gesellschaftlich akzeptiert, dass Hausarbeit Arbeit ist, genauso wie die Müllabfuhr. Fakt ist, dass in der heutigen Welt Hausarbeit in der Hauptsache von Frauen getätigt wird und darum im Kern eine Frage der Unterdrückung der Frau ist. Veränderungen vollziehen sich in den imperialistischen Ländern, wenn man/frau das Problem allerdings im Weltmaßstab oder aber auch in jedem einzelnen imperialistischen Land nimmt, wird die Hausarbeit in der Hauptsache von Frauen gemacht. Da sagen wir, wir sind für Lohn für Hausarbeit, wir sind – solange die Aufteilung der Hausarbeit durch Mann und Frau nicht durchgesetzt ist – für die Aufteilung der Arbeit zwischen Mann und Frau. Die wirkliche Lösung ist die Vergesellschaftung.

Frage: Waren die Mitglieder der Genossenschaften Parteimitglieder? Antwort: Ja, natürlich waren in den oberen Ebenen der Genossenschaften fast alle Parteimitglieder. 15% der Bevölkerung war in den Genossenschaften organisiert. 10% (circa 8 Mio.) der über 18 jährigen Erwachsenen der Gesamtbevölkerung 1956 waren Parteimitglieder.

Beitrag: Dass Hausarbeit vornehmlich von Frauen geleistet werden soll, ist nicht logisch sondern patriarchale Konstruktion. Wir müssen dafür sorgen, dass die doppelte Ausbeutung der werktätigen Frauen ein Ende hat. Auf dem Weg zur kompletten Vergesellschaftung ist es richtig, schon heute die Aufteilung der Hausarbeit zu fordern und vor allem auch selbst zu praktizieren. Ich verstehe auch nicht, wie Hausarbeit Frauenarbeit sein soll. Wir müssen unbedingt die Frauen entlasten, z.B. es wird gesagt, das wird abwechselnd gemacht und dann die Hausarbeit kollektivieren. Das ist wie ein Prinzip.

Beitrag: „die wenig produktive Hausarbeit durch produktivere ersetzt“ S. 579 Hausarbeit ist keine produktive Arbeit. Da ist ein Fehler.

Beitrag: Das Lehrbuch ist in den 1950er Jahren geschrieben. Die Hausarbeit ist die Reproduktionsarbeit. Gesellschaftliche Arbeit sollte in keinem Fall einem Geschlecht zugesprochen werden. Das ist ja heute im 21. Jahrhundert auch noch so, dass Frauen zur Hausarbeit verdammt sind. Wir müssen bewusst mit Begriffen umgehen. Es gibt produktive Arbeit im Haushalt, da widerspreche ich dem vorangegangenen Beitrag. Kochen ist produktiv. Ich füge dem Lebensmittel einen Wert zu, indem ich Arbeit reinstecke.

Beitrag: Da kam etwas falsch herüber, was der Referent erzählt hat. Das Buch wurde 1954 veröffentlicht. Direkt nach der Revolution war das anders. Die KPdSU hat propagiert, die Hausarbeit muss vergesellschaftet werden, alles Kochen, Waschen und Putzen etc. und Kindererziehung. Was das Tempo anging, da haben sie sich verschätzt. Auch das patriarchale Bewusstsein der Männer wurde unterschätzt. Dann wurde propagiert, Frauen in die Produktion, aber die Hausarbeit war noch nicht vergesellschaftet. Und dann kam die Frage, wer macht die Hausarbeit? Und da war einer der Fehler, dass keine breit angelegten politischen, ideologischen Kampagnen zu dieser Frage entwickelt wurden. Spätestens Anfang der 1930er Jahre hätten sie eine Kampagne zur Vergesellschaftung der Hausarbeit und der Kindererziehung machen müssen. Sie hätten Delegierten-Versammlungen dazu machen sollen, so wie bei anderen Themen, wie zum Beispiel in Teilbereichen wie der Entwicklung der Ernährung und Psychologie, da waren WissenschaftlerInnen führend in der SU. Man muss aber auch sehen, wo kam die Sowjetunion her. Das war ein total feudales Land. Frauen wurden geprügelt, durften nicht arbeiten, und wurden oftmals wie Sklavinnen gehalten. Es war ein immenser ungeheurer Erfolg, was sie sofort nach der Oktoberrevolution in dieser Frage, trotz sehr widriger Umstände in Gang gesetzt haben. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs haben sie eine kleinbürgerliche Ideologie befeuert und eine entsprechende Politik entwickelt: Zurück zur kleinbürgerlichen Familie, jedem seine „schöne Küche“ mit möglichst umfangreicher Ausstattung. Das haben die Revisionisten natürlich fett durchgezogen: Frauen in die Produktion und in die Hausarbeit. Auf den Parteitagen nach dem 2. Weltkrieg ging alles zurück, Verständnis von gesellschaftlicher Erziehung, Stellenwert der Familie, all das wurde zur „Privatangelegenheit“. Entlohnung der Hausarbeit muss man heute fordern – solange die gesellschaftlichen Ressourcen nicht gegeben sind. Solange im Sozialismus diese Dienstleistung nicht vergesellschaftet ist, muss sie auch bezahlt werden.

Beitrag: Im Lehrbuch wird behauptet, es sei sozialistisch, wenn die Kleinbauern Preise festlegen dürfen, für z.B. bestimmte Kartoffelgrößen. Das ist aber kapitalistischer Handel.

Frage: Heute und damals war es so, dass vor allem die Frauen die Hausarbeit machen. Wenn das nun bezahlt wird, was soll das bringen? Die Frage ist doch, wie holen wir die Frauen da raus? Wie verteilen wir die Hausarbeit wirklich?

Beitrag: Es ist Fakt: im Kapitalismus sind nicht alle Frauen befreit von der Hausarbeit. Was soll man also machen, solange die Hausarbeit nicht als gesellschaftliche Arbeit anerkannt wird. Wir vertreten: das ist eine gesellschaftliche Arbeit. Wenn Familie dazu führt, der Mann geht arbeiten, die Frau macht die Reproduktion, dann muss die Hausarbeit bezahlt werden. Im Kapitalismus ist es unmöglich zu schaffen, die Frauen aus dem Haushalt heraus zu holen. Im Sozialismus war es am Anfang auch nicht möglich, alle Frauen in die Produktion oder Dienstleistung zu holen, solange der gesellschaftliche Reichtum nicht da ist. Die Frage, wie wir das organisieren, hängt von den jeweiligen Möglichkeiten ab. Wir fordern die Vergesellschaftung! Wie wir da hinkommen, das ist noch eine Frage.

Beitrag: Wir greifen von zwei Seiten dieses Thema auf: das ist Hausarbeit, die muss gemacht werden und wird heute von Frauen gemacht. Aber es ist gesellschaftlich wichtige Arbeit, und wie können wir die Frauen befreien? Im Kapitalismus geht es um den Wert. Wenn ich fordere, dass die Hausarbeit bezahlt wird, führe ich die Diskussion auf eine materialistische Ebene. Die zweite Ebene ist, ich muss Propaganda machen, dass die Hausarbeit vergesellschaftet wird.

Beitrag: Die Frage ist, geht es um Pflege oder Kinder oder ich mach mir einen Kaffee: da muss man differenzieren.

Beitrag: Die Gleichberechtigung von Frau und Mann ist eine demokratische Frage. Das kann der Kapitalismus lösen. Z.B in Frankreich ist es nicht so, dass die Frauen zu 90% die Erziehungsarbeit machen, weil die gesellschaftliche Erziehung durch Krippen und Kindergärten viel größeren Raum hat. Deutschland ist da viel rückständiger. In Dänemark z.B. müssen Männer und Frauen Kinderurlaub nehmen. Das ist nicht so wie in Deutschland, dass man wählen kann. Was machen wir also im Kapitalismus? Da können wir natürlich die Vergesellschaftung der Hausarbeit fordern. In der BRD könnte man die Vergesellschaftung innerhalb von zehn Jahren durchziehen.