Frauenbefreiung und Oktoberrevolution:

„Das Huhn ist ein Vogel – die Frau ist ein Mensch“

1917 – Bürgerlich-demokratische Februarrevolution Oktober 1917 – sozialistische Revolution in Russland; 1918 – Auflodern des Bürgerkriegs und Intervention der imperialistischen Mächte in Sowjetrussland, um die Macht des Proletariats zu ersticken. 1921/1922 muss die Kommunistische Partei die Neue Ökonomische Politik durchführen, das heißt eine begrenzte Zulassung des Kapitalismus, da die Wirtschaft komplett am Boden liegt. Nur so kann sie Zeit gewinnen, um zur Kollektivierung der Landwirtschaft und zur sozialistischen Industrialisierung überzugehen. Die Gefahr eines gegen das Land des Sozialismus gerichteten neuen Weltkriegs zog bereits Mitte der 1930er Jahre am Horizont auf. 1941 begann Nazi-Deutschland mit dem Einmarsch seiner faschistischen Wehrmacht seinen Angriffs- und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. Nach dem Sieg über den Nazi-Faschismus, der riesige Opfer kostete, wurde der Aufbau des Sozialismus in den 1950er Jahren gekippt durch die massive Entwicklung einer neuen Bourgeoise in Partei- und Staatsapparat. Der Chruschtschow-Revisionismus tritt seine Macht an. Historisch war die Errichtung der Diktatur des Proletariats und der Aufbau der sozialistischen Gesellschaft in der Sowjetunion eine kurze Periode in der Weltgeschichte. Aber eine von fundamentaler Bedeutung für alle Ausgebeuteten und Unterdrückten, für die marxistisch-leninistische Weltbewegung. Ungeheure Erfahrungen und beeindruckende Erfolge in der Sowjetunion, aber auch schwere Niederlagen und entscheidende Fehler der KommunistInnen stehen in diesem 100. Gedenkjahr zu Diskussion. Wir wollen lernen, lernen um es im zweiten Anlauf besser zu machen! Wir beginnen in dieser ersten Nummer der Trotz alledem! im 100. Gedenkjahr mit einem Artikel zu dem Schwerpunkt „Frauenbefreiung im Sowjetland“.

Erster Tag der Revolution –
Februar 1917:
Internationaler Frauentag

Die sozialistische Oktoberrevolution in Russland ist das Finale der revolutionären Stürme des Jahres 1917. Im kriegsgeschüttelten Zarenreich herrschten Hunger, Elend und bitterste Not. ArbeiterInnen, Bauern und Bäuerinnen bäumten sich immer wieder gegen die ausweglose Lage auf. Die Februar-Ereignisse 1917 in Petrograd, der Hauptstadt im russischen Reich, verwandeln die Funken zu einem Steppenbrand. Die ArbeiterInnen der Putilow-Werke treten am 18. Februar (3. März) in den Streik. Das Komitee der Bolschewiki ruft die werktätigen Frauen auf: „Mit seiner ganzen Schwere lastet der Krieg auf den Schultern der Arbeiterklasse. Am schwersten habt es aber ihr, Arbeiterinnen. Ihr ersetzt in den Fabriken und Werken eure Männer und Brüder. Man gibt euch jedoch für eure Arbeit nur ein Drittel ihres Lohnes. Ihr könnt eure Kinder nicht ernähren und nicht kleiden. Genossinnen helft der Sache der Arbeiter, schließt euch dem gemeinsamen Kampf an, organisiert euch in den Reihen unserer Partei, laßt euren Ruf überall hören. Der 23. Februar (8. März) ist euer Tag, Genossinnen, Arbeiter­innen!“ Zehntausende Arbeiterinnen sammeln sich zu militanten Frauentag-Manifestationen am
8. März:
„Die Frauen waren in fester Kampfstimmung, nicht nur die Arbeiterinnen, sondern auch die Frauenmassen, die für Brot und Petroleum Schlange gestanden hatten. Sie veranstalteten Meetings, sie beherrschten die Straße. Marschierten in die Richtung der Staatsduma und forderten Brot; sie ließen die Straßenbahn halten. ‚Genossen heraus‘ hörte man energische Stimmen rufen. Sie gingen in die Fabriken und Werke und holten die Arbeiter heraus. … Anscheinend begann die Bewegung auf dem Bolschoj-Prospekt vor der Bäckerei Filippow, wo die Frauen, die sich schon lange angestellt hatten, den Laden zertrümmerten und dann in großen Massen zur Bäckerei Pekar auf der Kaaennoostrowski-Straße zogen.“
Die aufgebrachten Frauenmassen machen ihren Frauentag zum Tag einer allgemeinen Streikaktion in der ganzen Stadt. Alle Räder stehen still. An diesem Tag, so Alexandra Kollontai: „trat das Frauenproletariat, besonders die Textilarbeiterinnen in Petersburg, auf die historische Bühne und artikulierte den wachsenden Mißmut der arbeitenden Klassen. Dieser Aufstand war das Startsignal für die grosse russische Revolution.“
Eine machtvolle politische Kampfansage gegen die Zarenherrschaft bricht sich Bahn. Bislang lokale Streiks und Demonstrationen schlagen in einen landesweiten Widerstand um. Die revolutionäre Lawine rollt, weitet sich auf die großen Städte und auf die ländlichen Gebiete aus. Entscheidende Truppenteile der zaristischen Armee wechseln die Seite und verbrüdern sich mit den Aufständischen. In den ersten Revolutionstagen entstehen die Sowjets, breite Basis-Massenorganisationen der ArbeiterInnen und Soldaten. Der Zar dankt ab. Die bürgerlich-demokratische Februarrevolution siegt.
Aber noch sind das revolutionäre Proletariat und seine Partei, die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russland (Bolschewiki) – SDAPR(B) 1 nicht stark genug, um die Machtfrage zustellen. Bürgertum und verbürgerlichte Gutsbesitzer sehen ihre Chance gekommen und rufen mittels der Reichsduma eine neue Regierung aus. Die Zeit der Doppelherrschaft beginnt. Die Arbeiter- und Bauerndeputierten der Sowjets stützen sich auf ihre Machtzentren im Volk und organisieren sich. Die Kerenski-Regierung lässt das Volk weiter hungern und führt den blutigen, imperialistischen Krieg fort.
Bolschewiki-Genossinnen wie Alexandra Kollontai, Nadeshda Krupskaja, Alexandra Artjuchina, Inès Armand, Ludmila Stal und viele viele mehr stürzen sich in die Organisierung der proletarischen Frauen­massen. Der einmonatige Streik von 5 000 Groß-Wäscherei-Arbeiterinnen in Petrograd im Mai ist erfolgreich und politische Kampfansage an die Kriegspolitik. Konferenzen der aktiven Parteikämpferinnen wechseln sich ab mit Arbeiterinnen-Gewerkschaftstagungen und politischen Frauenmeetings. Immer mehr werktätige Frauen organisieren sich durch die gezielte Agitation, Aufklärung und Mobilisierung der kommunistischen Frauenagitatorinnen auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Im Herbst, noch vor dem Sturm der Revolution wird in der SDAPR(B) ein Büro zur Arbeit unter den Frauen gebildet.

Oktoberrevolution:
Geballte Kraft des weiblichen Proletariats

In den 10 Tagen, die die Welt erschüttern, in der Oktoberrevolution nehmen Frauenmilizen waghalsig am bewaffneten Aufstand teil. Eine Weltenwende für Frauen und Arbeiterinnen im proletarischen Russland nimmt ihren Lauf. Der Ausbeutung der Arbeiterinnen wird ein Ende gesetzt. Das feudale Patriarchat wird auf den Kopf gestellt. Leitmotiv der politischen Arbeit der Bolschewiki ist „Ohne Millionen Frauen mit uns können wir nicht die proletarische Diktatur ausüben, können wir nicht kommunistisch aufbauen. Wir müssen den Weg zu ihnen suchen, müssen studieren, probieren um ihn zu finden“. 
Sofort nach der Übernahme der Staatsmacht durch die Sowjets und die kommunistische Partei setzt das Zerreißen der alten feudalen Fesseln ein, die das Leben der Frau im zaristischen Russland unerträglich einschnürten. In den Wirren des noch anhaltenden Kriegs, in Zeiten des beginnenden Bürgerkriegs Anfang 1918, in einem von Hunger und Not weithin gezeichneten Land werden alle Gesetze der über Jahrhunderte festgeschriebenen Unterdrückung und Ungleichheit von Frauen für null und nichtig erklärt. Die Ziele der Parteiprogramme von 1903, „Abschaffung der Stände und volle Gleichberechtigung aller Bürger, unabhängig von Geschlecht, Religion, Rasse und Nationalität“ und 1919, „Nur weil die Sowjetmacht die Macht der Werktätigen ist, vermochte sie diese Gleichberechtigung zum erste Male in der Welt restlos und in allen Lebensbereichen bis zur vollständigen Beseitigung der Ungleichheit der Frau auf dem Gebiete des Eherechts und des Familienrechts überhaupt durchzuführen. Aufgabe der Partei im gegenwärtigen Zeitpunkt ist vorwiegend die ideologische und erzieherische Arbeit, um alle Spuren der früheren Ungleichheit oder Vorurteile, besonders unter den rückständigen Schichten des Proletariats und der Bauernschaft, vollständig zu vernichten. Die Partei, die sich nicht auf eine formelle Gleichberechtigung der Frauen beschränkt, strebt danach, diese von den materiellen Lasten der veralteten häuslichen Wirtschaftsführung dadurch zu befreien, daß sie Hauskommunen, öffentliche Speisehäuser, zentrale Waschanstalten, Kinderkrippen usw. an deren Stelle setzt.“ werden in neuen Gesetzen verankert. Sofort wird begonnen sie nach und nach in der Realität des aufzubauenden Sozialismus zu verwirklichen.

Frauen in der Produktion

Ein gewaltiger Schritt beim Anpacken der Befreiung der Frau war, ihr den Weg zu ebnen für die Teilnahme in der gesellschaftlichen Produktion: Weg vom Kochtopf, vom Wäsche waschen, vom einengenden, bürgerlichen Kleinhaushalt, von der zermürbenden Kleinarbeit für Mann, Kinder, Familie. „Ohne die Eingliederung der Frau in die große soziale Wirtschaft ist ihre Befreiung von der Herrschaft des Mannes unmöglich. Das Recht des Weibes auf Liebe und Mutterschaft darf es nicht in wirtschaftliche Abhängigkeit vom Mann bringen”.
In die Erwerbsarbeit waren die Frauen der arbeitenden Klassen vor der Revolution nur minimal einbezogen. Die große Mehrheit der Frauen schuftete als unbezahlte Familienarbeitskraft auf den Ländereien der Großgrundbesitzer und auf den Bauernhöfen. Nur 2,3 Mio. (ca. sechs Prozent) aller Frauen waren als Arbeiterinnen und Angestellte in der Wirtschaft (ohne Landwirtschaft) beschäftigt. Zwanzig Jahre später, 1937, waren es durch die bewusste, sozialistische Politik der Öffnung aller Berufe und aller Tätigkeiten bereits 9,4 Mio. Frauen. Das machte 35,4 Prozent der Gesamtzahl aller ArbeiterInnen und Angestellten aus.
Vor der Revolution war nicht nur der Anteil der arbeitenden Frauen extrem niedrig, sondern sie waren zusätzlich noch auf die unqualifiziertesten, „typisch weiblichen“, unterbezahltesten Berufe eingeschränkt. Nach der Volkszählung 1897 arbeiteten 55 Prozent der in Lohnarbeit beschäftigten Frauen als Hausangestellte, Dienstmagd, Tagelöhnerin, 25 Prozent waren Landarbeiterinnen und nur 13 Prozent im Sektor Industrie/Bauwesen tätig, sieben Prozent in anderen Bereichen (Gesundheitssektor, etc.). Eine gezielte Politik, durch Quotenregelungen 30 Prozent der Ausbildungsplätze mit Frauen zu besetzen, durch eine offensive Agitation gegen reaktionär-männerchauvinistische Vorurteile, die Frauen auf geschlechtsspezifische Tätigkeiten festlegen wollten, gelang ein völliger Umschwung. Bereits 1937 liegt der Anteil von Frauen im Sektor Industrie/Bauwesen bei 39 Prozent, im Bildungs-Gesundheitssektor 20 Prozent, Frauen-Beschäftigung in Haushalten ging gegen Null.
Im Vergleich Zahlen aus der Sowjetunion für 1936 und entsprechende aus den damals führenden imperialistischen Ländern: Im Bausektor arbeiteten in der Sowjetunion 19,7 Prozent Frauen – in Italien 0,5 Prozent und in Deutschland 2,9 Prozent Frauen. In der Metallindustrie lag der Prozentsatz bei 3,0 in den USA und 5,4 Prozent in England, hingegen in der Sowjetunion sind es zum gleichen Zeitpunkt 24,6 Prozent.
In den dreißiger Jahren waren die sowjetischen Frauen in vielen Berufssparten zu einem Drittel, bzw. in etlichen auch bis zur Hälfte vertreten. Ebenso in wissenschaftlichen Berufen, wie z.B. als Ärztinnen eroberten sie sich ihren Platz. Die erste Schiffsbauingenieurin der Welt war Sofia Grinstein, Entwicklerin der ersten vier sowjetischen Motorschiffe.
Die werktätigen Frauen der sozialistischen Sowjetunion bewiesen in der Praxis, alle bürgerlichen Vorurteile gegen die Fähigkeiten und Begabungen der Frauen sind nichts als männerchauvinistische Hirngespinste.
Gleichfalls mit der Revolution wurde das „Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ proklamiert. Hier klafften Anspruch und Wirklichkeit in den Anfangsjahren noch weit auseinander. Es war eine der Hauptaufgaben vor allem der Sowjetgewerkschaften, in der Praxis dafür zu kämpfen. So waren bereits 1926 die Löhne der Textilarbeiterinnen, die vor der Revolution ein Drittel der Metallarbeiterlöhne ausmachten auf zwei Drittel angestiegen.
Gleichzeitig mit der Heranziehung der Frauen in die Produktion wurde ein besonderer Arbeitsschutz für sie festgelegt. Insbesondere galt es, die Frau als werdende Mutter in der Produktion vor gesundheitsschädlicher Arbeit zu schützen. Körperlich arbeitende Frauen erhielten zwei Monate vor und zwei Monate nach der Geburt Schwangerschafts- und Mutterschaftsurlaub mit einer Lohnfortzahlung. Nicht mal in der BRD ist das heute, 100 Jahre später(!), geschafft. Diesen „Luxus” leistete sich eines der ökonomisch rückständigsten Länder Europas, dessen Wirtschaft am Boden lag, gleich nach der Revolution. Nachtarbeit wie Überstundenarbeit waren für schwangere Frauen verboten. Es gab alle 3,5 Stunden für Mütter Stillpausen und Gelegenheiten dazu in den Fabrikkrippen.
Auch die Arbeits- und Lebensbedingungen der Bäuerinnen, die Mehrheit der Frauen der Sowjetunion, begannen sich nach der Revolution grundlegend zu verändern. Die Frau erhielt gleichberechtigt mit dem Mann einen Anteil am Boden und erlangte somit ihre ökonomische Unabhängigkeit. Mit der Kollektivierung wurde die „Familienarbeit“, die die Frau unentgeltlich Tag und Nacht leistete, zu einer gesellschaftlich anerkannten und entlohnten Tätigkeit. Frauen wurden gleichberechtigt wie die Männer an technischen Schulen und Universitäten qualifiziert. Ja, es war kein geradliniger und einfacher Weg, aber die sowjetischen Frauen, die Kommunistische Partei und die Sowjetorgane leisteten Ungeheuerliches. Ende der 1940er und Anfang der 1950er Jahre waren die Frauen zu 70-80 Prozent in der gesellschaftlichen Produktion tätig.

Frauen erkämpfen ihren Platz in der Politik

Von Anbeginn setzten die Vorkämpferinnen für die Rechte der unterdrückten Frauen Marksteine für eine spezifische Politik der Kommunistischen Partei in der Frauenfrage. Das betraf nicht allein die Politik der Kommunistischen Partei Russlands sondern der revolutionären, kommunistischen Parteien aller Länder, die 1918 die Kommunistische Internationale (KI) gründeten. Die KI legte in ihren Richtlinien fest, dass die Kommunistischen Parteien besondere Organe zur Arbeit unter den werktätigen Frauen und zur Aktivierung und Organisierung der Parteigenossinnen bilden sollten.
In der Sowjetunion waren das die Shenotdjels. Entgegen allen Verdrehungen von einigen feministischen Theoretikerinnen waren die Shenotdjels nicht völlig unabhängige und selbständige Organisationen von Frauen. Sie waren eine Form der Massenorganisierung von werktätigen Frauen, von Kommunistinnen und der kommunistischen Partei geleitet.
Das bedeutet natürlich nicht, dass die Shenotdjels eine Art Befehlsempfänger der KP waren; sondern sie hatten in ihrem Arbeitsbereich weitgehende Entscheidungsfreiheit und Initiative. Aber sie waren eingebunden in die Umsetzung der landesweiten Politik zur Befreiung der Frauen. Die Arbeit der Shenotdjels war vielfältig und weit gefächert. Sie war historisch unbestreitbar, die gewaltigste politische Bewegung, die die Befreiung der unterdrückten Frauen in Gang setzte. Auf ihrer Fahne stand eines der grundlegenden Prinzipien der Revolution: Befreiung der Frauen von Unterdrückung und Patriarchat.
Die Shenotdjels verfolgten die aktive Beteiligung der werktätigen Frauen an allen politischen Aufgaben. So hatten die Shenotdjels Abteilungen in Gewerkschaften, Sowjets, Volkskommissariaten, Fabriken, gesellschaftlichen Einrichtungen, die sich in alle Fragen einmischten, die die Frauen spezifisch betrafen. Sie mussten grundsätzlich in allen Frauenbelangen gefragt werden, befähigten zudem aber auch in dieser Arbeit die jeweiligen Frauen, die gesamte Arbeit in den jeweiligen Organen zu bewältigen.
Zur Aktivierung der Frauen um die Arbeit der Betriebe, der Gewerkschaften, der Sowjets, der Massenorganisationen, die die Basis des Arbeiterstaates bildeten, in ihre Hände zu nehmen, wurden die Delegiertenversammlungen geschaffen. Hunderttausende Arbeiterinnen und Bäuerinnen packten durch das Delegiertensystem für eine bestimmte Zeit, drei bis sechs Monate, direkt und praktisch konkret in der Arbeit dieser gesellschaftlichen Organisationen mit an. Ein Ergebnis davon war das rasche Ansteigen des Frauenanteils in den Sowjets in den Städten und auf dem Land. 1936 wurden in die Stadtsowjets 32,1 Prozent Frauen und 26,4 Prozent in die Dorfsowjets gewählt. Das in einem Land, in dem sich erst seit 17 Jahren die Frauen überhaupt am politischen Leben beteiligen konnten. Unter dem Zarismus gab es keine politische Betätigung der Frau. Zur gleichen Zeit, 1936, hatten die Frauen Frankreichs, der Schweiz, Argentiniens etc. noch nicht einmal das bürgerliche Wahlrecht.
Anfang der 1930er Jahre wurden die Shenotdjels aufgelöst, da die Kommunistische Partei andere Formen der politischen Organisierung der Frauenarbeit für richtig hielt. Inwieweit das richtig war, können wir noch nicht abschließend einschätzen.
Aber auch nach deren Auflösung lief die Frauenarbeit der KPdSU(B) weiter, in Form von Arbeiterinnen/Frauen­konferenzen, Delegiertenversammlungen, Frauenabteilungen bei den Sowjets, Frauenkomitees in den Gewerkschaften. Es sei nur eines von vielen Beispielen genannt: In diesen Jahren wurde eine allsowjetische Frauenorganisation gegen den Faschismus gegründet. Nach wie vor existierte eine eigene Frauenpresse, Frauenrubriken in den Parteiorganen, wurden Bücher zu Fragen der werktätigen Frauen herausgegeben. In allen Massenorganisationen beteiligten sich prozentual linear steigend immer mehr Frauen und erstritten sich auch dort ihre Rechte. Die Kommunistische Partei der Sowjetunion hat in fast allen ihren Parteikongressen gesonderte Beschlüsse zur Frauenarbeit und zum jeweiligen aktuellen, politischen Schwergewicht darin gefasst. Sie hat immer wieder auf den Parteitagen den Stand der Befreiung der Frau selbstkritisch überprüft, aufgetretene Mängel benannt und Maßnahmen für ihre Überwindung getroffen. Aber wir denken, teilweise doch nicht radikal genug. Zum Beispiel war die Prozentzahl von weiblichen Parteimitgliedern verständlicherweise unter den Bedingungen des feudalen Zarismus 1917 nur 7,8 Prozent. Dass aber im Ergebnis proletarischer Politik 1952 nur 22 Prozent der Parteimitglieder Frauen waren, weist auf gravierende Mängel und Fehler hin.
Gerade wenn die Frauen in der Produktion nach und nach fast die Hälfte der Arbeitenden ausmachten, warum dann nicht auch in der politischen Arbeit? Mehr oder weniger jeder Parteitag der KPR, später der KPdSU(B) hat festgestellt, dass der Frauenanteil sowohl in der Partei viel zu gering sei. Mit derselben Stoßrichtung hat der 19. Parteitag 1952 festgestellt, dass 12,3 Prozent Frauen bei den Parteitagsdelegierten einfach zu wenige sind.
Aber es wurde keine umfassende, selbstkritische offene, gesellschaftliche Debatte über die „männliche Vormacht“ geführt, männerchauvinistische Einstellungen, Herablassung und Diskriminierung wurden als bloße Einzeler­scheinungen abgetan.
Die werktätigen Frauen und nicht nur die eine oder andere Alibifrau waren zusammen mit ihren Klassenbrüdern die Erbauerinnen des neuen Staates. Aber den ihnen gebührenden Platz hatten sie auch nach 40 Jahren weder in der Kommunistischen Partei noch in der Gesellschaft ausreichend erobert.
Und trotzdem waren die Umbrüche der politischen Befreiung der Frau durch die Oktoberrevolution weltbewegend. Bis heute. Die Frauen haben die politischen Aufgaben im Staat der Diktatur des Proletariats als ihre ureigenen angesehen, sie mit ihren Fähigkeiten, ihren Talenten bereichert und nach vorne getrieben.

Rolle der Frauen im sozialistischen gesellschaftlichen Leben

Die Oktoberrevolution musste auch – wollte sie die Frauenversklavung an den Wurzeln ausrotten – die Beziehungen zwischen Mann und Frau, die Geschlechterbeziehungen, den Umgang mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen und die Geschlechterfrage an sich von Grund auf revolutionieren.
Nun, auf rechtlichem Gebiet schaffte die neue Sowjetmacht sofort alle alten Gesetze des Zarismus, die die Despotie des Mannes über die Frau festschrieben, sowie Gesetze gegen die Verfolgung gleichgeschlechtlicher Beziehungen ab. Kein anderes Land der Welt hat die bürgerlich-demokratischen Rechte für die Frauen so konsequent verwirklicht wie die Sowjetmacht. Nur, das reichte nicht aus.
Die völlige Gleichberechtigung der Frau mit dem Mann auf juristischem Gebiet war in der Frauenbefreiung nur ein erster Schritt und wurde von der Kommunistischen Partei auch so aufgefasst.
Nach der Revolution nutzten die Frauen sofort das neue Scheidungsrecht und es kam zu unzähligen Scheidungen von gewaltsam gegen den Willen der Frauen geschlossenen feudalen Ehen.
Gemäß der Theorie des Marxismus waren die russischen Kommunistinnen überzeugt, dass die bürgerliche Familie und die Familie überhaupt sich auflösen werde, da die Kindererziehung vergesellschaftet und das Verhältnis der Geschlechter ein rein individuelles wird. Welche konkreten Formen im Sozialismus und später im Kommunismus die zwischenmenschlichen Beziehungen annehmen werden, darüber entstanden heftige Debatten und eine Vielzahl unterschiedlicher Konzepte. Sie wurden auch in der gesellschaftlichen Wirklichkeit gelebt, so zum Beispiel die Einrichtung von Frauenkommunen.
Der Staat sollte möglichst keine Funktion zur Regelung von Ehe und Familie übernehmen. In den zwanziger Jahren war die „de facto Ehe“ (das Zusammenleben mit einer bloßen Bescheinigung bei gleichen Rechten) anerkannt, und die Scheidung war nur noch ein bedeutungsloser formaler Akt. Allerdings führte das in der Praxis teils zu großen Problemen. ln der breiten Massendiskussion der Erfahrungen mit dem Ehe- und Scheidungsrecht stellte sich heraus, dass die neuen Freiheiten vor allem und fast ausschließlich den Männern zugute kamen. Da die Kindererziehung noch nicht vergesellschaftet war, war es traurige Realität, als hunderttausende von Frauen von Männern verlassen wurden und mit ihren Kindern sehen mussten, wo sie blieben. Das Bewusstsein der Männer war noch zäh mit der alten Vorstellung von der Frau als Sklavin, Sexualobjekt und Kindererzieherin, behaftet. Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre nahm die Zahl der Kinder, die auf der Straße lebten, wieder dramatisch zu. Von den sechs bis sieben Millionen Kindern waren viele weder Kriegs- noch Revolutionswaisen, sondern „Waisen“ aus gescheiterten Familienverhältnissen.
Aufgrund dieser Erfahrungen haben die Sowjets, die gesellschaftlichen Massenorganisationen die Konsequenz gezogen, doch stärker durch den Staat die Beziehungen zu reglementieren. Damit mussten sozusagen zwei Schritte zurück gemacht und gewisse Rechte wie das Scheidungsrecht wurden eingeschränkt.
Ähnlich verlief die Politik in der Vergesellschaftung der Hausarbeit, der Einrichtung von Großwäschereien, Reparaturwerkstätten, Putzkolonnen und der öffentlichen Verpflegung. Auch hier gingen die Bolschewiki davon aus, diese sehr schnell nach der Revolution umzusetzen. Es zeigte sich, auch hier waren weder die materiellen Voraussetzungen da noch die ideologische Erkenntnis bei den Männern aber auch bei vielen Frauen nicht vorhanden.
1936 wurden immerhin schon 35 Prozent der Bevölkerung in den öffentlichen Speisehäusern versorgt. Angesichts dieser Entwicklungen hätte unserer Meinung nach viel offensiver die Frage nach der gleichberechtigten Aufteilung der Hausarbeit und Kindererziehung zwischen Mann und Frau in besonderen Kampagnen gestellt werden müssen. Die ganz konkrete Anprangerung von Männern für deren frauenfeindliches Verhalten im gesellschaftlichen Rahmen, in der Fabrik, in der Kolchose, hätte durch die KP und die Sowjets forciert werden müssen. Das zu unterlassen, war ein schwerwiegender Fehler.
Ein weiterer Schritt in der Befreiung der Frau nach der Revolution war die 1918 festgelegte umgehende Legalisierung der Abtreibung. Sie erfolgte unter dem Vorbehalt, dass die Abtreibung kein Mittel der Verhütung sein solle sondern alles dafür getan werden muss, Verhütungsmittel zu entwickeln sowie die materiellen und sonstigen Bedingungen zu beseitigen, die Frauen zu Abtreibungen zwingen. 1924 wurde die Indikationslösung eingeführt, die insbesondere eine umfassende und hilfreiche Beratung durch eigens dafür ausgebildete, zuständige Frauen der Shenotdjels vorsah.
Das Abtreibungsverbot von 1936 begründete sich auf der Einschätzung, dass der Staat der Diktatur des Proletariats den Frauen alle Möglichkeiten garantiere, Kinder zu gebären und groß zu ziehen. Wir halten das Verbot aus verschiedenen Gründen für falsch. Angesichts der Tatsache, dass zum damaligen Zeitpunkt die Kindererziehung noch nicht vollständig vergesellschaftet war, das Wohnungsproblem noch nicht umfassend gelöst war, die Verhütungsmittel noch zu wenig produziert, sowie nicht voll wirksam waren, illegale Abtreibungen ab 1938 wieder zunahmen, hätte das gesetzliche Verbot, unserer Meinung nach, auf jeden Fall wieder zurückgezogen werden müssen.
Inwieweit es überhaupt richtig ist aus bevölkerungspolitischen Argumenten ein Abtreibungsverbot in einem sozialistischen Staat zu befürworten, ist eine weitere Diskussion. Auch das halten wir für falsch.
Es gibt noch viele Aspekte der Befreiung der Frau, auf die einzugehen wichtig wäre, so die Haltung zur Prostitution und die Strafgesetzgebung in Sexualdelikten. Es sei nur darauf hingewiesen, die Vergewaltigung in der Ehe und die Vergewaltigung von Prostituierten wurden strafrechtlich geahndet, ebenso die sexuelle Belästigung, Nötigung und Erpressung am Arbeitsplatz.
Die politische Haltung der Kommunistischen und Arbeiterbewegung der KP Russlands in den 1920er und später zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen hatte schwere Fehler und transportierte oftmals bürgerlich-reaktionäre Positionen. Obwohl die Kommunistischen Parteien dieser Jahre gegen die Strafverfolgung von Homosexuellen auftraten, obwohl die KP Russland die zaristischen Strafverfolgungsgesetze ersatzlos strich und mit den Gesetzen 1924/26 Straffreiheit ge­­währte, wurde 1934 das gesetzliche Verbot von Homosexualität eingeführt.
Das lag im Wesentlichen an der grundfalschen Bewertung von Homosexualität als „unnatürlich“ und „abnormal“. Damit wurde die herrschende bürgerliche Diskriminierung und Abwertung von Menschen nicht heterosexueller geschlechtlicher Orientierung weitgehend übernommen. (Im Rahmen dieses Artikels können wir nicht umfassend auf diese Problematik in der kommunistischen Bewegung eingehen, die unserer Auffassung nach noch eingehender kritisiert werden muss.)
Zusammenfassend lässt sich feststellen, die Beziehungen zwischen Mann und Frau, die Ehe- und Familienbeziehungen, über die Geschlechterbeziehungen hielten am zähsten am alten Bild der Frau fest. Die Männer aller Schichten, auch viele Kommunisten krallten sich daran als letzter Bastion ihrer einstigen Vormachtstellung fest. Aber auch Frauen, die sich von der alten Rolle der Ernährerin und Versorgerin der Familie nur schwer trennen konnten, hatten ihre Schwierigkeiten mit der revolutionären Wende ihrer Rolle in der Gesellschaft.
Aber die Grundfesten auch dieser alten Traditionen und Verhaltensweisen wurden durch die sozialistische Oktoberrevolution grundlegend in Frage gestellt, aufgebrochen und verändert. Allerdings wurde auf halbem Weg in den 1930er Jahren stehengeblieben, Rückzieher gemacht und spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen kleinbürgerliche, bourgeoise Tendenzen in diesen Fragen massiv zu und wurden nicht ausreichend thematisiert und bekämpft.
Am Schluss bleibt die Frage, was bedeuten diese Erfahrungen der sozialistischen Oktoberrevolution für uns Kommunistinnen und Kommunisten im Jahr 2017? Wenn wir erleben, dass selbst nach 100 Jahren zentrale demokratische Forderungen in der Frauenfrage in den reichsten imperialistischen – angeblich zivilisiertesten, demokratisch am meisten entwickelten - Ländern dieser Erde noch nicht verwirklicht sind, was bedeutet das? Wenn wir wissen, dass in den abhängigen Ländern die Situation von Frauen durch imperialistische und halbkoloniale Unterdrückung ungeheuer brutal ist? Wenn weltweit die besondere Ausbeutung der Arbeitskraft von Frauen, ihre schlechtere Entlohnung, ihre schlechtere Qualifizierung nach wie vor anhalten? Wenn Männerchauvinismus, sexualisierte Gewalt gegen Frauen auf allen gesellschaftlichen Ebenen und als Kampfmittel in reaktionären Kriegen nach wie vor vorherrscht? Wenn alleinerziehende Frauen, die Verantwortung für ihre Kinder übernehmen, an den untersten Rand der Verarmung in der Gesellschaft gedrückt werden? Wenn weltweit Millionen Frauen mit ihren Kindern auf der Flucht vor Kriegen, Umweltkatastrophen und Armut sind?
Dann kann es eigentlich am 100. Geburtstag der Oktoberrevolution nur eine Antwort geben: Genossinnen, Arbeiterinnen, werktätige Frauen! Lasst uns zusammen für die Befreiung der Frauen weltweit kämpfen, für die sozialistische Revolution und für eine neue sozialistische Gesellschaft. Lasst uns lernen von den grandiosen Erfahrungen der Kommunistinnen der Sowjetunion, lasst uns ihre Fehler studieren, analysieren und Schlussfolgerungen für unsere kommunistische Organisierung und die Zukunft ziehen!

Revolutionsjahr 1917 - Chronologie Januar bis April

Der imperialistische Krieg tobt seit 1914 in Europa. Der russische Zarismus steht auf Seiten der Entente-Mächte, Frankreich, England gegen die Mittelmächte, Deutschland, Österreich usw.
Januar:
5. Januar: Im Stadtteil „Wiborgskaja Storone” in Petrograd finden zahlreiche Arbeiterversammlungen statt. Die Bolschewiki rufen die Arbeiter zum eintägigen Streik für den 9. Januar auf.
6. Januar: Befehl von Zar Nikolaus II. über die Vertagung der Sitzungen der Reichsduma bis zum 14. Februar.
9. Januar: Demonstrationen, Meetings und Streiks unter der Führung der Bolschewiki in Petrograd, Moskau, Nishnij-Nowgorod und anderen Städten.
18. Januar: Politischer Streik auf den Erdölfeldern in Baku.
Februar:
1. Februar: Unterzeichnung Geheimabkommen zwischen Russland und Frankreich über die Kriegsziele.
14. Februar: Eröffnung der Tagung der Reichsduma. Zentralkomitee der SDAPR(B) organisiert machtvolle Demonstration. Politischer Streik in Petrograd erfasst etwa 60 Betriebe. Manifestationen in der Stadt unter bolschewistischen Losungen: „Nieder mit dem Absolutismus!”, „Nieder mit dem Krieg!”.
18. Februar: Streiks in den Putilow-Werken (Stahl und Waffen) in Petrograd.
22. Februar: Betriebsleitung der Putilow-Werke erklärt die Aussperrung. 20 000 Putilow-ArbeiterInnen demonstrieren.
23. Februar (8. März): Internationaler Frauentag. Erster Tag der Februarrevolution!
24. Februar: In Petrograd streiken über 200 000 ArbeiterInnen. Die Demonstrationen mit den Losungen: „Brot!”, „Nieder mit dem Zaren!” wachsen an. Einzelne Fälle von Gehorsamsverweigerung in der zaristischen Armee.
25. Februar: Generalstreik in Petrograd. „Brot und Frieden!”
26. Februar: Der Zar befiehlt Auflösung der Reichsduma. Leitungszentrum der Bolschewiki beschließt den Streik in den bewaffneten Aufstand umzuwandeln. Der Plan ist, Verbrüderung mit den Soldaten, Entwaffnung der Polizisten, Besetzung der Waffenlager und Bewaffnung der Arbeiter. In den Betrieben und in den Rayons beginnen bolschewistische ArbeiterInnen und AktivistInnen mit der Bildung von Sowjets. Veröffentlichung eines Manifests für die Bildung einer Provisorischen Revolutionären Regierung.
27. Februar: Sturz des Absolutismus. Sieg der Revolution. Massenübergang der Soldaten zu den Aufständischen. Bildung des Petrograder Sowjets der Arbeiterdeputierten. Schaffung des Provisorischen Exekutivkomitees der Reichsduma.
28. Februar: Verhaftung der Zarenminister. Politischer Generalstreik in Moskau. Proklamation der Bolschewiki zur Unterstützung der Revolution. Bildung des Moskauer Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten. Die Doppelherrschaft entsteht: Sowjets und Provisorische Regierung der Bourgeoisie.
März:
1. März: Erste vereinigte Sitzung des Petrograder Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten. Herausgabe des Befehls Nr. 1. Übergang der Garnisonen auf die Seite der Arbeiterinnen in Twer und Nishnij-Nowgorod. Vereinigte Sitzung des Provisorischen Komitees der Reichsduma mit den Vertretern des Petrograder Sowjets in der Frage der Organisierung der Staatsmacht.
2. März: Bildung der Provisorischen Regierung unter Fürst Lwow.
3. März: Abdankung des Zaren. Petrograder Sowjet beschließt die Verhaftung der Zarenfamilie.
4. März: Matrosen der Baltischen Flotte, Soldaten von Kronstadt, Sweaborg und Helsingfors gehen auf die Seite der Revolution über.
7. März: Lenin notiert über die Atmosphäre der Revolution einen Vers der Zeitung Semlja Wolja: „Den Kindern gleich sind alle! Der Tag so rosa schimmert! Nacht gibt es nicht! Der Schlaf enteilt! Als ob nie Fröste kalt geflimmert. Als ob der Frühling ewig weilt!“
8. März: Verhaftung Nikolaus II. durch Provisorische Regierung.
12. März: Beschluss der Provisorischen Regierung über Abschaffung der Todesstrafe. Massendemonstrationen in Moskau unter den Losungen: „Es lebe die Konstituante, die demokratische Republik, der Achtstundentag“, „Es lebe der Friede, die Verbrüderung der Völker und der internationale Sozialismus!“.
14. März: Manifest des Petrograder Sowjet „An die Völker der ganzen Welt”.
15. März: Streiks in Moskau für den Achtstundentag.
16. März: Antrag der bolschewistischen Fraktion des Moskauer Sowjets, den Achtstundentag auf eigene Faust einzuführen.
17. März: Veröffentlichung einer Deklaration der Provisorischen Regierung an die Bauern mit der Aufforderung, Gutsbesitzerboden nicht eigenmächtig in Besitz zu nehmen.
19. März: Rückkehr der bolschewistischen Abgeordneten der IV. Reichsduma aus der sibirischen Verbannung nach Petrograd.
21. März: Die Moskauer Konstituierende Gouvernementsversammlung der Bauern erklärt sich für die sofortige Einstellung des Verkaufs und Kaufs von Grund und Boden.
23. März: Beginn von Agrarunruhen in den Gouvernements Simbirsk, Bessarabien u. a.
26. März: Veröffentlichung einer Resolution des Büros des Zentralkomitees der Partei der Bolschewiki über die Provisorische Regierung, über Krieg und Frieden.
27. März: Deklaration der Provisorischen Regierung über ihre Bereitwilligkeit, gemeinsam mit den Verbündeten den Krieg bis zum „siegreichen Ende” zu führen.
29. März: Eröffnung der Allrussischen Beratung der Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten in Petrograd.
April:
3. April: Lenin trifft aus der Emigration in Petrograd ein.
3.-4. April: Erste Moskauer Stadtkonferenz der Bolschewiki. Resolution über Organisierung der „bewaffneten Volksmiliz”.
4. April: Referat Lenins „Über die Aufgaben des Proletariats in der gegenwärtigen Revolution” („April-Thesen”) in der Versammlung der bolschewistischen Teilnehmerinnen der Allrussischen Beratung der Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten.
5. April: Streik der Arbeiter der Metallindus­trie in Helsingfors.
6. April: Organisierung der Zentralrada auf dem Allukrainischen Nationalkongreß in Kiew.
7. April: Eröffnung des Frontkongresses der Militär- und Arbeiterdeputierten der Armee und des Etappengebietes der Westfront. Eröffnung des ersten Gouvernementskongresses der Bauerndeputierten in Minsk unter Leitung von M. W. Frunse (Heerführer der Roten Armee)
8. April: Ministerpräsident der Provisorischen Regierung, Fürst Lwow, ordnet Unterdrückung der Bauernunruhen mit Militärgewalt an.
11. April: Provisorische Regierung veröffentlicht ein Gesetz „Über den Schutz der Saat”, das den Gutsbesitzern den Schutz ihres Bodens und des Getreides garantiert.
14. April: Petrograder, Moskauer Rayonkomitees der Bolschewiki fassen Beschluss über die sofortige Organisierung von Roten Garden.
15. April: Zweite Moskauer Stadtkonferenz der Bolschewiki nimmt Resolution über die notwendige Gründung einer Dritten Kommunistischen Internationale an.
16. April: Demonstration der Soldaten und Matrosen in Petrograd verurteilt die Hetze gegen Lenin und die Bolschewiki.
18. April: April-Note Miljukows (Außenminister) an die Verbündeten über die Bereitschaft der Provisorischen Regierung, den Krieg bis zum „siegreichen Ende” zu führen.
20. April: Meetings gegen die Note Miljukows. Sein Rücktritt wird gefordert.
21. April: Provisorische Regierung veröffentlicht die Bestimmungen über die Bodenkomitees.
23. April: Provisorische Regierung veröffentlicht die Vorschriften über die Gründung von Arbeiterkomitees in den Industriebetrieben. Vorläufige Beratung der Teilnehmer der Allrussischen Konferenz der Bolschewiki.
27. April: Aprilkonferenz. Referat Lenins über den Krieg. Annahme der Resolution über den Krieg und über die Stellung der Bolschewiki zur Provisorischen Regierung. Brief des Fürsten Lwow an Tscheidse (Menschewik) über die Aufnahme von Vertretern des Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten in die Regierung.
28. April: Beratung der Delegierten von 82 Petrograder Betrieben und 26 bolschewistischen Parteiorganisationen über die Frage der Arbeiterkampfabteilungen. Beschluß des Wiborger Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten über die Umgestaltung der Miliz in eine „Arbeitergarde”.
29. April: In der „Prawda” wird der Entwurf des Statuts der „Arbeitergarde” veröffentlicht.
30. April: Rücktritt des Kriegsministers Gutschkow.