Gedenkort für Burak Bektaş
Siebenhundert Menschen beteiligten sich an der bewegenden Demonstration und feierlichen Eröffnung des Gedenkorts für Burak. Anlässlich seines sechsten Todestages wurde am 8. April die Skulptur „Algorithmus für Burak und ähnliche Fälle“ in Berlin-Neukölln enthüllt. Entworfen von der Künstlerin Zeynep Delibalta, die leider im Dezember 2017 verstorben ist.
Burak wurde am späten Abend des 5. April 2012 von einem Mann, aus dem Nichts, auf offener Straße erschossen, zwei seiner Freunde schwer verletzt. Bis heute ist der Täter nicht ermittelt. Obwohl es Hinweise auf Verbindungen zwischen dem im Mordfall Luke Holland verurteilten Mörder Rolf Zielezinski und dem Mord an Burak gibt. (Brisante Details, wie Schmauchspuren an der Bekleidung der Jugendlichen, die mit der Munition, die in der Wohnung von Zielezinski gefunden wurde, übereinstimmen. Diese Munition kann auch in der Waffe mit der Burak ermordet wurde, verwendet werden.)
Viele Grußadressen erreichen Familie Bektaș und die VeranstalterInnen. Sehr ergreifend die mitfühlenden Worte von Rita und Philip Holland, den Eltern von Luke. Angehörige und Opfer rassistischer Gewalt, antira, antifa, revolutionäre Initiativen & Organisationen, wie der „Freundeskreis im Gedenken an den rassistischen Brandanschlag in Mölln“, die „Ramazan-Avci-Initiative“ Hamburg; zahlreiche junge Menschen aus Berlin, sowie aus anderen Städten nehmen an der Demo teil. Angekommen am Gedenkort, Reden, Musik, Gedichte und Lieder. Die Skulptur wird feierlich enthüllt.
Mouctar Bah überbringt der Familie Bektas von der Initiative „Gedenken an Oury Jalloh“ ihr herzliches Beileid. Er klagt an: „Als Burak mit seinen Kumpels zu einem Treffen gegangen sind, sie hatten Frieden, sie hatten Lachen.
Er hatte nicht gedacht, dass diese bösen Leute oder dieses böse System einfach an dem Tag ihn umbringen würde. … Dieser Täter, er hat nicht einzeln gehandelt. Er hat mit Komplizen, mit diesem System Burak umgebracht.“
Grußworte der AnwältInnen der Nebenklage im NSU-Prozess verweisen auf die deutlichen Parallelen zwischen den rassistischen Morden des NSU und dem Mord an Burak.
Rechtsanwalt Daimagüler, einer der Anwälte der Familie Bektaș thematisiert konkret die Untätigkeit der Ermittlungsbehörden, Polizei und Staatsanwaltschaft: „Die Staatsanwaltschaft sagt, die Polizei ermittelt in alle Richtungen. Aber wenn man sich die Akten anschaut, dann sehen wir, dass eine Richtung gar nicht eingeschlagen wird, das ist die Richtung Rassismus. Und das kann doch nicht sein. … und deswegen ist dieses Gerede, von wir ermitteln in alle Richtungen falsch und das akzeptieren wir nicht. …
Man soll nicht so tun, als gäbe es keine Nazi-Mörder in diesem Lande. …
Liebe Familie Bektaș. Wir sagen häufig wir teilen euren Schmerz, wir teilen eure Trauer aber das ist Quatsch.
Keiner von uns kann den Schmerz, den ihr habt nachvollziehen. Keiner wacht mit dem Gedanken an Burak auf und keiner geht ins Bett mit dem Gedanken an Burak. Deswegen würde ich es nicht wagen zu sagen, ich teile euren Schmerz. Euer Schmerz wird euch begleiten für den Rest eures Lebens.
Aber eine Sache kann ich euch versprechen, und mein Wort darauf geben, wir werden euch zu keinem Zeitpunkt alleine lassen. Wir werden bis zum letzten mit euch mitgehen, und werden Fragen stellen, immer und immer wieder. Wir werden nicht zulassen, dass man die Aktendeckel zumacht, bevor nicht diese Fragen geklärt sind.“
Eine Solidaritätsbekundung einiger Initiativen, auch von der „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak“, an Familie Yozgat in Kassel wird vorgetragen. Die Stadt KasseI hat mit fadenscheinigen Begründungen die Gedenkveranstaltung am 6. April für den vom NSU ermordeten Halit Yozgat abgesagt.
Ibrahim Arslan, Überlebender des Brandanschlags von Mölln macht allen TeilnehmerInnen Mut:
„Sehr verehrte Genossinnen und Genossen, meine lieben Schwestern und Brüder, vielen Dank, dass ihr heute da seid. Vielen Dank dass wir heute ein Teil eurer Gedenkveranstaltung sein dürfen.
Familie Bektaș ihr seid nicht allein, wir haben Jahre lang dafür gekämpft, dass die Familie ihre Stimme erhebt, nun haben sie es geschafft, sie haben geschafft ihre eigene Gedenkveranstaltung selbst zu planen mit solidarischen Menschen.
Wir zeigen der Gesellschaft, dass Betroffene, Opfer keine Statisten sind, sondern die Hauptzeugen des Geschehens. Wir werden überall gemeinsam sein und Faschismus bekämpfen und Rassismus. (…) Vor zwei Tagen wollte die Kassler Institution die Gedenkveranstaltung absagen. Der Hintergrund war, sie hatten Angst. Sie hatten Angst, dass Kurden die Aktion stören. Wir haben keine Angst davor. Wir wissen ganz genau, dass Kurden, Türken, Albaner, Afghanen, egal wer, diesem institutionellen Rassismus, aber auch diesem (normalen) Rassismus ausgesetzt sind.
Wir müssen gemeinsam diesen Rassismus bekämpfen und sagen, erst recht jetzt! Es lebe die türkisch-kurdische Brüderschaft. Es lebe die Brüderschaft der Kulturen.
Es lebe die kurdische-türkische Freundschaft:
Nieder mit dem Faschismus! Nieder mit dem Rassismus!“
Im verschneiten Buchenwald
Im verschneiten Buchenwald
gehe ich spazieren des Nachts
Ich bin melancholisch,
ich bin melancholisch
Gib mir deine Hand,
wo ist deine Hand?
Sind die Heimat oder die Sterne
oder meine Jugend weiter weg?
Zwischen den Buchen
Ein Fenster gelb warm
Wenn ich da vorbeigehe
jemand sagt Onkel,
komm herein
Ich würde hineingehen
alle grüßend die drinnen sind
In meiner Stadt der sieben Hügel
habe ich meine Rosenknospe zurückgelassen
Weder sich vor dem Tod zu fürchten
noch an den Tod zu denken ist beschämend
Nazım Hikmet