Deutsche Zustände
Krieg, Rassismus und innere Faschisierung

– Flüchtlingsbekämpfung
– Fall Amri
– DFB Affäre Özil
– Hetzjagd Chemnitz
– Polizeigesetzverschärfung

8,5 Mio. Menschen waren laut UNHCR Ende 2017 weltweit auf der Flucht. Die höchste Zahl seit 1951. 2007 mussten 37,5 Mio. Menschen fliehen. Ende 2017 leben 85 Prozent der Geflüchteten weltweit in Staaten mit sehr niedrigen oder mittleren Einkommen. Das heißt, in abhängigen, neokolonialistisch unterdrückten Ländern. Gemessen an der Gesamtzahl der geflüchteten Menschen, schaffen es nur sehr wenige Menschen in die imperialistischen Länder zu fliehen. Trotzdem wird gerade in diesen reichen Ländern eine abweisende, rassistische Politik gegen Geflüchtete praktiziert. Ins Zentrum der gesellschaftlichen Debatten wird das „Flüchtlings“-Thema als Bedrohung gestellt und eine chauvinistisch-nationalistische Haltung geschürt.
Nicht nach Fluchtursachen wird gefragt. Sondern im Gegenteil: Bewusst werden die Ursachen unter den Teppich gekehrt. Geflüchtete Menschen, die um ihr Leben und das ihrer Kinder zu retten, unfreiwillig ihr Land verlassen müssen, werden als die Schuldigen und als Feinde der „westlichen“ Sozialsysteme angeprangert.
Eine der Hauptursachen sind die mörderischen Kriege und ihre verheerenden Folgen für die Werktätigen in all diesen Ländern. Geführt von den imperialistischen Großmächten und regionalen Staaten für die Neuaufteilung der Welt. Laut „Konfliktbarometer“ des Heidelberger Instituts für Internationale Konfliktforschung (HIIK) wurden 2017 20 Kriege in der „höchsten Eskalationsstufe“ und 16 als „begrenzten Kriege“ eingestuft. Außerdem 222 bewaffnete Konflikte. Kriege wüten aktuell in Afghanistan, Irak, Syrien, Jemen, Libyen, Mali, Kongo, Somalia, Ukraine, Südsudan – um nur einige zu nennen.
Die Flucht von Menschen in die imperialistischen Me­tropolen, in die EU, USA, Australien etc. soll mit allen Mitteln verhindert werden. Eine über 3 000 km lange Mauer zwischen USA und Mexiko ist schon längst errichtet. Und wird weiter verlängert und ausgebaut. Durch die Westsahara, durch Palästina und weitere Länder ziehen sich Tausende Kilometer lange Mauern und Grenzanlagen.
Der türkische Staat ließ in den letzten Jahren eine 911 km lange Mauer an der Grenze zu Westkurdistan/Rojava installieren. EU-Staaten haben allein seit 2015 ca. 760,8 km lange Grenzbefestigungen errichtet. Im Mittelmeer und der Ägäis führt die EU mit Frontex einen offenen Krieg gegen Menschen auf der Flucht. Die Meere sind „Massengräber“.
Wenn Menschen trotz aller Repressionen schaffen, nach Europa zu gelangen, erleben sie einen anderen Horror. Von wegen Hilfe! Von wegen Schutz! Systematische Abschiebepolitik und rassistische Angriffe, so sieht der Alltag aus. Die Herrschenden äußern immer mehr „Verständnis“ für den faschistischen Mob und deren Hetzjagden auf Geflüchtete und MigrantInnen.
Die imperialistischen Großmächte führen nicht nur in den oben genannten Ländern Krieg, sondern bereiten sich auch auf einen Weltkrieg vor. Dafür benötigen sie ein „ruhiges Hinterland“. Während sie militärisch weiter aufrüsten, verstärken sie die innere Faschisierung. Rassismus und Chauvinismus sind ihre Hauptinstrumente. Ergebnis ist eine nationalistische, rassistische und faschistische Entwicklung weltweit.
In etlichen Ländern, auch in der EU sind offene Rassisten und Faschisten an Regierungen beteiligt, z.B. Ungarn, Polen, Österreich, Italien… In Brasilien wurde aktuell mit J. Bolsonaro ein bekennender, weißer Faschist zum Präsidenten gewählt, in Kolumbien der Faschist Iván Duque ...
In Deutschland, Frankreich, Finnland, Niederlande, Griechenland, Dänemark, Schweden, Schweiz u.a. werden „moderne“ faschistische Parteien immer stärker. Teilweise sind sie die zweit- oder drittstärkste Kraft in den Parlamenten.
Chauvinismus und Rassismus haben in EU und USA Hochkonjunktur. Vor allem in Form des Antiislamismus, aber nicht nur: Auch Antiziganismus, Antisemitismus und alle andere Formen von Rassismus werden von den Herrschenden ständig geschürt. Diese Entwicklung ist keine vorübergehende Erscheinung, betrieben von „einigen Demagogen“ oder von „durchgeknallten Alt-Nazis“.
Die imperialistische Bourgeoisie im „Westen“ braucht heute keine faschistische Diktatur, um ihre Herrschaft aufrechtzuerhalten. Aber für die Zeiten eines imperialistischen Weltkrieges ist der Faschismus an der Macht, eine Diktatur wie die Hitler-Nazi-Herrschaft eine Option.
Die heutige faschistische Bewegung wird einerseits dafür benutzt um die demokratisch-antifaschistischen Kräfte und religiöse, nationale und andere Minderheiten zu unterdrücken. Andererseits wird im Namen des Kampfes gegen den Faschismus die ganze Gesellschaft nach „rechts“ gedrückt. Wie das? Die Parteien der „demokratischen Mitte“ übernehmen mehr und mehr Positionen vom „rechten Rand“.
Faschismus und reaktionäre bürgerliche Demokratie sind verschiedene Regierungsformen der selben Klasse: Die Klassendiktatur der Bourgeoisie, vor allem der Monopolbourgeoisie, des Finanzkapitals, über die ArbeiterInnen und Werktätigen. Deswegen darf der Kampf gegen diese Entwicklung für uns KommunistInnen auf keinen Fall bei der Verteidigung demokratischer Rechte und damit der reaktionären bürgerlichen Demokratie aufhören. Wer den Faschismus ein für alle Mal aus der Welt schaffen will, muss diesen Kampf für den Umsturz des kapitalistischen Systems und für Sozialismus führen.


Staat und Nazis Hand in Hand

Deutsche Zustände – 2018

Der institutionelle und strukturelle Rassismus verschmilzt mit dem gesamtgesellschaftlichen Rassismus und die innere Faschisierung läuft auf Hochtouren. Der Rassismus ist zur vorherrschenden Realität geworden.
Die „Flüchtlingsfrage“ verbunden mit Anti-Islamismus wird dafür benutzt demokratische Rechte immer stärker abzubauen und eine Militarisierung der Gesellschaft zu legitimieren. Polizeigesetze werden verschärft, die der staatlichen Willkür Tür und Tor öffnen. Mit den internationalen Kräfteverschiebungen, mit der sich verschärfenden innerimperialistischen Konkurrenz zwischen den imperialistischen Großmächten, ist der BRD-Imperialismus erstarkt. Seine Ambi­tionen bei der Neuaufteilung der Welt sind mächtig gewachsen. Deutschland wird in einem kommenden Weltkrieg einer der Hauptakteure sein. Militarisierung und Faschisierung gehen Hand in Hand.
Deutschland verstärkt seine Kriegsvorbereitungen und fördert seit Jahren in der EU – vor allem gemeinsam mit dem französischen Imperialismus – eine EU-Armee. Die Bundeswehr wird zur internationalen Eingreifarmee hochgerüstet. Für Aufrüstung werden Milliarden ausgegeben und beständig der Kriegshaushalt erhöht. Faschistische Parteien/Organisationen/Netzwerke werden heute auch gestärkt, um die Kriegsvorbereitung zu intensivieren. Die Option einer faschistischen Diktatur ist durchaus ein Werkzeug und Hebel.
Dafür wird im Inland der deutsche Rassismus geschürt. Die Spaltung der ArbeiterInnen und Werktätigen in MigrantInnen, in Geflüchtete und in „das deutsche Volk“, diese rassistische Schiene ist Hauptpropaganda-Mittel in der Faschisierung. Daher wird heute die völkisch-faschistische AfD-Propaganda hoffähig gemacht. Der Boden dafür ist durch die rassistische Hetze aller bisherigen staatstragenden Parteien bereitet worden. Bis hin zur Linken, wie Frau Wagenknecht, die politisches Asyl für ein „Gastrecht“ hält und von den AfD-Faschisten dafür Lob bekommt.
Die deutsche Großbourgeoisie und deutsche internationale Monopole stellen sich als weltoffen dar. Scheinbar wenden sie sich gegen faschistische Tendenzen. Aber gleichzeitig unterstützen sie eine faschistische Option als Sicherheitsgarantie.
Allein wenn wir uns die staatliche Repression gegen G20-GegnerInnen, nicht nur während des G20-Gipfels in Hamburg, sondern bis heute vergegenwärtigen. Vergleichen wir die „Großzügigkeit“ des Staates und seiner Institutionen gegenüber FaschistInnen, wird ganz deutlich, auf wessen Seite die Herrschenden stehen.
Die Nazi-Netzwerke haben zwischen Januar und September 2018 12 613 Straftaten begangen und dabei 886 Menschen verletzt. Laut einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage von „Die Linke“ sind 467 mit gerichtlichen Haftbefehlen gesuchte, zur Fahndung ausgeschriebene Faschisten auf freiem Fuß. Und die Behörden wissen angeblich wieder nicht, wo sich die faschistischen Gewalttäter aufhalten… Genauso wie bei den NSU-Mördern!
Diese ganze aktuelle Entwicklung wird von den meisten „Linken“ und AntifaschistInnen bis hin zu sich kommunistisch nennenden Kräften als „Rechtsruck“ bezeichnet. Verharmlosend wird von „Rechtspopulisten“ oder „Rechtsextremisten“ gesprochen. Sogar die offen faschistische Partei AfD wird nicht als solche eingeschätzt. Diese Begriffe dienen alle nur dazu, das Bewusstsein der ArbeiterInnen und werktätigen Massen zu vernebeln.
Die in Deutschland sich sichtbar verschiebenden Grenzen der politischen Auseinandersetzungen innerhalb der herrschenden Klasse verlaufen nicht zwischen „links“ und „rechts“ oder „rechts“ und „noch weiter rechts“ sondern zwischen der reaktionären bürgerlichen Demokratie und Faschismus. Und um es nochmal bewusst zu machen, die Faschisierung geht von diesem Staat aus. Der antifaschistische und antirassistische Kampf, der Kampf um demokratische Rechte muss gegen das System, gegen den deutschen imperialistischen Staat geführt werden.  

Flüchtlingspolitik

Nach den Bundestagswahlen im September 2017 hat die Neuauflage der GroKo am 14. März 2018 ihre Arbeit aufgenommen… CDU/CSU und SPD schwafeln im Koalitionsvertrag über die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention, Genfer Flüchtlingskonvention oder zur UN-Kinderrechtskonvention etc. Sie versprechen, dass sie das Grundrecht auf Asyl nicht antasten werden. Aber sofort nach der Regierungsbildung starteten die Auseinandersetzungen über eine Verschärfung der Asylgesetzgebung.
Innenminister Seehofer und Kanzlerin Merkel stritten monatelang. Das hat fast zu einer Regierungskrise geführt. Anfang Juli hatten sie im „Asylstreit“ mit Zustimmung der SPD eine Einigung erzielt. Es wurde ein „Paket zur Neuordnung der Asylpolitik“ beschlossen. SPD Chefin Nahles lobte dies als „gute Lösung“ und erklärte, Gesetzesänderungen seien dafür nicht nötig gewesen.
Tatsächlich ist im Koalitionsvertrag die grundlegende Haltung der Regierung in dieser Frage enthalten: Gegen geflüchtete Menschen, für härtere Abschottung und konsequentere Abschiebung. Trotz aller hohler Deklarationen über humanitäre Verpflichtungen.
Die EU-Flüchtlingspolitik hat dieselben Ziele: Möglichst viele Schutzsuchende vom Territorium der EU fernzuhalten bzw. in ihre Heimatländer zurück zu schicken. Das Schengen-Abkommen, das keine Kontrollen an den EU-Binnengrenzen vorsieht, längst unterlaufen.
Seehofer wollte als Innenminister weit über die Festlegungen im Koalitionsvertrag hinaus gegen geflüchtete Menschen vorgehen. Es ging letztendlich bei der Diskussion darum: Seehofer war für einen deutschen Alleingang in der deutschen Abschottungspolitik.Merkel war für eine EU-Lösung.
Die Einigkeit, die nach langer Diskussion erzielt wurde, beinhaltet, dass Asylverfahren beschleunigt werden sollen. Zurückweisungen sollen innerhalb von 48 Stunden erfolgen. Es wurde kein neues Gesetz verabschiedet. Aber die geführten Auseinandersetzungen haben zusätzlichen Boden für die rassistische Haltung in der deutschen Bevölkerung bereitet. AfD-Faschisten haben die „Asyleinigung“ als ihr Verdienst verkauft und kündigten an: „Wir jagen die Union, wir treiben sie vor uns her. Und das ist erst der Anfang.“ 
Das ist ein Beispiel wie bürgerliche Politiker und die Regierung selbst rassistische Maßnahmen ergreifen und gleichzeitig die Bevölkerung gegen Geflüchtete hetzen. So wird der Boden für die Faschisten bereitet.

Angeblicher „BAMF-Skandal“

Seit Januar 2017 wurde das BAMF von Jutta Cordt als Präsidentin geleitet. Wir wollen im Folgenden auf den „Skandal“ in der BAMF – Außenstelle Bremen eingehen, für das sie auch zuständig war. Im Mittelpunkt standen Beschuldigungen in staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen die mittlerweile suspendierte Chefin Ulrike Bremermann der Bremer BAMF-Behörde. Der Vorwurf lautete, sie habe unrechtmäßig zwischen 2013 und 2016 mehr als 1 200 Asylanträge positiv beschieden. Laut ihrer Nachfolgerin, J. Schmid, seit Januar 2018 Leiterin der Außenstelle Bremen, wurden mindestens 3 332 Asylanträge falsch bearbeitet. Am 8. Mai wurde Schmid an ihren alten Arbeitsplatz zurückversetzt. Monatelang war der angebliche „Missbrauch des Asylrechtes“ in den Medien Hauptthema.
Bremermann arbeitete seit 1990 im Amt, ab 1993 als Leiterin der Außenstelle. Die betroffenen Geflüchteten, deren Anträge auf Asyl angeblich „zu Unrecht“ positiv beschieden wurden, waren hauptsächlich Jesidinnen und Jesiden aus Syrien und dem Irak. Obwohl sie in den Jahren 2015 und 2016 zu 90 bis 100 Prozent als „Schutzbedürftige“ anerkannt waren, wurden ihre Verfahren jetzt noch einmal „unter die Lupe genommen“. Sie selbst wurden auf das Übelste verdächtigt, angeblich mit falschen Informationen über ihre Identität, die deutschen Behörden angelogen zu haben. Unterstellungen über ganze Netzwerke „krimineller Asylantenhelfer aus Anwälten und Behördenvertretern“ wurden konstruiert. Neben Bremermann wurden auch drei Anwälte, ein Dolmetscher und eine weitere Person beschuldigt.
In Sondersitzungen des Innenausschusses wurden der derzeitige Innenminister Seehofer und die ehemaligen Friedrich und de Maiziere befragt. Gegenseitig haben sich die Herren die Verantwortung für die „Zustände im BAMF“ zugeschoben.
Der wirkliche Skandal, den das Innenministerium und der Beauftragte für Flüchtlingspolitik Peter Altmaier zu verantworten hatte, wurde unter den Teppich gekehrt. Stattdessen wurde Bremermann eine „falsche Humanität“ vorgeworfen. Also, wenn eine Beamtin sich gegenüber Schutzbedürftigen nach Worten der Herren Altmeier und Seehofer menschlich verhält, dann ist das ein „Skandal“ in Deutschland. Anfang Juni wurden die Ermittlungen der Polizei auch auf betroffene Geflüchtete ausgeweitet. Das Landeskriminalamt Bremen war angewiesen, hierzu eine fünfzig Beamte umfassende Ermittlungsgruppe „Antrag“ aufzubauen.
Am 23. Mai 2018 verbot Seehofer der Bremer Außenstelle, Asylentscheidungen zu treffen, bis zum vollständigen Abschluss der Ermittlungsverfahren und der laufenden Überprüfungen.
Zur Überprüfung wurden neben der BAMF Innenrevision, mehrere weitere Institutionen herangezogen. Verfassungsschutz, Bundespolizei, Sondersitzungen des Innenausschusses des Bundestages und so weiter. Die Ergebnisse des Abschlussberichtes der Innenrevision wurden im August veröffentlicht. Das BAMF musste wesentliche Teile des Revisionsberichts vom 11. Mai zu Gunsten der Außenstelle Bremen korrigieren. Die Präsidentin des BAMF, Cordt, wurde am 15. Juni 2018 von Innenminister Seehofer entlassen.
Die überwiegende Mehrzahl der Bescheide war korrekt ausgestellt. 18 315 seit dem Jahr 2000 positiv ausgestellte Bescheide wurden überprüft und letztlich 165 Fälle, also 0,9 Prozent bemängelt. Bremermann hat also korrekt ihre Rolle in der Abschiebemaschinerie ausgeführt. Weniger als ein Prozent Abweichung! Das wird skandalisiert. Allerdings wird trotzdem weiter polizeilich ermittelt, so aktuelle Medienberichte.
Fazit: Es gab keinen „Skandal“ in der Außenstelle Bremen. Aber es ist genauso wie Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt einschätzt: Das hatte eine „katastrophale öffentliche Wirkung. Es ist der Eindruck erweckt worden, Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten hätten zu Unrecht Schutz bekommen. Diese Vorurteile hat auch der zuständige Bundesinnenminister durch seine Handeln bestärkt.“ Die weiter geschürten Vorurteile gegen geflüchtete Menschen haben den deutschen Rassismus in der Bevölkerung gestärkt.
Die AfD- und alle anderen Faschos nutzen auch diese Gelegenheit, um ihre menschenverachtende Propaganda zu verbreiten. Die menschenfeindliche Flüchtlingspolitik der BRD und die Umsetzung dieser Politik durch die Regierung werden nicht als Skandal angesehen!

Fall Amri:
Lügen der Behörden Staat und Verfassungsschutz verstrickt

Am 19. Dezember 2016 wurden auf dem Weihnachtsmarkt, Berliner Breitscheidplatz, zwölf Menschen durch einen LKW-Anschlag ermordet. Viele der Opfer waren Touristen aus verschiedenen Ländern. Diese Nachricht empörte zu Recht viele Menschen im Lande. Was folgt von bürgerlicher Politik und Medien?
Sofort wird eine Kampagne gegen MigrantInnen und geflüchtete Menschen gestartet, weil der mutmaßliche Haupttäter, Anis Amri, ein aus Tunesien stammender Muslim war. Die Hetze gegen Migranten und geflüchtete Menschen aus den islamischen Ländern wird weiter angefacht. Parallel dazu werden Rufe zur Verschärfung der Polizeigesetze und nach schnelleren Abschiebungen lauter.
Im Fall Amri zeigt sich, dass es viele Widersprüche und Ungereimtheiten in der offiziellen staatlichen Darstellung des Falles gibt. Drei Untersuchungsausschüsse über die Ermittlungen werden im Bundestag, in Berlin und NRW gebildet. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen im Januar 2017 wurden „Im Umfeld des Amri … keine V-Leute des BfV eingesetzt.“  Allerdings beweisen die im August 2018 in die Öffentlichkeit gelangten Informationen, dass die Regierung gelogen hatte. Weitere Lügen der Staatsbehörden folgen.
Beispielsweise war das LKA NRW auf der Spur Amris vor seiner Übersiedelung aus Dortmund nach Berlin. Der dortige V-Mann „Murat“ alias „VP-01“ war gezielt auf Amri angesetzt. „Murat“ brachte Amri mit dem Auto nach Berlin. Anderes Beispiel: Eine Sachbearbeiterin des BfV (Bundesamt für Verfassungsschutz) sagte im Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags aus, ihrer Behörde haben bereits im Januar 2016 Kenntnisse über Amri vorgelegen. Er habe als Islamist mit Gefährdungspotential gegolten und sei mit „nachrichtendienstlichen Mitteln“ beobachtet worden. Das bestritt der damalige BfV-Chef Maaßen bei seiner Befragung. Weiter leugnete er, dass das BfV irgendwelche V-Leute im Umfeld von Amri eingesetzt habe. Auf Lügen folgen neue Lügen.
Der Anschlag in Berlin wurde faktisch unter den Augen des LKA Berlins begangen. Mitte November 2018 räumte der Berliner LKA-Leiter ein, dass mindestens drei V-Männer auf Amri angesetzt waren. Einer von ihnen habe von seinem Kontakt, dem als „Gefährder“ eingestuften Islamisten Feysal H., Informationen über den geplanten LKW- Anschlag von Amri erhalten.
Aktuell hat sich weitgehend bestätigt, was vielen AntifaschistInnen schon klar war. Amri war Mitglied eines faschistisch-islamistischen Netzwerkes, in das viele V-Leute involviert waren. Er ist kein durchgeknallter Einzeltäter und „Kleinkrimineller“, wie immer verlautbart wurde. Er war kein „Fall“ der Polizei, sondern einer der Nachrichtendienste.
Bundesregierung, Innenministerium, BfV und LfV und deren Vertreter sitzen offenbar alle zusammen in einem Lügen- bzw. Manipulations-Boot. Sie betrügen die Werktätigen systematisch und ständig. Mit ihrer Vorgehensweise schüren sie aktiv und systematisch Rassismus.
Im Fall Amri kommt noch der Fakt hinzu, dass der Dresdner Pegida-Chef Lutz Bachman einer der ersten war, der die Identität des Attentäters als tunesischer Flüchtling auf Twitter öffentlich gemacht hat. Daran können wir die Zusammenhänge von staatlichen Institutionen, von Politikern und von offenen Faschisten deutlich erkennen.


„Affäre Özil“ des DFB

Am 13. Mai 2018 trafen die Fußballer Mesut Özil, İlkay Gündoğan und Cenk Tosun (türkischer Nationalspieler) in London mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan zusammen. Fotos von dem Treffen erschienen in allen Zeitungen.
Das war nicht das erste Treffen. Aus Anlass des EM-Qualifikationsspiels der deutschen Nationalmannschaft gegen die türkische in Berlin, Oktober 2010, haben sich Özil und Erdoğan getroffen. Erdoğan war auch als Gast im Stadion. Damals war er noch ein „Freund“ der deutschen Regierung. Kanzlerin Merkel und Bundespräsident Wulff gingen nach dem Spiel in die Kabine. Merkel ließ sich mit Özil ablichten. Auch dieses Bild ging um die Welt. Fünf Tage zuvor hatte Wulff am Tag „der Deutschen Einheit“ in seiner Rede gnädig zugestanden, „der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland“. Özil wurde in den Medien als Musterbeispiel für eine „gelungene Integration“ gelobt und mit dem „Integrations-Bambi“ ausgezeichnet.
Acht Jahre später wird ein Foto von Özil mit Erdoğan zum absoluten Skandal. Das Musterbeispiel für Inte­gration wird zur Zielscheibe einer medialen rassistischen Kampagne.
Der Aufschrei ist groß: Wie können sich Özil und Gündoğan mit einem Autokraten wie Erdoğan treffen und fotografieren lassen? Das Erdoğan-Bashing hat viele vereint, von den offenen Faschisten der AfD bis hin zu etlichen Linken. Damit wird in Wirklichkeit offen oder verdeckt massiv deutscher Rassismus in der Gesellschaft verbreitet.
DFB-Präsident Grindel kommentiert das Treffen „Der Fußball und der DFB stehen für Werte, die von Herrn Erdoğan nicht hinreichend beachtet werden.“ Was diese Werte sein sollen, bleibt zunächst unklar.
Dann wird von den „Deutschen Werten“ gesprochen. Im Mai 2018 brechen Özil und Gündoğan auf Wunsch von Trainer J. Löw ihren Urlaub ab. In Berlin findet ein Gespräch mit Grindel, Löw und DFB-Manager Bierhoff statt. Nach diesem Treffen soll das Thema erledigt sein. Im Anschluss geht es ins Bundespräsidentenamt zu einem Austausch mit Steinmeier. Um zu zeigen, dass sich Özil und Gündoğan zu Deutschland bekennen… Aber damit ist die Debatte nicht erledigt, es ist zu spät!
Bundesaußenminister Maas kommentiert, bezogen auf Özil, der in England lebt, er glaube nicht: „dass der Fall eines in England lebenden und arbeitenden Multimillionärs Auskunft gibt über die Integrationsfähigkeit in Deutschland.“ Klartext, Özil ist eigentlich kein Deutscher: Er lebt in England, ist kein Integrationsbeispiel. Außerdem scheffelt er auch noch Geld.
AfD-Faschistin von Storch wütete offen völkisch, trotz deutschem Pass sei Özil kein Deutscher. Er habe in der Nationalmannschaft nichts zu suchen. Diese rassistische Propaganda haben viele AfD‘ler in den sozialen Netzwerken massiv verbreitet. In Bebra/Hessen befeuert der Vize-Bürgermeister Holzhauer (SPD) die Hetze und beschimpfte Özil und Gündoğan als „zwei Ziegenficker“. Er muss zwar von seinem Posten zurücktreten, ist aber immer noch Mitglied der SPD. Die hessische SPD Führung schweigt dazu.
W. Steer, Leiter des Deutschen Theaters in München zeigt in seinen Tweets an Özil echtes deutsches Kulturniveau: „So einer wie Özil, der nicht nur einem Verbrecher huldigt, sondern auch noch die Nationalhymne nicht mitsingt, weil die Werte nicht teilt, muss sofort weg!“ . Und drei Tage später „Hallo, du Idiot, du hast in der deutschen Nationalmannschaft nichts zu suchen. Verpiss dich nach Anatolien! Spiel doch bei deinem türkischen Hitler!“.
In diesem menschenverachtenden, faschistischen Stil geht es weiter. Nach dem frühen WM-Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft wurde das Thema weiter hochgekocht. Özil wird zum Hauptschuldigen deklariert. Grindel verlangt von ihm eine Erklärung über den Fototermin mit Erdoğan. Zum ersten Mal in der Geschichte der BRD wurde ein Nationalspieler öffentlich von der Führung seines Verbands zu einem politischen Statement aufgefordert.
Özil erklärt am 22. Juli 2018 öffentlich seinen Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft und beendet damit auch sein Schweigen. Özil kommentiert bitter: „In den Augen von Grindel und seinen Unterstützern bin ich Deutscher, wenn wir gewinnen, aber ein Migrant, wenn wir verlieren.“ Jerome Boateng (Nationalspieler) teilt diese rassistische Erfahrung: „Wenn es gut läuft, sind wir Deutsche. Wenn es schlecht läuft, sind wir Ausländer.
Grindel hatte sich bereits als CDU-Abgeordneter 2004 im Bundestag massiv gegen die Doppel-Staatsbürgerschaft gewandt und hirnrissige Statements abgegeben wie: „Multikulti ist in Wahrheit Kuddelmuddel.“ 
Nach Özils Rücktritt äußert sich der DFB. Ihm geht es nur darum, sein Gesicht zu wahren und sich gut zu verkaufen.
Der Rassismus gegen Özil war und ist zu keiner Zeit ein Thema für den DFB. Özil hatte deutlich ausgesprochen, warum er nicht mehr für die deutsche Nationalmannschaft spielen wird: „Da ich Rassismus und fehlenden Respekt spüre.“ Das DFB-Präsidium hat das Ganze einfach umgedreht und Özil beschuldigt. Nicht Özil war das Opfer, sondern der Verband, der durch den Rassismus-Vorwurf von Özil diskreditiert werde.
Natürlich wurde diese Auseinandersetzung auch von den Medien aufgegriffen und Özil zum „Agenten“ des türkischen Präsidenten Erdoğan abgestempelt. Ein Hintergrund war die Konkurrenz um die Vergabe der Europameisterschaft 2024. Soll Deutschland oder die Türkei die EM 2024 ausrichten? Der DFB unter Führung Grindel tat alles, um den Zuschlag zu bekommen. Die Rechnung ging auf. Am 27. September 2018 wurde als Austragungsland Deutschland verkündet. Für den DFB hat sich die rassistische Kampagne also gelohnt.
Der „deutsche Fußball“ ist, wie Religion, Opium des Volkes. Der Herrschaftsgrundsatz „Gebt ihnen Brot und Spiele“ stützt heute die Bourgeoisie wie damals Cäsar.
Wie Rassismus und Faschismus im Fußball von den Herrschenden genutzt wird, darüber lohnt sicher ein eigener Artikel. In deutschen Stadien spielen sich alltäglich üble Szenen von rechter, faschistischer Gewalt, Beschimpfungen und Verhöhnungen ab. Hooligans terrorisieren Fans von Mannschaften aus anderen Ländern ebenso wie StadionbesucherInnen, die nicht in ihr rassistisches Bild passen. Der DFB legt teure Werbekampagnen gegen Rassismus auf. Was zeigt sich an der „Affäre Özil“ des DFB? Alles nur Show. In Wirklichkeit befeuert er den Rassismus.
Die Ereignisse haben noch einmal ganz deutlich gezeigt, wie mit MigrantInnen in Deutschland umgegangen wird. Auch nach 60 Jahren können sie in einer Gesellschaft, wo institutioneller und struktureller Rassismus herrscht, nicht ankommen.
Nicht nur die erste und zweite Generation, sondern auch die dritte und vierte Generation, die hier in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, werden nicht als gleichberechtigte BürgerInnen in Deutschland angesehen und behandelt.
Wenn MigrantInnen ihre Herkunft nicht verleugnen, wenn sie ihre Identität, in zwei oder mehreren Kulturen leben und sich dazu bekennen, dann werden sie als die „ewigen Ausländer“ ausgegrenzt.
Wieder wurde eine „Integrationsdebatte“ gestartet, die nichts anderes als rassistische Ausgrenzung von MigrantInnen beabsichtigt. Unter dem Begriff „Inte­gration“ wird in Wirklichkeit eine brutal-rassistische Assimilationspolitik praktiziert. Sogar sich als Demokraten verstehende Journalisten oder Kolumnisten phantasieren von einer „Entfremdung“ der türkischen Community in Deutschland.
Alle hier in Deutschland lebenden MigrantInnen, werden nicht als gleichberechtigt und in ihrer Vielfalt akzeptiert. Sie werden systematisch ausgegrenzt, ungleich behandelt, gewalttätig angegriffen und mit Mord bedroht.


Faschistischer Mob und
Hetzjagden in Chemnitz

In der Nacht vom 25. auf den 26. August ereignete sich auf dem Stadtfest in Chemnitz eine gewaltsame Auseinandersetzung und Daniel H. starb durch Messerstiche. Daniel H. selbst war ein Nazi-Gegner und sein Vater ist kubanischer Herkunft. Zwei geflüchtete Menschen aus dem Irak und Syrien wurden als Tatverdächtige festgenommen. Am Sonntag, den 26. August 2018 zogen ca. 800 FaschistInnen und RassistInnen durch Chemnitz und grölten Parolen: „Wir sind das Volk“, „Das ist unsere Stadt“, „Ausländer raus“, „elendes Viehzeug“, „deutsch, sozial und national“, „Kanaken“, „Zecken“, und zeigten den „Hitlergruß“. Quer durch die Stadt gingen sie auf Jagd nach Menschen, die sie als „Ausländer“ ausmachten.
An diesem Tag twitterte der AfD-Bundestagsabgeordnete M. Frohnmaier: „Wenn der Staat die Bürger nicht mehr schützen kann, gehen die Menschen auf die Straße und schützen sich selber. Ganz Einfach! Heute ist es Bürgerpflicht, die todbringende (sic!) ‚Messermigration‘ zu stoppen!“ 
Auch am folgenden Montag wütete der faschistische Mob. Ungefähr 6 000 FaschistInnen und Rassist­Innen jeder Couleur marschierten in Chemnitz.
Der Verfassungsschutz hatte die zuständige Polizeibehörde gewarnt. Aus der ganzen Bundesrepublik werden sich „rechtsradikale gewaltbereite Gruppen in Chemnitz einfinden.“ Trotzdem haben die sächsischen Polizeibehörden lediglich 591 Polizisten eingesetzt. Die Stadt wurde den FaschistInnen überlassen!
Der Sprecher der Bundesregierung Seibert kommentierte die Situation: „Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft oder den Versuch, Hass auf den Straßen zu verbreiten, das nehmen wir nicht hin.“ Kurz danach erklärte Sachsens Ministerpräsident Kretschmer: „Wir lassen nicht zu, dass das Bild unseres Landes durch Chaoten beschädigt wird.
Um das „Ansehen“ Deutschlands zu retten, konnte Bundespräsident Steinmeier nicht fehlen: „Die Erschütterung über diese Gewalttat wurde missbraucht, um Ausländerhass und Gewalt auf die Straßen der Stadt zu tragen. Gewalt müsse geahndet werden, egal von wem sie ausgeht. Der Staat – und allein der Staat – sorgt in diesem Land für Recht und Sicherheit.“ 
Allen ging es nur darum, das Bild von Sachsen/Chemnitz und von Deutschland zu retten.
Seehofer äußerte „Verständnis“ für die „Menschen“ in Chemnitz, die „demonstriert“ und die Hetzjagden betrieben haben. Er könne nachvollziehen, wenn sich Leute empören und das mache sie noch lange nicht zu Nazis…
Das ist Originalsprech eines Chauvimannes, der die Migrationsfrage zur „Mutter aller politischen Probleme in Deutschland“ populistisch-nationalistisch hochstilisiert.
Der Ex-BfV-Chef Maaßen „rettete“ nicht nur das Bild von Deutschland und Sachsen, sondern auch die Faschisten… Er bestritt ganz einfach die rassistischen Angriffe: „Es liegen dem Verfassungsschutz keine belastbaren Informationen darüber vor, dass solche Hetzjagden stattgefunden haben,“ aber nach seiner „vorsichtigen Bewertung“ sprächen „gute Gründe dafür, dass es sich um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken.
Belege für die Authentizität des Videos würden fehlen. Maaßen wurde von den Faschisten dafür hoch gelobt, weil er in den Chor über die „Lügenpresse“ von Pegida, AfD etc. einstimmte.
Das war auch eine Rückenstärkung für Kretschmer. Er zog sofort nach: „Es gab keinen Mob, es gab keine Hetzjagd und es gab keine Pogrome in dieser Stadt.“ Der Sprecher der Dresdner Generalstaatsanwaltschaft schloss sich umgehend an: „es gebe keine Anhaltspunkte für sogenannte Hetzjagden“.
Deutsche Wirtschaftsverbände und etliche Vorstandchefs großer Monopole waren auch damit beschäftigt den „Ansehensverlust“ von Deutschland zu begrenzen. Sie haben die „Bilder von Hetzjagden und Fremdenfeindlichkeit“ verurteilt… Sie fürchteten und warnten vor negativen Folgen für den „Wohlstand im Land“: „Deutsche Unternehmen sind auf der ganzen Welt aktiv und deshalb auf offene Märkte, stabile Handelsbeziehungen und gleichsam darauf angewiesen, in anderen Ländern der Welt willkommen zu sein.“ 
Der faschistische Mob und die Hetzjagd werden verharmlost! In den folgenden Tagen kam es zu weiteren Demonstrationen von FaschistInnen und zu Gegendemonstrationen von AntifaschistInnen.
Währenddessen wurde die Zusammenarbeit von „Ordnungshütern“ mit offen faschistischen Kräften in den Medien bekannt. Ein Beamter des Chemnitzer Landratsamts leitete den Haftbefehl für einen der mutmaßlichen Täter im Internet weiter an organisierte Faschisten – mit dem vollen Namen des Beschuldigten. Mitte September wurde einer der verdächtigten Männer freigelassen. Während der faschistischen Angriffe des Mobs wurden auch ein „jüdisches“ und zwei „persische“ Restaurants überfallen und demoliert. Im Oktober folgte ein Brandanschlag gegen das „türkische“ Restaurant „Mangal“.
Aber es lief auch eine breite Welle von Aktionen gegen die Hetzjagd und das Auftreten des faschistischen Mobs – Solidaritätsaktionen mit den Geflüchteten und MigrantInnen. Am 3. September 2018 wurde unter dem Motto „Wir sind mehr“ ein Solidaritäts-Konzert in Chemnitz von verschiedenen Musikgruppen u.a. Kraftclub, Tote Hosen, Feine Sahne Fischfilet ... veranstaltet. 65 000 Menschen hatten sich auf den Weg gemacht und ein Zeichen gegen Rassismus gesetzt. In zahlreichen Städten gingen spontan AntifaschistInnen und AntirassistInnen auf die Straße, um gegen die rassistischen Angriffe in Chemnitz zu protestieren.
Auch hier wurde natürlich versucht, den Protest in „staatstragenden Bahnen“ zu halten und auszunutzen. So verlogen und zynisch Außenminister Maas vor dem Konzert: „Wir müssen uns den Rechtsextremen entgegenstellen. Wir dürfen uns nicht wegducken. Wir müssen Gesicht zeigen gegen Neonazis und Antisemiten. Nur dann werden fremdenfeindliche Untaten das Ansehen Deutschlands nicht nachhaltig beschädigen.
Aber den Herrschenden ist es nicht gelungen, diese Aktionen zu einer Werbeaktion für den deutschen Imperialismus zu machen.
Letztendlich haben die Protestierenden in den zahlreichen Aktionen tatsächlich gezeigt „Wir sind mehr“ als das Faschistenpack!

Verschärfung der Polizeigesetze =
Weitere innere Faschisierung

Weitgehend unbemerkt verabschiedeten ab 2017 die ersten fünf Bundesländer ihre neuen Polizeigesetze. Erst als die bayrische Landesregierung für Mai 2018 eine zweite Verschärfung vorgenommen hatte, begann sich breiterer Widerstand zu regen. Proteste in Bayern, NRW, Brandenburg, Niedersachsen u.a. konnten bisher das Vorhaben verhindern.
NRW hat am 12. Dezember das neue Polizeigesetz verabschiedet. Laut Medien arbeiten alle Bundesländer, die noch keine neuen Polizeigesetze verabschiedet haben, daran, in naher Zukunft welche zu beschließen, außer Thüringen. Zusätzlich hat die Innenministerkonferenz im vergangenen Jahr beschlossen, ein gemeinsames Polizeigesetz (Musterpolizeigesetz) für alle Bundesländer zu entwerfen.
Allein dieses Vorhaben widerspricht dem Grundgesetz. Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz für das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht ist Ländersache. Wie bei allen anderen Beispielen zeigt sich, das Grundgesetz ist nur eine Schaufensterdekoration.
Mit den neuen Polizeigesetzen werden die Voraussetzungen für polizeiliches Eingreifen weit herabgesetzt. Freiheitsentziehende Maßnahmen, Befugnisse, insbesondere hinsichtlich verdeckter technischer Überwachung werden massiv ausgeweitet.
Zentrales Element der Veränderungen ist die Einführung der „drohenden Gefahr“. Bisher waren offiziell Eingriffe der Polizei grundsätzlich nur bei Vorliegen einer „konkreten Gefahr“ zulässig. Auch wenn in der Praxis das bereits zur Ausnahme geworden ist. Mit dem Tatbestand der „drohenden Gefahr“ wird diese nun offiziell abgesegnet. Damit sind für sogenannte Präventivmaßnahmen Tür und Tor geöffnet.
Die „Gefahrenprognosen“ der jeweiligen Polizeibehörden sind ausschlaggebend für das Vorgehen. Auch die Fristen für „vorbeugenden“ Freiheitsentzug werden geändert.
So kann in Bayern der „Gewahrsam“ (Knast) für bis zu drei Monate angeordnet und mit gerichtlicher Zustimmung unbegrenzt oft verlängert werden. Die Überschriften der neuen Polizeigesetze lauten wie folgt: Staatstrojaner, Elektroschocker, Schleierfahndung, Ausweitung der Videoüberwachung, Hausarrest, Kontaktverbote, elektronische Fußfesseln und längeres Wegsperren. Und das alles auf bloßen Verdacht hin! Parallel dazu wird die Polizei nach und nach militärisch aufgerüstet und mit geheimdienstlichen Befugnissen ausgestattet.
Konkret wird das Bayrische Polizeiaufgabengesetz (PAG) von vielen KritikerInnen als das schärfste, umfassendste, Grundrechte fressende Polizeigesetz der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte angeprangert. Und das zu Recht!
Notstandsbefugnisse werden der Polizei zugestanden, die keinen Notstand mehr als Voraussetzung haben. Entsprechend kann die Polizei Post sicherstellen, Telekommunikation abhören, Daten auslesen, verdeckte Ermittler einsetzen, mit Drohnen filmen, Bodycams nutzen usw. usf. Parallel wird der deutschlandweite Einsatz eines biometrischen Gesichtserkennungs-Systems geplant
Das bürgerliche Motto „Recht sichert Freiheit“! ist nicht mehr gültig, sondern es wird nach dem Motto: „Sicherheit sichert Freiheit“ gehandelt. Im Namen der Sicherheit wird Polizeiwillkür installiert. Während Grundrechte immer mehr abgesägt werden, wird weiter vom „Rechtsstaat“ geredet. Um die Bevölkerung weiter einzulullen! Und gleichzeitig wird die innere Faschisierung vorangetrieben.


Widerstand organisieren!
Wann wenn nicht jetzt?
Wer wenn nicht wir Werktätigen?

In vielen Städten entwickelten sich in diesem Jahr Massenproteste. Gegen die rassistische Hatz auf MigrantInnen und geflüchtete Menschen, gegen die laufende innere Faschisierung. Für offene Grenzen, demokratische Rechte für alle und für eine andere Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die die Vielfalt lebt, die Gerechtigkeit verwirklicht, die gegen Kriege, Patriarchat, Ausbeutung und Unterdrückung, gegen Armut und Ausgrenzung und Rassismus steht.
Wie diese Gesellschaft verwirklicht und organisiert werden soll, darüber gibt es zahlreiche unterschiedliche Konzepte, Alternativen und Diskussionen.
Gegen die Verschärfung der Polizeigesetze waren Zehntausende in München, Zwanzigtausende in Düsseldorf, mehr als Zehntausend in Hannover und mehrere tausend Menschen in Magdeburg, Potsdam und anderen Städten.
Gegen Rassismus, gegen Staat und Nazis demonstrierten Tausende in München. Anlässlich des erbärmlichen Endes des NSU-Prozesses im Juli. Auch in München beteiligten sich an der „Ausgehetzt-Manifestation“ Zehntausende vor den bayrischen Landtagswahlen.
In Hamburg zogen im September Tausende mit 40 Trucks in der Antirassistischen Parade unter dem Motto „United Against Racism“ durch die Straßen. Veranstaltet vor allem von geflüchteten Menschen aus vielen Ländern. Ein Zeichen der Selbstbehauptung, des Widerstandes und der Solidarität.
Im Oktober war die „Unteilbar Demonstration“ in Berlin mit 250 000 Menschen bislang die zahlenmäßig stärkste Kundgebung.
Wir haben an zahlreichen Aktionen teilgenommen und unsere revolutionäre Perspektive mit unseren Flugblättern, Zeitungen und Beiträgen zur Diskussion gestellt. Am Tag X in München haben wir in unserer Rede hervorgehoben:
Nur wer begreift, dass der Faschismus auch eine Herrschaftsform des Kapitals ist, versteht auch, dagegen zu kämpfen. Wir müssen ihn an seiner Wurzel packen. Wer bei der Bundestagswahl geglaubt hat, mit der Wahl von SPD, Grünen und Linke den Faschismus zu verhindern, irrt sich gewaltig. Wer den Boden des Parlamentarismus nicht verlässt und nicht eine revolutionäre Alternative auf der Straße, in den Betrieben, in den Schulen/Universitäten, in der gesellschaftlichen Debatte dagegen setzt, hat schon verloren…
Der Kampf gegen Rassismus, Islamophobie, Faschismus, Antisemitismus, Sexismus und Homophobie muss zugleich als ein Kampf gegen das kapitalistische-imperialistische System geführt werden.

Dezember 2018


Gegen Illusionen
in Staat und seine Institutionen

Als Reaktion auf die Beteiligung der AfD an den rassistisch-nationalistischen Nazi-Aufmärschen in Chemnitz wurden Rufe lauter, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) soll die AfD beobachten.
Seehofer sah keinen Anlass dafür. Aber die Anti-„Rechtsradikalen“-Demokraten sahen plötzlich Ge­­mein­samkeiten der AfD mit den Faschisten! Und die Lösung dafür fanden sie beim BfV. Was für eine verkehrte Welt?
So als habe es die Geschichte der NSU-Morde, die „Zu­­sammenarbeit“ der faschistischen Mörder mit V-Leuten und Verfassungsschutz in diesem Land nicht gegeben! Die Wahrheit wird geleugnet: Es war das BfV wie auch die jeweiligen Landesämter für Verfassungsschutz (LfV), die die Aufklärung der Nazi-NSU-Morde sabotierten.
Der BfV-Chef blockierte und verhinderte die Arbeit der Untersuchungsausschüsse! Es liegen Fakten auf dem Tisch: In mindestens 13 aufeinanderfolgenden Verfassungsschutzberichten wird in Bezug auf faschistische Morde bzw. Attentate festgestellt „Zurzeit gibt es in Deutschland keine rechtsterroristischen Organisationen oder Strukturen“.
Der BfV-Chef Maaßen hat sich mit Petry, Gauland und anderen AfD‘lern getroffen und beraten, wie sie einer Beobachtung durch seine Behörde entgehen können. Maaßen hat auch die Informationen aus dem BfV-Bericht noch vor dessen Veröffentlichung direkt an AfD-Bundestagsabgeordneten Brandner weitergegeben.
Also durch BfV gefütterte und gestärkte Faschisten, in diesem Fall aus der AfD, sollen von diesem BfV beobachtet werden, um den „Rechtsextremismus“ zu bekämpfen?
Das ist purer Hohn oder politische Blindheit! Im Zentrum unseres demokratischen Kampfs muss die Forderung, Verbot aller faschistischen Organisationen und Verbot von rassistischer Hetze stehen.
Die einzig richtige Forderung ist: Sofortige Auflösung des BfV und aller Geheimdienste. Mit dem BfV können keine Bürgerrechte oder demokratischen Grundrechte verteidigt werden. Im Gegenteil!