„Die Rote Front“
und die Volksdemokratie!
Auf ihrer Internetseite veröffentlichte „Die Rote Front, Kommunistisches Theorieorgan“ eine „Replik“ mit der Überschrift „Die Volksdemokratie als Form der proletarischen Diktatur“. Darin wird der erste Artikel „Theorie der Diktatur des Proletariats und der Volksdemokratie“ unserer Serie „DDR Anspruch & Wirklichkeit Antifaschistisch-demokratisch? Sozialistisch?“ kritisiert.
Sowohl aufgrund des Inhaltes als auch des Umfanges werden wir die Schrift der „Roten Front“ nicht in der Trotz alledem! veröffentlichen. Das würde den Rahmen unserer Zeitung sprengen. Daher werden wir uns in unserer Antwort auf einige grundlegende Themen beschränken. Wir bitten interessierte LeserInnen, sich den Artikel downzuloaden.
Nachfolgend wollen wir zu den wesentlichen vorgebrachten Einwänden und Kritiken unsere Position darstellen. Beim Einstieg zeigt sich eine reichlich arrogante Haltung: „Normalerweise schreibe ich keine Repliken auf Nischenblättchen von kleinen K-Gruppen in Deutschland, denn von ihnen gibt es zu viele, um alle im Blick zu haben und ihr praktischer Einfluss ist annähernd null. Manche, wie die Komintern (SH), hat man etwas im Blick, um sein Gemüt mit Lachen zu erheitern über ihre Inhalte.
Hier mache ich jedoch eine Ausnahme von der Regel, weil es sich um ein Thema handelt, das viele Genossen auch unabhängig von der Zeitschrift ‚Trotz Alledem‘ nicht richtig verstehen. Deshalb ist es für sie gewissermaßen ein ‚Die Akazie verfluchen, aber auf den Maulbeerbaum zeigen.‘ – Kritik an jemand anderem üben, aber das Gegenüber meinen. Außerdem bat mich ein Genosse darum, eine Replik zu verfassen.“
Aber das ficht uns nicht weiter an. Der Kernpunkt der inhaltlichen Auseinandersetzung ist das Verständnis des Charakters der Volksdemokratie. Der Autor von „Rote Front“ lehnt unsere Einschätzung, dass die Volksdemokratie keine Form der Diktatur des Proletariats ist, ab.
In der kompletten „Replik“ geht es darum, unsere These zu widerlegen und das mit einer durch und durch revisionistischen Linie. Von den VerfasserInnen werden marxistisch-leninistische Grundpositionen von Lenin, Dimitroff und Mao ganz offen revidiert.
Bevor wir uns mit der Kritik beschäftigen, müssen wir selbstkritisch feststellen, dass zumindest eine Kritik an uns berechtigt ist: Nämlich die Kritik, dass wir die SED als „Sozialdemokratische Einheitspartei Deutschlands“ bezeichnet haben.Ja, diesen Schreibfehler haben wir aus Versehen gemacht. Aber der Autor stellt dies so hin, als sei das „bestimmt kein Zufall, sondern eine Unterstellung“. Wer unsere Folge-Artikel gelesen hat, kann selber feststellen, dass wir die SED als Sozialistische Einheitspartei Deutschlands einschätzen und unsere Kritiken auch offen benennen. Daher lehnen wir es ab, dass wir „absichtlich“ den Namen der SED gefälscht hätten.
Laut Autor ist die wesentliche Kritik an unseren Positionen: „Es soll hier hauptsächlich um die Kernfehler des Artikels gehen. Um eine Struktur in die Replik reinzubringen, werden die wesentlichen falschen Thesen hier herausgegriffen und Punkt für Punkt dargelegt:
1. Die Volksdemokratie sei keine Diktatur des Proletariats, weil sie ‚Teile der Bourgeoisie‘ umfassen würde; die Diktatur des Proletariats hingegen bestehe aus der Arbeiterklasse und allen Werktätigen. Dazu kommt noch die Wortklauberei bei Lenin-Zitaten zu diesem Thema.
2. Dimitroffs Ansichten über die Volksfront und Einheitsfront, sowie nach der Septemberrevolution in Bulgarien.
3. Die Genossenschaft würden ‚zu kapitalistischen Eigentumsverhältnissen tendieren.‘ und die Sowjetunion sei schon 1919 sozialistisch gewesen.
4. Formelle Anerkennung dessen, dass der Kampf um den Sozialismus in jedem Land etwas anders verläuft, während man aber im gleichen Artikel die Volksdemokratien dafür attackiert, dass sie nicht einfach die Sowjetunion mit Haut und Haar kopiert haben.
5. Das Drei-Punkte-Schema über das, was laut ‚Trotz Alledem‘ eine Diktatur des Proletariats ausmachen soll.“ („Replik“)
Also, es geht letztendlich darum, was ist die Diktatur des Proletariats? Was ist die Volksdemokratie? Ob die Volksdemokratie eine Form der Diktatur des Proletariats ist oder nicht?
Wir haben in dem Artikel, der von dem Autor kritisiert wird, unsere Einschätzung dargelegt. Trotzdem scheint es notwendig, noch einmal das ABC des Marxismus-Leninismus hinsichtlich der Diktatur des Proletariats, hinsichtlich des Charakters der Sowjetform eines Staates etc. bewusst zu machen.
Sowohl Sklavenhaltergesellschaft, Feudalgesellschaft als auch kapitalistische Gesellschaft sind auf Ausbeutung beruhende Gesellschaftsformationen. Sie haben alle die gleiche Grundlage – das Privateigentum an den Produktionsmitteln. Weil das so ist, reifte die jeweils neue sozialökonomische Formation allmählich im Schoße der alten Produktionsweise heran.
So entfaltete sich die bürgerliche Revolution gewöhnlich bei Vorhandensein mehr oder weniger fertiger Formen der kapitalistischen Ordnung, die bereits im Schoße des Feudalismus herangewachsen und ausgereift waren. Die Hauptfunktion der bürgerlichen Revolution bestand darin, dass die Bourgeoisie die politische Macht ergreift, um sie mit der vorhandenen, ja, nach und nach vorherrschenden kapitalistischen Wirtschaft in Übereinstimmung zu bringen.
Ziel der proletarischen Revolution ist, dass das bürgerliche Privateigentum an den Produktionsmitteln durch das gesellschaftliche Eigentum abgelöst wird und die Beseitigung jeglicher Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Sie findet keinerlei fertige Formen der sozialistischen Wirtschaft vor. Die sozialistische Formation, die sich auf das gesellschaftliche Eigentum an den Produktionsmitteln gründet, kann nicht im Schoße der auf dem Privateigentum beruhenden bürgerlichen Gesellschaft heranwachsen.
Die Aufgabe der proletarischen Revolution ist, die Macht des Proletariats zu errichten und eine neue, die sozialistische Wirtschaft, aufzubauen. Die Eroberung der politischen Macht durch die ArbeiterInnenklasse ist nur der Beginn der proletarischen Revolution, wobei diese als Hebel für die Umwandlung der alten Wirtschaft und für die Organisierung der neuen eingesetzt wird.
Aus dieser marxistisch-leninistischen Ansicht schlussfolgernd haben wir in unserem Artikel klar dargestellt: Die politische Voraussetzung für den Sozialismus ist die Errichtung der Diktatur des Proletariats. Ohne Errichtung der Diktatur des Proletariats kann keine Rede vom Sozialismus sein. Ohne Diktatur des Proletariats sind keine „sozialistischen Umwälzungen“ möglich.
Die Kommunistische Internationale (KI) hat diese marxistisch-leninistische Analyse ihrem Programm zugrunde gelegt: „Die Eroberung der Macht durch das Proletariat ist die Voraussetzung der Entwicklung sozialistischer Wirtschaftsformen und des kulturellen Wachstums des Proletariats. Das Proletariat gestaltet seine eigene Natur um, reift zum Lenker der Gesellschaft auf allen Gebieten menschlicher Betätigung heran, zieht in diesen Umbildungsprozeß auch die übrigen Klassen hinein und schafft damit die Grundlage für die Beseitigung der Klassen überhaupt.“
Was ist die Diktatur des Proletariats?
In unserem Artikel, der von dem Autor kritisiert wird, stellen wir fest: „Die Diktatur des Proletariats ist keine Revolution unter Führung der ArbeiterInnenklasse, an der sich auch Teile der Bourgeoisie beteiligen, um mit an die Macht zu kommen. Sie ist nur die Macht des Proletariats im Bündnis mit allen Werktätigen bzw. unterdrückten Schichten. Die Bourgeoisie wird in der Diktatur des Proletariats nicht an der politischen Macht beteiligt sein.“
Das heißt, was die Diktatur des Proletariats ausmacht, ist die ungeteilte Macht der ArbeiterInnenklasse im Bündnis mit allen Werktätigen. Aus den Schriften von Marx, Engels, Lenin, Stalin oder der Kommunistischen Internationale können unzählige Beispiele angeführt werden, wie sie genau diesen Wesenszug der Diktatur des Proletariats definiert haben. Wir beschränken uns mit einer Definition von Lenin:
„Das Wort ‚Diktatur des Proletariats‘ ist ein lateinisches Wort, und kein werktätiger Mensch, der es hörte, verstand, was das ist, wie das im Leben verwirklicht wird. Jetzt ist dieses Wort aus dem Lateinischen in die modernen Sprachen der Völker übersetzt, jetzt haben wir gezeigt, das die Diktatur des Proletariats die Sowjetmacht ist, die Macht, in der die Arbeiter sich selber organisieren und sagen: ‚Unsere Organisation steht höher als alle; niemand, der nicht Werktätiger ist, kein einziger Ausbeuter hat das Recht, an dieser Organisation teilzunehmen. Diese Organisation ist ganz und gar auf ein einziges Ziel gerichtet – auf den Sturz des Kapitalismus.“
Die Diktatur des Proletariats ist die Arbeitermacht im Bündnis mit den Werktätigen, wo „kein einziger Ausbeuter“ an dieser Macht teilnimmt. Das Ziel, Sturz des Kapitalismus, ist mit Teilen der Bourgeoisie an der Macht unmöglich umzusetzen. Wer den Kapitalismus stürzen und den Sozialismus aufbauen will, muss sich für die Errichtung der Diktatur des Proletariats einsetzen.
Diskussion über die Form des Staates
Über dieses Thema haben wir bisher keine ausführliche Diskussion geführt. Aber wir haben Dimitroff kritisiert, dass er eine parlamentarische Form mit der sowjetischen Form gleichgestellt hat und statt über den Inhalt über die Form der Macht diskutiert. Die bisherigen Versuche und Erfahrungen zeigen, dass die beste Form der Machtausübung des Proletariats über die Sowjets (Räte) möglich ist.
Es scheint aber, dass von unserem Kritiker der Zusammenhang des Klassencharakters eines Staates mit der Organisationsform des Staates nicht verstanden wird.
Die Frage ist, wie ein Staat organisiert und welche Form für die Diktatur des Proletariats am besten geeignet ist. Ist es die historisch überholte repräsentative (parlamentarische) Demokratie oder die entwickeltere Form der direkten, die werktätigen Massen einbindende Sowjet-Demokratie.
MarxistInnen-LeninistInnen haben diese Frage bereits nach der Oktoberrevolution, als die Sowjetmacht errichtet wurde, beantwortet. Zum Beispiel die Kommunistische Internationale auf ihrem II. Weltkongress:
„Der Parlamentarismus ist eine bestimmte Form der Staatsordnung; daher kann er durchaus nicht die Form der kommunistischen Gesellschaft sein, die weder Klassen noch Klassenkampf, noch irgend eine Staatsmacht kennt. Der Parlamentarismus kann auch keine Form der proletarischen Staatsverwaltung in der Uebergangsperiode von der Diktatur der Bourgeoisie zur Diktatur des Proletariats sein.
Im Augenblick des zugespitzten Klassenkampfes, im Bürgerkrieg, muß das Proletariat seine staatliche Organisation unvermeidlich als Kampfesorganisation aufbauen, in welche die Vertreter der früher herrschenden Klassen nicht zugelassen werden. Dem Proletariat ist in diesem Stadium jede Fiktion des ‚Volkswillens‘ direkt schädlich. Das Proletariat bedarf keiner parlamentarischen Teilung der Macht, sie ist ihm schädlich. Die Form der proletarischen Diktatur ist die Sowjetrepublik.“
Warum wird die Sowjetform als die Form der proletarischen Staatsverwaltung favorisiert? Weil, so Lenin: „Die Sowjets sind die unmittelbare Organisation der werktätigen und ausgebeuteten Massen selbst, die es ihnen erleichtert, den Staat selbst einzurichten und in jeder nur möglichen Weise zu leiten.
Gerade die Vorhut der Werktätigen und Ausgebeuteten, das städtische Proletariat, erhält hierbei den Vorzug, da es durch die Großbetriebe am besten vereinigt ist; es kann am leichtesten wählen und die gewählten Deputierten kontrollieren.
Die Sowjetorganisation erleichtert automatisch den Zusammenschluß aller Werktätigen und Ausgebeuteten um ihre Vorhut, das Proletariat. Der alte bürgerliche Apparat – das Beamtentum, die Privilegien des Reichtums, der bürgerlichen Bildung, der Beziehungen usw. (diese tatsächlichen Privilegien sind um so mannigfaltiger, je entwickelter die bürgerliche Demokratie ist) – all das fällt bei der Sowjetorganisation fort.“
Eine parlamentarische Form schließt die direkte Beteiligung der ArbeiterInnen und werktätigen Massen an der Staatsverwaltung aus.
Die ArbeiterInnen und Werktätigen können unter einer Herrschaft mit parlamentarischer Form nicht lernen, den Staat selber zu lenken. In einer parlamentarischen Form der Leitung des Staates werden die ArbeiterInnen im besten Fall zu „gleichberechtigten“ WählerInnen, die in bestimmten Zeitabständen ihr Votum abgeben dürfen und von den „gewählten VertreterInnen“ regiert werden.
Sie sind nicht die LenkerInnen des Staates. Ohne dass die Massen befähigt werden, ihren Staat selber zu leiten und das auch tun, wird weder der Sozialismus aufgebaut noch kann sich die sozialistische Gesellschaft zu einer kommunistischen entwickeln, in der der Staat abstirbt.
In diesem Zusammenhang führen die Revisionisten des Marxismus-Leninismus das folgende Zitat von Lenin an: „Alle Nationen werden zum Sozialismus gelangen, das ist unausbleiblich, aber keine auf genau die gleiche Art und Weise, jede wird zu dieser oder jener Form der Demokratie, zu dieser oder jener Abart der Diktatur des Proletariats, zu diesem oder jenem Tempo der sozialistischen Umgestaltung der verschiedenen Seiten des gesellschaftlichen Lebens etwas Eigenes beitragen. Nichts wäre theoretisch jämmerlicher und in der Praxis lächerlicher, als sich ´im Namen des historischen Materialismus´ in dieser Hinsicht die Zukunft grau in grau vorzustellen: das wäre so etwas wie die Pinseleien der Susdaler Ikonenmaler, nichts anderes.“
Dies wird auch von dem Autor von „Die Rote Front“ zitiert und erläutert: „Revisionisten zitieren diesen Satz gerne, um ihre kapitalistischen Praktiken zu rechtfertigen.“ („Replik“) Sehr richtig! Was wir ergänzen können, ist, dass auch der Autor selbst zu dieser Kategorie gehört!
So diskutierte Lenin in seiner Schrift „Über eine Karikatur auf den Marxismus“ 1916, als er noch wie Marx und Engels von einer „Demokratischen Republik“ sprach. Was Lenin aber nach der Februarrevolution 1917 in seinem Werk „Staat und Revolution“ analysiert und nach der Oktoberrevolution vertreten hat, wird einfach unter den Teppich gekehrt: „Der Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus muß natürlich eine ungeheure Fülle und Mannigfaltigkeit der politischen Formen hervorbringen, aber das Wesentliche wird dabei unbedingt das eine sein: die Diktatur des Proletariats.“
Die RevisionistInnen revidieren den Marxismus-Leninismus unter anderem auch dadurch, dass sie die Volksdemokratie zu einer „Form der Diktatur des Proletariats“ deklarieren. Damit wird in Worten die Diktatur des Proletariats anerkannt, während sie deren Klassencharakter verschleiern. Dabei wird auch Lenins Haltung über die Formen revidiert.
Lenin spricht für die Zukunft, dass die Kämpfe der ArbeiterInnenklasse und Werktätigen neue Formen hervorbringen können. Was machen die RevisionistInnen daraus? Die parlamentarische Form der Herrschaft, die von Lenin und allen KommunistInnen damals klar abgelehnt wurde, wird als eine Form der Diktatur des Proletariats ausgegeben. Lenin vertritt aber genau das Gegenteil:
„Für den Übergang von der bürgerlichen zur sozialistischen Gesellschaftsordnung, für die Diktatur des Proletariats, ist die Republik der Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten nicht nur eine Form demokratischer Einrichtungen von höherem Typus (im Vergleich zur gewöhnlichen bürgerlichen Republik mit einer Konstituierenden Versammlung als ihrer Krönung), sondern sie ist auch die einzige Form, die imstande ist, den schmerzlosesten Übergang zum Sozialismus zu sichern.“
Kurz gesagt, wer das Zitat von Lenin aus „Über eine Karikatur auf den Marxismus“ benutzt, um die parlamentarische Form als eine Form der Diktatur des Proletariats zu deklarieren, revidiert die marxistisch-leninistische Theorie über die Form der Diktatur des Proletariats. Das haben Anfang 1946 Anton Ackermann und Wilhelm Pieck benutzt, um die Theorie über den „besonderen deutschen Weg zum Sozialismus“ zu rechtfertigen.
Später, besonders ab 1948, wurde dieses Zitat von denjenigen, die die Volksdemokratie als eine Form der Diktatur des Proletariats definiert haben, benutzt. Und 2020 wird diese revisionistische Theorie auch von dem Autor von „Die Rote Front“ vehement verteidigt.
„Friedlicher Übergang“
Die angebliche Möglichkeit eines „friedlichen Übergangs“ vom Kapitalismus zur Volksdemokratie, die zu einer Form der Diktatur des Proletariats erklärt wird, wird gegen den notwendigen, gewaltsamen, revolutionären Sturz der Diktatur der Bourgeoisie gestellt.
Für die RevisionistInnen ist der gewaltsame Sturz identisch mit einem Bürgerkrieg. Wenn es aber nicht zum Bürgerkrieg kommt, sei das ein „friedlicher Übergang“ vom Kapitalismus zum Sozialismus. Damit wird der Marxismus-Leninismus doppelt revidiert.
Der gewaltsame Sturz findet seinen Ausdruck nicht einzig und allein im Bürgerkrieg. Gewalt kann unterschiedliche Formen annehmen. Wenn z.B. die ArbeiterInnenklasse und die werktätigen Massen stark organisiert und bewaffnet sind, können sie in einem Aufstand die Bourgeoisie stürzen, das Heer zerschlagen. Wenn die Bourgeoisie nicht in der Lage ist, einen Bürgerkrieg anzuzetteln und sich infolgedessen ergibt, ist das auch ein gewaltsamer Sturz.
Der Autor von „Die Rote Front“ singt eine Loblied auf den „friedlichen Übergang“. Dabei wird auch Mao Zedong als „Zeuge“ angerufen und aus dem marxistisch-leninistischen Text von Mao eine revisionistische Karikatur gemacht. Nur weil Mao sagt „Wir wollen ein Hinüberwachsen ohne Blutvergießen“, macht der Autor daraus, Mao trete für den „friedlichen Übergang“ ein. Was ist die marxistisch-leninistische Haltung? Was soll als programmatisch festgelegt werden?
Lenin stellt prinzipiell fest: „Die Frage der Diktatur des Proletariats ist so wichtig, daß jemand, der sie ablehnt oder nur in Worten anerkennt, nicht Mitglied der sozialdemokratischen (kommunistischen Anm. TA) Partei sein kann.
Aber es läßt sich nicht leugnen, daß es in einzelnen Fällen, als Ausnahme, z. B. in einem kleinen Staat, nachdem in großen Nachbarstaat die soziale Revolution gesiegt hat, möglich ist, daß die Bourgeoisie friedlich die Macht abtritt, wenn sie sich von der Aussichtslosigkeit des Widerstands überzeugt und es vorzieht, ihre Haut zu retten. Viel wahrscheinlicher ist es allerdings, daß auch in den kleinen Staaten der Sozialismus nicht ohne Bürgerkrieg verwirklicht wird, und deshalb muß das Programm der internationalen Sozialdemokratie einzig die Anerkennung eines solchen Krieges sein, wenn auch Gewalt gegen Menschen nicht unserem Ideal entspricht. Dasselbe gilt mutatis mutandis (mit entsprechenden Änderungen) auch für die Nationen.“
Ja, wer von einer theoretischen Möglichkeit ausgehend diese zum programmatischen Ausgangspunkt macht und infolgedessen die ArbeiterInnenklasse und die Werktätigen nicht auf einen Bürgerkrieg vorbereitet, revidiert die marxistisch-leninistische Theorie. Der Sturz der Macht der Bourgeoisie kann nur gewaltsam verwirklicht werden. Was wir bisher kurz zusammengefasst dargestellt haben, sind einige grundlegende Punkte, die MarxistInnen-LeninistInnen von den RevisionistInnen trennen.
Fünf Kritik-Punkte von
„Die Rote Front“
* „Fangen wir nun mit dem ersten Punkt an, der Frage der Volksdemokratie und der Diktatur des Proletariats. ‚Trotz Alledem‘ behauptet ja, die Volksdemokratie sei keine Diktatur des Proletariats, weil sie ‚Teile der Bourgeoisie‘ umfassen würde. Dabei wird nirgends klar, was diese ‚Teile der Bourgeoisie‘ genau sein sollen.“
Ja, wir sind der Meinung, die Volksdemokratie ist weder Diktatur des Proletariats noch eine Form der Diktatur des Proletariats.
Der Autor hat nicht einmal verstanden, dass die Theoretiker der Volksdemokratie am Anfang nicht behauptet haben, die Volksdemokratie sei die Diktatur des Proletariats. Stattdessen gingen sie von einer Herrschaft aus, die „die Funktionen der Diktatur des Proletariats“ ausübt!
Warum die Volksdemokratie keine Diktatur des Proletariats ist, haben wir bereits begründet. Der Charakter eines Staates und einer Gesellschaft wird von dem Klassencharakter der konkreten politischen Macht bestimmt. Bei allen Volksdemokratien waren Teile der Bourgeoisie mit an der Macht. Das ist der grundlegende Unterschied zur Macht der ArbeiterInnenklasse im Bündnis mit den Werktätigen.
Wer waren die „Teile der Bourgeoisie“, die mit an der Macht waren? Der Autor behauptet „Dabei wird nirgends klar, was diese ‚Teile der Bourgeoisie‘ genau sein sollen.“ Wir haben in unserem Artikel direkt Dimitroff zitiert, welche Klassen in Bulgarien über ihre politischen VertreterInnen mit an der Macht beteiligt waren: Die Kleinbourgeoisie, Mittel- und Großbauern und „antideutsche Elemente der Bourgeoisie“. (TA 81, S. 26) Also war nicht „angeblich“ sondern faktisch ein Teil der Bourgeoisie mit an der Staatsmacht!
Diese Teile der Bourgeoisie waren Bündnispartner des Proletariats im antifaschistischen Krieg und in der demokratischen Revolution. Sie gehörten in diesem Stadium der Revolution zum „Volk“. Dass sie an der „Volksmacht“, „Volksdemokratie“, in dem „volksdemokratischen Staat“ ihren Anteil hatten, war folgerichtig. Allerdings kann mit einer solchen Staatsmacht nicht der Sozialismus aufgebaut werden. Die Voraussetzung ist das Vorhandensein der Diktatur des Proletariats! Dazu müssen die an der „Volks-Macht“ beteiligten Teile der Bourgeoisie im Verlauf des revolutionären Kampfes entmachtet werden!
Hier ein weiteres Beispiel, wie Lenin revidiert wird. Der Autor zitiert Lenin vom August 1918: „Die Sowjets der Arbeiter und Bauern, das ist ein neuer Staatstypus, ein neuer, höherer Typus der Demokratie, das ist eine Form der Diktatur des Proletariats, die Art und Weise, den Staat ohne die Bourgeoisie und gegen die Bourgeoisie zu regieren.“
Lenin spricht von „Die Sowjets der Arbeiter und Bauern“, einem Staatstyp ohne Bourgeoisie und gegen die Bourgeoisie. Was macht der Autor daraus? Weil von „Arbeitern und Bauern“ gesprochen wird, behauptet er: „Lenin sah also sehr wohl das Bündnis der Arbeiterklasse mit der Bauernschaft als Diktatur des Proletariats (…).“ („Replik“)
Das ist eine bewusste Verfälschung Lenins! Er spricht ausdrücklich nicht von der gesamten Bauernschaft. Sondern von den armen Bauern und Bäuerinnen, die in den Sowjets organisiert waren, die „Bauern, die in Soldatenkleider gesteckt wurden“. Das waren die armen, meist landlosen Bauern und Bäuerinnen, die Dorfarmut! Es waren nicht die Kulaken. Nicht die GroßgrundbesitzerInnen. Aber das interessiert die RevisionistInnen nicht!
Mit der Bourgeoisie kann kein Kampf gegen die Bourgeoisie geführt werden. Das ist genau der Kern, den die RevisionistInnen bei diesem Thema in der Theorie des Marxismus-Leninismus revidiert haben.
Der Autor behauptet auch: „Im März/April 1909 sah Lenin allerspätestens, dass die Diktatur des Proletariats auch im Bündnis mit der Bauernschaft noch eine ist und wies dort die darauf bezogene Beschuldigung zurück, dass dies bloß ‚volkstümlerisches Gedankengut‘ sei.“ („Replik“)
Das ist eine offensichtliche Fälschung der Fakten. Lenin hat weder vor 1909 noch nach 1909 eine solche Position vertreten. Was sagt Lenin in diesem Artikel wirklich? „Der Gedanke, die revolutionäre Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft bedeute, daß die Sozialdemokraten in volkstümlerischem Gedankengut befangen seien, kann nur ein Lächeln hervorrufen. Einen solchen Vorwurf müßten die so denkenden Quasi-Marxisten vor allem gegen Kautsky, Marx und Engels erheben. In allen großen bürgerlichen Revolutionen konnte den entscheidenden Sieg nur das (mehr oder minder entwickelte) Proletariat im Bündnis mit der Bauernschaft erringen, und das ist auch die Voraussetzung für den Sieg der bürgerlichen Revolution in Rußland.“
Lenin spricht hier eindeutig von der bürgerlichen demokratischen Revolution und von revolutionärer Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft. Die „Bauernschaft“, von der hier Lenin spricht, ist die Bauernschaft, die auch die Kapitalisten im Dorf miteinbezieht. Darum redet Lenin auch bewusst von einer „Diktatur der Arbeiter und Bauern“ und nicht von der „Diktatur des Proletariats“!
Der Klasseninhalt/-charakter der Diktatur der ArbeiterInnen und BäuerInnen ist identisch mit dem Klasseninhalt/-charakter der volksdemokratischen Diktatur. Das ist weder die Diktatur des Proletariats noch „eine Form“ davon! Unser „Kritiker“ verfälscht hier unverfroren Lenin, in dem er ihm die Meinung andichtet, Lenin würde „die Diktatur der Arbeiter und Bauern“ als eine Form der Diktatur des Proletariats sehen!
In „Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution“ spricht Lenin von „Klassenkampf gegen die gesamte Bourgeoisie“ und der Autor kommt zu der Schlussfolgerung: „Wie aufgezeigt, wäre es falsch zu behaupten, dass Lenin mit ‚gesamter Bourgeoisie‘ nicht nur das Großkapital und dessen Linie meint, sondern auch die Kleinbourgeoisie. Mit Bourgeoisie ohne weitere Zusätze ist stets die Großbourgeoisie gemeint, weil sie sozusagen die ‚Bourgeoisie im eigentlichen Sinne‘ ist.“ („Replik“)
Lenin braucht keine revisionistischen Übersetzer! Wenn er von der „gesamten Bourgeoisie“ redet, meint er auch die gesamte Bourgeoisie, Klein-, Mittel- oder/und Großbourgeoisie! Diese Revidierung von Lenin zeigt deutlich, dass der Autor eine antimonopolistische aber nicht eine gesamt-antikapitalistische Haltung vertritt. Alle Bourgeois/Kapitalisten außerhalb der Großbourgeoisie werden nicht als Bourgeoisie und GegnerInnen der proletarischen Macht eingeschätzt.
Das ist auch purer Revisionismus. Dies war einer der größten Fehler der Kommunistischen Weltbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg. Was unter anderem zu der revisionistischen Theorie führte, dass mit Teilen der Bourgeoisie der Sozialismus aufgebaut werden könnte.
Der Autor verfälscht auch unsere Bewertung von Mao Zedongs Einschätzung über „die Neue Demokratie“. Nach dem Zitat von Mao über die drei grundlegenden Typen von Staatsystemen in der Welt wird behauptet: „Wo die Sophisterei von ‚Trotz Alledem‘ beginnt, ist die Unterstellung, dass die Neue Demokratie praktisch eine Diktatur der Bourgeoisie sei, weil ihre Klasse ja noch bestehen würde in Teilen.“ („Replik“)
Im Gegenteil. Wir verteidigen in unserem Artikel die richtige Analyse von Mao: Die „Neue Demokratie“ bzw. die Volksdemokratie ist weder Diktatur der Bourgeoisie noch Diktatur des Proletariats.
Sie ist nicht mehr die alleinige Diktatur der Bourgeoisie und sie ist noch nicht die alleinige Diktatur des Proletariats! Und dies nicht deswegen, weil Teile der Bourgeoisie noch existieren, sondern weil Teile der Bourgeoisie mit an der politischen Macht sind. Die Volksdemokratie ist das Ergebnis einer demokratischen (antifaschistischen, antiimperialistischen, antifeudalen) Revolution unter Führung des Proletariats.
* „Punkt zwei: Über Dimitroffs Ausführungen. Erst einmal zur Volksdemokratie in Bulgarien. ‚Trotz Alledem‘ zitiert aus Werken von Dimitroff nach der Septemberrevolution 1944, um zu ‚beweisen‘, dass die Volksrepublik Bulgarien keine Diktatur des Proletariats gewesen sei. Hier seien die Unteranschuldigungen kurz aufgelistet:
1. Bulgarien habe keine sozialistische Revolution gehabt und deshalb keine Diktatur des Proletariats.
2. Wegen der Zulassung von kleinem Privateigentum seien ‚Teile der Bourgeoisie‘ an der Macht.
3. Dimitroff habe eine „Zwischenetappe“ zwischen bürgerlicher und proletarischer Diktatur vertreten.“ („Replik“)
Dimitroff selbst vertritt auch, dass mit der Errichtung der Macht der „Vaterländischen Front” nach dem 9. September 1944 in Bulgarien keine Diktatur des Proletariats errichtet wurde. Das war und ist richtig.
Bis etwa Ende 1947 wurde in Bulgarien keine konkrete Propaganda für den Sozialismus unter den Werktätigen betrieben. Und Dimitroff selbst hat bis zum V. Parteitag der Bulgarischen Arbeiterpartei (Kommunisten) die Volksdemokratie nicht als Form der Diktatur des Proletariats bezeichnet, obwohl sie Ende 1947 Anfang 1948 angefangen haben, von Sozialismus als Ziel zu sprechen.
Das sind die Fakten und wir sagen deutlich, dass in Bulgarien keine Diktatur des Proletariats errichtet wurde. Da die politische Voraussetzung des Sozialismus – die Existenz der Diktatur des Proletariats – fehlte, gab es auch keinen Sozialismus!
Der Autor stellt unsere Haltung weiter auf den Kopf: „2. ‚Trotz Alledem‘ ereifert sich sehr darüber, dass in Bulgarien noch kleines Privateigentum zugelassen worden ist. Wieder fangen sie deshalb an von ‚Teilen der Bourgeoisie‘ zu reden. Dimitroff machte klar, dass die Großbourgeoisie enteignet wurde“. („Replik“)
Wir haben nirgendwo behauptet, wegen der Zulassung von kleinem Privateigentum seien Teile der Bourgeoisie an der Macht. Es ist umgekehrt: Weil Teile der Bourgeoisie mit an der Macht waren, wurde per Verfassung das Privateigentum – und übrigens nicht nur kleines Privateigentum – und das „Prinzip der privaten Wirtschaft“, das heißt kapitalistische Wirtschaftsstrukturen, unter Schutz gestellt. Das war für die Volksdemokratie notwendig und richtig.
Aber das als Sozialismus zu bezeichnen, ist völlig falsch und eine Revision des Marxismus-Leninismus. Dabei wird wiederum die Bourgeoisie mit der Großbourgeoisie gleichgestellt. Wenn die Großbourgeoisie und GroßgrundbesitzerInnen enteignet sind, existiert laut Logik des Autors keine Bourgeoisie mehr!
Der Kritiker weiß selber nicht, worum es bei der Diskussion über die „Zwischenetappe“ geht. Erst wird gesagt: „3. Dimitroff habe eine ‚Zwischenetappe‘ zwischen bürgerlicher und proletarischer Diktatur vertreten.“ Und dann weiter im Text: „ ‚Trotz Alledem‘ unterstellt, dass laut Dimitroff eine ‚demokratische Zwischenetappe zwischen Faschismus und Sozialismus‘ möglich sei. Dem ist aber nicht so, das Gegenteil ist wahr.“
Trotz des Unterschieds zwischen beiden Themen ändert sich letztendlich die Haltung des Autors in dieser Frage nicht. Die Ablehnung einer demokratischen Revolution unter Führung der Kommunistischen Partei und der ArbeiterInnenklasse führt den Autor zu der Behauptung, Dimitroff habe keine Zwischenetappe, das heißt eine demokratische Revolution unter Führung der ArbeiterInnenklasse, die weder bürgerlicher noch proletarischer Diktatur ist, vertreten. Das wird auch hinsichtlich der Einheitsfrontregierung, die den Kampf gegen den Faschismus führte, vertreten.
Ob von einer „Zwischenetappe“ oder „Übergangsform“ gesprochen wird, ändert nichts an dem Inhalt, den Dimitroff und die KI vertreten haben. In dem vom Autor angeführten Zitat wird festgestellt: „Möglicherweise wird die Einheitsfrontregierung in einer Reihe von Ländern sich als eine der wichtigsten Übergangsformen erweisen.“
Das zählt für den Autor nicht. Wichtig ist für ihn, dass Dimitroff in der Polemik gegen die „Rechtsopportunisten“ das von ihnen vertretene „demokratische Zwischenstadium“ ablehnt.
Hier zeigt sich die nächste Wortklauberei! Was vertreten Dimitroff und die KI hinsichtlich der Einheitsfrontregierung? „Ich spreche hier nicht von einer Regierung, die nach dem Siege der proletarischen Revolution gebildet werden kann. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, daß in irgendeinem Lande gleich nach dem revolutionären Sturz der Bourgeoisie eine Sowjetregierung auf der Basis eines Regierungsblockes der Kommunistischen Partei mit einer bestimmten Partei (oder ihrem linken Flügel), die an der Revolution teilnimmt, gebildet werden kann. (…) Das ist vor allem eine Regierung des Kampfes gegen Faschismus und Reaktion.
Das muß eine Regierung sein, die als Ergebnis der Einheitsfrontbewegung entstanden ist und die in keiner Weise die Tätigkeit der Kommunistischen Partei und der Massenorganisationen der Arbeiterklasse einschränkt, sondern, im Gegenteil, entschiedene Maßnahmen gegen die konterrevolutionären Finanzmagnaten und ihre faschistischen Agenten trifft.“
Demnach ist für Dimitroff und die KI die Einheitsfrontregierung keine Regierung der proletarischen Diktatur. Das haben wir in unserem Artikel i auch aus der Resolution der KI zitiert. Fakt ist, dass die KI und Dimitroff im Kampf gegen den Faschismus eine „demokratische Zwischenetappe“ zwischen dem Faschismus und dem Sozialismus als möglich betrachteten und vertreten haben. Und das war auch richtig!
Was die Zwischenetappe zwischen bürgerlicher und proletarischer Diktatur betrifft, trat auch Dimitroff für die Möglichkeit einer demokratischen Revolution ein, unter Führung der Kommunistischen Partei und der ArbeiterInnenklasse, deren Ergebnis nicht die Diktatur des Proletariats wird.
Die Volksdemokratie war bis Ende 1948 für Dimitroff auch keine Sowjetmacht. „Das Volk muß sein Wort sprechen, muß es frei sprechen. Die Wahlen müssen und werden die Grundlagen unserer bulgarischen Demokratie festigen. Das ist keine sowjetische sozialistische Demokratie, aber es ist auch nicht die falsche, verlogene Demokratie Muschanoffs.“
Und weiter: „Das wird keine Sowjetmacht sein, doch es wird ein Regime der Volksdemokratie, der Ordnung und Gesetzlichkeit, ein Regime der sparsamen Verwendung der Volksmittel und -kräfte, des Aufbaus, der Wiederherstellung unseres Landes und der Sicherung unserer nationalen Unabhängigkeit und staatlichen Souveränität sein.“
Was ist diese Macht denn? Ist das die Diktatur der Bourgeoisie oder die Diktatur des Proletariats? Oder ein „Zwischending“? Weder Diktatur der Bourgeoisie, noch Diktatur des Proletariats! Der Autor kommt zu dem Ergebnis: „Jedenfalls ist die Schlussfolgerung von ‚Trotz Alledem‘ über die Einheitsfrontregierung, dass sie keine Diktatur des Proletariats bedeute, falsch.“ („Replik“)
Damit wird der Revisionismus auf eine höhere Stufe getrieben. Weder Dimitroff noch die KI haben vertreten, dass die Einheitsfrontregierung die Diktatur des Proletariats sei. Der Autor versucht, mit allen seinen revisionistischen Theorien zu beweisen, dass die Volksdemokratie die Diktatur des Proletariats sei.
Dass Volksdemokratien keine Räterepubliken waren, wäre für den Autor „das Neue“. „Es war eine neue Staatsform, kein neuer Staatsinhalt.“ („Replik“)!!? Was das heißt, sollen unsere LeserInnen selbst entscheiden…
Unter diesem „Punkt Zwei“ wird u.a. auch Stalin als „Zeuge“ herangezogen. „Auch Stalin erkannte die volksdemokratischen Staaten als Diktaturen des Proletariats an, immerhin nannte er sie auf dem XIX. Parteitag der KPdSU im Oktober 1952 ‚Stoßbrigaden‘, die neben der Sowjetunion entstanden seien und den Kampf um den Sozialismus für die werktätigen Völker, die noch nicht die Macht errungen haben, die Arbeit vereinfachen.“ („Replik“)
Die Formulierung Stalins „Stoßbrigaden“ zu benutzen, um daraus seine Anerkennung der Volksdemokratien zu Diktaturen des Proletariats zu erklären, ist wirklich läppisch. In Stalins Schriften gibt es keine einzige Stelle, wo er diese Meinung vertritt, die entstandenen volksdemokratischen Staaten seien Diktaturen des Proletariats! Sie seien sozialistische Staaten!
Auch die DDR hat er, soweit uns bekannt ist, nie als einen sozialistischen Staat bzw. als Diktatur des Proletariats bewertet. Allerdings hat Stalin gegen solche revisionistischen Positionen, die zu seiner Zeit vertreten wurden, weder offen und öffentlich Stellung bezogen, noch deren VertreterInnen namentlich kritisiert. Das finden wir falsch.
* „Nun zu Punkt drei, der Frage der Genossenschaften. Eine völlige Fehlbehauptung, die dem Marxismus-Leninismus zuwiderläuft, ist die Behauptung, dass die Genossenschaften nicht sozialistisch seien, sondern ‚zu kapitalistischen Eigentumsverhältnissen tendieren‘ würden.“ („Replik“)
Das sozialistische Element der Genossenschaften ist die Vergesellschaftung von Privateigentum an Grund und Boden zu Gruppeneigentum. Das ist ein erster Schritt zur Umwälzung der kapitalistischen Eigentumsverhältnisse auf dem Dorf.
Aber die Genossenschaften sind noch kein Allgemeineigentum, kein staatliches Eigentum wie zum Beispiel die staatlichen Landwirtschaftsbetriebe, die „Sowjetwirtschaften“, die Sowchosen, bzw. die Fabriken und Industrien. Das nach wie vor existierende kapitalistische Element in den Genossenschaften ist das Privateigentum jedes einzelnen Genossenschaftsmitglieds an Boden/Vieh, das es selbst vermarkten kann.
Die Genossenschaften, in denen Gruppeneigentum an wesentlichen Produktionsmitteln vorherrscht, sind zwar eine niedrige Form der Vergesellschaftung des Privateigentums an Produktionsmitteln. Aber weder diese niedere noch eine höhere Form der Vergesellschaftung, z.B. in Form der Verstaatlichung, macht diese automatisch zum „sozialistischen Eigentum“.
Was das vergesellschaftete Privateigentum zum sozialistischen Eigentum macht, ist das Vorhandensein der Herrschaft des Proletariats!
Heute existiert in vielen kapitalistischen Staaten sowohl kollektives als auch Staatseigentum. Allerdings würde kein/e MarxistIn-LeninistIn auf die Idee kommen zu sagen, das sei sozialistisches Eigentum!
Wir haben konkret über die Genossenschaften in den Volksdemokratien festgestellt: „Weiter gibt es den Genossenschafts-Sektor, das ist Gruppeneigentum und tendiert eher zu kapitalistischen Eigentumsverhältnissen als zu sozialistischen.“
Statt sich damit auseinander zu setzen, ob das Gruppeneigentum in den Volksdemokratien eher zu kapitalistischen Eigentumsverhältnissen tendiert oder nicht, wird daraus eine allgemeine These gemacht, dass „Trotz alledem!“ behauptet, „die Genossenschaften seien nicht sozialistisch“. Ja, die Genossenschaften in den Volksdemokratien waren nicht sozialistisch. Das heißt aber nicht, dass das selbe für die Sowjetunion gültig ist. Dieser platte Vergleich der Volksdemokratien mit der Sowjetunion ist absurd, weil in der Sowjetunion die Diktatur des Proletariats errichtet und der Charakter des Staates sozialistisch war.
Nicht das, was wir geschrieben haben, läuft „dem Marxismus-Leninismus zuwider“ sondern die Position der Autor, die Genossenschaften seien an sich sozialistisch.
„Was ‚Trotz Alledem‘ dazu bewegte, die Genossenschaften zu verdammen, ist unklar. Noch unklarer ist, warum sie die Sowjetunion dann als sozialistisch ansahen, obwohl sie ihre verhassten Genossenschaften besaß.“ („Replik“)Das ist eine Fälschung unserer Haltung. Wir haben nirgendwo Genossenschaften verdammt. Wir sind sowohl in einer Volksdemokratie als auch unter der Diktatur des Proletariats für die Bildung von Genossenschaften.
Nur mit dem grundlegenden Unterschied zum Autor unterscheiden wir den Charakter der Genossenschaften in den Volksdemokratien von denen in den Ländern, in denen die Diktatur des Proletariats errichtet ist. Die Unklarheit des Autors entsteht aus der falschen Herangehensweise, dass die Volksdemokratie zur Diktatur des Proletariats erklärt wird.
* „Zum vierten Punkt, der Frage des Sozialismus in der Sowjetunion 1919. ‚Trotz Alledem‘ behauptet ja praktisch, dass man in den Volksdemokratien den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben habe, weil ‚Teile der Bourgeoisie‘ mitherrschen würden.
Dabei ist ja bekannt, dass dafür der Teufel mit sich selbst uneins sein müsste. Mal polemisch gefragt: Würde sich die Bourgeoisie selbst enteignen, wenn sie angeblich mit an der Macht sei? Natürlich nicht!“ („Replik“)
Erstens, 1919 gab es die Sowjetunion noch nicht, sondern Sowjet-Rußland und andere sowjetische Republiken. Zweitens, wird unsere Position nicht richtig wiedergegeben. Mit Ausnahme der Tatsache, dass Teile der Bourgeoisie mit an der Macht waren und dementsprechend auch mitherrschten.
Ja, die Bourgeoisie wird sich selbst nicht enteignen. Da sind wir uns einig! Aber warum wird nicht hinterfragt, was es bedeutet, dass Teile der Bourgeoisie mit an der Macht waren? Die Antwort ist in der antimonopolistischen Haltung des Autors versteckt… Wo Großbourgeoisie und Großgrundbesitzer entmachtet sind, gäbe es keine Bourgeoisie mehr, die bekämpft und entmachtet werden müsse.
Nicht verstanden wird von unseren KritikerInnen, dass nach einer Revolution, auch nach einer sozialistischen, in einem Land für eine bestimmte Zeit verschiedene Wirtschaftssektoren noch nebeneinander existieren werden und die Diktatur des Proletariats die kapitalistischen nicht sofort abschaffen kann.
Weiter wird nicht verstanden, dass laut der marxistisch-leninistischen Theorie die Voraussetzung für den Sozialismus und auch für den Aufbau der sozialistischen Wirtschaft die Errichtung der Diktatur des Proletariats ist, oder diese Analyse wird bewusst revidiert.
Deswegen werden die Maßnahmen in Sowjet-Rußland und später in der Sowjetunion mit den Maßnahmen in den Volksdemokratien verglichen… und also völlig falsch geschlussfolgert: die Volksdemokratien sind Diktatur des Proletariats!
Was seitenweise in dem Kritikpapier von der „Roten Front“ über die DDR geschrieben und behauptet wird, war nicht Thema unseres Artikels. Aber wir haben in unseren vorangegangenen Artikeln Einschätzungen über die SBZ und die DDR veröffentlicht, und wir setzen diese Serie auch weiter fort.
* Nun zum fünften Punkt. „Trotz Alledem“ führt ein Schema aus drei Punkten an, was für sie eine Diktatur des Proletariats ausmacht. Diese lauten: „Anerkennung 1. des demokratischen Zentralismus als Organisationsprinzip der Partei 2. der Notwendigkeit des revolutionären Sturzes der Herrschaft der Bourgeoisie und Ablehnung eines ´friedlichen Übergangs´ vom Kapitalismus zum Sozialismus. 3. der Errichtung der Diktatur des Proletariats in der Form der Rätemacht.
Nun werde ich auf die einzelnen Punkte zu sprechen kommen. Bei Punkt eins fehlt völlig die Parteiideologie, die der Marxismus-Leninismus sein muss.“ („Replik“)
Hier wird unsere Meinung wieder verfälscht. Diese drei Punkte sind nicht unsere Kriterien für eine Diktatur des Proletariats, sondern sind entscheidend dafür, ob eine Partei kommunistisch ist oder nicht.
Jede/r Leserin und Leser kann selbst sehen, worum es geht. Wir haben geschrieben: „Entsprechend der Theorie des Leninismus über die Kommunistische Partei sind mindestens drei Kriterien für eine Organisation oder Partei notwendig, um kommunistisch zu sein.“
Solch eine klare Aussage wird von dem Autor verfälscht und als Maßstab für die Diktatur des Proletariats genommen. Dann werden wir kritisiert, bei Punkt eins fehle „die Parteiideologie, die der Marxismus-Leninismus sein muss“. Der Autor kommt nicht darauf, dass eine Kommunistische Partei auf der marxistisch-leninistischen Ideologie basiert.
Da unsere Meinung verfälscht ist, ist auch folgende Diskussion darüber fehl am Platz. Über den so genannten „friedlichen Übergang“ haben wir unsere Meinung schon oben dargestellt.
Letztendlich kommt die Debatte immer wieder an den Punkt, wie der Charakter der Volksdemokratie eingeschätzt wird. „Ein weiteres Problem ist, dass man das Nebeneinanderbestehen verschiedener Wirtschaftssektoren bei den volksdemokratischen Ländern dafür nutzt, ihnen den sozialistischen Charakter abzusprechen, während die Sowjetunion genau das Gleiche tat.“ („Replik“)
Für uns ist nicht das „Nebeneinanderbestehen verschiedener Wirtschaftssektoren“ der Maßstab, sondern der Charakter der politischen Macht. In der Sowjetunion gab es die Diktatur des Proletariats aber nicht in den Volksdemokratien. Nicht mehr und nicht weniger! Am Ende der „Replik Rote Front“ wird gefragt:„Als Schlussfazit für den Artikel könnte man im Bezug auf die Autoren sagen: ‚Trotz Alledem‘ bleibt eine Erklärung schuldig, warum solche Maßnahmen von Lenin und Stalin, die den Sozialismus in der Sowjetunion schufen, in den Volksdemokratien den Sozialismus nicht erreicht haben sollen. („Replik“)“
Das ist einfach eine falsche Behauptung. Natürlich haben wir den prinzipiellen, wesentlichen Unterschied erklärt zwischen der Staatsmacht der Volksdemokratie und der Diktatur des Proletariats Sowjet-Rußland, welche durch die Oktoberrevolution 1917 errichtet wurde.
Damit war die politische Macht sozialistisch (und nicht erst 1919) und alle Maßnahmen, demokratische und sozialistische, wurden von dieser ArbeiterInnenmacht durchgeführt. Aufgaben der demokratischen Revolution wurden umgesetzt, ohne die beim Aufbau der Sozialismus nicht vorwärts gebracht werden konnte. Die sozialistische Macht hat die Enteignungen, Verstaatlichungen vorgenommen, und damit wurde der sozialistische Wirtschaftssektor geschaffen. Aber dieser war noch zu schwach, um alle gesellschaftlichen Bedürfnisse zu erfüllen.
Die Sowjetmacht hielt alle Kommandohöhen in der Wirtschaft in der Hand: die Großindustrie, das Verkehrswesen, die Banken, den Boden, den Innenhandel, den Außenhandel. Das machte es möglich, dass unter Kontrolle der Sowjetmacht zeitweise dem Kapitalismus mehr Raum gelassen und die „Neue Ökonomische Politik“ (NÖP) verwirklicht werden konnte.
In Sowjet-Rußland, später der Sowjetunion, wurde die ökonomische Politik unter der politischen Herrschaft der Diktatur des Proletariats umgesetzt. In den Volksdemokratien wurde die ökonomische Politik nicht unter der politischen Herrschaft der Diktatur des Proletariats durchgeführt. Das ist der entscheidende Unterschied und zeigt, warum in Sowjet-Rußland (Sowjetunion) der Sozialismus aufgebaut werden konnte.
Die Antwort auf die Fragen, „Was ist die Diktatur des Proletariats?“ und „Was ist die Volksdemokratie?“ unterscheidet die MarxistInnen-LeninistInnen grundlegend von den RevisionistInnen.
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