TROTZ ALLEDEM!

11. September 2003 - 30 Jahre faschistischer Putsch in Chile Vergessen wir nicht die Verbrechen der Imperialisten!

Zum 2. Mal gedenken die Herrschenden den Anschlägen vom 11. September 2001. Mit Hilfe ihrer Medien versuchen sie die Werktätigen aufzustacheln hinter ihre Unterdrückungsmaschiene, ihre Verhaftungswellen, ihre Angriffe auf die Rechte der Werktätigen und ihre menschenverachtende Politik gegenüber Flüchtlingen und MigrantInnen, kurz hinter ihre innere Faschisierung, zu bringen. Wieder werden sie ihre imperialistischen Expansionskriege in Ex-Jugoslawien, Afghanistan, Irak als „Freiheitskriege“ verkaufen. Wir wollen daran erinnern, dass es einen ganz anderen 11. September gibt, der sich in das Gedächtnis der ausgebeuteten Völker eingeprägt hat. Der 11. September 1973-der blutige faschistische Putsch in Chile. Er ist zum Symboltag für die unterjochten ArbeiterInnen und Werktätigen weltweit geworden. Ein Symbol: Für die Entfachung eines faschistischen Putsches durch die imperialistischen Großmächte gegen die gewählte links-reformistische Allende Regierung! Für die brutale Unterdrückung und Ermordung der revolutionären und demokratischen Bewegungen in Chile! Für das brutale Ausbluten der chilenischen Völker durch die Marionetten-Faschisten unter Pinochet! Der 11. September 1973 hat aber auch klar gezeigt, dass das Paktieren Allendes und der Unidad Popular mit den Imperialisten und die Losung der Opportunisten in Chile vom „friedlichen Hineinwachsen in den Sozialismus“ auf parlamentarischem Wege und unter Vermeidung revolutionärer Gewalt, die Revolution auf halben Wege stehen gelassen hat. Oder wie Karl Marx schon betont hat: Auf eine halbe Revolution folgt eine ganze Konterrevolution.

Chile 1970

Der Unterschied zwischen reich und arm, zwischen Unterdrückern und Unterdrückten war bis 1970 in Chile immens. 1,5 Millionen Kinder waren unterernährt, 600 000 Kinder aufgrund der Unterernährung geistig gestört, 15% aller ChilenInnen über 15 Jahren waren Analphabeten. Offiziell hatte Chile über 4 Milliarden US$ Auslandsschulden, 300.000 Arbeitslose und über 500.000 Obdachlose. Im Gegenzug besaßen 17% der Aktiengesellschaften über 78% des Aktienkapitals. Nicht einmal ein halbes Prozent aller Unternehmen kontrollierten zwei Drittel der gesamten Produktion des Landes. 80% des Acker- und Weidelandes Chiles befand sich in den Händen von 4,2% Großgrundbesitzer (Latifundistas). (1) Die Massen verarmten immer stärker, Chile wurde von den imperialistischen Mächten total ausgeblutet. Der ungeheure Aufschwung und Ansturm der revolutionären Bewegungen weltweit, vor allem aber in Asien, Afrika und Lateinamerika, das Vorbild des revolutionären Chinas, verstärkte auch in Chile die revolutionären Bewegungen. Die unterdrückten Werktätigen Chiles, die ArbeiterInnen, armen Bauern und Landarbeiterinnen rebellierten. Streiks und Landbesetzungen, Großdemonstrationen waren an der Tagesordnung. Ideologisch und politisch vorherrschend in der breiten Klassenkampfbewegung waren aber die Reformisten, allen voran die modernen Revisionisten der KP Chiles. 1969 formierten sich alle „linken Oppositionsparteien“ in einem Wahlbündnis, der Unidad Popular. Die Kommunistische Internationale 1928 zur Situation in Lateinamerika

Die Unidad Popular (Volkseinheit)

El Pueblo Die Unidad Popular (UP) war ein Bündnis aus 6 Parteien. Die revisionistische „Kommunistische Partei“, die stark unter dem Einfluss der sozialimperialistischen Sowjetunion stand, die „Sozialistische Partei“, deren Vorsitzender Salvador Allende war und die jede Form von Gewalt ablehnte, die „Radikale Partei“, die „Bewegung der Einheitlichen Volksunion“ (MAPU), die „Unabhängige Volksaktion“ (API) und die „Sozialdemokratische Partei“. 1971 schloss sich die „Christliche Linke“ (IC) an. Ziel der UP war das Ende der wirtschaftlichen Plünderungen Chiles durch die imperialistischen Großmächte, allen voran der USA. Sie wollte auch die große Armut der Mehrheit der Bevölkerung beenden. 1970 schickte die Unidad Popular Dr. Salvador Allende Gossens als Präsidentschaftskandidat in den Wahlkampf. Die UP bekam nur 36,3 % aller Stimmen, trotzdem wurde Allende Präsident, da die anderen Parteien keine Bündnisse eingingen, um die Regierung zu stellen. Im Senat behielten die Christdemokraten und die Nationalpartei die Mehrheit. Sie stimmten der Wahl Allendes unter der Bedingung zu, dass Allende die „buchstabengetreue Einhaltung der Legalität garantiere“. Von Reformisten und Opportunisten aller Schattierungen wurde die Machtübernahme der UP -die im Grunde keine Machtübernahme, sondern erstmal nur ein Regierungswechsel war- als die Bestätigung der These gepriesen, ein friedliches Hinüberwachsen in den Sozialismus ohne gewaltsame Revolution und Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates auf parlamentarischem Wege, sei möglich. In die UP setzten die Millionenmassen der Unterdrückten ihre ganze Hoffnung. Die UP vertrat mit ihrer Politik der Verstaatlichung von Großindustrie und Bodenverteilung des Großgrundbesitzer vor allem die Interessen der nationalen Bourgeoisie und des Kleinbürgertums gegen die Kompradoren, die Großgrundbesitzer und die imperialistischen Großmächte, allen voran die USA. Die herrschende Kompradorenbourgeoisie hat den Regierungswechsel zunächst hingenommen, in der Erwartung die UP würde eine radikalere revolutionäre Entwicklung stoppen, die Massen befrieden und ihre Macht nicht wirklich gefährden. Gestützt auf bürgerliche Legalität und vertrauend auf diese, verwirklichte die Unidad Popular antiimperialistisch-demokratischeMaßnahmen: 91 Industriebetriebe, wie Salpeter-, Kupfer- und Eisenerzminen wurden verstaatlicht, davon war ein Großteil in Händen der US-amerikanischen Imperialisten, aber auch in den Händen anderer imperialistischen Großmächte, wie der BRD. 210 Betriebe wurden im staatlichen Sektor geschaffen. 20 Privatbanken wurden verstaatlicht oder unter staatliche Kontrolle gestellt. 1972 standen 90% des Exports und 60% des Imports unter staatlicher Kontrolle. 1971-72 wurden 3.570 Großgrundbesitzer mit 5,5 Mill. ha Land enteignet. Der Mindestlohn wurde um 35% erhöht. Mieten wurden drastisch verringert. Ein Wohnungsbauprogramm, zum Bau von 100.000 Wohnungen wurde gestartet. Behandlung in Krankenhäuser war unentgeltlich. Alle Kinder unter 12 Jahren bekamen täglich einen halben Liter Milch gratis. (1) Ein neues Gesetz für die UreinwohnerInnen Chiles wurde unter Mitsprache der Vertreter des Mapuche-Volkes beraten und verabschiedet. Es garantierte der indigenen Bevölkerung die Achtung ihrer Lebensbesonderheiten und ihrer kollektiven Wirtschaftsform. Allein im ersten Jahr nach ihrem Regierungsantritt verteilte die Unidad Popular 58.000 ha Land unter den Mapuche. 70.000 Mapuche-Kinder wurden mit Kleidung und Lehrbüchern versorgt; 4.000 Mapuche erhielten Stipendien an Universitäten und Fachschulen (2) Das alles waren für die werktätigen Massen und für die Völker Chiles positive Entwicklungen.

Der linke Reformismus der UP

Die UP hat die Kompradorenbourgeoisie weder komplett enteignet noch ihre Macht wirklich gebrochen. Fast die Hälfte der Industriebetriebe und die großen Handelsgesellschaften blieben in den Händen der Großbourgeoisie. 6 Privatbanken gehörten weiterhin der Großbourgeoisie. 70% der Massenmedien wurden von reaktionären Kräfte kontrolliert. Im Justizapparat herrschten die alten konservativen Richter. Auf dem Land wurde die notwendige Agrarrrevolution nur in Ansätzen angepackt. Aber schon diese halbherzigen Maßnahmen brachten die Kompradoren, die Großgrundbesitzer und Imperialisten in Rage, da sie ihnen ins Fleisch schnitten. Es war klar, dass die wahren Herrscher im Land zurückschlagen werden. Die UP-Regierung vertrauend auf die bürgerliche Legalität hatte dem nichts entgegengesetzt. Sie ging nicht daran den bestehenden Staatsapparat zu zerschlagen, weil sie davon ausging ihn für sich ausnutzen zu können. Sie handelte nicht einmal gegen die bewaffneten Paramilitärs der Großgrundbesitzer oder gegen die faschistische Organisation „Patria y Liberdad“ (Vaterland und Freiheit), die maßgeblich am Putsch beteiligt war. Allende predigte den Massen den parlamentarischen Weg zur Befreiung. Die Cordónes industriales (Industriegürtel) In Chile bauten ArbeiterInnen eigenständige Cordónes von unten auf. Sie besetzten Betriebe in ihren Industriezonen und nahmen sie in ihre eigenen Hände. Unternehmer wurden teilweise verjagt. Es gab auch LandarbeiterInnenkomitees und Nachbarschaftskomitees. Teile des Industrieproletariats und der werktätigen Bauernschaft waren bereit, die Revolution voranzutreiben und die Kompradorenbourgeoisie zu vertreiben. Dies ging aber für Allende und die UP-Regierung viel zu weit. Sie wollten, koste es was es wolle, auf bürgerliche Legalität bauen, anstatt auf die kämpfenden Massen. In der Sowjetunion nutzten die Bolschewiki 1917 die Sowjets als Kraft der Revolution und zum Aufbau der proletarischen Diktatur. Aber die UP sah in den Cordónes eine Bedrohung ihrer Macht. Die UP stützte sich auf die nationale Bourgeoisie, wollte diese nicht verlieren und die Macht des Großkapitals, des Imperialismus nur zugunsten der nationalen Bourgeoisie beschneiden. Die verhängnisvollen Fehler der UP resultierten daher. Im Oktober 1972 traten die Eigentümer des öffentlichen Transports und der LKWs in den Streik. Ihre Führer kamen aus einer Organisation, die vom Faschismus beeinflusst und in der unteren Mittelklasse verwurzelt war. Chiles Güterverkehr war abhängig von diesen Unternehmen. Die ArbeiterInnenklasse reagierte sofort. Geschäfte wurden wieder geöffnet, Waren wurden verteilt, Kapitalisten wurden verjagt, die LKWs wurden beschlagnahmt, die Massenmedien wurden teilweise unter Kontrolle der ArbeiterInnen gestellt. Diesen Kampf gewannen die ArbeiterInnen! Die Regierung nutzte diesen Sieg jedoch nicht. Weder korrupten PolitikerInnen und RichterInnen, die sich offen und massiv für die Konterrevolution und gegen die Regierung organisierten, noch Transportunternehmen, noch Massenmedien wurde die Macht entzogen. Wichtige Machtpositionen der Konterrevolution wurden somit nicht zerschlagen. Die Cordónes industriales wurden nicht in die Politik der Regierung eingebunden.

Bürgerliche Legalität über alles!

Die Regierung unter Allende wollte unbedingt die Kontrolle über die Massen zurückgewinnen. Sie veranlasste Polizei und Armeeeinsätze gegen die streikenden ArbeiterInnen und ihre Organisierung, um die alte „Ordnung“ wiederherzustellen. Nach wie vor sah die UP eine Bedrohung in den selbstorganisierten (Land)ArbeiterInnen. Sie vertrat im wesentlichen nicht die Rechte der ArbeiterInnen. Als die Regierung der UP von den Kupferbergbau-ArbeiterInnen verlangte, einen geringeren Lohn, als den gesetzlich festgelegten Tariflohn zu akzeptieren, trat die kämpferische Gewerkschaft in EL Teniente in den Streik. Als die ArbeiterInnen einen Marsch in die Hauptstadt begannen, wurden sie vom Militär gestoppt. Wirtschaftsblockaden und Sabotageaktionen der USA, angeführt vom CIA, hatten zur Folge, dass die Versorgung der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet werden konnte. Die Inflationsrate stieg enorm. Große Teile der Werktätigen zeigten sich dennoch kampfbereit gegenüber der Reaktion. Jedoch wurde im Oktober ‘72 vom Parlament das Gesetz zur Waffenbeschränkung erlassen. Dieses Gesetz verbot dem Volk Waffen zu besitzen und erlaubte dem reaktionären Militär Haus- und Fabrikdurchsuchungen nach Waffen -aufgrund von einfacher Denunziation- durchzuführen. So wurde zum Beispiel am 4. August 1973 die von den Arbeitern besetzte Textilfabrik „Lanera Austral“ vom Militär durchsucht.

Das Militär Chiles - ein Bollwerk der internationalen Konterrevolution:

In der Geschichte Chiles hat sich das Militär immer wieder als Stütze der Bourgeoisie erwiesen. 1903: 1. großer Streik der Hafenarbeiter von Valparaiso. 30 Menschen wurden vom Militär ermordet. 1905: Streikkämpfe in Santiago (Hauptstadt). 200 Menschenermordet. 1906: Massaker gegen ArbeiterInnen auf dem Colon-Platz in Antofagasta. 1907: Massaker auf dem zentralen Platz in Iquique. Mehr als 2.000 ChilenInnen wurden mit Maschinengewehren niedergemetzelt. 1925: Massaker in Coruna. 3.000 Menschen ermordet. 1948: Bergarbeiterstreik in Lota. Das Militär wurde dagegen eingesetzt.1957: Massenstreiks und Demonstrationen von ArbeiterInnen, Angestellten und StudentInnen. Die Militärs schlugen die Demonstrierenden blutig nieder. 1967: Streik der KupferarbeiterInnen. Er wurde vom Militär blutig beendet.

Die Mehrzahl der Führungskader (Generäle und höheren Offiziere) der chilenischen Armee kommt aus der besitzenden Klasse und vertritt die Interessen des Kapitals und der Großgrundbesitzer. Die USA bildete 68% der chilenischen Militärführung in ihren Militärcamps aus. 24.000 Angehörige des Carabinerie erhielten durch US-Instrukteure eine Spezialausbildung. General Pinochet hielt sich 1965, 1968 und 1972 an einer Militärakademie in den USA auf und war jahrelang Militärattaché in Washington. (1) In der Armee -wie im Parlament- waren auch „Reformkräfte“ präsent. Es gab auch Anhänger der UP innerhalb des Militärs, vor allem aber in den unteren Rängen. Aber die wirkliche Macht hatten sie nicht in den Händen. Luis Corvalan, Generalsekretär der revisionistischen kommunistischen Partei Chiles, verbreitete noch 1 Monat vor dem Putsch die Illusion: „die Armee ist eine konsequente loyale und patriotische Kraft, die die Regierung stärkt...“ Um sich das Wohlwollen des Militärs zu erkaufen, wurden führende Militärkader in die Regierung geholt und bekamen Privilegien. Sie nahmen weiterhin an gemeinsamen Manövern mit den US-imperialistischen Streitkräften teil. Führungskader wurden in Panama für den Antiguerillakampf unter US-imperialistischer Anleitung ausgebildet.

Chile-Bollwerk gegen die „Supermacht“?

Auf ihrem IX. Parteitag 1961 beschloss die KPChiles einen „nichtkapitalistischen Weg“ einzuschlagen. Die Unidad Popular ging diesen Weg mit! Passend zu den revisionistischen Thesen Chruschtschows, die auf dem XX. Parteitag 1956 der KPdSU verkündet wurden, setzte die chilenische Partei ihre „friedliche, parlamentarische Entwicklung zum Sozialismus“ um. Dafür wurde Chile als Musterbeispiel einer „Revolution des friedlichen Weges“ propagiert und bekam Unterstützung von den Sozialimperialisten der Chruschtschow-Clique. Diese hatten kein Interesse an dem gerechten antiimperialistischen Kampf der UP, sondern wollte ihren Einfluss in Lateinamerika verstärken und ein Bollwerk gegen den US-Imperialismus schaffen. Das zeigte sich auch ganz klar nach dem faschistischen Putsch in Chile. Die Sozialimperialisten in der Sowjetunion lieferten Waffen an die Pinochet-Regierung. Die damalige DDR führte eine Doppelstrategie. Einerseits gewährte sie Flüchtlingen aus Chile Asyl, anderseits verstärkte die DDR ihre Handelsbeziehungen sogar noch mit der faschistischen Regierung in Chile. Bereits kurze Zeit nach dem Tode Maos propagierte das revisionistisch-entartete China Chile als ein „fortschrittliches“ Land, lieferte Waffen an Pinochet und begründete dies mit ihrer „Drei-Weltentheorie“, nach der Chile ein Drittes-Welt-Land sei und somit das ganze Land (einschließlich der Bourgeoisie und der Faschisten) unterstützt gehört: „Der Hauptfeind sei schließlich die USA“.

Die imperialistischen Interessen: Chile war ein von den Imperialisten abhängiges Land. 110 US-Unternehmen haben bis 1970 ca. 1,5 Milliarden US-Dollar investiert. (1) Die Imperialisten hatten das größte Interesse an der Unterdrückung der Werktätigen und der Völker Chiles, am Raub der Naturressourcen, an der damit verbundenen Ausplünderung des Landes. Deshalb hatten auch die Imperialisten -allen voran die USA- natürlich kein Interesse an Maßnahmen, wie Verstaatlichung und Enteignung der imperialistischen Banken und Konzerne. Sie sahen ihre Interessen empfindlich gestört.

Die imperialistischen Interessen Deutschlands:

Bis zu dem Zeitpunkt, als die Regierung der UP ihr Amt antrat, hatten 65 Unternehmen aus der BRD (damals Westdeutschland) fast 1 Milliarde DM Kapital in die chilenische Wirtschaft investiert. Allein ein Drittel davon kamen von den Nachfolgern des IG-Farben-Konzerns, der für die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen und als Stütze des faschistischen Hitler-Regimes bekannt war. Darunter BASF, Bayer AG, Hoechst AG. In Chiles Wirtschaft breit gemacht haben sich auch VW, AEG-Telefunken, Schering, Bosch, Hochtief, Preussag, Siemens und einige mehr. Die Großbanken der kapitalistischen Welt stürzten das Land Chile in immer größere Schulden und profitierten vom Elend der Völker Chiles. Die Deutsche Überseeische Bank, ein Tochterunternehmen der Deutschen Bank und die Deutsch-Südamerikanische Bank, ein Unternehmen der Dresdner Bank, waren maßgeblich am Putsch beteiligt. Westdeutsche Bourgeoisie hatte sich in Chile riesige Ländereien bis zu 5.000 ha angeeignet. (1) Die LandarbeiterInnen wurden auf diesen Gütern brutal ausgebeutet.

Die CIA und der faschistische Putsch in Chile: Seit September 1970 beteiligte sich die CIA (Central Intelligence Agency, Zentrales Nachrichtenamt der USA), in direktem Auftrag des US-Präsidenten Nixon, an Planungen für einen Militärputsch gegen die Unidad Popular. Zuerst wollten sie den Wahlsieg der UP verhindern. Dafür zahlten sie Bestechungsgelder an Parlamentsabgeordnete, damit diese Allende ihre Zustimmung zum Präsidenten versagen. Nachdem sie den Wahlsieg der UP nicht verhindern konnten, entfachten sie eine massive antikommunistische Hetzkampagne in Chile. Sie finanzierten regierungsfeindliche Radiosender und Zeitungen und setzen ein ganzes Arsenal geheimdienstlicher Mittel ein, die zum Ziel hatten, Chile innenpolitisch zu destabilisieren und seine Wirtschaft zu zerrütten. Millionen Dollars wurden hierfür eingesetzt und ungezählte „Spezialisten“ ins Land geschleust. Massive Drohungen wurden verbreitet. Die faschistische Organisation Patria y Liberdad, führende Militärkader unter Pinochet und rechte Kräfte innerhalb der Christdemokraten wurden für den faschistischen Putsch von 400 CIA-Agenten unterstützt.

Deutsche Waffen, deutsches Geld- morden mit in aller Welt!

Die chilenische Armeeführung ließ ihre Offiziere auch in deutschen Militärakademien ausbilden. Faschisten aus Chile wurden zur deutschen Bundeswehr geschickt. Diese Ausbildung war Bestandteil der „brüderlichen Hilfe“ des westdeutschen Imperialismus für das chilenische faschistische Regime. Angehörige der Kampftruppenschule Hammelburg oder der von Wetzlar berichteten von Folterlehrgängen im Rahmen ihrer Ausbildung. Spezialeinheiten der Bundeswehr wurden dabei u.a. darin unterrichtet, Gefangene zum Reden zu bringen, indem sie ihnen mit einem Handtuch die Luft immer mehr abdrosseln, bis sie kurz vor dem Ersticken sind ... Die chilenische Polizei wurde traditionell mit deutschen Waffen beliefert. Aber auch die faschistische Organisation „Patria y Liberdad“ wurde mit deutschen Geldern und Waffen finanziert. (1) Bereits 10 Tage nach dem faschistischen Putsch in Chile nahm das Auswärtige Amt der BRD und seine Botschaft in Chile diplomatische Beziehungen mit den Faschisten auf. Nur sehr wenige Flüchtlinge, die aufgrund des faschistischen Putsch in Chile geflohen waren, bekamen Asyl in der BRD. Deutsches Kapital und seine Vertreter begrüßen und bejubeln den Putsch

Unauslöschliches Datum: der 11. September 1973!

Vor 30 Jahren begann der faschistische Putsch. Als das Militär zuschlug, war niemand wirklich überrascht. Der Putsch war schon lange vorbereitet. Ein oder zwei Tage vorher hatte die revisionistische Kommunistische Partei Chiles ein Plakat veröffentlicht, in dem es hieß „Nein zur Gewalt von links und rechts“. Die linken Reformisten der UP unter Allende ließen die werktätigen Massen ideologisch und militärisch entwaffnen, so dass sie im Moment des Angriffes den Faschisten und ihren Handlangern in einer Position der Schwäche gegenüberstanden. Am 11. September fehlten den Werktätigen Chiles somit die Waffen und eine politische in den breiten Massen verankerte kommunistische Partei, die sie zum Gegenschlag und zur Revolution mobilisieren und organisieren konnte.

Der zeitliche Ablauf des Putsches:

Chile

11. September 1973 4.00 Uhr: Regimenter besetzen die Rundfunkanstalten und Regierungsgebäude. 8.30 Uhr: Militär marschiert in Santiago de Chile auf. 8.45 Uhr: Bombardierung des Unidad-Popular-Senders Radio »Corporacion«. 9.00 Uhr: Erste Raketen treffen das Regierungsgebäude »La Moneda«. 11.00 Uhr: Die Putschisten verkünden ihr Ultimatum. Kurz nach 14.00 Uhr: Allende stirbt bei der Verteidigung des Palastes im Kugelhagel der Putschisten. Am Nachmittag werden 68 bekannte UP-Führer angewiesen, sich im Verteidigungsministerium einzufinden. Die Putschisten konstituieren sich als Junta und rufen den Belagerungszustand aus. Gegen Abend richten amerikanische Marine-Infanteristen in der Stadt Valparaiso ein Blutbad an. In den ersten Tagen zeigte sich schon, wie gut der Putsch vorbereitet war. In Wellen verhafteten die Soldaten nach vorgefertigten Listen Tausende, kerkerten sie zur Registrierung und zum Verhör ein, ließen dann nach ein paar Tagen einige frei, damit wieder Platz war für die nächsten Verhafteten. Systematische Folter war an der Tagesordnung. Als Auffanglager für die Massen der Festgenommenen dienten neben den schnell überfüllten Gefängnissen und Kasernen vor allem die großen Stadien in den Städten. Im Nationalstadion von Chile in der Hauptstadt Santiago wurden über Monate hinweg Tausende Gefangene festgehalten, gefoltert und ermordet. Das Militär richtete zusätzlich spezielle Gefangenenlager ein, die in der Nähe der großen Städte lagen. Diese Lager verfügten über einen speziellen Isoliertrakt, der für revolutionäre Gefangene bestimmt war und als Verhör- und Folterzentrum diente. In diesen Gefängnissen und Lagern „arbeiteten“ auch Mitarbeiter ausländischer Geheimdienste. Die imperialistischen Großmächte, die chilenischen Kompradoren und Großgrundbesitzer setzten jetzt auf das Mittel der faschistischen Machtausübung: die Herrschaft des nackten, direkten und offenen Terrors um die Errungenschaften der UP-Regierung zu vernichten, jeden Widerstand abzuwürgen und die revolutionäre ArbeiterInnen- und Bauernbewegung gewaltsam zu zerschlagen. Der Ablauf nach dem 11. September

Bis Ende des Jahres 1973:

Noch vor dem Ende des Jahres 1973 sind 80% der Reformen der Unidad Popular zurückgenommen. Bauern werden enteignet, Verstaatlichungen werden zurückgenommen. Die Preise steigen um durchschnittlich 600%. Demokratische Rechte sind faktisch aufgehoben. Wahlen gibt es nicht mehr; die Parteien sind verboten und das Parlament ist aufgelöst. Hunderttausende sind in Polizeigewahrsam, verschleppt oder sitzen in Konzentrationslagern. (3) Die Bilanz des faschistischen Regimes in Chile: Über 30.000 Menschen wurden durch den Putsch ermordet, 150.000 in Konzentrationslager gefangen und gefoltert, Zehntausende wurden verhaftet, in Fußballstadien zusammengetrieben, in Konzentrationslager oder auf Sträflingsinseln deportiert. Viele von ihnen verschwanden spurlos. (4) Die chilenische Kultur wurde unter den Stiefeln der Militärs zertreten, Bücher wurden verbrannt, Instrumente verboten, das Wort „compañero“ (Genosse) mittels Militärerlass aus dem chilenischen Wortschatz gestrichen. Besetzte Fabriken, die Zentren des Widerstandes in den Großstädten, wurden bombardiert und dem Erdboden gleich gemacht. Politische Flüchtlinge aus anderen faschistisch regierten lateinamerikanischen Ländern wurden verhaftet, abgeschoben oder erschossen. Die Mapuche-Indigena wurden bereits unmittelbar nach dem Putsch des Militärs zur Zielscheibe der Unterdrückung. Großgrundbesitzer, das Militär und die uniformierte Polizei starteten eine regelrechte Hetzjagd auf die Mapuche. Pinochet wollte die kulturelle Eigenständigkeit der indigenen Bevölkerung Chiles - allen voran die der Mapuche - im Namen des Einheitsstaates vernichten. (2) Die Last der Überausbeutung wurde in Chile durch den Faschismus vergrößert. Die reaktionäre Politik der Preiserhöhung, sogar für Grundnahrungsmittel, das Einfrieren der Löhne, Gehälter und Renten, die Erhöhung der Steuern, die Aufhebung der sozialen und demokratischen Grundrechte, die Rückgabe der Konzerne und Unternehmen an die Imperialisten, die Rückgabe des Großgrundbesitzes an seine früheren Besitzer, die erhöhte Arbeitslosigkeit, die Verringerung der öffentlichen Einrichtungen, wie für Gesundheit und Bildung, die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit den Imperialisten über die Tilgung der Schulden Chiles, die massiven Entschädigungen der ehemals von der UP enteigneten Großgrundbesitzer und Kapitalisten, all das waren wirtschaftliche Maßnahmen der faschistischen Regierung. Die Politik der „wirtschaftlichen“ Erholung Chiles zielte darauf ab, das eh schon immense Vermögen der privilegierten Ausbeuterklassen weiter zu vergrößern.

Dennoch gab es Widerstand!

Chile In vielen Teilen des Landes setzten sich Partisanengruppen bewaffnet gegen die Faschisten zur Wehr. Die Bergarbeiter streikten. Teile der Landarbeiter- und Nachbarschaftskomitees bewaffneten sich, um den Faschisten entgegenzutreten. In Santiago de Chile demonstrierten SchülerInnen und StudentInnen. Immer wieder wurden Militärpatrouillen überfallen und Soldaten des Regimes getötet. Es gab auch revolutionäre Organisation, die zum bewaffneten Kampf gegen die Faschisten aufriefen. Führer und Kader von revolutionären Organisationen wurden am meisten verfolgt, brutal gefoltert oder verschwanden spurlos. Die, die der Verhaftung entgehen konnten, gingen in den Untergrund oder ins Exil.

11. September 2003- Kein Vergeben - Kein Vergessen!

In Chile ist nicht der Sozialismus oder die proletarische Diktatur gescheitert. Gescheitert ist der Versuch, in einem Land auf parlamentarischem, friedlichem Wege und ohne revolutionäre Zerschlagung des bürgerlichen Staates, in den Sozialismus überzugehen. Die Erfahrungen aus Chile müssen Erfahrungen für alle weltweit ausgebeuteten und unterdrückten Völker sein. Es kann keine Lösung im Kapitalismus geben. Nur wenn die Völker gemeinsam gegen ihre Ausbeuter und Unterdrücker kämpfen und eine proletarische Diktatur errichten, kann es überhaupt Frieden geben. Man kann nur mit dem Imperialismus oder gegen den Imperialismus regieren! Mit den Massen oder gegen sie! Es gibt keinen Mittelweg!

Solange der Imperialismus besteht, wird es Kriege geben, wird es Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder geben - wie zuletzt im Irak, wird es konterrevolutionäre Aktionen geben, werden gewählte Regierungen gestürzt, werden revolutionäre, fortschrittliche und demokratische Kräfte unterdrückt, wird jeder Aufschrei der unterdrückten Völker niedergemetzelt, werden die Naturressourcen geplündert und die Umwelt zerstört! Die Erfahrungen aus Chile zeigen: Der Imperialismus kann nur bekämpft werden, wenn ein entschiedener Kampf gegen Opportunismus und Revisionismus geführt wird. Die Erfahrungen der russischen Revolution haben gezeigt, dass das Proletariat, die Werktätigen und unterdrückten Völker die vorwärtstreibenden Kräfte der Geschichte sind. Dazu müssen sich die Volksmassen in erster Linie auf ihre eigenen Kräfte stützen und nicht der Demagogie der Bourgeoisie vertrauen. Der Versuch Chile war ein antiimperialistischer Versuch. Die Imperialisten haben mit aller Brutalität zurückgeschlagen und eine faschistische Diktatur errichtet. Der Massenmörder Pinochet und seine faschistischen Handlanger laufen heute frei herum und genießen, wie Pinochet, mit juristischer Absegnung ihren „Ruhestand“, oder sitzen weiter an den Schalthebeln der Macht in Chile. Über die wirkliche Anzahl der Opfer des faschistischen Putsches wird heute vielfach kaum oder nur sehr verfälscht informiert. Die amtierende chilenische Regierung nennt offiziell die Zahl von 6.000 Menschen, die während der faschistischen Diktatur ermordet wurden. Die blutige Wahrheit, dass es zigtausende Menschen waren, die gefoltert und hingemetzelt wurden, soll in Vergessenheit geraten. Die Lüge vom Selbstmord (mit 17 Kugeln soll er sich selber erschossen haben) des gewählten Präsidenten Allende wird heute wieder massiv propagiert. Der deutsche Imperialismus ist 2003 weltweit verstärkt im Vormarsch. Er durchdringt ökonomisch, militärisch und politisch die abhängigen Länder dieser Erde in Konkurrenz mit den anderen Großmächten. In den lateinamerikanischen Ländern steht er an 2. und 3. Stelle. Er ist mitverantwortlich für die brutale Unterdrückung der werktätigen Massen und der Ausbeutung der Völker. In Chile agieren nach wie vor die deutschen Topausbeuterfirmen wie BASF, VW usw. Chile im Jahr 2003 ist ein nach wie vor vom internationalen Finanzkapital abhängiges Land. Die werktätigen Massen werden weiter ausgebeutet und unterdrückt. In Chile sind die Fragen, die damals gestellt wurden, immer noch aktuell. Die Werktätigen und Völker Chiles haben sich seit den ‘80ern wieder organisiert. Die Völker Chiles haben auch in den finstersten Zeiten der faschistischen Diktatur nicht aufgehört um ein menschenwürdiges Leben zu kämpfen. Immer wieder brachen spontane Streikwellen und Klassenkämpfe aus. Bis heute dauert dieser Widerstand an und es ist die Aufgabe von uns sie mit all unserer internationalen Solidarität zu unterstützen und unseren Feind, den deutschen Imperialismus und seine Machenschaften in Chile anzuprangern und zu bekämpfen.

Nichts vergeben - nicht vergessen!

 

(1) alle Zahlen aus: Chile, ein Schwarzbuch. H.-W. Bartsch, M. Buschmann, G. Stuby und E. Wulff, 1974 Pahl-Rugenstein Verlag, Köln

(2) Memorandum der Gesellschaft für bedrohte Völker, 13.01.1999

(3) aus Chile, eine Reisereportage, Gaby Weber SWR 2000 siehe: www.swr2.de/chile/land/putsch.html

(4) Berichte von Menschenrechtsorganisationen und der UNO

(5) alle Zitate aus: Lateinamerika-Komitee bei Radio Free FM, 14.9.1998