Fokus Afrika
Armut
380 Millionen Menschen in Afrika müssen von weniger als 1,25 US-Dollar
am Tag leben. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Angola, etwa zwei Drittel
in Tansania und fast 90% in Kongo. Ca 240 Mio. Menschen in Afrika leiden
an chronischem Hunger, d.h. sie müssen dauerhaft mit weniger als 1 800
Kalorien pro Tag auskommen. [1]
Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der
BRD geht davon aus, dass 62,2% der Bevölkerung in Afrikas Städten in Slums
lebt. [2]
Kriege
Die weltweiten Rüstungsausgaben sind 2010 um 1,3% gestiegen – auf 1,6
Billionen US-Dollar. Weltweit fanden im Jahr 2012 etwa 34 Kriege und bewaffnete
Konflikte statt. Davon wüteten 15, also fast die Hälfte, in Ländern des
afrikanischen Kontinentes. In Algerien, in Äthiopien, in Burundi, in Mali, in
der Demokratische Republik Kongo, in Libyen, in Nigeria, im Senegal, in
Somalia, im Sudan (2 Kriege), in Südsudan (2 Kriege), in Uganda und in der
Zentralafrikanischen Republik. [3]
Seit 1996, als der Befreiungskrieg (guerre de libération) innerhalb
Kongos (damals Zaire) ausbrach, sind 3,8 Millionen Menschen gestorben. [4]
In diesem Land sind alle Kriege, die Zentralafrika betreffen, miteinander
verzahnt: Der Völkermord in Ruanda und der darauf folgende Angriff auf die DRK
durch Ruanda und Uganda, der Bürgerkrieg in Burundi und der Bürgerkrieg nach
dem Sturz des Diktators Mobutu. Millionen von Menschen aus unterschiedlichen
Ethnien flohen in den Ostkongo. Zeitweise kämpften sieben afrikanischen Staaten
um die Vorherrschaft. 16 700 Soldaten der UN (MONUSCO – ehemals MONUC –
Mission de l‘Organisation des Nations unies pour la stabilisation en République
démocratique du Congo – Mission der Vereinten Nationen für die Stabilisierung
in der Demokratischen Republik Kongo) wurden in den Kongo entsandt. UN
Soldaten, Regierungssoldaten, ausländische Armeen, diverse Rebellentrupps und
Warlords kämpften in wechselnden Allianzen miteinander. Ein Ziel war die
Plünderung der reichen Ressourcen des zerfallenden Staates – Coltan, Gold,
Diamanten und Tropenholz.
Trotz Armut, Kriegen, Umweltvernichtung und brutaler Ausbeutung nehmen
die ArbeiterInnen und Werktätigen Afrikas immer wieder Klassenschlachten für
eine andere, bessere Welt auf. Die Werktätigen Afrikas haben lange
Kampftradtionen, von Südafrika bis Ägypten, von Marrokko bis zum Kongo. Vom
Westen bis zum Osten, vom Norden bis zum Süden. Insbesondere junge Werktätige,
die ihr Schicksal und das ihrer Klasse in die Hand nehmen wollen, lehnen sich
immer wieder gegen die neokolonialistische Machtordnung auf. Trotz allen Elends
setzen sie auf Veränderung und Revolution.
Warum toben auf dem afrikanischen Kontinent die weltweit meisten
Kriege? Warum gibt es in Afrika die größte Armut? Sind, wie die rassistischen
Stereotypen lauten: Stammesfehden, afrikanische Korruption und Bestechlichkeit,
Prunksucht und Dürrekatastrophen, das Problem? Nein! Die Völker Afrikas
verfügen über ausreichend Naturreichtümer: Auf dem Kontinent gibt es
ausreichend fruchtbaren Boden und natürliche Ressourcen, Wirtschaftswachstum
und Arbeitskraft. In Wahrheit ist es die Ausplünderung des Kontinents durch die
Imperialisten, die Afrika als Rohstoffquelle, Warenabsatzmarkt und billige
Arbeitskraft ausbeuten. In Wahrheit sind es die Kämpfe zwischen den korrupten
Fraktionen der Herrschenden, Regierungs- und Oppositionspartien, die
neokolonial mit den imperialistischen Großmächten verbunden sind. Auf dem
afrikanischen Kontinent spielt sich eine gigantische Neuaufteilung unter den
größten Räubern ab. Allerdings findet heute die Ausplünderung des Kontinents
nicht, wie in der Kolonialzeit, über Kolonialbesitz und direkte Ausbeutung
statt. Die alten Kolonialherren Frankreich, England, Deutschland und Italien,
sowie die USA, die erst nach dem 2. Weltkrieg ihre wirtschaftliche
Expansion nach Afrika massiv ausdehnen konnte, üben immer noch direkten,
enormen Einfluss auf ihre „ehemaligen” Besitztümer aus. Aber in Form des
Neokolonialismus. Bei der Neuaufteilung mischen auch neue imperialistische
Mächte mit. Chinas rasante Expansion zeigt, dass es sich als ein neuer
Konkurrent in Afrika eine überragende Position gesichert hat. Auf den Märkten
Afrikas macht China sehr gute Geschäfte und verschafft sich die strategisch
notwendigen Zugänge zu wichtigen Rohstoffen, wie Erdöl und Eisenerzen.
Gleichzeitig meldete sich ab der Jahrtausendwende in Nordafrika Russland als
große imperialistische Macht zurück und schloss wichtige Vereinbarungen im Erdgas-
und Erdölsektor. Indien und Brasilien, als aufsteigende Mächte, mischen auf dem
afrikanischen Kontinent kräftig mit. Und nicht zuletzt Südafrika, als einzige
imperialistische Macht in Afrika. Sie alle versuchen politisch wie ökonomisch
ihre Machtpositionen auf diesem Kontinent auszudehnen und zu sichern. Sie
ringen politisch auch um das zahlenmäßig bedeutende Stimmengewicht des
Kontinents in den internationalen Organisationen, wie den Vereinten Nationen.
Für die Umsetzung ihrer imperialistischen Räuberziele setzen sie auf
die altbewährten Methoden: Sie zetteln Kriege an, sie unterstützen mal die
einen oder anderen kapitalistischen und teils noch halbfeudalen
Großgrundbesitzer, kaufen sich die herrschende Kompradorenclique oder setzen
auf eine andere Fraktion des Bürgertums, bei der sie sich mehr Chancen
ausrechnen. Sie mischen sich massiv direkt und indirekt ein.
Als die Europäer Afrika kolonialisierten, lebten die meisten
afrikanischen Völker in Kommune ähnlichen Urgesellschaften. Im Laufe der
Jahrtausende bildete sich zwischen Nordafrika und dem tropischen Afrika eine
Wüste als Gürtel, der kaum zu durchqueren war. Dadurch nahm die Entwicklung der
Völker Nordafrikas einen anderen Weg als die der Völker im Süden von Afrika.
Die Geschichte des Maghreb ist mit der Geschichte Vorderasiens und
Südeuropas aufs engste verwoben. Im Jahr 640-645 wurde Ägypten von Arabern
eingenommen und Anfang des 16. Jahrhunderts dem osmanischen Reich
einverleibt. Im 7. Jahrhundert ging eine Welle arabischer Eroberungen über
Nordafrika hinweg bis hin zum Nordsudan und an das Mittelmeer. Sie erreichte
bis zum 11. Jahrhundert den Golf von Guinea. Arabische Sultanate wurden
gegründet. Die Teilung des Maghreb in Tunesien, Marokko und Algerien vollzog
sich erst im 16. und 17. Jahrhundert.
In den Gebieten des Ost-und Westsudans gab es im 14. Jahrhundert
muslimische, arabische Einflüsse durch die Verbindung nach Jemen und Ägypten.
Im heutigen Äthiopien, entstand das Aksumitische Reich, das eng mit Saba
(Südarabien) verbunden war. Im 4. Jahrhundert breitete sich hier das
Christentum in Afrika aus.
Anders verlief die Geschichte Afrikas südlich der Sahara: Bis zum
15. Jahrhundert lebten die Völker recht abgeschieden und gründeten
Gemeinwesen mit urkommunistischen Gesellschaftsstrukturen. In Zentralafrika gab
es bereits Staaten (Kongo, Angola und Ashanti) und Spuren eines Matriarchats.
Erst im 17. Jahrhundert wurden Uganda, Ruanda und Urundi (heute Burundi)
gegründet. [5]
Die Kolonialisierung Afrikas durch Europa führte zur Vernichtung
afrikanischer Kulturen, zu unermesslichem Leiden und Genoziden:
Zwangsumsiedlungen, große Verwüstungen, Entvölkerung weiter Regionen, brutalste
Sklaverei der dort lebenden Völker, Ausrottung ganzer Völkergemeinschaften. Wir
erinnern an den Genozid des Hererovolkes in Südwestafrika (heute Namibia) durch
die deutschen Kolonialherren. (In der TROTZ ALLEDEM! Nr. 36 vom Mai 2005 haben
wir einen Artikel über Namibia und die BRD und den Völkermord an den Herero
veröffentlicht.)
Vom 15. bis zum 19. Jahrhundert sind mehr als 12 Mio.
AfrikanerInnen als Sklaven nach Nordamerika, Südamerika und in die Karibik
verschleppt worden. Hunderttausende starben bereits auf den barbarischen Schiffstransporten.
Weitere 9 Mio. Menschen sind quer durch die Sahara in nordafrikanische
Länder verschleppt und 8 Mio. über die ostafrikanische Küste und das Rote
Meer nach Arabien und Asien verkauft worden. [6]
Viele Kriegszüge, vor allem im 18. Jahrhundert, wurden
unternommen, die nur zur Rekrutierung von Sklaven dienten. Kriege und der
Verkauf von Gefangenen wurden zu einer wichtigen Einkommensquelle der führenden
Schichten in den jeweiligen Gemeinschaften. Das wirkliche Ausmaß ist nur
schwierig darzustellen. Besiegte haben in der Geschichte noch nie die
Möglichkeit gehabt, ihre Sicht der Dinge darzulegen. Geschichte wird von den
„Gewinnern” geschrieben, und die hinterlassen ihre Sicht der Dinge. Der
schwarze US-amerikanische Historiker Prof. Du Bois bezifferte die durch den
Sklavenhandel in Mitleidenschaft gezogenen Menschen, einschließlich derer, die
während der Sklavenjagd ermordet oder auf Transporten gestorben sind, auf über
100 Mio. (!) Menschen. [7]
Der jahrhundertlange Sklavenhandel ließ keine ökonomische und
politische Entwicklung in Afrika zu. Er führte sogar einen Rückgang herbei. Die
Entwicklung der Produktivkräfte verzögerte sich erheblich, während gleichzeitig
mit Hilfe von afrikanischen SklavenarbeiterInnen eine neue europäische und vor
allem US-amerikanische Wirtschaft aufgebaut wurde. Im letzten Viertel des 19.
Jahrhundert zogen – überwiegend von europäischen Kolonialisten finanzierte –
dutzende von Expeditionen kreuz und quer durch Afrika mit dem Ziel, die
Eroberung und Ausplünderung des Kontinents vorzubereiten. Ende des 19.
Jahrhunderts war Afrika erschlossen. Der Kapitalismus trat in sein letztes, das
imperialistische Stadium. Koloniale Eroberungen nahmen zu, der Kampf um die
Aufteilung der Welt verschärfte sich.
Lenin schrieb über diese Periode: „...das Charakteristische dieser Periode ist die endgültige Aufteilung der Erde, endgültig nicht etwa in dem Sinne, daß eine Neuverteilung unmöglich wäre – im Gegenteil, Neuverteilungen sind möglich und unvermeidlich –, sondern in dem Sinne, daß die Kolonialpolitik der kapitalistischen Länder die Besitzergreifung unbesetzter Länder auf unserem Planeten beendet hat.” Lenin, „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, LW, Bd. 22, S. 258-259 |
Um die Aufteilung Nordafrikas „abzustimmen“ wurde die Kongokonferenz
in Berlin (1884-1885) einberufen. Belgien, Frankreich und Deutschland luden
VertreterInnen der USA, des Osmanischen Reiches und der europäischen Mächte
Österreich-Ungarn, Belgien, Dänemark, Großbritannien, Italien, Niederlande,
Portugal, Russland, Spanien und Schweden-Norwegen ein. Die Kolonialmächte
legten ihre Ansprüche auf den Tisch und versuchten über Verhandlungen die Beute
aufzuteilen. Das gelang ihnen nur teilweise. In den darauf folgenden Jahren
waren die Kolonialmächte damit beschäftigt, ihre Eroberungen zu stabilisieren
und weitere Gebiete zu erobern, indem sie Verteilungs-Kriege gegeneinander
führten. Die britische Regierung beanspruchte alle Gebiete zwischen Kairo und
der Kapkolonie als koloniale Besitztümer. Frankreich alle Gebiete von Dakar bis
Dschibuti. Im Jahr 1869 wurde der Suezkanal gegen den Widerstand
Großbritanniens und des Osmanischen Reiches, die eine Vormachtstellung
Frankreichs im Nahen Osten befürchteten, fertiggestellt. Das führte zu weiteren
Konflikten um die strategische Vormachtstellung in der Region und auf den
internationalen Verbindungswegen: Großbritannien schlug den Aufstand der
Urabi-Bewegung 1882 nieder und besetzte Ägypten. Die Urabi waren von 1879 bis
1882 eine nationale Volksbewegung der Jungägypter im osmanischen Vizekönigreich
Ägypten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der gesamte Kontinent der
europäischen Fremdherrschaft unterworfen, bis auf Äthiopien (damals Abessinien)
und Liberia. [8]
Die Kolonialisierung Afrikas ging nicht einfach so – wie heute oft
behauptet wird – vonstatten. Es gab massiven, langandauernden Widerstand gegen
die Kolonialisten. Aber die Völker Afrikas kämpften mit einfachen Waffen gegen
hochgerüstete Armeen. Hunderttausende AfrikanerInnen wurden ermordet. Immer
wieder entflammten Befreiungskämpfe für die Unabhängigkeit: der Aufstand der
Ashanti gegen die Briten bis 1874 an der damaligen Goldküste Afrikas (heute
Ghana und Teile von Togo und der Elfenbeinküste), der Aufstand der Maschona und
Matabele 1896 in Südrhodesien (heute Simbabwe), der Kampf der Samori in
Westafrika gegen die französische Kolonialmacht, der Aufstand der Herrero
1904-1907 gegen die deutschen Eroberer (heutiges Namibia), der Zulu Aufstand
von 1906 gegen die englischen Imperialisten in Südafrika, der Maji-Maji
Aufstand gegen die deutschen Plantagenbesitzer 1905-1906 in Deutsch-Ostafrika
(heute Tansania). Das sind nur einige heldenhafte Kämpfe gegen die
Unterdrücker. Nach dem 1. Weltkrieg wurden die Grenzen neu gezogen und einige
Länder Afrikas, gemäß dem neuen Kräfteverhältnis in der Weltherrschaft, neu
aufgeteilt. Die ehemaligen deutschen Kolonien wurden dem Mandat England,
Belgiens, Frankreichs und (pro forma) der Südafrikanischen Union unterstellt.
Der Sieg der Oktoberrevolution in der Sowjetunion beflügelte den antikolonialen und antiimperialistischen Befreiungskampf und führte zu einem immensen Aufschwung der Bewegung. Die Idee des Panafrikanismus verbreitete sich rasch. In Afrika entstanden Organisationen (Wafd-Partei, ANC...), erste Gewerkschaftsbewegungen und in verschiedenen Ländern wurden von der Arbeiterklasse kommunistische Parteien gegründet. Infolge der Schwäche der Arbeiterklasse, der geringen Anzahl an organisierten ArbeiterInnen und der brutalen Unterdrückungsmethoden der imperialen Großmächte und ihrer kolonialen Statthalter, riss die nationale Bourgeoisie die Führung in den Kämpfen aber an sich.
Die Idee des Panafrikanismus entstand auf der Londoner Konferenz von
1900, welche später als „Erster Panafrikanischer Kongress“ in die Geschichte
einging. Dabei wurde der Begriff Panafrikanismus erstmals eingeführt. Er
bedeutet „die Einheit aller schwarzen und afrikanischen Menschen weltweit,
unabhängig von ihrer Ethnie oder Nationalität“. Der wohl bekannteste (und auch
radikalere) Vertreter war Marcus Garvey, welcher 1914 die UNIAACL (Universal
Negro Improvement Association and African Communities League) in Jamaika
gründete. An ihrem ersten Kongress 1920 in New York City nahmen über
20 000 Mitglieder teil und unterzeichneten die Deklaration der Rechte der
Schwarzen. 1945 wurde in Manchester der fünfte Panafrikanische Kongress
abgehalten. Seine Resolution richtete sich gegen Aristokratie, Imperialismus,
gegen das Monopol des Kapitals und das Gesetz des Privatvermögens. Der Kongress forderte das Ende der Kolonialherrschaft und der
rassischen Diskriminierung. Am 25. Mai 1963 wurde auf der Konferenz in Addis Abeba eine gemeinsame
„Charta der Organisation für Afrikanische Einheit“ verabschiedet und damit die
Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) mit 30 Mitgliedsstaaten
gegründet. www.neia-ev.org/downloads/Panafrikanismus.pdf |
Die imperialistischen Mächte trugen den 2. Weltkrieg auch in
Afrika aus. Es ging um die Weltherrschaft, das bedeutete auch um den Einfluss
in den Kolonien.
1935 besetzen Mussolinis Truppen Äthiopien. Die alte Kolonialmacht
England hatte Angst, die von ihnen kontrollierten Handelsrouten durch das Rote
Meer zu verlieren. Rommel führte deutsche Nazitruppen nach Afrika. Afrikas
Bodenschätze waren enorm wichtig für die Kriegsproduktion. Während der
Kriegsjahre hatte Afrika an der Weltproduktion folgende Anteile: 50% bei Gold,
19% des Manganerzes, 39% bei Chrom, 24% Vanadium, etwa 17% Kupfer, nahezu 90%
Kobalt, die gesamte Uraniumproduktion und 98% an Industriediamanten.
Knapp 100 000 koloniale Soldaten, davon der größte Teil aus
Afrika, setzte Frankreich zu seiner Verteidigung in Europa ein, bevor es von
Nazideutschland überrannt wurde. Offiziell trugen die Kolonien Frankreichs
„Französisch-Westafrika“ zu den Kosten des 2. Weltkriegs über
1,5 Mrd. Francs bei. [9]
Die Verluste unter den Soldaten aus den Kolonien waren hoch: 29,6% der
Madegassen, die zum Einsatz kamen, ebenso 38% der so genannten „Senegalesischen
Infanterien“, Einheiten des Französischen Heeres aus dem Senegal und anderen
Staaten „Französisch-Westafrikas“. Zwangsarbeit, Ablieferungsquoten für
Rohstoffe und Beschlagnahmung von Nahrungsmitteln führten in manchen Regionen
zu Hungersnöten. In Ruanda-Urundi verhungerten 1942-1944 etwa 300 000
Menschen. In Madagaskar stieg zwischen 1941 und 1943 die Zahl der
Zwangsarbeitstage von 2,55 Mio. auf 3,81 Mio. [10]
Die Dekolonisation Afrikas als
Folge der militanten antiimperialistischen Befreiungsbewegungen in
vielen afrikanischen Ländern begann 1951. Portugal, mit seinem Faschisten
Salazar an der Staatsspitze, hielt seine Kolonien am längsten. Aber die
willkürlich gezogenen Grenzen blieben erhalten. Vielvölkerstaaten entstanden,
die durch neokolonialistische Ausbeutungs- und Unterdrückungsstrukturen im
Würgegriff der imperialistischen Großmächte verblieben. Das bereitete den Boden
für korrupte Regierungen und Militärdiktaturen.
Unabhängigkeit der Staaten nach Jahreszahlen 1847 Liberia 1910 Südafrika 1922 Ägypten (de facto erst seit Republikgründung 1952) 1941 Äthiopien (war seit 1936 Teil von Italienisch-Ostafrika) 1951 Libyen 1956 Sudan, Marokko, Tunesien 1957 Ghana 1958 Guinea 1960 Madagaskar, Mauretanien, Mali, Niger, Tschad, Zentralafrikanische
Republik, Demokratische Republik Kongo (ehemals Belgisch-Kongo), Republik Kongo
(ehemals Französisch-Kongo), Gabun, Kamerun, Nigeria, Dahomey (Benin), Togo,
Obervolta (Burkina Faso), Elfenbeinküste, Senegal, Somalia 1961 Sierra Leone, Tanganjika (Tansania) 1962 Algerien, Uganda, Ruanda, Burundi 1963 Kenia 1964 Sambia, Malawi 1965 Gambia 1966 Botswana, Lesotho 1968 Swasiland, Äquatorialguinea, Mauritius 1974 Guinea-Bissau 1975 Angola, Mosambik, Kap Verde, Komoren, São Tomé und Príncipe 1976 Seychellen, Westsahara (Status ungeklärt, besetzt von Marokko) 1977 Dschibuti 1980 Simbabwe 1990 Namibia (Sezession von Südafrika) 1993 Eritrea (Sezession von Äthiopien) 2011 Südsudan (Sezession von Sudan) de.wikipedia.org/wiki/Dekolonisation_Afrikas |
Vor dem 2. Weltkrieg lag der Anteil Afrikas am Weltex- und Import
bei etwa 6,5%. [11]
Nach dem 2. Weltkrieg intensivierte sich die wirtschaftliche
Expansion der USA auf dem afrikanischen Kontinent. Sie strebte eine
Neuverteilung der Kolonien für ihre Weltherrschaftspläne an. Sie ging als
einzige Großmacht wirklich gestärkt aus dem 2. Weltkrieg hervor. Bis zum
2. Weltkrieg waren in Afrika England und Frankreich führend, aber deren
Schwächung im 2. Weltkrieg wurde von den USA ausgenutzt. Der Marshallplan
wurde ins Leben gerufen und der Nordatlantikpakt geschaffen mit dem Ziel, die
Vorherrschaft über die Rohstoffe und Absatzmärkte in den Kolonien und
Einflussgebieten anderer Imperialisten zu installieren. Aber auch um den weiter
anschwellenden antiimperialistischen Befreiungskampf zu unterdrücken und vor
allem den Einfluss der Volksdemokratien und der Sowjetunion zurückzudrängen.
Das amerikanische Finanzkapital investierte besonders im Bergbau und
in der Erdölausbeutung und -verarbeitung. Die USA erzielten gewaltige Profite
mit dem Raubbau der Bodenschätze und der Ausbeutung der reichen Rohstoffquellen
durch Sklavenarbeit der afrikanischen Völker. Wichtig für das US-amerikanische
Kapital waren vor allem die Rohstoffe im ehemaligen belgisch-Kongo (heute DRK).
Die USA monopolisierte den Uranabbau. Fast die komplette Wirtschaft befand sich
im Dienst der amerikanischen Monopole. Belgisch-Kongo rückte mit 60-70% aller
in der kapitalistischen Welt gewonnenen Diamanten (für technische Zwecke) auf
Platz 1. [12]
Afrika – Rohstofflieferant und Warenabsatzmarkt
Die kapitalistischen Monopole haben von Beginn der Kolonisation an die
Wirtschaft Afrikas für ihre Bedürfnisse ausgerichtet: einseitiger Export zu
niedrigen Preisen für ausführende Rohstoffe und enorm hohe Preise für
importierte Industriegüter, wie Produktionsanlagen und Maschinen, neueste
Technologien etc. Dadurch haben sie seit über einem Jahrhundert die
wirtschaftliche Entwicklung Afrikas verhindert bzw. abgebremst.
Um ihre brutale Unterdrückung, den aggressiven Raubbau an der Natur,
die hemmungslose Ausbeutung der Rohstoffe Afrikas zu legitimieren, haben sie
den Rassismus als ideologisch-politische Waffe eingesetzt. Und setzen ihn bis
heute ein. Die stereotypischen, rassistischen Klischees von dem „faulen
Schwarzen” in all ihren Varianten, heute nur im „politisch-korrekten“
Sprachstil verpackt, sind allgegenwärtig. Die angeblichen Aufgaben des Westens
„die Überbevölkerung einzudämmen”, „die Epidemien zu kontrollieren” und die
„Aufstände zu pazifisieren”, sind nur einige Argumente um Afrika als ihr
„postkoloniales Reservat“ zu erhalten.
Die imperialistischen Mächte verwandeln Afrika in einen Lieferanten
für Agrarprodukte und Rohstoffe.Vor allem für Lebens- und Genussmittel außerdem
für Bergbauprodukte und als Absatzmarkt für ihre Industrieerzeugnisse, sowie
als Gebiet für Kapitalinvestitionen, dank der billigen Arbeitskräfte. Der
gezielt niedrig gehaltene und abgebremste Entwicklungsstand der Produktivkräfte
ist charakteristisch, nur wenige Länder bilden hier eine Ausnahme, z.B.
Südafrika. Das verarbeitende Gewerbe wird gezielt gehemmt, bzw. durch das immer
stärkere Eindringen der Großmonopole beseitigt.
Die afrikanischen Volkswirtschaften sind den Weltmarktpreisen
ausgeliefert, die sie nicht selbst bestimmen können. Daran hat sich auch nach
der Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit nur sehr wenig geändert. Die
Abhängigkeit vom Rohstoffexport und damit von den Weltmarktpreisen erhöhte die
sowieso schon immense Verschuldung Afrikas und stieg unaufhörlich an: 1979
beliefen sich die Schulden auf 6,9 Mrd. US-Dollar, 1990 lagen sie bereits
bei 170 Mrd. US-Dollar, heute bei 300 Mrd. US-Dollar. [13]
In den 1980ern übernahmen Weltbank und Weltwährungsfonds de facto die
Kontrolle über Wirtschaft und Politik in vielen Ländern Afrikas und zwangen sie
im Rahmen der Strukturanpassungsprogramme, zu weiteren „Sparmaßnahmen“. Zu
Lasten der Völker Afrikas. Durch Tilgung von Zinsen und Zinseszinsen erreichten
viele Länder einen Schuldenstand von 100-200% des BSP, und bei einigen Ländern
(Mauretanien, Liberia, Sudan und Guinea-Bissau) lag er zeitweise bei 200% und
500%. [14]
Zwischen August 2008 und Mai 2009 (Krise) fielen die Exporteinnahmen
Afrikas, die von den Rohstoffpreisen bestimmt werden um 45%. Die geringere
landwirtschaftliche Produktivität führte zu einer Steigerung der
Nahrungsmittelpreise auf dem Weltmarkt. Aber nicht nur die: die Weltmarktpreise
für Lebensmittel stiegen in den letzten Jahren aufgrund der hemmungslosen
Spekulation mit Nahrungsmitteln an den internationalen Börsen in astronomische
Höhen. Und auch die steigende Nachfrage von Agrarrohstoffen für Biotreibstoff
führt zu einem Anstieg der Weltmarktpreise für Nahrungsmittel und auch ihrer Verknappung.
Für die Produktion des Treibstoffs werden in Afrika Nutzpflanzen wie
Mais, Zuckerrohr, Ölpalmen oder Sojabohnen angebaut.
Hinzu kommt die katastrophale Umweltzerstörung auf dem ganzen
Kontinent. Auch sie führte ebenfalls zu einer Verschärfung der Armut und zur
rasanten Ausbreitung von Krankheiten.
Die Zerstörung der tropischen Regenwälder, der Trockenwälder und der
Baumbestände, das Versiegen der Süßwasserressourcen, und nicht zuletzt die
Giftmüllimporte aus Europa, führen zur Zerstörung von Landwirtschaft und
Nahrungsmittelproduktion.
Durch Dürren und Überschwemmungen kommt es zu einem Rückgang der
Ernteerträge von Grundnahrungsmittel, die von Regenfällen abhängen.
Für einige Länder wird hier mit einem 50%igem Rückgang der
landwirtschaftlichen Erträge gerechnet. Die ökologische Krise ist neben den
Kriegen, dem Hunger und der völligen Perspektivlosigkeit in vielen Ländern eine
der Ursachen für die Flucht von Werktätigen vom afrikanischen Kontinent.
Der Imperialismus raubt den Werktätigen Afrikas ihre
Existenzgrundlagen, beutet ihre Arbeitskraft mit Hungerlöhnen extrem aus,
provoziert Kriege um sich seine Vormachtstellung zu erhalten.
Wenn die Menschen, aus dieser elendige Lage fliehen und in dem „gelobten Westen“ Zuflucht suchen, dann begegnen sie der ganzen Härte der imperialistischen Herrschaft auf einer anderen Ebene. Die Grenzen sind abgeschottet. Hunderttausende Menschen sterben auf der Flucht.
Die Werktätigen, denen es trotz aller Widrigkeiten gelingt in die Metropolen zu kommen, werden mit einem extrem Rassismus und wiederum verschärfter Ausbeutung konfrontiert.
Lenin 1916: „ Einzig und allein der Kolonialbesitz bietet volle Gewähr
für den Erfolg der Monopole gegenüber allen Zufälligkeiten im Kampfe mit dem
Konkurrenten – bis zu einer solchen Zufälligkeit einschließlich, daß der Gegner
auf den Wunsch verfallen könnte, sich hinter ein Gesetz über ein Staatsmonopol
zu verschanzen. Je höher entwickelt der Kapitalismus, je stärker fühlbar der
Rohstoffmangel, je schärfer ausgeprägt die Konkurrenz und die Jagd nach
Rohstoffquellen in der ganzen Welt sind, desto erbitterter ist der Kampf um die
Erwerbung von Kolonien. ” |
Die gesamte Bevölkerung Afrikas zählt heute 1 Milliarde Menschen auf einer Fläche von 30 221 532 km². Also mit einer durchschnittlichen Bevölkerungsdichte von 30,51 Einwohner/km² in 54 Ländern. Bis 2050 wird die Bevölkerung auf knapp zwei Milliarden steigen. [15]
700 Millionen Menschen leben südlich der Wüste Sahara in Subsahara Afrika. Das sind eineinhalb mal so viele wie in Europa. In Nordafrika gibt es nur rund 210 Millionen EinwohnerInnen (Stand 2012). Der bevölkerungsreichste Staat ist Nigeria mit über 150 Millionen EinwohnerInnen. Afrika stellt ein Viertel der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (UN). Diese sind somit wichtige Partner zur Durchsetzung der machtpolitischen Interessen der imperialistischen Mächte, insbesondere in der UNO und in der WTO (World Trade Organization – Die Welthandelsorganisation), sowie für außenpolitische Ziele, wie die Errichtung ihrer Weltordnung.
In Afrika werden etwa 2 000 Sprachen gesprochen.
1950 gab es in Afrika keine einzige Millionenstadt, heute sind es 35. Die größten Städte Afrikas sind Kairo in Ägypten mit über 15 Mio. EinwohnerInnen, Lagos in Nigeria mit über 11 Mio. EinwohnerInnen und Kinshasa in der Demokratischen Republik Kongo mit über 8 Mio. EinwohnerInnen. [16]
2007 betrug der Urbanisierungsgrad 39%. Nach aktuellen Schätzungen werden vier Fünftel der globalen Urbanisierung in Afrika und Asien stattfinden, was bedeutet, dass z.B. Lagos im Jahr 2030 voraussichtlich mehr als 25 Mio. EinwohnerInnen haben wird.
Allein 15 Länder hatten nach Angaben von UN-Habitat bereits 2001 einen Slumbewohneranteil in Städten von über 90%, z.B. Äthiopien (99,4%), Tschad (99,1%), Somalia (97,1%), Niger (96,2%). [17]
In Afrika südlich der Sahara arbeiteten im Jahr 2007 77% aller Menschen im arbeitsfähigen Alter in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Offiziell sind aber nur 21% der Jugendlichen und 6% der Erwachsenen erwerbslos. In Nordafrika sind es jeweils 37% und 10%. Dabei sind natürlich die Menschen, die unter dem Existenzminimum auf ihren Feldern arbeiten, oder Frauen, die gar nicht erst nach Arbeit suchen, nicht mitgerechnet. [18]
Der verkehrsreichste Hafen liegt in Durban, an der Ostküste Südafrikas, doch mit chinesischer Beteiligung, soll in Tansania der noch größere Hafen Bagomoyo entstehen. Der Suezkanal hat eine besonders große strategische Bedeutung. Er verbindet das Mittelmeer mit dem indischen Ozean (über das Rote Meer). Der längste Fluss ist der Nil, am Oberlauf des Nils liegt der Victoriasee, der größte See Afrikas.
Im Herzen des Kontinents fließt der Strom des Kongo, eine Lebensader des Kontinents. Mit seinem enormen Potenzial an Wasserkraft könnte er theoretisch ganz Afrika mit Elektrizität versorgen. Seit Jahrzehnten kommt es zu Konflikten über die Kontrolle des Kongo. Angola und Südafrika z.B. nehmen Milliardeninvestitionen vor, um die Kongo-Wasserkraft auszubauen, und die Energie in den Süden des Kontinents zu exportieren. Während im Kongo weiterhin Stromknappheit herrscht.
Weltproduktion und Bodenschätze heute
Neben landwirtschaftlichen Produkten gehören vor allem nicht erneuerbare Rohstoffe, wie Öl oder Diamanten und Erze, zu den wichtigsten Exportgütern. Nach Schätzungen verfügt Afrika über etwa 90% der weltweiten Platinvorkommen, 80% Chrom und Mangan, 60% bei Diamanten, bei Kobalt und Gold 50 bzw. 40%, sowie 30% der Bauxitreserven. An Brennstoffen und Energie-Rohstoffe verfügt Afrika über etwa 20% des weltweit vorhandenen Urans, 10% Erdöl, Kohle und Erdgas. Exporte von Gold, Diamanten, Eisenerz, Bauxit und zahlreichen anderen Metallen und Erzen boomen. Nichtfossile mineralische Rohstoffe, vor allem Metalle und Diamanten, befinden sich überwiegend in Westafrika, in Zentralafrika und insbesondere im südlichen Afrika.
Die Erdölproduktion in Afrika befindet sich vor allem in Nordafrika, im Golf von Guinea, und im südlichen Westafrika. Die wichtigsten Produzenten sind Algerien, Libyen, Nigeria und Angola. Größere Vorkommen wurden zudem in Ghana, Mauretanien und Niger entdeckt. Kleinere Vorkommen in Gabun, Tschad und in Südsudan. In Äquatorial-Guinea werden gigantische Erdölvorkommen vermutet mit einem Marktwert von ca. 160 Mrd. US-Dollar. Experten schätzen die Ölreserven in Angola auf 12-15 Mrd. Barrel. Die drei größten Ölexporteure Afrikas – Algerien, Angola und Nigeria – nahmen in den 1990er Jahren rund 300 Mrd. US-Dollar durch Ölexporte ein. In den Jahren 2000-2010 waren es rund eine Billion. Neue Ölförderländer aus Afrika sind: Sudan, Äquatorialguinea, Ghana, Uganda.
Die Gas- und Kohlevorkommen in Mosambik zählen zu den größten der Welt. Laut nationalem Erdölinstitut besitzt Mosambik über 2,8 Bio. Kubikmeter Erdgasreserven, vergleichbar mit denen im Irak. Neben den Gasvorkommen soll es die größte noch unerschlossene Kokskohlelagerstätte der Welt in Mosambik geben. Bis 2014 sollen dort elf Mio. Tonnen, bis 2017 das Doppelte produziert werden. [19]
Über 60% aller erwerbstätigen AfrikanerInnen südlich der Sahara sind im Agrarsektor tätig. Pro EinwohnerIn stehen theoretisch 0,25 Hektar Nutzfläche zur Verfügung, dies entspricht dem Weltdurchschnitt. Die Produktivität der afrikanischen Landwirtschaft ist aber im Vergleich sehr gering: Subsahara Afrika hatte im Jahr 2008 einen Getreideertrag von 1.230 Kilogramm pro Hektar Land. Der Weltdurchschnitt liegt bei 3.707 Kilogramm pro Hektar.
Zu den häufig angebauten landwirtschaftlichen Produkten zählen Reis, Hirse, Mais, Jamswurzel, Maniok, Okra, Bananen, Kaffee, Baumwolle, Kakao, Erdnüsse, Palmöl und Datteln.
Seit einigen Jahren sind die fruchtbaren Böden Afrikas von großem Interesse für die weltweiten Investoren und Spekulanten. Internationale Banken und Investmentfonds, Industrieländer und Agrarkonzerne wollen auf Riesenflächen gigantische industrielle Großfarmen aufziehen, Nahrungsmittel und Biosprit sollen für den Export und den Extra-Profit, aufgrund der niedrigen Lohnkosten, produziert werden. Für die Nutzung der Anbauflächen werden die afrikanischen Völker oft gewaltsam von ihrem Land vertrieben oder zum Verkauf ihres Grund und Bodens gezwungen. Zudem müssen die Grundnahrungsmittel, die auf diesen Flächen der ausländischen Investoren produziert und exportiert werden, zu extrem hohen Preisen reimportiert werden.
Zwischen 2001 und 2011 wurden in Afrika etwa insgesamt 130 Mio. Hektar Land verkauft oder verpachtet. Allerdings spiegeln diese Zahlen nicht die Realität wider, die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen. In Mali gab es bereits seit 1996 ein Gemeinschaftsunternehmen im Zuckerrohranbau: 40% hielt der malische Staat, 60% ein chinesisches Unternehmen, das seine Anbaufläche bereits im Jahr 2010 um 20 000 Hektar ausgedehnt hat.
„In Sierra Leone baut die Firma Addax Bioenergy Ethanol für europäischen Biosprit an, gefördert von der europäischen Entwicklungsbank. Über 40 000 Hektar Land wurden bereits verpachtet (100 ha = 1 km²)”. [20]
1980 lag der Anteil der sub-saharischen Länder Afrikas am Welthandel bei 6%. In den Jahren 2002 bis 2008 betrug das durchschnittliche Wirtschaftswachstum 5 bis 6%, 2010 4,3 bis 4,5%, 2011 bis 4,9% und für 2015 wird ein Wachstum von 5,5% erwartet. [21]
„Kein anderer Erdteil hat im vergangenen Jahrzehnt so rasant zugelegt wie Afrika. Das reale Wirtschaftswachstum betrug zwischen 5 und 10 Prozent pro Jahr, in Ölstaaten wie Angola 2007 sogar 22,6 Prozent – weltrekordverdächtig. In einer Studie der Weltbank kommen 17 der 50 Volkswirtschaften mit den größten wirtschaftlichen Fortschritten aus Afrika. Das Bruttoinlandsprodukt des Kontinents – über 1,7 Billionen Dollar – entspricht fast dem Russlands.“ [22]
2013 lagen vier der zehn am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Erde in Afrika. Angeführt wird die Liste von Angola, das mit einem durchschnittlichen Wachstum von 20,3% sogar noch vor China (9,6%) lag, gefolgt von Äquatorial-Guinea mit 15,4%, Äthiopien mit 9,2% und Libyen mit 9,2%. [23]
Die ausländischen Direktinvestitionen (Foreign Direct Investments, FDI) haben sich zwischen 2000 und 2008 auf 87,6 Mrd. US-Dollar verzehnfacht, 2012 lagen die ausländischen Direktinvestitionen bei 554 Mrd. US-Dollar. Die Investitionsquote Afrikas steigt zwar langsamer als die Exporteinnahmen, aber sie liegt bei über 20% des BIPs.
„Weil in Europa und Amerika infolge der Finanzkrise und der Sparpolitik momentan nicht viel zu holen ist, entdecken Kapitalanleger und Spekulanten den afrikanischen Kontinent. Investmentfonds, die mit Bodenschätzen, Nahrungsmitteln oder Ackerland zocken, verheißen märchenhafte Renditen.
Historiker sprechen schon von einem zweiten »Wettlauf um Afrika«, vergleichbar dem am Ende des 19. Jahrhunderts, als die europäischen Kolonialmächte den »dunklen Erdteil« unter sich aufteilten und plünderten. [24]
Investitionen in Afrika werfen höhere Renditen ab als anderswo auf der Welt und es gibt Projekte mit überdurchschnittlicher Rentabilität: das Wasserkraftpotenzial des Kongo-Flusses und des Blauen Nils, die Eisenerz- und Bauxitschätze von Liberia und Guinea, die Möglichkeit zur Nutzung von Wind- und Sonnenenergie in der gesamten Saharawüste, das fruchtbare Savannenland im Inneren des Kontinents, und nicht zuletzt die reichsten Erzvorkommen der Welt: die Kupfer- und Kobaltminen des Kongo und die gigantischen Gold-, Öl- und Gasreserven.
2000 strömte Kapital im Wert von 15 Mrd. US-Dollar nach Afrika, im Jahr 2008 waren es bereits 88 Mrd. US-Dollar. 64 Mrd. US-Dollar davon wurden in die Staaten südlich der Sahara und 24 Mrd. US-Dollar in Nordafrika investiert, 20 Mrd. US-Dollar in Nigeria, 15 Mrd. US-Dollar in Angola, je 9 Mrd. US-Dollar in Ägypten und Südafrika. Nach einem kurzen Rückgang – aufgrund der weltweiten Krise – stiegen die Kapitalflüsse 2012 wieder auf knapp 50 Mrd. US-Dollar.
Für 2013 werden knapp 57 Mrd. US-Dollar vorhergesagt. Vier Fünftel davon sind mittlerweile für die Länder südlich der Sahara vorgesehen. Nordafrika ist aufgrund des arabischen Frühlings zum Risikogebiet für das internationale Finanzkapital geworden. So rückten auch andere Länder in den Fokus und sie erhielten Zugang zu internationalen Kapitalmärkten: Ghana und der Boomstreifen Ostafrikas, von Mosambik über Tansania und Kenia bis nach Uganda.
Auch innerhalb Afrikas nehmen die Kapitalströme – allen voran Libyens Investmentfonds, Südafrikas Konzerne und Nigerias Banken – zu. Aber nicht nur internationales Kapital, sondern auch die afrikanischen Bourgeoisien, Finanzmagnaten und Kapitaleigner machen Riesenprofite und der Reichtum nimmt rapide zu.
Die Forbes-Liste 2013 führt 8 Dollarmilliardäre in Afrika unter den 500 reichsten Dollarmilliardären der Welt auf: in Nigeria, Südafrika, Marokko, Swaziland, Ägypten. Insgesamt wird von 200 Dollarmilliardären in Afrika ausgegangen. (Die Welt 28.09.2012). Im Vergleich, die Zahl in China liegt bei 300 Dollarmilliardären.
Durch diese Entwicklungen verstärken sich die innerafrikanischen Widersprüche. Innerhalb der politischen Beratungen der Afrikanischen Union behindern sich oftmals Libyen und Südafrika aufgrund ihrer Konkurrenz, und auch Nigeria kämpft um eine Führungsrolle, beispielsweise bei Ansprüchen auf einen ständigen afrikanischen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Auch der Kampf um die gerechte Verteilung des Nilwassers führt zu Konflikten, zu verschärfter Konkurrenz zwischen Ägypten einerseits und Äthiopien und Uganda anderseits.
Ebenso ist die Energiegewinnung aus dem Kongostrom und der mögliche Ausbau des Grand-Inga-Staudamms, der größte der Welt, eines der lukrativsten Investitionsprojekte um das ein erbitterter Streit geführt wird. [25]
Südafrika, eine aufstrebende imperialistische Macht und die größte Volkswirtschaft Afrikas ist seit 2005 ein Nettokapitalexporteur in die afrikanischen Länder. Nach UN-Angaben kommen 70% aller innerafrikanischen Kapitalflüsse aus Südafrika. Im Zeitraum 2003 bis 2007 hat sich der Wert des südafrikanischen Kapitals, das in andere afrikanische Länder investiert wurde, vervierfacht, auf über 16 Mrd. US-Dollar. Größtes Investitionsziel ist Mauritius, als bekannte Steueroase. In den letzten Jahren investierte Südafrika aber auch verstärkt nach Nigeria. 11
Die Devisenreserven Afrikas haben sich seit 2004 verdreifacht, Afrikas Auslandsschulden betrugen im Jahr 2000 63% der gesamten Wirtschaftsleistung (BIP), im Jahr 2010 noch 25%. [26]
Das bedeutet aber nicht, dass die Armut in der Bevölkerung sinken wird, im Gegenteil eine Handvoll Kompradoren und Kapitalisten werden davon reicher und reicher. Es wird geschätzt, dass im Jahr 2015 über 340 Mio. Menschen in Afrika mit weniger als einem Dollar pro Tag leben müssen. (2001 waren es noch 313 Mio.) [27]
Die Zahl der HandynutzerInnen in Afrika lag 1989 noch bei 4 000, 2006 waren es über 100 Millionen, 2010 bereits 330 Millionen und 2012 knapp doppelt so viele, 633 Millionen. Es wird geschätzt, dass es bis 2050 mehr als eine Milliarde Handy-NutzerInnen geben wird. Ein Fünftel verwenden bereits Smartphones, dagegen gab es 2012 nur 3 Millionen Festnetzanschlüsse.
Die Rate von 100 bis 149 Mobilfunkverträgen pro 100 Einwohner liegt 2012 in Nordafrika (Mauretanien, Marokko, Algerien, Tunesien, Lybien, Ägypten), in Westafrika (Ghana) und im südlichen Afrika (Namibia, Botsuana und Südafrika), auf dem selben Niveau wie in der BRD. In den USA hingegen liegt die Rate der Mobilfunkverträge bei 75 bis 95 pro 100 Einwohner. (Spiegel, 48/2013)
Nur 167 Mio. Menschen nutzen Internet, das ist zwar wenig, aber mehr als doppelt so viel wie zwei Jahre zuvor. Ende 2012 gab es über 51 Mio. Facebook-Konten in Afrika. Die Verkabelung des Kontinents gehört somit zu den gigantischen Investitionsprojekten Afrikas. Es werden zahlreiche Unterwasserkabel von Europa oder Asien nach Afrika, rings um den Kontinent, und in alle afrikanische Länder durch mehrheitlich afrikanische Konsortien gezogen. [28]
Die größten Importländer sind Algerien (43%), Südafrika (17%) und Marokko (16%). Ägypten gilt neben Südafrika als stärkste Militärmacht des Kontinents. Die Waffenimporte stiegen Afrikaweit um 110%. Die Länder des subsaharischen Afrika steigerten ihre Importe um 20%. Die Waffenlieferungen nach Nordafrika schnellten um 273% in die Höhe, das sind 59% aller afrikanischen Waffenimporte.
Marokko importierte 16 Kampfflugzeuge aus den USA, 27 Kampfflugzeuge aus Frankreich und eine Fregatte aus den Niederlanden; weitere Kampfflugzeuge und Fregatten wurden bestellt.
Algerien importierte 36 Kampfflugzeuge, 185 Panzer, zwei Flugabwehrsysteme, 2 SAM und zwei U-Boote aus Russland. Eine große Anzahl Hubschrauber, Korvetten, Fregatten und Landsysteme wurden in Russland, China, Großbritannien, Italien und Deutschland bestellt.
Südafrika ist der größte Waffenimporteur unter den subsaharischen Ländern, 41% der Lieferungen nach Subsahara-Afrika gehen nach Südafrika. Seine Importe stiegen um 80%, 55% davon kommen aus Deutschland, darunter zwei Fregatten und zwei U-Boote. Zweitgrößter Lieferant war Schweden mit 30%.
Imperialistischer Gigant China
Zwischen 2008 und 2012 ist China weltweit zum fünftgrößten Rüstungsexporteur aufgestiegen und hat seine Rüstungsverkäufe in andere Länder von 2008 bis 2012 gegenüber 2003 bis 2007 um 162% gesteigert. Auch Chinas Weltmarktanteil hat sich von zwei auf fünf Prozent mehr als verdoppelt. China war zwischen 2000 und 2003 nach Russland zudem der wichtigste Waffenlieferant afrikanischer Staaten. [30]
Außerdem hat China bereits Truppen im Sudan und eine ständige Flottenpräsenz im Golf von Guinea stationiert.
Bis zum Zusammenbruch der sozialimperialistischen Sowjetunion waren Frankreich, England, die USA und Deutschland die stärksten imperialistischen Mächte auf dem afrikanischen Kontinent. Im Jahr 1950 betrug das Handelsvolumen zwischen China und Afrika 12,14 Mio. US-Dollar, 1960 100 Mio. und 1980 mehr als 1 Mrd. US-Dollar. [31]
Doch seit einigen Jahren entwickelt sich China zum größten Wirtschaftspartner Afrikas. Zwischen 2000 und 2008 hat sich das Handelsvolumen zwischen China und Afrika von 10,6 Mrd. auf 106,8 Mrd. US-Dollar verzehnfacht. 2011 lag es bei 135,3 Mrd. Euro. 2012 erreichte der Handel zwischen Afrika und China ein Volumen von 200 Mrd. US-Dollar, der mit den USA lag nur bei gut 95 Mrd. Dollar. [32]
2010 beliefen sich die afrikanischen Exporte nach China auf 117 Mrd. Dollar. Öl aus Angola, Sudan, und Nigeria macht dabei 80% aller Exporte aus.
Rohstoffexporte von Afrika nach China machen 30% bei Öl, 80% bei Kobalt und 40% bei Mangan aus. Nach Malaysia verzeichnet China den größten Bestand an Direktinvestitionen in Afrika: Ende 2003 beträgt das investierte Vermögen Chinas in Afrika 490 Mio. US-Dollar. Ende 2009 sind es bereits 9,33 Mrd. US-Dollar und 2011 bereits über 16 Mrd. US-Dollar (vier Prozent des Gesamtbestands an Chinas Direktinvestitionen im Ausland).
China investiert in 49 afrikanischen Staaten, wobei ein Großteil nach Südafrika, Nigeria, Sambia, in den Sudan, nach Algerien und Ägypten ging. Die Investitionen flossen in den Bergbau, Finanzen, Produktion, Bauwirtschaft, Tourismus sowie Fischerei-, Land- und Forstwirtschaft.
Investitionen afrikanischer Unternehmen in China haben ebenfalls zugenommen. Ende 2009 betrugen die Direktinvestitionen aus afrikanischen Ländern in China insgesamt 9,93 Mrd. US-Dollar. Der Großteil kommt aus Mauritius, Südafrika, den Seychellen, Nigeria und Tunesien. Investiert wurde vor allem in die Bereiche petrochemische Industrie, Maschinenbau und Elektronik, Verkehr und Kommunikation, Leichtindustrie und Haushaltsgeräteherstellung, Bekleidung und Textilien, Biotechnologie und Pharmaindustrie, Landwirtschaft, Unterhaltung und Gastronomie sowie Immobilien. [33]
Zudem ist China auf dem besten Weg, der größte Finanzier von Infrastrukturprojekten, wie Straßen, Eisenbahnen und Strom in Afrika zu werden.
Im Jahr 2006 gab China Zusagen von sieben Mrd. US-Dollar für den Bau von diesen Projekten. Bis Ende 2009 hatte China in den Bau von mehr als fünfhundert Infrastrukturprojekten in Afrika investiert. Diese werden zum Teil durch Bergbaukonzessionen erpresst. Das heißt China koppelt den Bau von Infrastrukturprojekten an die Vergabe von Nutzungsrechten und die Lieferung von Rohstoffen. Die Kontrolle der Ölvorräte und ihrer Transportwege ist von besonderer Bedeutung, zum einen, um den eigenen Zugang zu den Ressourcen zu sichern, zum anderen, um die anderen Mächte politisch unter Druck zu setzen, durch z.B. einen Stopp der Öllieferungen.
Alle drei Jahre findet das Forum on China Africa Cooperation (FOCAC) statt. Hier werden die weitere Vertiefung der Handels- und Investitionsbeziehungen sowie die Ausweitung der Entwicklungszusammenarbeit zwischen China und Afrika beschlossen.
Am Rande des Gipfels fand die zweite chinesisch-afrikanische Unternehmerkonferenz statt. Dabei schlossen chinesische Konzerne Investitionsabkommen mit elf afrikanischen Staaten in Höhe von insgesamt 1,9 Mrd. US-Dollar ab. [34]
In der DR Kongo schnürten chinesische Unternehmen 2007 ein Investitionspaket von knapp neun Mrd. US-Dollar.
Von 2009 bis 2012 hat China insgesamt 10 Mrd. US-Dollar an weichen Krediten (Kredite mit einem Zuschussanteil) an Subsahara Staaten vergeben. Über die staatliche Export-Import-Bank vergibt China mehrjährige Kredite, die über Ressourcen abgesichert werden. So haben sich Angola 14,5 Mrd. US-Dollar, Ghana 13 Mrd. US-Dollar, Nigeria 8,4 Mrd. US-Dollar, die DR Kongo 6,5 Mrd. US-Dollar und Äthiopien 3 Mrd. US-Dollar für Infrastrukturprojekte geliehen, die allerdings von chinesischen Baufirmen ausgeführt werden müssen (!). So sind Chinas Baufirmen auch zum größten Auftragnehmer von öffentlichen Ausschreibungen in Afrika geworden und errichten Straßen, Brücken, Flughäfen, Häfen und Eisenbahnnetze.
2011 wurde die Schaffung von 59 Sonderwirtschaftszonen in Afrika nach chinesischem Vorbild angekündigt. Damit verbunden ist die Ansiedlung von chinesischen Produktionsbetrieben. Chinesische Banken haben in Sambia, Südafrika, Ägypten und anderen afrikanischen Ländern Niederlassungen und Vertretungen gegründet und China ist u.a. der African Development Bank und der West African Development Bank beigetreten. Bis Ende 2009 haben sechs Banken aus Ägypten, Marokko, Kamerun, Südafrika und Nigeria Niederlassungen bzw. Vertretungen in China eingerichtet. [35]
Anfang dieses Jahres besuchte der neue chinesische Präsident Xi Jinping Südafrika und Tansania und die Republik Kongo. Er bot den afrikanischen Staaten Kredite in Gesamthöhe von 20 Mrd. US-Dollar an und unterzeichnete wichtige Geschäftsabkommen, darunter ein Hafenbauprojekt in Bagamoyo, Tansania, für zehn Mrd. US-Dollar. Momentan leben fast eine Million Chinesen auf dem afrikanischen Kontinent.
Auf der anderen Seite entwickelt sich Afrika zum wichtigen Absatzmarkt für verarbeitete Konsumgüter, wie Kleidung, Plastikprodukte und Elektrogeräte aus China. Die Textilindustrie von Sambia brach beispielsweise zusammen, aufgrund der billigeren chinesischen Importe.
Bei all seinen neokolonialen Vorhaben geht China weniger den Weg der Intervention und der direkten Kriegsführung, so wie die alten Kolonialisten. Eine Nichtanerkennung von Taiwan ist die einzige Bedingung, welche Staaten erfüllen müssen, wenn sie eine Kooperation mit China eingehen wollen.
2004 hat China mit seinem Veto-Recht im UN-Sicherheitsrat Sanktionen gegen den Sudan verhindert, aufgrund des Völkermordes in Darfur. Es sah seine Interessen in der Ölproduktion im Land in Gefahr.
Zudem stellt Afrika ein Viertel der Mitgliedstaaten der UNO: 2005 sollte eine Reform des Sicherheitsrates vorangetriebenen werden. Hauptinitiator war die Vierergruppe G 4, bestehend aus Deutschland, Indien, Japan und Brasilien. Sie konnten aber in der Generalversammlung nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit zusammenbringen. Die afrikanischen Staaten halten über 50 Stimmen und stimmten damals, wie auch heute, größtenteils mit China. Eine Reform wäre für China eine bedeutende Schwächung seiner Position bei einer gleichzeitigen Aufwertung von Japan und Indien.
Zum Beispiel Südafrika:
Südafrika ist Chinas wichtigster Handelspartner auf dem Kontinent. Der Anteil des bilateralen Handels beträgt rund 20% des gesamtafrikanischen Handelsvolumens. Südafrika exportiert überwiegend Rohstoffe, und führt fast ausschließlich verarbeitete Güter ein. [36]
Zum Beispiel Simbabwe:
Die Beziehungen zwischen China und Simbabwe reichen zurück bis in die Zeit des Unabhängigkeitskrieges in den 1960er/70er Jahren. Während die bereits sozialimperialistische Sowjetunion die Zimbabwe African People‘s Union unterstützte, positionierte sich China für die Zimbabwe African National Union Patriotic Front (ZANU-PF) unter Robert Mugabe.
Im Juli 2008 blockierte China mit seinem Veto im Sicherheitsrat (gemeinsam mit Russland) einen Antrag der USA für weit reichende Sanktionen gegen Simbabwe.
Von 2010 bis Mai 2012 hat sich das Handelsvolumen beider Länder auf 800 Mio. US-Dollar verdoppelt. In Simbabwe sind dies Unternehmen im Bergbau, in der Infrastruktur, im Agrarsektor (Tabakhandel), in der Kommunikation und im Tourismusbereich.
Bereits im April 2012 wurde ein Abkommen über einen Kredit in Höhe von 164 Mio. US-Dollar zur Finanzierung des Umbaus des Flughafens Victoria Falls unterzeichnet.
Im Sommer 2012 stellte China die Erhöhung eines Kredits von 300 Mio. US-Dollar in Aussicht, auch für den Bau des Convention Centers, von zwei Hotels, einer Einkaufsmeile sowie weiterer Infrastrukturprojekte, die allerdings ebenfalls von chinesischen Baufirmen ausgeführt werden müssen (!).
Militärische Unterstützung: Nach Angaben des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) hatte China in den Jahren 2000 bis 2009 einen Anteil von 39% an den Waffenimporten Simbabwes und war damit der größte Waffenlieferant Simbabwes.
Zum Beispiel Angola:
Die Handelsbeziehungen zwischen China und Angola bestehen schon seit 1983. Angola ist Chinas zweitgrößter Handelspartner in Afrika.
Im März 2004 gewährte China dem kriegszerstörten Land einen Kredit von 2,4 Mrd. US-Dollar für Infrastrukturprojekte, der im Juli 2006 um weitere 2 Mrd. aufgestockt wurde. Diese Maßnahmen müssen allerdings ebenfalls von chinesischen Baufirmen mit chinesischen Arbeitskräften ausgeführt werden (!) und durch künftige Öllieferungen zurückgezahlt werden. So hat China in Angola langjährige Konzessionen für die Ölförderung erhalten.
Seit Mai 2006 ist Angola größter Öllieferant Chinas (und nicht mehr Saudi-Arabien) und China größter Abnehmer angolanischen Öls (und nicht mehr die USA). Das chinesisch-angolanische Joint–Venture Sonangol-Sinopec International (SSI) hat sich die Lizenzen für wichtige Offshore Blöcke im Wert von 2,4 Mrd. US-Dollar gesichert.
Das bilaterale Handelsvolumen betrug im Jahr 2005 fast 7 Mrd. US-Dollar, ein Zuwachs von 41,6% innerhalb eines Jahres.
Im Bereich Telekommunikation wurden Investitionen im Wert von 470 Mio. US-Dollar und im Bereich Militärkommunikation Investitionen im Wert von 100 Mio. US-Dollar getätigt. Im selben Jahr wurde eine Handelskammer der chinesischen Firmen in Angola mit 26 Mitgliedsfirmen gegründet. [37]
Aufstrebende Macht Indien
Die ersten InderInnen wurden 1860 zur Arbeit auf den Zuckerplantagen nach Afrika angeheuert und immigrierten nach Ablauf des Vertrages langfristig nach Afrika. Die überwiegend im südlichen und östlichen Afrika lebenden indischen ArbeiterInnen sind aktuell ins Blickfeld der indischen Außenpolitik gerückt und spielen eine Schlüsselrolle für Indiens wirtschaftliche Interessen in Afrika.
Auf Mauritius sind 59,67% der BewohnerInnen indischen Ursprungs, auf den Seychellen 6,25%, in Südafrika 2,78%.
Indien hat einen enormen Energiebedarf und hat ebenso wie andere Mächte Afrika als Absatzmarkt und als Quelle von Rohstoffen entdeckt. Es ist zurzeit der viertgrößte Handelspartner Afrikas nach China, der Europäischen Union und den USA.
So exportierte Indien zwischen 1997 und 2003 durchschnittlich zwar nur 4,5% seiner Waren nach Afrika, bei den Importen aus Afrika betrug der Anteil durchschnittlich 7,5%.
Das bilaterale Handelsvolumen lag 2006 bei rund 30 Mrd. US-Dollar. Zwischen 2002 und 2011 hat sich das indische Handelsvolumen mit Afrika verneunfacht. Der bilaterale Handel mit Afrika soll bis 2015 auf einen Wert von rund 100 Mrd. Dollar vor allem in den Bereichen Telekommunikation, Informationstechnologie, Energie sowie im Automobilsektor anwachsen.
Indien importiert vor allem Rohstoffe: Erdöl, Eisenerz, Gold, Silber, Perlen, Halbedelsteine, Kohle, Holz, Baumwolle, Nüsse und Dünger und exportiert zum großen Teil Fertig- und Halbfertigprodukte: Garne, Stoffe, Textilien, Medikamente, Maschinen, Instrumente, Transportausrüstung, Reis, Eisen und Stahl.
Zwischen 1996 und 2004 wurden Direktinvestitionen im Wert von rund zwei Mrd. US-Dollar nach Afrika südlich der Sahara vorgenommen. Davon erhielten Mauritius über eine Mrd. US-Dollar und der Sudan knapp eine Mrd. US-Dollar, im Jahr 2012 betrugen die indischen Investitionen in Afrika mehr als 50 Mrd. US-Dollar. Damit steht Indien an dritter Stelle (nach den USA und Russland).
Indiens größtes Bergbau-Unternehmen (Vedanta Resources) hat in den Jahren 2004 bis 2013 vier Mrd. Dollar in Afrikas Bergbauindustrie gesteckt, Indiens größter Mobilfunkanbieter (Bharti Airtel) kaufte Anteile des afrikanischen Konzerns Zain Telecom in 15 afrikanischen Ländern und plant Warid Telecom Uganda zu übernehmen.
Ein indischer Konzern (Tata Gruppe), will etwa 1,7 Mrd. Dollar in neue Produktionsstätten im Bereich Automobilindustrie und Tourismus investieren.
Indien zählt zu einem der wichtigsten Investoren im Ölgeschäft. Allerdings erstarkt der Machtkampf um Afrika zwischen Indien und China: Als die staatliche indische Ölgesellschaft ONGC Videsh Ltd. (OVL) im Oktober 2004 mit 620 Mio. US-Dollar in die angolanische Ölförderung einsteigen wollte, wurde sie von China ausgebootet.
China hat zusätzliche Investitionshilfen im Wert von 2 Mrd. US-Dollar geboten, Indien hat nur 200 Mio. US-Dollar für ein Eisenbahnprojekt geboten. Zur Verbesserung der Beziehung zu Afrika hat Indien im März dieses Jahres versprochen, 5,7 Mrd. US-Dollar als Kredite und Subventionsmaßnahmen für Entwicklungsprojekte bereitzustellen und mehr als 100 Bildungsinstitute in Afrika aufzubauen. [38]
Zum Beispiel Sudan:
Im Sudan hat die OVL einen Anteil von 25% am dortigen Greater Nile Oil Project (GNOP) aufgekauft. Das Geschäft mit einem Volumen von 750 Mio. US-Dollar ist die größte jemals getätigte Auslandsinvestition eines indischen Unternehmens. Zusätzlich hat die OVL eine 741 km lange Pipeline von Khartum nach Port Sudan gebaut und verlegt. Ebenso ist sie mit anderen indischen Erdölunternehmen, z.B. mit Oil India Ltd. an der Ausbeutung eines Ölfeldes 40 km vor der Küste von San Pedro (Elfenbeinküste) beteiligt. [39]
Aufsteiger Brasilien:
Zwischen 2002 und 2011 hat Brasilien den Warenaustausch mit Afrika versechsfacht. Das bilaterale Handelsvolumen hat sich im selben Zeitraum von 13 auf 25 Mrd. US-Dollar fast verdoppelt. Brasilien konzentriert sich in Afrika auf Nigeria und die ehemaligen portugiesischen Kolonien Angola und Mosambik.
Zum Beispiel Mosambik:
In Mosambik will eins der größten Bergbauunternehmen der Welt, Vale do Rio Doce (Vale, Brasilien), bis 2017 22 Mio. Tonnen Koks produzieren. Dabei werden Investitionen in Milliardenhöhe in Infrastrukturprojekte gesteckt, z.B. ein durch Vale finanzierte Bau einer neuen Eisenbahnstrecke und zwei Häfen (Beira und Nacala) zum Abtransport und der Verschiffung der Kohle – in erster Linie nach Indien, China und Brasilien. [40]
In Angola fördert die halbstaatliche Petrobras Erdöl und das Unternehmen Odebrecht baut Straßen und Bürogebäude. [41]
Rückkehr Großmacht Russland
Russland ist immer noch mit 26% der zweitgrößte Rüstungsexporteur auf der Welt und will seine Waffenexporte nach Afrika ausbauen. Etwa 7% der russischen Waffenexporte gingen nach Afrika, mit einer Summe von rund 900 Mio. US-Dollar. [42]
Da Russland selbst ein rohstoffreiches Land ist, konzentrieren sich seine geplanten Investitionen in Afrika vor allem auf die Sektoren Metallindustrie, Bergbau und Energie (Transsaharisches Pipeline-Projekt). Sie sind stärker auf wirtschaftlichen Profit ausgerichtet, als auf strategische Ziele. Allerdings versucht Russland, auch als Mitglied der BRICS-Staaten, verstärkt Einfluss zu nehmen.
2009 vergab Russland über 20 Mrd. US-Dollar an Krediten an afrikanische Länder. Jedoch fällt heute die Handelsbilanz zwischen Russland und den Ländern Afrikas im Vergleich zu der EU oder Chinas noch immer winzig aus. Die Umsätze Russlands in Afrika sind rund zwanzigmal kleiner als jene der EU oder Chinas. [43]
„Das Handelsvolumen hat im Jahr 2012 die Marke von 1 Mrd. US-Dollar erreicht. Im Jahr 2011 war diese zwei Mal niedriger.“ [44]
Großmacht USA
Die USA befindet sich gegenüber China weltweit teilweise in der Defensive. Sie verlagert aktuell Militärbasen strategisch überwiegend direkt nach Asien, um den Konkurrenten China in Schach zu halten. Dennoch sind die USA nach wie vor militärisch weit überlegen und mit Abstand der größte Waffenlieferant mit 30% Weltmarktanteil. [45]
Die USA unterhalten 3 Militärbasen: in Ägypten die USN (Hurghada), in Dschibuti liegt zusätzlich ein Landungsschiff mit 600 Marines an Bord ständig vor der Küste und in Kenia (Mombasa Hafen und Flugplatz).
In Äquatorial-Guinea, vormals Kolonie Spaniens, produziert 350 000 Barrel Erdöl täglich und wird in Zukunft auch große Mengen Erdgas exportieren. Die USA wollen dort nicht nur ein Konsulat eröffnen, sondern auch ihre Militärstützpunkte ausbauen.
400 Soldaten einer Spezialtruppe befinden sich in Tamarasset (Algerien). In Mali und Marokko unterhält die USA ebenfalls Militärstützpunkte und in Niger einen Drohnenstützpunkt.
Die USA betreibt seit 2001 eine offensive Interventionspolitik im Namen des „Kampfes gegen den Terrorismus“. Die USA haben mit den Armeen von 35 Staaten eine Kooperationen zur sogenannten „Terror”bekämpfung. In Wahrheit geht es auch hier nur um die Interessen der US-amerikanischen Konzerne und militär-geostrategische Hegemonialansprüche.
So errichteten die USA 2002 eine Basis in Dschibuti, das Camp Lemonier, Hauptquartier der US-amerikanischen Combined Joint Task Force Horn of Africa. Zur Zeit sind dort insgesamt etwa 3 200 US-Soldaten, ZivilistInnen und Angehörige privater Sicherheitsdienstleister stationiert. 38 Mio. US-Dollar zahlen die USA für die Nutzung, die auf 25 Jahre verlängert werden soll. Zusätzlich ist ein Ausbau mit massiven Investitionen geplant: Etwa 1,4 Mrd. US-Dollar für Bauprojekte mit einem riesigen Komplex, der bis zu 1 100 Spezialeinheiten, und damit dreimal mehr als heute, aufnehmen kann. Darüberhinaus soll vor allem die Drohnenbasis ausgebaut werden. [46]
2007 wurde ein eigenes US-Kommando für Afrika (AFRICOM – United States Africa Command) geschaffen, welches in Stuttgart stationiert ist, da kein Standort für das Oberkommando auf afrikanischem Boden gefunden wurde. 2 000 Soldaten der AFRICOM sind in Dschibuti stationiert. Der Etat von AFRICOM belief sich 2009 auf 389 Mio. US-Dollar.
Die USA hat militärische Abkommen mit Gabun, Kenia, Mali, Marokko, Mauretanien, Namibia, Sambia, Sao Tomé, Senegal, Tunesien und Uganda geschlossen. Das führte dazu, dass sich die sogenannte „Entwicklungshilfe“ für Afrika von 2000 bis 2007 von 2,5 Mrd. US-Dollar auf 7,5 Mrd. US-Dollar verdreifacht hat. 2008 waren fünf afrikanische Staaten unter den 15 weltweiten Hauptempfängern der US-„Entwicklungshilfe“: Kenia mit 599 Mio., Südafrika mit 574 Mio., Nigeria mit 486 Mio., Äthiopien mit 455 Mio. und Sudan mit 392 Mio. US-Dollar. 1998, 10 Jahre zuvor, war nur Äthiopien unter den zehn wichtigsten „Empfänger“ländern gewesen. [47]
In Mauretanien, Mali, Niger und Tschad sind amerikanische Offiziere von Spezialeinheiten, der Luftlandetruppen und der Marine im Einsatz. Sowohl für das Training der Soldaten dieser Länder im sog. Antiterrorkampf, als auch zur Überwachung der Grenzen und Wüstengebiete.
Die Trans Sahara Counter Terrorism Initiative (TSCTI) soll auf neun Länder ausgeweitet werden (Senegal, Nigeria, Tunesien, Algerien und Marokko, evt. Libyen, die anderen Länder stehen bisher nicht fest). Sie ist mit 125 Mio. US-Dollar für fünf Jahre ausgestattet.
Die East African Counterterrorism Initiative (EACTI) (Kenia, Uganda, Tansania, Äthiopien, Eritrea und Dschibuti) mit 100 Mio. US-Dollar. [48]
Zum Beispiel Nigeria:
Erdöl- und Erdgasproduzent Nummer Eins in Afrika und geopolitischer Eckpfeiler der USA. Über 70% des Ölexports der Region kommen aus Nigeria, das mit einer Tagesproduktion von etwa 2,5 Mio. Barrel im Jahr 2011 weltweit an zwölfter Stelle der Erdöl produzierenden Länder liegt. Für 2020 wird mit einer Steigerung um die doppelte Menge gerechnet. Danach folgt Angola mit etwa einer Mio. Barrel täglich. In fünfzehn Jahren könnten es 3,3 Mio. sein. Bis zu 16% der Erdölimporte in die USA kommen aus diesen Gebieten. Nach Schätzungen könnten es im Jahr 2015 bis 2020 um die 25 bis 30% sein.
Insgesamt stieg die Ölproduktion im subsaharischen Afrika von 2000 bis 2007 von 5% auf 7% der Weltproduktion. Afrikanisches Öl hat 2009 einen Anteil von knapp einem Viertel der US-Ölimporte. Damit wird in Zukunft dann mehr Erdöl aus Afrika in die USA als von der arabischen Halbinsel geliefert. [49]
In Mosambik plant das US-amerikanische Unternehmen Anadarko bis 2018 18 Mrd. US-Dollar zu investieren für die Förderung von Flüssiggas.
Eine über 1 070 Kilometer lange Pipeline wurde errichtet, die die Ölfelder im südlichen Tschad mit dem Hafen Kribi in Kamerun verbindet, von wo aus das Öl verschifft wird. Das ist das größte Investitionsprojekt auf dem gesamten afrikanischen Kontinent, dessen Kosten auf ungefähr 3,7 Mrd. US-Dollar veranschlagt werden. In den kommenden zwanzig Jahren sollen zwischen 40 und 60 Mrd. US-Dollar in der Region um den Golf von Guinea investiert werden. [50]
Ende Juni dieses Jahres reiste US-Präsident Barack Obama durch drei afrikanische Staaten, Senegal, Südafrika und Tansania, mit dem Ziel die strategischen Interessen der USA auf dem afrikanischen Kontinent effektiver durchzusetzen. Ein wichtiges Ziel dabei ist es, dem Konkurrenten China im Kampf um Rohstoffe zuvorzukommen.
Europäische Union
Auf politischem, ökonomischem und militärischem Gebiet agieren die EU-Staaten als ein Block gegen ihre imperialistischen Großmachtkonkurrenten. Aber untereinander eher als einzelne Staaten mit eigenen Interessen. Militärisch Frankreich vorneweg. So auch auf dem afrikanischen Kontinent.
Nimmt man die EU als Block, dann rückt sie weltweit mit 32% an die Spitze der Waffenexporteure. [51]
In Dschibuti sind die Hauptquartiere zweier EU-Missionen in der Region eingerichtet: Das der „Antipiraten“mission EUNAVFOR ATALANTA, und die Mission EUCAP NESTOR. Letztere hat die Aufgabe Polizei und Militär vor Ort auszubilden und z.B. auch Gefängnisse aufzubauen.
In Dschibuti werden auch Soldaten und Polizisten anderer afrikanischer Länder durch italienische Carabinieri ausgebildet. [52]
2004 wurde die African Peace Facility (APF) als wichtigster Bestandteil der zivilen, neokoloianalen EU-Aktivitäten gebildet. Die EU stellte dafür zunächst 250 Mio. Euro zur Verfügung. 110 Polizisten sind in Libyen zur Grenzsicherung stationiert, um Flüchtlingen den Weg nach Europa abzuschneiden. Die EU ist nach der UN die zweitgrößte Interventionsmacht in Afrika.
Im Jahr 2003 intervenierte die EU im Rahmen der Operation Artemis militärisch in der Region Ituri im Ostkongo. Die EUFOR DR Congo Mission verlief in der Demokratischen Republik Kongo um eine der teuersten Wahlen für eine genehme Marionette zu bewachen. Beim Sudaneinsatz der AU leistete die EU ebenfalls logistische Unterstützung. [53]
Handel
Afrika macht heute 9% des Außenhandels der EU aus. Die EU hat 2011 eine neue Rohstoffinitiative ins Leben gerufen. Darin fordert sie den schrankenlosen Zugang zu Rohstoffen und übt dabei massiven Druck auf die Exportländer aus. Die EU zwingt die Exportländer Exportsteuern für Rohstoffe abzuschaffen und ausländische Direktinvestitionen zu ermöglichen. Die EU ist abhängig vom Import von strategisch wichtigen Rohstoffen, wie den „Hightech“-Metallen Kobalt, Platin und Titan, Seltenen Erden, aber auch von anderen Ressourcen wie Holz und Chemikalien. Die Rohstoffinitiative soll nicht nur den Zugang zu den Rohstoffen sichern, sondern soll auch billige Preisen für die EU-Konzerne garantieren.
Kritische Rohstoffe: Die EU rechnet zwei Gruppen von Metallen zu den kritischen Rohstoffen:
Seltene Erden: Eine Gruppe von 17 Metallen, darunter Yttrium oder
Dysprosium, die vor allem in der Technologiebranche Verwendung finden, auch für
die Herstellung moderner Waffen. Weitere 13 Metalle, die als kritisch gelten, weil sie ein hohes Risiko
für Lieferengpässe bergen, weil der Abbau nur in wenigen Ländern stattfindet,
und diese für die Wertschöpfungskette von strategischer Bedeutung sind. Zu
diesen Metallen gehören Mangan, das für die Stahlerzeugung gebraucht wird,
Kobalt und Chrom für die Leichtmetalllegierungen in der Luftfahrtindustrie und
Coltan. Es enthält das seltene und teure Metall Tantal, das im chemischen
Anlagenbau, in der Raumfahrtindustrie und in der Computer- und
Kommunikationstechnologie verarbeitet wird. Deshalb wird es vom Pentagon als
„strategische Ressource” eingestuft. Tantal ist unverzichtbarer Bestandteil von
Mobiltelefonen oder Spielkonsolen. 80% der weltweiten Coltan Vorkommen liegen
vermutlich in der DR Kongo. Der Preis für ein Kilo Coltan lag Ende 2011 bei 400
US-Dollar. Wenn man bedenkt, daß die Coltan-Gräber nur 10-30 US-Dollar pro Kilo
bekommen, kann man sich vorstellen, welche lukrativen Geschäft die Großmächte
unter sich ausmachen. In mehreren Berichten haben die UN, die USA und
Deutschland als wichtigste Abnehmer von kongolesischem Coltan ausgemacht. Die
Firmen Masingiro GmbH (Burgthann) und ihre Partnerfirma SOMIKIVU beliefern
Großhändler und verarbeitende Firmen u.a. in Deutschland die Bayer-Tochter H.C.
Starck. (www.geolinde.musin.de/afrika/html/afr_coltan_medico.htm) |
Am 27./28. November 1995 initiierte die Europäische Union zusammen mit
insgesamt zwölf Staaten aus dem Mittelmeerraum in Barcelona die Euro-Mediterrane
Partnerschaft (EMP).
Im Juli 2008 wurde die „Union für den Mittelmeerraum“ als
Nachfolgeorganisation gegründet, in der 43 Staaten Mitglieder sind. Diese setzt
ihre imperialistischen Ziele durch vier Abkommen durch: Korb I umfasst
politische und sicherheitspolitische Fragen, Korb II die wirtschaftliche und
finanzielle Zusammenarbeit, und hatte das Ziel bis spätestens 2010 eine
euro-mediterrane Freihandelszone zu schaffen, die nicht nur die Verpflichtungen
zur Marktöffnung für den Handel, sondern auch die Liberalisierung von
Dienstleistungen und Investitionen umfasst. Diese Zielvorgabe der EU geht weit über
Vereinbarungen der WTO hinaus. Korb III umfasst Soziales und Kultur. Auf dem
Gipfel 2005 wurde Korb IV zu Migration, soziale Integration, Justiz und
Sicherheit hinzugefügt. Nordafrika ist für die EU das Abschottungszentrum gegen
Fluchtbewegung aus dem Süden, dem ganzen afrikanischen Kontinent sowie Asien
und Naher Osten!
Durch ihre Investitionspolitik will die EU die afrikanischen
Regierungen verpflichten Abkommen zu unterzeichnen, die nur auf die Sicherung
der größtmöglichen Rechte für ihre Investoren abzielen. Ihre
Direktinvestitionen bedeuten maximale Ausbeutung von Mensch und Natur. Sie
verdrängen heimische Investitionen oder lokale Produzenten, indem sie diese in
den Ruin treiben. Vor allem im Bergbau oder bei der Öl- und Gasförderung sind
Sondersteuerabkommen die Regel, die nur zu geringen Staatseinkünften führen.
Gleichzeitig werden kaum neue Produktionsstandorte für neue Technologien
errichtet. Nur wenige lokale Arbeitskräfte werden beschäftigt und im Bereich
der Landwirtschaft, der Erschließung von Grund und Boden sowie
Rohstoffvorkommen die Bevölkerung verdrängt bzw. vertrieben und die Umwelt
vergiftet.
Bis zum Zusammenbruch der sozialimperialistischen Sowjetunion war
Frankreich unangefochten stärkste imperialistische Großmacht in West- und
Zentralafrika. Sie war der Garant für die westlichen Interessen. Diese
Situation änderte sich schlagartig, der größte Feind und Rivale, die
Sowjetunion verschwand erstmal von der Bildfläche. Die
zwischenimperialistischen Widersprüche verlagerten sich und die Rivalität um
Afrikas Rohstoffe und als Absatzmarkt verschärfte sich.
Ökonomisch muss Frankreich um seine Vormachtstellung in Westafrika,
Zentralafrika und in einigen Ländern des Maghrebs heftig kämpfen und hat den
französischen Kapitalexport in diese Länder verstärkt. Trotzdem kehren die
Marionettenregime Frankreichs ihrem „Mutterland“ nach und nach den Rücken. Z.B.
Präsident Gbagbo in der Elfenbeinküste schloss Verträge mit China, um die
ungleichen Handelsverträge mit Frankreich zu umgehen. 2011 wurde er daher
weggeputscht.
Auch die Völker, allen voran in den CFA-Ländern wehren sich gegen den
französischen Neokolonialismus. China hat Verträge mit einigen CFA-Ländern
geschlossen, die militärische Ausbildung, Waffenlieferungen und technische
Unterstützung beinhalten. Und chinesische Politik ist deutlich besser angesehen
unter den Völkern Afrikas, da sie noch dezenter auftritt und sich in
militärischen Aktionen zurückhält.
Der unsäglich brutale Rassismus und französische Chauvinismus der
ehemaligen, weißen Kolonialmacht Frankreich mit ihrer nach wie vor aktuellen
Kriegspropaganda, Intervention und/oder als Putschisten sind bei den
afrikanischen Völkern verhasst.
Alle zwei Jahre findet der Frankreich-Afrika-Gipfel statt, an dem alle
afrikanischen Machthaber und der französische Präsident zusammenkommen. Da
verteidigt die ehemalige „Grand Nation” mit allen Mitteln ihren „Hinterhof“.
Sogar die USA mischten sich direkt in die CFA–Länder ein und
errichteten 2002 eine Basis in Dschibuti, der ehemaligen Kolonie Frankreichs.
Frankreich hat seine Truppen seit Ende des 19. Jahrhunderts in Dschibuti.
Heute sind fast 3 000 Soldaten dauerhaft in dem Land stationiert. Dafür
zahlt Frankreich jährlich 160 Mio. US-Dollar, sowie 35 Mio. US-Dollar
an Militärhilfe.
Die CFA ist nichts anderes als ein erpresserisches Instrument des
Neokolonialismus. Die Wirtschafts- und Währungspolitik dieser Länder liegt in
den Händen der Banque de France und wird benutzt um die Rohstoffe dieser Region
zu plündern und Absatzmärkte für die französische Industrie zu sichern.
Der CFA-Euro ist ein Instrument in den Händen des französischen
Imperialismus, um die afrikanischen Länder abhängig zu halten und um eine
Entwicklung Afrikas zu verhindern. Die Bilanz zwischen den ehemaligen
französischen Kolonien und Frankreich ist äußerst ungleich.
Für Afrika bedeutet das alles nichts anderes als Schuldenberge, hohe
Zinsen und Zinseszinsen, Kapitalflucht, völliges Ungleichgewicht im Handel und
in den technologischen Entwicklungsmöglichkeiten. Frankreich sichert sich einen
riesigen Markt für seine Industrieprodukte und die Ausplünderung der Rohstoffe.
Französische Konzerne haben in Afrika fast doppelt so hohe Gewinne wie in
Frankreich selbst. Die Preise für französische Importe liegen bei 30% über dem
Weltmarktpreis!
Niger ist laut UN-Statistik das zweitärmste Land der Welt. Es verfügt
über die zweitgrößten Uranvorkommen auf der Welt. Diese werden ausschließlich
vom französischen Energieunternehmen Areva (das eine staatliche Aktienmehrheit
hat) ausgebeutet.
Der jetzige Präsident Nigers ist ein ehemaliger Angestellter von
Areva, der ehemalige Präsident wurde von französischen Geheimdiensten gestürzt,
nachdem er den chinesischen Bergbauminister empfangen hatte. Diese Minen sind
von strategischer Bedeutung, 62% der französischen Energie wird aus Atomenergie
erzeugt. Das Uran wird zu niedrigsten Preisen ausgebeutet, die Menschen haben
nichts von diesem Rohstoff. In Niger gibt es immer wieder Hungersnöte.
Indirekt ist Frankreich in allen seiner ehemaligen Kolonien in
Militärputsche involviert, an Interventionen beteiligt, oder hat sie selbst
inszeniert. Durch massive Unterstützung Frankreichs sind so eklatante
Wahlfälschungen möglich, wie z.B. in Togo 2005 und in Kamerun 2004. Dabei ist
dem französischen Imperialismus gleichgültig, ob die Regimes gewählt oder nicht
gewählt sind. Wenn sie dem nationalen Interesse Frankreichs nicht mehr
entsprechen, werden sie weggeputscht.
Andere Regime werden durch französische Unterstützung gegen den Willen
der Völker an der Macht gehalten.
Frankreich hat 12 von 14 CFA-Staaten durch militärische Abkommen an
sich gekettet. Diese Länder sind gezwungen, bevorzugt französische
Rüstungsgüter zu erwerben. In 8 CFA-Ländern hat Frankreich militärische
Ausbildungszentren, in denen sie ihre nächsten Marionetten heranziehen.
Außerdem verfügt Frankreich über 6 Militärstützpunkte Dschibuti, Dakar
(Senegal), Libreville (Gabun), La Réunion, Abidjan (Elfenbeinküste) und
Ndjamena (Tschad). 11 000 französische Soldaten sind dauerhaft in Afrika
stationiert.
CFA-Staaten sind die ehemaligen Kolonien Frankreichs, später in
Franc-Zone (heute Euro-Zone) umbenannt. CFA hieß ursprünglich Colonies
françaises d‘Afrique (Französische Kolonien Afrikas). Heute: Communauté
françaises d‘Afrique (Französische Gemeinschaften Afrikas). Es gibt 14
CFA-Länder: Äquatorialguinea, Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Gabun,
Guinea Bissau, Kamerun, Kongo-Brazzaville, Mali, Niger, Senegal, Togo, Tschad,
Zentralafrikanische Republik. Ihre Währungen sind mit einem von Frankreich
festgelegten Wechselkurs an den Franc gebunden (heute Euro). Dadurch sichert
sich Frankreich – in alter Kolonialmanier – die Vormachtstellung. Entscheidungen
über den CFA-Euro (Aufwertung, Abwertung, Konvertibilität..etc) werden alleine
von Frankreich getroffen. Frankreich hat ein Vetorecht im Verwaltungsrat der
CFA-Zentralbanken. 85% ihrer Währungsreserven müssen die CFA Länder bei der
Agence France Trésor (ein Teil des französischen Finanzministeriums)
hinterlegen. Damit finanzieren die CFA-Länder die Staatskosten Frankreichs mit.
Ebenso wird die Geldmengenpolitik und die Geldversorgung von der Banque de
France kontrolliert. (Proletarische Revolution Nr. 54, November 2013,
S. 16ff) |
Französische Truppen organisieren Massenvertreibungen und unterstützen
Völkermorde wie in Ruanda (April 1994 bis Mitte Juli 1994), wenn es den
Interessen des französischen Imperialismus dient.
Frankreich ist weltweit einer der größten Rüstungsproduzenten mit ca.
550 000 ArbeiterInnen im Rüstungssektor und bei den Zulieferern. Von 2008
bis 2012 steht Frankreich im internationalen Ranking an vierter Stelle. 6% der
weltweiten Rüstungsexporte kommen aus Frankreich. Und so dient die
Militarisierung und Intervention auch noch dem französischen Chauvinismus.
Natürlich argumentieren pseudo-linke wie rechte Parteien für die
Erhaltung der Arbeitsplätze im Rüstungsbereich und drohen mit Arbeitslosigkeit.
Kriege und Rüstung dienen aber nichts anderem als dem nationalen
Großmacht-Interesse. [54]
Direkt hat Frankreich sich in fast alle seiner ehemaligen Kolonien
durch Intervention eingemischt: Seit 1960 hat die imperialistische Macht mehr
als 60 Kriege geführt. In Dschibuti griff Frankreich in den Bürgerkrieg
zwischen 1991-1994 ein.
Im Jahr 2003 putschte sich in der Republik Zentralafrika der Stabschef
der Streitkräfte Bozize durch einen Militärputsch an die Macht. Die
französische Regierung lieferte dabei wichtige militärische und logistische
Unterstützung, unter anderem durch Truppen.
Im Grenzkonflikt 2008 mit Eritrea griff Frankreich zugunsten von
Dschibuti militärisch ein.
2008 intervenierte Frankreich im Tschad.
Im März/April 2011 in der Elfenbeinküste, nahm den Präsidenten fest
und setzte eine andere, genehmere Marionette an seine Stelle.
Anfang 2013 führte Frankreich in Mali Krieg.
Im November 2013 hat Frankreich angekündigt, in der
Zentralafrikanischen Republik militärisch intervenieren zu wollen. Das Bündnis
Seleka hatte im März dort den Marionetten Präsidenten gestürzt.
Der französische Imperialismus vertritt in Afrika sowohl seine
ureigensten Interessen, wie auch die Interessen der Großmacht Europa, wenn
diese mit seinen eigenen zusammenfallen. Er demonstriert allerdings immer
wieder, dass wenn es für ihn von Vorteil und notwendig ist, er im Alleingang
handelt.
Wie in Mali. Mitte Januar 2012 begann der Kampf des Tuareg Volkes
(unter Führung der Organisation Mouvement National pour la Libération de
l’Azawad [MNLA]) für die Unabhängigkeit Nordmalis. Die MNLA ging ein Bündnis
mit drei islamistisch ausgerichteten Gruppierungen ein. Im März fand ein Putsch
statt, bei dem Präsident Amadou Toumani Touré gestürzt worden war und durch den
Übergangspremierminister Cheick Modibo Diarra ersetzt worden war. Das Bündnis um
die MNLA brachte Anfang April den kompletten Norden des Landes unter ihre
Kontrolle, da das Putschregime seine Macht noch nicht stabilisieren konnte.
Cheick Modibo Diarra wurde im Dezember von seinem Putschkollegen
Hauptmann Amadou Haya Sanogo verhaftet. Diarra galt als Befürworter eines
militärischen Einsatzes gegen die Islamisten, während Sanogo eine Stationierung
ausländischer Truppen in Mali forderte.
Zeitgleich plante die UNO mit Hilfe der westafrikanischen
Regionalorganisation ECOWAS eine Interventionstruppe. Die neue Regierung in
Mali, der Präsident der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, den der französische
Imperialismus Anfang 2011 an die Macht geputscht hatte (und der derzeit den
Vorsitz der ECOWAS führt) und der Putschpräsident von Burkina Faso baten
Frankreich um eine Militärintervention. Vollkommen überstürzt startete die
französische Armee am 11. Januar 2013 einen Angriffskrieg.
Das französische Energieunternehmen Areva hat den Zugriff auf die
Uranvorkommen in Mali und der neue Präsident Sanogo liebäugelt mit den USA, ein
Grund mehr für Frankreich schleunigst in Mali zu intervenieren.
Alte Kolonialmacht England
Großbritannien mischt seit 1997 wieder verstärkt in Afrika mit. Die
Labour Regierung unter Blair bildete aus dem Department for International
Development (DFID) ein eigenständiges Ministerium mit riesigen Finanzmitteln.
Dennoch liegt Großbritannien im imperialistischen Machtpoker um Rohstoffe und
Absatzmärkte weit hinter China zurück. Britischen Unternehmen agieren nach wie
vor wie zu Kolonialzeiten. z.B. werden die Rechte der ArbeiterInnen in der
Blumenindustrie in Kenia permanent verletzt.
„Nigerianisches” Recht ist im wesentlichen „Britisches” Recht. Durch
das Abfackeln (fracking) von Gas in Nigeria durch britische Konzerne werden
nicht nur Gesundheitsschäden verursacht und die Umwelt verschmutzt, ganze
Landstriche sind unbewohnbar.
Im Kampf um Rohstoffe und Sicherung der Absatzmärkte geht Deutschland
einen anderen Weg als Frankreich. Die deutsche Regierung hält sich mit
offensiver Intervention und Kriegspropaganda vornehm zurück, das hat sich
sowohl beim Krieg gegen Libyen, als auch gegen Mali klar gezeigt.
Aber Deutschland muss ja auch nicht seine Ex-Kolonien und Neokolonien
verteidigen. Die BRD erobert eher wirtschaftspolitisch die afrikanischen
Länder. Dafür umso nachhaltiger. So wie in Libyen: Bei den Importen ist Libyen
mit einem Warenwert von 3,1 Mrd. Euro das wichtigste Land in Nordafrika.
Trotzdem ist Deutschland kein Land des Friedens oder ähnliches.
Die AFRICOM z.B. hat ihren Sitz in Stuttgart, von hier aus wurde der
Krieg gegen Libyen geleitet. Zusätzlich ist Deutschland weltweit drittgrößter
Waffenlieferant mit einem Marktanteil von 7% Prozent. Vor einiger Zeit hat die
BRD-Regierung eine Großbestellung für gepanzerte Fahrzeuge, Fregatten,
Elektronik und andere Rüstungsware durch Algerien durchgewinkt. Bereits 2011
wurde der Auftrag über 54 gepanzerte Mannschaftswagen des Typs TPZ-1
unterzeichnet.
Die Bundeswehr hat sich an der sog. Friedensmission in Somalia 1993
bis 1994 beteiligt und hatte die Führungsrolle an der EUFOR-Mission in der DR
Kongo im Jahr 2006. [55]
Als Rohstoffimporteur und Exporteur vor allem von weiterverarbeiteten
Produkten, raubt Deutschland Energierohstoffe, Metallrohstoffe und viele
Industriemineralien aus mehr als 160 Ländern.
Vor allem bei der deutschen Energiesicherheit spielt Nordafrika eine
zentrale Rolle: In der TROTZ ALLEDEM! Nr. 62 vom Januar 2013 haben wir einen
Artikel über die Westsahara veröffentlicht. Hier haben wir über das Projekt Desertec
berichtet, ein Wüstenstrom-Energie-Projekt auf besetztem Gebiet der Westsahara
durch Marokko. (Natürlich arbeiten die deutschen Konzerne Hand in Hand mit den
Besatzern!)
Deutscher Imperialismus ist immer an vorderster Front dabei:
– Der deutsch-afrikanische Außenhandel hat sich 2010 auf 37 Mrd.
Euro, also um 17% gesteigert
– Die Importe stiegen um 19,4% auf 17,0 Mrd. Euro und die Exporte
um 15,1% auf 20 Mrd. Euro.
Allein die Erdöleinfuhren erreichten 2010 einen Wert von 6,3 Mrd.
Euro und einen Anteil von 37,3% an den deutschen Importen aus Afrika.
Das Südliche Afrika hat am deutschen Afrikahandel mit einem Warenwert
von 14,5 Mrd. Euro einen Anteil von 39,2%. (2010) Dabei entwickelt sich Südafrika,
als aufsteigende Macht und Mitglied der BRICS [56]
zum wichtigsten deutschen Wirtschafts„partner“ in Afrika.
Der Handel steigerte sich innerhalb eines Jahres um 34,8% auf
13,0 Mrd. Euro. Die Exporte in der Automobilindustrie stiegen um 44,8% auf
2,2 Mrd. Euro und die Importe um 99,6% auf 885 Mio. Euro.
An zweiter Stelle der Exporte stehen Maschinen, deren Ausfuhr um 25,2%
auf 1,7 Mrd. Euro anstieg. Aus Südafrika wurden Maschinen im Wert von
819 Mio. Euro importiert (+39,6%). Mit Mauritius stiegen die Exporte um
45,9% auf 108 Mio. Euro.
In den anderen Ländern des südlichen Afrikas dagegen nimmt der
Einfluss Deutschlands ab: z.B. nach Angola gingen die Exporte um 11,5% auf
263 Mio. Euro zurück. Nach Namibia reduzierte sich der Warenabsatz um 6,7%
auf 82 Mio. Euro.
Nordafrika ist mit einem Volumen von 15,6 Mrd. Euro (Plus von
8,2%) und einem prozentualen Anteil von 42,1% (2010) die wichtigste
Handelsregion in Afrika. 2009 war der Anteil Nordafrikas am deutschen
Außenhandel 45,5%. Wichtigster Absatzmarkt für deutsche Industrieerzeugnisse
ist Ägypten.
Die deutschen Exporte nach Ägypten stiegen 2010 um 11,1% auf
3,0 Mrd. Euro. Tunesien ist das Land in Nordafrika, welches seit dem
arabischen Frühling einen enorm angestiegenen Handel mit Deutschland betreibt:
die Exporte nach Tunesien stiegen um 31,1% auf 1,6 Mrd. Euro, die Importe
um 11,7% auf 1,4 Mrd. Die wichtigsten Industrieprodukte sind dabei
Elektrotechnische Geräte, die Deutschland im Wert von 441 Mio. exportierte
(+55,4%) und im Wert von 510 Mio. Euro importierte (+35,9%). Damit ist
Tunesien sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen der zweitgrößte
Handelspartner für Deutschland in der Region.
Mit Libyen schloss Deutschland Verträge für den Erdölexport. 2010
lieferte Libyen Erdöl im Wert von 2,9 Mrd. Euro.
Westafrika ist mit einem Anteil von 14,9% und einem Volumen von
5,5 Mrd. Euro die drittwichtigste Handelsregion für den deutschen
Imperialismus.
Nigeria ist in der Region der wichtigste Wirtschaftspartner.
Deutschland exportierte nach Nigeria Waren im Wert von 1,1 Mrd. Euro und
importierte Waren im Wert von 2 Mrd. Euro (+ 69,4% ). Der Wert der
Erdölimporte aus Nigeria stieg um 72,8% auf 1,8 Mrd. Euro, die eingeführte
Erdölmenge stieg um 22,9% auf 3,9 Mio.
In Ostafrika ist Kenia der wichtigste deutsche Handelspartner.
Deutschland exportierte nach Kenia Waren im Wert von 284 Mio. Euro
(+41,9%). Der zweitwichtigste Absatzmarkt der Region ist inzwischen Äthiopien,
in das Deutschland Waren im Wert von 141 Mio. Euro (+12,3%)
exportierte. [57]
Das Wort „Entwicklungszusammenarbeit“ enthält zwei Widersprüche der
deutschen Wirtschaft. Zum einen will der deutsche Imperialismus nicht, dass
sich Afrika entwickelt, in dem Sinne, dass ein Land selber zu einer Macht
aufsteigt.
Die afrikanischen Länder sollen in knechtender Abhängigkeit gehalten
werden und als Rohstofflieferant und Absatzmarkt für die Imperialisten dienen.
Zum anderen kann von „Zusammenarbeit” nicht die Rede sein. Einzig Deutschland
bestimmt die Konditionen:
In 26 Ländern auf dem afrikanischen Kontinent geht Entwicklungshilfe
aus Deutschland. Das ist mehr als ein Drittel. 24 Länder davon befinden sich
südlich der Sahara. [58]
Die GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, früher GTZ,
Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit), die einen großen Teil der
deutschen „Entwicklungs”zusammenarbeit mit Afrika abwickelt, ist mit mehr als
500 deutschen Experten in leitenden Positionen vor Ort. [59]
Die Entwicklungshilfeindustrie finanziert riesige Bürokratien. Wie die
Weltbank feststellte, sind heute mehr ausländische BeraterInnen in Afrika tätig
als zu Ende der kolonialen Periode. Über 80 000 Experten, die in Afrika
arbeiten, werden pro Jahr mit 7 bis 8 Mrd. US-Dollar finanziert. Dies
bedeutet, dass fast die Hälfte der Gesamthilfe für Afrika bei den „HelferInnen”
landet, die vor Ort im Interesse der Globalplayer agieren und arbeiten.
„Deutschland sieht Afrika als Kontinent des Wachstums und der Chancen”,
so das BMZ. [60]
Deutschland versucht mit allen Mitteln seinen ökonomischen, politischen
und auch militärischen Einfluss in Afrika zu halten und auszubauen. Dabei steht
Deutschland unter erheblichem Druck von dem größten Konkurrenten China. Alle
imperialistischen Großmächte werden aktuell von China ausgebootet, nicht nur
wirtschaftlich, sondern auch politisch.
Deutschland, seine Regierungen und Militär haben mit ihrer
imperialistischen Herrenmenschen-Politik und Ideologie, die Völker Afrikas seit
über einem Jahrhundert brutal unterdrückt, ausgepresst und mit Mord und Krieg
überzogen.
Diese neokoloniale Politik anzuklagen und den deutschen Rassismus
anzuprangern, ist eine zentrale Aufgabe für uns KommunistInnen. Nur wenn wir in
der Arbeiterklasse in der BRD das Bewusstsein schärfen, dass auch wir
Werktätigen in den imperialistischen Metropolen mitverantwortlich für die
Schandtaten unserer Herrschenden sind, wenn wir uns ihnen entgegen stellen,
werden wir eine internationale Solidarität mit dem Kampf der Völker Afrikas
schaffen können. Vom Extraprofit des deutschen Finanzkapitals, der aus der
Arbeitskraft der Werktätigen Afrikas gepresst wird, von den zu Schleuderpreisen
geraubten Rohstoffen Afrikas, die unseren Lebensstandard mit ermöglichen,
profitieren auch die ArbeiterInnen. Darum, politische, materielle und
kämpferische Solidarität mit den Kämpfen der Völker Afrikas. Darum Entlarvung
der Heuchelei deutschen Kapitals und Politik über die angebliche „Hilfe“ für
Afrika, als imperialistisches Märchen.
Diese Ziele verfolgen wir mit unserer Artikelserie.
Koloniale und neokoloniale Kriege, Bürgerkriege, Revolten und
Aufstände 1798–1801 Ägyptische Expedition 1801–1805 Amerikanisch-Tripolitanischer Krieg (Erster Barbareskenkrieg) 1868 Britische Äthiopienexpedition von 1868 1880–1881 Erster Burenkrieg 1883–1899 Mahdi-Aufstand 1888–1890 Aufstand der ostafrikanischen Küstenbevölkerung 1899–1902 Zweiter Burenkrieg oder Südafrikanischer Krieg 1899–1920 Aufstand der Derwisch-Bewegung in Somaliland 1904–1908 Aufstand der Herero und Nama 1905–1908 Maji-Maji-Aufstand 1935–1936 Italienisch-Äthiopischer Krieg 1940–1943 Afrikafeldzug 1954–1962 Algerienkrieg 1960–1989 Namibischer Befreiungskampf 1961–1991 Eritreischer Unabhängigkeitskrieg 1961–1974 Portugiesischer Kolonialkrieg 1961/1974–2002 Unabhängigkeits-/Bürgerkrieg in Angola 1976–1992 Mosambikanischer Bürgerkrieg 1963–1964 Algerisch-Marokkanischer Grenzkrieg 1967–1970 Biafra-Krieg (Nigeria) 1971–1972 Erster Uganda-Tansania-Krieg 1974–1991 Äthiopischer Bürgerkrieg 1977 Libysch-Ägyptischer Grenzkrieg 1977–1978 Shaba-Invasion (Kongo/Angola) 1978-1987 Libysch-Tschadischer Grenzkrieg 1978–1979 Zweiter Uganda-Tansania-Krieg 1983–2005 Sezessionskrieg im Südsudan 1988 Krieg Sudan (Darfur) 1986-2008 LRA-Konflikt (Lord’s Resistance Army) seit 1988/1991 Somalischer Bürgerkrieg 1989–1996/1999–2003 Liberianischer Bürgerkrieg 1990 Beginn des Casamance-Konflikts im Senegal 1991–1994 Dschibutischer Bürgerkrieg 1991–2002 Bürgerkrieg in Sierra Leone 1992 Algerischer Bürgerkrieg 1993 Bewaffneter Konflikt Kongo-Kinshasa (Ostkongo) 1996–1997 Erster Kongokrieg 1998–2000 Eritrea-Äthiopien-Krieg 1998–2003 Zweiter Kongokrieg 2002 Cabinda-Konflikt (Kampf der FLEC für die Sezession Cabindas) Angola 2002 Kampf gegen al-Qaida im Maghreb (Algerien, Tschad, Mali, Mauretanien, Marokko, Niger) 2002–2007 Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste 2003–2009 Darfur-Konflikt 2003 Krieg Tschad 2004/2005 Scharia-Konflikt in Nigeria 2005–2010 Bürgerkrieg im Tschad 2005 Krieg Mali (Tuareg) 2006 Krieg Zentralafrikanische Republik) 2006–2009 Dritter Kongokrieg 2006 Bewaffneter Konflikt Niger (Tuareg) 2006 Bewaffneter Konflikt Burundi 2007 Bewaffneter Konflikt Nigeria (Nigerdelta) 2008 Eritreisch-dschibutischer Grenzkonflikt 2010–2011 Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste 2010 Dezember Beginn des Arabischen Frühlings 2011 Bürgerkrieg in Libyen + Internationaler Militäreinsatz in Libyen 2011 2012 Rebellion der M23 und Kriege in der Demokratischen Republik Kongo Seit 2012 Konflikt in Mali +seit 2013 Opération Serval 1 000 000: Zweiter Sudanesischer Bürgerkrieg (1983–2005) 1 000 000: Biafra-Krieg, Nigeria (1967–1970) 900 000–1 000 000: Mosambik Bürgerkrieg (1976–1993) 800 000–1 000 000: Bürgerkrieg in Ruanda (1990–1994) 800 000: Bürgerkrieg der Republik Kongo (1991–1997) 570 000: Eritreas Unabhängigkeitskrieg (1961–1991) 550 000: Somalischer Bürgerkrieg (seit 1988) 500 000: Bürgerkrieg in Angola (1975–2002) 500 000: Bürgerkrieg in Uganda (1979–1986) |
TA-Interview mit
GenossInnen aus Österreich
„Insgesamt haben die Menschen in Afrika viele Hoffnungen ...“
In welchen Ländern wart ihr unterwegs?
Diesmal waren wir in Sambia, Malawi, Simbabwe, DR Kongo,
Tansania, Uganda, Südsudan. Aber wir waren in den vergangenen Jahren nicht nur
in Zentralafrika, sondern auch mehrmals in den anderen Teilen Afrikas. Wir
reden jetzt von Subsahara-Afrika, nicht von den Mittelmeer-Staaten. Wir sind
wie immer hin und retour geflogen, sonst aber alles Überland gereist, mit Bus,
Sammeltaxi, Zug, Lkw.
Zuerst zu Simbabwe: Dort hat sich unserer Meinung nach im Vergleich zu
vor 3 Jahren die Lage deutlich stabilisiert – und das trotz Boykott. Wir waren
in den 1980ern, Ende der 1990er und 2010 dort. Wie wir vor ca. 13 Jahren dort
waren, hat gerade die Landumverteilungsbewegung eine relativ große Rolle
gespielt. Damals hat es offensichtlich auch massive Wirtschaftseinbrüche
gegeben. Etwa 15 Jahre nach der Unabhängigkeit Simbabwes ist dem Präsident
Mugabe eingefallen, dass man doch eine Landreform bräuchte, die zur Zeit des
Befreiungskampfes natürlich auf der Agenda stand und dann aber bei der
Unabhängigkeit nicht erledigt wurde.
Um das Jahr 2000 herum hat es von Seiten der EU und USA eine massive
Boykott-Bewegung gegeben, die Simbabwe wirtschaftlich isolieren sollte, um die
ZANU-Regierung politisch in die Knie zu zwingen. Das ging zuerst von England
aus, die historisch enge Verbindungen zu den weißen Siedlern haben und zu ihrem
Apartheid-Regime bis zur Unabhängigkeit hatten. Und dann haben quasi alle
WTO-Staaten am Boykott Simbabwes teilgenommen. Als wir vor drei Jahren dort
waren, ist es uns vorgekommen, dass die Wirtschaft rasant Richtung Abgrund
läuft. Es hat sowohl die Verteilung nicht mehr geklappt (auch nicht von
Importgütern aus Südafrika), als auch die Produktion selbst. Nämlich die
Produktion, die über die Subsistenzwirtschaft hinaus geht. Simbabwe ist ein
Agrarland und die wichtigsten Exportgüter waren früher Tabak und Mais, heute
sind es Edelmetalle und Diamanten. Die weißen Farmen haben anscheinend alles
unternommen, um eine Umstellung der Landwirtschaft von cash-crops
(Nahrungsmittel-Exporten) auf Versorgung der Bevölkerung zu sabotieren.
Diejenigen Weißen, die in direkte Probleme mit der Regierung gekommen
sind, sind zum Teil nach Südafrika ausgewandert, oder auch nach Mosambik oder
Sambia. Manche (weißen) Großgrundbesitzer aus Simbabwe, die sich gegen die
Landverteilung massiv gewehrt haben und dann quasi bedroht worden sind, haben zum
Teil geschlossene Gebiete in Sambia aufgekauft. Ganze Gruppen sind nach Sambia
umgesiedelt, auch nach Mosambik.
Ihr Ziel war eine geschlossene weiße Zone zu schaffen, so wie man es
aus Namibia kennt. In Namibia gibt es z.B. Gebiete, in denen man Schwarze nur
als Taxifahrer, Bus-Chauffeure oder Reinigungspersonal sieht. Weiße Zonen mit
schwarzen ArbeiterInnen.
In Simbabwe war vor drei Jahren die wirtschaftliche Abwärtsbewegung
noch sehr stark. Uns ist es dieses Jahr so vorgekommen, dass es sich stabilisiert.
Wir haben uns dazu auch statistische Zahlen angesehen, die bestätigen,
dass die Wirtschaft nicht mehr runter, sondern ganz leicht hinauf geht.
Möglicherweise hängt es auch damit zusammen, dass die Ostafrikanische
Gemeinschaft (EAC) in den letzten 10 Jahren einen großen Wirtschaftsaufschwung
genommen hat.
Sie ist seit 2008 eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaftszonen
der Welt (ca. 7% Wachstum pro Jahr, etwa so wie China). Wir denken, dass die
simbabwische Wirtschaft – was die Regionalentwicklung anlangt – davon
profitiert.
Wahrscheinlich gab es auch durch verbesserte Kontakte mit Südafrika
und Sambia eine gewisse Stabilisierung.
Vor drei Jahren ist der simbabwische Dollar abgeschafft und der
US-Dollar ist als Alltagswährung eingeführt worden. Wie wir diesmal dort waren,
gab es nicht mehr so ein Währungschaos. Allerdings ist die Einführung des
US-Dollars für Arme und Kleinhändler eine totale Katastrophe.
Kleine Warenmengen können überhaupt nicht umgesetzt werden. Ein
Beispiel: das kleinste mögliche Zahlungsmittel ist ein Dollar. Für einen Dollar
bekommst du 3 Getränke – 1 Getränk kannst du gar nicht kaufen. Es gibt kein
Wechselgeld mehr unter 1 Dollar. So werden die gekauften Waren mit anderen
getauscht. Das hemmt die Wirtschaft, obwohl sich der Tauschhandel inzwischen
eingeschliffen hat.
Die Bettler/innen erhalten, wenn überhaupt, Nahrungsmittel statt dem
früheren Kleingeld.
Auf die Dörfer hat die Situation natürlich auch große Auswirkungen. Es
kommt noch weniger Geld ins Dorf.
Tatsächlich ist nur ein kleiner Teil des wirtschaftlichen Tuns der
Durchschnittsbevölkerung durchkapitalisiert.
Der Einfluss Chinas hat sich in den letzten Jahren sehr verstärkt. Vor
15 Jahren hat es mit chinesischen Krankenhäusern und Medikamenten begonnen.
Heute wird von den Chinesen viel Infrastruktur aufgebaut – das ist so in ganz
Afrika, besonders in Zentral- und Ostafrika.
Am massivsten ist uns das in Angola aufgefallen. Dort werden z.B.
Eisenbahnlinien, Straßen, Fußballstadien usw. gebaut. Chinesische Arbeiter
kommen für ein paar Jahre, sie wohnen in relativ schönen Camps aus neu
errichteten kleinen Häusern. Sie kommen zu Tausenden und fahren nach
vollendeter Arbeit wieder nach Hause. Ein Vorwurf, den wir in Angola mehrfach
gehört haben war: Sie drücken die Preise der einheimischen ArbeiterInnen ganz
massiv. Dagegen gibt es zum Teil auch Widerstand.
Das ist heute die wirtschaftliche Taktik der Chinesen. Sie bauen
Infrastruktur, Kanalisation, Krankenhäuser usw. auf. Das wird von der
Bevölkerung als tatsächliche Hilfe wahrgenommen. Diese Hilfe unterscheidet sich
von Entwicklungshilfe der anderen imperialistischen Länder.
In Angola haben sich die Chinesen im Gegenzug für gewaltige
Bauvorhaben die Erdöleinnahmen auf 10 Jahre gesichert.
Das läuft so: Die angolanische Regierung verhandelt mit den
chinesischen Handelsdelegationen. Ihr baut die und die Straßen,
Eisenbahnlinien, Fußballstadien, Krankenhäuser, Regierungsgebäude etc. Dafür bekommt
China für die nächsten 10 Jahre das gesamte Öl, das nicht an westliche Konzerne
schon verkauft ist.
Wir denken der chinesische Imperialismus ist als Imperialismus in
Afrika total im Vormarsch.
Im letzten Jahrzehnt wurden immer wieder Kriege in Zentralafrika
geführt, z.B. im Kongo, Uganda, Burundi, wo Ruanda mit Rückendeckung der USA
eine besonders üble Rolle spielt.
Frankreich und England versuchen ebenfalls, ihren Einfluss zu sichern
und auszubauen, auch Deutschland, Belgien usw. haben ihre Finger drin.
China hat sich durch die tatsächliche Verbesserung der
Lebensbedingungen einen politischen Vorteil geschaffen. Die
Infrastrukturverbesserungen Chinas in den letzten 10 Jahren in Zentralafrika,
hat Frankreich in den letzten 50 Jahren nicht gemacht, auch nicht versucht.
Frankreich sitzt vor allem in Westafrika und Zentralafrika. Ihre
Taktik besteht im Wesentlichen darin, die ganzen „Eliten“ zu kaufen und zu
bestechen, damit z.B. die Areva, ein französischer Konzern, ihre Uranminen bei
Arlit (im Norden von Niger, an der Grenze zu Algerien) ungestört betreiben
kann. Bei Präsidenten-Wahlen im Niger kandidieren mehrheitlich diejenigen, die
direkt von der Uran-Mine profitieren, dort angestellt oder irgendwie daran
beteiligt sind. Frankreich beschränkt sich darauf, das Uran abzutransportieren
und kümmert sich nicht um Straßen etc.
Ähnlich läuft es auch in anderen Ländern ab: Im Südtschad gibt es
neue Ölfunde. Auch dort konzentrieren sich die französischen Konzerne
ausschließlich darauf, die Ölpipeline vom Südtschad zum Verschiffungshafen bei
Douala zu bauen. Sie sorgen sich nur soweit um stabile Verhältnisse, damit der
Abtransport der Rohstoffe nicht gefährdet wird. Oder wenn ein Konkurrent zu
viel Einfluss bekommen könnte, dann marschieren sie mit ihren Truppen auf, die
sie in verschiedenen Ländern Afrikas stationiert haben.
China hat ganz andere Projekte. Auch im Auftreten verhalten sie sich
ganz anders als die traditionellen Kolonialisten.
Die einzigen Kritiken die wir – abgesehen vom Vorwurf der
Lohndrückerei in Angola – jetzt gehört haben, waren: Wir werden erst mal sehen,
wie lange die chinesischen Straßen halten. Die Holländer etc. bauen sicher
bessere Straßen.
Wir haben gehört (und auch schon gesehen), dass jetzt die Methode von
China geändert wurde. Früher wurden die Bauarbeiten und alles fast nur von
chinesischen Arbeitern durchgeführt. Jetzt läuft neben jedem chinesischen
Arbeiter ein Einheimischer mit, um die Arbeit zu erlernen. Sie werden
systematisch geschult.
Nein, davon wissen wir nichts genaueres.
Was wir aber jetzt noch über China mitgekriegt haben, ist, dass der
chinesische Imperialismus jetzt beginnt, in Ostafrika Agrarböden in riesigem
Ausmaß zu pachten. Sie pachten z.B. Ländereien auf hundert Jahre in Tansania
und auch im Norden von Mosambik. Sie betreiben so etwas wie Latifundien. Und
zwar Großteils hoch mechanisiert, um den Import von Obst und Gemüse für China
zu beschleunigen / zu verbessern. Das machen einige arabische Staaten, die zu
wenig Agrarböden haben, auch schon seit gut 10 Jahren – aber die sind quasi
Nachbarn, 2000 km die somalische Küste entlang.
In China gibt es angeblich perspektivisch zu wenig bebaubares Land.
Unserer Meinung nach ist es einfach billiger, in Ostafrika mechanisierte
Großagrarbetriebe zu betreiben, als wenn man im Westen Chinas trockene Gebiete
bewässern würde. Boden kann in China nicht zu wenig sein.
Ja, es gibt ganze Plantagen, die nur für China produzieren. Das sind
Plantagen, deren Produkte überhaupt nicht auf den tansanischen Markt kommen. So
etwas wie eine Sonderagrarzone. Das hat – soweit wir wissen – unmittelbar gar
nichts mehr mit der tansanischen Wirtschaft zu tun: Der Boden ist auf
Jahrzehnte verpachtet, die Produkte werden direkt zum Hafen gebracht und auf
Schiffe verladen.
Könnt ihr noch was von euren Eindrücken aus der Demokratischen
Republik Kongo erzählen?
Der Süden von Kongo, die Provinz Katanga, war ein wichtiges
Bergbaugebiet. Dort gibt es vor allem Kupfer und der Kupfergürtel zieht sich
auch durch den Norden Sambias. Katanga war ein traditionelles Imperialistengebiet,
zuerst waren die britischen Bergbaufirmen mit britischen Bergleuten dort. Die
Belgier haben nach 1900 begonnen, die Engländer rauszuschmeißen und durch
eigene belgischen Arbeiter zu ersetzen. Das ist die Geschichte von dem
Wirtschaftswunder im Kupfergürtel bis zur Unabhängigkeit in den 1960ern. Nach
dem Unabhängigkeitskrieg, also nach den 60er Jahren ist aber immer weniger
modernisiert worden. Und in der langen Zeit der Bürgerkriege im Kongo, bis 1997
hieß es Zaire, ist ein Großteil der Bergwerke stillgelegt worden.
Jetzt haben die Chinesen viele Kupferminen gepachtet – für 50 oder 100
Jahre – die wegen Unrentabilität seit 30 Jahren stillgelegt worden waren.
Einerseits aufgrund von neuen Technologien und anderseits weil China ins
Geschäft kommen will, haben die USA und andere Imperialisten auch wieder
begonnen, dort Bergbau zu betreiben.
Durch neuere Technologien ist es jetzt z.B. auch profitabel, die alten
Abbauhalden, das ist in Lubumbashi z.B. ein Berg von ein paar hundert Metern,
noch einmal umzuackern, um das restliche Kupfer aus dem Schutt
herauszuschmelzen. Es geht aber nicht nur um Kupfer, sondern auch um andere
wertvollere Erze und sogenannte Seltene Erden.
Uns wurde gesagt: Seitdem China mehr in Katanga aktiv wird, hat die
USA auch angefangen zu pachten und aufzukaufen. Unseres Wissens hat dieser
parallel zunehmende Einfluss der USA historisch auch mit dem Sieg von Kabila
1997 zu tun. Er hat die unter Mobutu tätigen französischen Firmen
rausgeschmissen und Lizenzen an die US-amerikanischen Firmen vergeben. Aber
eigentlich sitzen heute alle Imperialisten dort und graben nach Bodenschätzen.
In der Bürgerkriegsprovinz Nord-Kivu sind angeblich auch deutsche Firmen an
allen möglichen Schweinereien beteiligt.
Nein, im Großteil des Landes eigentlich gar nichts. Der Krieg findet
auf einem Gebiet von etwa 1,5% der Gesamtfläche im Nordosten statt. Und die DR
Kongo ist ungefähr so groß wie die ganze Euro-Zone, fast 7mal so groß wie
Deutschland. Je nachdem, wo du dich im Kongo befindest, hörst du verschiedene
Meinungen zum Krieg.
Es wird viel politisiert, viel auf den Präsidenten geschimpft. Zum
Teil hört man, dass Präsident Kabila den Krieg gar nicht beenden will, weil er
dann keine Ausrede mehr hat, warum sich so wenig verbessert – außer in der
Hauptstadt Kinshasa und im westlichen Teil.
Wie ist eure Einschätzung zu Südafrika – ist es auf dem Weg zur
imperialistischen Macht?
Nein, das schaut überhaupt nicht so aus! Sie bauen sicher ihren
Einfluss als Regionalmacht aus. Sie beeinflussen jetzt wieder stärker die
Entwicklung im ganzen südlichen Afrika. Sie hatten ja vor dem Ende der
Apartheid ziemlich großen Einfluss in der Region. Sie sind ja auch das einzige
Land im Süden Afrikas mit einer entwickelten Industrie.
Wie stark der Einfluss der USA in Südafrika ist, wissen wir nicht
genau. Da müsstest ihr in Statistiken nachschauen. Aber großen britischen
Einfluss gibt es vor allem bei den Minen.
Eher rudimentär im Vergleich zu den anderen kapitalistischen Ländern,
den Imperialisten. Begehrt ist eher die Auswanderung nach Südafrika, also dass
Arbeiter von angrenzenden Ländern zum Arbeiten nach Südafrika gehen. Sich dort
ausbilden lassen. Auch mit den Gedanken, wenn ich einen südafrikanischen Pass
habe, dann kann ich auch in andere Länder, auch nach Europa und Nordamerika –
das ist uns öfters gesagt worden. Südafrika ist das einzige Land mit einem
europäischen Standard an Technik.
Was die Entwicklung Südafrikas seit den 1990er Jahren unter ANC und KP
betrifft, hatten wir den Eindruck, dass genau so viel gemacht wird, damit es zu
keinen Aufständen kommt. Mehr nicht. Die Hauptstraßen in den Townships wurden
asphaltiert. Supermärkte und Schulen hingebaut, auch Wasserleitungen gibt es
jetzt fast überall – aber an den sozialen Verhältnissen hat sich für die Massen
in den letzten 20 Jahren sehr wenig geändert. Wenn du mit einem KPler oder
ANCler darüber redest, heißt es: Wir haben einen Plan für die Entwicklung / den
Aufbau von Südafrika, wer sich dagegen stellt ist ein Konterrevolutionär. Auch
jede Kritik am Stillstand ist dann gleich konterrevolutionäre Propaganda...
Ganz anders in Ostafrika: In Tansania ist z.B. unser Eindruck, dass
sich auch der Lebensstandard auf dem Land wirklich verbessert hat.
Insgesamt haben wir den Eindruck bei den von uns bereisten Ländern,
dass die Religion einen wachsenden Einfluss bekommt. Amerikanische Sekten
breiten sich immer mehr aus! In einem Dorf mit 5000 Einwohnern gibt es 5
verschiedene Kirchen.
Die Bevölkerung in Zentralafrika und anderswo weiß, was
Neokolonialismus ist. Viele sagen: Die Europäer rauben uns die Rohstoffe und
verkaufen uns teure Maschinen, der IWF ist ein Mörderverein. ABER glaubt ihr
nicht trotzdem, wenn wir die Europäer reinlassen, und sie bauen eine Fabrik
hin, dass es für uns nicht ein wenig besser wird. Denn dann gibt es wenigstens
einen Supermarkt und eine Straße. Ich weiß schon, dass wir ausgebeutet werden,
dass wir dann für die Europäer schuften, aber wenigstens hätten wir dann Strom
im Dorf. Die Leute überlegen, ob nicht Neokolonialismus besser ist als die
Stagnation, mit der sie seit den letzten 20 Jahren konfrontiert waren.
Auffällig viele haben ein starkes ökologisches Bewusstsein.
In Afrika gibt es z.B. auch japanisches, südkoreanisches und
taiwanisches Kapital.
Wie schätzt ihr die BRICS-Staaten ein?
Zum steigenden chinesischen Einfluss und zur Regionalmacht Südafrika
haben wir eh schon was gesagt. Von Brasilien haben wir in Afrika gar nichts
bemerkt.
Bei Russland ist es offensichtlich so, dass es sich global gesehen
stabilisiert, aber es konzentriert sich vor allem auf Zentralasien und
Osteuropa, also auf seine traditionellen Einflusszonen. In Afrika gibt es
hingegen ganz wenig russisches Kapital. Man trifft zwar schon immer wieder
russischsprachige Händler, aber das ist nichts im Vergleich zu den
Hauptimperialisten, oder auch nur zu Deutschland, das ja nur in einzelnen
Schwerpunktländern aktiv ist.
Auch das indische Kapital ist in Afrika anscheinend nicht im
Vormarsch. Wir haben aber den Eindruck, dass Indien sich teilweise in
Nischenmärkte / Sparten hineindrängt. Überall in Ost- und Südafrika leben –
seit vielleicht 200 Jahren – viele Inder/innen. Das ist eine autochthone
indische Bevölkerung und sie bilden oft einen großen Teil der einheimischen
Händlerschicht. Uns ist es nicht so vorgekommen, dass wirklich indisches
Kapital – nämlich aus Indien kommendes und nicht von Indern in Afrika
stammendes Kapital – großartig investiert wird.
Können wir nicht allgemein sagen. In Ostafrika, z.B. Uganda und Kenya
schaut es schon so aus. Dort waren sie ja früher die alleinigen Herren, in
Kenya auch noch lange nach der offiziellen Unabhängigkeit - das hat sich
verändert.
Aber in Westafrika, z.B. in Sierra Leone war ganz klar, dass die
Briten einen Boykott organisiert haben, um ihren Einfluss wiederherzustellen,
und dieser Boykott wurde durchgängig von allen Imperialisten eingehalten.
Besonders in Westafrika ist der Einfluss der früheren Kolonialmacht noch sehr
deutlich erkennbar – das eine Land war früher britische, das andere
französische Kolonie, und der politische und wirtschaftliche Einfluss ist
bestehen geblieben.
Die Franzosen haben ja ihre ehemaligen Kolonien –die heutige CFA-Zone
– überhaupt auch militärisch in der Hand. Im ehemals britischen Ghana und
einigen anderen ehemaligen englischen Kolonien ist der direkte Einfluss der
Briten sicher weniger deutlich als in den französischen Einflusszonen, würden
wir sagen. In Ghana z.B. haben sich auch deutsche und andere Imperialisten
breit gemacht.
Vor ein paar Jahren haben die Briten versucht, in den Konflikt in Cote
d’Ivoire (Elfenbeinküste) einzugreifen. Was aber dann irgendwie gescheitert
ist. Der von ihnen unterstützte Putschgeneral ist wieder weg. Heute sind sie
dabei mitzumischen, spielen aber in Cote d’Ivoire keine große Rolle.
Aber wie gesagt, wir glauben in Sierra Leone sitzen sie schon fest
drin. Auch über die UNO – wir wissen zwar jetzt nicht auswendig, wieviele
britische UNO-Truppen dort mit drin sind, aber von wachsendem Einfluss der
Briten in Westafrika würden wir nicht reden.
Insgesamt ist der Schwerpunkt des britischen Imperialismus in Afrika
auf Südafrika und rauf bis nach Sambia konzentriert. Die chinesische und
französische Präsenz ist auffällig, die britische eher unauffällig. Dort läuft
es eher über traditionelle Firmen, die sie schon immer dort hatten – seit der
Kolonialzeit.
Jetzt zu euren Impressionen eurer Reise – was habt ihr besonderes
mitgenommen?
Was ist für euch wichtig?
Was auffällig ist, ist die rasante Entwicklung in Tansania – im
Vergleich zu vor 10 – 15 Jahren. Da hat sich einfach irrsinnig viel getan an
Infrastruktur, an Warenvielfalt. Der Lebensstandard hat sich erhöht. Anders als
in Uganda. Spätestens dort haben wir eine große Abscheu gegen fast alle NGOs,
die da herumwerkeln, entwickelt. Egal aus welchen imperialistischen Ländern sie
auch kommen mögen. Es ist entsetzlich was sie dort anrichten. Viele kommen in
christlichen Gewändern daher, das sind viele. Sowohl von den Franzosen, den
Amerikanern oder den Briten.
Aber es gibt auch allzu viele nicht direkt religiöse Menschenfreunde,
die irgendein Projekt und eine NGO starten. Das dient dann meistens der
Selbstverwirklichung der Europäer/innen oder der Gewissensberuhigung, bietet
aber keine Basis für irgendeine soziale Veränderung, sondern macht die Leute in
den Dörfern Afrikas nur noch abhängiger, auch emotional, und perspektivloser.
Viele Afrikaner/innen haben ein – für uns überraschend hohes -
Bewusstsein über ihre Lage auch ökologisches Bewusstsein. Das finden wir
beeindruckend.
Zufällig sind wir in Sambia in eine kleine Ausstellungsmesse von
lokalen sogenannten NGOs geraten. Die haben z.B. Öfen angeboten, die von der
Bevölkerung selbst entwickelt wurden. Dass man auf so etwas immer wieder stößt,
finden wir beeindruckend.
Krise: Wir sind mehrfach ins Gespräch gekommen über die Krise in
Europa. Es ist den Leuten aufgefallen, dass jetzt weniger Europäer nach Afrika
kommen. Nicht nur Touristen, sondern auch Geschäftsreisende. Konkret sind wir
ein paar Mal angesprochen worden auf die Strukturanpassungs-Programme.
Sie haben gesagt: Vor 15 oder 20 Jahren habt ihr aus Europa und USA,
uns Strukturanpassungs-Programme aufgezwungen, die unsere Wirtschaft kaputt
gemacht haben. Und offensichtlich probiert ihr es jetzt selber mit den
Austeritätsprogrammen in Griechenland, Spanien und Portugal. Und es
funktioniert dort genauso wenig wie bei uns, weil wenn die Menschen ärmer
werden, wie soll sich da Wirtschaft entwickeln. Das haben wir immer schon
gesagt. Und ihr Europäer seid so dumm und lernt nicht aus der Geschichte. Sie
wissen in Afrika auch, dass in Europa Massendemonstrationen, Generalstreiks usw.
stattfinden.
Widerstand allgemein. Wie sind die Widerstandsformen,
gewerkschaftliche, andere Gruppen, kommunistische Organisationen?
Als Tourist ist es sehr schwer an Organisationen heranzukommen. In
Südafrika ist es leichter – das ist eine Ausnahme. In Zentral- oder Ostafrika –
gibt es irgendwelche marxistische Organisationen – aber inwieweit die mehr als
ein paar Personen sind, können wir nicht einschätzen.
Nur in Westafrika sind wir auf ml-Organisationen gestoßen, seinerzeit
z.B. in Benin mit der „Combat pour le Communisme“ (PCMLB), mit denen wir auch
eine Zeitlang Kontakt hatten. Die haben sich dann aber anscheinend aufgelöst in
eine Taxifahrer-Gewerkschafts-Gruppe. Die PCB, die wir einmal in Brüssel
getroffen haben und die mit der französischen PCOF liiert ist, gibt es
anscheinend noch, auch KPs in Cote d’Ivoire, Burkina-Faso usw. – aber die
kennen wir nur aus dem Internet.
In Südafrika ist es relativ leicht jemanden von der KP zu treffen, vom
ANC oder der Gewerkschaft. In anderen afrikanischen Ländern ist das ziemlich
schwer bis unmöglich, wenn du keine persönlichen Kontakte und Empfehlungen
hast.
Es ist immer schwer, wenn man versucht, im Land zu recherchieren. Ist
da irgendwas? Da stößt man eigentlich auf nichts. Im Tschad gibt es eine
Organisation ACTUS, die auch immer wieder auf internationalen Konferenzen
auftritt und unterschreibt. Aber möglicherweise sitzen die eher in Paris als im
Tschad, aber mit direkten Kontakten dorthin. In Afrika ist es ganz anders als
in Europa, wenn man herumfährt und schaut ob irgendwo Plakate etc. hängen. Das
gibt es dort überhaupt nicht.
Was uns auch aufgefallen ist, dass es mit der gewerkschaftlichen
Organisierung sehr schlecht aussieht. Ein Großteil der Diskussionen, die man so
führt, haben wenig mit Klassenkampf oder Klassendifferenzierung zu tun. In
Nairobi waren wir einmal auf einer Ersten-Mai-Demo. Dort haben die
aufmarschierenden Betriebsdelegationen Transparente getragen wie: „Wir grüßen
unseren Präsidenten und ersuchen um eine Erhöhung unserer Löhne“. Und wenn du
mit Angestellten aus einem Tourismusbetrieb redest, sagen sie dir: Es gibt
schon ein Arbeitsrecht und Mindestlöhne, aber wenn du drauf hinweist, dann bist
du auch schon draußen...
Die Religionsfrage stellt sich in Afrika schon anders als in Mitteleuropa
oder auch in islamischen Staaten. Es gibt eine tiefsitzende traditionelle
Volksreligiösität bzw. „Aberglauben“. Da erzählen die Leute unglaubliche Sachen
– von Heilung (wir würden sagen: Wunderheilung) und Unverwundbarkeit usw.
Hühner opfern hilft bei Unfruchtbarkeit.
Die traditionale afrikanische Religiösität wird aber zunehmend ersetzt
durch missionarische christliche Ideologie. Hier gibt es deutliche Unterschiede
zwischen den ehemaligen französischen oder englischen Kolonien. Man merkt wie
diese in der Kolonialzeit aufgetreten sind und wie sie die Länder verlassen
haben. In den britischen Kolonien sind immer massenhaft Missionare geblieben
und neue aus USA dazu gekommen.
Eine ganz wichtige Frage ist auch die Stellung der Frau in der
Gesellschaft. Da gibt es viele Diskussionen, auch wie das in Europa ist und wie
sich das so entwickelt hat. Kolonialismus – das ist auch ein großes Thema.
Insbesondere auch die Nachwirkungen und die ungebrochene Einflussnahme.
Immer wieder kommt das Argument: Wäre es nicht ein Fortschritt, wenn
sich der Kapitalismus ausbreiten würde, dann würde z.B. der Lebensmittelhandel
stärker zentralisiert. Der Übergang von der Subsistenzwirtschaft und dem
zufälligen Tausch könnte hin zu einer systematischen Marktwirtschaft führen. Es
wird schon stimmen, dass der Kapitalismus schlecht ist, aber wenn wir
mindestens einen größeren Händler im Dorf hätten, dann wäre es für uns schon
ein Fortschritt. Drei Viertel aller Lebensmittel, Kleidung werden irgendwie
herumgetauscht, nicht nur auf dem Land, auch in den Wohnvierteln der Städte.
Die Zirkulation der Gebrauchsgüter verläuft in vielen Gebieten weitestgehend
ohne Geld.
Insgesamt haben die Leute in Afrika viele Hoffnungen, aber wenig
Perspektiven, wie eine wirkliche Verbesserung kommen könnte – also ein bissl
anders als in Europa, wo die Leute auch wenig Hoffnung haben.
[1] www.gemeinsam-fuer-afrika.de/informieren/armut-und-hunger/
[2] www.bmz.de/de/zentrales_downloadarchiv/themen_und_schwerpunkte/stadtentwicklung/Urbanisierung_in_Afrika_3.pdf
[3] www.frieden-fragen.de/krieg/was_ist_krieg/wo-ueberall-gibt-es-kriege.html
[4] Der Erste Kongokrieg dauerte vom Herbst 1996 bis Mai 1997. Dabei wurde der Diktator Mobutu Sese Seko von der Rebellenkoalition der AFDL gestürzt. Am 18. Oktober 1996 unterschrieben Vertreter mehrerer kongolesischer Rebellengruppen in Kigali mit Unterstützung aus Uganda und Ruanda das „Abkommen von Lemera“. Sie gründeten damit die Alliance des Forces Démoc ratiques pour la Libération du Congo (AFDL). Hauptauslöser des Krieges waren die nach dem Völkermord von Ruanda ab 1994 entstandenen Flüchtlingslager im Osten des Landes. Die AFDL griff brutal Hutu-Flüchtlingslager an. Weitere Organisationen schlossen sich der AFDL an. Im Dezember 1996 war das gesamte Grenzgebiet zu Burundi, Ruanda und Uganda unter Kontrolle der AFDL. Die zairische Armee wurde von Söldnern mit Hilfe Frankreichs unterstützt, die den Sturz von Mobutu verhindern wollten. Angola kämpfte auf der Seite der AFDL, da UNITA Truppen sich mit Mobutu verbündeten. Die AFDL eroberte weite Teile Zaires. Laurent-Désiré Kabila erklärte sich nach der Eroberung der Hauptstadt per Dekret selbst zum Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo. Am 22. Mai 1997 stellte er seine neue Regierung vor, die die Situation für die Bevölkerung aber auch nicht wesentlich verbesserte. Einige Monate nach dem Regierungswechsel brachen im Osten des Landes bereits neue Rebellionen aus, die von 1998 bis 2003 in den zweiten Kongokrieg mündeten. Mehrere Gruppierungen versuchten die Regierung von Kabila zu stürzen. Beide Seiten wurden massiv von mehreren anderen afrikanischen Staaten und unterschiedlichen imperialistischen Mächten unterstützt. Es kam zwar zum Waffenstillstand, aber die Unzufriedenheit führte im Osten, in der Provinz Nord-Kivu zum dritten Kongokrieg, der bis 2009 dauerte, aber immer noch nicht beendet ist.
[5] Große Sowjet-Enzyklopädie, „Afrika“, Bd. 15, S. 112ff
[6] Inge Grau, Christian Mährdel, Walter Schicho (Hg): „Afrika, Geschichte und Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert“, Promedia Verlag, 2000, S. 76 – Grau, „Afrika“
[7] Enzyklopädie, „Afrika“, S. 117
[8] de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Afrikas, Stand September 2013
[9] Kolonien Frankreichs in Westafrika: Obersenegal, Obervolta – heute Burkina Faso, Niger, Senegal, Mauretanien, Französisch-Sudan – heute Mali, Guinea, Dahomey – heute Benin und die Elfenbeinküste.
[10] Grau, „Afrika“, S. 200-202
[11] Enzyklopädie, „Afrika“, S. 104
[12] Enzyklopädie, „Afrika“, S. 86f
[13] www.gemeinsam-fuer-afrika.de/informieren/afrika-von-a-bis-z/von-u-wie-unabhangigkeit-bis-v-wie-viehhaltung/
[14] www.omnia-verlag.de/weltimwandel/php/start.php?flag=
popup&id=5312
[15] Dominic Johnson, „Afrika vor dem großen Sprung“, 2. aktualisierte und erweiterte Neuausgabe 2013, Verlag Klaus Wagenbach, S. 11 – Johnson, „Afrika“
[16] de.wikipedia.org/wiki/Afrika
[17] Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ): „Urbanisierung in Afrika“, Referat 313 (Wasser; Energie; Stadtentwicklung; Geosektor) Stand: 22.08.2011
[18] Johnson, „Afrika“, S. 13
[19] Alle Zahlen: Informationen zur politischen Bildung 303, 2/2009, S. 21 und Friedrich-Ebert-Stiftung, Referat Afrika: „Ressourcenfunde in Mosambik“, August 2012, library.fes.de/pdf-files/iez/09288.pdf
[20] www.medico.de/themen/menschenrechte/rohstoffe/dokumente/der-stoff-aus-dem-kriege-sind/48/, Oktober 2013, GIGA, „Neuer ‚Landraub‘ in Afrika?“ Nr. 1 , 2011 und www.gesichter-afrikas.de/rohstoffe-ressourcen-in-afrika/landgrabbing.html, 2011
[21] EU-Kommissionsprognose Herbst 2013: „Wirtschaftswachstum weltweit“, www.wko.at/statistik/jahrbuch/worldGDP.pdf, November 2013
[22] Der Spiegel, „Die Löwen brechen auf“, Nr. 47/2013, S. 106
[23] www.welt-in-zahlen.de/laendervergleich.phtml;
last update: 08.01.2013, November 2013
[24] Der Spiegel, „Die Löwen brechen auf“, Nr. 47/2013, S. 106
[25] www.spiegel.de/wissenschaft/technik/kongo-plant-groesstes-wasserkraftwerk-der-welt-a-900943.html
[26] Alle Zahlen 2013: Johnson, „Afrika“, S. 26
[27] FR, 20.04.2013, S. 2
[28] Alle Zahlen 2013: www.one.org/c/de/einzelne_themen_im_detail/1883/ und Johnson, „Afrika“, S. 2ff
[29] Alle Zahlen 2012: Dossier Nr. 71 in Wissenschaft & Frieden 2012-4: Rüstung – Forschung und Industrie www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?dossierID=075, Nov 2013
[30] , www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?dossierID= 075, Nov 2013
[31] german.china.org.cn/pressconference/2011-02/14/content_21919057.htm
[32] www.zeit.de/politik/ausland/2013-06/obama-afrika-reise-wirtschaft-china und www.welt.de/wirtschaft/article1083363 50/Chinesische-Investoren-kaufen-halb-Afrika-auf.html
[33] german.china.org.cn/pressconference/2011-02/14/content _21919057.htm, www.owc.de/2013/08/28/chinas-sich-wandelnde-rolle-in-afrika/ und www.zeit.de/politik/ausland/2013- 06/obama-afrika-reise-wirtschaft-china
[34] german.china.org.cn/pressconference/2011-02/14/content_21919057.htm
[35] Sergio Grassi, „China und der Wachstumskontinent Afrika“, fes.de/ afrika/ content/ downloads/ NGFH_6-2013_Grassi-Artikel_Web.pdf und german.china.org.cn/pressconference/2011- 02/14/content_21919057.htm
[36] Friedrich-Ebert-Stiftung, Referat Afrika: „Chinesische, afrikanische und europäische Perspektiven auf dem China-Afrika-Gipfel“, Dezember 2006
[37] Friedrich-Ebert-Stiftung, Referat Afrika: „China in Angola – Nachhaltiger Wiederaufbau, kalkulierte Wahlkampfhilfe oder globale Interessenpolitik?“ November 2006
[38] www.dw.de/indien-investiert-in-afrika/a-16961907, 2013
[39] GIGA, „Von Bandung zum Ölgeschäft: Indien und Inder in Afrika“, Nr. 1, Januar 2006
[40] Friedrich-Ebert-Stiftung, Referat Afrika: „Ressourcenfunde in Mosambik“, August 2012
[41] www.dw.de/brasilien-investiert-in-afrika/a-15944387, November 2013
[42] Zahlen 2012: german.ruvr.ru/2012_10_17/91516012/, Dezember 2013
[43] www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?dossierID =075, Nov 2013 und russland-heute.de/politik/2013/03/29/brics-staaten_nehmen_afrika_ins_visier_22737.html, Dezember 2013
[44] http://german.ruvr.ru/2013_03_25/Vor-den-Toren-Afrikas/
[45] www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?dossierID
=075, Nov 2013
[46] www.imi-online.de/2013/04/03/dschibuti-proteste-im-land-der-militarbasen/
[48] www.ag-friedensforschung.de/regionen/Afrika/oel.html
[49] GIGA,
German Institute of Global and Area Studies Nr. 5, 2009 und
www.ag-friedensforschung.de/regionen/Afrika/oel.html
[50] ag-friedensforschung.de/regionen/Afrika/oel.html, Oktober 2013
[51] Im Länderranking der Waffenexporteure ist die Reihenfolge USA, Russland, Deutschland, China, Frankreich. Nehmen wir die EU dann exportiert sie mit 32% mehr Waffen als die USA mit 30%. www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?dossierID= 075, Nov 2013
[52] www.imi-online.de/2013/04/03/dschibuti-proteste-im-land-der-militarbasen/
[53] GIGA, „Die EU als Retterin der AU?“, Nr. 5, 2008
[54] Proletarische Revolution Nr. 54, November 2013, S. 11ff
[55] www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?dossierID =075, Nov 2013
[56] BRICS Länder – Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika, siehe kurze Einschätzung in TROTZ ALLEDEM! Nr. 58, September 2011, S. 4ff
[57] Alle Zahlen 2010: afrikaverein-dev.krankikom.de/de/index.php?node_id=263&rootnodeid=233&parent_id=233&level=2, November 2013
[58] www.bmz.de/de/ministerium/zahlen_fakten/index.html – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
[59] Informationen zur politischen Bildung 303, 2/2009 S. 66
[60] www.bmz.de/de/ministerium/zahlen_fakten/index.html